Parlamentskorrespondenz Nr. 356 vom 06.04.2022

EU-Ausschuss des Bundesrats begrüßt Vorgehen gegen illegale Mülltransporte

Wenig Zustimmung zu Änderungsplänen im EU-Rechtsrahmen für Kommunalwahlen

Wien (PK) – Mit internationalen Mülltransporten beschäftigte sich der EU-Ausschuss des Bundesrats heute anhand eines entsprechenden Verordnungsvorschlags der Europäischen Kommission. Als wichtiger Akteur im globalen Abfallgeschäft führte die EU der Kommission zufolge im Jahr 2020 etwa 32,7 Mio. Tonnen Abfall im Wert von 13 Mrd. € in Drittstaaten aus, was einem Anstieg von 75% seit 2004 entspricht. Das vor diesem Hintergrund beabsichtigte Vorgehen Brüssels gegen illegale Abfallverbringungen und für mehr Wiederverwertung fand grundsätzliche Zustimmung im Ausschuss. Bedenken gab es allerdings, ob nicht zusätzliche Kontrollvorschriften bei der Wiederverwertung von Abfällen für Verzögerungen sorgen könnten.

Wenig Beifall gab es im Ausschuss für den Plan der EU-Kommission, den Rechtsrahmen der Union für das Kommunalwahlrecht zu ändern. Ähnlich wie die Bundesländer in ihrer Stellungnahme dazu, bezeichneten die Ausschussmitglieder den Vorschlag als überschießend und unverhältnismäßig. In einer einstimmig angenommenen Mitteilung an Brüssel verlieh der Ausschuss zudem seinen Zweifeln darüber Ausdruck, dass die Änderungen tatsächlich die Teilnahme von UnionsbürgerInnen an den Gemeinderatswahlen steigern. Konkret geht es um die Erhöhung der Wahlbeteiligung der rund 13 Millionen EU-BürgerInnen, die in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsland wohnen. Da das Kommunalwahlrecht in Österreich landesgesetzlich geregelt wird, werten Bundeskanzleramt und Innenministerium eine Abschätzung der Bundesländer als ausschlaggebend für die österreichische Position zum Kommissionsvorschlag.

Verbot der Ausfuhr von "Abfallproblemen"

Der Verordnungsvorschlag über die Ausfuhr, Einfuhr und Durchfuhr - kurz "Verbringung" – von Abfällen dient zur Umsetzung des neuen EU-Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft, der im März 2020 angenommen wurde. Dieser Aktionsplan zielt darauf ab, dass die Wiederverwertung von Abfällen erleichtert und die Auslagerung von Abfallproblemen der EU in Drittländer sowie illegale Abfallfuhren unterbunden werden. Gleichzeitig will die EU-Kommission eine bessere Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von gefährlichen Abfällen und ihrer Entsorgung gewährleisten und den Verpflichtungen aus dem Null-Schadstoff-Aktionsplan nachkommen. Alle EU-Unternehmen, die Abfälle aus der EU ausführen, werden laut Entwurf verpflichtet, sicherzustellen, dass die Anlagen, die ihre Abfälle empfangen, einer unabhängigen Prüfung unterliegen. Die geltenden Vorschriften für Verwaltungssanktionen bei der illegalen Verbringung von Abfällen sollen verschärft werden. Für Abfalltransporte innerhalb der EU gebe es hingegen Erleichterungen, wies ein Experte aus dem Klimaschutzministerium (BMK) im Ausschuss auf die geplante Digitalisierung von Nostrifizierungen und Meldungen hin. Zur strengeren Anlagenprüfung sagte er, dass diese besonders in Drittstaaten wesentlich sei, um eine sachgemäße Handhabung des Mülls sicherzustellen.

