Stenographisches Protokoll

669. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 9. November 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

669. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 9. November 2000

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 9. November 2000: 9.02 – 18.17 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über den Umweltsenat (USG 2000) erlassen wird

2. Bundesgesetz, mit dem die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber rechtlich verselbständigt werden (Spanische Hofreitschule-Gesetz)

3. Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 (Grüner Bericht 1999) sowie Empfehlungen 2000 der Kommission gemäß § 7 LWG

4. Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2001 gemäß § 9 Abs. 2 LWG

5. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Förderung der Maschinenstickerei im Lande Vorarlberg getroffen werden (Stickereiförderungsgesetz), BGBl. Nr. 222/1956, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 187/1985, aufgehoben wird

6. Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (VAG-Novelle 2000)

7. Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung

8. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

9. Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

10. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

11. Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 2

12. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

13. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

14. Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

15. Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative – Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF)

16. Außenpolitischer Bericht 1999 der Bundesregierung

17. Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol, Autonomieentwicklung seit 1996

18. Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verhandlungen für ein Partnerschaftsabkommen im Dienste der Entwicklung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten

19. Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (Drei-Jahres-Bericht 1997 bis 1999)

20. Übereinkommen über den unerlaubten Verkehr auf See zur Durchführung des Artikels 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen samt Anhang und Erklärungen der Republik Österreich

21. Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen

22. Kündigung des Übereinkommens vom 5. Juli 1890 betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer Internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife samt seinem Durchführungsregulativ

23. Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen

24. Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen

25. Wahl von zwei Ordnern für den Rest des zweiten Halbjahres 2000

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben der Ersten Präsidentin des Wiener Landtages betreffend Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder in den Bundesrat 10


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 3

Schreiben des Ersten Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder in den Bundesrat 10

Schreiben des Landtagspräsidenten des Steiermärkischen Landtages betreffend Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder in den Bundesrat 10

Angelobung der Bundesräte Roswitha Bachner, Theodor Binna, Horst Freiberger, Herwig Hösele, Günther Kaltenbacher, Ing. Gerd Klamt, Günther Köberl, Dr. Vincenz Liechtenstein, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Ing. Peter Polleruhs, Johanna Schicker und Engelbert Weilharter 11

Erklärung der Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 91

Verlangen auf Durchführung einer Debatte 90

Debatte:

Klaus Gasteiger 99

Dr. André d'Aron 101

Hans Ager 103

Mag. Melitta Trunk 105

Wahl von zwei Ordnern für den Rest des zweiten Halbjahres 2000 136

Unterbrechung 106

Personalien

Krankmeldungen 10

Entschuldigungen 10

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung der Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl und Ernennung von Mag. Herbert Haupt zum Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen 28

Vertretungsschreiben 28

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 28

Ausschüsse

Zuweisungen 28

Fragestunde

Bundesministerium für Finanzen 12

Ing. Walter Grasberger (1117/M-BR/00); Herbert Thumpser, Dr. André d'Aron

Albrecht Konecny (1123/M-BR/00); Franz Wolfinger

Johann Ledolter (1118/M-BR/00); Stefan Prähauser, Dr. André d'Aron

Mag. Christof Neuner (1121/M-BR/00); Leopold Steinbichler, Stefan Prähauser


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 4

Johanna Schicker (1124/M-BR/00); Dr. Peter Böhm

Mag. Harald Himmer (1119/M-BR/00); Mag. Melitta Trunk, Thomas Ram

Johann Kraml (1125/M-BR/00); Christoph Hagen, Ing. Walter Grasberger

Ilse Giesinger (1120/M-BR/00); Mag. Melitta Trunk, Ulrike Haunschmid

Wilhelm Grissemann (1122/M-BR/00); Hans Ager, Herbert Thumpser

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Handlungsunfähigkeit seines Ressorts (1750/J-BR/00)

Begründung: Albrecht Konecny 107

Beantwortung: Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid 111

Redner:

Albrecht Konecny (tatsächliche Berichtigung) 114

und 124

Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid 114, 122, 125 und 126

Johanna Schicker 115

Mag. Harald Himmer  116

Dr. Peter Böhm 118

Mag. Dietmar Hoscher 120 und 126

Christoph Hagen 121

Engelbert Weilharter 125

Verhandlungen

(1) Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über den Umweltsenat (USG 2000) erlassen wird (280 und 333/NR sowie 6223/BR d. B.)

Berichterstatter: Georg Keuschnigg 30

[Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen]

Redner:

Ing. Walter Grasberger 30

Herbert Thumpser 32

Dr. Peter Böhm 32

Gottfried Kneifel 33

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 34

Annahme des Antrages des Berichterstatters, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 35

(2) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber rechtlich verselbständigt werden (Spanische Hofreitschule-Gesetz) (282 und 330/NR sowie 6224/BR d. B.)

Berichterstatter: Georg Keuschnigg 35


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 5

(Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben)

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 36

Mag. John Gudenus 38

Ing. Walter Grasberger 39

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 41


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 6

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 42

Gemeinsame Beratung über

(3) Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 (Grüner Bericht 1999) sowie Empfehlungen 2000 der Kommission gemäß § 7 LWG (III-210/BR/00 und 6225/BR d. B.)

(4) Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2001 gemäß § 9 Abs. 2 LWG (III-213/BR/00 und 6226/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 42

[Antrag, zu (3) und (4) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen]

Redner:

Johann Kraml 43

Mag. John Gudenus 45

Leopold Steinbichler 48 und 63

Johann Grillenberger 52

Germana Fösleitner 53

Ing. Franz Gruber 55

Friedrich Hensler 57

Georg Keuschnigg 59

Anna Höllerer 60

Albrecht Konecny 62

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 63

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 65

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (4) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmenmehrheit) 65

(5) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Förderung der Maschinenstickerei im Lande Vorarlberg getroffen werden (Stickereiförderungsgesetz), BGBl. Nr. 222/1956, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 187/1985, aufgehoben wird (262/A und 332/NR sowie 6227/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 65

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ilse Giesinger 66

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 66

(6) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (VAG-Novelle 2000) (219 und 317/NR sowie 6228/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 67

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Hans Ager 67

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 68

(7) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (270 und 318/NR sowie 6222 und 6229/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 68

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Herbert Würschl 68

Mag. Christof Neuner 70

Ing. Franz Gruber 71

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 72

Gemeinsame Beratung über

(8) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (96 und 320/NR sowie 6230/BR d. B.)

(9) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (100 und 321/NR sowie 6231/BR d. B.)

(10) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (278 und 322/NR sowie 6232/BR d. B.)

(11) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (276 und 323/NR sowie 6233/BR d. B.)

(12) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 7

dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (108 und 324/NR sowie 6234/BR d. B.)

(13) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (275 und 325/NR sowie 6235/BR d. B.)

(14) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (277 und 326/NR sowie 6236/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Dietmar Hoscher 73

[Antrag, zu (8), (9), (10), (11), (12), (13) und (14) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (8), (9), (10), (11), (12), (13) und (14) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 75

(15) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative – Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) (104 und 327/NR sowie 6237/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 77

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 77

Mag. Dietmar Hoscher 78

Mag. John Gudenus 80

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 81

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 81

Gemeinsame Beratung über

(16) Außenpolitischer Bericht 1999 der Bundesregierung (III-207/BR/00 und 6238/BR d. B.)

(17) Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol, Autonomieentwicklung seit 1996 (III-198/BR/99 und 6239/BR d. B.)

(18) Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verhandlungen für ein Partnerschaftsabkommen im Dienste der Entwicklung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten (III-199/BR/99 und 6240/BR d. B.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 8

(19) Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (Drei-Jahres-Bericht 1997 bis 1999) (III-214/BR/00 und 6241/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Ledolter 82

[Antrag, zu (16), (17), (18) und (19) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen]


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 9

Redner:

Gottfried Kneifel 83

Albrecht Konecny 85

Mag. John Gudenus 87

Dr. Vincenz Liechtenstein 88

Wilhelm Grissemann 126

Georg Keuschnigg 128

Ulrike Haunschmid 129

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (16) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmenmehrheit) 131

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (17) , (18) und (19) die Berichte zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 131

Gemeinsame Beratung über

(20) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen über den unerlaubten Verkehr auf See zur Durchführung des Artikels 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen samt Anhang und Erklärungen der Republik Österreich (199 und 303/NR sowie 6242/BR d. B.)

(21) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen (200 und 304/NR sowie 6243/BR d. B.)

(22) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend die Kündigung des Übereinkommens vom 5. Juli 1890 betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer Internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife samt seinem Durchführungsregulativ (201 und 305/NR sowie 6244/BR d. B.)

(23) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen (203 und 306/NR sowie 6245/BR d. B.)

(24) Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (267 und 307/NR sowie 6246/BR d. B.)

Berichterstatterin: Anna Höllerer 133

[Antrag, zu (20), (22), (23) und (24) keinen Einspruch zu erheben und zu (21), dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Redner:

Dr. Peter Böhm 134

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (20), (22), (23) und (24) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 135

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (21) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 135

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend widersprüchliche Informationen zu geplanten Kasernen-Verkäufen (1746/J-BR/00)

der Bundesräte Mag. Dietmar Hoscher und GenossInnen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Vertretung des Bundesministeriums für Landesverteidigung in Brüssel (1747/J-BR/00)

der Bundesräte Mag. Dietmar Hoscher und GenossInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend LKW-Bemautung (1748/J-BR/00)

der Bundesräte Mag. Dietmar Hoscher und GenossInnen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Österreich-Werbung (1749/J-BR/00)

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Handlungsunfähigkeit seines Ressorts (1750/J-BR/00)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundeskanzler betreffend Ermöglichung der Briefwahl auf Landes- und Gemeindeebene (1751/J-BR/00)

der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Missbrauch der Versammlungsfreiheit (1752/J-BR/00)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Frage der Bundesräte Mag. Dietmar Hoscher und GenossInnen (1599/AB-BR/00 zu 1730/J-BR/00)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Mag. Dietmar Hoscher und GenossInnen (1600/AB-BR/00 zu 1731/J-BR/00)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 10

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Präsident Johann Payer: Ich eröffne die 669. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 668. Sitzung des Bundesrates vom 12. Oktober 2000 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Engelbert Schaufler und Mag. Michael Strugl.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Dr. Robert Aspöck, Karl Boden, Wolfgang Hager, Dr. Klaus Peter Nittmann und Ernst Winter.

Angelobungen

Präsident Johann Payer: Eingelangt sind Schreiben der Ersten Präsidentin des Wiener Landtages, des Ersten Präsidenten des Kärntner Landtages und des Landtagspräsidenten des Steiermärkischen Landtages betreffend Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder in den Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben.

Schriftführerin Hedda Kainz: "Die Erste Präsidentin des Wiener Landtages

Herrn Präsidenten des Bundesrates, zu Handen Herrn Bundesratsdirektor Dr. Walter Labuda

Sehr geehrter Herr Präsident!

Herr Karl Drochter hat sein an siebenter Stelle gereihtes Mandat im Bundesrat mit Wirkung vom 19. Oktober 2000 zurückgelegt. Das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Abgeordneter Fritz Strobl hat ebenfalls sein Mandat zurückgelegt.

Auf Vorschlag der Sozialdemokratischen Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats wurde in der Sitzung des Wiener Landtags vom 20. Oktober 2000 Frau Roswitha Bachner als das an siebenter Stelle gereihte Mitglied und Herr Abgeordneter Fritz Strobl als das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied gewählt.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Maria Hampel-Fuchs"

"An den Präsidenten des Bundesrates Herrn Johann Payer

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das Mitglied des Bundesrates Ing. Kurt Scheuch, Mühldorf 30, Sternhof, A-9814 Mühldorf, hat mir mit Schreiben vom 25. 10. 2000 mitgeteilt, dass er mit Ablauf des 29. Oktober 2000 sein Mandat zurücklege.

Ing. Kurt Scheuch wird das freigewordene Nationalratsmandat des zum Sozialminister angelobten Mag. Herbert Haupt annehmen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Dipl.-Ing. Freunschlag"


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 11

Das betraf das Land Kärnten.

"Das Land Steiermark

Betrifft: Wahl der Bundesräte in der Sitzung des Steiermärkischen Landtages vom 7. November 2000

Sehr geehrter Herr Präsident!

In der konstituierenden Sitzung des Steiermärkischen Landtages am 7. November 2000 wurden nachstehende Mitglieder beziehungsweise Ersatzmitglieder des Bundesrates in folgender Reihenfolge einstimmig gewählt:

1. Dipl. Ing. Hannes Missethon, Ersatzmitglied Barbara Riener, ÖVP

2. Theodor Binna, Ersatzmitglied Kurt Edlinger, SPÖ

3. Dr. Vincenz Liechtenstein, Ersatzmitglied Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, ÖVP

4. Horst Freiberger, Ersatzmitglied Günter Prutsch, SPÖ

5. Ing. Peter Polleruhs, Ersatzmitglied Elisabeth Leitner, ÖVP

6. Engelbert Weilharter, Ersatzmitglied Franz Koller, FPÖ

7. Günther Köberl, Ersatzmitglied Maria Pein, ÖVP

8. Günther Kaltenbacher, Ersatzmitglied Marianne Spreitzer, SPÖ

9. Herwig Hösele, Ersatzmitglied Univ.-Prof Dipl.- Ing. Dr. Bernhard Hofmann-Wellenhof, ÖVP

10. Johanna Schicker, Ersatzmitglied Waltraud Hladny, SPÖ"

Präsident Johann Payer: Danke.

Die neuen beziehungsweise wiedergewählten Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel und anschließend um den Namensaufruf.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 12

Schriftführerin Hedda Kainz:
"Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Roswitha Bachner.

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Theodor Binna.

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Horst Freiberger.

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Herwig Hösele.

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Günther Kaltenbacher.

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Ing. Gerd Klamt.

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Günther Köberl.

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Dr. Vincenz Liechtenstein.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Ich gelobe – so wahr mir Gott helfe!

Schriftführerin Hedda Kainz: Dipl.-Ing. Hannes Missethon.

Bundesrat Dipl. Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Ing. Peter Polleruhs.

Bundesrat Ing. Peter Polleruhs (ÖVP, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Johanna Schicker.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Hedda Kainz: Engelbert Weilharter.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Ich gelobe.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 13

Präsident Johann Payer:
Ich begrüße die neuen beziehungsweise wieder gewählten Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte (Allgemeiner Beifall. – Es folgen einige persönliche Glückwünsche für die soeben angelobten Bundesräte.)

Fragestunde

Präsident Johann Payer: Kolleginnen und Kollegen! Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde. Ich beginne jetzt – um 9.09 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Finanzen

Präsident Johann Payer: Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 1117/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ing. Walter Grasberger um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1117/M-BR/00

Welche Maßnahmen werden Sie treffen, um den Pendlern die durch die Erhöhung der Energiepreise erwachsenden Belastungen zumindest teilweise abzugelten?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Bundesräte! Zum Ausgleich der durch die Erhöhung der Energiepreise besonders belasteten Pendler, denen kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung steht, ist für die Jahre 2000 und 2001 eine Anhebung der großen Pendlerpauschale um jeweils 10 Prozent vorgesehen.

Aus Vereinfachungsgründen wird die Berücksichtigung für beide Jahre gemeinsam mit der Lohnverrechnung des Jahres 2001 erfolgen. Das heißt, hier wird eine um 20 Prozent höhere Pendlerpauschale berücksichtigt werden.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Herbert Thumpser, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Ist in diesem Zusammenhang aus Ihrer Sicht die Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes eine Möglichkeit, die Pendler zusätzlich zu unterstützen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Aus meiner Sicht ist die Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes keine Möglichkeit, eine weitere Entlastung vorzunehmen, denn wenn wir es international vergleichen, dann stellen wir fest, dass das amtliche Kilometergeld beispielsweise in Deutschland deutlich niedriger ist als in Österreich. Insofern haben wir eine sehr günstige Situation.

Wir müssten, wenn wir in diesem Bereich etwas unternähmen, sehr breit in die Fläche gehen. Sie wissen, dass wir Probleme haben, ob es die Frächter betrifft, ob es um Heizkosten geht, bei denen wir auch tatsächlich etwas tun. Im Pendlerbereich und im Kfz-Bereich haben wir versucht, mit der großen Pendlerpauschale dort, wo wir glauben, dass es tatsächlich Härten gibt, die nicht akzeptabel sind, abzufedern.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Dr. André d'Aron, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Dr. André d′Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Ist Ihnen bekannt, dass bei den seinerzeitigen Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP eine Erhöhung der MÖSt geplant war? Was hätte das für den Pendler bedeutet?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es war eine deutliche Erhöhung der Mineralölsteuer vorgesehen. In Diskussion war eine Größenordnung zwischen 1 und 2 S. Das hätte natürlich eine deutliche Belastung der Pendler mit sich gebracht.

Ich bin im Nachhinein gesehen sehr froh, dass wir einen Weg gegangen sind, der nicht die Erhöhung der Mineralölsteuer, sondern jene der motorbezogenen Versicherungssteuer vorsieht, weil wir es damit auch geschafft haben, gerade die Pendler, die jetzt in der Ziehung und die größeren Belastungen ausgesetzt sind, herauszunehmen. Die Belastung trifft nun den, der ein wesentlich größeres Kraftfahrzeug fährt und es sich damit auch leisten kann, einen größeren Beitrag zu leisten. Ich glaube, es war eine sehr richtige Entscheidung, die Mineralölsteuer nicht zu erhöhen.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 1123/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 14

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bu
ndesrat Albrecht Konecny, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1123/M-BR/00

Wie beurteilen Sie als Finanzminister die Situation, dass das von den drei Präsidenten des Nationalrates im Einvernehmen mit dem Präsidium des Bundesrates vorgelegte Sparbudget für Nationalrat und Bundesrat nunmehr durch einen Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen weiter gekürzt werden soll im Hinblick auf die Chancengleichheit zwischen Exekutive und Legislative?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich darf vorausschicken, dass mir der Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen, auf den Sie Bezug nehmen, im Detail nicht bekannt ist, darf aber im Grundsatz feststellen, dass natürlich der von der Bundesregierung in Bezug auf die Zielsetzung von uns allen angestrebte Kurs der Budgetkonsolidierung bis zum Jahr 2002 – keine neuen Schulden mehr, erstmals ausgeglichener Haushalt – für mich auch bedeutet, dass wir in allen öffentlichen Bereichen einzusparen haben. Hier sollte auch die Legislative nicht ausgenommen werden.

Darüber hinaus ist selbstverständlich die Budgethoheit eine Frage des Nationalrates und des Bundesrates, und insofern ist die letzte Entscheidung immer bei der Legislative. Ich sehe also aus meiner Sicht kein Problem einer entsprechenden Chancengleichheit von Exekutive und Legislative, da die Chancen ohnehin so verteilt sind, dass die Legislative das letzte Wort hat.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Ich erspare mir die neuerliche Verlesung meiner Frage. Sie haben sie schlichtweg nicht beantwortet. Vielleicht geht es im zweiten Anlauf.

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Das war zwar keine Frage, die mir gestellt wurde, aber wenn ich auf Ihre Frage, Herr Bundesrat, nochmals repliziere, dann haben Sie mich nach der Beurteilung der Situation hinsichtlich der Chancengleichheit zwischen Exekutive und Legislative gefragt. Ich habe klar zum Ausdruck gebracht, dass diese Vorgangsweise der Regierungsfraktionen aus meiner Sicht nicht nur statthaft, sondern zielführend ist, damit in allen Bereichen der öffentlichen Hand entsprechende Einsparungen stattfinden können. (Bundesrat Konecny: Also das Parlament soll mundtot gemacht werden! Genau das heißt das! – Bundesrat Mag. Gudenus: Jetzt ist er unzufrieden! Zuerst sagt er, die Frage ist nicht beantwortet, und jetzt ist er unzufrieden!)

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Franz Wolfinger, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Steht diese Maßnahme in einem ausgewogenen Verhältnis zu den restlichen Maßnahmen der Bundesregierung?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wenn Sie betrachten, dass wir bis zum Jahr 2002 ein Problem in der Größenordnung von 100 Milliarden Schilling haben, das es zu konsolidieren gilt, dann ist der Beitrag, den die Legislative hiezu leistet, ohnehin sehr bescheiden. Ich denke aber, dass es ein ganz wichtiges Signal an die Bevölkerung, an die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ist. Wenn beispielsweise im Finanzausgleich die Gemeinden, die Städte, die Länder bereit waren, einen Beitrag in


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 15

der Höhe von 29,5 Milliarden Schilling zur Konsolidierung des Haushaltes zu leisten, dann sollten doch auch die Parteien und dann sollte auch dieses Hohe Haus bereit sein, ein Signal zu senden, dass man in der Lage ist, effizienter zu agieren, im eigenen Bereich einzusparen. Ich denke, das ist es, was wir der Bevölkerung schuldig sind.

Präsident Johann Payer: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage, 1118/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Johann Ledolter, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1118/M-BR/00

Welche zukünftigen Privatisierungen sind in nächster Zeit geplant, nachdem die Privatisierung der PSK erfolgreich abgeschlossen worden ist?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Danke für Ihre Bemerkung bezüglich des erfolgreichen Abschlusses der Privatisierung der PSK. Ich sehe das genauso, denn die 17,8 Milliarden Schilling, die wir dafür erreichen konnten, sind ein sehr guter Kaufpreis für diese Bank.

Wir haben an zukünftigen Privatisierungen die Österreichische Staatsdruckerei, die Printmedia AG, die Dorotheums GesmbH, die Flughafen Wien AG, die Austria Tabak AG und die Telekom Austria geplant. Der nächste Schritt, der Ihnen allen sicherlich – auch über die Medien – bekannt ist, ist die Börseneinführung der Telekom Austria AG. Nach einem öffentlichen Angebot im Jahr 2000 läuft das Verfahren nun mit einer Bandbreite des Preises von 9 bis 12 Euro.

Da wir das als Volksaktie angelegt haben – auch mit der Intention, die Aktionärsmentalität unserer Bevölkerung zu verbessern –, hoffe ich sehr, dass damit ein Signal für den Kapitalmarkt in unserem Land gegeben werden kann. Da wir wissen, dass Kapital der Engpassfaktor für das Wachstum von Unternehmen einerseits, die Insolvenzursache für Unternehmen andererseits ist, halte ich es für sehr wichtig, in dieser Situation die Wiener Börse, den Kapitalmarkt zu beleben. Die Telekom Austria und dieses IPO sind ein gutes Instrument hierfür.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Stefan Prähauser, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Was orten Sie bei der Privatisierung der PSK als so besonders erfolgreich über die Budgetmittel, die Sie zusätzlich zur Verfügung haben, hinaus? – Das Personal sieht das naturgemäß ein bisschen anders.

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Zum Ersten ist für mich Privatisierung eine Frage grundsätzlicher industriepolitischer Überzeugung. Ich bin einfach der Meinung, dass private Unternehmer wesentlich besser mit ihrem Eigentum, mit ihren Beteiligungen umgehen können, als das beim Staat der Fall ist.

Wenn wir konkret Banken ansprechen, dann muss man etwa das Beispiel der Bank Burgenland sehen, bei dem wir jetzt schon wissen, dass es ein Obligo von mehr als 4 Milliarden Schilling gibt – in einem Land, das die volle Gewährträgerhaftung dafür übernommen hat, in einer Situation, in der dieses Land ein Budget in der Höhe von etwa 9,5 Milliarden Schilling und dazu eine Finanzschuld von 5, 5,5 Milliarden Schilling hat. Man kann davon ausgehen, dass ein guter Teil dieser Obligi in das Landesbudget zurückfallen und damit wiederum den Steuerzahler tref


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 16

fen wird. Das ist somit der zweitgrößte Bankenskandal, den wir in Österreich in der Geschichte der Zweiten Republik erlebt haben. Er trifft ein kleines, finanzschwaches Land und ist das beste Beispiel, um zu zeigen: Privatisierung in diesen Fragen ist richtig und notwendig, damit wir Wachstumspotenziale, Beschäftigungsimpulse geben können.

Darüber hinaus: Warum ist es ein Erfolg? – Wenn wir in etwa mit 12 Milliarden Schilling als Verkaufserlös rechneten und tatsächlich knappe 18 Milliarden bekommen haben, dann, so glaube ich, ist die Freude gerechtfertigt. 6 Milliarden Schilling mehr in einer Zeit, in der wir sparen müssen, in der wir jeden Schilling brauchen – da freue ich mich wirklich von ganzem Herzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Dr. André d'Aron, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Welche Bestrebungen gibt es im Zusammenhang mit dem Postbusdienst?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Sie kennen die Überlegungen und Diskussionen über den Busdienst im Bereich der ÖBB, über die Busse im Bereich der Post. Es ist zurzeit eine Gesetzesvorlage in Begutachtung, die vorsieht, dass der Postbus von der Post abgespalten wird. Das ist zurzeit eine Tochter der Post. Wir wollen den Busdienst abspalten, wir wollen ihn sozusagen zur Schwester der Post und zu einer Tochter der ÖIAG machen, damit wir auch in diesem Bereich die Privatisierung voranschreiten lassen können, um damit entweder einerseits die Synergien, die zwischen Post und ÖBB vorhanden sind und die man schon immer nutzen wollte, zu nutzen oder eben die Privatisierung als anderen zielführenden Weg zu gehen.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 1121/M, an den Herrn Bundesminister Finanzen. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Christof Neuner, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1121/M-BR/00

Wie würde sich der Zinsendienst bis 2005 voraussichtlich entwickeln, falls durch verschiedene Maßnahmen keine zusätzlichen Kapitaltilgungen vorgenommen werden sollten?

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Werter Herr Bundesrat! Die Bedienung der Bundesschuld beträgt unter der Annahme eines Bundesbudgetabganges 2003 bis 2005 von 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und keinen – wie Sie gefragt haben – sonstigen Maßnahmen zur Reduktion des Schuldenstandes im Jahr 2001 102 Milliarden Schilling, im Jahr 2002 103 Milliarden Schilling, im Jahr 2003 97 Milliarden Schilling, im Jahr 2004 98 Milliarden Schilling und im Jahr 2005 101 Milliarden Schilling.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Welche Maßnahmen zur Entlastung beim Zinsenstand sind geplant?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wir arbeiten an einem Schuldenrückzahlungsprogramm, damit wir diesen Zinsentrend, der in den letzten Jahren immer nach oben geführt hat, stoppen. Wenn Sie die Perspektive sehen, die ich gezeichnet habe, stellen Sie fest, wir schaffen eine Stabilisierung nur deshalb, weil es uns


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 17

gelingt, höher verzinste ältere Schulden in niedriger verzinste neuere Schulden umzuschichten. Aber Ziel muss es natürlich sein, diesen Zinsentrend nach oben zu durchbrechen und zu einer strukturellen Entlastung im Haushalt zu kommen.

Wir sind dabei, zum Beispiel bei den Bundesforsten Privatisierungen vorzunehmen, den österreichischen Bauern und Landwirten die Möglichkeit zum Erwerb zu geben. Das war einmal auch ein Diskussionsthema hier im Bundesrat. Nach dieser Privatisierung wird man statt 81 Prozent privaten Wald- und Forstbesitz 82 Prozent haben. Wir erwarten daraus einen Erlös in der Höhe von 3 Milliarden Schilling.

Wir planen, die Wohnungen, die zum Finanzministerium ressortieren – das sind in etwa 60 000 Wohnungen –, zu verkaufen, zu privatisieren – natürlich unter Wahrung sämtlicher Rechte und stabiler Mietzinse für die Mieter, aber mit einem wesentlichen Verkaufserlös für den Bund.

Wir reformieren weiters die Immobilienbewirtschaftung des Bundes, Bundesimmobiliengesellschaft, die natürlich auch im Bundesrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden wird.

In Summe handelt es sich um ein Programm, mit dem wir planen, bis ins Jahr 2002 die Zinsenlast strukturell und dauerhaft um mindestens 3 Milliarden Schilling nach unten zu drücken. Das ist einfach ganz wesentlich. Wenn zurzeit pro Jahr in etwa 100 Milliarden Schilling Zinsen, in etwa 150 Milliarden Schilling Tilgung, daher 250 Milliarden Schilling an Belastung nur aus Altschulden aufgewendet werden müssen, wenn man überlegt, was damit aktiv gemacht werden könnte – Beispiel: das gesamte Bildungsbudget, also für alle Schulen, Universitäten, Fachhochschulen, macht in etwa 100 Milliarden Schilling aus; da können Sie noch etwas für das Infrastrukturministerium mit Forschung und Entwicklung und Infrastruktur drauflegen, und dann können Sie noch einen größeren Sozialbereich drauflegen –, dann sieht man, wie sehr eigentlich zukünftige Generationen mit diesem Schuldendienst belastet sind. Daher ist es ganz wichtig, dass wir auch in diesem Bereich Signale setzen.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Leopold Steinbichler, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Welche budgetären Maßnahmen sind nach der Erreichung des gesamtstaatlichen Nulldefizits im Jahre 2002 geplant?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat! Ich bedanke mich zum Ersten für den großen zielführenden und berechtigten Optimismus, dass wir im Jahre 2002 tatsächlich einen ausgeglichenen Haushalt haben werden.

Welche Maßnahmen sind danach geplant? – Wir sind natürlich bestrebt, mittelfristig zu planen. Ich bitte um Verständnis, dass ich es nicht im Detail sagen kann, aber wir gehen einen Kurs – er ist in Planung, er trägt eine Handschrift –, die Relationen 2001, 2002 strukturell zu verbessern. Das heißt, wir wollen für Forschung und Entwicklung, für Ausbildung, Weiterbildung in Österreich mehr Geld ausgeben, weil wir wissen, dass wir einen Beitrag zur Restrukturierung unserer Wirtschaft in Richtung New Economy leisten müssen. Wir haben für diesen Zweck von 2000 auf 2001 in etwa 10 Milliarden Schilling mehr im Budget ermöglicht, weil wir wissen, dass das sozusagen das Potenzial der Zukunft ist, dass das die Arbeitsplätze der Zukunft für unsere Jugend von heute sind.

Wir haben beispielsweise im beschäftigungsintensiven Baubereich die Ausgaben von heuer 31 Milliarden Schilling auf 36 Milliarden Schilling im Jahr 2001 erhöhen können und damit auch einen wichtigen Beschäftigungsimpuls ermöglicht.

Sie wissen, wir arbeiten an der Lohnnebenkostensenkung im Jahr 2003. Das konkret auf Ihre Frage, was nach 2002 geschieht. Zielsetzung: Senken um in Summe 15 Milliarden Schilling, weil


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 18

die indirekte Belastung des Faktors Arbeit auch im internationalen Vergleich sehr hoch ist, und zwar zulasten unserer Arbeitnehmer und auch der Unternehmer. Das heißt, hier müssen wir versuchen, wettbewerbsfähig zu werden, was voraussetzt, die Struktur des Haushaltes in vielen Bereichen in einen zukunftsfähigen, in einen aktiven Bereich hineinzubringen. Wir sind auf dem besten Weg dazu.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Stefan Prähauser, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Kann man aus der zinspolitischen Sicht des Jahres 2000 überhaupt verbindliche Prognosen für das Jahr 2005 in der Zinsentwicklung abgeben, zumal Sie jetzt auch dokumentiert haben, dass Sie auf einem Auge, dort nämlich, wo die privaten Bankpleiten sind, anscheinend nicht so hinsehen oder es vielleicht auch gar nicht wissen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Natürlich ist ein Schuldenmanagement auch mittel- und langfristig zu betrachten. Unter den Ausgangspunkten, die man heute international anhand von Prognosen – seien sie vom Wirtschaftsforschungsinstitut ist, vom Institut für Höhere Studien, von der Europäischen Kommission oder vielen anderen internationalen Forschungseinrichtungen – setzen kann, können wir natürlich einen Trend für die nächsten Jahre prognostizieren. Dass wir im Nachhinein gescheiter sein und wissen werden, wie es dann im Detail tatsächlich ausgegangen ist, ist einfach die "Weisheit des Rückblicks". Aber das ist die Prognose, die wir Ihnen heute besten Wissens und Gewissens geben können.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage, 1124/M, an den Herrn Bundesminister, und ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Johanna Schicker, um die Verlesung ihrer Anfrage.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

1124/M-BR/00

Haben Sie am Ministerrat am Dienstag, dem 31. 10. 2000, teilgenommen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Ich habe an der Vorbesprechung zum Ministerrat am 31. 10. dieses Jahres teilgenommen, ich habe allerdings aus terminlichen Gründen an der eigentlichen, offiziellen Ministerratssitzung nicht teilgenommen.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sofern bei dieser Ministerratssitzung das Budgetprogramm besprochen worden sein sollte, gehe ich davon aus, dass es von Ihnen stammt, weshalb Ihre Teilnahme aus diesem Grund nicht nötig war. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Wo war da das Fragezeichen?)

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es stand das Budgetprogramm für die nächsten Jahre auf der Tagesordnung. Wir haben es selbstverständlich in der Vorbesprechung diskutiert. Dieses Budgetprogramm trägt genau die Hand


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 19

schrift der Konsolidierung unseres Haushaltes: 2001, 2002 erstmals keine neuen Schulden mehr. Daher war ich auch nicht sonderlich überrascht, dass es die Zustimmung des Kollegiums gefunden hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit des Bundesrates
Konecny. )

Präsident Johann Payer: Es wäre eine weitere Zusatzfrage von Bundesrat Mag. Strugl vorgesehen gewesen, er ist jedoch krank gemeldet.

Wir gelangen nunmehr zur 6. Anfrage, 1119/M, an den Herrn Bundesminister, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Harald Himmer, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1119/M-BR/00

Welche Maßnahmen treffen Sie, um Härtefälle nach Einführung der Studienbeiträge zu vermeiden?

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wir, Frau Bundesministerin Gehrer und meine Person, haben uns darauf geeinigt, im Studienjahr 2001/2002 zusätzlich 450 Millionen Schilling zur Verfügung zu stellen. In Verbindung damit sollen folgende Begleitmaßnahmen gesetzt werden:

Erstens: Anhebung der Studienförderungsbeträge zur Abdeckung der Ausgaben für die Studienbeiträge.

Zweitens: Ausweitung des Bezieherkreises für Studienförderungen durch Anhebung der Einkommensgrenzen der Eltern.

Drittens: Anhebung der Zuverdienstmöglichkeiten für Studierende, ohne dass dadurch die Studienbeihilfe beziehungsweise die Familienbeihilfe verloren gehen soll.

Viertens: Schaffung einer Studenten-Service-Card, über die es begünstigte Darlehen für Studierende zur Abdeckung der Studiengebühren geben soll.

Fünftens: Verlängerung der Anspruchsberechtigung für Studienabschlussstipendien für Berufstätige.

Sechstens: Die Ausgaben für Leistungsstipendien werden stark angehoben.

In Summe machen diese Maßnahmen 450 Millionen Schilling mehr aus.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Mag. Himmer.

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Herr Bundesminister! Es gibt das Zukunftsprogramm "Modern studieren und forschen". Welche Akzente sollen im Rahmen dieses Programmes gesetzt werden?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Wir haben die Einführung der Studienbeiträge immer als eine Gesamtreform des Hochschulwesens betrachtet, und genau das steht hinter dem Zukunftsprogramm "Modern studieren und forschen". Das heißt, dass nicht nur die Einführung der Studienbeiträge Bestandteil unseres Plans ist, sondern auch die Schaffung der Vollrechtsfähigkeit der Universitäten. Es soll auch ein neues Dienstrecht geben. Die Zielsetzung ist die Abschaffung der Pragmatisierung bei den Professoren und bei den Assis


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 20

tenten. Wir haben beschlossen, eine Standortbereinigung vorzunehmen und eine Organisationsreform durchzuführen.

Wir haben zusätzlich eine "Universitäts-Milliarde" ins Leben gerufen, die aus den Studienbeiträgen finanziert werden soll. Somit geht dieses Geld an die Universitäten zurück. Wir alle sind natürlich dafür, den Studenten das bestmögliche Angebot zur Verfügung zu stellen und selbstverständlich möglich zu machen, dass sie zu den vorgesehenen Prüfungsterminen auch antreten können und so in die Lage versetzt werden, in möglichst kurzer Zeit ihr Studium zu absolvieren.

Wenn man bedenkt – wie OECD-Vergleiche zeigen –, dass in Österreich die Längststudierenden im Durchschnitt nach 7,3 Jahren ihr Studium schaffen, während es in der OECD im Durchschnitt 4,3 Jahre sind, und wenn man weiß, dass an unseren Universitäten, vor allem in Wien, oft mehr als 1000 Studenten in einem Hörsaal sitzen, und wenn man sieht, dass zurzeit das Angebot für die Studenten nicht entsprechend attraktiv ist, dann glaube ich, dass es höchst an der Zeit ist, eine grundlegende Universitätsreform anzugehen und durchzuführen, und zwar mit der Zielsetzung, das, was die Zukunft dieses Landes ist, möglichst schnell und mit möglichst hoher Qualifikation in das Arbeitsleben integrieren zu können. Wann sollen wir es sonst tun, wenn nicht jetzt? – Deswegen stehe ich voll und ganz dahinter und freue mich, dass wir diese Gesamtreform angegangen sind.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk um ihre Zusatzfrage.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Minister! Glauben Sie, dass der finanzielle Numerus clausus, den die Studiengebühren zweifelsohne darstellen, erstens eine Verbesserung der Ausbildung zum Akademiker beziehungsweise eine Verbesserung der akademischen Qualität in Österreich darstellt und zweitens den Zugang von Studierenden, weiblich wie männlich, erhöhen wird? – Wir wissen nämlich, dass Österreich eine erhöhte Quote von akademisch ausgebildeten Menschen braucht.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Ich darf ein bisschen ausholen: Wir standen vor der Situation, dass die Arbeitsgruppe, die rund um Professor Mazal unter Beiziehung namhafter Sozialexperten dieses Landes zur Erarbeitung von Maßnahmen zur sozialen Treffsicherheit eingerichtet war, vorgeschlagen hat, die Familienbeihilfe für Studierende zu kürzen. Das hätte Einschnitte bis zu 30 000 S pro Jahr bedeutet.

