Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 105

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1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich liegt Ihnen in schriftlicher Fassung vor, sodaß ich nun zu Antragsverlesung komme.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach. Ich erteile ihr dieses.

14.36

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Verehrte Damen und Herren! Der Ausschußbericht weist deutlich auf das Ziel des Gesetzesbeschlusses des Nationalrates hin: Österreich soll frei sein von jenen Gefahren, die die Nutzung von Atomkraft in sich birgt. Daß es dazu ein einhelliges Ja gibt, versteht sich eigentlich von selbst.

Meine Damen und Herren! Es wurde einmal – zwar in einem anderen Zusammenhang – von Österreich als einer Insel der Seligen gesprochen. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, wir hätten wieder solch eine Insel gefunden und es uns auf ihr gemütlich gemacht. Aber so einfach, glaube ich, darf man es doch nicht sehen, denn dieses Bundesverfassungsgesetz wird zweifellos eine starke außenpolitische Bedeutung haben.

Wie so vieles heutzutage macht auch nukleare Bedrohung nicht an Staatsgrenzen halt. Auch wir hatten einen durchaus langen Lernprozeß zu durchlaufen, um zu einer klaren Absage an die sogenannte friedliche Nutzung der Kernkraft zur Energiegewinnung zu kommen, allerdings wurden durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl unsere Schritte doch einigermaßen beschleunigt. Wir können zu Recht darauf stolz sein, und wir wissen auch, daß uns viele Menschen auf der ganzen Welt darum beneiden. Genau das ist es, warum ich meine, daß dieses Bundesverfassungsgesetz auch von großer außenpolitischer Bedeutung ist. Hier ist es wiederum § 1, der meiner Meinung nach starke Signalwirkung nach außen hat.

Bis auf eine Ausnahme, meine Damen und Herren, nämlich die Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki, ist der Menschheit vorläufig ein Atomkrieg erspart geblieben. Es bedarf, so glaube ich, jeder nur erdenklichen Anstrengung in der innerstaatlichen Gesetzgebung und bei der Mitwirkung in internationalen Organisationen, um zur Aufrechterhaltung und Stärkung des Vertrages über die Nichtverbreitung von Atomwaffen beizutragen. Denn es muß endlich allen Menschen auf unserer einen, gemeinsamen Welt folgendes bewußt werden: Gemäß der Charta der Vereinten Nationen hat jeder Staat – ob groß, ob klein – das Recht auf Schutz vor Angriffen anderer, ein Recht auf Selbstverteidigung. Aber – das ist jetzt wirklich zu bedenken – die Arsenale der Staaten, die über Atomwaffen verfügen, gehen weit über das Ausmaß hinaus, was je durch dieses Recht auf Selbstverteidigung gerechtfertigt sein könnte. Ein hundertfaches Overkillpotential ist nicht mehr nur eine Überlebensfrage für die Bürger jener Länder, die diese Waffen besitzen, es ist letztlich eine Überlebensfrage für uns alle auf diesem Planeten – gleichgültig, wo wir leben.

Wir, die Atomwaffenfreien, haben das Recht zu verlangen, daß der nukleare Wahnsinn zu einem Ende gebracht wird. (Beifall des Bundesrates Meier. ) Wir wissen, daß Abschreckung nicht der Weg zu einem dauerhaften Frieden ist. Hier bedarf es intelligenterer Lösungen. Ich meine, durchaus stolz können wir sagen: Österreich wirkt mit all seinem Können und all seinem guten Willen mit, um zu intelligenten Lösungen zu kommen.

Meine Damen und Herren! Wenn jetzt Rußland und die USA einen neuerlichen Anlauf nehmen wollen, um SALT weiterzubringen, dann werden wir nicht bei ihnen am Tisch sitzen, aber auch sie werden die Signale unserer eindeutigen Haltung wahrnehmen. Das ist, wie ich meine, doch schon sehr viel.


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