Parlamentskorrespondenz Nr. 723 vom 22.06.2023

Neu im Sozialausschuss

Koalitionsantrag zu Elternkarenz, Familienzeitbonus und Pflegefreistellung

Wien (PK) – ÖVP und Grüne haben einen Antrag vorgelegt, mit dem eine EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige umgesetzt werden soll (3478/A). Konkret sind unter anderem zwei unübertragbare Monate Karenz pro Elternteil, eine Verdoppelung des Familienzeitbonus, eine Erweiterung der Pflegefreistellung und ein Diskriminierungsschutz im Gleichbehandlungsgesetz geplant.

Zwei Monate unübertragbare Karenz pro Elternteil und weitere Änderungen bei Karenzzeiten

Um die Betreuungs- und Pflegeaufgaben zwischen Männern und Frauen gerechter aufzuteilen, sollen künftig mindestens zwei Monate der Karenzzeit von jedem Elternteil geleistet werden. Nur dann besteht der Anspruch auf die vollen 24 Monate Karenz. Geht nur ein Elternteil - etwa die Mutter - in Karenz, verkürzt sich die Dauer auf 22 Monate. Ziel der EU-Richtlinie, die Änderungen im Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG) und im Väterkarenzgesetz (VKG) erfordert, ist die Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen.

Eine Ausnahme gibt es für Alleinerziehende: Sie können nach wie vor bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres ihres Kindes in Karenz gehen. Wer während einer bereits angetretenen Karenz alleinerziehend wird, kann die Karenz einmal verlängern. Wie in der bestsehenden Regelung soll die Karenz auch künftig bis zu zweimal zwischen den Elternteilen geteilt werden können. Beim ersten Wechsel ist weiterhin eine Überlappung von einem Monat möglich, die die gesamte Karenzzeit entsprechend um ein Monat verkürzt.

Weiterhin soll die Möglichkeit bestehen, bis zu drei Monate der Karenz aufzuschieben und bis zum 7. Lebensjahr des Kindes zu verbrauchen. Wenn der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin diese aufgeschobene Karenz ablehnt, muss dies schriftlich begründet werden. Zudem soll die aufgeschobene Karenz durch einen Motivkündigungsschutz abgesichert werden. Auf Verlangen der betroffenen Person muss der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin die Kündigung schriftlich begründen. Die Arbeitnehmer:innen sollen dadurch abschätzen können, ob eine Klage Erfolg gaben könnte.

Verjährungs- und Verfallsfristen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sollen mit der Novelle bis zwei Wochen nach Ende der Karenz gehemmt werden, um den Arbeitnehmer:innen nach ihrer Rückkehr mehr Zeit zu geben, Ansprüche geltend zu machen.

Auf Elternteilzeit soll künftig entsprechend der EU-Richtlinie unter gewissen Voraussetzungen ein Anspruch bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes bestehen. Eine Ablehnung ist vom Arbeitgeber oder von der Arbeitgeberin künftig ebenso schriftlich zu begründen wie eine Kündigung wegen Elternteilzeit.

Die Regelungen sollen mit 1. August 2023 in Kraft treten und für Eltern (bzw. Adoptiv- oder Pflegeeltern) gelten, deren Kinder ab diesem Tag geboren (bzw. adoptiert oder in Pflege genommen) werden.

Familienzeitbonus wird verdoppelt

Der Familienzeitbonus, also jene finanzielle Unterstützung für Väter, die sich direkt nach der Geburt der Familie widmen, soll künftig 47,82 € pro Tag betragen und damit verdoppelt werden. Damit will man mehr Vätern die Familienzeit ermöglichen. Um mehr Flexibilität möglich zu machen, soll die Dauer der Familienzeit einmalig geändert werden können. Der Antrag auf Familienzeitbonus kann künftig bis zu 121 Tage nach der Geburt gestellt werden.

Außerdem soll der Familienzeitbonus künftig auch dann gebühren, wenn der Vater die Mutter oder das Kind während eines Krankenhausaufenthalts – etwa aufgrund von Komplikationen während der Geburt – mindestens zwei Stunden täglich pflegt. Die neuen Regelungen sollen für Geburten nach dem 31. Juli 2023 gelten.

Beim Kinderbetreuungsgeld soll es durch die geplanten Änderungen der Karenzzeiten zu keinen Kürzungen kommen, betonte die Koalition in einer Pressekonferenz. Im Kinderbetreuungsgeldgesetz sind nur kleine Änderungen geplant, etwa für österreichische Auslandsbeamte, in Bezug auf Fristen und für Härtefälle, in denen ein Elternteil aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses den gemeinsamen Haushalt mit dem Kind und damit das Kinderbetreuungsgeld verliert. In Kraft treten sollen die Änderungen mit 1. Jänner 2024.

Änderungen bei Pflegefreistellung und anderen Freistellungen

Änderungen sind in Umsetzung der EU-Richtlinie auch bei der Pflegefreistellung geplant. Künftig können Personen auch dann zur Pflege naher Angehöriger freigestellt werden, wenn diese nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit ihnen leben. Außerdem soll es eine Freistellung zur Pflege von Personen im gemeinsamen Haushalt geben, auch wenn diese keine Angehörigen sind. Neu eingeführt werden soll ein Motivkündigungsschutz bei Pflegefreistellung. Arbeitnehmer:innen können zudem eine schriftliche Begründung verlangen. Analog zum Elternurlaub sollen auch bei der Pflegefreistellung die Verjährungs- und Verfallsfristen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bis zwei Wochen nach Ende der Freistellung gehemmt werden.

Für Teilzeitarbeit oder eine Freistellung zur Begleitung schwersterkrankter Kinder entfällt künftig auch die Voraussetzung eines gemeinsamen Haushalts.

Die Verjährungs- und Verfallsfristen sollen auch bei einer Dienstverhinderung aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls eines/-r nahen Angehörigen bis zwei Wochen nach der Rückkehr gehemmt. Dasselbe soll für Freistellungen zur Sterbebegleitung und zur Begleitung von schwersterkrankten Kindern sowie bei Pflegekarenz gelten.

Eine sachliche und schriftliche Begründung müssen Arbeitgeber:innen künftig vorlegen, wenn sie eine gewünschte Herabsetzung der Normalarbeitszeit, Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit ablehnen. Die Änderungen sollen mit 1. August 2023 in Kraft treten.

Im Landarbeitsgesetz werden die Änderungen für in der Land- und Fortwirtschaft Tätige nachvollzogen.

Diskriminierungsverbot wird im Gleichbehandlungsgesetz verankert

Ebenfalls ab 1. August 2023 soll im Gleichbehandlungsgesetz die Ermöglichung der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben von Eltern und pflegenden Angehörigen als Zielsetzung aufgenommen werden. Eingeführt werden soll ein Diskriminierungsverbot bei Elternkarenz, Pflegefreistellung und anderen Freistellungen aus familiären Gründen, auch wenn der Diskriminierungsgrund Geschlecht nicht vorliegt. Damit werden die Gleichbehandlungsanwaltschaft und die Gleichbehandlungskommission für derartige Fälle von Diskriminierung zuständig. (Schluss) kar