Parlamentskorrespondenz Nr. 1184 vom 20.10.2022

Bundesrat ebnet Weg für weiteren Teuerungsausgleich und Indexierung von Familien- und Sozialleistungen

Abermals heftiger Schlagabtausch zu Inflationsabgeltung

Wien (PK) – Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen gab heute der Bundesrat grünes Licht, auch im kommenden Jahr einen Teuerungsausgleich für Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen auszuzahlen. Pensionist:innen mit Bezügen über 5.670 € müssen hingegen Abstriche bei der Inflationsabgeltung hinnehmen. Des Weiteren fixierte die Länderkammer, neben dem Pflegegeld nun auch weitere Sozial- und Familienleistungen wie die Familienbeihilfe, das Kinderbetreuungsgeld und die Studienbeihilfe jährlich an die Inflationsrate anzupassen.

Klargestellt wird ferner, dass der im heurigen Juli beschlossene Teuerungsausgleich für Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen von bis zu 500 € nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wird und einen allfälligen Sozialhilfe-Bezug somit nicht schmälert.

Neuerungen gibt es auch im Zusammenhang mit COVID-19. So wird es eine Abgeltung von Corona-Tests für Ärzt:innen im niedergelassenen Bereich geben. Durch die Abschaffung der COVID-19-Impfpflicht werden obsolet gewordene Honorarbestimmungen in diversen Sozialversicherungsgesetzen gestrichen. Durch eine Novellierung des Gesundheitstelematikgesetzes soll es in Hinkunft auch Apotheken erlaubt werden, verabreichte und schriftlich dokumentierte Impfungen im elektronischen Impfpass (eImpfpass) nachzutragen.

Weiterer Teuerungsausgleich und Erhöhung der Ausgleichszulage – abermals heftige Debatte über Inflationsabgeltung

Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen werden auch im März kommenden Jahres über die allgemeine Pensionserhöhung von 5,8% eine Einmalzahlung von bis zu 500 € als Teuerungsausgleich erhalten. Diese ist nach Pensionshöhe gestaffelt, wobei der Maximalbetrag von 500 € jenen Pensionist:innen überwiesen wird, die über eine monatliche Bruttopension zwischen 1.667 € und 2.000 € verfügen. Bei darüber liegenden Pensionen sinkt die Einmalzahlung bis zu einer monatlichen Gesamtpension von 2.500 € linear auf null ab. Wer weniger als 1.667 € Bruttopension bezieht, erhält einmalig 30% dieses Betrags überwiesen. Voraussetzung ist stets ein Hauptwohnsitz im Inland. Die Einmalzahlung ist steuer- und abgabenfrei und darf weder auf die Sozialhilfe angerechnet noch gepfändet werden.

Außerdem wird die Ausgleichszulage außertourlich um 20 € erhöht und somit zu Jahresbeginn um insgesamt 80 € auf knapp über 1.110 € steigen. Das entspricht einem Plus von 7,74%. Der entsprechende Beschluss des Nationalrats wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen nun auch von der Länderkammer bestätigt.

Auf Grundlage einer weiteren Gesetzesvorlage, die neben den Stimmen von ÖVP und Grünen auch jene von FPÖ und NEOS und damit die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhielt, wird eine Deckelung der Erhöhung bei Pensionen ab  5.670 € mit 329 € festgelegt. Eine eigene Verfassungsbestimmung im ASVG soll sicherstellen, dass von diesem Deckel auch Sonderpensionen im Kompetenzbereich der Länder umfasst sind.

Für die Opposition ist die Pensionserhöhung mit Einmalzahlungen völlig unzureichend. So verwies Horst Schachner (SPÖ/St) darauf, dass bereits am Beginn des heurigen Jahres die Inflation mehr als 5% betrug, die Pensionist:innen jedoch nur 1,8% erhielten. Nun liege die Inflation bei 10,5%, wobei die Ausgaben für Lebensmittel, Energie und Mieten noch wesentlich höher lägen. Es sei beschämend, dass in Österreich, im sechstreichsten Land der Welt die Durchschnittspension für Frauen bei 1.130 € liegt, sagte er.

