Parlamentskorrespondenz Nr. 1389 vom 13.12.2023

Nationalrat beschließt Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker:innen

Gehälter im öffentlichen Dienst steigen um 9,15 % bzw. mindestens 192 €, Abgeordnete erhalten Plus von 4,85 %

Wien (PK) – Zum Auftakt der dreitägigen Plenarberatungen hat der Nationalrat heute mit breiter Mehrheit eine Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker:innen beschlossen. Der Bundespräsident, die Mitglieder der Bundesregierung, die drei Nationalratspräsident:innen und die Klubobleute werden somit im kommenden Jahr keine Bezugserhöhung erhalten. Das Gleiche gilt für Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker und die drei Volksanwälte. Für die Abgeordneten sowie für die Mitglieder des Bundesrats ist eine halbe Inflationsanpassung und somit eine Bezugserhöhung von 4,85 % vorgesehen. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen hätten die betroffenen Bezüge um jeweils 9,7 % steigen müssen.

Endgültig auf Schiene ist auch der Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst: Die Gehälter der Bundesbeamt:innen und Vertragsbediensteten werden 2024 damit um 9,15 % bzw. mindestens 192 € steigen. Anträge der FPÖ zur Ausweitung der Nulllohnrunde auf Landespolitiker:innen und Staatsmanager:innen fanden hingegen keine Mehrheit. Auch zwei Entschließungsanträge der SPÖ, die auf diverse Verbesserungen für öffentlich Bedienstete abzielten, wurden abgelehnt.

FPÖ stimmt gegen Nulllohnrunde

Gegen das Einfrieren der Gehälter von Spitzenpolitiker:innen stimmte – anders als noch im Verfassungsausschuss – die FPÖ. Die Nulllohnrunde sei angebracht, sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl, er und FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst kritisierten allerdings, dass diese nicht auch für bestimmte Landespolitiker:innen wie Landeshauptleute, Landesrät:innen und Landtagspräsident:innen gilt. Auch das seien Personen, die sich trotz der aktuellen Teuerung ohne Gehaltserhöhung Wohnen, Heizen und Lebensmittel weiter leisten werden können, sagte Fürst. Es sei außerdem "die falsche Einstellung", wenn jemand wegen des Gehalts in die Politik gehe. Auch das Argument, dass Demokratie etwas kosten müsse, hält sie in diesem Zusammenhang nicht für schlüssig.

Den Einwand von ÖVP, SPÖ und Grünen, dass es die FPÖ in jenen Bundesländern, in denen sie mitregiert, selbst in der Hand gehabt hätte, Landespolitiker:innen eine Nulllohnrunde zu verordnen, ließen Kickl und FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker nicht gelten. Die FPÖ sei in Niederösterreich, Salzburg und Oberösterreich nur Juniorpartner und habe sich als solcher gegenüber der ÖVP nicht durchsetzen können, argumentierten sie. Um Landeshauptleute und andere Spitzenpolitiker:innen auf Landesebene doch noch in die Nulllohnrunde einzubeziehen, braucht es laut Kickl einen Beschluss auf Bundesebene, er warb in diesem Sinn für den von der FPÖ eingebrachten Abänderungsantrag. Nicht vom Antrag umfasst waren Abgeordnetenbezüge, wiewohl sich Michael Schnedlitz (FPÖ) dafür aussprach, auch diese einzufrieren.

In einem Entschließungsantrag forderte die FPÖ darüber hinaus eine Nulllohnrunde für Manager:innen in staatsnahen Unternehmen und Einrichtungen inklusive des ORF. Betroffen davon sollten alle Manager:innen sein, deren monatlicher Bezug über dem eines bzw. einer Nationalratsabgeordneten liegt. Die Initiativen der FPÖ erhielten über ihre Fraktion hinaus allerdings keine Unterstützung im Nationalrat.

Scharfe Kritik an der FPÖ

Sowohl Wolfgang Gerstl (ÖVP) als auch Jörg Leichtfried (SPÖ) warfen Kickl vor, die Bundesverfassung ändern zu wollen, nur weil er offenbar nicht in der Lage sei, sich gegenüber seinen Parteikolleg:innen in den Ländern durchzusetzen. Das sei für die FPÖ-Politik typisch, meinte Leichtfried: "In der Opposition das Blaue vom Himmel versprechen und in der Regierung den Hals nicht vollkriegen".