Wir haben einen Weg vorgezogen, bei dem wir überzeugt sind, dass er ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und zur Leistungssteigerung unserer Universitäten ist. Ich sehe den Numerus clausus, den Sie ansprechen, ganz ehrlich nicht. Er kommt in den Neuinskriptionen an den Universitäten im heurigen Jahr auch nicht zum Ausdruck. Ein Beispiel: An der Universität Wien gibt es um 1 500 Inskriptionen mehr, als es im Vorjahr der Fall war.

Ich sehe es – ich sage es noch einmal – als eine notwendige Reform, denn wir wissen eines: So, wie unser Universitätssystem heute ausgelegt ist, funktioniert es nicht für die Studierenden in unserem Land. 43 Prozent der Studenten haben im letzten Jahr keine Prüfung gemacht und auch keine Übung besucht. 7,3 Jahre braucht man in Österreich, um ein Studium zu absolvieren, 4,3 Jahre braucht man in der OECD, und zwar im Durchschnitt der 28 entwickelten Industrienationen gesehen.

Wir kennen das Angebot, das wir alle zu Recht kritisieren. Ich bin dagegen, wenn Studenten keine Laborplätze bekommen, ich bin dagegen, wenn sie keine Prüfungstermine bekommen, ich bin dagegen, dass es keine entsprechenden Auflagen und Qualitätskontrollen, und zwar auch für Professoren, gibt. Ob ein Professor außerordentliche Leistungen erbringt, ob er im Umgang mit seinen Studenten und in der Vermittlung der Lehrinhalte besonders qualifiziert ist, spielt in Österreich bei der Honorierung der Leistungen der Professoren keine Rolle.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 21

Ich meine daher, dass man gerade in einer solchen Situation, in welcher man weiß, dass das System, wie es jetzt dasteht, nicht funktioniert, zu reformieren beginnen muss.

Nochmals: Ich sehe es als Gesamtsystemreform, die folgende Punkte zum Inhalt hat: Autonomie der Universitäten, neues Dienstrecht, Organisationsreform, Universitätsmilliarde, Studienbeiträge. Dabei kommt auch zum Ausdruck, dass ein Studium, das die Karriere der Zukunft, ja hoffentlich die bestmögliche Entwicklung im Berufsleben überhaupt ermöglichen soll, nicht umsonst sein soll.

Es sei mir erlaubt, einen Vergleich mit Kosten für einen Kindergartenplatz in Wien anzustellen: Sozialtarif für eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind: 1 500 S im Monat. Wir verlangen von den Studenten einen Beitrag in der Höhe von 833 S im Monat – und das in einer Situation, in welcher mehr als 40 Prozent aller Studierenden in Österreich gefördert werden, und zwar entweder in Form der Familienbeihilfe oder durch ein Leistungsstipendium oder durch ein Sozialstipendium. Da kann man, meine Damen und Herren, nur sagen: Eine solche Reform ist notwendig und richtig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Thomas Ram, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Geschätzter Herr Minister! Sie haben erwähnt, dass Überlegungen bezüglich Änderung der Familienbeihilfe für Studierende angestellt wurden. Sind seitens Ihres Ministeriums tatsächlich Änderungen in dieser Hinsicht in nächster Zeit geplant?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Es sind betreffend die Familienbeihilfe für Studierende keine Veränderungen geplant; ich habe auf die diesbezügliche Diskussion und auf den Mazal-Bericht zur sozialen Treffsicherheit hingewiesen. Österreich ist eines der ganz wenigen Länder in Europa – ich glaube, es gibt noch eines –, das Familienbeihilfe für Studenten überhaupt ausbezahlt. Das ist eine ganz wesentliche Sozialleistung, die es in anderen Ländern nicht gibt. Außerdem haben in Europa nur Griechenland, Dänemark, Schweden und Finnland keine Studiengebühren. Insofern haben wir in Österreich, so meine ich, eine Situation, von der man sagen kann: Wir unterstützen diejenigen, die es sich nicht leisten könnten zu studieren. Jedem soll es ermöglicht werden, tatsächlich zu studieren, und daher wird es auch bei der Familienbeihilfe für Studierende keine Veränderungen geben.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 7. Anfrage, 1125/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen. Ich bitte den Anfragesteller, Herr Bundesrat Johann Kraml, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1125/M-BR/00

Durch welche Maßnahmen im Rahmen der heuer bereits beschlossenen beziehungsweise geplanten Belastungspakete werden Einkommensbezieher mit einem monatlichen Bruttoeinkommen bis zu 30 000 S belastet?

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr verehrter Herr Bundesrat! Grundsätzlich darf ich einmal bemerken, dass Bezieher von Einkommen bis zu 30 000 S brutto im Monat einkommenssteuerlich nicht belastet sind. Das sind 75 Prozent der Erwerbstätigen in Österreich. Ich darf ebenso bemerken, dass Pensionisten, die unter 20 000 S brutto im Monat haben, einkommenssteuerlich nicht belastet sind. Das sind 75 Prozent aller Pensionisten in Österreich. Ich gebe Ihnen aber natürlich Recht, wenn Sie jene Maßnahmen ansprechen, die wir im Frühjahr dieses Jahres beschlossen haben, wie zum Beispiel Tabakabgabe, motorbezogene Versicherungssteuer, Energieabgabe und so weiter. Sie können die Liste sicherlich noch


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 22

fortsetzen. (Bundesrätin Fuchs: Lange Liste!) Im Rahmen dieses Maßnahmenpakets leistet die Bevölkerung entsprechende Beiträge, wobei wir eine ganz wichtige Zielsetzung verfolgt haben, die gelautet hat: Wer mehr verdient, wer vermögender ist, soll auch mehr zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes beitragen!

Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Situation des Jahres 1999, als es die alte Bundesregierung gab, mit der Situation des Jahres 2001 vergleichen, dann können Sie Folgendes erkennen: Das untere Einkommensdrittel in Österreich wird im Jahr 2001 – vorausgesetzt, dass alle Maßnahmen greifen, die wir zur Konsolidierung beschlossen haben – um 5,5 Milliarden Schilling mehr an Kaufkraft zur Verfügung haben, als es im Jahr 1999 hatte. Ich meine, 5,5 Milliarden Schilling mehr sind in einer Zeit, in der man konsolidiert, in der man einspart, doch ein sehr deutlicher Beweis dafür, dass es dieser Bundesregierung darum geht, gerade im sozial schwächeren Bereich zu unterstützen. Ich bin stolz darauf, dass uns das gelungen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sie haben die sozial Schwächeren angesprochen. Eine der geplanten Belastungen ist die stärkere Besteuerung der Gelder aus dem Insolvenz-Entgeltsicherungsfonds. Zuerst verliert die Arbeiterin beziehungsweise der Arbeiter die Arbeit, und dann nimmt sich der Staat auch noch von dem, was er/sie bekommt, mehr Geld. Finden Sie das gerecht, Herr Bundesminister?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat! Ganz offen gestanden kann ich mit Ihrer Frage insofern nicht sehr viel anfangen, als ich die Auswirkung, die Sie schildern, nämlich die Besteuerung von Geldern aus dem Insolvenz-Entgeltsicherungsfonds, nicht so sehe, wie Sie sie beschrieben haben. Ich glaube, dass man Vergleiche anstellen muss, insbesondere wenn es um die sozial Schwachen geht. Die Armutsbekämpfung war auch Thema im gestrigen Budgetausschuss.

Ich darf dazu ein Beispiel bringen: Die aktive Arbeitsmarktförderung in Österreich hat im letzten Jahr etwas mehr als 8 Milliarden Schilling betragen. Der Erfolg im Jahr 1999 betrug 9 Milliarden Schilling. Wir erhöhen das im nächsten Jahr auf über 10 Milliarden Schilling, weil es uns ein Anliegen ist, die Menschen in unserem Land in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir haben, so glaube ich, einen sehr großen Erfolg damit. Das zeigt auch die Arbeitslosenrate von September 2000, die 3,1 Prozent betrug. Sie ist für heuer im Gesamtjahresdurchschnitt mit 3,5 Prozent prognostiziert. Wir nehmen diesbezüglich den drittbesten Platz in Europa ein, sind im Jugendarbeitslosenbereich die Besten in Europa, also Österreich hat die wenigsten arbeitslosen Jugendlichen. Diese sehr gute Situation zeigt, dass uns die Integration auf dem Arbeitsmarkt und die Absicherung der Armutsgefährdeten und der sozial Schwachen wichtig ist.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Christoph Hagen, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie hoch wurden bei den vergangenen Sparpaketen der Jahre 1996 und 1997 durch die SPÖ-ÖVP-Regierung diese Einkommensgruppen belastet?

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Das Konsolidierungsprogramm der Jahre 1996 und 1997 betrug für den Bund in etwa 100 Milliarden Schilling und für den gesamten Staatssektor zirka 113 Milliarden Schilling. Auf der Ausgabenseite brachten die Einsparungen in etwa 66,7 Milliarden Schilling oder 60 Prozent des Gesamtpakets. Einnahmenseitig – in Form von Steuern – betrugen die Mehreinnahmen im Jahr 1997 46,7 Milliarden Schilling – mit dem Nachteil im Vergleich zu unserem Paket, dass auch jeder, der unter 30 000 S brutto verdient hat, also auch jemand, der 15 000 S, 16 000 S,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 23

17 000 S oder 20 000 S brutto verdient hat, in die Pflicht genommen wurde und seinen Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen leisten musste. Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, 75 Prozent der Erwerbstätigen und 75 Prozent der Pensionisten von der Konsolidierung einkommensteuerlich auszuschließen.

Meine Damen und Herren! Auch wenn es wenig geglaubt wird, weil es gewissermaßen durch eine intensive politische Diskussion ein subjektives Belastungsgefühl in Österreich gibt, was verständlich ist, darf ich Ihnen, weil ich meine, dass in letzter Konsequenz wir alle für den Wohlstand und für den Lebensstandard der österreichischen Staatsbürger verpflichtet sind, einen Vergleich 1999, alte Bundesregierung, 2001, neue Bundesregierung, bringen. Bei Wirksamkeit aller Maßnahmen, die gesetzt sind, hat im Jahr 2001 eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern unter 10 Jahren, die 17 000 S brutto im Monat verdient, im Vergleich zum Jahr 1999 um 7 615 S netto mehr in der Brieftasche. (Bundesrätin Schicker: Das war unser Familienpaket! Bleiben wir bei der Wahrheit! Damals haben Sie nicht zugestimmt!)

Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Ich habe für diese Bundesregierung nie in Anspruch genommen, dass sie die Steuerreform 2000 und das Familienpaket 2000 beschlossen hat. Ich habe das mehrfach im Nationalrat und auch im Budgetausschuss gesagt. Aber wichtig ist am Ende des Tages, was für die Bevölkerung unter dem Strich übrig bleibt, und da können wir alle froh sein, wenn es gelingt, dass dieser Betrag höher ist.

Ein zweites Beispiel: ein Haushalt mit zwei Verdienern, der Mann verdient 26 000 S brutto, die Frau verdient 18 000 S verdient, sie haben ein Kind unter 10 Jahren. Im Vergleich zum Jahr 1999 wird diese Familie im Jahr 2001 um 6 320 S netto mehr in der Brieftasche haben. Dieser Umstand ist Ausdruck der sozialen Handschrift dieser Bundesregierung, und er zeigt, dass es gelungen ist, in den Bereichen, in denen weniger verdient wird, in denen Belastungen vorhanden sind, mehr an Kaufkraft möglich zu machen, und zwar trotz Konsolidierung des Haushaltes. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben es bereits erwähnt: Die unterste Einkommensschicht wird trotz Sanierungspaket mit plus 5,5 Milliarden Schilling in Summe aussteigen. Sie haben dargestellt, wie es bei mittleren Einkommensschichten auf Grund des Familienpakets einkommensmäßig aussehen wird. Meine Zusatzfrage: Haben Sie auch ein Fallbeispiel für die Situation von Besserverdienenden, wie es bei diesen aussehen wird, beispielsweise bei Beziehern von 40 000 S brutto Monatseinkommen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich habe jetzt kein Beispiel für die Situation der Bezieher von 40 000 S brutto im Monat, aber ich kann Ihnen ein solches selbstverständlich schriftlich zur Verfügung stellen.

Man wird sehr klar sehen, dass, je höher das Einkommen ist, desto größer der Beitrag des Einzelnen ausfallen wird. Dabei gibt es, ganz offen gesagt, eine Begrenzung insofern im oberen Bereich, als es dort, wo die steuerlichen Vorteile wegfallen, keinen Beitrag mehr gibt. Wir haben versucht, einen Weg zu gehen, bei dem wir gesagt haben, wir nehmen die Absetzbeträge zurück, wir schleifen steuerliche Ausnahmebestimmungen ein, sodass es natürlich dort, wo es diese Vorteile überhaupt nicht mehr gibt, auch keinen Beitrag gibt und auch nicht geben kann. Das heißt, die Belastung fällt für die Bezieher von Einkommen in der Höhe bis zu 50 000 S brutto im Monat relativ gesehen am stärksten aus. Also zwischen 30 000 S brutto und 50 000 S brutto im Monat gibt es die höchsten Beiträge.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage, 1120/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 24

Bundesrätin Ilse Giesinger, um die Verlesung ihrer Anfrage.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1120/M-BR/00

Deckt sich die Meinung des Professors Felderer, dem Leiter des Institutes für Höhere Studien, der in einem "Kurier"-Artikel vom 21. Oktober 2000 zum Schluss kommt, dass das Sparpaket hauptsächlich mittlere und hohe Einkommen betrifft, auch mit Ihrer Meinung?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! In diesem Punkt bin wieder gut vorbereitet. Sie haben den Artikel des Professors Felderer erwähnt, der tatsächlich sagt, dass das Sparpaket mittlere und hohe Einkommen trifft. Ich denke, dass meine Aussagen von vorhin sehr klar gezeigt haben, dass ich mich voll und ganz damit identifiziere. Das war die Zielsetzung dieser Bundesregierung, das wird mit diesem Paket erreicht. Beispiele dafür habe ich angeführt.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Können Sie vielleicht noch genauer erläutern, welche Bevölkerungsgruppen in welchem Ausmaß zum Konsolidierungsbedarf für das Budget 2002 beitragen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrätin! Von den 100 Milliarden Schilling an Konsolidierungsnotwendigkeit für das Jahr 2002 entfallen mehr als die Hälfte, und zwar rund 53,6 Milliarden Schilling, auf Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung. Wir konnten im Finanzausgleich mit den Ländern, den Städten und den Gemeinden einen Beitrag in der Höhe von 29,5 Milliarden Schilling ausverhandeln. Wir haben im Bundesbereich durch eine Reform der Bundesverwaltung 10 Milliarden Schilling an Einsparung für das Jahr 2002 erreicht. Wir haben auch in anderen öffentlichen Unternehmungen klare Einsparungsziele. Wir haben mit den Ländern auch eine Reform der öffentlichen Verwaltung in der Größenordnung von 3,5 Milliarden Schilling vereinbart. In Summe macht das 53,6 Milliarden Schilling im öffentlichen Bereich aus.

Die Erwerbstätigen in Österreich sind mit rund 13,2 Milliarden Schilling betroffen, die privaten Haushalte mit rund 4,5 Milliarden Schilling, die Pensionisten mit rund 5,3 Milliarden Schilling, die Unternehmer mit 14,3 Milliarden Schilling, die Stiftungen mit 2,2 Milliarden Schilling. Durch die Anhebung des Pensionsantrittsalters – Teil der Pensionsreform, die auch im Bundesrat beschlossen worden ist – erspart sich der Bund im Jahr 2002 zirka 7,5 Milliarden Schilling. Auch im Bereich der Landwirtschaft gibt es insofern einen Konsolidierungsbeitrag, als die Pauschalierungssätze angehoben werden und das, was im Regierungsübereinkommen festgehalten ist, nämlich die Absenkung bei den Betriebsmitteln, die Senkung der Dieselpreise, nicht kommt.

Man sieht, so denke ich, sehr schön, dass den Hauptteil des Konsolidierungsbedarfs die öffentliche Hand trägt. Wir meinen nämlich, dass die Bevölkerung ein Recht darauf hat, dass die öffentliche Verwaltung in Österreich, die doch ein sehr großes Ausmaß annimmt, reformiert wird, dass man vom Hoheitsstaat zu einem Servicestaat, zu einer Orientierung in Richtung Dienstleistung kommt, und insofern war es eine klare Zielsetzung, hauptsächlich im öffentlich Bereich zu konsolidieren.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! In Anbetracht der Betroffenheit der Menschen – nicht der Institutionen – durch die Maßnahmen in Bezug auf deren Einkommenssituation frage ich Sie, ob Sie bereit und auch willens sind, einerseits alle Neue


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 25

rungen im Bereich der Abgaben, der Steuern und der Gebühren zu benennen und andererseits die exakten Ergebnisse Ihrer Studien im Hinblick auf die armutsgefährdeten Menschen in Österreich zu nennen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Ich fühle mich an unsere Diskussionen im Kärntner Landtag zurückerinnert (Heiterkeit), und zwar deshalb, weil die Frau Bundesrätin dort auch immer sehr ins Detail gegangen ist und sehr umfassende Antworten wollte.

Ich kann Ihnen die Auskunft selbstverständlich schriftlich geben. Das ist auch Bestandteil der Budgetbegleitgesetze und des Bundesfinanzgesetzes 2000 – Unterlagen, die ich Ihnen sehr gerne zur Verfügung stelle.

Wie Sie wissen werden, haben wir am Dienstag dieser Woche begonnen, Budgetbegleitgesetze zu diskutieren. Das Bundesfinanzgesetz 2000 war am Mittwoch an der Reihe. Es ist ein paar hundert Seiten dick. Insofern bitte ich um Verständnis, dass meine Antwort auf Ihre Frage die heutige Fragestunde sprengen würde. Aber Sie können alle Informationen betreffend die Maßnahmen und die soziale Auswirkung derselben im Detail haben.

Besonders interessant ist beispielsweise Folgendes: Es wurde bisher behauptet, dass die Abgaben- und Steuerquote in Österreich um 1,3 Prozent steigt. Das ist die Wifo-Prognose. Wir haben vor einigen Tage die jüngste Schätzung der Kommission der Europäischen Union bekommen: Während es im Jahre 1999 eine Steuerquote von 44,9 Prozent gab, wird die Abgaben- und Steuerquote bis zum Jahre 2002 auf 44,7 Prozent sinken.

Das heißt, durch diese neue Bundesregierung wird – ich bin sehr froh darüber – die Abgaben- und Steuerquote nicht erhöht. Das ist dokumentiert durch eine Berechnung der Kommission der Europäischen Union. Natürlich könnte sie stärker sinken. Ich bin aber froh, dass sie – entgegen den bisherigen Meldungen – überhaupt sinkt. Wir werden natürlich versuchen, nach der Sanierung des Bundeshaushaltes – wir haben immer gesagt: Sanierung erster Teil, dann soll eine Perspektive kommen – weiter zu entlasten; das wird die Herausforderung sein.

Jetzt, in den kommenden zwei, drei Jahren, wollen wir in Österreich strukturell so viel verändern, dass wir für eine größere Steuerreform Spielraum gewinnen, um damit unsere gemeinsame Zielsetzung, vor allem den sozial Schwachen – eine Million Menschen leben an der Armutsgrenze, wie wir alle wissen – Unterstützung zu geben. Ich habe vorhin die Beiträge zur aktiven Arbeitsmarktförderung genannt. Das ist ein wesentlicher Punkt, um auch in diesem Bereich zu unterstützen. Die Behinderten-Milliarde, die ins Leben gerufen wird, um besonders sozial Schwache zu unterstützen, ist ein zweiter wesentlicher Punkt.

Ich denke, man sieht durchaus, dass wir in dieser Frage offensichtlich eine über alle Parteien hinweg gehende gemeinsame Zielsetzung angehen. Ob es aus Ihrer Sicht reicht, was wir tun, das steht immer zur Diskussion, selbstverständlich.

Präsident Johann Payer: Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Wie wird gespart, eher ausgaben- oder einnahmenlastig?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Wir haben uns selbstverständlich bemüht, vor allem auf der Ausgabenseite einzusparen. Ich habe schon in einer meiner Anworten gesagt, dass wir versucht haben, gerade im öffentlichen Bereich besonders stark zu konsolidieren. Wir erreichen für das Jahr 2001 eine Relation von etwa 60 Prozent auf der Ausgabenseite und 40 Prozent auf der Einnahmenseite, können das steigern, weil dann die Maßnahmen besser greifen werden, und werden im Jahr 2002 auf


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 26

bereits knapp 70 Prozent auf der Ausgabenseite und auf 30 Prozent auf der Einnahmenseite kommen.

So hat gestern beispielsweise Professor Kofler von der Universität Klagenfurt im Hearing des Budgetausschusses bestätigt, dass es eine außerordentlich hohe Qualität gibt, was dieses Konsolidierungspaket betrifft, eine außerordentlich hohe Konsolidierungsqualität insofern, als liquiditätsmäßig eben relativ wenige in Österreich von den Sanierungsmaßnahmen betroffen sind. Das war ein wichtiger Punkt, den wir zu erreichen versucht haben.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 27

Präsident Johann Payer:
Wir gelangen nunmehr zur 9. Anfrage, 1122/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Wilhelm Grissemann, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1122/M-BR/00

In welcher Dimension planen Sie die verstärkte Einbringung der Abgabenrückstände in nächster Zeit?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Der realistisch einbringbare Abgabenrückstand beläuft sich derzeit auf Grund der Auswertung in einer Schichtenanalyse auf zirka 7 Milliarden bis 8 Milliarden Schilling.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Herr Bundesminister! Welche Aktivitäten setzt die EU, um die immer wieder auftretenden Malversationen auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer zu bekämpfen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich denke, dass das ein ganz wesentlicher Punkt ist, bei dem man weiß, dass in jedem Land sehr viel Geld durch durchaus systematischen Betrug im Umsatzsteuer- und Vorsteuerbereich verloren geht. Wir führen eine sehr intensive Diskussion im ECOFIN-Rat darüber, wie wir das verhindern können. Ich sage ganz offen: Wir sind leider nicht einer Meinung, wie das geschehen soll. Es gibt unterschiedliche Strömungen bei der Lösung dieses Problems. Die Belgier beispielsweise stehen für einen Kurs, bei dem man erst dann den Vorsteuerabzug zulässt, wenn man sichergestellt hat, dass das Unternehmen die Umsatzsteuer bezahlt hat. Das ist aber in der Kontrolle und in der Bürokratie absolut nicht vollziehbar. Das würde den Verwaltungsapparat völlig überfordern.

Wir gehen einen Weg, auf dem wir die Mehrphasigkeit der Umsatzsteuer abschaffen und zu einem einphasigen System übergehen wollen. Das heißt, so wie auch heute der Letztverbraucher in Wirklichkeit die Umsatzsteuer bezahlt, soll er es auch in Zukunft tun, aber man vermeidet die Zwischenverrechnungen auf den verschiedenen Stufen.

Ich hoffe, dass wir uns durchsetzen können, damit man möglichst rasch zu einem überprüfbaren, transparenten System kommt, dass dann den Umsatzsteuermissbrauch vermeiden kann.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Hans Ager, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Herr Bundesminister! Welche steuerlichen Maßnahmen sind in Hinkunft geplant, um die Entstehung von Abgabenrückständen zu vermeiden?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wir planen mehrere Dinge. Ein Punkt ist auch in den Budgetbegleitgesetzen enthalten, nämlich die Einführung einer Anspruchsverzinsung auf Rückstände, aber auch auf Guthaben. Das heißt, wer etwas schuldig ist, soll einen entsprechenden Zinssatz zahlen, wie es auch im Wirtschaftsverkehr üblich ist. Wer ein Guthaben hat, soll es auch verzinst bekommen. Das ist ein wesentlicher Punkt, bei dem wir hoffen, dass die systematische Verzögerung verhindert werden kann. Es gibt Spitzenverschiebungen von in etwa 800 Tagen. Das heißt, es werden Steuern, die für ein Jahr geleistet werden müssen, 800 Tage später gezahlt. Das kommt vor allem im Großkonzernbereich vor, in dem man die Vorauszahlungen herabgesetzt hat und sich dann über eine riesige Nachzahlung besonders lange danach einen sehr deutlichen Zinsvorteil herausgeholt hat.

Im organisatorischen Bereich planen wir, den damit befassten Mitarbeiterstand deutlich aufzustocken. Es soll die Einhebungstätigkeit nicht mehr ausschließlich von den bisherigen Vollstreckern, sondern auch von Außendienstmitarbeitern der Finanzverwaltung durchgeführt werden. Schließlich versuchen wir, was den Gesamtablauf der Einbringungstätigkeit der Finanzämter betrifft, nach den Empfehlungen einer Arbeitsgruppe, die von mir eingesetzt worden ist, nun das so umzustrukturieren, dass das Entstehen von Rückständen, insbesondere aus Selbstbemessungsabgaben wie eben Umsatzsteuer, wie Lohnsteuer, über einen EDV-Mechanismus wesentlich effizienter in den Griff bekommen werden kann, sprich unterbunden werden kann, als das bisher der Fall war.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Herbert Thumpser, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage betrifft die Organisation der Einbringung der Abgabenrückstände. Sehen Sie die Reduzierung des Personalstandes einiger Finanzämter auf zwei Mitarbeiter, wie beispielsweise im Bezirk Lilienfeld, wie es Ihr Staatssekretär in der Öffentlichkeit schon gesagt hat, als zielführende Maßnahme, um die Abgabenrückstände entsprechend einzubringen?

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich glaube, das eine muss man vom anderen trennen. Wir verfolgen eine Grundsatzlinie, die heißt, wir vervielfachen die Zahl der Mitarbeiter in diesem Bereich, um sozusagen auch von der Zahl der Mitarbeiter das Problem der Einhebung, der Einbringung besser in den Griff zu bekommen. Nicht mehr nur Vollstrecker, sondern auch Außendienstmitarbeiter werden zuständig sein.

Ich denke, dass man darüber hinaus natürlich auch eines sehen muss: Wir haben – sowohl Exekutive als auch Legislative – einen Kreislauf ins Leben gerufen, der heißt, wir beschließen immer mehr Gesetze, und die Mitarbeiter, die Sie angesprochen haben, müssen diese Gesetze vollziehen. Wir haben gleichzeitig seit vielen Jahren in Österreich eine Bewegung, die heißt, man besetzt in keinem Bereich, in dem es zu Abgängen kommt, nach oder nur ganz selten nach, und dadurch kommt es zu diesen Ausprägungen: dass es nämlich nur zwei Mitarbeiter für ein Finanzamt gibt.

Ich denke, das ist Auftrag für uns – das haben wir zusammen mit der Personalvertretung, mit einem außenstehenden Berater, von McKinsey, auch eingerichtet –, eine grundlegendere Reform der Finanzverwaltung anzugehen, mit der Zielsetzung, möglichst effizient, möglichst effektiv die entsprechenden Aufgaben, nämlich den Vollzug der Steuergesetze, sicherzustellen. Ich denke, dass wir diesen Reformbedarf mit den Mitarbeitern in großer Transparenz im Wege der Kommunikation und Information sehr gut bewältigen können.

Präsident Johann Payer: Danke, Herr Bundesminister.

Die Fragestunde ist beendet.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 28

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Johann Payer: Eingelangt ist ein Schreiben des Herrn Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl und Ernennung von Mag. Herbert Haupt zum Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen.

Ich ersuche die Schriftführerin um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Hedda Kainz: "Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 24. Oktober 2000, Zl. 300.000/6-BEV/2000, über meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl vom Amt entbunden hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz Herrn Mag. Herbert Haupt zum Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen ernannt."

Präsident Johann Payer: Dient zur Kenntnis.

Eingelangt ist ferner ein Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Ministervertretung.

Ich ersuche die Schriftführerin um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Hedda Kainz: "Der Herr Bundespräsident hat am 3. November 2000, Zl. 300.100/58-BEV/2000, folgende Entschließung gefasst:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung der Bundesministern für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner am 6. und 7. November den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein und am 8. und 9. November 2000 den Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner mit der Vertretung."

Präsident Johann Payer: Dient ebenfalls zur Kenntnis.

Eingelangt sind weiters zwei Anfragebeantwortungen, 1599/AB und 1600/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden. Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt ist auch ein Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen.

Gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz unterliegt dieser Beschluss nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates. Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung des vorliegenden Beschlusses durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind ferner jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Ich habe diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über die bereits früher eingelangten und zugewiesenen Berichte abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte hierüber erstattet.

Ich habe alle diese Vorlagen sowie die Wahl von zwei Ordnern für den Rest des zweiten Halbjahres 2000 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Johann Payer: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 3 und 4, 8 bis 14, 16 bis 19 sowie 20 bis 24 der Tagesordnung jeweils unter einem abzuführen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 29

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Ergänzung der Tagesordnung gemäß § 41 Abs. 3

Präsident Johann Payer: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, schlage ich vor, die Tagesordnung um die "Wahl von zwei Ordnern für den Rest des zweiten Halbjahres 2000" zu ergänzen und diesen Tagesordnungspunkt als letzten der vorgesehenen Tagesordnung, somit als Punkt 25, zu behandeln.

Die Wahl von zwei Ordnern ist aufgrund des durch die Steiermärkische Landtagswahl bedingten Ausscheidens beziehungsweise die Wiederwahl der bisher gewählten Ordner erforderlich geworden.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die sich für die Ergänzung der Tagesordnung in der von mir vorgeschlagenen Weise aussprechen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit, das heißt mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Die Wahl von zwei Ordnern wird somit den 25. Punkt der Tagesordnung bilden.

Ankündigung einer Erklärung durch Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner zu aktuellen Fragen der Außenpolitik

Präsident Johann Payer: Weiters gebe ich bekannt, dass die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner gemäß § 38 Abs. 3 Geschäftsordnung des Bundesrates um 15 Uhr eine Erklärung zu aktuellen Fragen der Außenpolitik abgeben wird.

Ich werde daher zu diesem Zeitpunkt die Verhandlungen zur Tagesordnung zur Abgabe der Erklärung der Frau Bundesministerin unterbrechen.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Präsident Johann Payer: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich noch bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und GenossInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid betreffend Handlungsunfähigkeit seines Ressorts vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

  1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über den Umweltsenat (USG 2000) erlassen wird (280 und 333/NR sowie 6223/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über den Umweltsenat (USG 2000) erlassen wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Georg Keuschnigg übernommen. Ich bitte um den Bericht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 30

Berichterstatter Georg Keuschnigg:
Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf Ihnen folgenden Bericht zur Kenntnis bringen:

Das Umweltsenatsgesetz wurde bis zum 31. Dezember 2000 befristet erlassen. Somit ist ab 1. Jänner 2001 in Verfahren nach dem zweiten Abschnitt des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes nach der Entscheidung der Landesregierung als UVP-Behörde kein weiterer Instanzenzug möglich. Damit entscheidet auch kein unabhängiges Tribunal im Sinne des Artikels 6 EMRK in UVP-Angelegenheiten. Die Belastung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts würde noch weiter verstärkt und die Verfahrensdauer beim investitionsintensiven Anlagenrecht weiter verlängert. Um die in Diskussion stehende Landesverwaltungsgerichtsbarkeit nicht vorwegzunehmen, wurde der Umweltsenat im Jahre 1993 befristet eingerichtet. Bis zur Verwirklichung dieses Vorhabens soll der Fortbestand des Umweltsenates als inzwischen bewährte UVP-Behörde zweiter Instanz gesichert werden.

Der Umweltsenat soll als UVP-Behörde zweiter Instanz weiter bestehen bleiben. Mit der Neuerlassung des USG wird das in der bisherigen Vollzugspraxis des Umweltsenates bewährte Modell von nebenberuflich tätigen Mitgliedern weitergeführt. Um die personellen Ressourcen zu optimieren, sollen die Ersatzmitglieder zu ordentlichen Mitgliedern bestellt werden.

Da die im Artikel 1 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltene Verfassungsbestimmung die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung einschränkt, bedarf diese der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. Ich erteile ihm dieses.

10.09

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Inhalt des uns zur Beschlussfassung vorliegenden Bundesgesetzes ist die weitere Aufrechterhaltung eines unabhängigen Umweltsenates. Wie wir alle wissen, kannte man die Form des Senates schon im alten Rom. Senatoren finden wir nicht nur im alten Rom, sondern heute auch in Teilen der westlichen Welt, unter anderem auch in den USA.

Warum spreche ich das an? – Einige Kollegen von der christdemokratischen Fraktion und ich haben am Allerseelentag eine Fahrt – wohlgemerkt auf eigene Kosten! – über Einladung des Vatikans und der römischen Regierung nach Rom gemacht und konnten dort auch den ältesten Senat, nämlich den römischen Senat, ein Urparlament, besichtigen. Der Zweck unserer Reise lag allerdings darin, dass wir als Mitglieder des Bundesrates an einer, wie ich glaube, für die Zukunft sehr bedeutenden Tagung teilnehmen wollten und auch teilgenommen haben, bei der es um das Auseinanderklaffen der Einkommensschere zwischen armen und reichen Staaten auf unserem Globus gegangen ist.

Ich glaube, dass dies für uns alle bedeutsam sein wird. Wir konnten nämlich bei dieser Tagung feststellen, dass sich diese Schere dramatisch verändert hat. Noch vor 20 Jahren konnte der fünftreichste Staat der Erde ein 50-mal so hohes Bruttonationalprodukt erreichen wie der fünftärmste. Diese Schere hat sich insofern verändert, als das zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr das 50-Fache, sondern das 75-Fache ausmacht. Unter dem Strich bedeutet das, die armen Staaten werden immer ärmer und die reichen werden immer reicher.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 31

Nun werden Sie sich fragen, warum der Redner der ÖVP-Fraktion dieses Thema bei der Diskussion zum Umweltsenatsgesetz anschneidet. Das hat seine besondere Ursache darin, dass neben dieser, wie ich meine, für uns alle wichtigen Bedeutung dieses Umstandes, den ich gerade angeführt habe, ein weiterer Umstand, der mich und nicht nur mich bei dieser Tagung sehr geärgert hat, auch Erwähnung finden sollte. Es war nämlich so, dass außer uns, die wir privat angereist sind und an dieser Tagung privat teilgenommen haben, auch eine offizielle österreichische Delegation an dieser Tagung teilgenommen hat – eine von 92 offiziellen Delegationen verschiedenster Nationen, verschiedenster Demokratien. Insgesamt waren es 92 Delegationen, und eine offizielle österreichische war dabei, die sich allerdings nicht zu Wort gemeldet hat.

Vertreter der SPÖ, ÖVP und FPÖ waren offiziell delegiert und haben sich nicht zu diesem Thema zu Wort gemeldet. Ich stelle das hier fest und meine, selbst wenn es nicht möglich war, innerhalb des Nationalrates zu einer Einigung zu kommen, um eine offizielle Stellungnahme der Republik Österreich abgeben zu können, wäre eine Möglichkeit gewesen, an die Mitglieder des Bundesrates heranzutreten. Ich bin davon überzeugt, wir in diesem Hause wären in der Lage, eine offizielle Stellungnahme zu einem Thema abzugeben, das in Zukunft noch bedeutsamer werden wird. (Allgemeiner Beifall.)

Nun einige Sätze zum Inhalt des Gesetzes. Ich bin überzeugt, die Redner nach mir werden auch noch sehr ins Detail gehen. Von Seiten der ÖVP-Fraktion halte ich fest, dass sich der Umweltsenat seit seiner Einführung jedenfalls bewährt hat. Es wurde in der Berichterstattung bereits erwähnt, dass der Umweltsenat mit Jahresende 2000 seine Tätigkeit einstellen müsste, weil dieses Gesetz mit Jahresende 2000 auslaufen würde, würden wir heute nicht einer Verlängerung des Gesetzes, die auch eine Verbesserung beinhaltet, zustimmen.

Der Umweltsenat ist – kurz und bündig – eine Einrichtung, die zu mehr Bürgerrechten im Wesentlichen bei Bauverfahren, vor allem großräumigeren Bauverfahren führen soll, und hat diese Aufgabe meines Erachtens auch richtig und gut wahrgenommen. Er besteht aus 32 rechtskundigen Mitgliedern und zehn Richtern. Bisher waren es 20 Mitglieder und 20 Ersatzmitglieder. Das ist eine kleine Veränderung, wodurch die personellen Ressourcen optimiert werden sollen. Er hat seinen Sitz beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und wird auf die Dauer von sechs Jahren bestellt. Dass es in der Natur der Sache liegt, dass ein Umweltsenat immer äußerst heikle Themen zu behandeln hat, ist uns, wie ich meine, allen bewusst. Jeder hier im Saal wird mit Sicherheit ein Beispiel wissen, bei dem es bei der Errichtung einer Müllverbrennungsanlage, bei der geplanten Errichtung einer größeren Bahntrasse oder bei ähnlichen großen Bauvorhaben durchaus in der Mehrzahl berechtigte Bürgeranliegen gibt, die dann in einem Rechtsstaat auch entsprechend Berücksichtigung zu finden haben. Eine wesentliche Instanz ist eben dieser Umweltsenat.

