Parlamentskorrespondenz Nr. 155 vom 15.02.2023

Corona-Pandemie: Gesundheitsausschuss hielt neuerlich Expertenhearing ab

Volksbegehren fordern umgehende Abschaffung aller COVID-19-Maßnahmen und Schadenersatz

Wien (PK) – Der Gesundheitsausschuss des Nationalrats hat in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie heute neuerlich ein öffentliches Expertenhearing abgehalten. Anlass dafür waren zwei Volksbegehren, die zum einen auf eine umgehende Abschaffung aller COVID-19-Maßnahmen und zum anderen auf eine Abgeltung sämtlicher Schäden abzielen, die infolge der Schutzmaßnahmen entstanden sind. Die beiden Initiativen waren im vergangenen Herbst von 218.000 bzw. 184.936 Personen unterzeichnet worden und hatten damit die Hürde von 100.000 Unterschriften für eine Behandlung im Nationalrat genommen. Ein konkretes Ergebnis brachten die heutigen Beratungen nicht, laut Gesundheitsminister Johannes Rauch ist nach wie vor geplant, das COVID-19-Maßnahmengesetz mit Ende Juni auslaufen zu lassen.

Von Seiten der geladenen Experten warnte Karl Stöger, Experte für Medizinrecht, vor einer Generalamnestie für Verstöße gegen Corona-Schutzmaßnahmen. Eine solche könnte zwar mit Zweidrittelmehrheit vom Nationalrat beschlossen werden, in Hinblick auf künftige Gesundheitskrisen könnte das aber ein problematisches Signal sein, meinte er. Scharfe Kritik an den Corona-Maßnahmen kam hingegen vom Tiroler Urologen Hannes Strasser: Seiner Einschätzung nach lag nie eine besondere epidemische Notlage vor. Strasser stellte zudem die Sinnhaftigkeit von COVID-19-Impfungen in Frage und zeigte sich nach wie vor von der Wirksamkeit des umstrittenen Medikaments Ivermectin überzeugt.

Als einzige Partei ausdrücklich hinter die Forderungen der beiden Volksbegehen stellte sich die FPÖ. Auch sie drängt auf ein sofortiges Außerkrafttreten aller Corona-Schutzmaßnahmen und eine Rücküberweisung sämtlicher Verwaltungsstrafen, konnte sich mit einem im Zuge der Beratungen eingebrachten Entschließungsantrag aber ebenso wenig durchsetzen wie mit einer Initiative zur sofortigen Abschaffung des COVID-19-Maßnahmengesetzes. Die Beratungen über diesen Gesetzesantrag und einen weiteren FPÖ-Antrag mit der Forderung nach Offenlegung aller EU-Verträge zur COVID-19-Impfstoffbeschaffung wurden vertagt.

Im Ausschuss zur Diskussion standen außerdem zwei Berichte von Gesundheitsminister Johannes Rauch über coronabedingte Sonderausgaben des Gesundheits- und Sozialministeriums im vergangenen Jahr. Sie decken den Zeitraum Jänner bis Oktober 2022 ab und wurden mit den Stimmen der Koalitionsparteien zur Kenntnis genommen. Konkret informieren die Berichte etwa über die Ausgaben für die Beschaffung von COVID-19-Impfstoffen, die Durchführung von Impfungen und die Abgabe von Coronatests sowie über gezielte Fördermaßnahmen zur Armutsbekämpfung bzw. zur Abfederung coronabedingter Einkommensausfälle geringfügig beschäftigter Menschen.

Initiator:innen des Volksbegehrens sehen durch COVID-19-Schutzmaßnahmen Grundrechte verletzt

Begründet wird die Forderung nach einer Abschaffung aller COVID-19-Maßnahmen von den Initiator:innen des entsprechenden Volksbegehrens (1799 d.B.) damit, dass Maßnahmen wie Testen, Maskentragen, Abstandhalten, "Hausarrest" oder Impfen nicht geeignet seien, Infektionen mit dem Coronavirus zu verhindern. Gleichzeitig hätten die Schutzmaßnahmen zahlreiche negative Auswirkungen gehabt, wobei in den Erläuterungen neben einer "tiefen Spaltung der Gesellschaft" etwa auch steigende Firmenpleiten, hohe Arbeitslosenzahlen und Impfschäden angeführt werden. Besonders leidtragend seien Kinder und Jugendliche gewesen, die monatelang nicht in die Schule hätten gehen können und aufgrund der Impfpflicht einem "gentechnischen Experiment" unterzogen worden seien. Auch in Krisenzeiten müssten verfassungsrechtlich verankerte Grundrechte wie das Recht der Freiheit der Person, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Meinungsfreiheit, das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gewährleistet werden, heißt es im Volksbegehren.