Ähnlich sehen das die Freiheitlichen, wie dies Markus Leinfellner  (FPÖ/St) und Marlies Steiner-Wieser (FPÖ/S) ausführten. Die Inflation werde in keiner Weise abgedeckt, Pensionist:innen würden in die Armut getrieben, denn es komme zu einem realen Kaufkraftverlust, kritisierte Leinfellner. Der freiheitliche Mandatar sprach in diesem Zusammenhang von einer "Verhöhnung".

Seitens der NEOS zog Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) eine gemischte Bilanz über das vorliegende Gesetzespaket. Positiv wertete er die Erhöhung der Ausgleichszulage und die Deckelung von hohen und Sonderpensionen. Kritisch setzte er sich mit der Tatsache auseinander, dass nunmehr zum sechsten Mal die Pensionserhöhungen außertourlich erfolgen und damit immer mehr vom Versicherungsprinzip abgewichen wird. Die Rechnung würden die jetzt Erwerbstätigen und die Jungen zahlen, warnte er und rechnete vor, dass die Zuschüsse zur Pensionsversicherung von heuer 10,7 Mrd. € auf 19,6 Mrd. € im Jahr 2026 steigen werden, und das ohne Beamtenpensionen.

Dieser Kritik widersprachen die Bundesrät:innen der beiden Regierungsfraktionen vehement. Die Pensionsanpassung sei treffsicher und sozial ausgewogen, unterstrichen Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) und Ernest Schwindsackl (ÖVP/St). Sie wiesen auch darauf hin, dass es darüber hinaus zahlreiche Entlastungsmaßnahmen gegeben habe, durch Antiteuerungspakete und Einmalzahlungen. Damit beweise man die Wertschätzung, die man den Senior:innen entgegenbringe. Auch Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/W) schloss sich dem an und betonte, dass vor allem sozial benachteiligte Gruppen gezielt unterstützt würden. Mit der Pensionserhöhung nehme man die Verantwortung gegenüber der älteren Generation wahr, sagte sie.

Die Opposition hielt auch den Berechnungszeitraum vom Sommer des Vorjahres bis zum Sommer des aktuellen Jahres für falsch, weil dadurch die Inflationsabgeltung verzögert erfolge. Bundesminister Johannes Rauch erwiderte darauf, dass man mit dem Berechnungsmodus einen Jahresdurchschnitt habe, und der sei bei 5,8% gelegen. Er rechnet auch im nächsten Jahr mit diesem Wert. Die Durchschnittspensionen seien aufgrund der gesamten von der Regierung gesetzten Maßnahmen mit ca. 1.400 € entlastet worden, und damit sei die Inflation abgegolten. Um aber die Verzögerung auszugleichen, erinnerte er an die für März des kommenden Jahres vorgesehene Sonderzahlung von bis zu 500 €. Er wies auch darauf hin, dass die Durchschnittspensionen in Österreich höher liegen als in den anderen europäischen Ländern, höher auch als in Deutschland. Der Sozialminister gab auch zu bedenken, dass man bei allen Maßnahmen eine Balance zum Budget wahren müsse.

Bundesrat begrüßt automatische Indexierung von Sozial- und Familienleistungen

Einhellig bestätigte der Bundesrat das vom Nationalrat beschlossene sogenannte Teuerungs-Entlastungspaket III, wonach künftig auch die Familienbeihilfe und viele weitere Sozialleistungen automatisch an die Inflation angepasst werden. Damit werden sie im kommenden Jahr um voraussichtlich 5,8% steigen. Neben der Familienbeihilfe sind davon auch das Kinderbetreuungsgeld, der Kinderabsetzbetrag, Schüler- und Studienbeihilfen, das Schulstartgeld, die Unterstützungsleistung für den "Papamonat" (Familienzeitbonus), das Rehabilitationsgeld, das Wiedereingliederungsgeld und das Umschulungsgeld betroffen. Beim Krankengeld bleibt es den zuständigen Sozialversicherungsträgern vorbehalten, ob und in welchem Ausmaß sie per Satzung eine Valorisierung vornehmen. Dezidiert ausgenommen von einer Valorisierung ist das Krankengeld für arbeitslose Personen, da auch das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe nicht an die Inflation angepasst werden.

