Parlamentskorrespondenz Nr. 756 vom 28.06.2023

Freiwilliges Engagement wird künftig stärker gefördert

Novelle zum Freiwilligengesetz erhielt breite Mehrheit im Sozialausschuss

Wien (PK) – Die Politik will freiwilliges Engagement künftig stärker fördern. Unter anderem ist vorgesehen, das Freiwillige Sozialjahr (FSJ) und das Freiwillige Umweltschutzjahr (FUJ) aufzuwerten, dauerhaft eine Service- und Kompetenzstelle für freiwilliges Engagement einzurichten und regionale Freiwilligenzentren in Form von Projektförderungen zu unterstützen. Zudem sollen die Budgetmittel für den Gedenkdienst bzw. den Friedens- und Sozialdienst im Ausland deutlich aufgestockt werden. Eine entsprechende Novelle zum Freiwilligengesetz hat heute mit breiter Mehrheit den Sozialausschuss des Nationalrats passiert. Rund 10,1 Mio. € pro Jahr soll das Paket nach den Berechnungen des Sozialministeriums kosten.

Während neben den Koalitionsparteien auch SPÖ und NEOS für die Gesetzesnovelle stimmten, zeigte sich die FPÖ vorerst zurückhaltend. Ihr gefalle die Regierungsvorlage nicht besonders, hielt Dagmar Belakowitsch fest. Sie kann sich aber vorstellen, dass die FPÖ dem Entwurf im Plenum nach einer genaueren Prüfung doch noch zustimmt. Die NEOS sprachen sich dafür aus, dass Organisationen, die Förderungen vom Staat bekommen, künftig ihre Bilanzen offenlegen müssen.

Vom Ausschuss in die Warteschleife geschickt wurden Anträge der Opposition zum Bereich Pensionen. So fordert die SPÖ angesichts der anhaltenden Teuerung eine vorgezogene Pensionsanpassung von mindestens 5 % und die Einführung einer Schutzklausel bei der Aufwertung von Pensionskontogutschriften. Auch nach Meinung der FPÖ tut die Regierung zu wenig für Pensionist:innen.

Höheres Taschengeld für Teilnehmer:innen am Freiwilligen Sozialjahr

Unter anderem wird mit der von der Regierung vorgeschlagenen Novelle zum Freiwilligengesetz (2085 d.B.) eine Erhöhung des Taschengelds für Jugendliche festgeschrieben, die ein Freiwilliges Sozialjahr oder ein Freiwilliges Umweltschutzjahr absolvieren. Die Untergrenze wird demnach künftig bei 75 % der ASVG-Geringfügigkeitsgrenze – derzeit 50 % – liegen, wobei das Sozialministerium künftig Förderungen von bis zu 4,5 Mio. € pro Jahr bereitstellen will, um Trägerorganisationen im Sozialbereich zu animieren, die volle Geringfügigkeitsgrenze zu zahlen. Das stellt gleichzeitig – wie schon bisher – die Obergrenze für das Taschengeld dar. Zudem werden Teilnehmer:innen am Freiwilligenjahr künftig bundesweit einheitlich ein Klimaticket bekommen, wenn sie für Fahrten zwischen dem Hauptwohnsitz und dem Einsatzort bzw. für Fahrten im Auftrag der Einsatzstelle ein öffentliches Verkehrsmittel benötigen. Die dafür anfallenden Kosten werden auf 1,5 Mio. € geschätzt.

Deutlich aufgestockt werden auch die Fördermittel zur Unterstützung des Gedenk-, Friedens- und Sozialdienstes im Ausland. Statt derzeit 1,2 Mio. € wird der Bund künftig bis zu 3 Mio. € locker machen. Zudem dürfen Jugendliche, die einen Auslandsdienst absolvieren, in Hinkunft im Falle von Katastrophen oder anderen außerordentlichen Notständen diesen im Inland fortsetzen. Eine ähnliche – befristete – Regelung hatte es schon während der Corona-Pandemie gegeben.