In Niederösterreich, in jenem Bundesland, für das ich auch persönlich das Wort ergreifen darf, war es insbesondere die Müllverbrennungsanlage in Zistersdorf, die ein Beispiel für die positive Tätigkeit des Umweltsenats war. Berechtigten Bürgeranliegen wurde sehr große Beachtung geschenkt. Dies führte in letzter Konsequenz nach einem entsprechenden Verfahrensweg dazu, dass diese Müllverbrennungsanlage adaptiert werden musste und im Sinne der Bürger eine umweltschonendere Form der Müllverbrennung stattfinden wird.

Weitere Beispiele sind uns bekannt aus der Massentierhaltung in Stössing oder in Altmannsdorf bei St. Pölten, wo ebenfalls der Umweltsenat in letzter Konsequenz festgehalten hat, dass dort Umweltverträglichkeitsprüfungen stattfinden müssen. Letztlich ist es auch im Sinn des Betreibers, dass er geordnet sagen kann: Ich habe alle Anforderungen, die an mich gestellt wurden, entsprechend erfüllt.

Ich komme schon zum Schluss. Die Fraktion der Österreichischen Volkspartei wird dem vorliegenden Gesetzesbeschluss des Nationalrates die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.17


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 32

Präsident Johann Payer:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile ihm dieses.

10.17

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! E-Mail vom 7. November erhalten. Ich freue mich – ich meine es durchaus ernst – wirklich darüber, dass wir auf diesem Weg mit den Ministerien kommunizieren können. Ich denke mir, es ist wichtig ist, dass auch Sie wissen, dass wir die E-Mails lesen und uns aus dem Computer herausholen.

Kollege Grasberger hat das Bundesgesetz über den Umweltsenat umfassend beschrieben. Ich möchte nur kurz auf drei Kleinigkeiten hinweisen, die sich sehr positiv auswirken werden. Zum Ersten ist es das Zuweisungsrecht an den Kammern. Zweitens sollen die Ersatzmitglieder des Senats zu ordentlichen Mitgliedern bestellt werden. Zum Dritten ist eine der wesentlichen Verbesserungen jene, dass im Zuge der Verhandlungen alle an der Sache beteiligten Personen und Parteien, nicht nur die Projektwerber den Umweltsenat anrufen können. Das sind in unseren Augen wesentliche und gute Änderungen.

Kollege Grasberger hat über Auswirkungen der Globalisierung gesprochen. Gestatten Sie mir dazu eine kurze Anmerkung, auch aufgrund der Tatsache, dass der Herr Bundesminister hier ist. Ich glaube, Umweltschutz ist Menschenschutz. In den letzten Wochen und Monaten wurde viel über das Thema Umwelt in Österreich diskutiert, und dies wird sicherlich auch noch in Zukunft der Fall sein, und zwar in dem für mich leider nicht sehr erfreulichen Zusammenhang mit dem Verkauf von Anteilen der Bundesforste. Ich möchte das hier zum Ausdruck bringen. Auch wenn es sich "nur" – unter Anführungszeichen – um 1 Prozent der Bundesforste handelt, ist es meines Erachtens wichtig, auf diese Problematik hinzuweisen, denn durch diesen möglichen Verkauf dieses 1 Prozents der Bundesforste geht über kurz oder lang doch ein Stück Eigentum der Allgemeinheit verloren und – das ist für mich ganz wichtig – wird auch der Einfluss des Staates darauf, ob der Wald auch weiterhin zur Erholung von Menschen dienen kann oder nicht, geringer.

Ich weiß schon, dass das im Forstgesetz anders niedergeschrieben ist. Ich glaube nur, dass der Druck auf die Bundesregierung auch irgendwann wesentlich größer werden kann, wenn sich Teile des Waldes nicht mehr im Besitz des Staates befinden. Der Wald hat durchaus auch einen wirtschaftlichen Faktor. Darüber hinaus erfüllt der Wald wesentlich andere Funktionen, die nicht in Form von Geld zu bewerten sind. Neben der erwähnten Erholungsfunktion hat der Wald auch eine Naturschutzfunktion wie zum Beispiel die Erhaltung der Artenvielfalt.

Gerade diese Aufgaben und Interessen sind sicherlich von der öffentlichen Hand auch in Zukunft leichter wahrzunehmen, als wenn es sich um private Besitzer handelt.

Wir werden der vorliegenden Gesetzesmaterie sicherlich unsere Zustimmung geben, werden aber weiterhin mit wachsamen Augen auf unseren Wald schauen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.21

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm dieses.

10.21

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Umweltsenatsgesetz – USG 1993 – war, wie schon erwähnt, bis zum 31. Dezember 2000 befristet. Ab diesem Zeitpunkt wäre ohne eine Neuregelung nach einer Entscheidung der Landesregierung als der zuständigen UVP-Behörde keine weitere Instanz mehr vorgesehen. Mit dem gegenständlichen Gesetzesvorhaben soll daher der so genannte Umweltsenat als bewährte UVP-Behörde zweiter Instanz aufrechterhalten werden.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 33

Das überkommene Modell von nebenberuflich tätigen Mitgliedern soll weitergeführt werden. Im Interesse besserer Nutzung der personellen Ressourcen werden aber die bisherigen Ersatzmitglieder künftig zu ordentlichen Mitgliedern bestellt werden. Das ist zu begrüßen.

Würde die Kompetenz des Umweltsenates mit Ende des Jahres 2000 auslaufen, gäbe es nicht nur keine zweite Instanz mehr, sondern im gesamten Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren überhaupt keinen Rechtszug an ein in der Sache selbst erkennendes Tribunal im Sinne des Artikels 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Somit stünde nur noch die Beschwerde an die beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes offen. – Eben das wäre doch schon rein vom Anfall an Rechtssachen her nicht vertretbar, solange die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit nicht eingerichtet ist.

Mit diesem Hinweis verbinde ich freilich gerne das Ceterum censeo: Gehen wir die Errichtung von Landesverwaltungsgerichten im Zuge der unter der früheren Regierung versandeten Bundesstaatsreform endlich an, wie es meine Fraktion bereits seit vielen Jahren fordert!

Für das rechtspolitische Ziel, den Wirtschaftsstandort Österreich zu fördern, haben raschere und flexiblere Berufungsverfahren gerade in Bezug auf das Anlagenrecht für Großprojekte zweifellos äußerst positive Auswirkungen – und das ohne Verkürzung des Rechtsschutzes der Bürger, weil die Antragslegitimation und damit das rechtliche Gehör und die Parteistellung entsprechend erweitert worden sind.

Nach der heute zu beschließenden Neuregelung wird zugleich die Vorgabe erfüllt werden müssen, die UVP-Änderungsrichtlinie 97/11/EG umzusetzen und überdies das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz an die zwischenzeitige Judikatur des Europäischen Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften anzupassen. Eine entsprechende Novelle des UVP-Gesetzes wird derzeit vorbereitet. Der dadurch bedingten Erhöhung des Arbeitsanfalls wird organisatorisch und personell Rechnung zu tragen sein.

Meine Fraktion wird ebenso wie die beiden anderen Fraktionen dieser zu ihrer Annahme einer Zweidrittelmehrheit bedürfenden Vorlage gerne zustimmen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.24

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Gottfried Kneifel. Ich erteile ihm dieses.

10.24

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass wir in Österreich die höchsten Umweltstandards aller vergleichbaren Staaten besitzen. Manche sagen sogar, wir Österreicher seien die "Umwelt-Musterknaben" Europas mit allen Vor- und Nachteilen. Ich glaube, dass die Vorteile bei dieser Bewertung eindeutig überwiegen.

Für Großprojekte sind die Umweltverträglichkeitsprüfung und in weiterer Folge das Umweltsenatsgesetz, das heute zur Disposition steht, sicherlich wichtig und anzuwenden. Ich glaube aber, dass wir auf der anderen Seite auch danach trachten sollen, nicht nur Großprojekte verstärkt in Umweltprüfungen einzubeziehen, sondern auch verschiedene Kleinprojekte, Anlagenverfahren für Klein- und Kleinstbetriebe aus dem bürokratischen Wust herauszunehmen und Erleichterungen zu schaffen.

Ich glaube, dass nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Regelungs- und Administrationssysteme dem internationalen Wettbewerb, in dem wir uns heute befinden, angepasst werden müssen. Da kommt dem Betriebsanlagenrecht eine ganz besondere Bedeutung zu, das einerseits für den notwendigen Umwelt- und Nachbarschaftsschutz sorgt, andererseits aber auch eine kalkulierbare Verfahrensdauer und Rechtssicherheit für die Investoren schafft.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 34

Ich glaube deshalb, dass wir besonders die Kleinstbetriebe von unzumutbaren bürokratischen Hindernissen befreien und entlasten sollen, damit diese ihre Gründungen leichter durchführen können. Es gibt nämlich viele Betriebe und viele Unternehmungen – besonders im Bereich der New Economy –, die keine wesentlich größeren Immissionsbelastungen haben als ein ganz normaler Haushalt. Ich denke an Betriebe, die Computer betreiben, oder an kleine Unternehmungen wie Vermögensberater-Büros, Kosmetiksalons oder ganz kleine Handelsbetriebe, die mit ein oder zwei Leuten arbeiten. Ich glaube, da ist eine wesentliche Entlastung der Unternehmen gefordert.

Wir haben uns im Bereich der Wirtschaftskammer Gedanken gemacht und überlegt, wie viele Betriebe eine solche Entlastung erfahren könnten. Es handelt sich um mehr als 50 000 Betriebe in ganz Österreich. Ich glaube, dass die Möglichkeit Platz greifen sollte, diese Betriebe und diese Anlagenverfahren zu typisieren und zu sagen: Dieser Typ von Betrieb, der ein, zwei, drei Computer-Anlagen braucht, kann in diese Kategorie fallen. Für die übrigen Anlagen ist das bereits genannte System des One-Stop-Shop-Prinzips anzuwenden und in dieser Hinsicht auch zu erweitern.

Ganz besondere Bedeutung wird im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung allen Verfahren beigemessen, die den Umweltsenat betreffen. Es gibt auch eine Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen, die hier eingebaut werden sollen. Im Besonderen meine ich das vereinfachte UVP-Verfahren, damit Formalismen und Zweigleisigkeiten beseitigt und die gesetzliche Verfahrensdauer von 24 auf sechs oder neun Monate in der ersten Instanz beziehungsweise von zwölf auf vier Monate im Feststellungsverfahren in der ersten und zweiten Instanz verringert werden.

Es geht auch darum, dass wir, wie bereits von Finanzminister Grasser heute erwähnt, vom Hoheitsstaat zum Dienstleistungsstaat kommen und jene, die solche Betriebsanlagenverfahren durchführen, auch entsprechend beraten und informieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, dass das neue UVP-Gesetz und auch der Umweltsenat und vor allem die begleitende Investorenberatung der Interessenvertretungen und der Behörden dazu beitragen werden, die hohen Umweltstandards unseres Landes auch zu erhalten, aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Arbeit, Einkommen und soziale Sicherheit in unserem Lande zu garantieren. (Beifall bei der ÖVP.)

10.30

Präsident Johann Payer: Zu Wort hat sich Herr Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer gemeldet. Ich erteile dieses. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

10.30

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich erstens für den breiten Konsens zu dieser besonders wichtigen Gesetzesmaterie bedanken, einer für die Umwelt sehr wichtigen Gesetzesmaterie, die sich in den letzten Jahren absolut bewährt hat. Ich denke, dass die weitere Verlängerung auch ein Signal dafür ist, dass einerseits die Umweltpolitik als zentrales politisches Feld wichtig ist, aber gleichzeitig auch jener rechtliche Rahmen gegeben ist, der Rechtssicherheit und Entscheidungsschnelligkeit in diesem sensiblen Bereich bringt.

Zweitens: Mit der jüngst beschlossenen UVP-Novelle haben wir bereits EU-Richtlinien in der UVP umgesetzt, und ich meine, dass die letzte UVP-Novelle mit den geteilten Verfahren auch ein Beitrag in Richtung Beschleunigung und in Richtung besserer Qualität der Verfahren ist.

Drittens: Ich teile die Einschätzung, dass wir im Bereich Anlagenrecht weitere Schritte brauchen. Daran arbeitet die Bundesregierung auch, weil es ein zentraler Bestandteil des Programmes der österreichischen Bundesregierung ist.

Viertens und letztens: Wir werden in diesem Gremium auch noch die Möglichkeit haben, über die Bundesforstegesetz-Novelle zu diskutieren. Ich möchte nur festhalten, dass der Anteil der Österreichischen Bundesforste am Gesamtwald etwa 15 Prozent beträgt und etwa 80 Prozent


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 35

im Privatbesitz sind. Diese 80 Prozent erfüllen selbstverständlich in hervorragender Weise die Funktionen des Waldes, und Sie können daher davon ausgehen, Herr Bundesrat, dass der private Waldbesitz in gleicher Weise dem Forstgesetz verpflichtet ist.

Ich erinnere an Diskussionen, die gerade aus Ihrer Fraktion gekommen sind, die über lange Zeit eher den Vorwurf zum Inhalt hatten, dass die privaten Waldbesitzer den Wald besser bewirtschaften als die Bundesforste. Es scheint mir, dass dies im Zuge der neuen politischen Situation jetzt etwas durcheinander gerät. Vertrauen Sie den privaten Waldbesitzern! Ich tue es. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der gegenständliche Beschluss enthält in Artikel I eine Verfassungsbestimmung, die nach Artikel 44 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber rechtlich verselbständigt werden (Spanische Hofreitschule-Gesetz) (282 und 330/NR sowie 6224/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber rechtlich verselbständigt werden (Spanische Hofreitschule-Gesetz).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Georg Keuschnigg übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Georg Keuschnigg: Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber rechtlich verselbständigt werden (Spanische Hofreitschule-Gesetz).

Da Ihnen der Text schriftlich vorliegt, darf ich zum Beschlussantrag kommen.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 36

Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher das Wort. – Bitte.

10.34

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu betonen, ich persönlich bin grundsätzlich nicht gegen eine Organisationsprivatisierung der Spanischen Hofreitschule und des Bundesgestütes Piber. Ich glaube, dass Beispiele aus der Vergangenheit bewiesen haben, dass derartige Wege durchaus von Erfolg begleitet sein können. Ich denke dabei etwa an Schönbrunn, an die Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft oder auch – mit etwas mehr Abstrichen – an den Tiergarten Schönbrunn.

Beiden genannten Ausgliederungen gingen lange Verhandlungen, lange Gespräche, lange Nächte des gemeinsamen Formulierens voraus. Wir haben uns damals sehr intensiv mit diesen Materien beschäftigt und, wie ich meine, gemeinsam mit den Beamten des Wirtschaftsministeriums tragfähige Lösungen gefunden. Das war umso wichtiger, als erste Schnellschüsse in diesen Bereichen, die damals vom Wirtschaftsminister gekommen sind, ohne Zweifel zum Scheitern verurteilt gewesen wären.

Ich kann mich daran erinnern, dass etwa beim Tiergarten Schönbrunn die erste Idee war, diesen in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und auszugliedern, gleichzeitig aber in die Erläuternden Bemerkungen hineinzuschreiben, dass ein Tiergarten nicht mit Gewinn geführt werden kann. – Das erheitert die Experten, die damals dabei waren, noch immer.

Ich verhehle nicht, dass die Vorgangsweise rund um die anstehende rechtliche Verselbständigung einige Erinnerungen an derartige Schnellschüsse bei mir weckt, die manchmal auch – wie etwa bei der ÖDOBAG – ziemlich schiefgegangen sind.

Es stellt sich für mich zunächst einmal die prinzipielle Frage, warum man nachgeordneten Dienststellen eines Ministeriums schon fast grundsätzlich die Fähigkeit abspricht, effizient und auch ökonomisch bedacht zu arbeiten. Ich glaube nicht, dass das wirklich systemimmanent ist, dass das so sein muss oder dass etwa die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der betroffenen Ministerien tatsächlich nicht in der Lage sind, gute Arbeit zu leisten – im Gegenteil. Man muss ihnen dazu nur mehr Handlungsspielräume lassen. Das ist oft nicht sehr bequem, das ist oft auch sehr aufreibend, auch in der legistischen Umsetzung, wäre aber vielleicht sogar ein besserer Weg.

Mir erscheint jedenfalls die hier gewählte Vorgangsweise in der Tat weder Fisch noch Fleisch zu sein. Das liegt meiner Ansicht nach irgendwo dazwischen. Zum einen wird erklärt, die Absicht bestehe darin, die Spanische Hofreitschule sowie das Bundesgestüt Piber selbständig agieren zu lassen, zum anderen behält sich beispielsweise der Minister vor, die Angelegenheiten der Gesellschaft in nationalen wie internationalen Organisationen selbst zu vertreten. (Bundesminister Mag. Molterer: Warum nicht? Das ist doch logisch!)  – Warum nicht? – Okay, gut.

Ich glaube zwar, dass die Gesellschaft das durchaus auch selbst könnte. Das könnte man auch regeln beziehungsweise hätte man das auch eben durch eine Nichtausgliederung tun können, wenn man dem Ministerium mehr Kompetenzen gegeben hätte.

Nächster Punkt: Der Gesellschaft werden zahlreiche Kunstwerke und Kunstgegenstände ins Eigentum übertragen. Die rechtsgeschäftliche Veräußerung oder Belastung bedarf jedoch der Zustimmung des Finanzministers. – Es stellt sich also grundsätzlich die Frage, warum dann überhaupt ein Eigentumsübertrag erfolgt, ob das nicht eine Art "Placebo" ist. Zum anderen wurde pikanterweise die ursprünglich vorgesehene Einvernehmensregelung mit dem Landwirt


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 37

schaftsminister wieder fallen gelassen – so, als würde es letztlich bei dem Gesetz doch nur ums Geld gehen.

Die Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft ist vom Landwirtschaftsminister – diesmal wieder im Einvernehmen mit dem Finanzminister – abzugeben und bei der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Firmenbuch vorzulegen. – Das ist an und für sich keine unübliche Vorgangsweise. Diese Erklärung, der eigentliche Gesellschaftsvertrag, kann aber nachträglich von beiden Ministern wieder geändert werden – auch nichts Unübliches –, allerdings fehlen die Anhaltspunkte, unter welchen Bedingungen er geändert werden kann, wer konsultiert wird, und wer die Bedürfnisse der Gesellschaft einbringt: Ist das der Geschäftsführer, sind es zwei Geschäftsführer? Ist es ein Beirat? Ist es ein Komitee?

Bei den Geschäftsführern war ursprünglich ein Vier-Augen-Prinzip vorgesehen, das im Ausschuss aber wieder aufgeweicht wurde. Es stellt sich die Frage, aus welchem Grund die Redewendung "gemeinsam vertretungsberechtigt" zum Beispiel wieder wegfiel?

Die Mitglieder des Aufsichtsrates werden gegenüber dem Landwirtschaftsminister, allenfalls auch gegenüber dem Finanzminister – je nachdem, wer sie entsendet –, zur "umfassenden Auskunftserteilung", wie es so schön heißt, verpflichtet. Dies betrifft aber nicht nur die – unter Anführungszeichen – "Kapitalvertreter", die vom Ministerium entsendet werden, sondern auf Grund der Textierung auch die Dienstnehmervertretung, die nach der Betriebsverfassung zu entsenden ist. – Das ist, wie ich meine, eine etwas merkwürdige Textierung.

Eine weitere für mich etwas skurrile Vorschrift lautet: Der Landwirtschaftsminister hat weiterhin durch Verordnung Vorschriften über Berufstitel, Dienstkleidung und Dienstabzeichen festzulegen. – Ich finde, das hätte man durchaus auch der Gesellschaft überlassen können. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag. Molterer. )  – Ich sage es nur, ich füge es nur an. (Bundesminister Mag. Molterer: Das war ein Wunsch der Belegschaftsvertreter!)  – Dazu möchte ich jetzt bewußt nichts sagen.

Zur Repräsentation und Unterstützung der Spanischen Hofreitschule und des Bundesgestütes wird ein ehrenamtliches Komitee eingerichtet. – Das ist auch keine unsinnige Vorgangsweise; das haben wir auch in anderen Organisationsprivatisierungen. Aber nach Kompetenzen für dieses Gremium sucht man vergebens in diesem Gesetzeswerk; ebenso vergebens wie nach – danach habe ich zumindest gesucht – einer Planbilanz, einer Plan-G&V-Rechnung und einer Planinvestitionsrechnung.

Da werden zwar einige globale Zahlen genannt, und es wird lapidar vermerkt, dass den kurzfristig anfallenden Ausgaben langfristige Einsparungen gegenüberstehen, aber das ist eine Analyse, bei der ich, aus der Privatwirtschaft kommend, sagen muss: Wenn in der Privatwirtschaft derart rudimentäre Analysen angestellt würden, dann hätte das, wie man in Wien so schön sagt, unvermeidlich den Gang in die Riemergasse zur Folge.

All das verstärkt für mich den Eindruck, dass die in diesem Fall gewählte Vorgangsweise eher unter dem Motto steht: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!

Auf das Thema Bundesforste wurde schon eingegangen. Auch da bleibt ein gewisser schaler Nachgeschmack, wenn man, wie gesagt, unter Umständen davon ausgeht, dass dabei doch eher das Geld im Vordergrund steht. Dazu hat es auch im Nationalrat entsprechende Redebeiträge gegeben.

Ich finde, dass Ausgliederungen und Privatisierungen alleine – darin sind wir uns, wie ich denke, einig – an und für sich noch nicht als Strukturreform betrachtet werden können. Das meint im Übrigen zutreffenderweise auch Rechnungshofpräsident Fiedler. Wenn Herr Abgeordneter Schweisgut im Nationalratsplenum anführt, es ginge – ich zitiere – darum, "in Zeiten, in welchen Sparen angesagt ist, ... auch im Bereich der Spanischen Hofreitschule ein bisschen den Sparstift anzusetzen", dann verstärkt sich eben bei mir noch mehr der Eindruck, dass es nur ums Geld geht, denn einfach nur den Sparstift anzusetzen, ist für sich genommen auch noch kein Strukturkonzept.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 38

Nochmals: Grundsätzlich kann ich mich mit einer Organisationsprivatisierung, Ausgliederung, rechtlichen Verselbstständigung – wie immer man dazu sagt – anfreunden, allerdings nicht in der vorliegenden Form. (Beifall bei der SPÖ.)

10.41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm das Wort.

10.41

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Vor geraumer Zeit konnten wir in der Zeitung lesen: Angst um die Zukunft der Lipizzaner. Dann konnte man auch lesen, dass Österreichs First Lady die Lipizzaner gerettet hat. – Nun, ob es die First Lady war, die die Lipizzaner gerettet hat, oder ob es kraft einer ziemlich guten Gesetzgebung vielleicht doch das Parlament war – wir wollen der Lady gerne den Vortritt lassen, aber die Rettung hat wahrscheinlich das Parlament herbeigeführt. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bis jetzt hatte die Spanische Hofreitschule und die, wie ich meine, als fair zu betrachtende Ausgliederung noch keine eigene Rechtsgrundlage, und diese soll nun geschaffen werden. Ich teile ein bisschen die Überlegungen meines Vorredners Mag. Hoscher, es wäre vielleicht gut, mehr Handlungsspielräume einzubauen. Das ist richtig. Aber vielfach liegt es an der Führung einer Institution, ob sie sich diese Handlungsspielräume auch selbst schafft! Wenn die Führung gut ist, dann schafft sie sich den erforderlichen Handlungsspielraum und wird dann auch vom Gesetzgeber darin unterstützt beziehungsweise wohlmeinend betrachtet.

Zur Überlegung, ob Einsparungen damit zu erzielen wären: Herr Mag. Hoscher! Ich glaube, Sie haben Recht. Ich hoffe, dass Einsparungen zu erzielen sein werden, und zweifle zugleich daran, Herr Bundesminister, denn es gibt wenige Dinge in Österreich, die, wenn sie ausgegliedert werden, auch tatsächlich Einsparungen bringen. Aber ich glaube, der Weg ist richtig, und ich hoffe, dass die Opposition diesen Weg mit beschreiten wird.

Es wurden schon zur Zeit von roten Finanzministern oftmals auch Privatisierungen getätigt. Denken wir doch an unser Juwel, die Porzellanmanufaktur Augarten! Ich erwähne sie deshalb, weil sie sehr gut im Markt liegt mit ihren spanischen Pferdchen und deren Reitern, die man hier im Lande, aber auch im Ausland gerne kauft.

Wer hat dieses Juwel bekommen? – Die Bank Austria. Sie hat es sich überlegt, sie um rund 70 Millionen Schilling wieder zu verkaufen, aber anscheinend ist sie davon abgegangen. Es wäre auch schade, ein jahrhundertealtes Know-how – so wie das bei der Spanischen Hofreitschule – einfach zu verscherbeln; wir tun es auch nicht. – Der Deal mit Augarten scheint jedenfalls abgeblasen zu sein. Aber die Bank Austria gehört auch nicht mehr Österreich!

Ich meine, im Falle der Spanischen Hofreitschule gehen wir durchaus einen guten Weg. Ich möchte aber zwei Punkte anführen, die mir bei diesem Gesetz fehlen, die nicht eingearbeitet wurden.

Es wird immer so getan, als ob die Spanische Hofreitschule nur eine Bundes angelegenheit wäre. Ich muss sagen, als Wiener Bundesrat stelle ich mit Erstaunen fest, dass die Spanische Hofreitschule erfreulicherweise in Wien situiert ist und den Wiener Fremdenverkehr in besonderem Maße bereichert! (Bundesrat Konecny: Mit Erstaunen werden Sie das doch nicht festgestellt haben, Sie werden das doch auch vorher schon gewusst haben!)  – Da haben Sie völlig recht. Danke für die Zurechtweisung, Herr Professor! Sie haben das wieder gut getroffen! (Allgemeine Heiterkeit.)

Also ich stelle es nicht mit Erstaunen fest, sondern mit Freude. (Beifall des Bundesrates Konecny. )  – Danke für den Applaus, Herr Professor! Das ist immer schön, es erinnert mich an die Jugendtage. (Lebhafte Heiterkeit.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 39

Herr Professor! Die Spanische Hofreitschule ist also – das weiß auch der Herr Professor – eine Bereicherung für Wien und seinen Fremdenverkehr, aber in diesem Gesetz ist die Gemeinde Wien überhaupt nicht erwähnt. Vielleicht hätte aber auch die Gemeinde Wien das eine oder andere dazu beitragen können, um das Gesetz in der Form zu bereichern, dass man eben sagt: Hier ist Wien, hier sind die Wiener Nutznießer, hier ist der Fremdenverkehr, Wiens Nutznießer. Wir wollen unseren Beitrag, unseren Eintrag in dieses Gesetz mitgestalten. – Das ist das eine.

Zweitens: Die Spanische Reitschule ist die hohe Schule der höchsten Reitkunst. Österreichische Reiter sind sehr gut. Aber es fehlt im Grunde genommen ein Sammlungspunkt, ein Nukleus für die Dressurreiterei. Um diese Aufgabe hätte man, so meine ich, diese neue Spanische Hofreitschule bereichern können, sodass sie Einfluss auf jedwede Dressurreiterei in Österreich nimmt. Die hohe Schule der Dressur ist durch die Spanische Hofreitschule wesentlich beeinflusst: bei allen Reitereien, bei der ländlichen Reiterei, bei der Kampagne-Reiterei – überall, wo Dressur-Reiterei gepflogen wird. Um diese Aufgabe hätte man die Spanische Hofreitschule anreichern können, und zwar zur Bereicherung beider, der Spanischen Hofreitschule, aber auch jener, die die Dressurreiterei in Österreich pflegen.

Das sind meine einzigen beiden Kritikpunkte. Im Übrigen meine ich: Ich hoffe, dass das Gesetz den Erfolg bringt, den wir alle erhoffen – ohne zu viel Kosten für den Staat zu verursachen; nur einen Anfangszuschuss –, und dass sich die Organisation dann selber trägt. Wie gesagt: Ich hoffe es. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.48

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. Ich erteile ihm das Wort.

10.48

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz, das jetzt zur Beschlussfassung vorliegt, führt, so möchte ich sagen, naturgemäß dazu, dass gewisse Sensibilitäten, vielleicht auch Emotionen aufkommen, ganz ähnlich, wie sie heute schon einmal aufgekommen sind, als es um die Frage der Österreichischen Bundesforste gegangen ist.

Als Vertreter meiner Fraktion kann ich nur sagen, genauso wenig, wie es wahr sein wird, dass durch den Abverkauf von kleineren Flächen der Österreichischen Bundesforste die Wasservorräte in unserer Republik gefährdet sind, genauso wenig wird der Betrieb der Lipizzaner in der Spanischen Hofreitschule mit ihrer ausgezeichneten Reitkunst als österreichisches Juwel gefährdet sein.

Genauso wenig, wie die Wasservorräte einer Gefährdung unterliegen, wird es in diesem Bereich, den wir heute zur Beschlussfassung vorliegen haben, zu solch dramatischen Veränderungen kommen, wie es beispielsweise in einer Radiosendung, die mir in Erinnerung ist, angedeutet wurde. Eine Redakteurin hat damals ganz offen die Frage ins Spiel gebracht – ich glaube, es war der Sender "Radio Wien" –, ob nicht der Stundenplan für die Lipizzaner in Hinkunft so gefährdet sein wird, dass das Arbeiten unzumutbar wird. – Ich glaube, diese Überlegung können wir ruhigen Gewissens ins Reich der Märchen verbannen.

Dass die Spanische Hofreitschule etwas ganz Besonderes ist und auch bleiben wird, zeugt nur davon, wie wichtig uns Österreicherinnen und Österreichern diese Einrichtung ist. Meine erste Erfahrung mit diesem Juwel – wenn ich dieses Wort nochmals verwenden darf – hatte ich anlässlich der Wien-Woche, die wir als Kinder aus den Bundesländern in unserer Bundeshauptstadt erleben konnten. Da war es ein Pflichttermin, auch die Spanische Hofreitschule zu besuchen.

Auf den Kern gebracht, muss man festhalten – da widerspreche ich ganz deutlich Kollegen Hoscher –: Mit dieser Gesetzesvorlage ist nicht das Hauptziel einer reinen Einsparung gegeben, sondern das Hauptziel ist Eigenverantwortlichkeit – Eigenverantwortlichkeit für einen Betrieb, der für unsere Republik Österreich ein Aushängeschild darstellt! (Beifall bei der ÖVP.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 40

Es kam nicht dazu, weil das sozusagen jetzt plötzlich frei erfunden werden musste, sondern dem lag klarerweise ein Problem zu Grunde. Jeder, der sich die Mühe gemacht hat oder sich noch machen möchte, sich zum Beispiel den Stalltrakt in der Spanischen Hofreitschule anzuschauen, wird erkennen – ob er will oder nicht –, dass Handlungsbedarf gegeben ist – Handlungsbedarf in der Form, dass dort Sanierungsmaßnahmen, Baumaßnahmen zu geschehen haben, damit dort in Hinkunft der Betrieb nicht baubehördlich eingestellt werden muss. Daher – das ist auch die logische Folge – ließ man diese Ausgliederung – die man, wie ich klar festhalten möchte, nicht mit einer reinen Privatisierung verwechseln darf – vonstatten gehen.

Es ist auch etwas an positivem Rückengepäck mitgegeben worden. Ich erwähne beispielsweise, dass auch der Lehrforst der Forstfachschule Waidhofen an der Ybbs zur Verfügung steht, um in dieser Gesellschaft zu positiven Lösungen kommen zu können.

Es wurde auch der Zeitraum auf ein vernünftiges Maß eines Reitbetriebes abgestimmt. Er soll innerhalb von acht Jahren – das ist das Ziel dieser Gesellschaft – eine schwarze Null schreiben. Innerhalb des ersten Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes hat die Gesellschaft die Aufgabe, einen Business-Plan zu entwickeln. Sie hat also Zeit dazu, sich in Ruhe und gelassen auf dieses Ziel auszurichten, das in acht Jahren erreicht werden soll. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es erreicht werden kann.

Mich erinnert die kurze Debatte, die wir heute bisher zu diesem Thema gehabt haben – insbesondere die Ressentiments, die vor allem von Seiten der Sozialdemokratischen Partei eingebracht werden –, an die Diskussion, die wir vor einigen Jahren hatten, als es darum ging, auch im Schulwesen zu versuchen, mehr Freiheiten beispielsweise für Schuldirektoren einzuführen. Es sollte beispielsweise in Volksschulen, Hauptschulen oder Gymnasien möglich sein, auch ein gewisses Sponsoring von privaten Unternehmen für die Schulen herbeizuführen. Das war damals keine einfache Diskussion.

Heute sehen wir, wenn wir ehrlich sind, dass das sinnvoll war. Es gibt heute bereits die eine oder andere Volksschule, Hauptschule oder andere Pflichtschule, in der private finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, um ein besonderes Schulereignis oder eine besondere Maßnahme, die von Lehrern, Direktoren und letztlich auch Eltern für sinnvoll erachtet wird, zu unterstützen.

Ich denke, dass auch bei der Gesetzesmaterie, die wir jetzt behandeln, in Zukunft eine ähnliche Situation eintreten wird. Ein kleiner Baustein, an dem wir das schon jetzt erkennen können, ist, dass die steirische Landesausstellung im Bundesgestüt Piber im Jahr 2003 unter dem Titel "Mythos Pferd" stattfinden wird. Das ist doch etwas Positives, sehen wir die Dinge durchaus positiv! Ich sage das umso lieber, als ich Niederösterreicher bin und eine laufende Freundschaft zum Bundesland Steiermark habe. (Beifall bei der ÖVP.)

Warum soll beispielsweise ein exklusives Markenrecht, wie es die Spanische Hofreitschule mehrfach besitzt, nicht auch finanziell nutzbar gemacht werden – wohlgemerkt: nicht ausverkauft oder verscherbelt werden, sondern finanziell nutzbar gemacht werden? Warum soll sich das Bundesgestüt Piber nicht mit Reit- und Fahrkursen zusätzliche Einnahmen verschaffen? – Es kann möglicherweise das eine oder andere Lipizzanerpferd durch eine Gesellschaft mit einem höheren Erlös verkauft werden, als das bisher der Fall war.

Eigenverantwortung – lassen wir den Menschen die Eigenverantwortung und eigenverantwortliche Tätigkeit! Ich bin davon überzeugt, dass allein die Liebe zu den Lipizzanern und zur Spanischen Hofreitschule so viel Motivation sein wird, dass die Menschen ihr Bestes geben und wir in etwa acht Jahren durchaus positiv bilanzieren können.

In diesem Sinn wird die Volkspartei ihre Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetz geben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.55

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer das Wort. – Bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 41

10.56

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich handelt es sich bei dieser Gesetzesmaterie um eine Frage, die mit hoher Sensibilität betrachtet werden muss. Denn ich gebe allen Rednern Recht, die meinen, unsere weißen Pferde sind wichtig und sind ein für Österreich – nicht nur für die Tradition, sondern auch für die Zukunft Österreichs – wichtiges Aushängeschild.

Ich möchte festhalten, dass mit diesem Gesetz erstmals eine rechtliche Grundlage geschaffen wird – eine rechtliche Grundlage, die für die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber als Einheit gilt. Das ist mir besonders wichtig, denn ohne Gestüt wären die Lipizzaner nicht das, was sie sind, und ohne Reitschule ebenfalls nicht. Diese gesamthafte Betrachtungsweise beinhaltet auch den gesetzlichen Auftrag zur Erhaltung der Tradition der Zucht und zur Erhaltung der Tradition der Reitkunst.

Zweitens: Wir haben mit der Gesellschaft des öffentlichen Rechts eine Rechtsform gewählt, die zum Ausdruck bringt, dass es sich hier nicht um die Frage eines kommerziellen, auf Gewinn gerichteten Unternehmens handelt, sondern um eine Rechtsform, die die Verpflichtung zum Ausdruck bringt, für die Zucht und für die Reitkunst zu sorgen, gleichzeitig aber auch den Auftrag zu einer wirtschaftlich ausgeglichenen Gebarung zu erfüllen. Ich meine, dass das etwas Legitimes und Vernünftiges ist. Denn mit einem derartigen Juwel muss es letztendlich auch möglich sein, ausgeglichen zu gebaren, da wirtschaftliches Interesse – Sie brauchen sich nur den Wiener Tourismus oder beispielsweise die Wünsche nach Gastspielen anzusehen – in massivem Ausmaß vorhanden ist.

Es ist eine Gesellschaft, die im 100-prozentigen Besitz des Bundes ist und bleibt und auch entsprechende materielle Rahmenbedingungen hat, etwa mit der Mitgift im Ausmaß von 182 Millionen Schilling, die den Abgang für die nächsten acht Jahre bedeckt – dann aber wird es das Ziel sein, die Gesellschaft letztendlich ausgeglichen und wirtschaftlich unabhängig zu haben –, mit Nutzungsrechten in Teilen der Hofburg, mit einer Kapitalausstattung, die schon angesprochen worden ist, mit der Liegenschaft in Niederösterreich und mit einem entsprechenden Investprogramm sowohl für die Hofreitschule – für die Stallburg – als auch für Piber. Wichtig ist, dass im § 14 festgehalten ist, dass der Bund auch in Zukunft die Verpflichtung zur Bewahrung dieser wichtigen Institution hat.