Ein Vertreter der Wirtschaftskammer meinte bei der Debatte allerdings, dass eine Verschärfung der Kontrollen nicht im Sinne der Kreislaufwirtschaft sei, bei der Abfälle einer schnellen Verwertung zugeführt werden sollten. Besser wäre es, auf die Einhaltung der bestehenden Kontrollvorschriften zu achten. Martin Preineder (ÖVP/N) sieht vor allem Bedarf für bessere Kontrollen bei Endverbringungen von Abfällen. Im Rahmen der Müllverwertung hingegen sollten unbürokratische Kontrollen ausreichen.

In einer gemeinsamen Länderstellungnahme verdeutlichen die Bundesländer ihre grundsätzlich positive Haltung zum Kommissionsvorschlag, angesichts des internationalen Handels mit Abfällen eine bessere Überwachung der Mülltransporte einzuführen. So sei im Sinne des Gesundheits- und Umweltschutzes die Festlegung strengerer Vorschriften für die Abfallausfuhr in Nicht-OECD-Länder und die Verbesserung der Überwachung und Durchsetzung der Vorschriften über die Abfallausfuhren in OECD-Länder zu begrüßen. Kritisch hinterfragt werden allerdings angedachte Maßnahmen zur besseren Kontrolle der Verbringung von Siedlungsabfällen, die in Österreich in der Kompetenz der Länder liegt. Die Kommission sehe hier mehrere delegierte Rechtsakte vor, durch die konkrete Inhalte der Verordnung erst später festgelegt werden, etwa in Zusammenhang mit Einstufungskriterien für Abfälle. Aus dem Klimaschutzministerium heißt es dazu, in einigen Bereichen – beispielsweise Kriterien für Schadstoffgehalte – seien EU-weite Bestimmungen in Form delegierter Rechtsakte durchaus sinnvoll, um einheitliche Standards zu haben. Allerdings gab der Experte Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ/W) Recht, dass der Umfang derartiger direkt wirksamer Vorgaben seitens der EU-Kommission auf das Notwendige zu beschränken sei.

Abgesehen von seiner Kritik an den delegierten Rechtsakten zeigte sich Schennach überzeugt, dass die drastischen Auswirkungen illegaler Müllfuhren in Länder wie Ghana oder Malaysia den Handlungsbedarf der Europäischen Union verdeutlichten. Marco Schreuder (Grüne/W) führte in diesem Zusammenhang die bestehende Rohstoffknappheit vor Augen und Christian Buchmann (ÖVP/St) betonte den Nutzen von Abfällen zur Wertstoff- und Energiegewinnung.

Zu den Abfallarten, die aus der EU in Drittstaaten gelangen, zählen hauptsächlich Eisen- und Nichteisenmetallschrott sowie Papier-, Kunststoff-, Textil- und Glasabfälle. Eingeführt in die Union wurden 2020 etwa 16 Mio. Tonnen Abfall im Wert von 13,5 Mrd. €, zusätzlich wurden etwa 67 Mio. Tonnen Abfall zwischen den Mitgliedstaaten verbracht. Von Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) auf die Streckenregulierung der Abfallverbringungen angesprochen, erläuterte der Vertreter des Bundeskanzleramts, dass natürlich darauf geachtet werde, dass wiederverwertbarer Abfall in die nächstgelegene Recyclinganlage gebracht wird, selbst wenn diese sich im EU-Ausland befindet.

Kommunalwahlen: Länder sehen keinen Änderungsbedarf

Der Großteil der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Änderungen der bestehenden Richtlinienbestimmung sei in weiten Teilen in einer beachtlichen Zahl der Mitgliedstaaten bereits verankert, negieren die Bundesländer in einer gemeinsamen Stellungnahme die Notwendigkeit einer Kommunalwahlrechtsänderung. In Österreich böten die bestehenden Gemeindewahlordnungen beispielsweise ausreichend Informationen für alle ansässigen EU-BürgerInnen, etwa mittels Wählerverständigung ohne Unterschied der Staatsbürgerschaft. Auch die Voraussetzungen für eine Kandidatur zum Gemeinderat seien hierzulande die gleichen, EU-BürgerInnen müssten lediglich eine formlose Erklärung über das Wahlrecht im Herkunftsmitgliedstaat vorlegen.