Das Gesetzespaket sieht darüber hinaus vor, den Familienzeitbonus künftig nicht mehr auf das Kinderbetreuungsgeld anzurechnen und die allgemeine Zuverdienstgrenze für Bezieher:innen von Kinderbetreuungsgeld auf 18.000 € anzuheben. Zudem ist in Aussicht genommen, das an die Familienbeihilfe gekoppelte Schulstartgeld künftig  bereits im August zu überweisen. Ergänzend bringt die ebenfalls einstimmig angenommene Novelle zum Schülerbeihilfengesetz rückwirkend mit September 2022 eine deutliche Erhöhung der Schülerbeihilfen.

Sozialminister Johannes Rauch sprach in diesem Zusammenhang von einem Meilenstein. Kritikern der Sozialpolitik und der Anti-Teuerungsmaßnahmen hielt er entgegen, dass Österreich im Vergleich zu den anderen EU-Staaten am raschesten agiert und auch am meisten Geld in die Hand genommen habe. Das sei auch belegbar, unterstrich er.

Zustimmung zu den vorliegenden Maßnahmen kam auch von der Opposition, auch wenn die Redner:innen immer wieder die Belastungen für die Bevölkerung durch die Inflation thematisierten und von unzureichenden und nicht treffsicheren Maßnahmen der Bundesregierung sprachen.

Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) bemängelte, dass die automatische Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen erst ab Beginn 2023 erfolgt. Sie hätte es auch gerne gesehen, dass das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe automatisch angepasst werden und forderte abermals beim Arbeitslosengeld eine Nettoersatzrate von 70%. Darüber hinaus hält sie die Vielzahl an Sozial- und Familienleistungen in der Zwischenzeit für unübersichtlich. Viele könnten nicht mehr überblicken, was, wem, wann zustehet, sagte sie und schlug eine Grundsicherung für Kinder vor. In diesem Sinn brachte sie auch einen Entschließungsantrag unter dem Titel "Wir lassen kein Kind zurück. Kinderarmut endlich langfristig bekämpfen" ein. Dieser erhielt jedoch nicht die erforderliche Mehrheit.

Auch für Marlies Steiner-Wieser (FPÖ/S) erfolgt die Valorisierung zu spät. Das werde für viele die Situation weiter verschärfen, befürchtet sie. Diese Wertanpassung könne auch nicht als Entlastung verkauft werden, meinte Steiner-Wieser und beschuldigte die Regierung abermals, an der Teuerung mitverantwortlich zu sein. Kein Verständnis brachte sie für die CO2-Bepreisung sowie für die rückwirkende Zahlung der Familienbeihilfe an ukrainische Flüchtlinge auf.

Die automatische Wertanpassung komme zur richtigen Zeit, begrüßte Elisabeth Kittl (Grüne/W) den gegenständlichen Gesetzesentwurf. Damit habe man den Sozialstaat gestärkt. Das alles komme zu 57% Frauen, vor allem Alleinerzieherinnen, zugute. Dass das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe nicht valorisiert werden, begründete sie damit, dass es sich dabei um keine Sozialleistungen, sondern um Versicherungsleistungen handelt, die auf dem zuletzt bezahlten Gehalt und der Versicherungsleistung fußen.

Diese Inflationsanpassung komme nicht nur älteren Personen, sondern auch den Jungen zugute, begrüßte Florian Krumböck (ÖVP/N) die Wertanpassung. Diese stelle eine strukturelle Generationsgerechtigkeit dar, merkte er an. Krumböck rechnete auch vor, dass beim ersten Kind und bei einer angenommenen Inflation von 2,5% nach 18 Jahren 11.800 € mehr ausbezahlt werden, die Leistung damit von rund 41.500 € auf rund 53.300 € steige. Dieser Betrag würde sich bei einem zweiten Kind um weitere 28.000 € erhöhen. Kaum ein anderes Land gebe so viel für die Familien aus, ergänzte Heike Eder (ÖVP/V).