Ähnlich argumentierten die Abgeordneten Michel Reimon (Grüne), August Wöginger (ÖVP), Christian Stocker (ÖVP), Philip Kucher (SPÖ) und Michael Hammer (ÖVP). Kickl sei in den eigenen Reihen gescheitert und wolle die Leute nun "für dumm verkaufen", sagte Wöginger. Zudem sei Kickl seit 30 Jahren ein "Systempolitiker" schlechthin. Auch Reimon hält Kickl für völlig unglaubwürdig. Dieser habe "noch keinen Tag in der Privatwirtschaft gehackelt", sein Philosophiestudium abgebrochen und bisher nur "vom Steuerzahler kassiert" und wolle ein Vertreter des Volkes sein. Zudem habe der FPÖ-Chef seinen Parteikolleg:innen in den Ländern mit seiner heutigen Rede nichts anderes ausgerichtet, als dass diese "unfähige Steigbügelhalter" seien, sagte Reimon. Kucher betonte, es gebe keine andere Partei, die "so tief in die Taschen der Steuerzahler:innen gegriffen hat", wie die FPÖ.

Einen Beschluss auf Bundesebene zur Einbeziehung der Landespolitiker:innen in die Nulllohnrunde lehnten Leichtfried und sein Fraktionskollege Christian Drobits dezidiert ab: Das würde einer Entmündigung der Länder gleichkommen, argumentierte Leichtfried. Auch Eva Blimlinger (Grüne) sprach sich dagegen aus, den Ländern hier etwas vorzuschreiben.

Verschobene Gehaltspyramide

Generell erinnerte ÖVP-Verfassungssprecher Gerstl an die im Jahr 1997 eingeführte Gehaltspyramide für Politiker:innen, die mittlerweile komplett "durcheinandergekommen" sei. Damals habe man den Abgeordnetenbezug so festgelegt, dass er der Höhe des Gehalts eines Sektionschefs bzw. einer Sektionschefin entspricht, Minister:innen hätten den doppelten Bezug erhalten. Während nun der Tariflohnindex seit 1997 um mehr als 90 % gestiegen sei, habe sich der Bezug eines Ministers bzw. einer Ministerin lediglich um 31 % und der eines bzw. einer Abgeordneten um 40 % erhöht, skizzierte Gerstl. Sektionschefs würden heute um über 80 % mehr bekommen als 1997. Somit verdienen ihm zufolge Minister:innen heute nur noch 39,4 % mehr als ein Spitzenbeamter bzw. eine Spitzenbeamtin.

Olga Voglauer (Grüne) machte geltend, dass sich auch Politiker:innen eine Gehaltserhöhung verdient hätten. Man müsse Politik aber in Demut und in Achtung und Wertschätzung vor der Bevölkerung ausüben, betonte sie. Genau das tue die FPÖ aber nicht. Auch nach Meinung von Wöginger betreibt die FPÖ nichts anderes als Hetze.

Kickl kritisiert Corona-Politik

Davor hatte FPÖ-Chef Kickl die Debatte einmal mehr für einen Rundumschlag gegen die Regierungspolitik genutzt und in diesem Zusammenhang erneut die seinerzeitigen Corona-Maßnahmen kritisiert. Obwohl die derzeitige Corona-Welle größer sei als alle bisherigen in Österreich, gebe es nun keine Masken, Abstandsregeln oder andere Vorgaben, hob er hervor. Er zieht daraus den Schluss, dass die in der Vergangenheit gesetzten Maßnahmen wie Lockdowns unnötig gewesen sind. Vor zwei Jahren habe man noch "das Land in einen Ausnahmezustand geführt und Menschen eingesperrt", beklagte er. Dass es nun keine derartigen Maßnahmen mehr gibt, führt er auf die Erstarkung der FPÖ zurück.

Die Debatte verlief zum Teil sehr emotional, die vorsitzführende Nationalratspräsidentin Doris Bures musste des Öfteren mit Rufen zur Ordnung bzw. zur Sache eingreifen.

Viel Lob für den öffentlichen Dienst

Breite Zustimmung vom Nationalrat erhielt auch der Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst. Lediglich die NEOS stimmten gegen die von ÖVP und Grünen beantragte Dienstrechts-Novelle. Der öffentliche Dienst leiste einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwesen, betonte NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker, seiner Ansicht nach stimmt die Verhältnismäßigkeit zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst aber nicht mehr. Zumal die Gehälter im öffentlichen Dienst auch durch regelmäßige Biennien steigen würden.

