308/A(E)-BR/2021

Eingebracht am 15.07.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Bundesrät*innen Korinna Schumann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Mag.a Daniela Gruber-Pruner,

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Sozialhilfe-Grundsatzgesetz reparieren, Armut wirksam bekämpfen!

 

 

Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz war schon bei seiner Einführung unter Türkis-Blau umstritten. Es bedeutete eine Abkehr von dem gegen Armut tatsächlich absichernden Netz und eine Hinwendung zu einem restriktiven und auf ein Mindestmaß an Leistungen reduziertes Gesetz, das für von Armut betroffene Menschen eine massive Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen bedeutete.

 

Statt Mindestleistungen vorzuschreiben, wurden Maximalbeträge zur Auszahlung fixiert, die verfassungswidrige Kinderstaffelung bedeutete für jedes zweite, dritte oder vierte Kind weniger Leistungen als für das Vorangegangene und willkürlich festgesetzte Sprachkenntnisse, die nachgewiesen werden mussten, führten bei einem fehlenden Beleg derselben zu Kürzungen. Auch die fehlende, bundesweit einheitliche Gestaltung der Sozialhilfe machte es den Bezieher*innen in Fragen der Existenzsicherung, aber auch den Bundesländern, die mit der Ausführung beauftragt waren, in Fragen des Vollzugs schwer. Bis heute ist die Sozialhilfe in Österreich damit ein nicht harmonisiertes, teilweise willkürlich gestaltetes Flickwerk geblieben.

 

Die sozialdemokratische Bundesratsfraktion brachte in Folge der Gesetzwerdung eine Klage beim Verfassungsgerichtshof ein, was zur Folge hatte, dass wesentliche Teile des Gesetzes im Dezember 2019 aufgehoben wurden. Die degressive Staffelung bei den Leistungen für Kinder, der „Arbeitsqualifikationsbonus“ oder aber auch die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bei der Kürzung auf Grund von fehlenden Sprachkenntnissen, waren Gründe für jenes Erkenntnis des VfGH, welches zu deren Aufhebung führte.

 

Seither herrscht Stillstand. Gerade jetzt in der Corona-Krise wurde deutlich, dass es insbesondere in Krisensituationen ein System braucht, das Menschen wirkungsvoll gegen Armut absichert. Schwächen in den Ausführungsgesetzen der Länder, die eigentlich die Aufgabe hätten, im Zusammenspiel mit den Bundeszahlungen zur Linderung der schlimmsten Verwerfungen zu sorgen, führten jedoch im Gegenteil vielmehr dazu, dass Menschen selbst die geringen Leistungen, die sie noch aus der Sozialhilfe beziehen konnten, verloren – ein Debakel und existenzielle Bedrohung für die Betroffenen. Dieser Umstand führte letztlich auch zu einer gemeinsamen Erklärung der neun Soziallandesrät*innen im März 2021, die damit eine Evaluierung des Systems und eine Behebung der Schwächen durch eine Reform der Sozialhilfegesetzgebung forderten.

 

In ihrem Regierungsprogramm hat sich die türkis-grüne Bundesregierung eine Halbierung des Anteils der von Armut betroffenen Menschen vorgenommen. Der Weg in diese Richtung kann jedoch nur über ein armutsvermeidendes und –bekämpfendes System der Sozialhilfe führen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Bundesrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend mit den Ländern in Verhandlungen einzutreten mit dem Ziel, dass dem Nationalrat und dem Bundesrat bis längstens
30. Juni 2022 ein Gesetz vorgelegt wird, mit dem die Sozialhilfe wieder als armutsvermeidende und –bekämpfende Leistung verankert wird. Festzulegen ist unter anderem eine Mindestleistung, die allen Bezieher*innen ein Leben ohne Armutsgefährdung sichert. Insbesondere bedarf es in der Sozialhilfe einer Kindergrundsicherung, damit alle Kinder in unserem Land gleiche Chancen auf eine gute Zukunft erhalten.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vorgeschlagen.