Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 82

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und es ist nicht immer dem Rechnung getragen worden, was wir als Zielvorstellung gerne gehabt hätten.

Die Ansätze sind aber Schritte, die den Boden für weitere Vorgangsweisen legen. Ich möchte nur ganz sporadisch auf einige Punkte hinweisen: Pensionsreform, soziale Absicherung für alle. Wir wollen eine eigene Absicherung für alle Frauen – unabhängig davon, in welcher Lebenssituation sie sich befinden. Aber das ist ein umfangreiches Paket, das ausführlicher Diskussionen betreffend Machbarkeit bedarf.

Wir konnten mehr Schutz für Frauen erreichen. Die Kinderbetreuungseinrichtungen sind heute bereits erwähnt worden. Auch im Zusammenhang mit Betriebsgründungen sind Frauen aufgrund von Forderungen der SPÖ und dem Erreichen dieser Regelungen unterstützt worden. Natürlich ist die Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz ein Ansatz und nicht bereits das Endergebnis. Wir sind aber nicht vermessen – vor allem in dieser politischen Landschaft –, unsere Forderungen so anzulegen, daß wir all das sofort erreichen, was wir als Zielvorstellung sehen. So gesehen sind eben heute drei zugegebenermaßen nicht sehr große Erfolge Gegenstand unserer Beschlußfassung. Nur zu sagen, wir stimmen ihnen nicht zu, weil wir mehr wollen, das halte ich für vermessen und ehrlich gesagt auch nicht für sehr klug und ernstzunehmend. Ich glaube, wir sollten uns über die Haltung meiner kleinen Tochter, ein volles Glas Milch haben zu wollen und nicht das halbe auch als einen Schritt zur Sättigung zu sehen, ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. ) – Das volle oder das halbe Glas – das läßt Interpretation zu, Herr Kollege Tremmel! Einigen wir uns auf ein Drittel dieses Glases.

Diese Gesetze sind Schritte in eine Richtung, die absolut notwendig sind und denen noch viele Schritte folgen werden müssen. Meine Damen und Herren! Es wird aber nicht so gehen, daß wir es nur einer Partei überlassen, diese Forderungen zu formulieren. Dort, wo die Unterstützung der Frauen, nämlich in den Einzelgesprächen, vorhanden ist, wissen wir, daß die Anliegen richtig vertreten und von allen getragen werden, nur das muß sich dann auch in der politischen Willensentscheidung manifestieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.20

Präsident Ludwig Bieringer: Nächste Wortmeldung: Herr Bundesrat Professor Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm das Wort.

14.20

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte ausschließlich zu Tagesordnungspunkt 4 kritisch Stellung nehmen. Die vorliegende, vom Nationalrat bereits mit verfassungsändernder Mehrheit beschlossene Ergänzung der Bundesverfassung, im besonderen des grundlegenden Artikels 7 über den Gleichheitssatz, durch ein programmatisches Bekenntnis zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau erscheint recht problematisch.

Meine Damen und Herren, insbesondere meine verehrten Kolleginnen! Verstehen Sie mich dabei bitte nicht falsch! Als jemand, der sich in seiner eigenen Berufslaufbahn in der Hochschulpolitik an der eigenen Universität und an der eigenen Fakultät stets mit Nachdruck für die Kolleginnen auf allen Karrierestufen eingesetzt und nicht zuletzt deshalb selbst Laufbahnnachteile erfahren hat, teile ich uneingeschränkt das dahinterstehende gesellschaftspolitische Ziel. Ich verkenne daher nicht die gute Absicht, die sich damit verbindet. Das vermag indes an den grundsätzlichen verfassungstheoretischen und -politischen Bedenken gegen das konkrete Vorhaben nichts zu ändern.

Welche sind das nun im einzelnen? – Lassen Sie mich zunächst mit dem formellen Gesichtspunkt meines Unbehagens beginnen: Ich halte sehr wenig von "Bekenntnissen" und von Proklamationen in der Bundesverfassung! Gewiß ist es ein legitimes Anliegen, in einer Verfassungsurkunde auch allgemeine Staatsziele zu formulieren. Bei nicht auf grundlegende Staatsaufgaben bezogenen normativen Vorgaben, wenngleich gesellschaftspolitisch angestrebten Ergebnissen, ist das freilich schon viel fragwürdiger. Um rein symbolische Gesetzgebung sollte es uns hiebei nämlich nicht zu tun sein.


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