Parlamentskorrespondenz Nr. 1117 vom 12.10.2022

Nationalratsbeschluss ermöglicht Apotheken und Hebammen das Nachtragen von Impfungen im digitalen Impfpass

Musiktherapie soll in Hinkunft in Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäusern angeboten werden

Wien (PK) – Mit Beschlüssen zu Gesundheitsthemen setzte der Nationalrat heute seine Beratungen fort. Durch mit Stimmenmehrheit angenommene Anpassungen im Gesundheitstelematikgesetz können Apotheken ab dem Jahr 2023 nicht nur Impfungen im elektronischen Impfpass nachtragen, sondern nunmehr auch 28 Tage lang auf ELGA zugreifen. Bisher war dies nur zwei Stunden lang möglich. Die SPÖ hielt diesen Zeitraum für nicht verhältnismäßig und lehnte als einzige Partei den Antrag ab. Einstimmig beschlossen wurden die Novellen zum Zahnärzte- und Zahnärztekammergesetz, die auf ein Erkenntnis des VfGH zurückgehen und nunmehr für die verfassungskonforme Umsetzung diverser Bestimmungen, wie etwa in der Frage der Führung der Zahnärzteliste, sorgen. Außerdem einigten sich die Abgeordneten mehrheitlich darauf, dass Musiktherapie in heimischen Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen verankert und als Basisangebot etabliert werden soll. Ein dazu eingebrachter Entschließungsantrag, in dem die SPÖ generell eine Ausweitung des Psychotherapieangebots forderte, fand keine Mehrheit.

Änderungen im Gesundheitstelematikgesetz, Reparatur des Zahnärzte- und des Zahnärztekammergesetzes sowie Verankerung der Musiktherapie

Durch eine Novellierung des Gesundheitstelematikgesetzes soll es in Hinkunft auch Apotheken erlaubt werden, verabreichte und schriftlich dokumentierte Impfungen im elektronischen Impfpass (eImpfpass) nachzutragen. Außerdem soll laut dem Antrag von ÖVP und Grünen die Einschränkung, dass Hebammen nur bestimmte Impfungen nachtragen und vidieren dürfen, entfallen. Weitere Änderungen werden damit begründet, dass Apotheken bis dato sowohl auf ELGA als auch auf das zentrale Impfregister nur zwei Stunden lang zugreifen konnten. Dies sei aufgrund der Erfahrungen während der COVID-19-Pandemie, in der sich der Kontakt mit den Patient:innen in einem erheblichem Ausmaß digitalisiert und technisch weiterentwickelt habe, nicht mehr angemessen, argumentieren die Antragsteller. Aus diesem Grund soll die Zugriffsdauer für beide Fälle auf 28 Tage verlängert und damit an die für die übrigen Gesundheitsdiensteanbieter geltende Regelung in diesem Bereich angeglichen werden.

Als Reaktion auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs sah eine Regierungsvorlage Anpassungen im Zahnärztegesetz (ZÄG) und im Zahnärztekammergesetz (ZÄKG) vor. Grund dafür ist, dass die bestehenden Regelungen bezüglich der Übertragung bestimmter Aufgaben an die Österreichische Zahnärztekammer nicht unter Zustimmung der Länder kundgemacht wurden. Im Konkreten wurden die Regelungen über die Führung der Zahnärzteliste, die Ausstellung der Zahnärzteausweise sowie die Erlassung der Zahnärzteausweisverordnung in beiden Rechtsmaterien per 30. November 2022 aufgehoben.

Ein von ÖVP, Grünen und NEOS gemeinsam formulierter Antrag zielt auf die Verankerung der Musiktherapie in den heimischen Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäusern als Basisangebot ab. Bundesminister Johannes Rauch wird aufgefordert, diese Maßnahme im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit zu etablieren. Außerdem soll zumindest in speziellen Fällen eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen geprüft werden. Auch eine Stärkung des gesetzlich anerkannten Berufsbildes Musiktherapie sowie die Aufnahme der Musiktherapeut:innen in die Strukturpläne Gesundheit wird darin gefordert. Gerade in Zeiten großer Herausforderungen könne Musiktherapie äußerst effizient insbesondere in der Beziehungs- und Emotionsregulation, aber auch in Form von hochspezialisierten funktionalen Anwendungen von der Neonatologie bis hin zum Palliativ- und Hospizsektor eingesetzt werden.

SPÖ: Kritik an Überwälzung der Kosten und der Haftung 

Die Änderungen im Gesundheitstelematikgesetz würden auf den ersten Blick zwar unspektakulär erscheinen, meinte SPÖ-Mandatar Christian Drobits (S), aber in den Details "stecke einiges drinnen". Während seine Fraktion die Möglichkeit zum Nachtrag von Impfungen zwar unterstütze, falle die Ausdehnung des Zugriffs auf ELGA aus datenschutzrechtlicher Sicht viel zu weitreichend aus. Der Zeitraum von 28 Tagen sei einfach nicht angemessen und verhältnismäßig. Seine Recherchen hätten zudem ergeben, dass es sich dabei um keine Kassenleistung handle, sondern von den Betroffenen selbst bezahlt werden müsse. Außerdem übte Drobits Kritik daran, dass die Haftung auf die Apotheker:innen und die Hebammen übertragen werde.