Forderung nach Schadenersatz

Ähnliche Argumente werden vom Volksbegehren "Wiedergutmachung der COVID-19-Schutzmaßnahmen" (1798 d.B.) ins Treffen. Die "willkürlichen" Vorschriften der Regierung hätten massive menschliche, soziale und wirtschaftliche Schäden verursacht, heißt es dort in den Erläuterungen. Daher sollten nicht nur alle COVID-19-Gesetze zurückgenommen und entsprechende Strafen aufgehoben werden, sondern die Betroffenen auch Schadenersatz erhalten. Außerdem ist es den Unterzeichner:innen ein Anliegen, dass auch bei verfassungswidrigen Gesetzen eine Amtshaftung gilt und der VfGH die Möglichkeit bekommt, Eilentscheidungen zu treffen.

Fiala: COVID-19 ist nichts anderes als ein grippaler Infekt

In der Sitzung bekräftigte der Bevollmächtigte des Volksbegehrens Christian Fiala und seine Stellvertreterin Karin Kaiblinger die Forderungen nach einer "Wiedergutmachung der COVID-19-Maßnahmen", wobei die Stellungnahme Fialas aufgrund seiner Verhinderung per Video zugespielt wurde. Für den Gynäkologen Fiala sind die wissenschaftlichen Zahlen eindeutig: Es habe keine Gefahr durch das Coronavirus bestanden. COVID-19 sei nichts anderes als ein grippaler Infekt, ist er überzeugt. Hätte es keine Tests gegeben, "wäre niemandem etwas aufgefallen". Die Regierung habe unbegründet Angst geschürt. Auch schütze die Corona-Impfung nicht vor dem Virus, meinte er, sei aufgrund des neuen Impfmechanismus aber "potentiell gefährlich".

Die erhöhte Sterblichkeit im Jahr 2020 führt Fiala auf die beiden Lockdowns zurück, da es in diesen Phasen einen "Pflegemangel" gegeben habe. 2021 habe es dann parallel zur dritten Impfkampagne vermehrt Todesfälle gegeben.

Ein besonderer Dorn im Auge ist es den beiden Vertreter:innen des Volksbegehrens, dass es zwar zur Abfederung der Corona-Krise Förderungen in Milliardenhöhe gegeben habe, Kinder und Jugendliche aber "nichts bekommen haben". Auch Personen mit nicht gemeldeten Impfschäden und Personen, die eine Verwaltungsstrafe bekommen haben, seien leer ausgegangen. Die Corona-Hilfen seien nichts anderes als eine Umverteilung von unten nach oben, meinte Fiala. Kaiblinger rief die Abgeordneten in diesem Sinne auf, sich bei der "Wiedergutmachung" vor allem auf Kinder und Jugendliche zu konzentrieren, und "wirklich Geld in die Hand zu nehmen", um die Schäden zu beseitigen.

Marschall: COVID-19-Maßnahmen waren "riesiger Flop"

Als Proponent:innen des Volksbegehrens "COVID-Maßnahmen abschaffen" nahmen Robert Marschall, Gründer der EU-Austrittspartei, Michael Fichtenbauer und Andre Hutter an der Sitzung teil. Es sei unfassbar, welche Maßnahmen in Reaktion auf die Corona-Pandemie gesetzt worden seien, führte Marschall unter anderem aus und sprach unter anderem von einer "Gesundheitsdiktatur". Der Nationalrat habe Gesetze beschlossen, "ohne irgendetwas zu wissen". Die COVID-19-Maßnahmen seien ein "riesiger Flop" gewesen, der viel gekostet habe. Der Vertrauensschaden in der Bevölkerung sei so groß, dass sich viele gegen gar nichts mehr impfen lassen wollten, zumal die Geimpften selbst das volle finanzielle Risiko für Schäden tragen.