Auf die Ausführungen von zwei Rednern möchte ich ganz kurz eingehen.

Herr Bundesrat Hoscher! Mich an Ihre vorherige Tätigkeit – nicht an Ihre aktuelle Tätigkeit – erinnernd, weiß ich, wie groß – unabhängig von der Besetzung – der jeweilige Wille des Finanzministeriums ist, Flexibilität zu ermöglichen. Sie wissen das aus unseren damaligen Diskussionen. Ich habe nicht den Eindruck gehabt, dass das Finanzministerium damals sehr daran interessiert war, den einzelnen Strukturen Flexibilität zu geben, sondern – um in der reiterlichen Sprache zu bleiben – Sie doch auch einer gewesen sind, der eher die Tendenz gehabt hat, die Zügel kurz zu halten. Daher weiß ich, Herr Kollege Hoscher, dass dieser Schritt richtig ist, und ich weiß auch, dass innerhalb der Sozialdemokratie in Wirklichkeit eine breite Zustimmung zu diesem Schritt gegeben ist, der aus manchen Gründen heraus derzeit nicht mit dem Ja möglich ist. Ihrer Rede entnehme ich, dass Sie inhaltlich eigentlich auch mit diesem Weg einverstanden sind, der hier gegangen wird.

Zu Herrn Bundesrat Gudenus: Ich bin nicht Ihrer Meinung, dass die Hofreitschule eine Aufgabe für die Dressurreiter übernehmen soll. Ich sage Ihnen auch, warum: weil es sich hier um die klassische Reitkunst handelt. Meines Wissens – auch als ehemals in der Dressurreiterei Tätiger – ist es ein großer Unterschied, ob Sie eine L-Dressur, eine M-Dressur oder eine S-Dressur reiten oder ob Sie die hohe Kunst der Schule in der Reitschule ansehen. Hier möchte ich eine klare Trennung. Die hohe Qualität soll auch einen positiven Einfluss auf die Qualität des Dressurreitens haben, aber vermischen will ich das nicht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 42

Als Nicht-Wiener möchte ich Ihnen sagen: Die Spanische Reitschule gehört den Österreicherinnen und Österreichern. Es ist ein Anspruch letztendlich auch aller Gäste, die nach Wien kommen und die Hofreitschule besuchen, gegeben. Würde ich Ihren Gedanken fortsetzen, dann würde ich Wien gerne einladen, beispielsweise bei den Bundesgärten oder etwa bei den Palmenhaus-Renovierungen mitzutun, die der Bund zu 100 Prozent bezahlt. Ich würde Wien gerne einladen, beispielsweise den Abgang der Bundesgärten mit zu finanzieren, weil das doch auch für Wien wichtig ist.

Ich meine, all das gehört Österreich, daher haben wir seitens des Bundes die Verantwortung. Aber Zahler sind immer gerne willkommen. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Dr. d′Aron.  – Bundesrätin Mühlwerth: Das sind wir eh!)

11.01

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

3. Punkt

Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 (Grüner Bericht 1999) sowie Empfehlungen 2000 der Kommission gemäß § 7 LWG (III-210/BR/00 und 6225/BR der Beilagen)

4. Punkt

Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2001 gemäß § 9 Abs. 2 LWG (III-213/BR/00 und 6226/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

der Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 (Grüner Bericht 1999 ) sowie Empfehlungen 2000 der Kommission gemäß § 7 Landwirtschaftsgesetz und

der Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2001 gemäß § 9 Abs. 2 Landwirtschaftsgesetz.

Die Berichterstattung über beide Punkte hat Herr Bundesrat Franz Wolfinger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Franz Wolfinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu Tagesordnungspunkt 3 und bringe folgende Druckfehlerberichtigung ein.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 43

Im schriftlichen Ausschussbericht hat der Titel des Verhandlungsgegenstandes richtig zu lauten: "Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 (Grüner Bericht 1999) sowie Empfehlungen 2000 der Kommission gemäß § 7 Landwirtschaftsgesetz".

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Zu Tagesordnungspunkt 4:

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Johann Kraml das Wort. – Bitte.

11.03

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Grüne Bericht schildert in eindrucksvoller Weise die Gesamtsituation der österreichischen Landwirtschaft. Er ist – so wie immer – ein kompaktes Zahlenwerk und soll Grundlage für die weiteren Entscheidungen in diesem Bereich sein.

Meine Damen und Herren! Wir werden dem Grünen Bericht unsere Zustimmung geben. Den Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2001 können wir allerdings nicht zustimmen. Ich werde darauf noch näher eingehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im vorigen Jahr hat ein ÖVP-Kollege – ich glaube, es war Herr Kollege Gruber – von hier aus erklärt, wie positiv sich die Landwirtschaft in Zukunft entwickeln wird. Ich war damals etwas skeptisch über diese große Euphorie, weil die zugrunde liegenden Zahlen auch damals schon eine andere Sprache gesprochen haben. Die Einkommenssituation in der Landwirtschaft hat sich nämlich auch jetzt wieder weiter verschlechtert.

Meine Damen und Herren! In den letzten Jahren war die österreichische Land- und Forstwirtschaft, bedingt durch den EU-Beitritt, tiefgreifenden Strukturveränderungen ausgesetzt, die nicht von allen so leicht zu bewältigen waren. Die Zeit der geschützten Märkte und der geschützten Preise ist vorbei. Der raue Wind des Marktes bläst den Bauern ins Gesicht. Strukturveränderungen bringen aber auch Unsicherheiten mit sich. Gerade die Nebenerwerbslandwirte, aber auch viele Vollerwerbslandwirte mussten sich die Frage stellen, ob die Bewirtschaftung ihres Grundes und Bodens unter den gegebenen Umständen noch sinnvoll ist.

Wie bei vielen Veränderungen gibt es also nicht nur lauter Sieger, sondern auch eine große Zahl an Verlierern. Zu diesen Verlierern zählen – wie das meistens im Leben ist – die Kleinen und die Kleinsten der Branche. Viele Kleinlandwirte stehen vor der Entscheidung, entweder in neue Produkte zu investieren, den Betrieb völlig umzustellen oder die Landwirtschaft überhaupt aufzugeben – eine Entscheidung, die mit Sicherheit nicht leicht fällt, die aber mangels anderer Alternativen sehr oft getroffen werden muss.

Die Endproduktion der Land- und Forstwirtschaft war mit 62,4 Milliarden Schilling um 1 Prozent niedriger als 1998. Der Anteil der Land- und Forstwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt betrug 1999 1,4 Prozent. Um 42,5 Milliarden Schilling wurden Waren ausgeführt, davon zwei Drittel in EU-Länder. Die Einfuhren beliefen sich auf 58,6 Milliarden Schilling, hier kamen drei Viertel der


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 44

Waren aus dem EU-Raum. Die agrarische Handelsbilanz verringerte sich um 4 Milliarden Schilling und betrug 1999 16 Milliarden Schilling.

Meine Damen und Herren! In den nächsten Jahren wird die "Agenda 2000" umzusetzen sein, und es stehen Änderungen bei der Milch und beim Rindfleisch bevor, die die Einkommenssituation der bäuerlichen Betriebe weiter verschärfen werden.

Meine Damen und Herren! Ich habe es schon erwähnt: Zum vierten Mal hintereinander sind jetzt die bäuerlichen Einkommen rückläufig, und zwar waren es im Berichtszeitraum 3 Prozent. Einem Mehr an Arbeit und Aufwand steht ein Weniger an Einnahmen gegenüber. Das ist insgesamt keine sehr erfreuliche Situation. Weniger Einkommen bedeutet auch weniger Investitionen, und zwar auf allen Ebenen. Der Druck auf die einzelnen Betriebe wird daher immer größer.

Meine Damen und Herren! Not macht aber bekanntlich erfinderisch, heißt es nicht zu Unrecht. Um aus dieser negativen Einkommenssituation herauszukommen, weichen viele Betriebe in Nischenprodukte aus. Zum Teil sind sie damit sehr erfolgreich, zum Teil ist der Erfolg aber nicht gerade groß. Der biologische Landbau funktioniert meiner Meinung nach nur dort, wo große Abnehmerorganisationen – zumeist ist das der Handel – dahinter stehen oder wo große Märkte beschickt werden können. Wenn beides nicht gegeben ist, wird es sehr mühsam, ein halbwegs zufrieden stellendes Einkommen zu erzielen. Nicht wenige dieser Betriebe haben die Bioschiene bereits wieder aufgegeben und sind in die herkömmliche Produktion zurückgegangen.

Ein weiterer Weg ist die Spezialisierung der Betriebe hin zur Massenerzeugung, also weg vom Bauchladen an Arbeit und Produktionsvarianten. Diese Spezialisierung erfordert vom Bauern viel Mut und trotz aller Förderungen, die es von Bund, Land und der EU gibt, ein nicht unbeträchtliches finanzielles Risiko.

Meine Damen und Herren! Bei der Diskussion zur Lage der österreichischen Landwirtschaft kommt man, ob man will oder nicht, immer wieder zum derzeitigen Förderungssystem. Es gibt ein altes Sprichwort, das heißt: "Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu." Dieses Sprichwort passt auf das österreichische Förderungssystem in der Landwirtschaft: Die Großen bekommen viel, und der Kleine bekommt wenig. Das heißt aber auch, dass genau durch diese Vorgangsweise die Einkommensunterschiede immer größer werden. (Bundesrat Hensler: ... 3 Prozent zu kommen!)

Für eine Familienarbeitskraft zum Beispiel in einem Marktfruchtbetrieb im Flachland gibt es laut Bericht in dem Zeitraum 271 000 S an öffentlichen Fördergeldern. Die Familienarbeitskraft eines Bergbauern – das sagt auch der Bericht – ist dem System aber nur noch 93 000 S wert. Das ist ausgesprochen ungerecht. Ich verstehe nicht, dass an diesem unsozialen Förderungssystem mit aller Kraft festgehalten wird. (Bundesrat Hensler: Vergleichen Sie die Betriebsgrößen!)

Meine Damen und Herren! Im Durchschnitt erhalten die Marktfruchtbetriebe nicht nur insgesamt weit höhere Förderungen als zum Beispiel Bergbauernbetriebe und Biobetriebe, sondern dazu auch noch wesentlich höhere Förderungen aus dem ÖPUL-Programm.

Meine Damen und Herren! Für fast alle Direktzahlungen ist die Fläche oder die Tierzahl die Bemessungsgrundlage. (Bundesrat Weilharter: ... agrarischen Bericht gelesen! – Zwischenruf des Bundesrates Hensler. ) Das nehme ich sogar zur Kenntnis. Ich bin kein Vollerwerbslandwirt, ich bin auch kein Nebenerwerbslandwirt. (Bundesrat Ing. Polleruhs: Kleintierzüchter!) Ja, Kleintierzüchter bin ich, das stimmt. Aber auch ein Kleintierzüchter hat die Berechtigung, dass er zum Grünen Bericht spricht, das meine ich auch. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe.) – Wir können hier nicht lauter Vollerwerbsbauern haben, wir brauchen eine breite Bevölkerungsschicht im Parlament. (Bundesrat Weilharter: Ist ja keine Kritik!) Aber ich bin recht dankbar, wenn Sie mich auf irgendetwas aufmerksam machen, Herr Kollege! Ich kann dazulernen, ich werde beim nächsten Bericht vielleicht besser sein. (Heiterkeit bei der SPÖ.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 45

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich weiß schon, dass zu einer modernen Landwirtschaftspolitik etwas mehr gehört, als nur über die Förderungszuteilung zu sprechen. Sie ist aber da, und sie berührt sehr viele kleine Landwirte. Daher ist das für mich auch ein Thema.

Die Maßnahmen in der Land- und Forstwirtschaft für 2001 enthalten sehr viele Allgemeinplätze und sind in wichtigen Punkten – zumindest mir – zu wenig konkret. Ein besonders wichtiger Bereich sind natürlich der Wald und das Wasser. Der geplante Verkauf von zigtausend Hektar Wald aus dem Stand der Bundesforste wird von uns abgelehnt. Der Herr Bundesminister ist bereits darauf eingegangen. Es ist eben so im Leben, dass man ab und zu auch eine andere Meinung zu einem Thema hat. Es wird auch dem Herrn Bundesminister schon passiert sein, dass er sich irgendwann einmal erinnert hat: Halt, da war ich vor ein paar Jahren völlig anderer Meinung!

Meine Damen und Herren! Da geht es um mehr als um einen ganz normalen Waldverkauf. Es geht um die Wasserfreiheit und um die Wegefreiheit, die durch diesen Verkauf gefährdet werden. (Bundesrat Weilharter: ... geöffnet wird!) Wald, Wasser und Wegefreiheit müssen für die künftigen Generationen erhalten bleiben und dürfen nicht zur Budgetsanierung verscherbelt werden. (Beifall der Bundesrätin Fuchs. )

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion – ich habe das eingangs bereits erwähnt – wird dem Grünen Bericht die Zustimmung geben. Aber den vorliegenden Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 2001 stimmen wir nicht zu. (Beifall bei der SPÖ.)

11.13

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus das Wort. – Bitte.

11.13

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegt der Grüne Bericht. Der Grüne Bericht zeichnet sich wie jedes Jahr durch einen sehr großen Informationsgehalt aus. Vielleicht ist der Informationsgehalt sogar zu groß für jeden von uns. Es bedarf eines zeitreichen Studiums, um all das, was der Grüne Bericht bietet, aufzunehmen und vielleicht sogar mit den vorangegangenen Grünen Berichten zu vergleichen. Erst dann ist dieser Grüne Bericht wirklich ein Gewinn. Ich muss dem Ministerium und jenen, die den Grünen Bericht jährlich erstellen, meine große Anerkennung für diese Tätigkeit aussprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu den Maßnahmen der Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2001: Wenn Kollege Kraml keine Zustimmung gibt, bedauere ich es – aber ich glaube, Sie sagten doch: Bauern brauchen Mut. Ich bin davon überzeugt, heutzutage Bauer zu sein, bedarf des Mutes. Meine Sorge gilt, wenn ich diese Vorschau auf das Jahr 2001 anschaue, insbesondere den kleinen Bauern, den Bauern, die an der Kippe zum Aufgeben stehen. Ich hoffe, dass diese von mir mit besonderer Sorge betrachteten kleinen Bauern nicht aufgeben und mit Hilfe und Unterstützung des Ministeriums sowie vieler anderer Einrichtungen an der und auf der Scholle bleiben.

Warum sollen sie dort bleiben? – Österreich ist, was es ist, auf Grund der kleinstrukturierten Landwirtschaft und sicherlich nicht auf Grund – wie Sie angeführt haben – der Großbauern im Marchfeld, die ihre Leistung erbringen. Die kleinstrukturierte Landwirtschaft macht Österreich liebenswert und für den Fremdenverkehr reisewert.

Die Strukturen, wie man sie bei den Kolchosbauern im Osten ehedem hatte und leider Gottes noch immer hat, oder die großflächige Landwirtschaft Nordamerikas und anderer können nicht unser Beispiel sein. Wir sind für eine Symbiose von Wirtschaft und Natur. Ich hoffe, dass es dazu in Österreich möglichst lange die Gelegenheit geben wird.

Ich habe keine Angst davor, wenn Bauern Bundesforste kaufen – ich betone: Bauern, Herr Kollege, und nicht Industriekonzerne. Aber ich hätte auch keine Angst, wenn es Große kaufen. Wenn ich "Bauern" sage, dann deshalb, weil ich die Grundaufstockung für Bauern wünsche. Wenn Große kaufen, unterliegen sie genauso den Gesetzen wie die kleinen Bauern. Der Wald,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 46

das Wasser, die Wegefreiheit, all das ist doch gesetzlich schon jetzt vorgegeben! Es kann kaum einer sein Holz nach reiner Willkür schlägern und dann eine Gstätten zurücklassen, das gibt es doch überhaupt nicht!

Wir haben ein sehr gutes Forstgesetz. Alles ist verbesserbar, aber ich merke jetzt schon, dass das Forstgesetz so gut ist, dass sich eher manche Forstwirte über die Beengungen des Gesetzes aufhalten, als dass sich andere damit aufhalten sollten, dass das Forstgesetz dem anderen die Plünderung der Natur ermöglicht.

Die Situation der österreichischen Landwirtschaft – das steht in der Vorschau auf das Jahr 2001 – ist durch einen schwierigen Anpassungsprozess an das System der Gemeinsamen Agrarpolitik gekennzeichnet. Wenn man diese Berichte in den letzten Jahren gelesen hat – ich habe vorhin schon gesagt, dass ich das manchmal auch tue, mit reichem Gewinn –, dann erkennt man, dass dieser Anpassungsprozess der österreichischen Landwirtschaft ein Dauerprozess ist. Die Erwähnung ist fast schon ein bisschen eine Pflanzerei, es ist ein Dauerzustand.

Ein Anpassungsprozess verschafft Stress, der Stress verschafft Unwillen und könnte dazu führen – und führt leider vielfach dazu! –, dass Bauern das Bauersein aufgeben. Es ist daher notwendig, nicht nur von Strukturreformen zu reden oder die notwendige Neupositionierung der Betriebe vorzuschreiben und dann damit fortzuschreiten. Nein, wichtig ist die Förderung der Landjugend, wichtig ist, dass die Landjugend den Wert des Bauerseins, des Auf-dem-Land-Seins, des Meidens der Stadt begreift und gern hat! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mit Sorge beobachte ich meine Gemeinde, in der sich durchaus lebensfähige Betriebe befinden, in denen sich die Eltern, also der Bauer und die Bäuerin, die Füße ablaufen, tragen, wirtschaften, melken, alles mit moderner Technik, aber doch sehr hart arbeitend – und die jungen Leute zieht es in die Stadt. Vielleicht ist nicht nur die mäßige Einkommenserwartung mit schuld daran, vielleicht – ich sage: vielleicht! – ist es auch ein Erziehungsproblem, nicht seitens der Eltern, sondern vielleicht sogar in den Schulen. Es ist auch ein Förderungsproblem. Es genügt nicht, nur eine Diskothek zu haben. Die jungen Leute müssen einen Anreiz haben, auf dem Hof zu bleiben, auch wenn es regnet, wenn es kalt ist oder wenn es trocken ist, und wenn die Einkommenserwartungen vielleicht anders als bei einer Tätigkeit in der Stadt sind.

Ich weiß von jungen Leuten, die von meiner Gemeinde – das ist nördlich von Weißenkirchen in der Wachau – bis nach Wien in die Landesregierung gefahren sind und froh waren, dass sie eine Arbeit bekommen haben. Es muss möglich sein, im ländlichen Raum Arbeiten zu finden, um nicht abwandern zu müssen. Denn einmal abgewandert, kehrt man nicht mehr an die Scholle zurück! Das ist eine traurige Wahrheit. Jeden anderen Beruf kann man neu erlernen, aber die Rückkehr an die Scholle ist so gut wie nicht möglich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Vielleicht ist in diesem Bericht über die Vorschau auf das Jahr 2001 das eine oder andere zu sehr schlagworthaft enthalten: Zur Verbesserung der Marktposition der österreichischen Land- und Forstwirtschaft sowie zur Verarbeitung und im Vermarktungsbereich wird die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen zu anderen EU-Mitgliedstaaten Priorität haben.

Kolleginnen und Kollegen! Wettbewerbsbedingungen kann man nur dann herstellen, wenn sich zwei oder mehrere gleichartig strukturierte und positionierte Landwirtschaften – in diesem Fall – gegenüberstehen. Wir werden niemals mit der großflächigen oder stark positionierten Landwirtschaft Frankreichs, aber noch weniger mit jener Kanadas, Australiens oder Amerikas mithalten können, deswegen halte ich diesen Begriff für unglücklich gewählt. Ich persönlich bin ein starker Gegner der Liberalisierung der Landwirtschaft. Dieser kann Österreich nämlich nichts entgegensetzen – nicht nur Österreich, die Schweiz auch nicht, Deutschland auch nicht, und viele andere Staaten, die diese klein strukturierten Landwirtschaften haben, können einem Wettbewerb internationaler weltumspannender Art nichts entgegensetzen.

Man komme mir nicht mit Spezialprodukten und besonderen Dingen, die die Landwirtschaft erzeugen kann. Das sind Nischenprodukte, die einzelne Bauern produzieren können, aber sie


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 47

können niemals das ausmachen, was das bäuerliche Einkommen für die Masse der Landwirtschaft ausmacht.

Mit Sorge betrachte auch ich – so wie mein Vorredner – den Rückgang der Einkommen im landwirtschaftlichen Bereich. Das ist auch mit ein Grund, warum die Landjugend nicht beziehungsweise vielfach und oft nicht bereit dazu ist, am Land und am Hof zu bleiben. Wir wissen, das ist eine traurige Angelegenheit. Ein Rezept dagegen haben wir noch nicht gefunden. Der Wert der eigenständigen, hier in Österreich erzeugten Produkte wird zu wenig geschätzt. Da helfen die ganzen Marktförderungsmaßnahmen nichts. Herr Kollege Hensler! Sie nicken zweifelnd mit dem Kopf. Schauen wir uns doch die Lage an: Wir importieren so viele landwirtschaftliche Produkte, da bleiben die heimischen Produkte etwas zurück! Aber ich weiß, das Problem ist sehr komplex. (Bundesrat Hensler: 85 Prozent sagen, die bäuerliche Erzeugung ist hervorragend!)  – Ja, freilich, aber alles ist eben nicht da, das geht nicht.

Die Empfehlung der § 7-Kommission laut Landwirtschaftsgesetz sieht unter anderem die Erweiterung der Europäischen Union vor. Ich schlage den österreichischen Landwirten vor, mit dem Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, sprich mit dem Gewerkschaftsbund, in diesem Punkt zusammenzuarbeiten. In der heutigen Ausgabe der "Presse" ist zu lesen: Die Sorge sitzt dem ÖGB-Chef Verzetnitsch im Nacken! – Da kann ich nur sagen, das sind die gleichen Sorgen, die er für seine Arbeiter hat, wie wir sie für die österreichische Landwirtschaft im Rahmen einer Osterweiterung haben müssen. Er fordert harte Bedingungen für die Neuaufnahme von künftigen EU-Mitgliedern. 80 Prozent des EU-Lohnniveaus müssten sie erreichen, bevor sie in die EU aufgenommen werden.

Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, 80 Prozent des Einkommensniveaus sollten auch die Ostlandwirtschaftsstaaten haben, bevor sie in Konkurrenz mit den österreichischen landwirtschaftlichen, bäuerlichen Betrieben treten.

Es ist gut, wenn wir gefördert werden, wenn die Landwirtschaft gefördert wird – zwei Drittel aus dem EU-Raum, ein Drittel eigenstaatlich –, aber das, was wir in die EU einzahlen, bekommen wir dann wieder zurück. Es ist jedoch nicht gut, wenn wir durch eine Liberalisierung die Gefahr eingeschleppter, noch nicht kontrollierbarer Krankheiten und Seuchen haben.

Eine Schlagzeile in der gestrigen Ausgabe der "Presse" auf der Titelseite lautet: "Kranke Hirne" – Das hat nichts mit Geisteskrankheit in dem Sinne zu tun. Das betrifft diese schreckliche Krankheit, die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, die im landwirtschaftlichen Bereich bei den Rindern BSE genannt wird, wobei durch einen Wahnwitz der Agrarindustrie Tieren, die kein Fleisch fressen, ehemals Fleischprodukte zur Nahrung eingegeben wurden.

"Auch diesmal wird der Glaube, daß die Industrie schon wisse, was sie tue, nicht erschüttert werden. Wirtschaftlich denkende Hirne müssen ökonomische Interessen schließlich auch vor die Hysterie der Konsumentenschützer stellen. Oder nicht?" So lautet es in der "Presse". – Ich meine, dieser Glaube muss endlich einmal erschüttert werden. Wir haben gerade im Rahmen der Landwirtschaft die Aufgabe, den Konsumenten die Sicherheit zu geben, dass österreichische landwirtschaftliche Produkte – aber nicht nur diese, sondern all jene, die in Österreich auf den Markt kommen – absolut rein, also nicht krankheitsfördernd sind. Solange diese Garantie nicht besteht, meine ich, Herr Bundesminister – vielleicht finden Sie dazu das eine oder andere Wort –, dass man die Grenzen für den Import von Fleischprodukten aus jenen Ländern, die in Gefahr stehen, die BSE-Krankheit in ihren Tierbeständen zu haben, sperren sollte. Wir können es uns nicht leisten, diese Krankheit auch nach Österreich zu bekommen.

Wir sollten aber auch den Futtermittelimport einer ungeheuerlich strengen Überwachung und Beachtung unterziehen, weil diese Krankheit über die Futtermittel in die Nahrungskette und in die eigene Landwirtschaft kommt. So nehmen es die Tierärzte und Fachleute an. Ich meine, hier ist wirklich Feuer am Dach, hier ist Alarm erforderlich, bevor die ersten CJD-Toten auch in Österreich zu beklagen sind.

Der Bauer ist – auch deswegen hoffe ich, dass der Bauer möglichst lange auf dem Land bleibt – auch ein Polster des Arbeitsmarktes. Das ist ein wesentlicher Punkt. Dieser Polster des Arbeits


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 48

marktes ist wichtig, den man heute vielleicht nicht so wahrhaben will, weil wir erfreulicherweise Hochkonjunktur haben. Man redet davon, wir müssten irgendwelche Ausländer als Computerspezialisten ins Land holen. Diese Wellen gibt es immer – fast so wie den Schweinezyklus, Kolleginnen und Kollegen! (Heiterkeit der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Wir können das nicht verändern. Der Arbeitsmarkt ist eine Wellenbewegung, und dann ist man nach geraumen Monaten wieder froh, wenn man eben nicht zu viele Ausländer als Arbeiter im Land hat. Aber die Bauern stellen diesen Polster dar. Ich glaube, es wäre wichtig – schon aus diesem Grund –, dem ländlichen Raum eine besondere Würdigung und Schutz angedeihen zu lassen.

Die Osterweiterung – ich habe es bereits erwähnt – ist sorgfältig vorzubereiten. Sie ist nicht nur ein verwaltungsmäßig technokratischer Akt, wie ihn uns manche Leute in der österreichischen Politik, aber besonders aus Brüssel vorstellen. Wir haben nicht die Absicht – ich gehe davon aus –, die österreichische Landwirtschaft auf dem EU-Altar zu opfern, meine Damen und Herren! Wir haben lange und gut gearbeitet. Die österreichischen Bauern werden das auch in Zukunft tun. Aber geben Sie den österreichischen Bauern auch die Zuversicht, dass sie nicht geopfert werden. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.29

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Steinbichler das Wort. – Bitte.

11.29

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum vorliegenden 41. Grünen Bericht gilt vorweg einmal der Dank jenen 2 300 Kolleginnen und Kollegen, die sich in der Bauernschaft zur Erstellung desselben zur Verfügung stellen, den Mitgliedern der § 7-Kommission und den MitarbeiterInnen im Ministerium, die allesamt ausgezeichnet gearbeitet haben, um dieses übersichtliche und aussagekräftige Werk zu gestalten.

Ich bin davon überzeugt, dass alle Kolleginnen und Kollegen den Bericht eingehend studiert haben. Ich möchte deshalb davon Abstand nehmen, Zahlen zu wiederholen, und nur einige Themen anreißen, weil ich davon überzeugt bin, dass die folgenden Redner die speziellen Thematiken aufzeigen und tiefer in diese eingehen werden.

Ich darf, nicht nur auf Grund der aktuellen Ereignisse in den USA, mit einem Zitat von Hillary Clinton beginnen, die es auf den Punkt bringt und sagt: Wir leben in einer Zeit, in der jeder den Preis eines Produktes kennt, aber nicht dessen Wert.

Ich denke, das ist, genau auf den Punkt gebracht, das Problem, unter dem die Landwirtschaft leidet. Die Gesellschaft reagiert nur auf persönlichen Leidensdruck oder Druck in finanzieller Form.

Ein aktuelles Beispiel: der Energiemarkt. Jahrelang haben sich die Bauern und bäuerliche Organisationen vorbildlich darum bemüht, im Bereich Biodiesel, im Bereich der Hackschnitzelwerke Pionierarbeit zu leisten, und wurden immer wieder, auch von so genannten Experten, in ihrer Arbeit behindert – Beispiel Hackschnitzelheizungen. Bei der Durchforstung von einem Hektar Wald fallen zirka 30 Schüttraummeter Hackgut an. Man könnte bei den Rückständen, die bei der Durchforstung in den Wäldern herrschen, Tausende Tonnen Öl ergänzen. Erinnern wir uns an die laufende Ozonlochdebatte, CO2-Neutralität und all das, was hier andiskutiert wurde! – Genau mit diesen Hackschnitzelwerken könnten wir diese Thematik treffen, könnten wir das Ozonloch verkleinern oder zumindest nicht vergrößern und einen glaubwürdigen Beitrag leisten.

Für mich ist angesichts dieser fürchterlichen Umweltkatastrophen, die immer wieder bei Öltransporten passieren, wenn Öltanker verunglücken, die Tatsache erstaunlich, dass die Tierschützer, die sich auch mit der bäuerlichen Tierhaltung beschäftigen, die sonst immer sehr populistisch auftreten, diesbezüglich schweigen. Im Sommer waren sie auf Urlaub, aber im Winter wird das wieder der Fall sein. Es wird dabei völlig vergessen, dass Millionen von Wasservögeln mit verklebten Federn, Millionen von Fischen mit verklebten Kiemen elend zu Grunde gehen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 49

Beim Agrarministertreffen in Mondsee – Herr Minister, du warst persönlich dabei – hat man gemerkt, wie beeindruckt die EU-Agrarminister von dieser paradiesischen Landschaft, von dieser bäuerlich geprägten Landschaft der Region Mondsee waren. Mich hat es daher verwundert, dass dort die militanten Tierschützer um die Gruppe des Dr. Plank in Erscheinung getreten sind und Transparente zur Massentierhaltung gezeigt haben. Ich glaube, das trägt zu dieser angesprochenen Demotivierung unserer Bauern, unserer Jungbauern bei, die auch von meinen Vorrednern schon angesprochen wurde.

Völlig unterschätzt wird immer wieder die Wirtschaftskraft einer funktionierenden bäuerlichen, flächendeckenden Landwirtschaft. Ich denke dabei nicht nur an die 150 000 direkt Beschäftigten im landwirtschaftlichen Bereich, sondern auch an die insgesamt 550 000 Beschäftigten, wenn man den vor- und nachgelagerten Bereich dazurechnet. Ebenfalls zu erwähnen ist, dass die Landwirtschaft natürlich ein verlässlicher regionaler und zahlungskräftiger Auftraggeber für Industrie und Gewerbe ist.

Eine Alternative zur Aufforstung – oftmals kennen wir das Problem aus der Regionalpolitik, aus der Gemeindepolitik, nämlich das Problem der Verwaldung – wären sicherlich Country parks, in denen das nachwachsende Gras geschlägelt oder kompostiert wird und nur ein minimaler Beschäftigungseffekt beziehungsweise ein minimaler Effekt an Wertschöpfung für die Region erzielt wird.

Ich möchte bei diesem Thema ein agrarpolitisches Spartenproblem einfügen, weil ich denke, dass wir es in der Agrarpolitik bei den einzelnen Sparten nicht schaffen, das Problem des Grünlandes zu thematisieren. Während wir in den meisten anderen Agrarsparten marktfähige Produkte erzeugen, hat man bei der Bewirtschaftung von Grünland bestenfalls eine Futtergrundlage für die Haltung von Tieren oder Alternativen. Das möge man bitte nicht vergessen, weil es nur durch eine wirtschaftliche Führung, durch eine wirtschaftliche Haltung der Tierbestände in jeglicher Form – egal ob Schafhaltung, Milchkuhhaltung oder Mutterkuhhaltung – möglich sein wird, diese Flächen weiter zu bewirtschaften.

Erwähnen möchte ich aber an dieser Stelle auch die wesentlich zu verbessernde Kooperation zwischen Landwirtschaft und Gewerbe. Im Tourismusbereich hat man den Wert einer funktionierenden Landwirtschaft bereits erkannt, wobei man bei der Verarbeitung und beim Kauf der Lebensmittel diesen Wert oftmals wieder leicht vergisst. Leider!

Ich möchte aber auch an die Konsumenten und an den Konsumentenschutz appellieren. Bei "Konsumenten" sind natürlich auch die Konsumentinnen eingeschlossen; ich verzichte bewusst immer auf die doppelte Bezeichnung, das ist bei uns im bäuerlichen Bereich so üblich. Wenn ich von Bauern rede, meine ich selbstverständlich auch die "Bäuerinnen". Ich möchte an den Konsumentenschutz und an die Konsumenten appellieren. Die Diskussion um das rot-weiß-rote "A" ist leider wieder etwas abgeklungen, Herr Minister! Darum verweise ich darauf, dass auf Grund der hohen Wertschöpfungskosten durchaus ein ausländisches Produkt mit diesem Zeichen, dem rot-weiß-roten "A", gekennzeichnet werden darf.

Ich rufe nochmals ganz besonders die Konsumentenschützer zum Schulterschluss mit den bäuerlichen Organisationen, mit den Bauern auf, diese Konsumententäuschung endlich abzustellen. Wir haben eine brauchbare Alternative, nämlich das AMA-Gütesiegel, das garantiert, dass die Produkte, besonders die Tiere in Österreich geboren, gefüttert, geschlachtet und verarbeitet wurden.

Weiters zu erwähnen wäre nun das Agraraußenhandelsdefizit, das im Bericht ausgewiesen wird. Ich denke – der Herr Minister hat einige Initiativen gesetzt –, dabei ist zu erwähnen, dass wir in nächster Zeit verstärkt versuchen sollten, die Wertschöpfung, die Verarbeitung und Veredelung der Urproduktion wesentlich zu verbessern.

Gestatten Sie mir, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, auch ein Argument zur laufenden Diskussion Biobauern versus konventionelle Bauern! Man muss bedenken, welch schlechter Dienst der Bauernschaft erwiesen wird, wenn immer wieder politische Kräfte versuchen, einen Keil in die Bauernschaft hineinzutreiben, und völlig vergessen, dass die wahre Konkurrenz nicht


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 50

intern im bäuerlichen Bereich liegt, sondern mit dem Essen aus dem Chemielabor kommt. Ich möchte dies ganz besonders heute in der Debatte zu diesem Grünen Bericht erwähnen, weil wir natürlich von bäuerlicher Produktion, von bäuerlichen Produkten bester Qualität sprechen können. Wenn aber in Wirklichkeit über den Verkaufstisch Ersatzprodukte, Substitute gehen, ist das nicht gut.

Es sei mir auch ein Wort zur Förderung und Fördergerechtigkeit gestattet, die schon von meinem Vorredner Hager angesprochen wurde. Sehr wesentlich wird für die österreichische Landwirtschaft sein, inwieweit der Konsument dazu bereit ist – das noch als Nachsatz zur vorhergehenden Thematik –, aktiv bei einer fairen Preispolitik mitzumachen. Beste Qualität zu niedrigsten Preisen – dabei bleibt der Bauer auf der Strecke. Ein Beispiel – wiederum ganz aktuell –: Wir haben in der österreichischen Landwirtschaft höhere Betriebsmittelkosten, höhere Medikamentenpreise, höhere Tierärztepreise, höhere Futtermittelpreise und teurere Energie. Es gelingt uns beim Milchpreis, bestenfalls groschenmäßige Verbesserungen zu erzielen, während der Konsument bei den Energiepreisen, beim aktuellen Benzinpreis und Heizölpreis 30-prozentige, 35-prozentige Teuerungen zur Kenntnis nimmt.

Es geht bei einer funktionierenden Landwirtschaft nicht nur um gepflegte Landschaft, Luftgüte und Wasserqualität, sondern in Zeiten des so genannten Überschusses leider – oft vergessen – um die notwendige und wichtige Krisenvorsorge.

Zur angesprochenen Fördergerechtigkeit: Man kann kein russisches System, kein kommunistisches System einführen und lauter gleich große Betriebe konstruieren. Ich denke, man erweist der bäuerlichen Bevölkerung diesbezüglich genauso einen schlechten Dienst wie bei der Diskussion Biobauern versus herkömmliche Landwirtschaft oder Groß versus Klein.

Ich bringe noch einmal das Beispiel, das ich im vorigen Jahr bei der Behandlung des Grünen Berichtes gebracht habe, nämlich der eigene Betrieb. Mein Sohn bewirtschaftet unseren Betrieb weiter, er möchte in der Landwirtschaft bleiben und ist deshalb gewillt, Betriebe zu übernehmen, die in nächster Nähe aufgegeben werden – nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Kollege John Gudenus hat das angesprochen: Es gibt nichts Einfacheres, als aus einem Bauern einen Konsumenten zu machen. Geregelte Arbeitszeit, geregelte Freizeit, geregeltes Einkommen – all das hat er früher nicht gekannt. Wenn Menschen aus solchen Gründen und Überlegungen ihren Betrieb schließen, dann seien wir doch froh, dass wir Jungunternehmer haben, die bereit sind, diese Betriebe mit zu pachten und mit zu bearbeiten. Natürlich erzielt mein Sohn aus dieser Entwicklung heraus etwas höhere Ausgleichsbeträge – ich sage bewusst nicht Förderungsbeträge – als vorher, aber deshalb ist er kein Millionär, deshalb ist er kein Großbauer, sondern ich glaube, er ist ein höchst notwendiges Mosaiksteinchen in unserer Bewirtschaftungsweise.

