Parlamentskorrespondenz Nr. 62 vom 31.01.2024

Nationalrat schließt Beratungen über Volksbegehren "Echte Demokratie" und "Beibehaltung Sommerzeit" ab

Drei neu eingelangte Volksbegehren sollen Ersten Lesungen unterzogen werden

Wien (PK) - Mit der einstimmigen Kenntnisnahme der entsprechenden Ausschussberichte hat der Nationalrat heute zwei Volksbegehren, und zwar jene für "Echte Demokratie" sowie zur "Beibehaltung Sommerzeit", abgeschlossen. Während das Volksbegehren "Echte Demokratie" auf 25 Seiten – inklusive Begründung – ein ganzes Bündel von Gesetzesänderungen fordert, zielt jenes zur "Beibehaltung Sommerzeit" auf eine Festlegung der Sommerzeit als Normalzeit während des gesamten Jahres ab. Ein in der Sitzung eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ für einen Ausbau der direkten Demokratie in Österreich blieb in der Minderheit.

Einstimmig haben die Abgeordneten beschlossen, drei neu eingelangte Volksbegehren in Ersten Lesungen im Plenum beraten zu wollen – und zwar das "Impfpflichtgesetz abschaffen - Volksbegehren", das "COVID-Strafen-Rückzahlungsvolksbegehren" sowie das Volksbegehren "Gerechtigkeit den Pflegekräften".

Kritische Auseinandersetzung mit Volksbegehren "Echte Demokratie"

Das Volksbegehren "Echte Demokratie" fordert konkret etwa eine Verkürzung der Legislaturperiode auf zwei Jahre, eine verpflichtende Abhaltung von Volksabstimmungen über erfolgreiche Volksbegehren sowie ein Verbot von "Kartellbildungen" im Parlament in Form von Koalitionen. Auch ein "absolutes Diktaturverbot", Versammlungsfreiheit, ein "faires Wahlrecht" ohne Prozenthürden und eine Rückkehr zum Wahlalter von 18 Jahren gehören zum Forderungskatalog. Entscheidungen durch das Volk würden zwar viel länger dauern, dafür seien Volksentscheidungen "auch deutlich besser als Politikerentscheidungen", argumentieren die Initiator:innen.

Nachdem bereits ein Hearing im Verfassungsausschuss dazu stattgefunden hatte, setzten sich die Abgeordneten auch im Plenum kritisch mit dem Volksbegehren auseinander. Initiativen für Demokratie seien wichtig, auch im Hinblick auf zunehmend autokratische Entwicklungen in immer mehr anderen Ländern, unterstrich Wolfgang Gerstl (ÖVP). Manche der Ideen im Volksbegehren seien aus seiner Sicht jedoch "krause", etwa dass die Legislaturperiode nur zwei Jahre dauern soll, oder auch der Vorstoß gegen "Kartellbildungen", wenn Koalitionen im Parlament gemeint seien. Grundsätzlich "charmant" findet es Christian Drobits (SPÖ), wenn es im Volksbegehren um stärkere direkte Willensbeteiligung der Bevölkerung gehe. Grund zur Besorgnis gebe allerdings die im Inhalt verwendete Sprache mit Begriffen wie "Schwarmintelligenz" oder "Parteisoldaten". Bei einer Legislaturperiode von nur zwei Jahren würde man sich außerdem im Dauerwahlkampf befinden, gab er zu bedenken. Während Drobits Überlegungen anstellte, inwieweit bestimmte Volksbegehren "Mittel zum Zweck" oder ein "Geschäftsmodell" darstellen könnten, sprach sich Susanne Fürst (FPÖ) mit dem eingebrachten FPÖ-Entschließungsantrag für die Einführung einer "Volksinitiative zur Gesetzgebung" aus. Mehr direkte Demokratie würde allen guttun, meinte auch Harald Stefan (FPÖ). Auch aus seiner Sicht sollten direkt aus der Bevölkerung Gesetze initiiert werden können.

