Parlamentskorrespondenz Nr. 1081 vom 19.10.2023

Budget 2024: Erster Schlagabtausch der Fraktionen im Nationalrat

Koalition sieht richtige Weichenstellungen, Opposition fordert strukturelle Reformen statt kurzfristiger Maßnahmen

Wien (PK) –  Mit dem zu erwartenden Schlagabtausch zwischen Regierungsfraktionen und Opposition startete heute der Nationalrat seine Debatte über den Budgetentwurf für das Jahr 2024. Von einem Budget, das den Wohlstand sichere und die Zukunft gestalte, sprach ÖVP-Klubobmann August Wöginger, während Klubobfrau Sigrid Maurer die aus ihrer Sicht wichtigen Weichenstellungen in Richtung Klimaschutz, Stärkung der Demokratie und soziale Sicherheit hervorhob. Ganz anders sah das die Opposition. Österreich stehe derzeit vor einer schwierigen Situation, urteilte SPÖ-Klubchef Philip Kucher, und dafür müsse die Regierung die Verantwortung übernehmen. Damit es der breiten Masse der Bevölkerung besser gehe, brauche es mehr Gerechtigkeit und einen "fairen Beitrag der Konzerne und Multimillionäre". Aus Sicht des freiheitlichen Finanzsprechers Hubert Fuchs handle es sich um ein ambitionsloses Budget, dem er den Titel "Wohlstand zerstören, Zukunft verbauen und Steuergeld verschwenden" verpasste. Es reiche nicht aus, einfach jedes auftretende Problem "mit Geld zu bewerfen", kritisierte NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. Sie forderte eine deutliche Entlastung des Faktors Arbeit sowie die Umsetzung von strukturellen Reformen.

Das Finanzressort rechnet laut Bundesvoranschlag im Jahr 2024 mit Einnahmen von 102,6 Mrd. € und Ausgaben von 123,5 Mrd. €, was ein Defizit von 20,9 Mrd. € ergibt. Mit einem gesamtstaatlichen Defizit von 2,7 % des BIP liegt Österreich somit unter der Maastricht-Vorgabe von 3 %. Die Entwicklung der öffentlichen Schuldenquote soll bis zum Ende 2027 relativ stabil verlaufen und bei rund 77 % des BIP liegen.

Vor Eingang in die Debatte wurde Juliane Bogner-Strauß als neue ÖVP-Abgeordnete angelobt, nachdem Karl Schmiedhofer (ÖVP) sein Mandat zurückgelegt hat.

Wöginger: Budget sichert Wohlstand und investiert in die Zukunft

Von einem Budget, das den Wohlstand sichere und die Zukunft gestalte, sprach ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der auf die aus seiner Sicht zahlreichen positiven Elemente im Voranschlag näher einging. Besonders zu erwähnen seien die zusätzlichen Mittel in der Höhe von 20 Mrd. € für Wissenschaft und Forschung, für den Klimaschutz, für die Halbleitertechnologie, für den Ausbau der Kinderbetreuung sowie für die Sicherheit (Polizei und Bundesheer). Allein für den Heizkesseltausch sei eine Milliarde Euro reserviert. Insgesamt enthalte das Budget konjunkturstärkende Maßnahmen wie etwas das Vorziehen von öffentlichen Bauprojekten im Ausmaß von 3 Mrd. €. Ebenso sei der für die Unternehmen so wichtige Energiekostenzuschuss in der Höhe von 3 Mrd. € fertig ausverhandelt. Die Einigung zum Finanzausgleich garantiere zudem, dass 2,4 Mrd. € an "frischem Geld" unter anderem den Spitälern und für die Kinderbetreuung bereit gestellt werden können. Durch die Abschaffung der sogenannten kalten Progression werde zudem der Entlastungspfad der letzten Jahre fortgesetzt, betonte Wöginger. Bei einem Jahreseinkommen von rund 40.000 € bedeute das, dass die Bürger:innen rund 1.000 € mehr in der Brieftasche haben werden. Profitieren werden die Menschen zudem von der Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen sowie der stärkeren Erhöhung der unteren Einkommen und der Mindestpensionen. Es sei daher unbestritten, dass die Realeinkommen deutlich steigen würden.

Kucher: Budget steht unter dem Motto "Hinter uns die Sintflut"

Es bringe nichts, die Fakten schön zu reden, entgegnete SPÖ-Klubobmann Philip Kucher, denn Österreich stehe derzeit vor einer ganz schwierigen Situation. Viele Menschen könnten sich einfach das Leben nicht mehr leisten oder würden sich große Sorgen um ihre Zukunft machen. Dafür müsste die Regierung die Verantwortung übernehmen, forderte er, denn sie habe in den letzten beiden Jahren immer wieder behauptet, dagegen nichts machen zu können. Beispiele aus anderen Ländern würden aber zeigen, dass dies sehr wohl möglich sei, führte der Klubobmann ins Treffen. So wurden etwa in der Schweiz die Mieten gedeckelt oder in Frankreich bei den Zinsen eingegriffen. In Österreich habe man lediglich auf Einmalzahlungen gesetzt, die nun verpufft seien und einen gigantischen Schuldenberg hinterlassen hätten. Der treffendere Titel für das aktuelle Budget wäre daher "Hinter uns die Sintflut" gewesen, stellte Kucher pointiert fest. Statt die breite Masse der Bevölkerung zur Kasse zu bitten, sollten vielmehr "die Multimillionäre und die Konzerne" in die Pflicht genommen werden.