Bundesrat John Gudenus hat – nach meinem Dafürhalten in sehr überzogener Weise – die Angelegenheit mit BSE und den Folgen daraus angesprochen. Ich habe nicht gewusst, dass du diese Thematik ansprichst, aber ich habe vom Direktor unserer Tierkörperverwertung, Direktor Dr. Baumann, ein Beispiel genannt bekommen, wobei ich der Meinung bin: Wir müssen in Zukunft sowohl national als auch international überlegen, dass wir die Praktiker nicht mit überzogenen gesetzlichen Maßnahmen, deren Kontrolle und daraus entstehenden Kosten völlig überfordern und auch wirtschaftlich gefährden. Denn eines ist klar: Auch wenn diese Kosten vorweg von der öffentlichen Hand getragen werden, wird das trotzdem immer wieder ein schwieriger Diskussionspunkt bleiben, und letztlich werden diese Kosten auf den Erzeuger, sprich Bauer, zurückfallen. Das bedeutet wiederum geringere Erlöse.

Ein Gesetz, das wir selbst in diesem Hause beschlossen haben, betrifft das so genannte Risikomaterial. Das ist ein Stück aus der Hüftdarm-Blinddarmfalte, das so genannte Ileum, sowie der Schädel, die Tonsillen, also die Mandeln, und das Rückenmark. All diese Teile müssen seit dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes getrennt entsorgt werden. Das verursacht immense Kosten – immense Kosten! – in den Schlachthöfen und in den Tierkörperverwertungsanstalten. Das erschwert natürlich den Verarbeitungsablauf gewaltig. Den toten Tieren müssen diese Teile herausgeschnitten werden. Man bedenke einmal diesen Widerspruch, diesen volkswirtschaftlichen Irrsinn! Die Tierkörperverwertung in Regau musste, allein um dieses Gesetz umsetzen zu


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 51

können, eine zusätzliche Kraft anstellen, wobei man sagen kann, das ist positiv für den Arbeitsmarkt, wenn zusätzlich ein Metzger angestellt wird.

Ich denke – Herr Gudenus, auch dazu der Hinweis –, wir dürfen nicht leichtfertig sagen, dass Tiermehl generell schlecht ist. Wir müssen einmal die Qualitätsstandards vergleichen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf einen Fachausdruck verweisen. In Fachkreisen der österreichischen Tierkörperverwerter wurden die Engländer immer als "Trångkocher" bezeichnet, weil sie nur auf 45 Grad erhitzt haben – es ist klar, dass dabei keine Keime abgetötet werden –, während bei uns in Österreich die unterste Temperaturgrenze 70 Grad war und wir natürlich einen wesentlich besseren Qualitätsstandard hatten. Aus dem Verkauf dieses Tiermehls, das ein gefragtes Eiweißprodukt auf dem Mischfuttermarkt war, wurden natürlich hohe wirtschaftliche Erlöse erzielt. Man muss diese Diskussion insgesamt sehen und auch die volkswirtschaftliche Entwicklung und Bedeutung berücksichtigen.

Ich möchte diesen Punkt hier so stehen lassen, aber ich bitte, immer zu bedenken, welche Folgekosten gesetzliche Maßnahmen mit sich bringen.

Ich darf noch Folgendes einbringen, weil die Osterweiterung angesprochen wurde. Gestern hatten wir ein ganz interessantes Treffen hier im Haus mit Michel Barnier, dem französischen EU-Kommissar für Struktur- und Regionalpolitik. Ich persönlich war beeindruckt. Ich bin bekanntlich nicht nur ein Freund Franz Fischlers. Diese Diskussion hat mir gezeigt – es waren einige Kolleginnen und Kollegen mit dabei –, dass Michel Barnier natürlich der gleiche Vorwurf gemacht wird wie Franz Fischler, nämlich dass er nationale Interessen zu wenig vertrete. Das ist völlig klar. Er hat als Kommissar für alle EU-Staaten das gesamtheitliche Interesse zu vertreten, aber er hat natürlich auch ganz gezielt auf die Fragen der Landwirtschaft, die ich ihm gestellt habe, geantwortet. Er hat den Vergleich Portugal und Frankreich gebracht, und man sollte bei der geplanten Osterweiterung sehr maßvoll vorgehen.

Ich persönlich habe auch ein Problem damit, wenn man nur von Grenzlandprogrammen spricht. Ich meine, bei einer Osterweiterung ist ganz Österreich Grenzland. Man sollte wirklich an flächendeckende Maßnahmen denken und auch die finanziellen Mittel für die bäuerliche Landwirtschaft zur Verfügung stellen. Ich glaube, das ist das Nächste: Man kann nicht vom Minister fordern, dass er die Maßnahmen zu treffen hat, ihm aber gleichzeitig nicht die dazugehörenden Waffen gibt.

Kommissar Barnier hat erwähnt, dass man auch die Chancen sehen soll, die sich aus der Osterweiterung ergeben. Wir wissen, dass im Osten eine geballte agrarische Produktionskraft wartet. Wir wissen aber auch, wenn wir bei den Standards, bei der Produktqualität nachziehen, dass sich sicherlich große Chancen für uns ergeben werden.

Ein Punkt, der noch angesprochen wurde, sind die Jungbauern und deren Mut. Ich glaube, dass das ein ganz wesentlicher Punkt ist. Ich bin begeistert, welchen Mut unsere Jungbäuerinnen und Jungbauern haben. Ich gratuliere, denn bei der heutigen Ausbildung werden viele dazu verleitet, sich in irgendein Amt zu setzen, sich pragmatisieren zu lassen sowie gezielt und gut zu verdienen. Ich möchte hier keinen Klassenkampf führen, aber wir müssen diesen Jungbäuerinnen und Jungbauern auch durch unsere Maßnahmen zeigen, dass wir ihr Interesse ernst nehmen und den Ernst der Lage erkennen.

Ich möchte deshalb noch abschließend einige Worte zur so genannten sozialen Treffsicherheit, zum Mut und zur Entmutigung sagen. Die Jungbäuerinnen und Jungbauern konnten es natürlich nicht verstehen, dass seitens der AK, seitens der Gewerkschaft in der Zeit der Regierungsumbildung – leider auch noch danach – von millionenschweren Geschenken für millionenreiche Bauern gesprochen wurde. Ich bitte darum, von einzelnen Günstlingen Abstand zu nehmen (Bundesrätin Schicker: Stimmt aber! Sie geben es zu!), die in Kerngebieten, in Widmungsgebieten sind. Das bestreiten wir gar nicht, aber ich kann mir Folgendes vorstellen, Frau Kollegin: Wir haben uns auch noch nie darüber beschwert (Bundesrätin Schicker: Wir waren im Recht mit unserer Kritik!), wenn ein Arbeitnehmer aus einer günstigen Situation heraus das Haus seines Onkels erbt.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 52

Ich darf vielleicht in diesem Zusammenhang eines abschließend sagen: Es ist äußerst unfair, den Bäuerinnen und Bauern ihren Besitz quasi als Sparbuch vorzurechnen. Wir haben am Sonntag in Straß im Attergau eine Erbhoffeier in Anwesenheit von Landeshauptmann Pühringer abgehalten. Diese Erbhoffeiern gäbe es nicht, wenn eine Generation überlegen würde, ihren Besitz zu vermarkten oder zu veräußern. Wir verdienen in der Bewirtschaftungsfolge. Als ich zu Hause aktiver Bauer war, habe ich nichts anderes verdient als den Lebensunterhalt für meine Gattin, für mich und für die Ausbildung unserer Kinder. Wir sind stolz darauf, wenn es uns gelingt, den Betrieb in derselben Größe, wie wir ihn übernommen haben, wieder wirtschaftsfähig zu übergeben. Ich bitte, das in die Diskussionen einfließen zu lassen.

Ich fordere alle Kolleginnen und Kollegen auf, alles in ihrer Arbeit verstärkt daranzusetzen, dass die Bäuerinnen und Bauern Österreichs – egal ob in Vollerwerb, Nebenerwerb oder Zuerwerb – am allgemeinen Wohlstand teilhaben können. Die getroffenen Maßnahmen und die Zielsetzungen in diesem Bericht, nämlich dass eine bäuerlich geprägte Landwirtschaft für Österreich unverzichtbar ist, gehen in die richtige Richtung. Wir von der ÖVP-Fraktion werden diesem Bericht die Zustimmung erteilen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

11.47

Vizepräsident Jürgen Weiss: Meine Damen und Herren! Nach zwei über die freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten deutlich hinausgehenden Wortmeldungen und angesichts der großen Zahl weiterer Redner zu diesem Tagesordnungspunkt möchte ich in Erinnerung rufen, dass man zwar länger als 10 Minuten reden darf, aber nicht muss. (Heiterkeit und Beifall der Bundesrätin Mag. Trunk. )

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Grillenberger. Ich erteile ihm das Wort.

11.47

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich werde die Zeit einholen, die der Kollege vor mir zu lange geredet hat. Da schon sehr viel zum Grünen Bericht 1999 gesagt wurde, möchte ich nur anmerken, dass er sehr aktuell und übersichtlich ist. Er ist umfangreich mit Tabellen gestaltet sowie ausführlich in den einzelnen Kapiteln zur Landwirtschaft gehalten. Ich möchte – wie schon vorher gesagt – den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu dieser hervorragenden Arbeit gratulieren und ihnen für die Art und Weise danken, wie sie den Bericht zusammengestellt haben. Er ist ein gutes Nachschlagewerk. Ich habe mich mit dem Bericht intensiv beschäftigt. Zur Gestaltung ist zu gratulieren, er ist ein gutes Werk. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Ledolter. )

Was besonders auffällt und gute Vergleichsmöglichkeiten zulässt, ist Folgendes: Die Bilanz der letzten fünf Jahre seit dem EU-Beitritt Österreichs wird im Grünen Bericht ganz besonders hervorgehoben. Es wird besonders auf die neuen Gegebenheiten wie die Auswirkungen der EU-Integration, die Agrar- und Regionalstruktur der EU sowie die EU-Agrar- und Regionalpolitik hingewiesen.

Ich glaube, dass das Jahr 1999 für unsere Landwirtschaft ein wichtiges Jahr war. Durch die Reform der europäischen Agrarpolitik, durch die "Agenda 2000" wird sich die Struktur- und Weiterentwicklung auf dem Agrarsektor, wird sich die Politik einer neuen Herausforderung stellen müssen. Wir sollten die Chancen nützen und weiter die Marktnischen in der biologischen Landwirtschaft ausbauen. Es wurde heute schon von meinem Vorredner über dieses Kapitel gesprochen. Ich glaube, in der letzten Zeit stagniert die biologische Landwirtschaft und deren Ausbau. Man sollte wieder mehr darauf hinweisen, dass in diesem Bereich große Möglichkeiten für unsere Landwirtschaft bestehen.

Weiters wird in diesem Bericht ganz deutlich auf die Problematik der EU-Erweiterung, was die Kollegen vorhin auch schon angesprochen haben, hingewiesen. Ich denke an die globale Marktwirtschaft in der Landwirtschaft, zum Beispiel an die WTO, die Welthandelsorganisation. Mit den Entwicklungsländern und den Industriestaaten wird uns durch die Liberalisierung und durch neue Rahmenbedingungen sicherlich eine große Anpassungsphase bevorstehen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 53

Meine Damen und Herren! Betrachtet man die Entwicklung unserer Land- und Forstwirtschaft im Rückblick über einen längeren Zeitraum – ich selbst habe schon im vorigen Jahr darauf hingewiesen, ebenso heute einige Vorredner –, dann stellt man fest, es ist zwar immer wieder eine Produktivitätssteigerung zu erkennen, die Einkommen lassen jedoch angesichts dieser Produktivitätssteigerung einiges zu wünschen übrig. Ich glaube, es sollten auch Maßnahmen gesetzt werden, damit sich die Einkommen in unserer Landwirtschaft entsprechend der Industrialisierung entwickeln, sonst ist die Abwanderung, die schon vorhin angesprochen wurde, sicherlich nicht zu stoppen, und es werden uns weiterhin landwirtschaftliche Betriebe verloren gehen.

Insgesamt wird in diesem Bericht aufgezeigt, dass es neben den großen Leistungen, die die Menschen in bäuerlichen Betrieben erbringen, auch wirtschaftliche – das habe ich vorhin gemeint – Schwierigkeiten gibt, vieles sicherlich verbesserungswürdig ist. Wir sollten und müssen diese Chancen nützen, damit die kleinbäuerliche Struktur unserer Landwirtschaft gewährleistet bleibt, um in den künftigen Herausforderungen bestehen zu können.

Wir geben diesem Grünen Bericht gerne unsere Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

11.51

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Germana Fösleitner das Wort. – Bitte.

11.52

Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Bevor ich mit meinen Ausführungen zum Grünen Bericht beginne, möchte ich kurz auf den Redebeitrag des Kollegen Kraml eingehen.

Ihr Versuch, Herr Kollege, die Bauern in Groß- und Kleinbauern – es gäbe noch viele andere Facetten – einzuteilen und damit gegeneinander auszuspielen, gelingt nicht! (Bundesrat Kraml: Ich habe sie nicht ausgespielt! Ich habe aufgezeigt, dass es Groß- und Kleinbauern gibt!)  – Wir kennen dieses Thema schon seit Jahren. Meiner Ansicht nach liegt die Stärke der Bauernschaft gerade in der Vielfalt: in der Vielfalt auf allen Ebenen, wo jeder seinen Platz hat, wo jeder seine Aufgabe hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Die Stärke der Bauernschaft liegt auch in ihrer Fachkompetenz und, meine sehr verehrten Damen und Herren, in ihrem Zusammenhalt!

Diese Debatte über den Grünen Bericht 1999 hier im Bundesrat ist ein willkommener Anlass, einerseits auf die Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft für die Ernährungssicherung, den Rohstoff- und Energie-Produktionsbereich sowie die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt aufmerksam zu machen, andererseits aber auch auf die Sorgen der bäuerlichen Familien hinzuweisen.

Wir verfügen mit diesem Grünen Bericht über ein politisches Dokument, das sehr anschaulich die Vielfalt der heimischen Land- und Forstwirtschaft, die regionale Bedeutung der Agrarwirtschaft und die sich daraus ableitenden Einkommensunterschiede analysiert und aufzeigt.

Obwohl die Landwirtschaft und die Forstwirtschaft insgesamt den EU-Beitritt gut bewältigen konnten, sind sie jedoch seit dem Jahre 1996 mit gravierenden Einkommensrückgängen von jährlich durchschnittlich 6 600 S je Familienarbeitskraft konfrontiert. Das ist ein Einkommensrückgang von minus 3,9 Prozent. In Berggebieten ist diese Einkommenssituation noch etwas schlechter: Dort liegt der Rückgang pro Familienarbeitskraft bei 4 Prozent.

Welche Gründe gibt es dafür? – Zum einen liegen sie im Wegfall der degressiven Ausgleichszahlungen, in der Reduktion öffentlicher Gelder, in Preisrückgängen, zum anderen aber auch – das wurde von Herrn Kollegen Steinbichler schon eingehend erläutert – in den gestiegenen


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 54

Aufwendungen und Benachteiligungen auf dem Betriebsmittelsektor, um nur einige Gründe zu nennen.

Im Grünen Bericht kommt auch einprägsam zum Ausdruck, dass sich das Fördersystem seit dem EU-Beitritt grundsätzlich geändert hat und nur eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern die Bereitstellung öffentlicher Gelder möglich macht.

Die Bedeutung von Direktzahlungen wie Ausgleichszulage, Umweltprämien, Marktordnungszahlungen und dergleichen hat zugenommen. Die direkt den Betrieben zugute kommenden Förderungen betrugen im vergangenen Jahr 18,6 Milliarden Schilling. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe darin keine Milliardengeschenke an die Bauern, sondern nur einen fairen – teilweisen! – Ausgleich für die sinkenden Preise, eine teilweise Abgeltung der vielfältig erbrachten Leistungen für die gesamte Gesellschaft.

Die Bedeutung der österreichischen Landwirtschaft, ja die Leistungsstärke, die Leistungsfähigkeit unserer Landwirtschaft spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass trotz zahlenmäßigen Rückgangs sowohl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft als auch der landwirtschaftlichen Betriebe die flächendeckende Landbewirtschaftung erhalten werden konnte – auch in benachteiligten Gebieten, auch in Berggebieten, bei denen sich die Bewirtschaftung wesentlich schwieriger darstellt.

Österreich ist ein klassisches Bergland: Von der Gesamtzahl der Betriebe entfallen 36 Prozent auf die Bergbauern, und 43 Prozent der Bevölkerung Österreichs leben in ländlichen Gemeinden. Ich freue mich daher, dass unser Landwirtschaftsminister Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Raumes setzt, so das Miteinander im ländlichen Bereich fördert und der ländliche Raum eine Belebung erfährt.

Österreich ist auch im biologischen Landbau europaweit beispielgebend, das wurde heute von meinen Vorrednern schon ausgeführt! Ich weiß aber auch um die Sorgen und Schwierigkeiten der Biobauern. Es gilt vor allem, in Zukunft den Absatz biologischer Produkte zu forcieren und neue Marktchancen zu nutzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Große Bedeutung hat in unserem Land auch die Grünlandwirtschaft und somit die Rinder- und Milchproduktion. Vom gesamten Endproduktionswert der Landwirtschaft entfallen zwei Drittel auf die tierische Erzeugung, davon allein etwa 30 Milliarden Schilling auf die Rinder- und Milchproduktion. Wenn wir darauf Wert legen, dass unser Land auch in Zukunft nicht verwaldet, dass es ein gepflegtes Land bleibt, dann tun wir gut daran, gerade die Grünlandwirtschaft im Besonderen zu unterstützen und zu fördern, denn sie ist die billigste und effizienteste Landschaftspflege.

Die politischen Konsequenzen, wie sie gemäß § 9 des Landwirtschaftsgesetzes in dem zusammen mit dem Grünen Bericht vorgelegten Maßnahmenbericht aufgezeigt werden, sind daher die finanzielle Sicherstellung des erfolgreichen Umweltprogramms, die Förderung des biologischen Landbaues, die Förderung in Berggebieten und in sonstig benachteiligten Gebieten, die schrittweise Einführung des Sockelbetrages für Bergbauern, die Auszahlung der Ausgleichszulage auf Grundlage neuer und objektiver Kriterien, weiters die Beseitigung bisheriger Benachteiligungen auf dem Betriebsmittelsektor, die Erschließung zukünftiger Märkte, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, die Schaffung leistungsfähiger Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen, um die Wertschöpfung im Land zu behalten, die Unterstützung der nachwachsenden Rohstoffe und der erneuerbaren Energien sowie das Forcieren der Bildungs-, Beratungs- und Forschungsarbeit – um nur einige Maßnahmen zu nennen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Vor allem jedoch ist – darauf möchte ich besonders hinweisen – eine ausreichende Finanzierung des Programms für die ländliche Entwicklung als zweite, überaus wichtige Säule der Agrarpolitik notwendig! Zusammen mit den Geldern aus Brüssel und dem nationalen Finanzierungsanteil ist nun eine optimale Umsetzung dieses für die bäuerlichen Familien und für den ländlichen Raum so wichtigen Programms mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog sichergestellt.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 55

Unserem Bundesminister Mag. Molterer ist für die vorsorgliche Budgetstrategie für die Jahre 2001 und 2002 genauso zu danken wie für seinen Verhandlungserfolg in Brüssel: fast 10 Prozent der EU-Gesamtmittel für die ländliche Entwicklung entfallen auf Österreich.

Ein Dank gilt aber auch unseren Bäuerinnen und Bauern, die tagtäglich den Tisch der Österreicherinnen und Österreicher mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln in reicher Auswahl decken, die Landschaft pflegen, die Lebensgrundlagen sichern, unser Land als begehrtes Urlaubsland, als ein Land mit Lebensqualität erhalten.

Ein Dankeschön sage auch ich den Testbetrieben, den Experten und unserem Minister Mag. Willi Molterer und seinem Ressort für die Vorlage dieses objektiven Berichtes. Kein Berufsstand legt solch ein transparentes Zeugnis über seine Leistungen und über die Verwendung öffentlicher Gelder ab wie die Land- und Forstwirtschaft.

Das Landwirtschaftsgesetz bietet im Wege der § 7-Kommission eine funktionierende Dialogplattform für die Weiterentwicklung der österreichischen Agrarpolitik und den Austausch von Argumenten der verschiedenen Wirtschaftsgruppen. Die einvernehmlichen Empfehlungen stellen die konstruktive Arbeit der Parteienvertreter, Sozialpartner und Experten in der Kommission unter Beweis.

Die Umsetzung dieser Vorschläge entspricht unserer gesellschaftspolitischen Vision: Das Land muss leben, und keine Zukunft ohne Bauern! Unser Bundesminister, Mag. Willi Molterer, ist der Garant dafür, die Bundesregierung bekennt sich zu einer flächendeckenden bäuerlichen nachhaltigen Landwirtschaft zum Wohle des Landes und seiner Bewohner. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

12.04

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Gruber. – Bitte.

12.05

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Frau Vizepräsidentin! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Der Grüne Bericht 1999 belegt die schwierige Situation, in der sich die Landwirtschaft weiterhin befindet. Die Einkünfte je Familienarbeitskraft haben sich von 160 000 S im Jahre 1998 auf 155 000 S im vergangenen Jahr reduziert. Voriges Jahr, Herr Kraml, habe ich gesagt: 1999 wird es noch ein Minus geben. Dieses Minus von 3,1 Prozent macht deutlich, dass trotz der schwierigen Budgetsituation eine aktive Einkommenspolitik für uns Bauern unverzichtbar ist. Dies mögen auch die Genossen und die Klassenkämpfer zur Kenntnis nehmen! (Heiterkeit. – Bundesrätin Schicker: Und "-innen"! Gibt es keine Frauen? – Macht ist männlich!)

Hoher Bundesrat! 2 400 freiwillig Buch führende Betriebe schaffen die Grundlage für die nach Betriebsformen, Betriebsgröße, Regionen und Bergbauernzonen erstellte Einkommensanalyse für den Grünen Bericht, wichtige agrar- und förderpolitische Entscheidungen, die Abschätzung der Aufwandseite für die volks- und landwirtschaftliche Gesamtrechnung und Unterlagen für die Beratung. Ich möchte an dieser Stelle namens der Österreichischen Volkspartei den freiwillig Buch führenden bäuerlichen Familienbetrieben danken, aber auch den mit der Abwicklung der Arbeit betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft unter der Federführung von Ministerialrat Poschacher sowie in den einzelnen Landwirtschaftskammern. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft sanken im Durchschnitt um 3,8 Prozent. Die Hauptfaktoren dafür waren der weitere Abbau der degressiven Ausgleichszahlungen und die anhaltende Krise auf den Schweinemärkten. Positiv zu Buche schlugen höhere Erträge bei Milch, bei Feldfrüchten, Gemüse und Holz. Die gleichzeitig um 1 Prozent sinkende Zahl der Familienarbeitskräfte dämpfte die Einkommensverluste, die letztendlich 3,1 Prozent ausmachen. 1998 war, wie Frau Kollegin Fösleitner erwähnt hat, das letzte Jahr, in dem die degressiven Ausgleichszahlungen zur Bewältigung des EU-Beitrittes ausbezahlt wurden. 1999 standen sie mit Ausnahme von Zahlungen an die wirtschaftlich stark unter Druck stehenden Schweine


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 56

bauern nicht mehr zur Verfügung und fehlten erstmals bei der Einkommensbildung. Dies bedeutet ein Minus von 1,3 Milliarden Schilling in der Einkommensrechnung.

Insgesamt sanken die öffentlichen Zahlungen an die Betriebe um 7,2 Prozent. Der Unternehmensertrag hingegen blieb trotz der schwierigen Situation im Schweinebereich in Summe gegenüber 1998 konstant.

Unter den Produktionsgebieten haben das Wald- und Mühlviertel sowie das nordöstliche Flach- und Hügelland Einkommenszuwächse zu verzeichnen. Das südöstliche Flach- und Hügelland und leider auch das Kärntner Becken waren 1999 die größten Verlierer.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Datenmaterial ist eine wertvolle Hilfe bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für die österreichische Landwirtschaft. Dieses Datenmaterial widerlegt auch die Aussagen der Oppositionspolitiker, der SPÖ-Politiker, der Klassenkampfpolitiker. (Rufe bei der SPÖ: Geh bitte!)  – Liebe Freunde von der SPÖ! Es gibt keine soziale Schieflage. Es gibt keine Milliardengeschenke an die Bauern, wie das euer Präsident Tumpel gesagt hat. (Bundesrätin


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 57

Schicker: An die Großbauern!) Es gibt keine ungebührliche Zuteilung an die Bauern durch den Staat. Durch die Trockenheit, die Dürrekatastrophe im Osten unseres Landes, müssten auch Sie, liebe Genossen, für die Zukunft die Lehren ziehen und endlich begreifen, dass die Landwirtschaft kein Industriezweig ist, sondern nach Gesetzen der Natur arbeiten muss. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Verständnis für aktuelle Sorgen der Bauern zu haben, ist das eine – das kostet nichts! Verständnis für konkrete Maßnahmen für die Bauern zu haben, das ist das andere – das kostet meistens etwas! Anders als viele andere Wirtschaftszweige braucht die Landwirtschaft etwa gewisse Quotenregelungen, braucht Preisstützungen, braucht möglichst niedrige oder gar kostenlose Ernteversicherungen – die USA etwa unterstützen ihre Agrarbetriebe durch Ernteversicherungen in Milliardenhöhe –, braucht eine bestimmte Mehrproduktion zur Sicherheit der Konsumenten, wenn wieder dürre Jahre oder andere Katastrophen auftreten.

Es müsste doch daher jeder mit ein bisschen gutem Willen erkennen, dass Landwirtschaft nicht am Reißbrett geplant werden kann sondern unter dem freien Himmel betrieben werden muss!

Die Erhaltung der bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft in ihrer Mehrfachfunktion – Ernährung, nachwachsende Rohstoffe, Kulturlandschaft und Dienstleistungen – ist das erklärte Ziel der Bundesregierung. Die Bezahlung von Agrarbeihilfen nach Beschäftigung im Betrieb, wie es "Gruselbauer" verlangt, würde dazu führen, dass Klein- und Nebenerwerbsbetriebe weniger bekämen.

Nur einige Worte noch zu eurer sozialen Ausgewogenheit und zur Größendegression, Herr Grillenberger! Ich erinnere daran, dass es gerade Österreich war, das im Europäischen Rat am 26. März 1999 die Degression beim KPA – Kulturpflanzenausgleich – verlangt hat. Es waren die sozialdemokratischen Regierungen von Schweden, Deutschland, England und Dänemark, die diese Größendegression abgelehnt haben! Ist es nicht Heuchelei, in Österreich zu verlangen, was die Sozialistische Internationale ablehnt? (Bundesrätin Schicker: Sozialdemokratisch!) In jenen Bereichen, die Österreich selbst gestalten kann, gibt es die Größendegression: bei der Ausgleichszulage zum Beispiel 30 Hektar, beim Umweltprogramm sind es 100 Hektar.

Hohes Präsidium! Sehr geehrten Damen und Herren! 1999 verdienten die Bauern um 8 Prozent weniger als vor fünf Jahren. Der Abstand zu den übrigen Arbeitnehmern ist größer geworden, und das Verständnis der Bauern für das Dienstrechtsgesetz der Beamten ist gleich null! Das muss ich auch einmal sagen.

Hoher Bundesrat! Es ist Zielsetzung von Minister Molterer, Wettbewerbsfairness für die bäuerlichen Betriebe zu garantieren und 200 000 bäuerliche Betriebe in Österreich zu erhalten. Jeder kann abschätzen, wie viele zigtausende Arbeitsplätze auf dem Arbeitsmarkt mit diesen oben genannten Zielen entlastet werden. Da darf es die SPÖ nicht stören, dass das fiktive Ausgedinge gesenkt wurde. Es betrifft kleine Bauern, die nur 5 000 S Pension erhalten, ihr Leben lang hart gearbeitet haben, fünf bis sechs Kinder und mehr großgezogen haben. (Bundesrätin Schicker: Und "-innen"!) Es darf Sie, liebe Freunde, nicht stören, dass Nebenerwerbsbauern in der Arbeitslosenversicherung gleichgestellt werden. Und der Berufsschutz ist auch keine Schieflage!

Es ist nicht schön, wenn hohe Gewerkschaftsfunktionäre auch in diesem Hohen Bundesrat die Nebenerwerbsbauern, die auch Gewerkschaftsmitglieder sind, Abkassierer nennen. (Zwischenruf des Bundesrates Grillenberger. )

Sehr geehrten Damen und Herren! Die Bauern bekommen keine Extrawurst. Das 40 Milliarden-Paket vor der Wahl hat auch die Zustimmung der SPÖ gehabt. Schreibt euch das hinter eure "Löffel"!

Das ÖPUL-Programm 2000 ist ein in der EU einzigartiges Programm. Für die öffentlichen Förderungen wird nach dem Auslaufen der degressiven Ausgleichszahlungen die Bedeutung des agrarischen Umweltprogramms ÖPUL besonders deutlich: 41 Prozent der öffentlichen Gelder stammen vom kofinanzierten ÖPUL, gefolgt von den Marktordnungsprämien mit 33 Prozent, die ausschließlich von der EU zur Verfügung gestellt werden. Die Ausgleichszulage für Bergbauern und Betriebe in sonstigen benachteiligten Gebieten folgt mit 14 Prozent an dritter Stelle. (Bundesrätin Schicker: Habt ihr demnächst Wahlen in Kärnten? – Das ist ja eine Wahlrede!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Minister Molterer und der Österreichische Bauernbund haben die Zukunft abgesichert. (Bundesrätin Schicker: Der Großbauern!) Die Hauptfeststellung der Einheitswerte wird bis 2009 fortgeschrieben. Die Pauschalierungsverordnung bleibt. Die neuen Gewinnsätze für die Pauschalierung sind hart – der Finanzminister hat das und auch den Agrardiesel vor ein paar Stunden von diesem Rednerpult aus erwähnt. Änderungen im Bewertungsgesetz, Herr Minister, müssen ausgeräumt werden.

Wir Bauern sind Unternehmer. Auf meinem Flug heute Früh von Klagenfurt nach Wien habe ich gesehen, dass 80 Prozent der Äcker mit einer Winterbegrünung versehen sind. Vor Jahren war das noch anders. Das heißt, wir Bauern machen Grundwasserschutz – allerdings kann es diesen Grundwasserschutz nicht zum Nulltarif geben! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster ist Herr Bundesrat Hensler zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.15

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Grüne Bericht wird heute vorgelegt. Er zieht Bilanz über die Aktualität, über die Wichtigkeit der Bauern, gleichzeitig aber gibt er auch einen Überblick über die soziale und wirtschaftliche Lage unseres Berufsstandes. Es wurden sehr viele Argumente bereits erwähnt. Ich beschränke mich auf das Wesentliche.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mich persönlich sehr freut, ist die Tatsache, dass – wie aus dem Verlauf der Diskussion klar und deutlich hervorgegangen ist – für alle politischen Kräfte der Konsens die Grundvoraussetzung ist, und zwar der Konsens in die Richtung: Wir brauchen die Bauern in Österreich, die Bauern sind wichtig für unsere Wirtschaft, und die Bauern sind wichtig für unsere Gesellschaft.

Wir wissen auch, dass unsere Bauern hervorragende Qualität produzieren. Kollege Gudenus hat gesagt, es bedürfe zweifelsohne noch eines Umdenkens bei den Konsumenten. – Ich gebe Ihnen darin vollinhaltlich Recht, Herr Kollege! Aber unbestritten ist auch, dass in der Öffentlichkeit Umfragen präsentiert werden, wonach die Konsumenten zu 85 Prozent der klaren und deutlichen Meinung sind: Jawohl, wir brauchen österreichische Qualität, wir brauchen unsere Bauern, sie sind unheimlich wichtig!

Ich komme jetzt zu einem Punkt, der die Rahmenbedingungen betrifft. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, in der heutigen Zeit – es ist ganz einfach so – kann die Politik


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 58

nicht mehr alles organisieren, alles gestalten, nein! Politik soll und muss vielmehr Rahmenbedingungen schaffen. Gerade diese Rahmenbedingungen sind die Grundvoraussetzung dafür, dass es in Zukunft in unserer Republik eine gut funktionierende Landwirtschaft, die es geben soll und geben muss, auch tatsächlich gibt.

Auf der einen Seite haben auch wir zweifelsohne einen Strukturwandel zu verzeichnen – er ist leider in den vergangenen Jahren vorangetrieben worden. Es gibt hiezu das europäische Modell der Landwirtschaft, in das Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister – danke schön dafür –, sehr wichtige Ansätze zum Vorteil der Bauern in Österreich eingebracht haben. Das war sehr lobenswert! Die nationalen Maßnahmen – sie wurden ebenfalls bereits erwähnt – umfassen das 40 Milliarden-Paket und das ÖPUL. Das ÖPUL ist überhaupt eine einmalige Sache innerhalb der EU, auch hiezu haben wir sehr viel beigetragen.

Ich komme nun zu einem Punkt, zu dem ich als "praktizierender Bauer" eine Bemerkung machen muss: Der Bauer muss selbst aktiv werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! Er muss mehr denn je unternehmerisches Denken zeigen. Gleichzeitig muss es in unserem Berufszweig ein Umdenken geben, ein Umdenken in Richtung Senkung der Produktionskosten, also das Produkt in optimaler Zusammenarbeit herzustellen.

Damit bin ich bei einem Thema, das mir persönlich sehr am Herzen liegt, nämlich die Maschinenringe generell. Mit diesen haben die Bauern die Möglichkeit, durch überbetriebliche Zusammenarbeit ein gegenüber der Konkurrenz gleichwertiges Produkt auf den Markt zu bringen. Als derjenige, der auch österreichweit bei den Maschinenringen Verantwortung trägt, bin ich sehr froh darüber, dass Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, diese Idee immer wieder forcieren und wesentlich vorantreiben.

Zu den Einwänden bezüglich Groß- und Kleinbauern in der EU, die von den sozialistischen Kollegen gekommen sind, möchte ich sagen: Angesichts der modernen Entwicklung der Landwirtschaft in der EU gibt es in Österreich nur Klein- und Mittelbetriebe! Das Wort "Großbetriebe" ist meiner Überzeugung nach nicht zutreffend, in dieser Hinsicht kann es kein Klassendenken geben!

Noch einige Worte generell zum Umwelt- und Gewässerschutz. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wasser ist das höchste Gut, das wir haben. Es ist daher nicht einfach eine Floskel, wenn Fachleute sagen, Wasser habe in Zukunft Priorität.

Zum Gewässerschutz: Die Bauern haben in der Vergangenheit versucht, aktiv mitzuhelfen, dass unser Grundwasser einen hervorragenden Stellenwert hat. Ich sage auch hier ganz wertfrei: Diese Entwicklung darf keine Einbahnstraße sein. Es müssen alle Berufsgruppen zusammenhelfen, damit diese Qualität unseres Grundwassers gewährleistet ist. Es ist eine gemeinsame Herausforderung für alle Berufsgruppen, dieses Ziel zu erreichen.

Zum Umweltschutz: Es gibt sehr gute Ansätze in diesem Bericht. Das ÖPUL ist aktuell und wichtig, weiters gibt es eine freiwillige Verpflichtung im Zusammenhang mit der Düngung et cetera. Es wurde von meinen Vorrednern schon erwähnt, dass die Begrünung eine großartige Sache ist, Winterbegrünung und so weiter. Die Bauernschaft hat freiwillig Verpflichtungen auf sich genommen, um einen Beitrag für die Umwelt zu leisten. Gleichzeitig handelt es sich um nachwachsende Rohstoffe – ein wichtiger Punkt. Es bringt auf der einen Seite im Zusammenhang mit dem Klimaschutz sehr viel, gleichzeitig bringt es aber auch ein zusätzliches Einkommen für die Landwirtschaft.

Dieses zusätzliche Einkommen der Bauern gewährleistet, dass in vielen Bereichen die Arbeitsplätze in unserem Berufsstand für die Zukunft abgesichert werden. Sie wissen, dass ein Arbeitsplatz drei weitere Arbeitsplätze in vor- und nachgelagerten Bereichen bedeutet. Über 600 000 Menschen sind in die Landwirtschaft involviert.

Zusammenfassend: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Wir haben sehr gute Ansätze für 2001, für die Zukunft unserer Bauern generell. Danke, sehr geehrter Herr Bundesminister, dafür, dass in diese Richtung sehr viel bewegt wurde. Ich bin überzeugt davon,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 59

dass wir Bauern mit diesem Programm 2001 mit Optimismus in die Zukunft schauen können. Es wird auch in Zukunft Probleme geben, und wir werden auch in Zukunft Herausforderungen zu bewältigen haben, aber ich bin überzeugt davon, dass wir, wenn wir an die Idee des Berufsstandes der Bauern glauben, daran glauben, dass die Bauern den Tisch der Österreicher decken – sie tun dies gerne –, gemeinsam, mit Unterstützung unserer Bundesregierung den Weg in die Zukunft gehen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte.