Marschall nutzte die Debatte auch dazu, um für weitere Volksbegehren zu werben. Unter anderem geht es ihm um die verpflichtende Bereitstellung mRNA-freier Bluttransfusionen, die Rückzahlung aller COVID-19-Strafen und die Absetzung von Bundespräsident Alexander van der Bellen.

Stöger: Generalamnestie bräuchte verfassungsrechtliche Grundlage

Der von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS gemeinsam nominierte Medizinrechts-Experte Karl Stöger, Professer an der Universität Wien, wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass eine Generalamnestie für Verstöße gegen Corona-Schutzmaßnahmen eine verfassungsrechtliche Grundlage bräuchte. Alle einschlägigen Strafen aufzuheben, wäre seiner Ansicht nach allerdings nicht unproblematisch, auch was die Signalwirkung im Hinblick auf künftige Gesundheitskrisen betrifft. Verfassungsrechtlich geboten sei ein solcher Schritt jedenfalls nicht.

Was das Thema Grundrechte betrifft, gab Stöger zu bedenken, dass diese nie vorbehaltlos gelten würden. Es seien staatliche Schutzpflichten wie der Schutz der öffentlichen Gesundheit oder der Schutz vor Bedrohungen zu beachten. Vor diesem Hintergrund habe der Verfassungsgerichtshof auch einen überwiegenden Teil der gesetzten Schutzmaßnahmen nicht beanstandet, sondern als verhältnismäßig akzeptiert. Auch wenn die Maßnahmen nun sukzessive abgeschafft würden, heiße das nicht, dass sie bei der Verhängung unverhältnismäßig gewesen seien. Aus juristischer Sicht müsse man außerdem den seinerzeitigen Wissensstand beachten. Eine Bewertung der Schäden hält Stöger insgesamt für schwierig, schließlich hätten die Lockdowns nicht nur Schäden verursacht, sondern auch Effekte gehabt.

Von der SPÖ darauf angesprochen, ob es möglich wäre, vor Gericht Schadenersatz einzuklagen, weil jemand meint, er sei bei der Impfung zu spät drangekommen, meinte Stöger, das hänge vom Einzelfall ab. Er glaubt aber nicht, dass die Erfolgschancen besonders hoch sind, da die Zuteilung der Impfstoffe im Großen und Ganzen, "von gewissen Vordränglern abgesehen", nach einem Priorisierungsplan erfolgt sei.

Strasser: Lockdowns haben mehr geschadet als genutzt

Scharfe Kritik an den Corona-Maßnahmen übte der Mediziner Hannes Strasser, Facharzt für Urologie und Co-Autor des Buches "Raus aus dem Corona-Chaos". Es sei nie eine besondere epidemische Notlage vorgelegen, COVID-19 sei nicht gefährlicher als eine schwere Grippewelle, meinte er. Momentan sei die Chance, an einer schweren Grippe zu sterben, sogar größer als an COVID-19. Ihm zufolge würden vor allem "alte kranke Männer" am Coronavirus sterben, während Frauen und Junge am stärksten von Impfnebenwirkungen betroffen seien.

Strasser ist außerdem überzeugt, dass die Lockdowns nicht effektiv waren. Vielmehr hätten sie große Schäden verursacht, weil COVID-19-Erkrankte zu Hause nicht behandelt worden seien, sondern lediglich in Quarantäne geschickt wurden. Das ist seiner Ansicht nach auch die wahre Ursache für die spätere Überlastung der Krankenhäuser gewesen. Man hätte die Betroffenen medikamentös versorgen müssen. Mit dem Einsatz von Medikamenten könne man die Sterblichkeit schließlich deutlich senken. Eine Lanze brach Strasser in diesem Zusammenhang für das umstrittene Medikament Ivermectin. Es sei belegt, dass dieses auch antibiotisch und antiviral wirke, meinte er und verwies auf Studien, die ihm zufolge gezeigt haben, dass die Sterblichkeit bei COVID-19-Erkrankungen um bis zu zwei Drittel gesenkt werden konnte.

