Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 55

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11.36

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Tremmel hat dankenswerterweise § 43 Abs. 3 (Bundesrat Dr. Tremmel: § 54!) , der die Einbringung von Anträgen zum Verhandlungsgegenstand regelt, korrekt zitiert. Er hat allerdings daraus nicht die korrekten Schlußfolgerungen gezogen. Denn es liegt klar auf der Hand, daß für die Herstellung des inhaltlichen Zusammenhanges mit dem zur Verhandlung stehenden Gegenstand nicht die Begründung, sondern der Inhalt des Antrages – nur dieser vermag Rechtswirksamkeit zu entfalten – maßgeblich ist.

Würde man Ihrer Interpretation folgen, dann würde die Bestimmung der Geschäftsordnung völlig ins Leere laufen. Denn mit jeder beliebigen Begründung könnten Sie jeden beliebigen Zusammenhang herstellen. Das kann wohl nicht im Sinne einer geordneten Verhandlungsführung sein.

Im konkreten Fall ist es nach meiner Einschätzung zweifelsfrei so, daß wir heute über ein Gesetz im Rahmen des Elektrizitätsrechtes verhandeln und daß es selbstverständlich zulässig wäre, an die Bundesregierung oder an den zuständigen Bundesminister Wünsche im Hinblick darauf zu richten, wie er diese Rechtsmaterie vollziehen möge. Aber ein Begehren, das ein bestimmtes Verhalten in einer völlig sachfremden Materie zum Thema hat, steht zu den Bestimmungen des § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung, wonach ein inhaltlicher Zusammenhang bestehen muß, in ganz klarem Widerspruch.

Daher halte ich die Entscheidung der Frau Präsidentin für richtig, daß dieser Antrag – eine Diskussion über den Inhalt unbenommen – heute zu diesem Tagesordnungspunkt nicht verhandlungsfähig ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.38

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kone#ny. – Bitte.

11.38

Bundesrat Albrecht Kone#ny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Kollege Tremmel! Sie haben schlichtweg nicht aufgepaßt. Ich denke, daß es an der Zeit wäre, nicht in einem völlig absurden Zusammenhang "danke" zu sagen, sondern von Ihrer Seite herauszugehen und zu sagen: Meine Wortmeldung war ein Irrtum. – Dieses Einbekenntnis würde ich mir eigentlich von Ihnen erwarten.

Klar ist, daß die Freiheitliche Partei zwei Entschließungsanträge vorgelegt hat, und zwar in ihrer üblichen, "kooperativen" Art und Weise – der zweite, der nur verlesen wurde, den niemand von uns kennt, über den wir aber namentlich abstimmen sollen. Es gibt den Entschließungsantrag Scherb, der schriftlich vorliegt, und es gibt den Entschließungsantrag Weilharter, der nicht verteilt worden ist. Ich wüßte nicht, worüber ich abstimmen sollte. – Das ist nur einmal eine Bemerkung über eine parlamentarische Verhaltensweise. (Bundesrat Dr. Bösch: Was soll dann die Debatte, Herr Kollege?)

Zweitens: Sie haben die Tatsache einfach auf den Kopf gestellt, daß eine Entscheidung darüber, ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen einem eingebrachten Antrag und dem Verhandlungsgegenstand besteht, in der Entscheidungsbefugnis des Präsidenten steht und erforderlichenfalls – das steht alles in der Geschäftsordnung, und das, so hoffe ich doch, wissen Sie auch – der Mehrheitsentscheidung des Bundesrates obliegt. Wahr ist, daß im vorliegenden Fall ein solcher sachlicher Zusammenhang nicht besteht.

Ich sage aber eines dazu – wir werden uns darüber in der Präsidialkonferenz zu unterhalten haben –: Das parlamentarische Prinzip des österreichischen Parlaments ist das Vorberatungsprinzip. Auch der Entschließungsantrag Scherb, dessen sachlicher Zusammenhang von niemandem in Zweifel zu ziehen ist, stellt eine umfangreiche, in Wirklichkeit neben dem Verhandlungsgegenstand liegende politische Anregung dar.

Es steht Ihnen frei, jederzeit Anträge in diesem Haus einzubringen; in unserem Fall sogar außerhalb der Sitzung. Diese sind in Ausschüssen vorzuberaten – das ist bei komplexen Materien


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