Bundesrat bestätigt kleine Sozialversicherungsnovelle

Mit breiter Mehrheit passierte eine kleinere Sozialversicherungsnovelle den Bundesrat. Sie soll zum einen bezwecken, dass der im Juli auf den Weg gebrachte Teuerungsausgleich für Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen von bis zu 500 € nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wird und somit etwa eine allfällige Wohnbeihilfe nicht schmälert. Zum anderen wird die im Zuge der Sozialversicherungsreform eingeführte Pflicht für Versicherungsvertreter:innen, vor ihrer Entsendung in einen Verwaltungskörper eine Informationsveranstaltung des Dachverbands zu besuchen, adaptiert. Künftig reicht es demnach aus, wenn der Nachweis innerhalb von zwölf Monaten nach der Entsendung erbracht wird. Verwaltungskörper sollen damit nach dem Ausscheiden eines Mitglieds rasch wieder vollzählig besetzt werden können.

Abgeltung für COVID-19-Tests für Risikopersonen in Ordinationen, Gesundheitstelematikgesetz und Zahnärztegesetz passieren Länderkammer

Die Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen befürworteten mit ihrer Stimmenmehrheit ferner, dass Ärzt:innen im niedergelassenen Bereich, Primärversorgungseinheiten und Ambulatorien eine Abgeltung für die Durchführung von Corona-Tests erhalten. Auch die Beratung bezüglich des Einsatzes von Medikamenten gegen COVID-19 wird künftig durch ein zusätzliches Honorar in der Höhe von 12 € (einmal pro Person und Vierteljahr) abgegolten. Entfallen werden allerdings die nicht mehr erforderlichen Honorarbestimmungen für die Ausstellung von Bestätigungen über das Vorliegen eines Ausnahmegrundes von der COVID-19-Impfpflicht für Schwangere. Analog zum ASVG, wo dies bereits erfolgt ist, sollen die Bestimmungen rückwirkend mit 20. Juli in Kraft treten. Weiters wird festgelegt, dass die Ausstellung eines COVID-19-Risikoattests weiterhin dann zulässig ist, wenn die betroffene Person aus medizinischen Gründen nicht gegen COVID-19 geimpft und mittels Antikörperpräparaten nicht ausreichend geschützt werden kann. Für die Ausstellung von COVID-19-Risikoattesten wird der Bund die Kosten weiterhin bis Ende 2022 tragen.  

Durch eine Novellierung des Gesundheitstelematikgesetzes soll es künftig auch Apotheken erlaubt werden, verabreichte und schriftlich dokumentierte Impfungen im elektronischen Impfpass (eImpfpass) nachzutragen. Außerdem soll die Einschränkung, dass Hebammen nur bestimmte Impfungen nachtragen und vidieren dürfen, entfallen. Weitere Änderungen zielen darauf ab, dass Apotheken sowohl auf ELGA als auch auf das zentrale Impfregister nicht wie bisher nur zwei Stunden, sondern 28 Tage Zugriff haben. Aufgrund der dafür nötigen technischen Vorarbeiten soll das Gesetz nicht sofort nach der Kundmachung, sondern erst ab 1. Jänner 2023 gelten. Unterstützt wurde der Gesetzesentwurf von ÖVP, Grünen, FPÖ und NEOS.

Schließlich bestätigte der Bundesrat einhellig auch Anpassungen im Zahnärztegesetz (ZÄG) und im Zahnärztekammergesetz (ZÄKG). Sie waren aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs notwendig geworden. Im Konkreten werden die Regelungen über die Führung der Zahnärzteliste, die Ausstellung der Zahnärzteausweise sowie die Erlassung der Zahnärzteausweisverordnung in beiden Rechtsmaterien per 30. November 2022 aufgehoben, da die bestehenden Regelungen bezüglich der Übertragung bestimmter Aufgaben an die Österreichische Zahnärztekammer nicht unter Zustimmung der Länder kundgemacht wurden. Durch die vorliegende Novelle soll dies nun repariert und durch eine verfassungskonforme Umsetzung der Punkte gewährleistet werden. (Fortsetzung Bundesrat) jan/wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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