Wiewohl das Volksbegehren auch diskutable Vorschläge enthalte, ortet Georg Bürstmayr (Grüne) an einigen Stellen eine "indiskutable" Sprache - bis hin zu "Parteiendiktatur". "Echte Demokratie" akzeptiere Mehrheiten, schütze Minderheiten und schließe Kompromisse, so Bürstmayr. An positiven Punkten findet Nikolaus Scherak (NEOS) im Volksbegehren etwa einen Ausbau von direkter Demokratie oder eine öffentliche Auszählung bei Wahlen. Auch ihn würden aber einige Begriffe wie "die Elite" irritieren, und manchen Forderungen, wie etwa einer Abschaffung der Briefwahl oder einer zweijährigen Legislaturperiode, könne er nichts abgewinnen.

Volksbegehren für Beibehaltung der Sommerzeit

Das Volksbegehren zur Festlegung der Sommerzeit als Normalzeit fordert, anstatt der Umstellung auf die Winterzeit die Sommerzeit gesetzlich während eines gesamten Kalenderjahres beizubehalten. Die zwei Zeitumstellungen jedes Jahr hätten in mehrfacher Hinsicht nachteilige Auswirkungen, unter anderem auf den "Biorhythmus von Mensch und Tier" und somit auf verschiedene Arbeitsbereiche.

Das Volksbegehren betreffe ein Thema, das immer noch in Diskussion stehe, meinte Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP). Es sei aber nach wie vor auf EU-Ebene keine einheitliche Lösung gelungen. Ratsam wäre aus ihrer Sicht auf europäischer Ebene eine Wirkungsfolgenabschätzung zu den unterschiedlichen Auswirkungen. Hintanzuhalten gelte es jedenfalls eine Fragmentierung der Zeitzonen in der EU. Für Martin Litschauer (Grüne) ist aus dem Ausschusshearing hervorgegangen, dass sich die Menschen ein "Abstellen des Umstellens" wünschen. Es müsse der Druck erhöht werden, dass das Thema auf europäischer Ebene wieder "aufs Tableau" komme. Christoph Matznetter (SPÖ) unterstrich ähnlich wie sein Vorredner seinen Dank für die Initiative zu diesem Volksbegehren, zumal das Thema des "kafkaesken Zeitumstellens" auf EU-Ebene bisweilen "versandelt" sei. Er sprach sich für eine einheitliche Zeit ohne Umstellungen aus, die aber der geografischen Lage des jeweiligen Landes gerecht werden soll.

Auch Maximilian Linder (FPÖ) meinte, dass die Probleme durch die Zeitumstellungen alle kennen würden. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) sprach sich dafür aus, dass Österreich eine Vorreiterrolle einnehmen und sich dafür einsetzen könne, dass die Zeitumstellung abgeschafft wird. Ähnlich wie Belakowitsch ortet Peter Wurm (FPÖ) eine "Bankrotterklärung" der EU darin, das Thema nicht zum Abschluss zu bringen.

Julia Seidl (NEOS) meldete sich mit einer, wie sie sagte, "Abschiedsrede" zu Wort, zumal sie sich entschieden habe, sich auf den Wahlkampf zur Gemeinderatswahl in Innsbruck zu konzentrieren und heute das letzte Mal im Hohen Haus spreche. Im Rückblick auf ihre Zeit als Abgeordnete kritisierte sie etwa "taktisches Kalkül" mancher Fraktionen, indem nur um an der Macht zu bleiben die größten Zielgruppen bedient würden. Problematisch sehe sie, dass viele Entscheidungen nicht getroffen worden seien, etwa im Hinblick auf das Pensionssystem, auf einen Bürokratieabbau oder auf das Bildungssystem. Zudem würden Menschen durch Förderungen abhängig vom "Goodwill des Staates" gemacht, so Seidl. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.