Deutlich skeptischer ist Strasser, was Corona-Impfungen betrifft. Es sei längst bewiesen, dass Impfungen nicht vor einer Ansteckung oder einer Weitergabe des Coronavirus schützen, sagte er. Zudem seien mittlerweile deutlich mehr geimpfte als ungeimpfte Menschen an COVID-19 gestorben. Gleichzeitig seien Millionen von Menschen wegen Impfnebenwirkungen in Behandlung. Die internationalen Datenbanken seien "voll" damit. Für nicht belegt hält der Mediziner "Long Covid" – ähnliche gesundheitliche Langzeitfolgen könnten auch durch Impfungen auftreten.

FPÖ fordert umgehende Abschaffung des COVID-19-Maßnahmengesetzes

Eine umgehende Abschaffung des COVID-19-Maßnahmengesetzes fordert auch die FPÖ. Seit sich die Virusvariante Omikron durchgesetzt habe, sei die Gefährlichkeit von COVID-19 gegen null gegangen, machte Dagmar Belakowitsch im Zuge der Debatte über den FPÖ-Antrag (3104/A) geltend. Die noch bestehenden Einschränkungen stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen. Trotzdem wollten die Regierungsparteien die Österreicher:innen "immer noch knechten", kritisierte sie. Zudem hält es Belakowitsch für hoch an der Zeit, sich für das, was passiert ist, bei der Bevölkerung zu entschuldigen, und "desavouierte" Expert:innen mit abweichenden Meinungen zu rehabilitieren.

Ein in Reaktion auf die Volksbegehren eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ wurde von den anderen Fraktionen allerdings nicht unterstützt. Konkret hatten Belakowitsch und ihre Parteikolleg:innen etwa eine Amnestie für alle Betroffenen von Verwaltungsstrafverfahren in Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen, eine Rücküberweisung aller bisher eingehobenen Verwaltungsstrafen und eine vollständige finanzielle Wiedergutmachung für alle durch Corona-Maßnahmen gesundheitlich, sozial und wirtschaftlich geschädigten Personen in Österreich gefordert. Auch eine umfassende Untersuchung der Vollzugsmaßnahmen und der Beschaffungsvorgänge sowie der politischen Entscheidungsprozesse sind der FPÖ ein Anliegen.

FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die FPÖ die einzige Partei gewesen sei, die im Parlament gegen die COVID-19-Impfpflicht gestimmt hat. Er ortet massive Schäden durch die Corona-Politik und verwies etwa auf steigende Depressionen bei Kindern und Jugendlichen. Das, was bei Kindern und Jugendlichen angerichtet worden sei, sei "eine Schande für die österreichische Gesundheitspolitik". Die FPÖ warf den anderen Parteien außerdem vor, keine öffentliche Debatte zu wollen – Belakowitsch zufolge ist das heutige Hearing im Gesundheitsausschuss "nur mit Müh und Not" zustande gekommen.

Grüne: Impfmöglichkeit gegen Corona muss weiter gewährleistet sein

Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner hielt der FPÖ entgegen, dass es in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bereits sechs öffentliche Expert:innenhearings im Gesundheitsausschuss gegeben habe. Zudem hält er es nicht für zulässig, die Gefährlichkeit einer Krankheit ausschließlich an der Zahl der Todesfälle festzumachen. Auch jetzt noch sei es sinnvoll, "mit einer gewissen Vorsicht" an die Dinge heranzugehen und sich vorab zu testen, wenn man sich in vulnerablem Umfeld bewege.

Vor Abschaffung aller Corona-Maßnahmen will Schallmeiner evaluieren, welche Bestimmungen ins Dauerrecht übernommen werden sollen. So müsse jedenfalls weiterhin die Möglichkeit bestehen, sich gegen Corona impfen zu lassen.

