Parlamentskorrespondenz Nr. 1187 vom 20.10.2022

Bundesrat: Dringliche Anfrage der FPÖ zu Asyl und Migration

Debatte zu 79 Fragen unter dem Titel "Land unter in der Migrationskrise"

Wien (PK) – Unter dem Titel "'Land unter' in der Migrationskrise" thematisierten die freiheitlichen Bundesrät:innen mit einer Dringlichen Anfrage an Innenminister Gerhard Karner in der heutigen Bundesratssitzung die Situation rund um Migration und Asylpolitik.

Das Land werde von Asylant:innen "geflutet", warf FPÖ-Bundesrat Josef Ofner der Regierung in seiner Antragsbegründung vor. Bundesministerin Karoline Edtstadler, die in Vertretung des Innenministers für die Debatte in der Länderkammer zur Verfügung stand, betonte, dass sich die Herausforderungen dieser Zeit nur gemeinsam auf europäischer Ebene lösen lassen.

Zudem forderten die Freiheitlichen im Zuge der Debatte die Entlassung von Innenminister Gerhard Karner. Unterstützung gab es für den entsprechenden FPÖ-Entschließungsantrag seitens der SPÖ, er blieb damit aber in der Minderheit. Auch ein weiterer in der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ für ein Maßnahmenpaket zur Deattraktivierung Österreichs als Zielland für "illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten" wurde abgelehnt.

79 Fragen der FPÖ an Innenminister Gerhard Karner

Angesichts einer Zunahme von 195% im Vergleich zu 2021 auf 56.149 Asylanträge von Jänner bis August 2022 fordern die Freiheitlichen in ihrer Dringlichen Anfrage, dass die Bundesregierung ihre Politik der offenen Grenzen sofort beenden müsse und sich um "die Anliegen der Österreicher" kümmern solle. Wenn die ÖVP illegalen Einwanderer:innen nicht Tür und Tor geöffnet hätte, würde nicht ein Asylquartier nach dem anderen – nun auch in Form von Zeltstätten – aus dem Boden schießen, argumentiert die FPÖ und spricht von einem eklatanten Totalversagen der ÖVP. Diese verwalte lediglich die illegale Einwanderung, anstatt sie zu stoppen, treten die Freiheitlichen für ein umgehendes Aussetzen des "Asylrechts auf österreichischem Boden" ein. Polizei und Bundesheer seien im Grenzeinsatz zunehmend überlastet und der Assistenzeinsatz des Bundesheeres sei sinnlos und zu einem "Welcome-Service degeneriert". In 79 Fragen erkundigen sich die Freiheitlichen, welche Gegenmaßnahmen die Regierung hier setzen möchte und wie der aktuelle Stand unter anderem bei Asylzahlen, Herkunft der Asylwerber:innen, Verfahren, Rückführungen und bei den Belegungszahlen in den Quartieren ist.

"Land unter" sei nicht nur Titel der Anfrage, denn die "Chaosregierung" führe das Land von einer Krise zur nächsten - bis hin zum derzeitigen "Migrationschaos", das sich abspiele, meinte Josef Ofner (FPÖ/K) in seiner Anfragebegründung. Minister Karner sei heute außerdem "geflüchtet" und lasse sich in der Debatte von Ministerin Edtstadler vertreten, was eine "ungeheure Schande und bodenlose Sauerei" des Innenministers darstelle. Die ÖVP schiebe die Verantwortung nach Brüssel ab, Zuwanderung werde verwaltet und nicht gestoppt, so Ofner. Die Asylanträge würden heuer einen Stand erreichen, die das Jahr 2015 bei weitem übertreffen werde. Man erlebe heute dasselbe Chaos wie damals, zeigte sich Ofner erbost. Das Land werde von Asylant:innen geflutet, das Ende der Fahnenstange sei noch lange nicht erreicht. "Null Konzept" der Bundesregierung ortet Ofner etwa, um illegale Zuwanderung zu reduzieren oder Grenzschutz zu garantieren. Die ÖVP sei für die katastrophale Lage bei der Zuwanderung in Österreich verantwortlich, zeigte sich Ofner überzeugt. Die Sicherheit und Gesundheit der eigenen Bevölkerung sei gefährdet, meinte er, etwa durch die "Zeltlager". Österreich brauche einen sofortigen Asylstopp, das Ziel müsse "null Zuwanderung" sein. Zudem brauche es harte Strafen gegen Schlepper und einen effektiven Schutz der Grenzen. "Asylstopp jetzt und endlich Österreich zuerst", forderte Ofner.

Edtstadler: Gemeinsame Lösungen auf europäischer Ebene

Ministerin Edtstadler hielt eingangs fest, dass sich der Innenminister bei einer Konferenz im Ausland befinde, wo es genau um Fragen der illegalen Migration gehe. Es stehe bereits seit mehreren Wochen fest, dass er heute im Bundesrat vertreten werde, weil er diesen Termin im Ausland habe.