Dauerhaft eingerichtet und ausgebaut wird die im Zuge eines Pilotprojekts entwickelte Service- und Kompetenzstelle für freiwilliges Engagement, deren zentrales Instrument eine Online-Plattform ist, die sowohl Organisationen als auch Freiwilligen umfassende Beratungs-, Service-, Vernetzungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten soll. Sie wird eine jährliche Zuwendung von 300.000 € erhalten, wobei mit einem bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsantrag diesbezüglich noch technische Klarstellungen vorgenommen wurden. Außerdem will der Bund regionale Freiwilligenzentren in Form von Projektförderungen mit jährlich 1 Mio. € unterstützen sowie dem "Anerkennungsfonds für Freiwilliges Engagement" jährlich 500.000 € überweisen. Mit den Fondsmitteln soll – ergänzend zu etwaigen weiteren Zuwendungen wie Schenkungen und Erbschaften – ehrenamtliches Engagement unterstützt werden.

Beim Freiwilligenrat wird künftig von einer Beschränkung der Funktionsperiode – derzeit fünf Jahre – Abstand genommen. Zudem werden die bisher vorgeschriebenen Fristen zur Bestellung von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern abgeschafft und weitere bürokratische Vereinfachungen vorgenommen. Gleichzeitig sollen die Aufgaben des Rates erweitert werden, etwa um die Annahme der jährlichen Berichte des Anerkennungsfonds. Änderungen sind auch beim Österreichischen Freiwilligenpass vorgesehen: Er soll in Hinkunft als zentraler österreichischer Nachweis für freiwilliges und ehrenamtliches Engagement dienen. Mit der Annahme des Gesetzes gilt auch ein SPÖ-Antrag betreffend Klimaticket (3059/A) als miterledigt.

Vertagt wurde hingegen ein Entschließungsantrag der FPÖ, der auf eine rückwirkende Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes mit Jahresbeginn 2002 von 42 Cent auf 60 Cent abzielt. Zudem müsste den Freiheitlichen zufolge sichergestellt werden, dass alle, die im Gesundheits- und Sozialwesen berufstätig sind oder ehrenamtliche Arbeit leisten, für den Fall der Nutzung eines eigenen Fahrzeugs dieses amtliche Kilometergeld erhalten. Das soll auch für Rettungsorganisationen und für Feuerwehren gelten (2993/A(E)).

Rund 1.500 Jugendliche absolvierten 2022 ein Freiwilliges Sozialjahr

Wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage hervorgeht, haben in den Jahren 2021 und 2022 jeweils knapp 1.500 Jugendliche ein Freiwilliges Sozialjahr und 80 bzw. 98 Jugendliche ein Freiwilliges Umweltjahr absolviert, wobei beim Freiwilligen Sozialjahr Teilnehmerinnen einen deutlichen Überhang bilden (2021: 1.157, 2022: 1.136), während das Freiwillige Umweltjahr mehr (männliche) Teilnehmer (2021: 46, 2022: 61) anlockte. Das monatliche Taschengeld betrug im Durchschnitt zwischen 250 € und 300 €. Für Förderungen von Trägerorganisationen im Umweltbereich ist das Klimaschutzministerium zuständig.

Weitere Unterstützungsmaßnahmen in Diskussion

Erfreut über den heutigen Beschluss äußerten sich unter anderem Andreas Hanger (ÖVP), Elisabeth Feichtinger (SPÖ) und Ralph Schallmeiner (Grüne). Mit dem Gesetz werde ein großer Schritt gemacht, um Freiwilligkeit in Österreich zu stärken, sagte Hanger. Besonders hob er den geplanten "Staatspreis" für ehrenamtliches Engagement hervor, das sei ein ganz wichtiges Instrument, um Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Abseits des vorliegenden Gesetzentwurfs wird laut Hanger derzeit außerdem über eine deutliche Ausweitung der Absetzbarkeit von Spenden, ein Zweckzuschussgesetz zur besseren finanziellen Absicherung von Rettungsdiensten und höhere Steuerfreibeträge für Aufwandsersatz diskutiert.

