Parlamentskorrespondenz Nr. 829 vom 12.07.2023

Bundesrat billigt Ausweitung der Befugnisse für Pflegepersonal als weiteren Schritt der Pflegereform

Freiwilliges Engagement wird künftig stärker gefördert, neue Ausnahmebestimmungen für PRomotion "sub auspiciis"

Wien (PK) – Ein weiterer Teil der Pflegereform hat mit der Beschlussfassung im Bundesrat heute die letzte parlamentarische Hürde genommen. Die Novelle zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG-Novelle 2023) soll einige deutliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals bringen. Laut Gesundheitsminister Johannes Rauch will man damit insbesondere die Rahmenbedingungen für Pflegekräfte aus dem Ausland verbessern. Die Länderkammer erhob mit Stimmenmehrheit keinen Einspruch gegen die Änderungen. Der Bundesrat billigte in diesem Zusammenhang auch mehrheitlich gesetzliche Klarstellungen zur sechsten Urlaubswoche für Angehörigen von Pflegeberufen.

Die Förderung des freiwilligen Engagements ist Ziel einer Novelle zum Freiwilligengesetz, die heute ebenfalls den Bundesrat mit Mehrheit passierte.

Die Länderkammer befasste sich auch mit einem Thema aus dem Bereich der Hochschulen. Einstimmig begrüßten die Bundesratsmandatar:innen, das Gesetz über die Promotion "sub auspiciis" um neue Ausnahmebestimmungen zu erweitern. Künftig werden insbesondere die Lebensumstände von Studentinnen und von Menschen mit Behinderungen stärker berücksichtigt.

Befugnisse für Pflegepersonal werden erweitert

Ein weiterer Schritt in der Umsetzung der Pflegereform ist die Novellierung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG-Novelle 2023), die eine Ausweitung der Befugnisse des Pflegepersonals in einzelnen Belangen bringt. Weitere Teile des Reformpakets sind die einfachere Anerkennung ausländischer Berufsausbildungen und ein leichterer Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen. Auch sollen diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen ab 2024 bestimmte Medizinprodukte wie Verbandsmaterialien und Gehhilfen selbstständig verordnen können.

Mit in Verhandlung stand eine Gesetzesnovelle, die Klarstellungen zum Anspruch auf die sechste Urlaubswoche bzw. "Entlastungswoche" enthält, die Pflegepersonal ab dem 43. Lebensjahr zusteht.

Der Wiener SPÖ-Bundesrat Sascha Obrecht meinte, die SPÖ sehe einige Neuerungen der Reform zwar positiv, bewerte aber auch einige Punkte kritisch und könne daher nicht zustimmen. Insbesondere bekomme man die Frage der Scheinselbständigkeit nicht in den Griff, sondern dränge vielmehr Pflegekräfte noch stärker in dieses Modell gedrängt. Damit werde man die Arbeitsbedingungen vor allem von ausländischem Pflegepersonal weiter verschlechtern.

Claudia Hauschild-Buschberger (Grüne/O) hielt die Ausweitung der Zuständigkeiten des Pflegepersonals für eine wichtige Verbesserung der realen Situation in der Pflege, man passe das Gesetz hier an die Lebenspraxis an. Das hochqualifizierte Personal könne künftig auch Heilbehelfe ohne eine ärztliche Verschreibung verschreiben, was viel unnötigen administrativen Aufwand erspare.

Die Tiroler FPÖ-Bundesrätin Andrea Schartel betonte, die Erweiterung der Kompetenzen des Pflegepersonals sei an sich ein guter Ansatz. Allerdings müsste man aus Sicht der Freiheitlichen bereits in der Ausbildung ansetzen. Was die geplante Änderung zur gesetzlichen Anwartschaft auf die so genannte "Entlastungswoche" für Pflegepersonal betreffe, so sei der Gedanke einer Entlastung dieser Berufsgruppe zwar richtig. In der Praxis funktioniere aber nicht einmal die Konsumierung des zustehenden Urlaubsanspruches. Statt einer umständlichen und nicht praxisgerechten Regelung sollte das Nachtschichtarbeits- und Schwerarbeitergesetz zur Anwendung kommen.

