Parlamentskorrespondenz Nr. 86 vom 31.01.2023

Nationalrat beschließt 450 Mio. € Zweckzuschuss für Wohn- und Heizkosten

Zustimmung auch zu Unterstützung für die Ukraine

Wien (PK) – Die Bundesländer erhalten einen einmaligen Zweckzuschuss von 450 Mio. €, um Privathaushalte bei der Bewältigung von Wohn- und Heizkosten zu unterstützen. Außerdem gibt es 55 Mio. € zusätzlich für Maßnahmen zur Delogierungsprävention. Das hat der Nationalrat heute ebenso mit Stimmenmehrheit beschlossen wie Haftungsübernahmen des Finanzministers in der Höhe von 102 Mio. € für EU-Finanzhilfen für die Ukraine. Auch ein im Zuge der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag für die Unterstützung der Ukraine gegen Russland wurde von einer breiten Mehrheit unterstützt.

Zweckzuschuss für Wohn- und Heizkosten

Um private Haushalte bei der Bewältigung der Wohn- und Heizkosten zu unterstützen, erhalten die Länder einen einmaligen Zweckzuschuss vom Bund in Höhe von 450 Mio. €. Das von ÖVP und Grünen initiierte Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz wurde im Nationalrat mehrheitlich beschlossen. Die Länder können damit bestehende Initiativen verstärken oder neue Unterstützungen starten. Die Mittel können für Zuschüsse ab 1. Jänner 2023 herangezogen werden. Als Bedingung für den Zweckzuschuss dürfen diese Leistungen nicht auf die Sozialhilfe angerechnet werden.

Mittels Abänderungsantrag wurde im Plenum noch die Möglichkeit ergänzt, dass die Länder höchstens 5 % des Zuschusses für die Förderung von Heimen und Wohngemeinschaften sowie Beratungs- und Betreuungseinrichtungen im Sozialbereich verwenden können, um gestiegene Wohn- und Heizkosten abzufedern. Außerdem wurde eine Bestimmung eingefügt, die es den Abwicklungsstellen erlaubt, die von Förderungswerber:innen in der Transparenzdatenbank eingemeldeten Förderungen und Einkommen einzusehen, und bestimmte Daten aus dem Zentralen Melderegister zu erheben.

Mit dem Abänderungsantrag wurden zudem die zusätzlichen Mittel für Maßnahmen zur Wohnungs- und Energiesicherung, den sogenannten "Wohnschirm", aufgestockt. Im ursprünglichen Antrag waren dafür 50 Mio. € für dieses und nächstes Jahr vorgesehen. Nun stehen dem Sozialminister insgesamt 55 Mio. € zur Verfügung, wobei für 2023 30 Mio. € und für 2024 25 Mio. € vorgesehen sind. Damit sollen laut Begründung insbesondere auch Bewohner:innen von Einrichtungen etwa der Behindertenhilfe und von Gewaltschutz- oder Pflegeeinrichtungen angemessen unterstützt werden.

Breite Zustimmung bei Abgeordneten

Mit dem Wohn- und Heizkostenzuschuss greife man besonders jenen Haushalten unter die Arme, die eine finanzielle Unterstützung derzeit besonders benötigen, betonte Finanzminister Magnus Brunner. Der Zuschuss werde über die Bundesländer abgewickelt, weil diese auch jahrzehntelange Erfahrung in der Abwicklung von Heizkostenzuschüssen haben. Daher obliege ihnen auch die genaue Ausgestaltung der Hilfen, wenngleich der Zweckzuschuss natürlich an Bedingungen geknüpft sei. Brunner zeigte sich überzeugt, dass es mit der Maßnahme gelinge, treffsicherer zu werden und jenen Menschen zu helfen, die es am meisten brauchen.

Das betonte auch Christoph Zarits (ÖVP), der erläuterte, dass die Zuschüsse besonders Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zugutekommen würden. Er führte wie Angela Baumgartner (ÖVP) an, dass die Länder die regionalen Gegebenheiten und Heizformen am besten kennen, und daher wissen, wie sie das Geld am besten einsetzen. Auch für Klaus Lindinger (ÖVP) gelinge es mit der Maßnahme, über die Bundesländer zielgerichtet zu helfen.

Nina Tomaselli (Grüne) zeigte sich erfreut, weil mit dem Beschluss ein weiterer Baustein für leistbares Wohnen und Leben auf den Weg geschickt werde. Neben den Zweckzuschüssen für die Länder gelinge es mit der Aufstockung des Wohnschirms, Menschen mit Zahlungsrückständen bei Mieten und Energiekosten zu unterstützen. Seit Einführung des Instruments im März 2022 seien bereits rund 4.500 Personen dadurch vor der Delogierung bewahrt worden, so Tomaselli. Auch Markus Koza (Grüne) bezeichnete beide Maßnahmen als wichtig und zielgerichtet. Er legte dar, dass bis zum Jahr 2026 für den Wohnschirm insgesamt fast 140 Mio. € zur Verfügung stünden. Koza betonte zudem, dass damit nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch niederschwellige Beratung angeboten werde.

Erwin Angerer (FPÖ) äußerte ebenfalls Zustimmung zu den Maßnahmen. Das Geld müsse dorthin, wo es benötigt werde, und zwar zu den bedürftien Menschen, so Angerer. Er nützte seine Rede aber auch für Kritik an der Kärntner Landesregierung, etwa mit Blick auf die Wohnungspolitik. Christian Oxonitsch (SPÖ) signalisierte ebenso die Zustimmung seiner Fraktion, weil die Menschen die Unterstützung bräuchten. Er erneuerte aber die Forderung der Sozialdemokrat:innen, statt Einmalzahlungen Maßnahmen zur Bekämpfung der Teuerung zu setzen.

