Parlamentskorrespondenz Nr. 1391 vom 13.12.2023

Pflegefonds auf 1,1 Mrd. € aufgestockt

Nationalrat beschließt Gesetzespaket sowie Verlängerung der Förderung von 24-Stunden-Betreuung

Wien (PK) – Der Nationalrat hat heute die Aufstockung des Pflegefonds auf 1,1 Mrd. € und die Verlängerung der Förderung von 24-Stunden-Betreuung in adaptierter Form beschlossen. Beides haben Bund und Länder im Zuge der Finanzausgleichverhandlungen vereinbart.

Abgelehnt wurde die Forderung der NEOS, eine Kostenanalyse für die Pflege zu erstellen. In der Minderheit blieb auch die neuerlich von der SPÖ eingebrachte Forderung, Pflege als Schwerarbeit einzustufen.

Breite Mehrheit für Aufstockung des Pflegefonds und Finanzierung von 24-Stunden-Betreuung

Der Pflegefonds wird im kommenden Jahr mit 1,1 Mrd. € dotiert. Damit werden 2024 mehr als doppelt so viele Mittel wie heuer zur Verfügung stehen. In weiterer Folge wird die Dotierung jährlich nach einer bestimmten Formel valorisiert. In Summe werden damit in der Finanzausgleichsperiode 2024 bis 2028 6,03 Mrd. € in den Fonds fließen, wobei der Bund wie bisher zwei Drittel davon beisteuert. Die Aufstockung wurde mit breiter Mehrheit beschlossen. Ein Entschließungsantrag der NEOS, der unter anderem bundeseinheitliche Pflegekriterien zum Ziel hat, gilt mit dem Beschluss als miterledigt.

Mit den zusätzlichen Mitteln soll unter anderem eine Fortführung des in den Jahren 2022 und 2023 gewährten Gehaltsbonus für Pflegekräfte und des Ausbildungszuschusses für Pflegeausbildungen in der Höhe von 600 € sichergestellt werden. Außerdem können künftig auch die Kosten für "Community Nursing" aus Mitteln des Pflegefonds abgedeckt werden. Zur Kompensation von Einnahmeausfällen der Länder aufgrund des im Jahr 2018 abgeschafften Pflegeregresses stellt der Bund weiterhin insgesamt 300 Mio. € pro Jahr bereit.

Ebenfalls mit breiter Mehrheit beschlossen haben die Abgeordneten, die Bund-Länder-Vereinbarung zur 24-Stunden-Betreuung in adaptierter Form zu verlängern. Der bestehende Förderschlüssel für die 24-Stunden-Betreuung – 60 % der Kosten trägt der Bund, 40 % übernehmen die Länder – wird damit für die Finanzausgleichsperiode 2024 bis 2028 fortgeschrieben. Die Fördersätze werden an die geltenden Richtlinien des Sozialministeriums angepasst. Diese liegen derzeit bei monatlich 800 € im Falle einer Betreuung durch selbstständige 24-Stunden-Betreuer:innen und bei 1.600 € im Falle einer Anstellung der Betreuungskräfte.

Abgelehnt wurde eine NEOS-Forderung nach einer umfassenden Kostenanalyse der Pflege, um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wieviel das Pflegesystem insgesamt kostet und wer dazu wieviel beisteuert.

Koalition überzeugt von Pflegereform, Opposition vermisst echte Neuerungen

Für Sozialminister Johannes Rauch handelt es sich bei den vorliegenden Neuerungen um einen Baustein einer langen Reihe von Maßnahmen, die bereits mit dem ersten Teil der Pflegereform 2022 begonnen haben. Nun seien die Anreize, die es brauche, um alle im Pflegesystem Tätigen dort zu halten, dauerhaft verankert. Rauch strich unter anderem das Projekt der Community Nurses hervor, das nun über den Finanzausgleich dauerhaft abgesichert sei. Ein weiterer Ausbau des Pflegebereichs sei nötig und werde auch passieren, meinte der Sozialminister. Er betonte aber auch, dass es in der Pflege Zuwanderung brauche, weil die benötigten Arbeitskräfte nicht innerhalb Europas gewonnen werden könnten.

