Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 159

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Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Thomas Ram. Ich erteile ihm dieses.

9.40

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geschätzter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Zuerst einmal darf ich der Frau Ministerin zu ihrem "Gut" gratulieren. Das ist eine ausgezeichnete Leistung, aber dieses "Gut" wurde noch vor diesem Schulreformpaket, über das wir heute zu debattieren haben, vergeben, und ich glaube, daß vielleicht zu einem Großteil auch ihre charmante und beliebte Art, sich zu präsentieren, für dieses "Gut" verantwortlich ist. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich möchte in meinem Debattenbeitrag noch einmal auf die Aussagen meiner Kollegin Monika Mühlwerth eingehen und diese verstärken. Auch ich bin der Meinung, daß der Hauptgrund für das vorliegende Schulreformpaket ist, die Voraussetzungen für den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung zu schaffen. Einige Punkte dieses Schulpakets sollen also vor allem dazu dienen, das Lehrlingsversprechen von Bundeskanzler Klima zu kaschieren.

Erstes Beispiel dafür ist die Möglichkeit, den Schulabschluß bis zu einem Alter von 18 Jahren nachzuholen. Das heißt, daß jene Schüler, die den Abschluß in neun Jahren nicht geschafft haben, ein zehntes und elftes Jahr in der Schule bleiben können. (Bundesrat Mag. Leichtfried: Was spricht dagegen?) Das werde ich Ihnen gleich erklären. Das bedeutet, ein Teil der Schüler, die die Voraussetzungen zum erfolgreichen Abschluß nicht geschafft haben, wird in der Schule "geparkt", um nicht auf dem Lehrstellenmarkt zu erscheinen.

Die negativen Auswirkungen dieser Tatsache sieht man auch am zweiten Beispiel, das ist die Aufhebung des Repetierverbotes. Die Aufhebung des Repetierverbotes bedeutet, daß junge Menschen mit mehr als drei "Nicht genügend" im Abschlußzeugnis nicht die Gelegenheit haben, die Klasse zu wiederholen. In Zukunft kann man auch mit vier oder mehr "Nicht genügend" die Klasse wiederholen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere Herr Mag. Leichtfried, wird in einigen Schulen zu massiven Problemen führen, nämlich dann, wenn Schüler, die die Voraussetzungen für den Besuch dieser Schule erfüllen, diese Schulen wegen Platzmangels nicht besuchen können. (Bundesrat Payer: Diese Theorie ..., die nicht stimmt!)

Nein, das ist keine Theorie, sondern das ist die Praxis, die wir in einigen HTL in Österreich schon erleben können – leider erleben können! Sie brauchen sich nur den Platzmangel in höheren Schulen, auch in Gymnasien, anzusehen: Hier wird in den kleinsten "Kammerln" unterrichtet, weil es ganz einfach keinen anderen Platz mehr gibt. (Bundesrat Mag. Leichtfried: Das kann man ja verändern!) Ja, das muß man ändern, und deswegen brauchen wir eine andere Politik. Diese Tatsache, meine Damen und Herren, ist nicht mehr akzeptabel – weder für die Lehrer noch für die Schüler. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte kurz auch zum Englisch-Unterricht in den Volksschulen Stellung nehmen. Herr Mag. Leichtfried hat uns als Praktiker schon erklärt, daß auch er der Meinung ist, daß man zuerst die Muttersprache lernen sollte und sich dann mit dem Englisch-Unterricht ... (Bundesrat Mag. Leichtfried: Das habe ich nicht gesagt!) Das habe ich so interpretiert, Herr Magister! (Bundesrat Mag. Leichtfried: Das ist eine Interpretationsfrage!) Sie haben jedenfalls gesagt – können wir uns auf diese Feststellung einigen? –, daß es wichtig ist, zuerst einmal die deutsche Sprache zu erlernen ... (Bundesrat Mag. Leichtfried: Auch!)  – Oder auch. Kollege Leichtfried ist also der Meinung, daß es auch wichtig ist, die deutsche Sprache zu erlernen, und in zweiter Linie – oder in erster Linie, meint er vielleicht – sollte man dann die englische Sprache lernen.

Wir Freiheitliche sind der Meinung, ... (Bundesrat Mag. Himmer: ... Ihr Freiheitliche glaubt, die deutsche Sprache zu lernen, ist Herausforderung genug für euch!) – Kollege Himmer! Du wirst das sicherlich richtig beurteilen können, aber das werden wir vielleicht ohnehin heute noch hören.

Wir Freiheitliche sind also der Meinung, daß ein frühes Fremdsprachen-Lernen in der 1. und 2. Volksschulklasse im gesamten Sprachgefüge Schäden anrichten kann und daß man deswe


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