Bundesrat Stenographisches Protokoll 624. Sitzung / Seite 39

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der Zehn- bis Vierzehnjährigen gewehrt hat! Damit hat sich die ÖVP endgültig von der Bildungspolitik verabschiedet.

Interessant ist aber dabei, daß es Umfragen gibt, wonach sich die Mehrheit der SPÖ-Wähler, aber auch der ÖVP-Wähler ganz eindeutig gegen eine Gesamtschule ausspricht. Einmal mehr wird am Willen der Bevölkerung vorbeiregiert. Die Rechnung präsentiert Ihnen der Wähler allerdings ohnehin immer bei den Wahlen, aber Sie lernen leider nichts daraus.

Die Bundesregierung muß endlich aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen und zukunftsorientierte Berufsbilder schaffen. Da nämlich 25 Prozent der Berufe nur wenig frequentiert werden, es bei einigen Berufssparten ein großes Gedränge gibt, andererseits aber kaum zukunftsorientierte Berufsbilder installiert werden, haben die Verantwortlichen versagt.

Die Attraktivität der Lehre muß durch ein zusätzliches Bildungsangebot erhöht werden. Die Mittel für die Lehrlingsausbildung müssen aufgestockt werden – meine Kollegin Helga Moser hat schon angesprochen, daß die öffentliche Hand für einen AHS-Schüler 60 000 S ausgibt, für einen Lehrling aber nur 6 000 S; daran kann man schon ersehen, welchen Stellenwert der Lehrling in der Gesellschaft hat –, und die Betriebe müssen, um diese Situation zu entschärfen, bei den Abgaben dringend entlastet werden. Die Schutzbestimmungen müssen den modernen Anfordernissen angepaßt und auf ihre Sinnhaftigkeit untersucht werden. Dort, wo sie sich als sinnlos oder gar als hinderlich herausstellen, gehören sie abgeschafft.

Frau Minister! Wir lehnen diesen Lehrlingsbericht ab, da die Regierung völlig unzureichend regiert und agiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.43

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kainz. – Bitte.

10.43

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die letzten Aussagen von Kollegin Mühlwerth machen es mir jetzt sehr leicht, ihre Ausführungen zu negieren, denn ich setze mich nur mit jemandem auseinander, der eine Sache auch mitträgt. Herr Kollege Jaud! Es tut mir leid, daß Sie jetzt die Zielrichtung meiner etwas differenzierten Aussagen sein werden. (Bundesrat Jaud: Das macht nichts!)

Frau Bundesministerin! An Ihre Adresse gerichtet: Ich denke, Sie werden Verständnis dafür haben, daß wir als Gewerkschafter vor allem die duale Ausbildung im Vordergrund sehen und ich deshalb ein bißchen weniger auf Ihren Part, den Bericht der schulischen Lehrlingsausbildung, eingehe. Das haben einige meiner Vorredner auch schon so gehalten.

Ich habe ursprünglich vorgehabt, doch mehr auf den Bericht einzugehen, der mir in der Ausdrucksweise ein bißchen Schwierigkeiten macht, denn ich glaube, daß man einen Sachbericht schlecht als sympathisch bezeichnen kann. Aber ich habe inzwischen auch festgestellt, warum mir dieser Bericht sehr – wenn ich das so salopp ausdrücken darf – unter die Haut gegangen ist. Es ist das deshalb der Fall, weil er eine ganze Reihe der Forderungen enthält, die viele Jahre von allen möglichen Interessenvertretungen und Institutionen, die sich mit Lehrausbildung beschäftigen, vertreten wurden, und weil darüber hinaus eine Tatsache enthalten ist, die in Berichten nicht immer üblich ist: Er gibt auch Zielsetzungen vor und interpretiert die Zahlen. Da habe ich einen sehr großen Gleichklang gefunden.

Meinen Widerspruch und meine Kritik setze ich bei der Wirtschaft an, von der Aussagen über Qualität, Kosten und so manche Schutzbestimmung gemacht werden, obwohl ich durchaus der Meinung bin, daß natürlich in der Ausbildung das eine oder andere den modernen Gegebenheiten und auch den technischen Gegebenheiten angepaßt werden muß.

Gerade in den letzten Aussagen ist sehr stark auf die Kostenbelastung der ausbildenden Betriebe hingewiesen worden, mir fehlt dabei aber auf jeden Fall der Part des Ausbildungsfonds. Auch wir Gewerkschafter fordern eine andere Kostenbeteiligung bei der Ausbildung, jedoch


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