Die Anpassungen im Zahnärzte- und Zahnärztekammergesetz seien deshalb notwendig geworden, weil die Regierungsfraktionen "einen Pfusch" gemacht haben, urteilte Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ). Beim Antrag auf Verankerung der Musiktherapie in Gesundheitseinrichtungen stellten sich für Verena Nussbaum (SPÖ) noch viele offene Fragen. Aus ihrer Sicht gebe es aktuell noch dringenderen Handlungsbedarf in anderen Bereichen, etwa bei der Ergo- oder der Physiotherapie, wo ein flächendeckender Ausbau nötig wäre. Beantwortet werden müssten auch die Fragen, wann es endlich einen einheitlichen Leistungskatalog für alle Krankenversicherungsträger gebe oder wann die Zwei-Klassen-Medizin beendet werde.

Grüne: Aufwertung der Apotheker:innen und Hebammen sowie zusätzliche Mittel für Psychotherapie

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (G) bezeichnete die Möglichkeit zum Nachtragen von Impfungen in den eImpfpass durch Apotkeker:innen und Hebammen als "eine gescheite Geschichte". Sinnvoll sei aus seiner Sicht auch die längere Zugriffszeit auf ELGA, weil dies zu einer Aufwertung der Berufsgruppe beitrage. Bezüglich der Änderungen im Zahnärzte- und Zahnärztekammergesetz verwies Schallmeiner einerseits auf die notwendige Umsetzung eines VfGH-Erkenntnisses sowie andererseits auf Einsprüche von Seiten der Bundesländer Wien, Kärnten und Burgenland bezüglich der Einführung des Facharztes für Kieferorthopädie. Diese hätten dazu geführt, dass nun einzelne Bestimmungen zurückgenommen werden müssen. Was den Ausbau der Musiktherapie betrifft, so freue er sich, dass auf Basis einer Initiative der NEOS ein gemeinsamer Antrag zustande kam. Parallel dazu stelle das Gesundheitsressort im Rahmen des Projekts "Gesund aus der Krise" zusätzliche Mittel für psychotherapeutische Angebote zur Verfügung.

ÖVP: Keine Einwände der Datenschutzbehörde am Gesundheitstelematikgesetz

Abgeordneter Josef Smolle (V) stellte in Richtung der SPÖ fest, dass die Datenschutzbehörde keine Einwände gegen die Ausweitung des Zugriffs auf ELGA hatte. Es sei nämlich klar festgelegt, dass die Apotheker:innen nur Einsicht in die eMedikation und das Impfregister haben. Auch seine Fraktionskollegin Martina Diesner-Wais (V) sah darin einen guten Schritt, um den digitalen Impfpass weiterzuentwickeln. Werner Saxinger (ÖVP) führte Änderungen im Zahnärzte- und Zahnärztekammergesetz auf einen entsprechenden Entscheid des Verfassungsgerichtshofs zurück, da bestimmte Aufgaben nicht unter Zustimmung der Länder kundgemacht wurden. Sie sei zutiefst davon überzeugt, dass kreative Elemente in der psychotherapeutischen Arbeit eine große Bedeutung haben, hob Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) hervor. Sie berichtete von guten Erfahrungen mit Musiktherapie etwa bei der Behandlung von Traumata oder Demenzerkrankungen.

NEOS verweisen auf sehr gute Behandlungserfolge durch den Einsatz von Musiktherapie

Bei der Initiative bezüglich der Verankerung von Musiktherapie in Gesundheitseinrichtungen handle es sich um ein langjähriges Anliegen von ihr, bekräftigte Fiona Fiedler (NEOS). Gerade in der Traumatherapie, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Onkologie oder der Hospizversorgung zeige diese Methode sehr gute Behandlungserfolge. Zudem helfe sie, dem Alltag im Krankenhaus zu entfliehen und sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf Schmerzen und Ängste. NEOS-Mandatarin Julia Seidl machte darauf aufmerksam, dass das Zahnärzte- und Zahnärztekammergesetz durch den Einspruch von drei Bundesländern gekippt wurde, obwohl die Materie einstimmig beschlossen wurde. Sie appellierte , dass in Hinkunft Begutachtungsverfahren ernster genommen werden.

FPÖ regt noch weitere Übertragung von Aufgaben an Vertreter:innen der Gesundheitsberufe an

Da Impfberatungen in die Kompetenz von Apotheker:innen und Hebammen fallen würden, stehe er den Änderungen im Gesundheitstelematikgesetz positiv gegenüber, konstatierte Abgeordneter Gerhard Kaniak (FPÖ). Ähnliches gelte für die Ausweitung der Zugriffsmöglichkeit auf ELGA, da diese Änderungen ebenfalls die Beratungen verbessern würden. Dabei handle es sich um erste kleine Schritte, denen weitere folgen müssten. Denn man sollte generell darüber diskutieren, welche zusätzlichen Leistungen andere Gesundheitsberufe noch erbringen können. Als Beispiel führte er die Verordnung von Notfallmedikation in Nachtdiensten an. Abgeordnete Rosa Ecker (FPÖ) wies auf die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Musiktherapie hin. Aus diesem Grund werde ihre Fraktion den Antrag unterstützen. Gleichzeitig gebe es im Gesundheitsbereich aber noch sehr viele Lücken, wie etwa in den Bereichen Physiotherapie, Logotherapie etc., wo kassenfinanzierte Angebote fehlen würden. Dringenden Handlungsbedarf ortete sie auch beim Mutter-Kind-Pass. (Fortsetzung Nationalrat) sue

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