Karin Doppelbauer (NEOS) befürwortete zwar die Aufstockung des Wohnschirms, um Delogierungen zu verhindern. Den Zweckzuschuss für die Länder fand sie aber nicht gerechtfertigt. Den Bundesländern würden ohnehin ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Außerdem führte sie an, dass die Übergewinne der Landesenergieunternehmen, die abgeschöpft werden und an den Bund zu zahlen sind, auf rund 450 Mio. € geschätzt werden. Aus ihrer Sicht werden ebendiese abgeschöpften Übergewinne mit der vorliegenden Maßnahme "durch die Hintertür" wieder an die Länder überwiesen. Doppelbauer verlangte daher eine getrennte Abstimmung über die zusätzlichen Mittel für den Wohnschirm, für die auch die NEOS ihre Zustimmung gaben.

Haftungsübernahmen für Finanzhilfe für die Ukraine

Auf Basis eines EU-Beschlusses zur Bereitstellung einer außerordentlichen Makrofinanzhilfe für die Ukraine in Höhe von fünf Milliarden Euro wird der Finanzminister ermächtigt, Haftungen in Form von Garantien zu übernehmen.Mit der mehrheitlich beschlossenen Novelle des Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetzes kann Österreich Haftungen bis zu 102 Mio. € übernehmen, mit denen Darlehen der EU für die Ukraine abgesichert werden.

Auch ein im Zuge der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS erhielt eine breite Zustimmung. Darin wird die Regierung ersucht, sich weiterhin für eine Einstellung der Angriffe Russlands, einen Abzug der russischen Truppen und die territoriale Integrität der Ukraine einzusetzen. Außerdem soll die Bundesregierung Initiativen unterstützen, die zur Deeskalation des Krieges und zur Aufnahme seriöser Friedensverhandlungen führen. Österreich soll zudem weiter für die Einhaltung des Völkerrechts eintreten und humanitäre Hilfe für die Ukraine leisten.

Finanzminister Magnus Brunner legte dar, dass Makrofinanzhilfen Bestandteil eines umfassenden Engagements der EU gegenüber Nachbarländern seien. Bereits seit 2014 gewähre die Union der Ukraine eine beträchtliche Unterstützung. Nach dem "Überfall" Russlands auf das Land sei klar geworden, dass es weitere Hilfen brauche. Dass Österreich und die EU sich solidarisch mit der Ukraine zeigen, sei kein Selbstzweck, sondern eine Verteidigung der europäischen Werte, so Brunner.

Gänzlich anders sah das Axel Kassegger (FPÖ). Aus seiner Sicht vertrete weder die EU noch die österreichische Bundesregierung die Interessen der Österreicher:innen. Niemand habe die Bevölkerung gefragt, ob sie für den Krieg oder das Sanktionsregime seien. Außerdem werde auf politischer Ebene nichts unternommen, um Frieden herbeizuführen, kritisierte Kassegger.

Christoph Matznetter (SPÖ) hielt der FPÖ vor, bewusst mit den Befürchtungen der Menschen zu spielen, um Stimmen bei Wahlen zu erreichen. Die europäische Solidarität sei überaus wichtig für Österreich. Es brauche ein Europa, das zusammensteht, seine Werte verteidige, und Solidarität auch für Beitrittskandidaten zeige, so Matznetter, der sich für den Gesetzesantrag aussprach.

Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) forderte die FPÖ auf, sich auf die Seite der Menschenrechte, der Zivilbevölkerung in der Ukraine und des Völkerrechts zu begeben. Michel Reimon (Grüne) betonte, dass mit dem heutigen Beschluss kein Cent in die Ukraine fließe. Es gehe lediglich um die Übernahme von Haftungen für Kredite, die das Land aufnehme. Man gehe davon aus, dass die Ukraine das Geld zurückzahlen könne und die Haftung nicht schlagend werde. Das einzige Szenario, das dazu führen könnte, dass die Ukraine die Kredite nicht zurückzahlen könne, sei eine Niederlage des Landes gegen Russland, so Reimon. Auch Andreas Hanger (ÖVP) betonte, zu 100 % hinter dem Gesetzesantrag zu stehen. Österreich werde sich als neutrales Land nicht militärisch am Konflikt beteiligen, könne aber sehr wohl humanitär helfen und wirtschaftspolitisch unterstützen.

Helmut Brandstätter (NEOS) sprach sich ebenso für weitere Unterstützung der Ukraine aus. Angesichts der vielen österreichischen Unternehmen, die in der Ukraine aktiv seien, sei jede Hilfe für die Ukraine auch Hilfe für Österreich. Er brachte im Zuge der Debatte einen Entschließungsantrag anlässlich des Jahrestages des russischen Angriffs auf die Ukraine ein. Die Bundesregierung soll demnach der Ukraine die Solidarität aussprechen, die Aufklärung von Kriegsverbrechen unterstützen und sich für die Aufrechterhaltung von internationalen Sanktionen gegen Russland einsetzen. Außerdem soll sich Österreich dafür einsetzen, dass die Ukraine den Zeitpunkt für Friedensverhandlungen bestimmen kann. Der Antrag blieb in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat) kar

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