Parlamentskorrespondenz Nr. 66 vom 31.01.2024

NEOS setzen sich erneut für deutliche und rasche Absenkung der Abgabenquote sowie der Lohnnebenkosten ein

Fristsetzungsantrag soll baldige Erörterung der Forderungen im Ausschuss ermöglichen

Wien (PK) – Im Rahmen einer zweiten Kurzen Debatte brachten die NEOS erneut ihre Forderung nach einer deutlichen und raschen Absenkung der Lohnnebenkosten ins Spiel. Es brauche eine schrittweise Reduktion auf das OECD-Durchschnittsniveau, um mehr Kollektivvertrags- und Lohnverhandlungsspielraum zu haben, heißt es im Antrag. Erst kürzlich hätten sowohl die EU als auch die OECD festgestellt, dass Österreich bezüglich der Abgabenquote und der Lohnnebenkosten den "unrühmlichen dritten Platz" einnehme, zeigte NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker auf. Insgesamt ortet er ein mögliches Entlastungsvolumen von 15 Mrd. €.

Es sei richtig, dass Österreich um 5,2 % über dem deutschen Niveau liege, meinte ÖVP-Vertreter Karlheinz Kopf, aber zahlreiche Beiträge seien in den letzten zehn Jahren deutlich gesenkt worden. Für die FPÖ, die ebenfalls die hohe Abgabenlast beklagte, habe die ÖVP in der Wirtschafts- und Standortpolitik völlig versagt. Vertreter:innen von Grünen und SPÖ verwahrten sich gegen Kürzungen von zentralen Versicherungsleistungen, vor allem in den Bereichen Gesundheit, Arbeitslosigkeit und Pension.

Das Verlangen der NEOS, ihrem Antrag betreffend "Lohnnebenkosten senken und Lohnverhandlungsspielraum schaffen" zur Behandlung im Wirtschaftsausschuss eine Frist bis zum 15. März 2024 zu setzen, fand bei der Abstimmung keine Mehrheit. Insgesamt bringen die NEOS in der heutigen Sitzung 18 Fristsetzungsanträge ein.

Unterschiedliche Standpunkte in der Debatte über die Senkung der Lohnnebenkosten

Es sei zwar erfreulich, wenn der Bundeskanzler bei der Rede zu seinem Österreich-Plan auf die aus seiner Sicht zu hohen Lohnnebenkosten hinweise, meinte NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker, aber die ÖVP hätte in den letzten 37 Jahren die Möglichkeit gehabt, daran etwas zu ändern. So sei auch der von den NEOS eingebrachte Entschließungsantrag auf Senkung der Lohnnebenkosten in der letzten Ausschusssitzung erneut vertagt worden. Einsparungspotential gebe es vor allem bei den nicht-arbeitnehmerbezogenen Lohnnebenkosten wie etwa der Wohnbauförderung oder dem Familienlastenausgleichsfonds, die etwa ein Drittel der gesamten Lohnnebenkosten ausmachen würden. Die ständigen Versprechen von Seiten der ÖVP, die dann nicht eingehalten werden, seien mehr als peinlich, urteilte Loacker, der daher für rasche Neuwahlen eintrat. "Lassen wir es gut sein, bringen wir es hinter uns!"

Sein Fraktionskollege Michael Bernhard (NEOS) forderte "echte Reformen", die nicht "auf dem Rücken der Menschen, sondern der Funktionäre" ausgetragen werden sollten. Die NEOS würden sich keineswegs gegen die Finanzierung einer guten Gesundheitsversorgung oder der Arbeitslosenversicherung aussprechen, aber für ein "Sparen ohne Schaden".