12.24

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sie haben jetzt schon sehr viel über die österreichische Land- und Forstwirtschaft gehört. Erlauben Sie mir trotzdem, dass ich versuche, in sehr komprimierter Form die Grundstrategien der österreichischen Agrarpolitik herauszuarbeiten und den Blick für die neue und moderne Landwirtschaft zu schärfen.

Die österreichische Agrarpolitik beruht im Wesentlichen auf drei Grundpfeilern. Erster Grundpfeiler: Konzentration auf die Entwicklung des einzelnen bäuerlichen Betriebes, Stärkung zu einem leistungsfähigen bäuerlichen Familienbetrieb.

Der zweite Grundpfeiler betrifft die Positionierung des Sektors auf dem Markt – dort, wo verkauft wird. Ich meine damit die Verarbeitungs- und Vermarktungswirtschaft und auch die Marketingorganisation der AMA, Agrarmarkt Austria, die den Marktauftritt der österreichischen Land- und Forstwirtschaft direkt begleitet.

Als dritten Pfeiler sehe ich die ländliche Entwicklung, die das gesamte Umfeld, in dem sich der Sektor bewegt, in dem er lebt und wirtschaftet, gestaltet.

Zum ersten Pfeiler, dem bäuerlichen Betrieb: Uns geht es in erster Linie darum, es den Betrieben zu ermöglichen, ein Maximum an eigener Wirtschaftskraft zu entwickeln. In der Agrarpolitik der Bundesregierung und unserer Fraktion geht es in erster Linie um die Erhöhung der Effizienz der Betriebe und um das Nützen aller Marktchancen, die gegeben sind.

Es geht dabei genauso um die Einführung der EDV-Möglichkeiten in die Land- und Forstwirtschaft, die Einführung der neuen Informationstechnologien, um die Effizienz der Betriebe zu steigern. Ich darf Ihnen dafür, dass das mit einigem Erfolg geschieht, ein Beispiel nennen.

Die Betriebe, die Urlaub am Bauernhof anbieten und Mitglied der Verbände sind, sind unisono im Internet vertreten. Zirka 50 Prozent der Anfragen laufen bereits über Internet. Wenn wir das zum Beispiel mit den Privatzimmervermietern vergleichen, stellen wir in unserem Bundesland fest, dass jene Betriebe, in denen dieser Versuch, die neuen Methoden einzuführen, nicht Platz greift, dem Wettbewerb nicht standhalten, vom Markt verschwinden, während das Produkt "Urlaub am Bauernhof" nach wie vor schöne Zuwachsraten aufweist.

Bei der Effizienzsteigerung der einzelnen Betriebe spielen auch die Maschinenringe, wie vom Vorredner angesprochen, eine wesentliche Rolle. Es hat sich über das gesamte Land unbemerkt ein Netz an Kooperations- und Zusammenarbeitsformen entwickelt, wodurch höchste Technologie und schlagkräftigste Maschinen und Geräte in der Landwirtschaft eingesetzt werden können.

Eine Effizienzsteigerung ist notwendig, damit die Bauern den Rücken für neue Chancen, für neue Zuerwerbsmöglichkeiten, für neue Kombinationen "frei bekommen".

Begleitet wird diese Politik – dies ist auch notwendig – von einer Bildungspolitik, die dieses Bild des unternehmerischen, des tüchtig auf dem Markt agierenden Bauern zeigt. Herr Bundesminister! Das Bundesministerium hat eine Kampagne betreffend bäuerliches Familienunternehmen


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 60

entwickelt, die landauf, landab greift, die dringend notwendig ist und genau diesen Prozess vorantreibt.

Zum zweiten Grundpfeiler der Agrarpolitik nur kurz; Herr Kollege Kraml hat es schon angesprochen, ich möchte in diesem Zusammenhang nur die landwirtschaftliche Außenhandelsstatistik zitieren: Von 1994 bis 1999 sind die Lebensmittellieferungen Österreichs in die Europäische Union von 9,5 Milliarden Schilling auf mehr als 30 Milliarden Schilling gestiegen, haben sich also mehr als verdreifacht. Natürlich sind auch die Importe etwas gestiegen, sie sind jedoch nur doppelt so hoch wie damals, die Exporte aber haben sich mehr als verdreifacht.

Ich glaube, dass dieses Beispiel zeigt, dass das nicht so hoffnungslos ist, dass das Bemühen, in der Verarbeitungswirtschaft die Investitionen voranzutreiben und den Marktauftritt zu verbessern, letztlich doch Erfolge zeigt, auch wenn es nicht gelungen ist – da gebe ich Ihnen auch in Ihrer Kritik Recht –, den Wegfall der Übergangsbeihilfen zur Gänze auszugleichen. Wir haben Wesentliches geschafft, aber es entbindet uns natürlich nichts der Verpflichtung, hier noch wesentlich stärker und effizienter zu arbeiten.

Das dritte Grundelement betrifft die Gestaltung des umgebenden Raumes, die ländliche Entwicklung – ein etwas sperriger Begriff. Dabei geht es um die Stärkung der Wirtschaftskraft insgesamt.

Man muss wissen, dass der Bauer – vor allem jene mit kleineren Betrieben – zwei Möglichkeiten hat, wenn er in der Landwirtschaft nicht mehr existenzfähig ist, wenn er nicht mehr in der Lage ist, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften: Die erste Möglichkeit ist, aufzugeben und sich einen zweiten Beruf zu suchen. Die zweite Möglichkeit ist, sich in neuen Betätigungsfeldern umzusehen. Dabei geht es ganz konkret darum, Kombinationsmöglichkeiten zwischen Landwirtschaft und Tourismus, zwischen Landwirtschaft und Gewerbe und zwischen Landwirtschaft und Dienstleistungssektor zu schaffen, sodass wir den stark wachsenden Dienstleistungssektor im ländlichen Raum auch über die bäuerlichen Betriebe mit bedienen.

Die Politik muss diesen Prozess insofern begleiten, als sie die richtigen Rahmenbedingungen bereitstellen muss.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sehe für eine gedeihliche Zukunftsentwicklung der heimischen Land- und Forstwirtschaft keinen anderen Weg, als diese Politik so konsequent wie möglich fortzusetzen. Es geht um die Stärkung des einzelnen Betriebes, um die Marktkraft des Sektors und um die Entwicklung des gesamten ländlichen Umfeldes. Das ist bisher in beachtlichem Maße gelungen, und es lohnt sich, sich dafür auch in Zukunft stark zu machen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Höllerer. – Bitte.

12.30

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Wie Sie von meinen Vorrednern schon gehört haben, ist es sehr wohl so, dass es keine Milliardengeschenke an die Bauern gegeben hat, sondern, ganz im Gegenteil, die Bauern einen großen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten. Das heißt, dass das nicht erst geschieht, seit wir wissen, wie prekär die Situation des österreichischen Bundesbudgets ist, sondern die Landwirtschaft hat schon vor einigen Jahren den Gürtel gewaltig enger schnallen müssen, denn das Agrarbudget sank seit dem EU-Beitritt im Jahr 1995 von Jahr zu Jahr. Momentan betragen die reinen Bundesausgaben für die Landwirtschaft nur noch rund 1 Prozent des Gesamtbudgets.

Das Einkommen der Bauern – das haben wir heute auch schon gehört – ist im selben Zeitraum um rund 13 Prozent gesunken, während die Einkommen anderer Berufsgruppen sehr wohl einen Zuwachs verbuchen konnten.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 61

Wir wissen auch, dass im Jahr 1999 – wie im Grünen Bericht auch eindeutig festgeschrieben –wieder ein Rückgang der Einkünfte in der Landwirtschaft, nämlich 3,1 Prozent je Familienarbeitskraft, zu verzeichnen war.

Uns in Niederösterreich trifft ganz besonders, dass künftig auch für agrarische Organisationen weniger Geld zur Verfügung gestellt wird. Das bedeutet, dass auch in Bezug auf die Landwirtschaftskammern ein enormer Sparkurs gefahren werden muss. Bei der Umstrukturierung der Landwirtschaftskammern in Niederösterreich, bei dieser Kammerstrukturreform, gehen momentan die Wellen sehr hoch.

Es ist auch festzuhalten, dass, wenn es schon solche Einsparungen in der Verwaltung geben muss, selbstverständlich auch Bürokratieabbau stattfinden muss, denn wir alle wissen, dass bei dieser Vielzahl von statistischen Erhebungen, von Meldungen, insbesondere auch im Antragswesen, eine gewisse Fehleranfälligkeit zu bemerken ist, sodass das unbedingt zu optimieren ist. (Bundesrat Weilharter: Auch doppelgleisig!) Auch Doppelgleisigkeiten gibt es, die ausgeräumt werden müssen.

Im Regierungsübereinkommen bekennt sich die Bundesregierung ausdrücklich zu einer bäuerlich strukturierten flächendeckenden Landwirtschaft und zu einer aktiven Politik zur Stärkung des ländlichen Raumes. Die Umsetzung jener Punkte, die darin enthalten sind, werden von den Bauern eingefordert. Vor allem geht es auch darum, dass Maßnahmen, die bereits beschlossen waren und die doch – so kann man sagen – zur Entzerrung des Wettbewerbes für die bäuerlichen Betriebe in Österreich beigetragen hätten, verschoben werden mussten. Auch das ist ein Beitrag der österreichischen Bauern zur Budgetsanierung, die wir in Kauf nehmen, weil wir wissen, dass die Budgetsanierung unbedingt notwendig ist.

Das heißt also, dass es eine Kostenentlastung für die Bauern nicht gibt, da sowohl die Einführung der neuen Ausgleichszulageals als auch die Einführung des Sockelbetrages für die Bergbauern um zwei Jahre hinausgeschoben werden mussten, und dass die steuerliche Begünstigung des Agrardiesels auf das Jahr 2003 verschoben werden musste. Wir in Österreich haben immer noch den zweithöchsten Agrardieselpreis in Europa, was eine enorme Wettbewerbsbenachteiligung für die österreichischen Bauern bedeutet.

Meine Damen und Herren von der SPÖ-Fraktion! Ich kann Ihnen schon sagen, dass die Maßnahmen, die für das Jahr 2001 für die Land- und Forstwirtschaft vorgesehen sind, unbedingt notwendig sind und dass Sie Ihre Zustimmung bedenkenlos geben könnten. Wenn Sie meinen, dass die Prämien in Österreich keiner Staffelung unterzogen werden, so muss ich sagen, dass das nicht stimmt. Sie alle wissen ganz genau, dass es sehr wohl eine Staffelung gibt, und zwar auch eine Staffelung betreffend das Flächenausmaß, sodass für die ersten 100 Hektar 100 Prozent der Prämien ausbezahlt werden, dass es aber dann eine schrittweise Senkung dieser Prämien bis auf 65 Prozent gibt, es nationale Obergrenzen bei Acker- und Grünland gibt und dass sich die Ausgleichszulage sehr wohl auch an einer Erschwerniskategorie orientiert.

Für uns ist ganz besonders wichtig, dass auch in Zukunft den Bauern alle Mittel, die EU-kofinanzierte Maßnahmen, nationale Maßnahmen, aber vor allem auch die EU-Marktordnungsmaßnahmen garantieren, zur Verfügung gestellt werden, dass kein Schilling in Brüssel liegen bleibt und dass insbesondere im Rahmen des Gesamtförderpaketes ländliche Entwicklung alles, was für die Bauern lukriert werden kann, auch in Zukunft möglich ist. Auch über die zwei Jahre hinaus, für die das jetzt ausverhandelt wurde und für die letztendlich doch die Kofinanzierung der EU-Mittel sichergestellt wurde, ist es für die bäuerlichen Betriebe unbedingt notwendig, dieses Geld auch in Zukunft lukrieren zu können.

Ich möchte noch auf die EU-Marktordnungsmaßnahmen in Bezug auf den Wein eingehen. Es ist heuer gelungen, ein Programm zu starten, das sich mit der Umstrukturierung im Weinbau beschäftigt, bei dem es vor allem auch darum geht, Umstellungsmaßnahmen zu fördern. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass sämtliche Gelder, die für dieses Projekt zur Verfügung stehen, reine EU-Gelder sind und dass ein ganz wichtiger Schritt gesetzt wird, um auch Marktstrategie für den österreichischen Weinbau zu betreiben. Das heißt, es kommt zu Umstrukturie


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 62

rungen in dem Maße, dass Flächen, die an Randgebieten gelagert sind, die in Streulagen sind, in die geschlossene Weinbauflur hineingenommen werden, dass es auch eine Ausrichtung nach einer bestimmten Qualitätssortenkategorie gibt. Wir alle wissen, dass sich der Konsument sehr an weltweiten PR-Maßnahmen orientiert. Durch diese wird insbesondere Rotwein forciert, der in Bezug auf die Gesundheit besonders beworben wird. Wir haben in Österreich einen Mangel an Rotwein, zumindest entspricht die derzeitige Produktion des Rotweins nicht der Nachfrage.

Es ist in diesem Programm selbstverständlich enthalten, dass es eine besondere Art der Förderung der Bewirtschaftungstechnik gibt, dass Rekultivierungen von Böschungen gefördert werden. Mit der Erreichung der Zielsetzung innerhalb dieser fünf Jahre – so lange läuft dieses Programm – ist bestimmt ein sehr gewichtiger Schritt für den österreichischen Weinbau gesetzt.

Ich möchte noch anmerken, dass die Weinmarketingservicegesellschaft intensivst arbeitet, um österreichischen Wein auch im Ausland entsprechend zu bewerben. Sie hat sich einen sehr hohen Level gesetzt, um die Quote des österreichischen Weines in Richtung Ausland zu erhöhen.

Ich möchte in meinem Redebeitrag auch erwähnen, dass 87 Prozent des Weines, der in der österreichischen Gastronomie verkauft wird, österreichischer Wein ist. Es kommen jedoch leider nur 79 Prozent des Umsatzes, der in der Gastronomie mit Wein erwirtschaftet wird, von den österreichischen Weinen. Diese Differenz erklärt sich damit, dass die ausländischen Weine etwas teurer verkauft werden.

Zielsetzung muss es sein, dass die Leistungsabgeltungen für die Bauern – national finanziert, EU-finanziert – in Zukunft abgesichert sind, denn dann wird es möglich sein, eine Einkommensverbesserung für die österreichischen Bauern zu erwirken, dann wird es möglich sein, dass die Bauern jene Aufgaben, die sie innerhalb der Volkswirtschaft zu leisten haben, optimal erfüllen können, wie Lebensmittel von hochwertiger Qualität und Rohstoffe zu produzieren. Es muss ein umweltorientiertes Wirtschaften ermöglicht werden, vor allem muss die Bewirtschaftung in den Berggebieten und in den benachteiligten Regionen aufrechterhalten werden, was letztendlich auch eine Arbeitsplatzsicherung auf dem Bauernhof und darüber hinaus auch in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen der Landwirtschaft bedeutet. Das bewirkt aber auch die Pflege der österreichischen Kulturlandschaft. Nur dann, wenn die Bauernhand das Land pflegt, ist es auch möglich, wie wir alle wissen, Österreich als sehr gepflegtes Tourismusland zu erhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

12.40

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, zum Bericht, der in großer Tiefe behandelt wurde, noch etwas zu sagen. Es haben aber im Verlauf dieser Debatte mehrere Sprecher – sie haben in geradezu prophetischer Weise gehandelt – über die Gefahr, die von einer entarteten Form der Erzeugung von Agrarprodukten ausgeht, gesprochen und auf den Themenkomplex BSE, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verwiesen. Es ist ein tragischer Zufall, dass heute um 11.38 Uhr – die Reden waren schon gehalten oder noch im Gang – über die APA die Meldung gegangen ist, dass in Kärnten, was sicher keine politischen Implikationen hat, ein Verdacht eines Todesfalles nach Creutzfeldt-Jakob aufgetaucht ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich berichte das.

Ich glaube, dass uns das auch bei uns auf die Ernsthaftigkeit dieser Problemstellung aufmerksam machen soll. Ich gehe davon aus und weiß, dass es keiner Aufforderung von meiner Seite bedarf, dass auch von Seiten des Ministeriums in diesem Fall bei all den Untersuchungen, die jetzt folgen werden, die Möglichkeit einer Verursachung aus dem Konsumbereich entsprechend untersucht wird. Ich würde es begrüßen, könnte sich auch dieses Haus in einer unaufgeregten und nicht Panik verursachenden Art und Weise – das möchte ich gleich dazusagen – nach


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 63

einem Bericht des Herrn Bundesministers, wenn dafür das Material gesammelt ist, mit diesem unendlich wichtigen Thema auseinander setzen.

Der durchschnittliche Zeitungsleser mag den Eindruck bekommen haben, dass es sich um ein britisches Spezialproblem handelt. Alle, die sich damit auseinander setzen, wissen, dass es nicht so ist. Es ist ein portugiesisches Problem, das gerade mit der – wenn mir die Schlagzeile richtig in Erinnerung ist – Zahl von 71 Todesfällen in der portugiesischen medialen Öffentlichkeit eine große Rolle spielt. (Bundesrat Ing. Gruber: Nicht breitdreschen!) – Was haben Sie, Herr Kollege? Ist irgendeine Schädigung bei Ihnen eingetreten? – Ich berichte über eine internationale Entwicklung. Ich sehe, ehrlich gesagt, keinen Grund für diesen sehr unqualifizierten Zwischenruf.

Wir haben ein Problem in Frankreich, das breit diskutiert wird, und ich glaube, dass es jenseits jeglicher politischer Kontroversen erforderlich ist – ich weiß nicht, welcher Beistrich von mir falsch gesetzt wurde, um Sie zu erregen –, dass wir uns auch in diesem Land – erfreulicherweise ohne solch dramatische Begleitumstände – mit dieser Frage auseinander setzen. Das wollte ich in die Debatte einbringen. Wenn der Herr Kollege dazu etwas zu sagen hat, so bin ich willens, ihm unaufgeregt zuzuhören. (Beifall bei der SPÖ.)

12.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinbichler. – Bitte.

12.44

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesrat Konecny! Natürlich leben wir in der Situation einer sehr populistischen, medial angehauchten Berichterstattung. Ich bitte aber auch Sie persönlich – auch im Sinne der Bauern, aber ganz besonders im Sinne der Konsumenten –, nicht allein auf Grund von Verdachten überzureagieren. Ich nehme in Anspruch, dass unsere Redner fachlich sehr begründet gesprochen haben. Es ist, so glaube ich, nicht gut, wenn man allein schon auf Verdächtigungen reagiert.

Ich darf ein kleines Beispiel bringen: Schauen Sie sich an, Herr Kollege, welch großen Schaden man der österreichischen Landwirtschaft mit einer überzogenen medialen Kampagne hinsichtlich der Cholesterindebatte zugefügt hat, die völlig daneben gelegen ist, die völlig falsch war, welch große Schäden man beim Butterabsatz, beim Fleischabsatz der österreichischen Landwirtschaft zugefügt hat!

Es wäre schlimm, sollte sich Ihr Verdacht bestätigen, aber ich bitte darum, in der Diskussion sachlich zu bleiben. – Danke.

12.45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

12.45

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine Damen und Herren! Ich möchte dazu festhalten, dass Creutzfeldt-Jakob seit vielen Jahren in Österreich eine meldepflichtige Krankheit ist. Ich möchte festhalten, dass in Österreich der Rechtsrahmen etwa im Bereich Futtermittelrecht schärfer war als in vielen anderen Regionen. Ich möchte festhalten, dass wir bisher – hier sage ich: Gott sei Dank! – in Österreich keinen einzigen Fall von BSE haben; ich hoffe, dass es so bleibt. Selbstverständlich wird die zuständige Gesundheitsbehörde jedem Fall nach gehen, das ist ganz klar und eine Verpflichtung, die wir haben.

Ich möchte zur Frage der Empfehlungen der Bundesregierung nur wenige Sätze sagen. Ziel ist die Einkommensverbesserung der landwirtschaftlichen Betriebe – das ist zweifelsfrei notwendig, das sagt der Grüne Bericht –: durch Verbesserung der Marktposition, durch Ausbau der Aus


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 64

gleichszahlungen und durch die verstärkte Nutzung der Erwerbskombinationen in den ländlichen Räumen.

Ziel ist weiterhin die ökologische Orientierung der Produktion, die Sicherung der Multifunktionalität, die optimale Umsetzung des neuen Programms der ländlichen Entwicklung, selbstverständlich das Ausnützen aller Möglichkeiten der Finanzmittel in der Europäischen Union und klarerweise auch die Verbesserung der Wettbewerbsposition der bäuerlichen Betriebe.

Ich möchte mich nur mit zwei Fragestellungen beschäftigen und mich zuerst an die Kollegen von der Sozialdemokratie wenden.

Ich bin sehr dafür, dass wir die Diskussion, die Sie permanent über die Frage der Verteilung der Agrarförderung führen, auch aufnehmen, aber dann auch so, wie sie zu führen ist.

Das Agrarfördersystem bewirkt, dass der Einkommensentfall, der durch gesunke Preise bewirkt ist, kompensiert wird. Es ist doch wohl logisch, dass eine Preissenkung, wenn Sie beispielsweise die Getreideproduktion hernehmen, nicht nur für den ersten Hektar wirkt, sondern für jeden Hektar, auf dem produziert wird. Daher ist die Einkommenskompensation auch für jeden Hektar notwendig.

Oder denken Sie an das Umweltprogramm. Ich nehme doch an, dass Sie Interesse daran haben, dass auf jedem Hektar und nicht nur auf dem ersten Hektar ökologisch gewirtschaftet wird. Daher ist auch klar, dass das Umweltprogramm auf die Fläche des Betriebes abstellt, so wie auch die Ausgleichszahlungen aus den Marktordnungen. Dort, wo wir können – das ist schon gesagt worden –, haben wir die Staffelung auch durchgeführt, etwa im Bereich der Ausgleichszulage.

Mir ist es aber politisch viel wichtiger, Folgendes aufzuzeigen: Ich habe es bisher immer so verstanden, dass Sie oder auch Gewerkschaften stolz sind, wenn ihre Mitarbeiter, wenn ihre Mitglieder verdienen. Ich bin auch stolz, wenn es verdienende Bauern gibt. Weiters habe ich es bisher so verstanden, dass es doch Ihr Ziel ist, dass das Verdienstniveau derer, die weniger verdienen, angehoben wird – jedoch nicht dadurch, dass Sie oben etwas wegnehmen, was Sie unten dazugeben, sondern indem Sie schauen, dass unten besser verdient wird.

Warum – das frage ich Sie; das ist eine wirklich zutiefst politische Frage – versuchen Sie denn permanent, in der Landwirtschaft diese Verteilungsdebatte von oben nach unten zu führen? – Bekennen Sie sich doch auch wie alle anderen politischen Kräfte in dem Land dazu, dass wir das Verdienstniveau jener Bauern, die noch weniger verdienen, anheben. Ich lehne es ab, dass Sie aus politischen Motiven eine Verteilungsdebatte in die Landwirtschaft hineinbringen wollen, zu der Sie in Ihren eigenen Bereichen nicht einmal nur ansatzweise willens sind – weil ich sie auch nicht für richtig hielte, muss ich Ihnen sagen.

Ein Unterschied darf doch gesagt werden: Ein Arbeitnehmer, der viel verdient, und ein Arbeitnehmer, der wenig verdient, haben die 40-Stunden-Woche. Wenn ein Bauer Ausgleichszahlungen in dieser Höhe bekommt und der andere in jener Höhe, so ist doch objektiv ein Unterschied gegeben, nämlich die unterschiedliche Betriebsgröße und die unterschiedliche Lage des Betriebes. Ich gehe davon aus, dass wir den Einheitsbetrieb in Österreich nicht wollen. Ich jedenfalls will ihn nicht. Ich meine, dass das eine zutiefst politische Debatte ist, die wir führen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur zweiten Fragestellung, die angesprochen wurde: die Erweiterung, Herr Kollege Gudenus! Sie haben Präsidenten Verzetnitsch als Kronzeugen einer harten Haltung der Landwirtschaft für die Erweiterung zitiert. Ich brauche Präsidenten Verzetnitsch nicht dazu, weil klar ist, dass wir klare Positionen für die Erweiterung haben. Ich habe Probleme mit der Position von Präsidenten Verzetnitsch. Wenn das dazu führt, dass in Zukunft nur mehr jene, die den Durchschnitt erreichen, in der Union sein dürfen, dann frage ich Sie: Was machen Sie mit Griechenland, mit Spanien und mit Portugal?


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 65

Es ist doch der Sinn der Union, einen Ausgleich herbeizuführen und Länder an den Wohlstand heranzuführen. Ich bin an sich irritiert und überrascht, dass der Präsident einer Gewerkschaft wie des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, die sich in ihren Zielsetzungen an sich der Solidarität verpflichtet fühlt, genau bei diesem Punkt plötzlich ein Limit definiert, das mit Solidarität überhaupt nichts mehr zu tun hat, sondern bei dem offensichtlich nur die Position vertreten wird: Das Hemd ist mir näher als der Rock. – Das ist auch eine mögliche Position, aber dann soll man das klar sagen. Es ist nicht meine Position, weil in der Erweiterung der Union eine große Chance liegt, einen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit in Europa zu leisten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.51

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Berichte getrennt erfolgt.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 (Grüner Bericht 1999) sowie Empfehlungen 2000 der Kommission gemäß § 7 LWG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Kenntnisnahme ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2001 gemäß § 9 Abs. 2 LWG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichts ist somit angenommen.

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Förderung der Maschinenstickerei im Lande Vorarlberg getroffen werden (Stickereiförderungsgesetz), BGBl. Nr. 222/1956, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 187/1985, aufgehoben wird (262/A und 332/NR sowie 6227/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Förderung der Maschinenstickerei im Lande Vorarlberg getroffen werden, aufgehoben wird.

Ich bitte Herrn Bundesrat Neuner um die Berichterstattung.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrats vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Förderung der Maschinenstickerei im Lande Vorarlberg getroffen werden, aufgehoben wird.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 66

Die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen insbesondere durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union haben dazu geführt, dass das Stickereiförderungsgesetz, das de facto nur für Vorarlberg gilt, unzeitgemäß geworden ist.

Mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss des Nationalrates wird das Gesetz aufgehoben, gleichzeitig aber dafür gesorgt, dass die noch vorhandenen Fondsmittel mit Übergangsregeln im Sinne des ursprünglichen Gesetzes für die Förderung der Stickereiwirtschaft verwendet werden.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte daher, den Bericht zustimmend zur Kenntnis zu nehmen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 67

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

12.55

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hoher Bundesrat! Die Grundidee des Stickereiförderungsgesetzes im Jahr 1956 war die Solidarität der Vorarlberger Sticker untereinander. Die selbständigen Sticker sowie die Stickereifirmen bezahlten monatlich einen gewissen Beitrag beziehungsweise Prozentsatz des Bruttolohnes in den Stickereifonds ein, um in Zeiten, in denen keine Arbeit beziehungsweise Ware vorhanden war, von ebendiesem Fonds eine entsprechende Unterstützung beziehungsweise Entschädigung zu erhalten. Andere Branchen haben die Stickereiindustrie und das Stickereigewerbe oft darum beneidet.

Auf Grund verschiedener wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen haben sich die Vorarlberger Sticker nun darauf geeinigt, diesen Stickereifonds aufzulösen. Das vorliegende Bundesgesetz regelt nun, in welcher Art und Weise dies erfolgen soll. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Auf der Rednerliste steht Herr Kollege Hagen, auf der geschriebenen Rednerliste ist er allerdings durchgestrichen. Ich darf fragen: Wünschen Sie das Wort oder nicht? (Bundesrat Hagen: Ich verzichte!)  – Sie verzichten.

Somit liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (VAG-Novelle 2000) (219 und 317/NR sowie 6228/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Grillenberger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird. Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ager. – Bitte.

12.58

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Regierungsvorlage, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird, steht eine wichtige Änderung zum Beschluss an. Als ich mir diese Novelle angesehen habe, konnte ich anfangs keine Wichtigkeit feststellen, sondern erst in der Folge.

Unmittelbarer Anlass des vorliegenden Entwurfs ist die Umsetzung der Richtlinie 98/78/EG über die zusätzliche Beaufsichtigung der einer Versicherungsgruppe angehörenden Versicherungsunternehmen. Hier wird nun für fast alle Vorschriften über Versicherungsgruppen ein neues Hauptstück eingefügt. Darüber hinaus enthält der Entwurf eine Reihe weiterer Änderungen und Ergänzungen. Ich habe mir erlaubt, die wichtigsten herauszunehmen.

Vorschriften über die Eignung angestellter Vermittler, Vorschriften für die indexgebundene Lebensversicherung, Führung eines Verzeichnisses der Vermögenswerte zur Bedeckung von Rückstellungen, Verstärkungen der Überwachung nach Wegfall der Konzession, Vorlage einer Art Bonität, wenn berechtigter Grund besteht, dass ein Versicherungsunternehmer in absehbarer Zeit nicht mehr über die erforderlichen Eigenmittel verfügt, und eine Anordnung einer Bestandsübertragung zur Beseitigung einer Gefahr für die Versicherten.

Meiner Meinung nach wurde diese Gesetzesänderung auch auf eine Mehrbelastung durch höhere Kosten untersucht, aber durch einen Kostenersatz durch die Versicherungsunternehmen konnte dieser sehr gering gehalten werden. Also auch hier zeigt sich die Handschrift dieser neuen Bundesregierung.

Lassen Sie mich noch auf einige weitere Dinge eingehen: Neue Kontrollmechanismen haben in einem globalisierten Versicherungsmarkt einen hohen Stellenwert. Der Fall Burgenland zeigt ganz deutlich, was passiert, wenn es keine nachvollziehbaren Kriterien gibt. Da kommt es dann meistens zu einer chemischen und auch komischen Reaktion, die aber gar nicht so lustig ist: Es löst sich dann Geld in Luft auf, und zwar über 4 Milliarden Schilling. Deshalb, so glaube ich, sollten diese Kontrollmechanismen auch in diesem Gesetzentwurf eingeführt werden. Meine Fraktion wird dem zustimmen – Sie hoffentlich auch. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 68

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ich darf nur eine kleine Bemerkung machen, nachdem sich die Herren jetzt so beeilt haben hereinzukommen und auch noch rasch mitzustimmen: Unsere Geschäftsordnung sieht vor, dass man vom Platz aus abstimmt. Ich bitte, das für die Zukunft zu beachten.

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (270 und 318/NR sowie 6222 und 6229/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages des Volksabstimmung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Grillenberger übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung. Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichterstattung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist laut unserer Rednerliste Herr Bundesrat Gruber. Er ist im Moment nicht im Saal anwesend. Ich bitte daher Herrn Bundesrat Würschl ans Rednerpult, möchte aber darauf hinweisen, dass sich Herr Bundesrat Gruber selbstverständlich in dem Moment, in dem er wieder in den Sitzungssaal kommt, neuerlich zu Wort melden kann. – Bitte, Herr Kollege Würschl.

13.04

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie, nach dem fürchterlichen Ersten Weltkrieg, der Gründung der Ersten Republik gab es, so sieht man, wenn man Publikationen aus dieser Zeit liest, die Diskussion, wie dieses kleine Österreich überhaupt lebensfähig sein kann. Es gab auch im Rahmen der Friedensverhandlungen den Hinweis, dass der Rest Österreich sei.

Wir Kärntner sind sehr stolz darauf, dass aus Kärnten ein sehr wesentliches Signal gekommen ist, nämlich dass wir uns zu dieser Ersten Republik bekennen und uns uneingeschränkt für diese Erste Republik aussprechen – also ein positives Signal.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 69

Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir auch den Hinweis, dass in der Abstimmungszone, in der darüber abgestimmt wurde, ob dieser Teil weiter bei Österreich sein soll, auch ein wesentlicher Teil der slowenischsprachigen Kärntner Bevölkerung für den Verbleib bei Österreich votiert hat. Darauf sind wir sehr stolz, und ich meine, dass es angebracht ist, dass wir Feierlichkeiten in Kärnten auch in Zukunft gemeinsam begehen sollen.

Diesen Dank hat auch die Repräsentanz der Ersten Republik sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich habe drei Briefe, in denen etwa die Grußadresse des Präsidiums der Österreichischen Nationalversammlung abgelichtet ist, aus dem Jahr 1920, in denen eben diese Wertschätzung sehr eindeutig zum Ausdruck gebracht wird, etwa mit dem Hinweis, dass das ein großer Sieg des österreichischen Staatsgedankens sei. Oder eine weitere Formulierung: Die moralische Bedeutung des Abstimmungsergebnisses kann nicht genug gewürdigt werden.

Die zweite Grußadresse aus dieser Zeit etwa war von der Staatsregierung der Republik Deutsch-Österreich, auch aus dem Jahr 1920, in der vor allem die freie Willensäußerung sehr deutlich zum Ausdruck gebracht wird. Hier hat auch Präsident Wilson sehr positive Arbeit geleistet und sich auch für diesen Vorgang ausgesprochen.

In der dritten Äußerung des Staatsamtes für Äußeres, auch aus dem Jahr 1920, wird darauf verwiesen, dass die Ungeteiltheit der Republik Österreich durch die Abstimmung in Kärnten sehr deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind sehr stolz darauf, dass dieses Bekenntnis aus Kärnten so deutlich zum Ausdruck gebracht werden konnte. Nicht einverstanden sind wir mit der Diskussion, die in diesem Zusammenhang stattgefunden hat. Ich verweise darauf, dass etwa Landeshauptmann Haider und auch Finanzminister Grasser davon gesprochen haben, dass für die Abstimmungsspende ein Betrag in der Höhe von 80 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt wird.

Es ist mir schon klar, dass heute wieder versprochen wird, dass diese 80 Millionen Schilling zum Tragen kommen werden, aber auf Versprechungen kann man in der heutigen Zeit, so glaube ich, nicht allzu sehr bauen. In Wirklichkeit haben wir in Kärnten derzeit nur ein Volumen von 45 Millionen Schilling zur Verfügung.

Was uns Sozialdemokraten auch ärgert, ist die Tatsache, dass eine Zweckbindung, vor allem bei den zwei Beträgen von je 5 Millionen Schilling, vorliegt. Was meine ich damit? – Hier behalten sich die Landesregierung, in erster Linie der Landeshauptmann, also die Machthaber in Kärnten vor, was konkret mit 5 Millionen Schilling im Bereich der Förderung für die slowenische Volksgruppe zu geschehen hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist kein demokratischer Akzent! Ich würde meinen, dass wir uns nicht aussuchen dürfen, wie die Minderheit die Gelder, die sie bekommt, einsetzen soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines gefällt mir, gefällt uns Sozialdemokraten auch nicht: Wenn 45 Millionen Schilling nach Kärnten gehen und dann ein relativ kleiner Betrag, nämlich 5 Millionen Schilling, nach Slowenien geht, sind wir nicht einverstanden, wenn die Altösterreicher – ein Personenkreis, der etwa 1 800 Personen umfasst – mit einer solchen Geldspende bedacht werden sollen. Da gibt es sehr kritische Leute. Ich habe nichts dagegen, wenn nachbarschaftliche Beziehungen ausgebaut werden. Wir begrüßen das. Aber es besteht auch die Gefahr, dass deutschnationale Umtriebe in Slowenien mit diesen 5 Millionen Schilling unterstützt werden. Ich sage: Diese Gefahr besteht, und das ist, so glaube ich, in der heutigen Zeit kein positiver Beitrag, wenn wir mit Geldern sparsam umzugehen haben, diese Gelder für solche Aktionen zur Verfügung zu stellen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Abschluss die Bitte: Wir Kärntner hoffen, dass dieses Geld, das uns versprochen worden ist, nämlich diese 80 Millionen Schilling, möglichst bald überwiesen wird. Ich habe heute auch eine Petition bei mir liegen, ich habe sie mit, unterschrieben von allen drei Fraktionen, auch von der Freiheitlichen Partei und von Vertretern der Österreichischen Volkspartei, in der gebeten wird, dass dieses Geld uneingeschränkt den Ge


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 70

meinden zur Verfügung gestellt wird und die Gemeinden autonom darüber befinden sollen, welche Projekte finanziert werden sollen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.10

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Neuner. – Bitte.

13.10

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bin traurig, Herr Kollege Würschl, dass wir es bei einem solch sensiblen Thema, wie das die Volksabstimmung in Kärnten ist, nicht lassen können, Seitenhiebe auf Herrn Landeshauptmann Dr. Haider zu führen – umso mehr, als er sich bemüht hat, in der Frage der Minderheiten – das ist uns auch mehrfach bestätigt worden – gut zu arbeiten. Ich will aber auch nicht anstehen zu sagen, dass sich auch Leopold Wagner immer bemüht hat, und es hat sich auch Landeshauptmann Christof Zernatto immer bemüht.

Ich finde es traurig, dass das immer wieder zu einem Thema gemacht wird. Gerade heuer hat es, wie Sie wissen, Herr Kollege, bei einer Festsitzung des Kärntner Landtages slowenische Ansprachen, slowenische Chöre gegeben, die in die Feier eingebunden waren. Es war dies ein sehr schönes Fest.

