Parlamentskorrespondenz Nr. 807 vom 06.07.2023

Nationalrat: Novelle des Weingesetzes zur Stärkung des Herkunftsschutzes beschlossen

Psychosoziales Beratungsangebot für Bäuer:innen soll ausgebaut werden

Wien (PK) – Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS wurde im Nationalrat eine Novelle des Weingesetzes beschlossen, das auf eine Stärkung des Herkunftsschutzes heimischer Weine abzielt. Die FPÖ lehnt es aufgrund der vorgesehen Strafen bei Meldepflichtverstößen ab. Eine Entschließung zum Ausbau des "Bäuerlichen Sorgentelefons" wurde einstimmig gefasst. Keine Mehrheit fand eine FPÖ-Initiative für eine Studie über Selbstmorde und psychische Erkrankungen bei Landwirt:innen.

Stärkung des Herkunftsschutzes heimischer Weine

Um die Regelungen für DAC-Weine stärker mit den Unionsbestimmungen über den Schutz von geographischen Angaben in Einklang zu bringen wird der Begriff der "ortsübergreifenden Weinbaugemeinde" im Weingesetz verankert. Es soll ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal für die österreichischen Spitzenweine darstellen, erklärte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Dadurch sollen regionaltypische Weine nicht nur rechtlich abgesichert, sondern auch besser vermarktet werden können. Das Qualitätssystem mit den 17 DAC-Gebieten mache die österreichischen Weine unverwechselbar und stelle die Herkunft der Weine in den Vordergrund, sagte der Minister. Die Gesetzesänderung wertete er als einen Beitrag zur Verbesserung der Marktchancen der österreichischen Weinwirtschaft. Zudem wird die EU-rechtlich vorgeschriebene Ernte- und Bestandsmeldung auf eine elektronische Form umgestellt, um Verwaltungsvereinfachungen und eine Verbesserung der Datenlage zu erreichen. Vorgesehen sind Strafen bei Verstößen gegen die Meldepflichten, was die FPÖ kritisiert.

Ein von FPÖ-Mandatar Peter Schmiedlechner (FPÖ) eingebrachter Abänderungsantrag, um versäumte Ernte- und Erzeugungsmeldungen nachzuholen zu können, wurde allerdings abgelehnt. Die Landwirte hätten es in der stressigen Erntezeit schwer genug, deshalb sollte man diesbezüglich Nachsicht üben, meinte er. Außerdem sei ihm zu folge zu befürchten, dass es aufgrund der Änderungen zu einer Markenkonzentration kommen werde, was kleineren Winzer:innen die Positionierung der eigenen Marke erschwere.

Schummeln funktioniere nicht und würde am Markt kein Vertrauen schaffen, meinte dazu Johannes Schmuckenschlager (ÖVP). Die bisherigen Verwaltungsstrafe hätten sich als zu schwach erwiesen. Sie hätten die Betriebe nicht ausreichend motivieren können, um die Dokumente vorzulegen. Die nun vorgesehen Meldepflichten würden einen "Erziehungsfaktor" mit sich bringen. Karin Doppelbauer (NEOS) bezeichnete die vorgesehenen Sanktionen zwar als überbordend aber durchaus nachvollziehbar. Für Cornelia Ecker (SPÖ) ist jede Änderung des Weingesetzes in Bezug auf das wirtschaftliche Fortkommen und die Qualität zu sehen. Der Weinexport sei wichtig für die Preisstabilisierung, sagte sie.

Ausbau des "Bäuerlichen Sorgentelefons"

Gemäß einer Entschließung seitens der Regierungsfraktionen soll das psychosoziale Beratungsangebot für Bäuer:innen – das "Bäuerliche Sorgentelefon" und weitere Beratungsangebote im Rahmen des Projekts "Lebensqualität Bauernhof" – ausgebaut werden. Zudem soll eine Studie Erkenntnisse zur Arbeitsbelastung sowie zu psychischen Belastungen und Erkrankungen in der Landwirtschaft liefern. Begründet wird die Initiative mit den oft schwierigen Rahmenbedingungen für Landwirt:innen, wie fehlender Urlaubs- und Krankenstandanspruch, Geldsorgen, Nachfolgeprobleme oder Vereinsamung.

Das Zusammenspiel dieser Faktoren bringe ein erhöhtes Belastungspotential mit sich, das sich häufig auf die Psyche auswirke, sagte Irene Neumann-Hartberger (ÖVP). Besonders im landwirtschaftlichen Bereich sei dies oft mit Scham behaftet, weshalb mit dem Sorgentelefon als niederschwellige Unterstützung dafür gesorgt werden soll, dass die Hemmschwelle herabgesetzt wird. Die flächendeckende individuelle Beratung der Landwirtschaftskammern hob sie wie auch Josef Hechenberger (ÖVP) als weiteres wichtiges Angebot hervor. Laut Clemens Stammler (Grüne) sei das Sorgentelefon bisher nur Vormittags erreichbar gewesen. Künftig sollen die Kapazitäten verdoppelt werden, um Entlastungen auf beiden Seiten zu schaffen. Immerhin würde das Telefon ununterbrochen läuten, sagte er. Eine Studie zur Belastung der Landwirt:innen soll dabei helfen, ihre Nöte besser zu erkennen.

Begrüßt wird das Vorhaben auch von der Opposition. Die SPÖ ortet allerdings allgemeinen Nachholbedarf im Bereich psychischer Erkrankungen, unabhängig von der Berufsgruppe, und brachte dies mit einem Entschließungsantrag zum Ausdruck. Die auf eine Petition des Berufsverbandes Österreichischer Psycholog:innen gestützte Forderung nach mehr Behandlungsplätzen für psychisch erkrankte Menschen fand keine Mehrheit. Dietmar Keck (SPÖ) sprach sich in diesem Sinne auch für klinisch-psychologische Behandlung als Kassenleistung und einen Masterplan für ein psychisch gesundes Österreich aus. Hilfsangebote sollten kein Exklusivangebot für eine Berufsgruppe sein, meinte Cornelia Ecker (SPÖ).

Auch Katharina Werner (NEOS) sah gesamtgesellschaftliche Relevanz für das Thema. Den Ausbau der psychischen Beratungsangebote im landwirtschaftlichen Bereich wertete sie positiv. Gut sei ihrer Meinung nach, dass dabei andere Menschen, die auf den Hof kommen, miteinbezogen werden, wie etwa Tierärzt:innen oder Kontrolleur:innen. Etwas kritisch sieht sie, dass das Beratungsangebot direkt bei der Landwirtschaftskammer angesiedelt ist. Der eigene Stolz könnte eventuell hinderlich sein, sich dort zu melden, meinte sie.

Der psychische Druck auf Landwirt:innen sei vor allem finanziellen Sorgen und der wirtschaftlichen Situation geschuldet, meinte Peter Schmiedlechner (FPÖ). Von der Bundesregierung forderte er daher umfassende Entlastungsmaßnahmen. Gerald Hauser (FPÖ) wies auf die Problematik der Wolfsrisse hin. Alois Kainz (FPÖ) sprach über die Gefahren von Burn-Out. Besonders die Berufsgruppe der Landwirt:innen würde unter Stress und Überforderung leiden. Er begrüße daher, dass endlich etwas unternommen werde. Ein Entschließungsantrag der FPÖ mitsamt der Forderung nach einer Studie über Selbstmorde und psychische Erkrankungen bei Landwirt:innen wurde abgelehnt. (Schluss Nationalrat) fan

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