Parlamentskorrespondenz Nr. 1050 vom 12.10.2023

EU-Haushalt: Europäischer Rechnungshof stellte vermehrt Fehler fest

Aussprache mit EuRH-Mitglied Berger im Rechnungshofausschuss

Wien (PK) –  Dem EU-Haushalt wurde zum vierten Mal in Folge ein negatives Urteil vom Europäischen Rechnungshof erteilt. Bei den Ausgaben im Jahr 2022 sind deutlich mehr Fehler als in den Jahren zuvor festgestellt worden, die Fehlerquote ist auf 4,2 % angestiegen. Demnach gäbe es Handlungsbedarf auf allen Ebenen und den Bedarf an robusteren und effizienteren Verwaltungsinstrumenten, fand Österreichs Vertreterin im Europäischen Rechnungshof (EuRH) Helga Berger im Rechnungshofausschuss des Nationalrats heute mahnende Worte. Die Fehlerquote sei ein wesentliches Indiz dafür, auf allen Ebenen, wo europäische Gelder verwendet werden, wachsam zu bleiben.

Fehlerquote stieg von 3 % auf 4,2 %

Im Jahresbericht zum EU-Haushaltsjahr 2022 stellt der Europäische Rechnungshof auf Basis von 825 Transaktionsstichproben einen Anstieg der Fehlerquote der EU-Zahlungen auf 4,2 % fest. Im Vorjahr lag der Wert bei 3 %. Ein direkter Vorjahresvergleich sei aber schwer möglich, da 2022 wegen der Nachwirkungen der Pandemie, dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der steigenden Inflation "kein übliches Jahr" gewesen sei, meinte Berger. Besonders fehlerbehaftet sei der Kohäsionsbereich, die Fehlerquellen lägen vorrangig bei nicht förderfähigen Kosten und Projekten aber auch bei Verstößen gegen die Binnenmarktvorschriften. Dabei wies Berger darauf hin, dass die Quote kein 1:1 Maß für Betrug, Ineffizienz oder Verschwendung sei und identifizierte Fehler nicht zwangsläufig verschwendete Mittel bedeuteten. Vielmehr handle es sich um nicht ordnungsgemäße Verwaltung, manchmal auch um Sorgfaltsverstöße und Unkenntnis. Die Vorschriften würden zu oft nicht ausreichend beachtet. Die Einnahmen und die Rechnungsführung seien allerdings wie bereits in den Vorjahren ordnungsgemäß abgelaufen und keine wesentliche Fehlerquote feststellbar gewesen.

Auch in Österreich Verbesserungen notwendig

Auch in Österreich wurden vom EuRH im Berichtszeitraum mehrere Stichproben-Prüfungen durchgeführt, wobei in den Ausgabenbereichen zwar Fehler festgestellt wurden, diese allerdings allesamt im unteren Prozentbereich lagen. Kein Projekt wurde somit als insgesamt förderunwürdig eingestuft, berichtete Berger. Die in Österreich festgestellten Fehler betrafen etwa die ländliche Entwicklung - einen Bereich mit komplexen Förderkriterien - oder Mängel bei der Personalkostenabrechnung in der Verwaltung, erläuterte sie. Die "Systemfehler" müssten allerdings angegangen werden, um Folgefehler zu vermeiden und die EU-Mittel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig auszugeben, so ihre Einschätzung.

Fehlerquoten zu einzelnen Mitgliedstaaten würden nicht berechnet werden, beantwortete Berger eine Frage von SPÖ-Mandatarin Karin Greiner. Österreich habe im Bereich ländliche Entwicklung noch nicht die gesamten Fördermittel abgeholt, sagte sie zu Alois Kainz (FPÖ).

Von Katharina Werner (NEOS) und Hermann Gahr (ÖVP) gab es Nachfragen zum EuRH-Sonderbericht zur EU-Unterstützung für die Digitalisierung von Schulen, der Österreichbezug hat. Prüfinhalt ist die Übereinstimmung der nationalen Strategien für digitale Bildung mit dem Aktionsplan der Europäischen Kommission. Während in den Mitgliedstaaten allgemein ein Mangel an strategischer Ausrichtung bei der Verwendung der EU-Mittel festgestellt wurde, sei Österreichs 8-Punkte Plan gut in die Strategie eingebunden, hob Berger positiv hervor. Die Zielerreichung, Schulen bis 2025 an das Hochgeschwindigkeitsinternet anzuschließen, sei aber auch für Österreich unrealistisch. Die verschiedenen Zuständigkeitsebenen würden die Umsetzung erschweren.

EuRH meldete 14 Betrugsverdachtsfälle

Abgeordnete aller Fraktionen interessierten sich für eruierte Betrugsverdachtsfälle auf EU-Ebene. Bei Feststellung mutmaßlicher betrugsrelevanter Sachverhalte würde der EuRH die entsprechenden Fälle ans Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) bzw. an die neu eingerichtete Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) weiterleiten. Im ersten Halbjahr 2022 sei das 14 mal in unterschiedlichen Bereichen vorgekommen, wurden Alois Kainz (FPÖ), Hermann Gahr (ÖVP), Katharina Werner (NEOS), Michel Reimon (Grüne) und Karin Greiner (SPÖ) informiert. EuRH-Mitglied Berger sprach sich in diesem Zusammenhang für verstärkte Sensibilisierungsmaßnahmen zu Betrugsrisiken aus.

Der Europäische Rechnungshof prüft auch die Ordnungsmäßigkeit der Mittel für die Aufbau- und Resilienzfazilität, womit die Auswirkungen der Pandemie in den EU-Mitgliedstaaten abgefedert werden sollen. Es seien Mängel mit finanziellen Auswirkungen festgestellt und das Risiko bestätigt worden, dass die Kontrollsysteme der Kommission und auf Ebene der Mitgliedstaaten ihr Potenzial nicht ausschöpfen, sagte Berger zu Michel Reimon (Grüne). Österreich habe die erste Tranche an Zahlungen erhalten, die zweite sei aufgrund von ausstehenden Meilensteinen noch ausständig, bestätigte die EuRH-Vertreterin die Annahme von Karin Greiner (SPÖ). Bei Nichterreichung der Meilensteine bis 2026 würde kein weiteres Geld fließen.

Zum EU-Budgetvollzug sagte Berger, dass die Herausforderung beim parallelen Einsatz unterschiedlicher Förderinstrumente liege und dass der Schuldenstand der EU 2022 auf 344,3 Mrd. € - und somit zirka das eineinhalbfache des europäischen Budgets - gestiegen ist. Die Rückzahlung soll 2028 durch neue Eigenmittel beginnen, wobei dann auch der Zeitraum für den neuen mehrjährigen Finanzrahmen beginne, wurde FPÖ-Abgeordneter Alois Kainz informiert. Wegen der Inflation dürfte der EU-Haushalt 10 % seiner Kaufkraft verlieren, meinte sie zu Michel Reimon (Grüne).

Von kollegialer Zusammenarbeit und regelmäßigen Abstimmungen mit dem EuRH berichtete die Präsidentin des heimischen Rechnungshofs Margit Kraker. Österreich würde neben dem breiten Prüfplan auf nationaler Ebene auch einen internationalen Beitrag leisten, etwa durch Prüfung der österreichischen Schiene der Europäischen Investitionsbank (EIB) oder des Jahresabschlusses 2023 der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nach internationalen Standards. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) fan