SPÖ-Abgeordnete Feichtinger lobte die gute Zusammenarbeit im Vorfeld des Beschlusses und bewertete es als positiv, dass sich auch ihr Antrag in Bezug auf das Klimaticket im Gesetz wiederfindet. Ein Wermutstropfen ist für sie, dass die bereitgestellten Bundesmittel in den nächsten Jahren nicht automatisch valorisiert werden.

Auf die Nachhaltigkeit des Freiwilligen Sozialjahres wies Grün-Abgeordneter Ralph Schallmeiner hin. Für viele Jugendliche sei dieses der Einstieg in den Sozialbereich, erklärte er. In diesem Sinn begrüßte er die vorgesehene Attraktivierung.

Seitens der NEOS hielt Gerald Loacker fest, seine Fraktion trage das Gesetz mit und begrüße, dass den Teilnehmer:innen am Freiwilligenjahr ein Klimaticket zur Verfügung gestellt werde. Generell drängte Loacker auf eine Regelung, dass Organisationen, die Förderungen vom Staat bekommen, ihre Bilanzen offenlegen müssen. In der Schweiz sei das schon jetzt verpflichtend.

FPÖ steht Gesetzesnovelle skeptisch gegenüber

FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch merkte an, dass das Freiwillige Sozialjahr und das Freiwillige Umweltjahr keine besonders repräsentativen Beispiele für ehrenamtliches Engagement seien, behielt sich trotz einer gewissen Skepsis gegenüber dem Entwurf aber eine Zustimmung im Plenum vor.

Sozialminister Johannes Rauch machte geltend, dass sich 75 Prozent der Jugendlichen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren, danach für einen sozialen Beruf in weitester Form entscheiden. Die Versicherung von Freiwilligen ist ihm zufolge in den Bundesländern unterschiedlich geregelt, eine österreichweite Regelung wäre administrativ sehr aufwändig. Er will die Frage aber zu einem Thema bei den Finanzausgleichsverhandlungen machen.

SPÖ will Pensionsanpassung 2024 teilweise vorziehen

Zum Thema Pensionen diskutierten die Abgeordneten im Ausschuss über insgesamt vier Oppositionsanträge, die alle von der Koalition vertagt wurden. So spricht sich die SPÖ angesichts der anhaltenden Teuerung dafür aus, die Pensionsanpassung 2024 teilweise vorzuziehen und die Pensionen schon im Juli um mindestens 5 % zu erhöhen (3442/A(E)). Zudem will sie durch eine "Schutzklausel" sicherstellen, dass Pensionskontogutschriften zeitnah aufgewertet werden, damit Personen, die in den nächsten drei Jahren ihre Pension antreten, nicht Geld verlieren (3092/A(E)). Auch die FPÖ pocht auf einen "vollen Inflationsschutz" des Pensionskontos und weitere Pensionserhöhungen (3111/A(E)). Überdies geht es ihr darum, wieder eine Mindestgarantie in der zweiten und dritten Säule der Pensionsvorsorge einzuführen und andere Maßnahmen zu setzen, um drohende Kürzungen bei Betriebs- und Privatpersonen auszugleichen (3184/A(E)).

Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) plädierte für Maßnahmen, um den "zig-tausenden" armutsgefährdeten Pensionist:innen zu helfen. Auch Dagmar Belakowitsch (FPÖ) drängte auf nachhaltige Lösungen. Gerald Loacker (NEOS) wiederum meinte, der Sozialausschuss müsse auf beide Seiten achten: die Beitragszahler:innen und die Leistungsbezieher:innen. Von Seiten der Koalition verwiesen Michael Hammer und Andreas Hanger (beide ÖVP) sowie Markus Koza (Grüne) auf bereits geleistete Entlastungsmaßnahmen. Sozialminister Rauch betonte, dass auch zahlreiche Wirtschaftsanalysen zeigen würden, dass die Inflationsbelastung durch Einmalzahlungen und andere Maßnahmen kompensiert bzw. überkompensiert worden sei. (Schluss Sozialausschuss) gs