Parlamentskorrespondenz Nr. 1076 vom 18.10.2023

Nationalrat beschließt Gesetz für Tierarzneimittel

Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz wird verfassungskonform gestaltet

Wien (PK) – Mit breiter Mehrheit hat der Nationalrat heute eine Regierungsvorlage beschlossen, mit der ein eigenes und auf EU–Vorgaben basierendes Tierarzneimittelgesetz geschaffen wird. Damitsoll etwa der Antibiotikaeinsatz bei Nutztieren besser geregelt werden. Neben der SPÖ sprachen sich nunmehr auch die NEOS für die Regelungen aus. Für die FPÖ kommt es hingegen zu Mehrkosten für Tierhalter:innen sowie zu einem höheren bürokratischen Aufwand für Tierärzt:innen.

Die Stimmenmehrheit erhielt im Plenum auch eine Regierungsvorlage mit einer verfassungskonformen Reparatur des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes. Ein im Zuge der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ, mit dem ein Sechs-Punkte-Plan zur Lösung des medizinischen Personalmangels gefordert wird, blieb in der Minderheit.

Eigenes Tierarzneimittelgesetz für Antibiotikaeinsatz bei Nutztieren

Die Regierungsvorlage für ein eigenes Tierarzneimittelgesetz (TAMG) basiert auf EU–Vorgaben. Notwendig ist es laut Vorlage dazu auch, das bisherige Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG) außer Kraft zu setzen und den Rechtsbestand in das TAMG zu integrieren. Das TAMG enthält umfassende Detailbestimmungen, die von Anwendungsvorschriften, der Abgabe im Groß- und Einzelhandel, behördlichen Kontrollen, dem Inverkehrbringen und der Marktüberwachung bis hin zu Sanktionen reichen. Überdies erfolgen weitere Anpassungen in jenen Gesetzen, in denen auf die Bestimmungen des TAKG bzw. auf Tierarzneimittel verwiesen wird.

Gesundheitsminister Johannes Rauch wies auf eine intensive Abstimmung mit konstruktiven Inputs zum Gesetz im Vorfeld hin. Das vorliegende Ergebnis sei ein Fortschritt und zugleich praxistauglich, um den Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft klar zu regeln. Dieser sei zum Glück seit Jahren massiv rückläufig, betonte Rauch. Er wies darauf hin, dass Antibiotikaresistenzen weltweit ein Problem darstellen. Am Ende seien dadurch sowohl Tier als auch Mensch gefährdet, weshalb die nunmehrige Vorlage einem "One-Health-Ansatz" in diesem Sinne entspreche.

Schon bisher würden Antibiotika sehr sorgsam eingesetzt, das Ausmaß sei in Österreich um mehr als die Hälfte zurückgegangen, meinte dazu Peter Schmiedlechner (FPÖ). Die nunmehrigen weiteren Verschärfungen seien für ihn nicht nachvollziehbar. Sie schaffen aus seiner Sicht mehr Bürokratie für Tierärzt:innen und neben Mehrkosten für Tierhalter:innen auch Tierleid. Auf lange Sicht würde dadurch der Tierbestand in Österreich zurückgehen und für Importe "Tür und Tor geöffnet". Auch Gerhard Kaniak (FPÖ) kann der Vorlage nichts abgewinnen und ortet darüber hinaus zu den EU-Vorgaben in der Umsetzung ein "Golden Plating der übelsten Sorte".

Georg Strasser (ÖVP) erachtet demgegenüber das Gesetz als eines, das in die Zukunft weise. Man setze auf gesunde Tiere und damit gesunde Menschen und verfolge außerdem den Ansatz "beraten statt strafen". Er bekräftigte ebenso wie Josef Hechenberger (ÖVP), dass der Antibiotikaeinsatz bei Nutztieren stark zurückgegangen sei. Das neue Gesetz schaffe Rechtssicherheit für Bäuer:innen und das Vertrauen der Konsument:innen in die landwirtschaftliche Produktion werde weiter gestärkt, so Strasser.