Für mich ist der 10. Oktober 1920 die erste demokratische Volksentscheidung in Europa überhaupt. Voraussetzung dafür war, dass tapfere Kärntnerinnen und Kärntner zu den Waffen gegriffen haben, um auf sich aufmerksam zu machen, damit die Südgrenze Österreichs so ist, wie sie heute ist. Ich komme aus Klagenfurt, und die Familien, die ich dort kenne, haben alle irgendeinen Bezug zu diesem für uns historischen Datum. Seit 1930 führen wir alle zehn Jahre einen großen Festumzug durch. Aus allen Talschaften Kärntens strömen die Menschen zu dieser Veranstaltung. Heuer hat es Überlegungen gegeben, diesen Tag zu einem Feiertag zu machen, weil die Hälfte der Menschen ohnehin frei hat. Das ist leider nicht gelungen. Im Endeffekt wäre das alle zehn Jahre, und das nächste Mal fällt dieser Tag auf einen Sonntag. Relevant wäre dieser Tag erst wieder in 20 Jahren gewesen.

Ich persönlich habe mein Geschäft nicht aufgesperrt, um meinen Mitarbeitern die Gelegenheit zu geben mitzufeiern, die Feiern im Fernsehen anzusehen – oder wie auch immer sie diesen 10. Oktober begehen wollen.

Das Miteinander der Volksgruppen in Kärnten funktioniert. Ich will zwei Beispiele dafür nennen, dass die Beziehungen gut sind.

Das erste Beispiel: In der Abstimmungszone A waren 70 Prozent von jenen, die zur Abstimmung gingen, Slowenen oder Windische und nur 30 Prozent Kärntner, und sie haben sich damals für die neue, junge Republik Österreich und gegen das Königreich Jugoslawien entschieden.

Die zweite Sache, die Ihnen wahrscheinlich ohnehin bekannt ist: Es haben sich im Alpen-Adria-Raum die drei Länder Slowenien, Julisch-Venetien und Kärnten gemeinsam zur Ausrichtung der Olympischen Spiele im Jahre 2006 beworben. Daran sieht man das gute Verhältnis zueinander. Der Vorwurf von manchen Seiten, es würden alte Grenzen beschworen, ist unrichtig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Abstimmungsspende wird in Raten bezahlt und ist für wirtschaftspolitische und bildungspolitische Maßnahmen vorgesehen. Zu dem, was Herr Kollege Würschl kritisiert, nämlich die Zweckbindung, muss ich sagen: Da sind die Slowenen eingebunden. Bis jetzt war es teilweise so, dass in den Gemeinden zwei, drei Kilometer neue Straßen gebaut worden sind oder irgendwelche Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt wurden, die nicht sehr sinnvoll waren. Diesmal wird eben versucht, es anders zu machen. 80 Millionen – für 80 Jahre – ist der Betrag, der ausgezahlt wird.

Über die 5 Millionen Schilling für Altösterreicher in Slowenien, die auch angesprochen worden sind, kann man diskutieren. Wie bekannt ist, haben die Slowenen jahrelang den Kärntner Slowenen viel Geld gegeben. Ich finde es sehr korrekt, dass man diese 5 Millionen Schilling den Altösterreichern zur Verfügung stellt, zum Beispiel den Gottscheern. Das sind Volksgruppen,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 71

und sie werden schon etwas Positives machen. Man muss nicht immer gleich daran denken, dass da – unter Anführungszeichen – "Wiederbetätigung", in welcher Form Sie das immer meinen, passieren wird.

Ich möchte hier meinen Dank an Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, aussprechen, wenn Sie heute dieser Abstimmungsspende zustimmen. Mein Dank gilt auch allen Kärntnerinnen und Kärntnern von heute, die ihre Aufgabe, die Erinnerung an die Frauen und Männer von damals und die Dankbarkeit für sie hochzuhalten, erfüllen. Zuletzt gilt mein Dank allen, die seit damals und auch in Zukunft für die Verbesserung der Beziehungen von Menschen insgesamt beziehungsweise in diesem Fall der Volksgruppen eintreten und ihren Beitrag dazu leisten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gruber. – Bitte.

13.15

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Zum Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der Volksabstimmung darf ich zum besseren Verständnis ein paar Worte aus der Geschichte bringen beziehungsweise den historischen Hintergrund beleuchten.

Kärnten, ein Land im Schnittpunkt der Kulturen, war einst ein Teil der Monarchie. Dann ist der Erste Weltkrieg gekommen. Das große Kaiserreich zerfiel, Österreich wurde zur kleinen Republik. Am 12. November 1918 wurde die Republik Österreich vor diesem Gebäude ausgerufen. In diesen Tagen beanspruchte das damalige Königreich, Serben Kroaten und Slowenen Teile von Kärnten, unseres südlichsten Bundeslandes. In diesem Gebiet lebten damals neben deutschsprachigen mehrheitlich Slowenisch sprechende Kärntner. Die SHS-Truppen marschierten in Kärnten ein. Die Kärntner wehrten sich, und es kam zum Abwehrkampf. Er dauerte ein halbes Jahr und brachte nach der schweren Zeit des Weltkrieges noch einmal viel Not und Leid in unserem Land.

Die Kärntner Volksabstimmung fand am 10. Oktober 1920 an einem Sonntag statt. Das Abstimmungsgebiet wurde in zwei Zonen eingeteilt. Zuerst wurde in der südlichsten Zone abgestimmt, und weil bereits diese Abstimmung für Österreich ausging, entfiel die Abstimmung in der Zone B. Es gab zwei Stimmzettel in verschiedenen Farben. Südkärnten bleibt bei Österreich – ein grüner Stimmzettel, Südkärnten kommt zu Jugoslawien – ein weißer Stimmzettel.

Wenige Tage später war das Ergebnis bekannt: 59,04 Prozent für Österreich und 40,96 Prozent für Jugoslawien. Wenn nicht neben den Deutsch sprechenden Kärntnern noch zirka 10 000 bis 12 000 Slowenisch sprechende Kärntner für den Verbleib bei Österreich gestimmt hätten, bräuchten wir heute hier über die Abstimmungsspende nicht diskutieren, sehr geehrte Damen und Herren, denn dann wäre unsere Republik noch kleiner.

Das Abstimmungsergebnis war ein Sieg des österreichischen Staatsgedankens und ein Sieg der Unteilbarkeit des Landes. Einzig und allein das war Grund und Anlass zum Feiern, und wer etwas anderes behauptet, will sich mit der Unteilbarkeit des Landes heute noch nicht abfinden.

Liebe Bundesräte der Opposition! Da braucht man keine Beklemmungsgefühle zu bekommen, konkrete Projekte zu bemängeln und ihre Sinnhaftigkeit zu bezweifeln. Die Abstimmungsspende wird auf die Abstimmungsgemeinden, auf die slowenische Volksgruppe und auf die Unterstützung der Altösterreicher in Slowenien und auf das Bildungswesen in Unterkärnten aufgeteilt.

Der Abänderungsantrag des SPÖ-Abgeordneten Leikam aus meinem Wahlkreis war wirklich "für die Fisch". Lieber Kollege Würschl! Dein ehemaliger Bundeskanzler Klima hat das in seiner Amtszeit zugesagt, aber damals warst du noch Vizepräsident des Landesschulrates Kärnten.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 72

Liebe Freunde von der SPÖ! Ich appelliere an euch, an die Fraktion im Bundesrat, dem Bundesgesetz die Zustimmung zu geben. Wir von den Regierungsparteien werden es sehr gerne tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (96 und 320/NR sowie 6230/BR der Beilagen)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (100 und 321/NR sowie 6231/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (278 und 322/NR sowie 6232/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (276 und 323/NR sowie 6233/BR der Beilagen)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (108 und 324/NR sowie 6234/BR der Beilagen)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 73

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (275 und 325/NR sowie 6235/BR der Beilagen)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (277 und 326/NR sowie 6236/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll,

ein Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll sowie

das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Die Berichterstattung über die Punkte 8 bis 14 hat Herr Bundesrat Hoscher übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Mag. Dietmar Hoscher: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Der Bericht liegt Ihnen vor, ich darf daher zum Beschlussantrag kommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 74

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Weiters bringe ich den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Auch zu den Doppelbesteuerungs-Abkommen liegen die Berichte schriftlich vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Zum Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Schließlich bringe ich noch den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 75

Zu Punkt 14 der Tagesordnung bringe ich eine Druckfehlerberichtigung ein: Im Titel des schriftlichen Ausschussberichtes hat es statt "Januar" richtig "Jänner" zu lauten.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wortmeldungen liegen keine vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Berichte.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 76

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Bericht des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz des Bundes-Verfassungsgesetzes die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 77

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative – Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) (104 und 327/NR sowie 6237/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen jetzt zum 15. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der HIPC-Initiative im Rahmen des Internationalen Währungsfonds.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses. Er liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für diesen Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

13.34

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Entwicklungszusammenarbeit – diese Initiative ist ein Teil der Entwicklungszusammenarbeit – ist eine Konsensmaterie, und wir haben auch hier parteiübergreifenden Konsens in den Ausschussberatungen gefunden. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Vorweg begrüßt die Volkspartei diese Initiative der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds. Ziel ist es, im Rahmen der Armutsbekämpfung Schulden, die die ärmsten Länder dieser Welt haben, so zu reduzieren, dass sie dadurch neue Chancen bekommen, Chancen, die Armut zu bekämpfen, aber auch Chancen, Lebensbedingungen zu entwickeln, die den Menschen ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen, und Chancen für den Aufbau von Demokratie und Menschenrechten.

Österreich ist im Rahmen der verschiedenen internationalen Institutionen bemüht, aktiv an zahlreichen Entschuldungsprogrammen mitzuarbeiten. Im Mittelpunkt einer in den letzten Jahren international breit angelegten Entschuldungsstrategie steht die so genannte HIPC-Initiative, gemeinsam von Weltbank und Internationalem Währungsfonds im Oktober 1996 gegründet. Ziel ist es, dass den hoch verschuldeten Entwicklungsländern eine Schuldenverringerung auf ein tragbares Niveau ermöglicht wird. Der Grundgedanke ist, dass Länder mit einer starken Überschuldung zu keiner nachhaltigen Entwicklung imstande sind.

Wir hatten in den letzten Jahrzehnten ohne Zweifel einen weltweiten Wohlstandszuwachs in einem enormen Ausmaß. Herr Kollege Grasberger hat heute schon gesagt, die andere Entwicklung, die es in den letzten Jahren verstärkt gibt, ist, dass diese Wohlstandsschere zwischen armen und reichen Ländern immer mehr auseinander klafft. Das ist auch von den großen Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank, aber auch der Welthandelsorganisation beobachtet worden. Mit dieser HIPC-Initiative ist korrigierend eingegriffen worden, weil – ich möchte das noch einmal festhalten – ein hoher Schuldenstand oder ein hoher Schuldendienst Entwicklungen nachhaltig hemmt.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 78

Es ist daher richtig, dass Österreich im Gleichklang mit den europäischen Partnerländern, aber im Rahmen seiner Möglichkeiten – ich sage das auch dazu – seinen Beitrag leistet. Die Überlassung des quotengerechten österreichischen Anteils erfolgt im Rahmen der internationalen Schuldeninitiative, die von allen EU-Mitgliedsstaaten unterstützt wird. Dies wurde auch beim Europäischen Rat von Köln im Juni 1999 festgelegt. Es ist das daher nicht nur eine Verpflichtung Österreichs im Rahmen des Internationalen Währungsfonds, sondern vor allem auch eine europäische Verpflichtung.

Es ist gerade in den letzten Tagen und Wochen sehr intensiv über den ganzen Themenkomplex Entwicklungszusammenarbeit diskutiert worden, es hat eine große Podiumsdiskussion gegeben. Es ist schon festzuhalten, dass trotz intensiver Bemühungen auf diesem Gebiet noch immer 90 Prozent der kriegerischen Auseinandersetzungen genau in jenen Ländern erfolgen, die für uns Schwerpunktländer in dieser Entwicklungszusammenarbeit sind. Konflikte werden also sehr häufig noch kriegerisch ausgetragen. Das heißt, dass der entsprechende Umgang mit Konflikten, das Managen von Konflikten, das Wissen über Verfahren, wie man Konflikte löst, offensichtlich oft nicht vorhanden ist.

Ich habe gestern eine hochinteressante Diskussion mit einem Trainer geführt, der in der Mediatorenausbildung tätig ist. Mediation ist beispielsweise ein Verfahren, wie man im Konfliktfall richtig umgeht. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit auch solches Know-how verstärkt transportieren, dass dieser Transfer von Know-how über Konfliktlösung, über Konfliktmanagement verstärkt auch in die Entwicklungszusammenarbeit eingebunden wird.

Wir sehen die Entschuldung als ein wesentliches zusätzliches Element zur Förderung von Entwicklungsländern. Nachhaltige Entwicklungspolitik heißt, die Schuldensituation entsprechend zu berücksichtigen, und deshalb unterstützen wir auch diesen Antrag. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

13.40

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. – Bitte.

13.40

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich freue mich besonders bei dieser Vorlage darüber, dass sie auch vom Nationalrat einstimmig angenommen wurde, auch im Ausschuss. Einerseits war das bei derartigen Themen nicht immer der Fall, zum anderen eignet sich gerade die Problematik der am meisten verschuldeten Entwicklungsländer wohl denkbar schlecht dazu, um daraus innenpolitisches Kleingeld schlagen zu wollen.

Fragen der Entschuldung von Entwicklungsländern beschäftigen uns nicht erst seit einigen Jahren, das geht bereits Jahrzehnte zurück. Kollege Missethon hat es schon zutreffend erwähnt: Es ist ein Faktum, dass wir in den letzten Jahrzehnten exorbitante Wohlstandszuwächse gehabt haben, dass diese Zuwächse aber an etlichen Ländern auch exorbitant vorbeigegangen sind.

Es ist auch ein Faktum, so glaube ich, dass vor der Globalisierungsdiskussion, die vor einigen Jahren eingesetzt hat, entwicklungstheoretische Überlegungen etwas in den Hintergrund gerückt sind und dass es auf internationaler Ebene zahlreichen nationalen wie auch multilateralen Politiken nicht ganz unrecht war, dass derartige Fragen etwas in den Hintergrund gerückt sind. Da musste man sich mit diesen Dingen nicht beschäftigen.

Man darf aber gerade in der Zeit der Globalisierung nicht außer Acht lassen, dass extreme entwicklungspolitische Ungleichgewichte nach wie vor einiges an Sprengkraft mit sich bringen, auch wenn versucht wird, größere Wanderungsbewegungen durch die Schaffung von politischen Unionen, auch von Handelsunionen hintanzuhalten. Das ist im Übrigen eine Vorgangsweise, die letztlich nicht nur negative Seiten für die Entwicklungsländer hat, wie es oftmals dargestellt wird, da letztlich die Hilfe zur Selbsthilfe im eigenen Land der organischere Weg ist, der beschritten werden sollte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 79

Allerdings bedarf es zur Initialzündung in diesem Bereich der Selbsthilfe nicht nur schöner Worte und breit angelegter Konferenzen, es bedarf insbesondere auch breit angelegter finanzieller Hilfe, die aber unter klar strukturierten Rahmenbedingungen stattfinden muss. Ich glaube, das ist ein Fehler, der international in den letzten Jahrzehnten in der Entwicklungszusammenarbeit immer wieder gemacht wurde, nämlich dass auf diese Rahmenbedingungen vergessen wurde, Rahmenbedingungen, die beiden, sowohl den Gebern als auch den Nehmern, gewisse Verpflichtungen auferlegen – ein Grundgedanke, der auch im Rahmen der Marshallplan-Hilfe nach dem Krieg in Österreich sehr wesentlich war. Da haben wir einiges an Erfahrung am eigenen Leib verspürt.

Ich glaube, dass die Konzentration auf einen fairen Welthandel, sofern ein solcher überhaupt erreichbar ist, für die ärmsten Entwicklungsländer jedenfalls viel zuwenig ist – dies umso mehr, als, wie erwähnt, multilaterale Wirtschaftskooperationen in Wahrheit nicht selten auch einiges an protektionistischen Maßnahmen mit sich bringen, sozusagen in neuen Kleidern. Was auf der einen Seite für Entwicklungsländer beispielsweise Zölle sind, ist auf der anderen Seite bei Industrieländern so etwas wie technische Standardisierung und so weiter. Das heißt, dass unter dem Deckmantel der multilateralen Kooperationen sehr wohl protektionistische Hemmschwellen aufgebaut werden, und daher reicht die Liberalisierung des Welthandels allein für die Entwicklungsländer sicher nicht aus.

Ein eminenter Hemmschuh ist eben in diesem Zusammenhang die Auslandsverschuldung, die – auch da muss man ehrlich bleiben – zum Teil von den Industrieländern, die in den vergangenen Jahrzehnten gefördert haben, selbst mit verschuldet wurde. Es reicht eben nicht aus, Kredite oder auch verlorene Zuschüsse zu geben und sich dann nicht darum zu kümmern, was mit dem Geld in den Entwicklungsländern in Wirklichkeit passiert.

Wir wissen aus den Berichten der Entwicklungszusammenarbeit, dass zum Teil unproduktive Prestigeinvestitionen gefördert wurden, dass zum Teil vielleicht auch etwas schulterzuckend zugeschaut wurde, wie Geld in gewissen Kanälen versickert ist, sicherlich nicht in produktiven Kanälen. Wir wissen von Beispielen, dass in die Wüste gute Wasserwerke gestellt wurden, aber vergessen wurde, für die Zuleitungen zu sorgen.

Das sind Beispiele, die, so glaube ich, zum Teil auch deswegen entstanden sind, weil lange genug ein sinnvolles Zusammenspiel zwischen Entwicklungshilfe auf der einen Seite und Exportförderung auf der anderen Seite negiert wurde, aus welchen Gründen auch immer. Ich glaube, dass eine sinnvolle Verzahnung beiden Seiten etwas bringen wird.

Die drückende Auslandsverschuldung der ärmsten Länder, über die wir hier reden, verhindert vor allem auch Investitionen in nicht unmittelbar produktive, dafür umso wichtigere Bereiche wie Bildung, medizinische Versorgung, soziale Mindeststandards und so weiter – Bereiche, in denen eben die von Kollegen Missethon auch angesprochenen Konflikte immer wieder notgedrungen entstehen. Ich halte im Übrigen diesen Vorschlag des Einbringens der Mediation in die Entwicklungszusammenarbeit für einen sehr guten Vorschlag, den man sicherlich weiter verfolgen sollte. Es könnte sicherlich einiges bringen, um die erforderlichen sozioökonomischen Bewegungen, die vonnöten sind, letztlich auch in Gang zu bringen.

Wenn nun mit dieser Initiative den ärmsten der armen Entwicklungsländer Schulden erlassen werden – im Einzelfall kann das bis über 90 Prozent hinausgehen –, so ist das, so glaube ich, in Zeiten der Globalisierung "nicht nur" – unter Anführungszeichen – ein Akt der Solidarität, sondern auch ein Vorgehen, das langfristig – sicherlich nur langfristig, aber doch – sowohl den Geber- als auch den Nehmerländern Vorteile bringen kann. Die Gesamtkosten des Projektes mit rund 28 Milliarden US-Dollar sind nicht wirklich eine Größe, die die reichsten Länder dieser Erde an den Rand der existenziellen Bedrohung bringen. Immerhin verfügen die reichsten 20 Prozent der Weltbevölkerung über rund 86 Prozent des Gesamteinkommens, während umgekehrt auf die ärmsten 20 Prozent ein einziges Prozent des Einkommens entfällt.

Ich glaube also, dass die anstehende Maßnahme zur Schuldenreduktion ein Gebot der Stunde ist, dass sie aber in keinem Fall isoliert betrachtet werden darf, dass sie in ein vielfältiges Bündel


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 80

an multilateralen und bilateralen Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit eingebunden werden muss. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.46

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus das Wort. – Bitte.

13.46

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollegen und Kolleginnen! Selbstverständlich werden auch wir dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung geben.

Entwicklungszusammenarbeit ist ein Thema, welches uns parlamentarisch schon viele Jahre beschäftigt, und oftmals hat man den Eindruck, dass alle Bemühungen der österreichischen Steuerzahler – aber nicht nur dieser – in den Ländern, die die Entwicklungszusammenarbeit am notwendigsten haben, oft vergeblich sind.

Mein Vorredner Kollege Missethon hat schon auf die kriegerischen Auseinandersetzungen hingewiesen, die vielfach in diesen Ländern stattfinden, und ich finde es ausgesprochen kontraproduktiv, Entwicklungshilfe in jenen Ländern zu leisten, die andere und größere Länder als Probeplatz für ihre waffentechnischen Entwicklungen ansehen. Das ist Entwicklungshilfe im falschen Sinn verstanden.

Wir sollten uns daher besonders überlegen, die Entwicklungshilfe in die Richtung zu entwickeln, dass dort, wo Entwicklungshilfe hingeleitet wird, nicht ein Absatz von Waffentechniken – natürlich aus hoch entwickelten Ländern – stattfindet. Das heißt Geldvernichtung im doppelten Sinne. Ich glaube, wir können uns darauf einigen, dass wir Ja zur Entwicklungshilfe sagen sollten, aber nur in jenen Ländern, die nicht waffentechnisch durch industrialisierte Länder, welche auch immer, ausgestattet und aufgerüstet werden. Das kann nicht unsere Absicht sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum fairen Welthandel habe ich heute Vormittag bei der Landwirtschaft schon ein paar Worte gesagt, aber ich möchte sie hier noch einmal pointiert wiedergeben. Es gibt keinen fairen Welthandel. Der Große schluckt den Kleinen, und wir müssen darauf Bedacht nehmen, dass wir auch kleinen und schwachen Ländern eine gewisse Form von Protektionismus durchaus zugestehen müssen. Sonst wäre es ehrlicher zu sagen: Kehret zurück, ihr Kolonialmächte, dann habt ihr all das wieder, was ihr einst auch aufgebaut habt! Das ist eine Tatsache: Die Kolonialmächte haben auch Großartiges geleistet, zugleich aber die soziokulturellen Strukturen fürchterlich durcheinander gebracht, und an diesem Durcheinanderbringen der soziokulturellen Strukturen leiden die meisten dieser so genannten Entwicklungsländer, die ärmsten dieser Entwicklungsländer, auch noch heute.

Ich zweifle daher daran, dass manche der Staaten, die Entwicklungshilfe in den Mund nehmen, tatsächlich Entwicklungshilfe meinen. Vielfach neigen auch wir in Österreich dazu, wenn Entwicklungshilfe geleistet wird und geleistet werden soll, eigenen Produkten zum Absatz zu verhelfen. Das heißt, es zahlt sie zwar der österreichische Steuerzahler, aber sie sollen woanders wirken. Ob sie dort immer wirklich am Platz sind, das kann ich nicht beurteilen. Eine selbstlose Entwicklungshilfe, soweit bin ich mir schon im Klaren, ist nicht möglich. Wenn man Entwicklungshilfe leistet, soll die Marke Österreich draufstehen. Es soll erkannt werden, welches Land sich für ein gutes Werk in einem anderen Land hergibt – durchaus nach dem Motto: Tue Gutes und rede davon! – Aber es muss Gutes sein. Die Entwicklungshilfe braucht nicht völlig selbstlos zu sein, aber sie soll angemessen an dem Ort einwirken, wo sie einlangt, und es soll nicht nur etwas geliefert werden, was nicht benötigt wird.

Auch das hat die österreichische Entwicklungshilfe schon erlebt. Aus rein politischer Intention wurden in Länder Einrichtungen geliefert, aus denen jetzt wiederum die Palmen herauswachsen, weil Schlachthäuser dort nicht benötigt werden, weil nämlich in manchen Ländern Schweine aus religiösen Gründen nicht gegessen und somit auch nicht geschlachtet werden. – Also so etwas ist auch schon vorgekommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 81

Grundsätzlich möchte ich sagen: Entwicklungshilfe ja und Entlastung von bestehenden Schulden natürlich auch ja – sichergestellt werden muss aber, dass in jenen Ländern, die eine Entlastung von der Schuldenfalle erfahren, die Regierenden – Superdemokraten sind sie in den wenigsten Fällen, das wissen wir – dann nicht auf unsere Kosten den reichen Popanz spielen können. Ich habe Bedenken, dass oftmals diese Entwicklungshilfe zu einer Aufbesserung des in jenen Ländern oftmals üblichen Status benützt werden. Dafür sollten wir uns nicht hergeben.

Es verleitet auch manches dazu. Kommen die westlichen Herren in jene Länder, dann tagen sie natürlich in den besten Hotels, sehen nicht die Miserabilität der Bevölkerung weiter hinten oder links um die Ecke. Und das verleitet die Regierenden in jenen Ländern dazu, diesen Status, den wir in Europa als selbstverständlich ansehen, auch in ihren Ländern als Selbstverständlichkeit anzuerkennen.

Entwicklungshilfe ist eben mehr, als nur anderen Leuten zu neuen Techniken zu verhelfen. Entwicklungshilfe ist auch eine seelische Anpassung an jenen Wirtschaftsstandard, der dort eintreten soll. Diese mentale Anpassung muss mit der materiellen Anpassung Schritt halten. Wenn diese davongaloppiert, wird Entwicklungshilfe auf Jahre hinaus weiterhin ein Fass ohne Boden sein.

Aber wir wollen den Entwicklungsländern eine Chance geben, ihre Situation zu verbessern, und mit unserer Hilfe kann es auch gelingen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.52

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Staatssekretär Finz das Wort. – Bitte.

13.52

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich kann grundsätzlich den Ausführungen des Herrn Bundesrates Gudenus zustimmen, muss aber im konkreten Fall sagen, dass diese Initiative der Schuldentilgung sehr zu bejahen ist, weil sie vor allem durch den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank kontrolliert wird. Es wird auch genau darauf geachtet, dass in jenen Ländern, denen sie gewährt wird, eine soziale Ausgewogenheit gegeben ist. Das heißt, es wird auch das Verhältnis der Militärausgaben zu den Sozialausgaben in diesen Ländern genau untersucht.

Daher ist diese Initiative sehr zu begrüßen, und ich nehme es auch mit Befriedigung zur Kenntnis, dass alle Redner angekündigt haben, diesem Gesetz zuzustimmen. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

13.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht. Danke.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

16. Punkt

Außenpolitischer Bericht 1999 der Bundesregierung (III-207/BR/00 und 6238/BR der Beilagen)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 82

17. Punkt

Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol, Autonomieentwicklung seit 1996 (III-198/BR/99 und 6239/BR der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verhandlungen für ein Partnerschaftsabkommen im Dienste der Entwicklung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten (III-199/BR/99 und 6240/BR der Beilagen)

19. Punkt

Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (Drei-Jahres-Bericht 1997 bis 1999) (III-214/BR/00 und 6241/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 16 bis 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

der Außenpolitische Bericht 1999 der Bundesregierung,

der Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol, Autonomieentwicklung seit 1996,

der Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verhandlungen für ein Partnerschaftsabkommen im Dienste der Entwicklung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten sowie

der Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (Drei-Jahres-Bericht 1997 bis 1999).

Die Berichterstattung über all diese Punkte hat Herr Bundesrat Johann Ledolter übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Johann Ledolter: Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Außenpolitischen Bericht 1999 der Bundesregierung.

Dieser Bericht wurde dem Bundesrat am 30. Mai 2000 zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterbreitet und liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich setze fort mit dem Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol, Autonomieentwicklung seit 1996.

Dieser Bericht wurde dem Bundesrat am 14. Dezember 1999 zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugeleitet und liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich setze fort mit dem Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verhandlungen für ein


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 83

Partnerschaftsabkommen im Dienste der Entwicklung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten.

Dieser Bericht wurde dem Bundesrat am 14. Dezember 1999 zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugeleitet und liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Es folgt der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (Drei-Jahres-Bericht 1997 bis 1999).

Der gegenständliche Bericht wurde dem Bundesrat am 27. Oktober 2000 zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung übermittelt und liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 7. November 2000 ebenfalls mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Herr Präsident! Ich bitte, in die Debatte einzugehen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Gottfried Kneifel das Wort. – Bitte.

13.58

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Außenpolitische Bericht 1999 ist ein Dokument und ein Beweis für unsere Rolle in der Europäischen Union, ein Beweis für die Meilensteine, die wir in diesem Bereich in diesem Jahr gesetzt haben.

Ich darf ganz kurz die wichtigsten Etappen dieses Jahres in der Außenpolitik Revue passieren lassen.

1. 1. 1999: Elf Staaten führen den Euro ein. – Das war sicherlich ein enormer Qualitätssprung in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht zu einer weiteren Verflechtung und Integration Europas.

1. März: "Agenda 2000". – Ein enormes Reformvorhaben, das sich auch für Österreich insofern positiv auswirkt, als unser Nettobeitrag in den nächsten Jahren um ein Viertel reduziert wird.

1. Mai: der neue EU-Vertrag von Amsterdam.

Es gibt noch viele andere Meilensteine.

Heute hat schon Finanzminister Grasser in diesem Haus gesagt, Berichte hätten es an sich, dass sie die "Weisheit des Rückblicks" in sich bergen. Ich möchte das auf den Außenpolitischen Bericht abändern und sagen, dass dieser Außenpolitische Bericht ein eindrucksvolles und erfolgreiches Dokument der wichtigen und bedeutenden Rolle Österreichs in der Europäischen Union ist, der wichtigen und bedeutenden Rolle Österreichs in der Pflege der Außenbeziehungen ist, ein wichtiges und eindrucksvolles Dokument der Arbeit Österreichs in anderen europäischen Foren, Einrichtungen wie der Westeuropäischen Union, der OSZE, dem Europarat und vielen anderen mehr ist.

Der Außenpolitische Bericht ist aber auch ein erfolgreiches Dokument für die zahlreichen kleinen und großen Kontakte, Treffen, Konferenzen, Verhandlungen, Initiativen, die von unserem Land, von unseren Ressorts gesetzt werden, um eben diesen Erfolg für unseren Staat einfahren zu können.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 84

Die "Weisheit des Rückblicks" liegt auch darin, dass Friede, Freiheit und Sicherheit in Europa kein Produkt des Zufalls sind, sondern ein Produkt kluger, konstruktiver, kooperativer Politik aller Fraktionen, die sich um diese Ziele bemühen. Ich glaube, wir sollten aus diesen Erfahrungen lernen und alles daransetzen, dass auch in Zukunft Freiheit, Frieden und Sicherheit Produkte konstruktiver Arbeit von Staatsleuten, von Politikern mit Verantwortung sind und somit gewährleistet bleiben.

Man kann den Verfassern dieses Berichtes danken: dem Gesandten Dr. Werner Druml, seinem Mitarbeiter Michael Haider und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieses bedeutsame Dokument verfasst, redigiert und hergestellt haben.

Wir sind Vertreter in der Länderkammer, und als Mitglied der oberösterreichischen Delegation in diesem Haus möchte ich aus persönlicher Sicht auch etwas zu den Außenbeziehungen Oberösterreichs zu seinen Nachbarn sagen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Sind schlecht!) – Nicht nur, ich würde hier schon differenzieren. Es gibt diesbezüglich Gutes und weniger Gutes zu berichten.

Zum Guten: Die Beziehungen zwischen Oberösterreich und Bayern sind ein Erfolgsmodell grenzüberschreitender Kooperation. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.) Das kann man durchaus so benennen, und ich meine, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Oberösterreich und Bayern haben erst vor kurzem bei einem Treffen am 11. Oktober in München die beiderseitige grenzüberschreitende gutnachbarschaftliche Zusammenarbeit beider Länder neuerlich unterstrichen. Diese Zusammenarbeit ist von Vertrauen getragen und von kollegialer Unterstützung geprägt. Bayern und Oberösterreich sind wirklich ein Erfolgsmodell dieser grenzüberschreitenden Sicherheitspartnerschaft, wenn man das so nennen will.

Ich denke, dass beide Partner auch sehr wertvolle Beiträge im Zusammenhang mit dem tschechischen Atomkraftwerk Temelin geleistet haben. Es herrscht völlige Übereinstimmung zwischen Oberösterreich und Bayern, dass dort die hoch angesetzten westlichen Sicherheitsmaßstäbe Geltung bekommen müssen. Bayern und Oberösterreich sind sich einig darin, dass Temelin den internationalen europäischen Sicherheitsstandards entsprechen muss.

Einig sind sich Oberösterreich und Bayern auch darin, dass eine rasch funktionierende Störfallinformation auf höchster Ebene sichergestellt sein muss. Für Oberösterreich ist für den Betrieb des AKW Temelin die Beachtung der höchsten – am besten der deutschen – Sicherheitsstandards eine absolute Notwendigkeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bürgerinnen und Bürger in Europa haben ein Recht auf Sicherheit, auf Frieden und auf Freiheit. Gemeinsames Ziel muss es sein, dass die Menschen ohne Angst und in Freiheit leben können. Oberösterreich und Bayern zählen zu den sichersten Regionen Europas, und auch das ist ein Produkt der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Es ist dies das Ergebnis einer erfolgreichen Politik, die durch Prävention und moderne Verbrechensbekämpfung gekennzeichnet ist. Es wurde vereinbart, diese Initiativen auch in Zukunft fortzusetzen.

Bayern und Oberösterreich stimmen im gemeinsamen Ziel überein, politisch motivierte Gewalt, gleich, von welcher Seite sie verübt wird, gesellschaftlich zu ächten und Extremismus nicht zu tolerieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns auch in der Asylpolitik mit unserem Nachbarland Bayern einig. Asylwerbern und Flüchtlingen haben Bayern und Oberösterreich in der Vergangenheit Zuflucht gewährt. Beide Länder wollen in der Ausländer- und Asylpolitik noch enger zusammenarbeiten. Bayern und Oberösterreich sehen die Errichtung eines EU-Flüchtlingsfonds als ersten Schritt in den Bemühungen, einen vorübergehenden Schutz von Asylwerbern und Flüchtlingen und eine gerechte Verteilung am besten in Form einer Quotenregelung unter den Mitgliedstaaten zu erreichen.

Die Integration der rechtmäßig und auf Dauer in Oberösterreich und Bayern lebenden ausländischen Familien ist ein wichtiges Ziel der gemeinsamen Ausländerpolitik. Fast jeder zehnte Be


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 85

wohner Oberösterreichs und Bayerns kommt aus einer fremden Kultur. Die Fähigkeit, gemeinsam zu leben, sich zu integrieren und zusammenzuarbeiten, halten beide Länder für den besten Schutz gegen Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit. Die Pläne der EU-Kommission zur Familienzusammenführung bezeichnen aber Oberösterreich und Bayern als unannehmbar. Bei einem In-Kraft-Treten der Brüsseler Richtlinie würden künftig auch Groß- und Urgroßeltern, volljährige Kinder und unverheiratete Paare zum Kreis der Nachzugsberechtigten zählen. Damit würde die Zuwanderung Hunderttausender über den Familiennachzug ermöglicht.

Sie sehen, dass es auch im Bereich der Außenbeziehungen eines Bundeslandes viele Gemeinsamkeiten gibt, und das sollte in diesem Haus auch erwähnt werden, Erfolgsmodelle dieser Art sollten hier besprochen werden.

Ich habe eingangs schon erwähnt, dass es bezüglich der Außenbeziehungen Oberösterreichs nicht nur Gutes zu berichten gibt. Mit dem Bundesland Bayern sind wir uns in fast allen Dingen einig, aber wir haben auch Probleme mit Nachbarn. Wir haben erst vor kurzem hier in diesem Haus darüber gesprochen. Wir haben Probleme mit unserem nördlichen Nachbarn, und zwar was die Dialogfähigkeit betrifft, was die Verhandlungsbereitschaft betrifft, was die Kooperationsbereitschaft bei der Lösung gemeinsamer Probleme betrifft, mit dem Ziel, der Bevölkerung Sorgen, Ängste zu nehmen, wenn es zum Beispiel um die Errichtung eines Kernkraftwerkes direkt an der Grenze geht.

Wir haben aber mit dem nördlichen Nachbarn auch noch andere Probleme. Ich erinnere nur an die Beneš-Dekrete, bezüglich der sich nichts bewegt. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.) Ich glaube, wir müssen gemeinsam daran arbeiten, wir müssen Initiativen setzen, damit diese Beneš-Dekrete endlich der Vergangenheit angehören. Sie sind eine Altlast, das hat nichts mehr mit einem modernen Europa, mit Kooperation und mit Zusammenarbeit, mit Menschenrechten zu tun. Das ist eine Altlast, die in den nächsten Jahren oder in den nächsten Monaten endgültig von den Tischen wegverhandelt werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Außenpolitische Bericht ist sehr wohl ein wichtiges Dokument der Erfahrung, der lebenden und der intakten Beziehungen Österreichs in Europa und in der Welt. Ich glaube, wir sollten diese Rolle auch in Zukunft erfüllen, auch auf Länderebene diesen Geist der europäischen Zusammenarbeit und der Gesinnung pflegen, denn dann wird das hohe Postulat des Friedens in Europa, das wir in den letzten 55 Jahren genossen haben und das wirklich kein Zufall ist, sondern ein Produkt konstruktiver Politik von Politikern, die Verantwortung getragen und ihre Aufgabe ernst genommen haben, auch in Zukunft gewährleistet bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Albrecht Konecny. Ich erteile ihm das Wort.

14.09

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen eine formale Bemerkung machen:

Es ist selbstverständlich, dass auch die Opposition zur Kenntnis genommen hat, dass die Frau Außenministerin nicht zu jenem Zeitpunkt, zu dem im Rahmen unseres internen Ablaufes diese Gruppe von Tagesordnungspunkten zur Behandlung kommt, im Haus anwesend sein wird, sondern um 15 Uhr bei uns eintreffen wird.