Viel Kritik kam von der Opposition. Verena Nussbaum (SPÖ) etwa vermisste neue Akzente in der Pflege. Die Bundesregierung habe die groß angekündigte Pflegereform offenbar abgeschlossen, es gebe aber keine neuen, ambitionierten Ziele. So gebe es etwa, obwohl bei der Aufstockung des Pflegefonds viel Geld in die Hand genommen werde, keine Mittel für eine echte Personaloffensive oder für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in der Pflege. Auch Christian Drobits (SPÖ) sah eine Fortschreibung des bisherigen Systems ohne Neuerungen. Er plädierte für eine Ausbildungsoffensive und einen Imagegewinn für Pflegeberufe. Für gute Arbeitsbedingungen sei seiner Meinung nach mehr notwendig als ein Gehaltsbonus. Es brauche Perspektiven und Wertschätzung der Pflegekräfte. Drobits brachte deshalb auch einen Entschließungseintrag ein, mit dem er forderte, Pflegeberufe als besonders belastende Berufstätigkeiten einzustufen und Ausbildungszeiten für das Erreichen der Schwerarbeitspension anzuerkennen. Der Antrag blieb in der Minderheit.

Von den NEOS kritisierte Fiona Fiedler, dass die Ausgaben für den Pflegefonds verdoppelt werden, ohne zu wissen, ob das Geld auch dort ankomme, wo es gebraucht werde. Mit den vorliegenden Vereinbarungen werfe man Geld mit beiden Händen aus dem Fenster, meinte sie. Außerdem warf sie der Regierung vor, dass die Pflegereform keine inhaltlichen Änderungen, etwa eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege, gebracht habe. Aus Sicht von Christian Ragger (FPÖ) sei man "weit entfernt von einer Pflegereform". Auch er bemängelte, dass die Kostenstruktur nicht analysiert worden sei. Die Regierung pumpe lediglich Geld in das System, während die Freiheitlichen dafür eintreten würden, dass das Geld zu den Menschen komme, so Ragger.

Überzeugt von der "größten Pflegereform seit Jahrzehnten" zeigte sich hingegen Ernst Gödl (ÖVP). Das Besondere am österreichischen System sei die große Wahlfreiheit der Pflegebedürftigen. Davon ausgehend habe man die Reform aufgesetzt und sowohl die 24-Stunden-Betreuung abgesichert als auch durch die Aufstockung des Pflegefonds den Ländern mehr Mittel zur Verfügung gestellt, damit diese ihre Aufgaben erfüllen können. Gödl betonte das klare Bekenntnis zu den Ausgaben für die Pflege. Michael Hammer (ÖVP) hob hervor, dass nun viele wichtige Maßnahmen in die Regelfinanzierung gebracht und damit nachhaltig abgesichert würden. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) zeigte sich überzeugt, dass die Aufstockung des Pflegefonds viele neue Möglichkeiten bringen werde.

Mit der Aufstockung setze man nun endlich die "Pflegemilliarde" um, die bereits seit Anfang der 2000er-Jahre gefordert werde, unterstrich Markus Koza (Grüne). Aus seiner Sicht habe es wahrscheinlich noch nie eine Regierung gegeben, "die den Pflegenotstand dermaßen angeht wie die aktuelle". Dennoch sei noch viel zu tun, um die Einkommens-, Arbeits- und Ausbildungssituation von Pflegekräften zu verbessern. Auch Meri Disoski (Grüne) erinnerte, dass "akuter Handlungsbedarf" in der Pflege gegeben gewesen sei. Die Regierung habe diesen erkannt und gehandelt, zeigte sie sich überzeugt. Nach dem ersten Teil der Pflegereform werde jetzt durch den Finanzausgleich sichergestellt, dass die Verbesserungen für das Pflegesystem nachhaltig ausfinanziert seien. (Fortsetzung Nationalrat) kar

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