ÖVP: Übersterblichkeit in Ländern mit niedriger Impfquote besonders hoch

Seitens der ÖVP wies Werner Saxinger darauf hin, dass die aufgestellte Behauptung, dass Corona-Impfstoffe über keine ordentliche Zulassung verfügen, nicht richtig sei. Karl Smolle hob hervor, dass Österreich bei der Übersterblichkeit in einem Vergleich von 37 europäischen Ländern an Position 12 liege. Zwei Drittel der Länder seien also schlechter durch die Krise gekommen. Umgelegt auf die COVID-19-Todesfälle ergebe sich ein ähnliches Bild. Grundsätzlich besser abgeschnitten hätten die skandinavischen Länder, wobei Schweden mit seinen lockeren Maßnahmen viel mehr COVID-19-Todesfälle gehabt habe als Norwegen und Dänemark. Eine extrem hohe Übersterblichkeit habe es dagegen in Serbien, Bulgarien und Rumänien gegeben, das seien auch die Länder mit einer Impfquote am unteren Ende.

SPÖ: Krisenmanagement muss unter die Lupe genommen werden

Die SPÖ hält es für vordringlich, das Krisenmanagement in Österreich genau unter die Lupe zu nehmen. Er habe den Eindruck, dass dem vormaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz Parteipolitik zeitweilig wichtiger gewesen sei, als die Bekämpfung der Corona-Pandemie, sagte SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher. Sein Fraktionskollege Rudolf Silvan hielt fest, man hätte wohl manche Todesfälle in Altersheimen verhindern können, wenn schneller und mit anderen Prioritäten geimpft worden wäre.

Ins Visier nahm Kucher vor allem aber die FPÖ. Diese habe offenbar vergessen, dass sie den Lockdown-Gesetzen zugestimmt habe, konstatierte er. Zudem sei es FPÖ-Parteichef Herbert Kickl gewesen, der zu Beginn der Pandemie die Behörden aufgerufen habe, bei Verstößen gegen die Schutzmaßnahmen hart durchzugreifen. An den von der FPÖ nominierten Experten Strasser richtete Kucher die Frage, ob er wirklich glaube, dass "eine Dreifachtherapie aus Ivermectin, Sonnenlicht und Bitterstoffen" eine stärkere Wirkung habe als eine Corona-Schutzimpfung.

NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler monierte, dass das Ende der Corona-Maßnahmen in Österreich deutlich länger dauere als in anderen Ländern.

Rauch: COVID-19-Maßnahmen werden mit Ende Juni beendet

Gesundheitsminister Johannes Rauch erinnerte daran, dass COVID-19 die Gesundheitssysteme global vor bis dahin nicht gekannte Herausforderungen gestellt habe. Es hätten Dinge ausprobiert werden müssen. Dabei seien auch Fehler gemacht worden, räumte Rauch ein. Die Politik habe aber bestmöglich nach dem Stand der Wissenschaft und der Forschung entschieden. Man dürfe zudem nicht vergessen, dass man es in der erster Phase der Pandemie mit einer anderen COVID-Variante zu tun hatte, die viel gefährlicher gewesen sei. Das würden auch die 20.000 Todesfälle in Österreich belegen. Kritik übte Rauch außerdem daran, dass klare wissenschaftliche Erkenntnisse von einer Minderheit regelmäßig angezweifelt werden.

Erneut bestätigt wurde vom Gesundheitsminister das Vorhaben der Regierungsparteien, die COVID-19-Maßnahmen mit Ende Juni 2023 auslaufen zu lassen. Unter seiner Amtszeit sei bereits die Impfpflicht abgeschafft worden, zudem habe er die Quarantäneverpflichtung trotz massiven Widerstands abgeschafft und auch die Maskenpflicht entgegen des Drängens einiger Experten nicht wieder eingeführt.

FPÖ fordert mehr Transparenz bei der Impfstoffbeschaffung

Im weiteren Sitzungsverlauf trat die FPÖ darüber hinaus für mehr Transparenz bei der COVID-19-Impfstoffbeschaffung ein. Geht es nach Gerhard Kaniak und seinen Fraktionskolleg:innen, soll die Europäische Kommission alle Verträge über die COVID-19-Impfstoffbeschaffung samt allfälliger Nebenabsprachen offenlegen müssen. Es würden immer mehr Ungereimtheiten rund um die milliardenschweren Pharma-Deals auftauchen, machen die Antragsteller:innen in der Begründung des Antrags (2996/A(E)) geltend. Laut Kaniak ist es außerdem ein Unikum, dass weder in Erfahrung zu bringen sei, wieviel Geld an welchen Hersteller gezahlt worden sei und was eine einzelne Impfdosis kostet, noch wie die Abnahmeverpflichtungen ausschauen.