Jenen Betrieben, die beim Antibiotikaeinsatz über dem Durchschnitt liegen, soll künftig eine Beratung angeboten werden, was im Grunde "Hilfe zur Selbsthilfe" und keine Einschränkung darstelle, meinte dazu Clemens Stammler (Grüne). Angesichts der steigenden Zahlen an Antibiotikaresistenzen wäre es fahrlässig, die Augen zu verschließen, so Stammler. Die WHO spreche betreffend dieser Resistenzen von einer globalen Bedrohung, ergänzte Faika El-Nagashi (Grüne). Diese Spirale werde mit dem neuen Gesetz durchbrochen, zeigte sie sich überzeugt.

Auch Dietmar Keck (SPÖ) ging auf die Antibiotikaresistenzen ein – es brauche aber über die vorliegenden Maßnahmen hinaus auch Tierschutz und tiergerechte Haltung, etwa durch ein besseres Platzangebot und hochwertiges Futter. Elisabeth Feichtinger (SPÖ) betonte, ein reduzierter Einsatz von Antibiotika sei in der Landwirtschaft besonders wichtig, um Resistenzen zu vermeiden.

Katharina Werner (NEOS) erklärte, das Ziel sei absolut richtig, diese Antibiotika bei Nutztieren zu reduzieren. Die NEOS würden dem Vorschlag nunmehr zustimmen. Dokumentation und Monitoring allein würden aber noch nicht zur Reduktion beitragen. Vielmehr brauche es Verbesserungen in der Qualität der Tierhaltung etwa bei Platz, Luft und Wasser. Für zusätzliche Einnahmequellen für Landwirte gelte es, diese im Hinblick auf erneuerbare Energien auch zu "Energiewirten" zu machen.

Reparatur des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes

Von der verfassungskonformen Reparatur des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes ist konkret jene Regelung betroffen, in der es um die Verbindlichkeitserklärung von Inhalten des Österreichischen Strukturplans Gesundheit und der Regionalen Strukturpläne geht. Durch den Wegfall von zwei Grundsatzbestimmungen ändere sich inhaltlich aber nichts, heißt es in den Erläuterungen.

Die Novelle sei notwendig, weil der VfGH das Gesetz in Teilen aufgehoben habe, meinte dazu Gerhard Kaniak (FPÖ). Aus seiner Sicht erfülle aber das Gesetz nicht die ursprünglichen Zielvorgaben und das gesamte System müsse neu aufgesetzt werden. Eine kleine Reparatur reiche da nicht. Kaniak brachte den Entschließungsantrag der FPÖ für einen Sechs-Punkte-Plan zur Lösung des medizinischen Personalmangels ein, der in der Minderheit blieb.  

Punkte, die Kaniak mit dem Antrag einfordere, passierten durch die Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund und Ländern, meinte dazu Ralph Schallmeiner (Grüne). Neben dem finanziellen Rahmen würden dort auch konkrete Ziele und Vereinbarungen getroffen, was einen echten Paradigmenwechsel in der österreichischen Gesundheitspolitik darstelle. Um das zu ermöglichen, brauche es eben genau die vorliegende Gesetzesreparatur. Mit entsprechenden Begleitgesetzen würde die Verbindlichkeit im österreichischen Gesundheitswesen auf den Weg gebracht werden, so Schallmeiner.

Auch Alexandra Tanda (ÖVP) betonte, die vorliegende Änderung sei wesentlich für die Planung einer integrativen und einheitlichen Versorgungssituation. Was Länderkompetenzen betrifft, gelte es, die Zustimmung zu verbindlichen Bestimmungen einzuholen. Der Strukturplan werde jedenfalls partnerschaftlich ständig im Sinn einer patientenzentrierten Versorgung weiterentwickelt.

Kritisch sieht Rudolf Silvan (SPÖ) etwa den FPÖ-Antrag im Hinblick auf Einbindung der Wahlärzt:innen ins Kassensystem, zumal Menschen ihre Sozialversicherungsbeiträge bezahlen und ein Recht auf die beste Versorgung hätten. Insgesamt brauche es wesentlich mehr Geld im Gesundheitssystem, forderte er.

Fiona Fiedler (NEOS) sprach demgegenüber von einem riesigen Gesundheitsbudget ohne wirkungsorientierte Ziele und Sanktionen und kann einen Paradigmenwechsel nicht erkennen. Es würden konkrete Vorgaben fehlen. Etwa im Hinblick auf fehlendes Gesundheitspersonal und "Zweiklassenmedizin" müssten aus ihrer Sicht Reformen dringend angegangen werden. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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