Gleichermaßen werteten die LändervertreterInnen im Ausschuss den EU-Plan als überschießend, wie sie in einer einstimmig angenommenen Mitteilung an die EU-Kommission darlegen. Vor allem die im Entwurf vorgeschlagene Benennung einer einzigen nationalen Behörde in den Mitgliedstaaten, die eine rechtzeitige Information von ansässigen EU-BürgerInnen über die Bedingungen und Modalitäten für die Eintragung in das Wählerverzeichnis und in die Kandidatenliste sicherstellen soll, sei mit dem föderalen System nicht vereinbar. Das Innenministerium sieht hier ebenfalls eine legistische Unvereinbarkeit, die in den noch ausstehenden Ratsverhandlungen darüber vorgebracht werden müsse. Bei der Debatte untermauerten Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S), Ingo Appé (SPÖ/K), Otto Auer (ÖVP/N), Stefan Schennach (SPÖ/W) und Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) diese Haltung anhand konkreter Beispiele von Gemeinden, die sich um die Wahlteilnahme aller gemeldeten BewohnerInnen bemühen. In Österreich werde bereits viel zur Hebung der Wahlbeteiligung getan, so der Tenor, wobei der NEOS-Mandatar darauf hinwies, dass in einigen EU-Ländern durchaus Registrierungsschwierigkeiten für EU-BürgerInnen bestehen.

In ihrem Richtlinienvorschlag zur Änderung des Kommunalwahlrechts weist die EU-Kommission auf die spezifischen demokratischen Rechte einer Unionsbürgerschaft hin. Demnach haben UnionsbürgerInnen, die in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, leben, arbeiten, studieren oder forschen, sogenannte "mobile EU-BürgerInnen", in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen. Die Ausübung dieser Rechte sei allerdings mit einigen Schwierigkeiten verbunden, so die Kommission. Probleme gebe es etwa bei der Beschaffung korrekter Informationen zur Ausübung des Wahlrechts und der aufwendigen Abwicklung von Registrierungsverfahren. Außerdem drohe eine Streichung aus der Wählerregistrierung im Herkunftsmitgliedstaat.

Nunmehr will die Kommission die Vorschriften der EU-Richtlinie zum Kommunalwahlrecht aktualisieren, präzisieren und verschärfen. Gemeinsam mit den nationalen Behörden wolle man dadurch eine breite und inklusive Teilnahme mobiler EU-BürgerInnen an Kommunalwahlen im Wohnsitzmitgliedstaat unterstützen, heißt es aus Brüssel. Beispielsweise ist im neuen Regelwerk vorgesehen, dass es Wahlinformationen auch in mindestens einer anderen Amtssprache der Union gibt, die von einer möglichst großen Zahl der im Land aufhältigen UnionsbürgerInnen hinreichend verstanden wird. Außerdem sollen die Eintragungsmöglichkeiten mobiler EU-BürgerInnen in die Wählerverzeichnisse des Aufnahmemitgliedstaats eingeschränkt werden, um die Abmeldung aus den Wählerverzeichnissen des Herkunftsmitgliedstaats allein auf dieser Grundlage zu verhindern. Letztendlich gehe es um die Sicherstellung niederschwelliger Informationen über Kommunalwahlen, sodass UnionsbürgerInnen sich auf Gemeindeebene einbringen können, fassten Christian Buchmann (ÖVP/St) und Marco Schreuder (Grüne/W) zusammen. Buchmann teilte überdies die Ansicht von Johannes Hübner (FPÖ/W), dass die verpflichtende Einführung von weiteren Sprachen bei den Informationen über Gemeinderatswahlen angesichts der Sprachenvielfalt in der EU nicht zielführend sei. (Schluss EU-Ausschuss) rei


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