Parlamentskorrespondenz Nr. 464 vom 28.04.2023

Neu im Sozialausschuss

Kollektivvertragspartner sollen gesetzliche Kündigungsfristen beschneiden können

Wien (PK) – Kurz vor den Nationalratswahlen 2017 hat das Parlament im "Spiel der freien Kräfte" beschlossen, die Kündigungsfristen von Arbeiter:innen an jene von Angestellten anzugleichen. Nach zweimaliger Verschiebung sind die entsprechenden Gesetzesbestimmungen am 1. Oktober 2021 in Kraft getreten. Seither können unbefristete Dienstverhältnisse grundsätzlich nur noch mit Ablauf jedes Kalendervierteljahres gelöst werden, wobei eine Kündigungsfrist von mindestens sechs Wochen einzuhalten ist. Nur für Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen – etwa im Tourismus oder am Bau – ist es möglich, per Kollektivvertrag abweichende Regelungen von den allgemeinen ABGB-Bestimmungen festzulegen.

Nun schlägt die Regierung vor, diese Ausnahmeregelung auf andere Kollektivverträge auszudehnen. Ein entsprechender Gesetzentwurf (2031 d.B.) von Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher wurde gestern Abend dem Sozialausschuss zur Vorberatung zugewiesen. Als einzige Voraussetzung ist vorgesehen, dass die vom Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) abweichenden Regelungen von den Kollektivvertragspartnern nach dem 1. Jänner 2018 vereinbart wurden. Begründet wird das Vorhaben damit, dass die geltenden Bestimmungen in der Praxis zu "Auslegungsproblemen" geführt haben.

Eigentlicher Anlass für den von Kocher vorgelegten Gesetzentwurf ist die notwendige Umsetzung einer im Jahr 2021 beschlossenen EU-Richtlinie, mit der zum einen die geltenden Bestimmungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften aktualisiert werden und zum anderen ein Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umwandlungen und Spaltungen von Kapitalgesellschaften geschaffen wird. Insbesondere sollen mit der Vorlage jene Teile der EU-Richtlinie, die die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten und Arbeitnehmer:innen betreffen, im Arbeitsverfassungsgesetz nachvollzogen werden. Dabei geht es etwa um die Einrichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums und die Entsendung von Arbeitnehmervertreter:innen in Aufsichtsräte. In diesem Zusammenhang ist auch eine Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes nötig. (Schluss) gs