Edtstadler räumte ein, dass man vor Herausforderungen in Europa und Österreich stehe, die aber gemeinsam bewältigt werden können, wie die Geschichte gezeigt habe. Auch im Bereich der illegalen Migration gebe es ein Problemfeld, Innenminister Karner weise seit Monaten darauf hin und es werde an dieser großen Herausforderung gearbeitet. Etwa habe es im Vergleichszeitraum heuer eine Steigerung von 200% zum Vorjahr bei Asylanträgen gegeben. Einer der Gründe sei das verstärkte Schleppergeschäft. Das Innenministerium habe aber bereits umfangreiche Maßnahmen gesetzt, wie etwa eine "Aktion scharf" gegen Schlepper, das bedeute mehr Aufgriffe und mehr Abschreckung. An der ungarisch-serbischen Grenze etwa sei das Polizeikontingent aufgestockt worden.

Es brauche jedenfalls dringend eine europäische Lösung, bekräftigte Edtstadler, diese Herausforderung werde nationalstaatlich nicht zu schaffen sein. Sie sprach von einer Stärkung von Frontex und trete für die Verstärkung des EU-Außengrenzschutzes ein.

In ihrer ausführlichen Beantwortung der Anfrage berichtete Edtstadler etwa über die Herkunftsländer für Asylanträge, Außerlandesbringungen, die detaillierten Zahlen zu Asylverfahren, Asylgewährungen und subsidiären Schutz, betreuten Asylwerber:innen, Asylberechtigten, subsidiär Schutzberechtigten, unbegleiteten minderjährigen Fremden sowie Flüchtlingen mit erhöhtem Betreuungsbedarf bis hin zur Quotenerfüllung der Bundesländer sowie den Fakten zur Situation beim Grenzmanagement in Spielfeld. Themen der Anfrage waren darüber hinaus die Zelte, die in den Bundesländern als Unterkunft errichtet werden sollen.

Debatte über Vorwürfe und Maßnahmen

Die umfangreiche Anfragebeantwortung der Ministerin sei inhaltlich zugleich eine Selbstanklage der Regierung, meinte Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N). Die Erstantragsteller kommen alle zuerst in Österreich an, lese er aus den Zahlen. Er attestierte der Regierung "volles Versagen" und untermauerte ausführlich die umfassende Kritik der FPÖ an Innenminister Karner und der ÖVP. Die Regierung sei "unfähig und hilflos", so Spanring, der vielzählige Vorwürfe vorbrachte. Als sichtbarer Beweis von Karners Versagen kämen jetzt Asyl-Zeltstätten, so Spanring, der stattdessen als Maßnahmen "Asylstopp, Grenzen dicht und zurückweisen in sichere Drittstaaten" forderte. Es sei fünf nach zwölf, auch Humanität habe Grenzen und es gelte, Politik für "unsere Landsleute" zu machen. Christoph Steiner (FPÖ/T) brachte die zwei FPÖ-Anträge ein, die beide in der Minderheit blieben.

Wenn mit einer Dringlichen Anfrage nur politische Propaganda betrieben werden soll, sei das fehl am Platz, konterte Silvester Gfrerer (ÖVP/S). Man habe in der Zweiten Republik noch nie so viele Herausforderungen zu bewältigen gehabt, sprich Corona, Klima, Krieg, und damit zusammenhängend auch das Flüchtlingsthema. Seit dem Frühjahr werde am Problem der illegalen Migration gearbeitet. Das brutale Geschäft der "Schleppermafia" stelle ein weiteres Problem dar. Die Grenzkontrollen seien daher massiv ausgebaut und die Verfahren beschleunigt worden, wodurch es heuer einen Rekordwert bei den negativen Bescheiden gebe. Die Herausforderungen können jedenfalls nur alle gemeinsam bewältigen, so Gfrerer.

Günter Kovacs (SPÖ/B) bezog sich auf die vielfältigen Herausforderungen wie die Teuerung, aber auch auf das stark angestiegene Schlepperwesen. Er hinterfragte, ob mit Ungarn wegen der Erstaufnahme gesprochen worden sei und thematisierte die Maßnahmen an der ungarischen Grenze. Auffallend sei, dass sechs ÖVP-geführte Bundesländer die Quote nicht erfüllen würden. Stattdessen sollen Zelte aufgestellt werden, kritisierte er. Er kündigte an, dem eingebrachten FPÖ-Antrag zuzustimmen, der darauf abzielt, Innenminister Karner zu entlassen.

Gegen Zelte sprach sich auch Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) aus, weil es eine unwürdige Unterbringung für Menschen auf der Flucht sei. Eine Asylkrise zu beschwören, kann Hauschildt-Buschberger nicht nachvollziehen und appellierte an die FPÖ, zu differenzieren. Würden alle Länder ihre Quote erfüllen, gebe es keine Zelte und die Bundesquartiere wären sofort entlastet, meinte sie. Europa und Österreich würden sich aufgrund des Ukraine-Kriegs vor maximalen Herausforderungen befinden. Es gelte, in Europa zusammenzustehen und alles zu tun, um Kriege und Krisen zu stoppen. Niemand verlasse seine Heimat ohne Grund, betonte die Bundesrätin der Grünen. (Fortsetzung Bundesrat) mbu/pst

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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