Gesundheitsminister Rauch verwies in diesem Zusammenhang auf intensive Bemühungen auf europäischer Ebene zu Nachverhandlungen mit den Pharmafirmen. Er könne das Argument, dass die Nichtveröffentlichung von Verträgen ein Unding sei, nachvollziehen. Die Verträge seien am Beginn der Pandemie abgeschlossen worden, als es allen wichtig gewesen sei, rasch Impfstoffe zu erhalten.

Der Antrag wurde vom Ausschuss ebenso vertagt wie der FPÖ-Antrag zur sofortigen Abschaffung des COVID-19-Maßnahmengesetzes.

Berichte des Gesundheitsministeriums über coronabedingte Sonderausgaben

Aus den Berichten des Gesundheitsministeriums über coronabedingte Sonderausgaben (III-832 d.B., III-795 d.B.) geht unter anderem hervor, dass in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres für die Beschaffung von COVID-19-Impfstoffen Zahlungen von 413,62 Mio. € angefallen sind. Dazu kommen Kosten für den Ankauf von Impfzubehör sowie für die Logistik in der Höhe von 12,64 Mio. €. Mit insgesamt 1,11 Mrd. € schlugen Screeningprogramme, staatliche Laboruntersuchungen und weitere Aufwendungen nach dem Epidemiegesetz wie Absonderungsmaßnahmen zu Buche. 223,45 Mio. € wurden für die Anschaffung von Medikamenten wie Paxlovid ausgegeben. Weitere Ausgaben betreffen u.a. Schutzausrüstungen, die kostenfreie Abgabe sogenannter "Wohnzimmertests", Personalkosten für Telefon-Hotlines, Zahlungen an Sozialversicherungsträger und Apotheken, die Durchführung von Informationskampagnen und Vergütungen für die Freistellung von Beschäftigten, die einer COVID-19-Risikogruppe angehören.

Die Zahl der bis Ende Oktober an Österreich gelieferten Impfdosen gibt das Gesundheitsministerium mit 47,3 Millionen an. Sie kamen von sieben verschiedenen Herstellern. Werden alle Optionen ausgeschöpft, sollen es bis einschließlich 2023 mehr als 65 Millionen Dosen sein. Empfänger von Impfstoff-Schenkungen waren unter anderem der Sudan, Bosnien und Herzegowina, Tansania, die Ukraine, Usbekistan, Bangladesch, Ghana, Burkina Faso, die Philippinen und Afghanistan.

Den Berichten sei zu entnehmen, dass Geld im Übermaß geflossen sei, meinte Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), die sich auch auf Kritik von Seiten des Rechnungshofs bezog. Dieser habe etwa gemeint, dass aufgrund der Parallelstrukturen die Koordination zwischen Bund und Ländern nicht so gut funktioniert habe. Sie ortet generell ein chaotisches Krisenmanagement durch die Bundesregierung und meinte, die SPÖ könne die Berichte daher nicht zur Kenntnis nehmen.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) begründete ihre Ablehnung der Berichte damit, dass es sich um eine "Geldverschwendung sondergleichen" handle. Allein für die Impfpflicht seien beispielsweise zwei Millionen Euro ausgegeben worden. Fiona Fiedler (NEOS) stellte einige Detailfragen und erkundigte sich unter anderem danach, warum nur mehr Versicherte der BVAEB die Risikofreistellungen in Anspruch nehmen würden.

Bundesminister Johannes Rauch argumentierte, dass Österreich bei der Rücknahme der Corona-Maßnahmen durchaus im europäischen Gleichklang vorgegangen sei. In manchen Bereichen wie etwa der Abschaffung der Quarantänepflicht sei man unter den ersten Ländern gewesen. Für die oft eingeforderte Steuerungsverantwortung durch das Gesundheitsressort brauche es gesetzliche Änderungen, gab er zu bedenken. Was die COVID-19-Berichte angeht, so sei sein Ressort sehr bedacht darauf, dass die Bundesländer die noch ausständigen Abrechnungen bald abliefern. Er gehe davon aus, dass das Verrechnungsjahr 2022 bis 30. Juni 2023 abgeschlossen sein wird. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) gs/sue