Parlamentskorrespondenz Nr. 793 vom 05.07.2023

Kampf gegen die Teuerung: SPÖ fordert Ende der "Blockadehaltung" der Bundesregierung

Kurze Debatte im Nationalrat

Wien (PK) – Die anhaltende Teuerung stelle eine "sozial und wirtschaftspolitische Katastrophe" dar, wie aus einem Entschließungsantrag der SPÖ hervorgeht. Darin fordert sie die Bundesregierung abermals auf, ihre "Blockadehaltung" im Kampf gegen die Teuerung zu beenden und ein umfassendes Inflationsdämpfungsgesetz vorzulegen. Die Sozialdemokrat:innen nutzten die heutige Nationalratssitzung, um dem Wirtschaftsausschuss zur Behandlung dieses Antrags eine Frist bis zum 7. Juli zu setzen und dazu eine Kurzdebatte zu verlangen. Der Fristsetzungsantrag erhielt keine Mehrheit im Plenum.

Im Gegensatz zur gegenwärtigen "kurzsichtigen Politik der Einmalzahlungen" soll das von der SPÖ geforderte Gesetz laut Antrag das Ziel verfolgen, die Inflationsrate mittels struktureller Preissenkungen um mindestens zwei bis drei Prozentpunkte zu reduzieren. Dazu habe es zumindest "Sofortmaßnahmen" wie die Rücknahme der April-Erhöhung der Richtwertmieten zu umfassen sowie das Einfrieren aller Mieten bis 2025 und danach eine Begrenzung des Mietanstiegs mit dem EZB-Leitzins, maximal aber auf 2 % pro Jahr. Zudem brauche es ein sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs und die Einsetzung einer "schlagkräftigen" Anti-Teuerungskommission. Diese soll unter anderem sicherstellen, dass "milliardenschwere Hilfszahlungen" an Unternehmen in Form von sinkenden Preisen an die Menschen weitergegeben werden. Werden die Hilfen bzw. alle Mehrwertsteuersenkungen nicht weitergegeben, sollen aus sozialdemokratischer Sicht harte Sanktionen bis hin zur Rückzahlung der Energiehilfen drohen.

Kurzdebatte zur Teuerung: Fraktionsübergreifende Ursachenforschung

"Empathielosigkeit" gegenüber der unter der Teuerung leidenden Bevölkerung attestierte SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter der Koalition - im Speziellen der ÖVP. An diese plädierte er, sich auf ihre Politik der Nachkriegszeit zu besinnen, als sie angesichts einer hohen Inflation mit "starker ordnungspolitischer Hand" in den Markt eingegriffen habe. Dies habe den Schilling zu einer starken Währung gemacht, was die Basis für den darauf folgenden wirtschaftlichen Erfolg Österreichs gewesen sei. Matznetter zeigte Unverständnis, dass die ÖVP vor dem Hintergrund der heutigen Inflation keine dahingehenden Maßnahmen ergreifen wolle. Auch für die österreichische Wirtschaft bedeute dies einen signifikanten Wettbewerbsnachteil. Er verwies auf andere europäische Länder, in denen preissenkende Maßnahmen erfolgreich umgesetzt würden, was die jeweiligen Inflationsraten gesenkt hätte. So habe etwa die Schweiz – laut Matznetter "nicht gerade ein Hort des Kommunismus" – Mieterhöhungen limitiert. Sowohl Matznetter als auch seine Fraktionskollegin Eva Maria Holzleitner sprachen sich gegen eine "Sommerpause" des Parlaments aus, solange der Teuerung nicht effektiv entgegengewirkt werde. Mittlerweile greife bereits ein Drittel der Bevölkerung zum täglichen Auskommen auf Erspartes oder Kredite zurück, gab Holzleitner zu bedenken.

Für Klaus Fürlinger (ÖVP) war es "bezeichnend", dass die SPÖ mit wirtschaftspolitischen Konzepten aus den 1950er Jahre aufwarte. Es habe etwas "Kabaretthaftes", dass sie sich am lautesten beklage, obwohl gerade die sozialdemokratische "Schuldenpolitik" hauptverantwortlich für die jetzige Lage sei. Ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel sei sozial nicht treffsicher und eine Kommission, "bestehend aus Funktionär:innen, die die Preise festsetzen" schaffe mehr unnötige Bürokratie, wandte sich Fürlinger gegen den SPÖ-Antrag. Er sprach von einer "Neiddebatte" und verwies auf die Leistungen großer Unternehmen wie Red Bull in Österreich. Die SPÖ sitze im "gemütlichen Sessel der Verantwortungslosigkeit" und dort wo sie Verantwortung trage, würden Mieten und Gebühren rasant steigen, verwies Fürlinger auf Wien.

Weder Fürliner noch Markus Koza (Grüne) konnten eine "Blockadehaltung" der Bundesregierung ausmachen. Die einzige "Blockadehaltung" sei bei der SPÖ bezüglich wichtiger Klimaschutzgesetze zu verorten, erklärte Koza. Gerade in den letzten Monaten habe die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmenpakete im Kampf gegen die Inflation beschlossen, stellte er unter Bezugnahme etwa auf die Senkung der Energieabgaben fest. Doch hier habe die Sozialdemokratie dagegen gestimmt. Auch die Valorisierung der Familienleistungen unterstütze besonders jene Haushalte, die es vor dem Hintergrund der Teuerung besonders schwer hätten. Im Vergleich zu diesen Maßnahmen hätte etwa eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel lediglich eine beschränkte preisdämpfende Wirkung. Als "schmerzhaft" bezeichnete es Koza jedoch, dass aufgrund der Ablehnung der ÖVP keine Mietpreisbremse habe beschlossen werden können.

Die Freiheitlichen hätten die jetzige Inflation bereits "prophezeit", erklärte FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm und bemängelte, dass die Debatte um die Inflation sich nur auf "Symptombekämpfung" beschränke. Wenn die Ursachen nicht erkannt würden, könne auch keine wirkliche Lösung erzielt werden. Für Wurm lägen diese Ursachen vor allem in der EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik, in den COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung und in den "unseligen" Sanktionen gegen Russland. Einen großen Anteil habe auch der "Ökowahnsinn", auf dessen Basis etwa durch die CO2-Bepreisung Unternehmen zerstört und Existenzen gefährdet würden, so Wurm.

NEOS-Mandatar Gerald Loacker teilte weder Wurms Befund hinsichtlich der EU, noch jenen der SPÖ, dass die Bundesregierung bezüglich der Teuerung zu wenig getan habe. Ganz im Gegenteil habe diese aus Loackers Sicht zu viel getan, indem sie beispielsweise für die Corona-Hilfen oder den Klimabonus "Milliarden hinausgepfeffert" und somit die Inflation noch weiter angeheizt habe. Deswegen sei diese in Österreich auch höher, als in anderen Ländern. Zudem werde der öffentliche Sektor wie das AMS oder die Pensionsversicherungsanstalt auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung "zur Versorgung von Freunderln aufgeblasen", was ebenfalls zur Teuerung beitrage. Loacker erklärte, dass es sich nicht so einfach verhalte, wie die SPÖ es sich vorstelle und man darüber nachdenken müsse, wie der Staat "schlanker" gemacht werden könne. (Fortsetzung Nationalrat) wit

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