ÖVP verweist auf beträchtliche Senkung der Lohnnebenkosten in den letzten zehn Jahren

Die Lohnnebenkosten seien in Österreich eindeutig zu hoch, räumte Karlheinz Kopf (ÖVP) ein, aber diese "Weisheit" teile Loacker mit vielen. Es sei aber nicht richtig, dass in den Jahren, in denen die ÖVP mitregiert habe, nichts geschehen sei. Allein in den letzten zehn Jahren seien die Beiträge für die Unfallversicherung, die Insolvenzentgeltsicherung, den Familienlastenausgleichsfonds und die Arbeitslosenversicherung kontinuierlich gesenkt worden. Dies entspreche umgerechnet einer Summe von 2,5 Mrd. € pro Jahr. Auch die Wirtschaftskammer setze gerade eine Beitragssenkung um 10 % um. Dieser Weg sollte insbesondere bei Leistungen, die gesamtgesellschaftliche Aufgaben betreffen (z.B. Schülerfreifahrt, Schulbücher, Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten, Unterhaltsvorschüsse), fortgesetzt werden, plädierte Kopf. "Nicht rütteln" wolle man aber an den arbeitnehmerbezogenen Lohnnebenkosten, weil damit wichtige Versicherungsleistungen finanziert werden.

SPÖ: Mehr Staat und weniger privat in den Bereichen Gesundheit, Arbeitslosigkeit und Pension

Bei der Beurteilung der von den NEOS im Antrag angeführten OECD-Statistik dürfe man nicht vergessen, dass auch die privaten Ausgaben der Menschen etwa für Gesundheitsleistungen oder die Pensionsvorsorge miteinberechnet werden müssen, gab SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch zu bedenken. In jenen Ländern, in denen sich der Staat aus der öffentlichen Leistung zurückziehe, seien natürlich auch die Lohnnebenkosten niedriger. Gleichzeitig würden aber auch die Privatausgaben höher ausfallen. Für seine Partei gelte daher, "mehr Staat, weniger privat", wenn es um Leistungen für Unfälle, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Pension gehe, unterstrich Muchitsch. Der Vorschlag von Bundeskanzler Nehammer, die Arbeitslosenversicherung "runterschrauben" zu wollen, sei daher abzulehnen. Kein Verständnis zeigte er auch für Forderungen nach einer Reduktion der Unfallversicherung sowie der Arbeiterkammerumlage, die bei einem Gehalt von rund 2.500 € brutto lediglich 10 € pro Monat betrage.

FPÖ wirft der ÖVP vor allem Versagen in Wirtschafts- und Standortpolitik vor

Für Axel Kassegger (FPÖ) sind die Lohnnebenkosten "bei weitem noch zu hoch". Der FPÖ-Mandatar rechnete bei dieser Gelegenheit mit der ÖVP-Wirtschaftspolitik ab. Die sich seit 38 Jahren in Regierungsverantwortung befindliche ÖVP habe unter anderem bei der Standortpolitik auf Bundes- und Landesebene, bei der Schulden-, Corona-, Sanktions-, Migrations- und Klimapolitik versagt. Es wundere ihn daher nicht, dass die Bevölkerung kein Vertrauen mehr in den Kanzler und in die Regierung habe.

Grüne: Reduktion bestimmter Beiträge nur bei entsprechender Gegenfinanzierung

Es sei eine Tatsache, dass die OECD und die Europäische Union Österreich wiederholt auf die hohe Abgabenlast des Faktors Arbeit hingewiesen haben, hielt Markus Koza (Grüne) fest. Gleichzeitig sei jedoch festgestellt worden, dass die Abgaben auf Vermögen und Umwelt hierzulande besonders niedrig seien und dass diese erhöht werden sollten. Dazu finde sich "interessanterweise" aber nichts im Antrag der NEOS, zeigte Koza auf. Offen sei für ihn auch die Frage, wie man problemlos 12 Mrd. € pro Jahr einsparen könne, wie im Antrag behauptet werde. Auch wenn man über einige Punkte reden könne, wie etwa über die Beiträge zum FLAF oder zur Wohnbauförderung, so gebe es solange keine Zustimmung der Grünen, bis nicht eine entsprechende Gegenfinanzierung sichergestellt sei.  (Fortsetzung Nationalrat) sue/med

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