Fuchs: Ambitionsloses Budget führt zu Zerstörung des Wohlstands und setzt Steuergeldverschwendung fort

Auch der freiheitliche Finanzsprecher Hubert Fuchs (FPÖ) fand wenig Gefallen am Titel der gestrigen Budgetrede von Minister Brunner "Mit Optimismus für Österreich: Wohlstand erhalten. Zukunft gestalten". Wenn man sich die Schwerpunktsetzung im Voranschlag näher anschaue, dann wäre wohl das Motto "Wohlstand zerstören, Zukunft verbauen und Steuergeld verschwenden" passender gewesen. Es handle sich um ein ambitionsloses Budget einer "unfähigen Bundesregierung", die bei der Bevölkerung jegliche Glaubwürdigkeit verloren habe. Das multiple Versagen der politisch Verantwortlichen, das schon bei der Corona-Pandemie, der Asylkrise, der Sanktionspolitik und der Inflationsbekämpfung zum Ausdruck gekommen sei, finde damit seine Fortsetzung. Während Österreich Spitzenreiter bei der Inflationsrate sei, würden Vertreter:innen der Regierungsfraktionen immer noch behaupten, man sei gut durch die Krise gekommen. Vielmehr hätte die falsche Politik in diesem Bereich dazu geführt, dass die einkommensschwachen Haushalte nun vor existenziellen Probleme stehen würden. Statt die Bevölkerung zu entlasten, würden sogar – entgegen anderslautender Versprechen – neue Steuern eingeführt oder die kalte Progression nur zum Teil abgeschafft, führte Fuchs ins Treffen. Der Finanzminister sei somit der "größte Krisenprofiteur", da er alleine im Wege der Mehrwertsteuer 3 Mrd. € an Mehreinnahmen lukriere. Parallel dazu werde die Regierung unter Berücksichtigung der Ermächtigungen mit 25 Mrd. € das größte Budgetdefizit aller Zeiten "erwirtschaften", zeigte Fuchs auf. Die Maastricht-Kriterien können daher wieder nicht eingehalten werden. Je schneller es Neuwahlen gebe, desto besser sei dies für Österreich, resümierte er.

Maurer: Die Grünen sind Garant für Klimaschutz, für eine unabhängige Justiz und ein dichtes soziales Netz

Der Regierung sei es gelungen, trotz "eintrübender Konjunkturprognosen" ein zukunftsorientiertes Budget vorzulegen, konstatierte die Klubobfrau der Grünen Sigrid Maurer. Die gesetzten Schwerpunkte würden zudem belegen, dass es einen Unterschied mache, wenn die Grünen mitregieren. Sie seien nämlich Garant für die Forcierung von Klimaschutzmaßnahmen, für eine unabhängige Justiz und für ein starkes soziales Netz, war Maurer überzeugt. So habe man etwa erreicht, dass der Austausch alter Heizungen zu 75 % gefördert werde, alle 18-Jährigen ein Gratis-Klimaticket erhalten und noch mehr Geld für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs ausgeschüttet werde. Damit beweise man auch, dass Ökologie und Ökonomie keinen Widerspruch darstellen, sondern sehr wohl zusammengehen. Seit ihre Partei Regierungsverantwortung übernommen habe, konnte auch verhindert werden, dass die Justiz den angekündigten "stillen Tod" sterben müsse. Ein Plus von 800 Mio. € und 650 neue Planstellen für Staatsanwält:innen und Richter:innen würde eine klare Sprache sprechen. Angepackt würden auch die seit Jahrzehnten diskutierten Reformen im Pflege- und Gesundheitsbereich, wobei diese Bereiche jeweils eine Milliarde Euro erhalten werden. Das Budget sei eine deutliche Absage an die "Schlechtredner und Spalter", denn es stelle Weichen in Richtung Klimaschutz, Stärkung der Demokratie und soziale Sicherheit für alle.

Meinl-Reisinger fordert strukturelle Reformen statt kurzfristigen Maßnahmen

Nicht nur die Opposition übe Kritik am Budget, sondern auch sämtliche Expert:innen würden den Voranschlag "in der Luft zerreißen", gab die NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger zu bedenken. Der Grundtenor sei dabei, dass alle Probleme in die Zukunft verschoben und die nächsten Generationen massiv belastet würden. Wie könne man angesichts der präsentierten Zahlen optimistisch sein, wenn bis zum Ende der Regierungszeit über 100 Mrd. € an Schulden hinterlassen werden? Alleine die dafür notwendigen Zinszahlungen würden sich auf 10 Mrd. € belaufen, rechnete Meinl-Reisinger dem Finanzminister vor. Es reiche nicht aus, einfach jedes auftretende Problem "mit Geld zu bewerfen". Wichtig wären die Entlastung des Faktors Arbeit sowie generell die Umsetzung von strukturellen Reformen, diese würden sich im Budget aber nicht wiederfinden. Stattdessen würden im Vorwahlkampf teure Geschenke verteilt, wie etwa die Finanzierung des Klimatickets für alle 18-Jährigen. Besondere Sorgen bereitete Meinl-Reisinger zudem die Entwicklung der Pensionsausgaben, die im nächsten Jahr enorm ansteigen würden.

Mit dem Bundesfinanzgesetz 2024 mitverhandelt wurde auch der Bundesfinanzrahmen 2024 bis 2027. (Fortsetzung Nationalrat) sue

HINWEISE: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Der Budgetdienst hat eine Lesehilfe zu den Budgetunterlagen 2024 erstellt, die zur raschen Orientierung und zum besseren Verständnis der umfangreichen Unterlagen dienen soll.

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