Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 86

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wir bis Jahresende fast 19 000 Kinderbetreuungsplätze mehr haben werden, da das Abrufen der Mittel vom Finanzministerium sehr zügig vorangeht.

Ich freue mich auch sehr darüber, daß wir nächstes Jahr wieder eine derartige Tranche zur Verfügung haben werden. Der Nationalrat hat da eine Schwerpunktsetzung auf unter Dreijährige und über Sechsjährige festgelegt, weil wir wissen, daß wir in diesem Bereich die größten Lücken haben.

Ich mache es gerne, und Kollege Bartenstein macht es auch gerne – wir alle machen es gerne, aber das soll nicht bewirken, daß die Länder und die Gemeinden aus ihrer Verantwortung enthoben werden. Es soll ein Kick sein, es soll eine Unterstützung sein, es soll zum Nachdenken und zum Initiativwerden anregen, aber nicht dazu, sich auszuruhen.

Aus diesem Grund ist es wichtig, alle verantwortlichen Politikerinnen und Politiker der jeweiligen Bundesländer auch immer wieder damit zu konfrontieren, daß Kinderbetreuung nun einmal Ländersache ist und daß es dazu auch einen Finanzausgleich gibt. Sie müssen nicht immer nur auf 600 Millionen Schilling warten, sie können die Finanzausgleichsgelder auch jedes Jahr in Empfang nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.37

Präsident Ludwig Bieringer: Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Professor Dr. Böhm.

14.37

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Ich sehe mich zwar nicht zu einer Richtig-, wohl aber zu einer Klarstellung veranlaßt, weil ich mich in Ihrer Beantwortung etwas mißverstanden und fehlinterpretiert gefühlt habe.

Ich hoffte, doch deutlich gemacht zu haben – vielleicht ist es nicht klar genug herausgekommen –, daß ich persönlich auch mit der tatsächlichen, das heißt realen Gleichstellung von Mann und Frau nicht das geringste Problem habe. Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ich absolut hinter dem sozialpolitischen Anliegen stehe. Auch habe ich versucht, auf meine beruflichen Erfahrungen hinzuweisen; das nicht etwa, um mir als "edler Ritter" eine Feder auf den Hut zu stecken; wer mich und meine Biographie und meinen Umkreis kennt, würde es bestätigen.

Leider, muß ich auch sagen, haben die neuen akademischen Erfahrungen mit der Bevorzugung weiblicher Kandidaten im Zweifel manchmal sogar kontraproduktive Effekte gehabt. Ich räume aber vorweg ein, Frau Ministerin, daß Sie das geradezu als Bestätigung dafür werten könnten, daß viele Männer das noch nicht akzeptiert haben.

Ich möchte also noch einmal betonen: Ich habe mich ja ausdrücklich zu Frauenförderungsprogrammen bekannt, und ich habe mich auch nicht schlechthin gegen Frauenquoten ausgesprochen. Das wird auf die konkrete rechtliche Gestaltung dieser Frauenquote ankommen. Ich räume absolut ein, daß hier ein Nachholbedarf besteht, dem im Rahmen des sachlich Vertretbaren Rechnung zu tragen ist.

Was ich in bezug auf die Verfassung selbst gesagt habe – das mag eine akademische Frage sein im Hinblick auf das brennende sozialpolitische Anliegen –, das war nur, daß es meinem persönlichen Verständnis einer Verfassung nicht entspricht, daß man rein programmatische Klauseln und bloße Absichtserklärungen hineinschreibt, und daß es eben meiner Vorstellung nicht entspricht, wenn das dann auch nicht realisierbar ist, sobald es darauf ankommt, was bei einer echten verfassungs- oder grundrechtlichen Verbürgung zutreffen müßte.

Ich verweise insbesondere auf eines: Wir werden uns doch alle darüber einig sein, daß Österreich ein sozialer Rechtsstaat, ein Sozialstaat ist. Trotzdem, man mag das bedauern, haben wir, im Gegensatz zu anderen Ländern, keine Sozialstaatsklausel in der Verfassung. Es wird dennoch niemand daran zweifeln, daß wir ein Sozialstaat sind, das auch sein wollen, und daß dieser zu erhalten oder gegebenenfalls auszubauen ist.


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