Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 161

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Ich frage mich, ob wir mit diesem Überspringen von Klassen nicht die Ellbogentechnik, die in unserer heutigen Zeit so oft angewandt wird, forcieren. Ich glaube auch, daß das problematisch in kleinen Schulen sein kann. Wenn ein Schüler zuwenig in einer höheren Klasse ist, um die Klasse zu teilen, dann fürchte ich, daß man eben einen Begabten findet, um diese Schülerzahl aufzustocken. Oder in kleinen Schulen besteht die Gefahr, daß man einen Begabten "zurückhält", um eben die entsprechenden Schülerzahlen zu haben.

Frau Ministerin! Sie kommen aus der Praxis, Sie können sicherlich diesem Gedankengang folgen, daß es aufgrund dieser Regelung zu Mißständen kommen könnte.

Positiv für die Hauptschulen in diesem Schulpaket finde ich auch die II. Leistungsgruppe. Frau Kollegin Pühringer hat sich sehr eingehend damit beschäftigt.

Zu meinem zweiten Gesichtspunkt, den ich noch anschneiden möchte: Schuldemokratie. Klassenforum und Schulforum haben eigentlich eine neue Aufgabe und können beschließen, daß der Beurteilung der Leistung durch Noten eine Leistungsbeschreibung hinzuzufügen ist. Persönlich bin ich mit dieser Regelung einverstanden, obwohl sich Kollegen meiner Fraktion, auch Kollege Leichtfried, stärkere alternative Beurteilungsformen gewünscht hätten. Ich kann auf 20 Jahre Schulleiterpraxis hinweisen, ich sage: Ein guter Lehrer, ein Pädagoge begründet sowieso jede einzelne Note. Ich habe auch einige Jahre mit verbaler Beurteilung zu tun gehabt. Das ist am Anfang sehr interessant, aber es werden doch oft nur Stehsätze verwendet. Ich glaube, der Kompromiß ist ein guter, und zu diesem Kompromiß kann man ruhig stehen.

Sehr positiv, obwohl schon vorher beschlossen, finde ich dieses Frühwarnsystem. Sehr geehrte Frau Ministerin! Dazu muß ich Ihnen wirklich gratulieren, und wenn man Ihre Zeit als Regierungsmitglied einmal wird Revue passieren lassen, dann wird dieses Frühwarnsystem wahrscheinlich einen ganz besonderen Stellenwert einnehmen.

Zu meinem dritten Gesichtspunkt, dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung. Das Nachholen des Hauptschulabschlusses ist etwas sehr Menschliches, etwas sehr Wichtiges, und wir eröffnen damit jungen Menschen die Chance, besser in die Arbeitswelt integriert werden zu können. Das gilt ebenso für das Aussetzen des Repetierverbotes.

Zum Schluß kommend: Ich habe das Frühwarnsystem sehr gelobt, es hat sich auch, wie ich aus meiner Erfahrung sagen kann, in meinem Bundesland sehr bewährt. Die Lehrer halten sich in hohem Maße daran, es ist auch sehr menschlich.

Aber ich möchte doch eine Anregung beziehungsweise Kritik anbringen: Dieses heutige Reformpaket ist sehr wichtig! Ich glaube aber, sehr geehrte Frau Ministerin, daß es im Sekundarschulwesen einen großen Bereich gibt, auf den wir uns konzentrieren sollten. Ich denke an die Hauptschulen in Ballungsräumen, die zu Restschulen verkommen, in denen es unterschiedliche Niveaus gibt. In einzelnen Ländern funktioniert die Hauptschule prächtig – das gebe ich auch zu –, aber in den Ballungsräumen funktionieren sowohl die Hauptschule als auch die AHS nicht. Die AHS kann in diesen Ballungsräumen, wo sie fast 100 Prozent aller 10- bis 14jährigen aufnimmt, den Bildungsauftrag nicht mehr erfüllen. Da sollten Maßnahmen gesetzt werden. Verstehen Sie das nicht so, daß ich der Gesamtschule das Wort rede, sondern ich bin der Ansicht, daß hier ganz neue Überlegungen angestellt werden müssen.

Abschließend: Die SPÖ stimmt den heute vorliegenden Schulgesetzen gerne zu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.54

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Therese Lukasser. Ich erteile ihr dieses.

9.54

Bundesrätin Therese Lukasser (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Rechtzeitig vor Beginn des neuen Schuljahres beraten wir das Schulpaket 1998. Worum es im einzelnen geht, ist bereits


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