Der oberösterreichische ÖVP-Bundesrat Franz Ebner wies darauf hin, dass die Zahl der Pflegebedürftigen im Ansteigen sei. Österreich müsse daher sein an sich gutes Pflegesystem daher weiterentwickeln. Die im neuen Pflegepaket enthaltenen Neuerungen würden zwar teilweise unspektakulär klingen. Tatsächlich stünden dahinter aber deutliche Verbesserungen für das Pflegepersonal, für die betreuten Personen und für ihre Angehörigen. Seit dem Beginn der Pflegereform sei damit bereits einiges geschehen, um die Situation in der Pflege deutlich zu verbessern, das werde auch von ausgewiesenen Fachleuten anerkannt.

Rauch: Brauchen "Willkommenskultur" für ausländische Pflegekräfte

Gesundheitsminister Johannes Rauch betonte in seiner Stellungnahme zu den Gesetzesänderungen, das Pflegepaket gehe in seiner Gesamtheit auf Forderungen der Bundesländer zurück, die parteiübergreifend erhoben worden seien. Die vorgesehenen Erleichterungen der Nostrifizierung von Ausbildungen und einige andere Schritte würden es leichter machen, Pflegekräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Allerdings müsse man diesen Arbeitskräften gegenüber auch "eine Willkommens- und keine Abwehrkultur" entwickeln, andernfalls werde Österreich in einen Pflegenotstand geraten, meinte der Gesundheitsminister. Die nach wie vor bestehende Problematik der Scheinselbständigkeit in der Pflege sei ihm bewusst, erklärte Rauch. Er spreche sich seit Langen für die persönliche Assistenz als Anstellungsverhältnis aus. Für dieses wichtige Anliegen hoffe er auf breite politische Unterstützung, sagte der Minister in Richtung SPÖ.

Was die Finanzierung der Pflegereform angehe, so sei diese abgesichert, versicherte Rauch. Der Pflegefonds und andere Instrumente zur Finanzierung der Pflege würden dazu deutlich aufgestockt. Den Ländern sei in den Verhandlungen zum neuen Finanzausgleich vom Bund für den Gesundheits- und Pflegebereich bereits deutlich mehr als in der vergangenen Periode angeboten worden. Er unterstütze diesen Zugang auch, weil er überzeugt davon sei, dass frisches Geld ins System gebracht werden müsse, damit es seine wichtigen Aufgaben erfüllen könne.

Novelle des Freiwilligengesetzes passiert den Bundesrat mit Stimmenmehrheit

Neue Bestimmungen im Freiwilligengesetz sollen unter anderem das Freiwillige Sozialjahr (FSJ) und das Freiwillige Umweltschutzjahr (FUJ) aufwerten. Außerdem wird eine Service- und Kompetenzstelle für freiwilliges Engagement eingerichtet. Weiters werden die Budgetmittel für den Gedenkdienst bzw. den Friedens- und Sozialdienst im Ausland deutlich aufgestockt.

Einstimmigkeit für präzisere Regelung der Promotion "sub auspiciis"

Das Eintreten besonderer Lebensumstände und eine daraus entstehende Überschreitung der Mindeststudienzeit sollen künftig nicht dazu führen können, dass Studierenden die höchste Form der Würdigung eines herausragenden Studienerfolgs, die Promotion "sub auspiciis praesidentis", verwehrt wird. Der Bundesrat stimmte heute einhellig für eine Änderung des Bundesgesetzes, das diese Ehrung regelt. Im Mittelpunkt steht eine genauere Auflistung der "triftigen Gründe" für eine Überschreitung der Studiendauer. So werden etwa auch eine Schwangerschaft, Kinderbetreuungspflichten und das Vorliegen einer Behinderung von mindestens 25 % angeführt. (Fortsetzung Bundesrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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