Loacker erinnerte außerdem daran, dass Finanzminister Magnus Brunner die Kollektivvertragspartner noch im Sommer zu Lohnzurückhaltung und zu Einmalzahlungen aufgerufen habe, um die Inflation nicht weiter anzuheizen. Auch an den zusätzlichen Planstellen im Bundesdienst übte er Kritik: Der öffentliche Dienst blase sich auf "wie ein Kugelfisch".

Demgegenüber zeigten sich Romana Deckenbacher (ÖVP), Eva Blimlinger (Grüne) und Selma Yildirim (SPÖ) über das Gehaltsplus für den öffentlichen Dienst erfreut. Das Ergebnis könne sich sehen lassen, unterstrich Deckenbacher und machte geltend, dass der öffentliche Dienst, zu dem auch Gesundheits- und Pflegepersonal, Polizist:innen und Pädagog:innen gehörten, Garant für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens sei.

Abgeordnete Blimlinger wies darauf hin, dass die 192 € für die niedrigsten Bezüge im öffentlichen Dienst ein Plus von 9,71 % bedeuten würden. Beamt:innen-Bashing sei sehr beliebt, meinte sie, dabei übersehe man aber, dass öffentlich Bedienstete diejenigen seien, die den Staat aufrechterhalten. Angesichts der großen Konkurrenz zur Privatwirtschaft hält sie es außerdem für notwendig, adäquate Gehälter zu zahlen. In Richtung Abgeordnetem Loacker meinte Blimlinger, Einmalzahlungen seien ganz grundsätzlich "immer ein schlechtes Angebot", weil sie nicht nachhaltig seien und sich auch nicht auf die Pension auswirkten.

SPÖ und FPÖ fordern dienstrechtliche Verbesserungen

Der öffentliche Dienst habe in Krisenzeiten gezeigt, wie gut er funktioniere, hob SPÖ-Abgeordnete Yildirim hervor. Sie und ihr Fraktionskollege Christian Drobits begrüßten daher das vorgesehene Gehaltsplus. Allerdings vermissen die beiden Abgeordneten die schon seit längerem angekündigte Modernisierung des Dienstrechts. Insbesondere halten sie es im Zuge der nächsten Dienstrechts-Novelle für notwendig, einzelne Änderungen bei den Nebengebühren, beim Vorschuss auf Schmerzensgeld und bei der Definitivstellung vorzunehmen sowie die Gebührensätze in den Reisegebührenvorschriften an die Inflation anzupassen, konnten sich mit zwei Entschließungsanträgen aber nicht durchsetzen.

Auch FPÖ-Abgeordneter Werner Herbert wertete den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst als angemessen, wiewohl es ihm lieber gewesen wäre, hätte man das Gesamtvolumen der Gehaltserhöhung gleichmäßig auf alle öffentlich Bediensteten aufgeteilt. Dann hätte sich ihm zufolge für jeden Bediensteten ein monatliches Gehaltsplus von 460 € ergeben. Das wäre gerecht und wertschätzend gewesen, meinte er.

Christian Lausch (FPÖ) warf den für den öffentlichen Dienst zuständigen Vizekanzler Werner Kogler vor, angekündigte Verbesserungen für öffentlich Bedienstete nach wie vor nicht umgesetzt zu haben, etwa was die Einführung der Altersteilzeit oder die Weiterzahlung von Nebengebühren bei unverschuldeten dienstlichen Abwesenheiten betrifft. Zudem wies er auf die Personalknappheit in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes hin, die zu Überbelastung und Burnout der Mitarbeiter:innen führe.

Vizekanzler Werner Kogler machte darauf aufmerksam, dass die Gehaltserhöhung unter anderem Polizist:innen, Lehrer:innen und Mitarbeiter:innen der Verwaltung zugutekomme. Außerdem erwartet er sich, dass der Gehaltsabschluss auch für Personal in den Ländern wie Pflegekräfte und Kindergartenpädagog:innen übernommen wird. Es stimme, dass es dabei um Steuergelder gehe, hielt Kogler in Richtung der NEOS fest, aber es sei auch im Interesse der Steuerzahler:innen, dass "der Laden gut funktioniert". Verteidigt wurde von Kogler außerdem die zuletzt erfolgte Personalaufstockung im öffentlichen Dienst, diese sei auch für den Justiz- und den Sicherheitsbereich wichtig. Die Gehaltserhöhung zu staffeln, das habe man bereits des Öfteren gemacht, sagte Kogler, man müsse aber auch die Gehaltspyramide im Auge behalten. Zur Kritik der FPÖ an ausstehenden Verbesserungen merkte er an, es werde auch weiterhin Dienstrechtsnovellen geben. (Fortsetzung Nationalrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.