Ich möchte daher auch eine informelle Verabredung, die wir zwischen den Fraktionen in der Präsidialkonferenz getroffen haben, sozusagen öffentlich machen, nämlich dass wir vernünftiger Weise nicht zwei außenpolitische Debatten abwickeln, sondern dass wir über jene Dinge, die wir im Zusammenhang mit der außenpolitischen Situation unseres Landes als notwendig erachten – zumindest von meiner Fraktion –, in der jetzt laufenden Debatte sprechen und die Erklärung der Frau Außenministerin in diesem Kontext gerne zur Kenntnis nehmen werden. Es ist also keine Missachtung, wenn hier Ansagen oder Aussagen getroffen werden, die vielleicht in der Replik auf etwas, was die Frau Außenministerin noch sagen wird, auch ihren Platz hätten.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 86

Zweitens – ich schließe mich da sehr gerne meinem Vorredner an – möchte ich sagen: Wir haben seit vielen Jahren diesen Außenpolitischen Bericht als ein Kompendium der österreichischen Außenpolitik im parlamentarischen und im öffentlichen Raum zur Verfügung. Er bildet eine für jeden in diesem Bereich Arbeitenden nahezu unentbehrliche Grundlage, und es ist auch jenen, die heuer für seine Abfassung verantwortlich sind, im besonderen Maße Dank zu sagen.

Natürlich hat ein solcher öffentlicher Bericht ein Maß an Schwäche, das unleugbar, aber auch unausrottbar ist. Wenn wir uns den Länderteil mit unseren vielfältigen Partnerstaaten anschauen, dann ist zu sagen, dass die stereotype Wiederholung der Feststellung, dass die Beziehungen gut und hervorragend sind und weiter verbessert werden, ein bisschen ermüdend ist. Und ich sage ehrlicherweise dazu, dass das auch nicht in jedem Einzelfall wahrheitsgemäß ist. Aber was sollen die Kolleginnen und Kollegen schon hineinschreiben, wenn es nicht so ist, und daher ist das, wenn man ein bisschen zwischen den Zeilen lesen kann, eine durchaus lässliche Sünde.

Ich glaube, dass das jetzt auch eine Gelegenheit ist, jenen Damen und Herren, die – sie haben im letzten Dreivierteljahr einen sehr schweren Rucksack voller kantiger Steine zu tragen gehabt – unser Land gegenüber den Regierungen dieser Partnerstaaten und gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten hatten, zu danken. Ich glaube, dass gerade in dieser kritischen Bewährungsprobe der Diplomatische Dienst Österreichs eine hervorragende Arbeit geleistet hat, für den ihm Dank gesagt werden soll. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte aus der großen Menükarte, die dieser Außenpolitische Bericht zwangsläufig beinhaltet, viele Themen, die wir in einem anderen Kontext diskutiert haben, nicht nach kurzer Zeit erneut besprechen. Ich will daher weder zur Entwicklung der Europäischen Union noch zu den bevorstehenden Entscheidungen und auch nicht zum Themenkomplex der Osterweiterung Stellung nehmen, sondern ich möchte in erster Linie eine Frage anschneiden, die, so erscheint mir, eine Lebensfrage unseres Landes ist.

Jedes Land, notabene eines von der bescheidenen Größe Österreichs, muss sich umsehen, wo seine natürlichen Partner sind, also jene Staaten, mit denen es mehr als nur eine augenblickliche Übereinstimmung und so etwas wie eine strategische Orientierung geben kann. Wir haben diese Frage gerade angesichts des im letzten Dreivierteljahr angerichteten Scherbenhaufens mit besonderem Nachdruck zu stellen.

Österreich ist nicht in einer Position – das nicht nur im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft, sondern noch sehr viel mehr in anderen internationalen Zusammenhängen –, sich trotzig auf sich selbst zurückziehen zu können, mit Verweigerung, Blockade zu drohen oder auch nur beleidigt zu sein, sondern wir haben allen Grund, nach Wegen zu suchen, uns offensiv und initiativ in die internationale Entscheidungsfindung einzubringen. Die Frage ist nur – ich lasse hier einmal einen Teil dieses Scherbenhaufens weg –, wo tatsächlich jene Partner gefunden werden können, mit denen uns mehr als nur eine augenblickliche Interessenidentität verbindet.

Es hat seitens der österreichischen Außenpolitik in den letzten Wochen eine – das ist sicher eine denkbare – Option gegeben, als nämlich verkündet wurde, dass sich Österreich für jene Staaten, die nun den Weg in die Europäische Union suchen, zum Fürsprecher machen solle und mit ihnen gemeinsam, wenn sie einmal Mitglied der Union sind, bestimmte politische Konzepte vertreten sollte.

Die kalte Dusche von den angesprochenen potenziellen Partnern kam, nicht ganz unverständlicherweise, sofort. Sowohl von Seiten der Tschechischen Republik als auch von Seiten Polens wurden mühsam die Grenzen der Freundlichkeit noch eingehalten, als dieser Regierung bedeutet wurde, man müsse sich entscheiden, ob man mit diesen Staaten streiten oder eine Partnerschaft bilden will. Das ist tatsächlich die richtige Fragestellung, nur wäre es sinnvoller gewesen, wenn sich die österreichische Bundesregierung selbst diese Frage gestellt hätte, bevor sie sich diese Blamage abgeholt hat.

Wahr ist, dass der Prozess der Erweiterung – jetzt komme ich doch auf ihn zu sprechen – im Interesse unseres Landes liegt, weil auch vom Standpunkt unserer Wirtschaft, aber natürlich auch


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 87

aus historischen Gründen, wir alles nur vorstellbare Interesse haben, aus unserer Randlage in eine zentralere Lage zu kommen.

Aber ebenso evident ist – es sind Gesichtspunkte heute genannt worden –, dass Österreich im Zuge dieses Beitrittsprozesses ein Betroffener ist, der anders als Portugal – wie irgendjemand gesagt hat, und das ist schon richtig – hier bestimmte konkrete Interessen geltend zu machen hat, die in diesen Staaten nicht notwendigerweise als Unterstützung und besonderer Ausdruck von Verbundenheit interpretiert wurden.

Der Erstredner ist mit ein paar Worten auf den Konflikt mit der Tschechischen Republik über Temelin eingegangen. Wir haben das breit diskutiert, und es ist keine Frage, dass auch die Sozialdemokratie sowohl die Inbetriebnahme dieses Kernkraftwerkes als auch den angewendeten Stil der tschechischen Regierung auf das Energischste zurückweist. Aber wenn ich all diese Stolpersteine in der Landschaft herumliegen sehe, dann muss ich mir überlegen, ob ich in einer absehbaren Zeit genügend Gemeinsamkeiten finde, um da eine strategische Partnerschaft aufbauen zu können. Ich bin skeptisch, um das zurückhaltend zu sagen.

Die Orientierung darauf  –  diese ist komplexer,  weil es nicht um einen geografischen Block geht –, auf ein Interessenbündnis der kleineren Staaten der Europäischen Union, ist eine weitere Möglichkeit. Aber auch da ist zu fragen: Geht diese Interessenidentität über die großen und wichtigen Fragen vor dem Gipfel von Nizza, vor der Institutionenreform hinaus? Haben wir mehr mit diesen Staaten gemeinsam als nur das zutiefst fundamentale, aber in absehbarer Zeit abgehakte Interesse, bei den Stimmgewichten im Rat nicht allzu schlecht behandelt zu werden und unseren Kommissar zu erhalten?

Ich weiß nicht, ob das dieser Regierung zumutbar ist. Aber ich glaube, wenn es in diesem Land mit unserer erfolgreichen Tradition eine Orientierung gibt, dann ist es jene einer strategischen Partnerschaft mit den in technologischer, weltpolitisches Engagement umfassenden und vor allem auch sozialer Hinsicht innovativsten Staaten Europas.

Es kann kein geografisches Bündnis geben, dieses ist zum Scheitern verurteilt. Es kann kein Bündnis der Kleinen geben, weil der Nenner ein sehr kleiner und temporärer ist. Aber was es geben kann, ist ein Bündnis mit jenen skandinavischen Staaten, die uns vorzeigen, wie man die technologische Innovation, die Eroberung von Weltmärkten mit einem beispielgebenden sozialen System verbindet. Es kann eine Partnerschaft mit jenen Staaten geben, die diesen Weg ebenfalls eingeschlagen haben. Was dieses Land braucht, ist eine inhaltliche Partnerschaft und nicht eine, die sich an Zahlen und Landkarten orientiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage ausdrücklich – damit will ich diese Intervention auch schon wieder beschließen –, dass ich zu einem Dialog, zu einer öffentlichen Auseinandersetzung über diese strategische Orientierung dieses Landes auffordere. Es geht nicht darum, dass die Partnerschaft mit Ländern, in denen die Sozialdemokratie traditionell stark ist, gefordert werden soll, es geht nicht darum, diese Regierung "niederzuunken", sondern es geht darum, eine tragfähige strategische Orientierung zu finden, von der unser Land und seine Menschen etwas haben. Keine Papiergebilde können uns da weiterhelfen, sondern nur Dinge oder Bündnisse, bei denen das Gemeinsame stark genug ist und bei denen auch sichergestellt ist, dass alle Partner dieses Bündnisses von Herzen dabei sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Wir haben es über große Phasen der Geschichte der Zweiten Republik geschafft, die Außenpolitik außer Streit zu stellen. Wenn es eine vernünftige Außenpolitik ist, soll es für die nächste Phase dieser Zweiten Republik an dieser Opposition nicht scheitern. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Ing. Gruber: Das soll man Gusenbauer auch sagen!)

14.23

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus das Wort. – Bitte.

14.23

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme die Ideen des Kollegen Professor Konecny auf. (Bun


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 88

desrat Dr. d′Aron: Er ist schon weg!) Er ist zwar weggegangen, aber vielleicht hört er mich. Seine Überlegungen haben durchaus etwas Interessantes für sich, und ich glaube, die Zeitspanne, die zwischen dem Außenpolitischen Bericht der Papierform nach und der Diskussion um den Außenpolitischen Bericht, also dann wenn die Frau Ministerin für Äußeres in unserer Mitte weilt, liegt, gibt uns schon die Möglichkeit, ein paar Worte in dieser Richtung zu diskutieren.

Einige Ältere werden sich noch an folgenden Witz erinnern: Zwei ältere Herren sitzen im Kaffeehaus. Der eine schaut auf die Uhr und sagt: Ich muss zum Fußball-Match! Der andere fragt: Welches Match schaust du dir an? – Darauf sagt der eine: Österreich – Ungarn. Daraufhin fragt der andere: Gegen wen spielen sie?

Das war die Idee, die vor geraumer Zeit viele Menschen bewegt hat, und es ist auch eine Idee, die unserer geografischen Lage entgegenkommt. Wir können nichts dafür, dass die Weltgeschichte manches anders gemacht hat. Aber der Hinweis von Herrn Professor Konecny, inhaltliche Partnerschaft zu suchen, geht doch eigentlich, wenn wir die inhaltliche Partnerschaft annehmen wollen, über den EU-europäischen Rahmen hinaus. Inhaltlich sind wir, ist diese kleine Republik mit Sitz in Wien unseren Nachbarn, die nicht in der EU sind, aber auch jenen, denen wir jetzt auf Grund einer unglückseligen technischen Entwicklung eher grantig gegenüberstehen, viel näher, als jenen, die irgendwo weit im Westen situiert sind. Es ist eigentlich ein Aberwitz der Weltgeschichte, dass wir uns Kraft eines internationalen Vertrages einer politischen Idee verbunden fühlen müssen, die nie eine österreichische Idee gewesen ist. Die österreichische Idee war, von Wien aus – früher einmal vielleicht von Prag aus – Mitteleuropa zu beherrschen – heute würde man es anders sagen –, zu dominieren – und das sicherlich nicht nur zum Nachteil der Völker. Heute ist diese Idee nach Westen verschoben worden, heute ist es Brüssel, die Verwaltung in Brüssel. Es ist dies eine Gleichmacherei, die es früher nicht gegeben hat.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht wäre ein Europa nach dem Jahr 1648 ein Vorbild, nach welchem wir leben sollten, wir können es aber nicht. Das Rad der Geschichte lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Es wäre dies ein Europa der Vielfalt unter einer Regierungsgewalt. Heute ist es die Einheit unter noch vielen Regierungsgewalten. Mir wäre ersteres, so glaube ich, lieber.

Professor Konecny meinte auch, eine Partnerschaft sollte weniger den Egoismus und mehr das Herz hervorkehren. Ich habe schon vorher bei der Entwicklungshilfe gesagt, wir alle sind keine Wohltäter, wir alle sind keine Philanthropen. Vielleicht wäre ein herzlicher Egoismus zweckmäßig, sodass jeder merkt, wir alle wollen für uns Gutes, aber für den Nachbarn nichts Böses. Es muss nicht der Nachbar im direkten geografischen Bereich sein. Natürlich ist Skandinavien ein Vorbild, aber Skandinavien hat eine andere Tradition und war auch schon vor 500 Jahren vereint. Vielleicht ist das ein Hinweis: Wenn Skandinavien eine skandinavische Tradition der Einigkeit, der Kooperation hat, dann muss ich sagen, ergibt sich vielleicht etwas. Ich glaube nicht an die Ewigkeit von künstlich geschaffenen Großreichen, und ich glaube daher auch nicht an die Ewigkeit einer Brüssler Verwaltung. Vielleicht ergibt sich, wenn das möglicherweise früher, als wir glauben, auseinander fällt, eine Möglichkeit, die österreichische Idee wiederum über unsere Staatsgrenze hinaus zu verwerten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.28

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. Ich erteile ihm das Wort.

14.29

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass sich der Bericht nicht nur auf Themen beschränkt, welche im tagespolitischen Geschehen regelmäßig diskutiert werden, wie die EU-Reform oder die Osterweiterung. Es ist, so glaube ich, auch sehr wichtig, sich immer wieder Problemen zuzuwenden, die nicht im Rampenlicht stehen, wie die vergessenen Konflikte im OSZE-Raum oder unsere Politik gegenüber Entwicklungsländer, die auch in diesem Bericht Erwähnung findet.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 89

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Volkspartei ist und bleibt eine Europapartei Österreichs. Wir bekennen uns zu einem Europa, dessen Einheit auf gemeinsamen Werten, gemeinsamen geschichtlichen Erfahrungen und gemeinsamen wertbezogenen Zielen gegründet ist. Das demokratische Prinzip und das Subsidiaritätsprinzip haben dabei eine zentrale Rolle zu spielen. Die Reform der EU, so wie sie zurzeit diskutiert wird, ist daher für uns von größtem politischen Interesse.

Zur Reform der EU sind meiner Ansicht nach die Kernpunkte genannt worden. Die Reform der Europäischen Kommission hat für Österreich besonderes Gewicht. Jede Schwächung der Kommission geht zulasten kleiner Mitgliedstaaten. Die Kommission ist der Motor der Gemeinschaft. Wer diesem Motor Sand ins Getriebe streut, gefährdet die Europäische Integration.

Der Rückzug auf den Intergouvernmentalismus wäre die Folge davon, und wir Österreicher wissen aus leidvoller Erfahrung, was dies zu bedeuten hat.

Wir wissen, was passiert, wenn ohne klare Spielregeln vorgegangen und nach Gutdünken einiger europäischer Staatsmänner entschieden wird. Die EU braucht Spielregeln, und nur eine starke Kommission kann sie sicherstellen.

Daher ist es auch so notwendig, dass jedes Land gleichberechtigt einen Kommissar entsenden kann. Keinen Kommissar zu haben würde bedeuten, von einem wichtigen informellen Informationsfluss ausgeschlossen zu sein.

Hinsichtlich der Reform der Stimmengewichtung im Rat bin ich Realist. Wenn ein Land wie Österreich beinahe halb so viele Stimmen hat wie Deutschland, dann ist es verständlich, dass dies Unmut erregt. Auf der anderen Seite war es von Anfang an ein Prinzip, dass kleinere Mitgliedstaaten relativ mehr Gewicht haben als große. Ich glaube, in diesem Punkt muss es unser Anliegen sein, dass das Prinzip der relativ stärkeren Gewichtung der kleineren Mitgliedstaaten auch in Zukunft Bestand hat. Hinsichtlich der Wahl des Modells sollte man flexibel sein.

Ich bin überzeugt, dass die Frau Bundesministerin, die anschließend kommt, unsere Interessen in Nizza verteidigen und zusammen mit anderen kleineren Mitgliedstaaten die Erhaltung dieses Prinzips durchsetzen wird.

Wenn Präsident Prodi eine Ausdehnung der Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit in das Zentrum der Institutionenreform gestellt hat, so hat er dies aus guten Gründen gemacht. Zu oft wurden Entscheidungen über Materien, die Einstimmigkeit erfordern, junktimiert und wichtige Reformen verschleppt, verwässert oder umgebracht. (Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner betritt den Saal.)

Ich glaube, es ist daher Zeit, die Liste der einstimmigen Materien zu durchforsten. Durchforsten bedeutet aber gewiss nicht, die Einstimmigkeit abzuschaffen, es gibt Materien, bei denen es essenziell ist, ein Veto zu haben. Die Wassermengenbewirtschaftung zum Beispiel darf auch in Zukunft nicht über unseren Kopf hinweg entschieden werden. Dieses Interesse ist legitim, und wir werden es auch verteidigen.

Frau Bundesministerin! Nachdem Sie nun da sind, kann ich sagen, dass ich weiß, wie schwer unser Stand gerade in Bezug auf den Wasserbereich ist, aber ich weiß auch, wie sehr Sie für unsere Interessen kämpfen.

Die Erweiterung der EU hat für mich europapolitische Priorität. Diese liegt im strategischen Interesse Österreichs, da wir dadurch aus der bisherigen Randlage in das Zentrum eines erweiterten Europas rücken. Die EU-Erweiterung wird den Raum der Stabilität und Prosperität ausweiten. Diese Stabilität ist Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung sowie für die innere und äußere Sicherheit.

Natürlich benötigt die Erweiterung eine sorgfältige Vorbereitung. Daher ist insbesondere auch das Erreichen der europäischen Arbeits-, Umwelt- und Sozialstandards zu beachten. Wesentlich ist auch das Erreichen der vorgegebenen Standards im Bereich der inneren Sicherheit und der


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 90

Justiz. In diesem Sinne sind flexible Übergangsregelungen insbesondere bei der Personenfreizügigkeit und beim Dienstleistungsverkehr zur Sicherung der Stabilität des österreichischen Arbeitsmarktes notwendig. Flexible Übergangsregelungen sollten daher die Probleme der Pendler speziell in Grenzregionen Mitteleuropas lösen. Ich bin davon überzeugt, dass die Erweiterung auch für Österreich ein Erfolgsprojekt wird, denn wir scheuen uns nicht, im Erweiterungsprozess auch unangenehme Fragen aufzuwerfen. Das ist heute hier auch schon passiert. Wir verteidigen unsere Interessen, auch wenn uns die anderen Mitgliedstaaten dabei manchmal allein lassen.

Unsere gegenwärtigen Probleme mit einigen zentraleuropäischen Nachbarländern sind natürlich unangenehm, aber Partnerschaft bedeutet nicht, schwierige Probleme totzuschweigen. Partnerschaft bedeutet, den Dialog zu suchen, offen miteinander zu reden und die Positionen anzunähern.

In diesem Sinne glaube ich auch nicht, dass unsere Pläne betreffend eine strategische Partnerschaft durch die gegenwärtigen Probleme grundlegend in Frage gestellt werden. Ich denke aber, dass wir gerade in dieser schwierigen Situation den Dialog nicht abreißen lassen dürfen. Ich glaube, es ist unsere Aufgabe, die Bundesregierung in ihren Bemühungen zu unterstützen. Dies können wir am besten, indem wir auf die Bevölkerung dahin gehend einwirken, den Dialog zu ermöglichen und zumindest für einige Zeit Ruhe zu bewahren.

Ich glaube, die Bundesregierung hat wirklich bewiesen, dass sie die Atomsorgen der Bevölkerung sehr ernst nimmt. Nun sollten wir sachlichen Gesprächen eine Chance geben.

Hinsichtlich außereuropäischer Fragen möchte ich zur Entwicklungszusammenarbeit mit der Dritten Welt anmerken, dass die zunehmende Globalisierung ein verstärktes politisches Augenmerk für diese wichtige Materie verlangt. Die 4,7 Milliarden Menschen, die in Entwicklungsländern leben, müssen unsere Partner werden, und dafür benötigen wir Zusammenarbeit. Wollen wir weltweiten Frieden und die globale Erhaltung der Umwelt, dann müssen wir auch die Armut bekämpfen.

Entwicklungszusammenarbeit ist mehr als eine moralische Verpflichtung, sie ist für uns eine wichtige politische Notwendigkeit. Der Erfolg lässt sich sehen, wenn ein Land wie Österreich, das zu einer massiven Budgetkonsolidierung gezwungen ist, eine Außenministerin hat, der es gelingt, das Budget für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit konstant zu halten und dafür Einsparungen in anderen wichtigen Bereichen ihres Hauses in Kauf nimmt. Angesichts dessen kann man sagen, dass diese wichtige Materie in guten Händen liegt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich selbst würde mich freuen, in Zukunft mehr über die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern in diesem Rahmen zu erfahren. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.37

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung zur Tagesordnung zur Abgabe einer Erklärung der Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten zu aktuellen Angelegenheiten der Außenpolitik.

Erklärung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten zu aktuellen Angelegenheiten der Außenpolitik

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nunmehr zu einer Erklärung der Frau Bundesministerin.

Es liegt mir ein schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 38 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor, im Anschluss an diese Erklärung eine Debatte durchzuführen. Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich ihm ohne Weiteres stattgeben.

Ich erteile nun der Frau Bundesministerin das Wort. – Bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 91

14.38

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich freue mich ganz besonders, dass mir heute die Gelegenheit gegeben wird, gemeinsam mit Ihnen über einige aktuelle Fragen der Außenpolitik zu sprechen und diese dann zu erörtern.

Es ist mir ein Anliegen, damit auch um die Unterstützung des Bundesrates und vor allem auch der einzelnen Fraktionsführer für eine gemeinsame Außenpolitik zu werben, denn ich glaube, es ist enorm wichtig, im Ausland möglichst gemeinsam aufzutreten. Ich werde in meinen Ausführungen sowohl auf den Außenpolitischen Bericht, das heißt, auf die gesamte Außenpolitik, aber auch ganz besonders auf die Berichte über Südtirol, über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit und die Zusammenarbeit der EU mit den Staaten Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum eingehen.

Lassen Sie mich gleich mit einem Thema beginnen, das wichtige Auswirkungen nicht nur für Österreich, sondern auf die gesamte Weiterentwicklung der Europäischen Union haben wird, nämlich die Regierungskonferenz. Sie soll, wie Sie wissen, die Europäische Union für die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten vorbereiten, die in Zukunft 27, vielleicht sogar einmal 28 Mitgliedstaaten haben wird und trotzdem effizient arbeiten soll.

Nach zwei Verhandlungsrunden auf Ebene der Außenminister und nach zwei Debatten der Staats- und Regierungschefs in Biarritz sind wir nur mehr knapp einen guten Monat vor dem wichtigen Gipfel von Nizza entfernt, bei dem diese Gesamtreform der EU und der Institutionen gelingen soll, um dann in das nächste große Kapitel der Außenpolitik, das mir ganz besonders am Herzen liegt, nämlich in die Frage der Erweiterung, einzutreten. Sie wissen, der Informelle Rat in Biarritz hat am 13. und 14. Oktober stattgefunden, und dabei gab es eine Aussprache über die schwierigen oder noch nicht klaren Punkte.

Zu den für das Gewicht der Mitgliedstaaten in der Union so wesentlichen Fragen nach Größe und Zusammensetzung der Europäischen Union und der Stimmgewichtung im Rat gab es in Biarritz – ich darf das sagen – harte, aber gleichzeitig auch klärende Worte, die wahrscheinlich notwendig waren. So prallten verschiedene Vorstellungen der fünf großen Mitgliedstaaten mit den Vorstellungen der insgesamt zehn kleineren und mittleren Mitgliedstaaten aufeinander.

Während die Kleineren und Mittleren eher davon ausgehen, dass es einen Kommissar pro Mitgliedsland geben soll, wobei wir überhaupt daran festhalten, dass grundsätzlich in jeder Institution ein Vertreter eines Landes vorhanden sein soll, haben sich die Großen eine erhebliche Verkleinerung der Kommission auf die Fahnen geschrieben, gleichzeitig aber eine gewisse Hierarchisierung der Kommission angesprochen.

Ähnlich stellt sich die Interessenlage auch zwischen großen und kleineren Mitgliedstaaten bei der Stimmgewichtung dar, also bei der Anzahl der Stimmen, die jedem einzelnen Mitgliedstaat zusteht. Zur Erinnerung: Österreich mit einer Bevölkerungszahl von 8 Millionen Einwohnern verfügt im Ministerrat derzeit über vier Stimmen, die Bundesrepublik Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern hat vergleichsweise dazu nur zehn Stimmen. Also auch hier gibt es für die Zukunft verschiedene Modelle. Im Grunde aber geht es darum, dass die großen Mitgliedstaaten eher eine Neugewichtung wollen, bei der das Bevölkerungselement wesentlich stärker zum Tragen kommt, während die kleineren Mitgliedstaaten ihre relative Besserstellung, die sie jetzt haben, im Rahmen der EU erhalten wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns gibt es dabei folgende Kernelemente: Jeder Mitgliedstaat muss, wie ich schon sagte, das Recht behalten, ein Mitglied der Europäischen Kommission nominieren zu können. Dabei geht es uns nicht darum, dass der von Österreich nominierte Kommissar unsere österreichischen Interessen in der Kommission wahrnimmt, das wäre mit der Unabhängigkeit der Kommission gar nicht vereinbar, es geht vielmehr darum, dass dieser Kommissar ein Bindeglied ist, das den Informationsfluss von und nach Brüssel leitet und gleichzeitig die Legitimation und Akzeptanz dieser zentralen EU-Institution in den Mitgliedstaaten sicherstellen kann.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 92

Würden nicht alle Mitgliedstaaten einen Kommissar stellen, so wäre das unserer Meinung nach eine ernste Schwächung der Kommission. Das aber würde wieder zulasten der kleineren Mitgliedstaaten gehen, die ohnehin befürchten müssen, dass informelle Vorabsprechen größerer Mitgliedstaaten außerhalb der Union als vollendete Tatsachen hingestellt werden.

Zur Umgewichtung der Stimmen ist unsere Haltung klar. Sie muss unserer Ansicht nach moderat ausfallen, dass heißt vor allem, es muss in gewisser Weise eine relative Bevorzugung der kleineren Staaten gegenüber den größeren geben.

Bei der dann für die zukünftige Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft zentralen Frage der Ausdehnung der Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit herrschte von Beginn an – so darf ich sagen – Übereinstimmung darüber, dass bei ratifikationsbedürftigen Verträgen oder auch bei den Bestimmungen Einstimmigkeit erhalten werden muss, bei denen bestimmte, sehr vitale Bereiche angesprochen werden. Insgesamt stehen zur Disposition: Steuern, soziale Fragen, Visa, Einwanderung und die gemeinsame Handelspolitik.

Der Grundsatz der Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen wird von den EU-Mitgliedstaaten an und für sich nicht bestritten. Erst kürzlich hat Präsident Prodi dieses Anliegen auch in das Zentrum der Institutionenreform gestellt. Aber es gibt, wie ich schon angedeutet habe, gewisse Bereiche, die absolut essenziell sind und die man auch in Zukunft mit Einstimmigkeit entscheiden sollte. Diese Bereiche müssen daher ganz genau untersucht und herausgearbeitet werden, denn sonst würden wir wahrscheinlich neuerliche Gefahren heraufbeschwören.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben nach sorgfältigster Prüfung bei vielen der zur Diskussion gestellten Artikel – man hat von Artikel zu Artikel die verschiedenen Prüfungen durchgeführt – einen Übergang zur qualifizierten Mehrheit grundsätzlich als wünschenswert oder akzeptabel gefunden, aber folgende Bereiche, die wir eben für sensibel erachten, herausgestellt, bei denen wir auf die Einstimmigkeit beharren. Dazu gehören in erster Linie natürlich umweltpolitische Maßnahmen – ich meine damit die quantitativen Aspekte der Wasserressourcen, also Eingriffe in die Wassermengenbewirtschaftung –, aber auch Fragen wie die Raumordnung, die Bodennutzung, die Wahl des Energieträgers sowie bestimmte grundlegende, vor allem harmonisierende Maßnahmen im Bereich des Asylverfahrens. Dazu zählen insbesondere die Verteilung von Belastungen, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen verbunden sind, das Aufenthaltsrecht von Drittstaatenangehörigen sowie vor allem auch die Flüchtlingsaufnahme und die Einwanderungspolitik.

Es gibt dann noch einige andere Punkte, die aber nicht von dieser wesentlichen Bedeutung sind und die natürlich entsprechend von uns vertreten werden.

Was die verstärkte Zusammenarbeit betrifft, die ebenfalls ein wichtiger Punkt in diesem Institutionsgefüge ist, also die weitergehende Zusammenarbeit von einer kleineren Gruppe von Mitgliedstaaten in bestimmten Bereichen, darf ich sagen, das ist vielleicht der einzige Bereich, bei dem sich in Biarritz ein Konsens abgezeichnet hat. Die verstärkte Zusammenarbeit soll leichter angewendet werden können, allerdings immer unter Beachtung klarer Kriterien und Bedingungen, damit vor allem die Kohärenz und auch die Einheitlichkeit des Integrationsprozesses, was uns sehr wichtig war, nicht gefährdet werden.

Die verstärkte Zusammenarbeit soll daher im Rahmen der EU-Verträge und nicht außerhalb, wie ich vorhin sagte, stattfinden, sonst wäre die Gefahr eines Direktoriums erst recht gegeben. Es soll auch jedem Mitgliedstaat möglich sein, zu der Gruppe der verstärkten Zusammenarbeit aufzuschließen, damit wir auch die Kohärenz steuern können. Wir können nicht jene, die hinten geblieben sind, nicht mehr aufschließen lassen. Schließlich, so glaube ich, müssen die Interessen auch der nicht teilnehmenden Staaten gewahrt werden, und der Gemeinschaftsacquis muss von allen respektiert werden.

Wir glauben aber auch, dass es in manchen Bereichen sogar besser ist, mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen, als in einer kleineren Gruppe voranzugehen, damit der Gesamtzusammenhalt der Union weiter gesichert ist.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 93

Sie wissen, ein weiteres Thema der Regierungskonferenz ist Artikel 7 des EU-Vertrages, also jenes Vertragsartikels, der dann zur Anwendung kommen soll, wenn in einem Mitgliedstaat die Menschenrechte und demokratischen Grundprinzipien schwerwiegend anhaltend verletzt werden. Sie wissen, dass Artikel 6 und 7 ursprünglich auf eine Initiative unseres jetzigen Bundeskanzlers und des damaligen Außenministers Dini zurückgehend eingeführt wurden.

Diese Reform, die wir für Artikel 7 anstreben, soll sicherstellen, dass Sanktionsmaßnahmen im rechtsfreien Raum, so wie es eigentlich bei Österreich passiert ist, nie mehr möglich sind. Wir gehen dabei von einem Frühwarnmechanismus aus, aber – das unterscheidet zum Beispiel wieder den österreichischen Vorschlag vom belgischen oder auch in gewisser Weise vom Kommissionsvorschlag – wir wollen eine totale Verrechtlichung des Verfahrens. Wir sind ein Rechtsstaat, wir erwarten uns daher auch, dass die Gemeinschaft möglichst wie eine Rechtsgemeinschaft agiert. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang ist ganz besonders herauszustellen, dass wir natürlich das Anhörungsrecht des betroffenen Staates in allen Stufen des Verfahrens für ganz wesentlich halten.

Für den Bundesstaat Österreich – das ist natürlich gerade hier im Bundesrat sehr wichtig – hat die Stellung des Ausschusses der Regionen selbstverständlich eine besondere Bedeutung. Im Sinne der Stellungnahme der Länder setzen wir uns daher auch ganz besonders für die Aufwertung dieses Ausschusses ein. Hiebei geht es um die Zuerkennung des Organstatus sowie auch um eine Klagslegitimation. Wie Sie aber wissen, haben die Verhandlungsrunden leider gezeigt, dass es einige Länder in der Union gibt, die ein wesentlich zentralistischeres Gefüge haben, und dass daher sehr wenige – vor allem Deutschland, aber auch Belgien – diese weitgehende österreichische Position unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierungskonferenz befasst sich auch mit der Frage, inwieweit den Entwicklungen im Bereich der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik durch entsprechende Vertragsänderungen Rechnung getragen werden muss. Angestrebt werden dabei Beschlüsse über die Schaffung permanenter Strukturen, vor allem eines Politischen und Sicherheitskomitees, eines Militärkomitees und eines Militärstabes.

Darüber hinaus sollen vor allem die Beziehungen zwischen der Union und der NATO geklärt werden. Dabei geht es vor allem um die Möglichkeit der Nutzung von militärischen Mitteln der NATO für EU-geführte Operationen im Bereich des Krisenmanagements. Wie Sie wissen, war vorige Woche auch der NATO-Generalsekretär Lord Robertson in Österreich, und bei dieser Gelegenheit konnte ich mit ihm die Frage dieses Zusammenwirkens von EU und Nato in Fragen der europäischen Sicherheit erörtern. Dabei betonte der Generalsekretär, dass mit dem militärischen Krisenmanagement der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der Nato-Partnerschaft für den Frieden die Unterscheidung zwischen alliierten und nicht alliierten Staaten immer mehr an Bedeutung verliere. Er unterstrich auch, dass man bei der Entwicklung der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ganz besonders darauf achten solle, unnötige Duplizierungen zu vermeiden, damit vor allem knappe Verteidigungsmittel nicht vergeudet werden. Dabei wies Robertson auch auf die Bedeutung der transatlantischen Verbindungen mit den USA hin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage ganz klar und deutlich: Diesen Zielen dient auch das maßgeschneiderte Kooperationsprogramm, das Österreich zur Weiterentwicklung seiner bilateralen Beziehungen zur NATO in Aussicht nimmt. Dabei sollen vor allem durch eine umfassendere Nutzung des im Rahmen von Partnerschaft für den Frieden und Euroatlantischer Partnerschaft bestehenden Kooperationspotentials ein politischer Dialog, die militärische Zusammenarbeit, aber auch die zivile Zusammenarbeit in gewissen Bereichen intensiviert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alles in allem bin ich zuversichtlich, dass uns in Nizza letzten Endes ein Vertragsentwurf gelingen wird, der den österreichischen Grundanliegen Rechnung trägt, und das liegt – auch das sage ich ganz klar – in unserem ureigensten Interesse. Denn nur, wenn wir Nizza gut schaffen, können wir zur nächsten wirklich großen Vision antreten, nämlich zur Erweiterung der Europäischen Union.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 94

Bei den Verhandlungen mit der Luxemburggruppe – mit Zypern, Ungarn, Polen, Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien – gilt es nunmehr, nachdem alle Verhandlungskapitel mit dieser Gruppe eröffnet wurden, klare Lösungsansätze vor allem auch in den schwierigeren Dossiers zu erarbeiten. Dabei geht es vor allem um die Frage der Übergangsfristen, die zweifellos einen Schwerpunkt bilden wird. Folgende Überlegungen spielen eine Rolle: Es sollen einzelfallbezogene und maßgeschneiderte Lösungen gefunden werden, es müssen nachvollziehbare Begründungen vorliegen, und es bedarf realistischer Zeitpläne, im Rahmen welcher sich die Beitrittskandidaten für die Umsetzung des Acquis bis zum Ende der Übergangsfrist verpflichten. – Das sind die wesentlichen Kriterien, die für uns wirklich wichtig sein müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir gehen davon aus, dass – die Landwirtschaft nicht mit eingerechnet – in den nächsten Wochen und Monaten insgesamt 170 Anträge auf Übergangsfristen von den Kandidatenländern behandelt werden können. So wurde zum Beispiel im Bereich der Erdölbevorratung oder auch bei den Bankenrichtlinien bereits Anträgen auf Übergangsbestimmungen stattgegeben. Das ist der richtige Moment, auch eigene Vorstellungen für solche Übergangsbestimmungen einzubringen.

Die Verhandlungen zum Kapitel Freizügigkeit der Person werden erst nach der Regierungskonferenz, also unter schwedischer Präsidentschaft, fortgesetzt werden, und wir werden zweifellos sowohl bei der Frage der Personenfreizügigkeit als auch bei der Frage der Dienstleistungsfreizügigkeit einhaken. Bei der Erstellung solcher Regelungen werden wir uns vor allem anhand objektiver Fakten orientieren und uns für Übergangsmodelle aussprechen, die – auch das ist wichtig – einer gemeinschaftsrechtlichen Überprüfung standhalten.

Die Europäische Kommission hat in diesem Frühjahr eine Studie über die Auswirkung der EU-Erweiterung auf die Beschäftigung und die Arbeitsmärkte in den Mitgliedstaaten veröffentlicht. Es ist dies ein Statuspapier, in welchem ausdrücklich auch anerkannt wird, dass Österreich von der Gewährung der Personenfreizügigkeit besonders betroffen sein wird, denn wir sind schließlich das einzige Land, das von vier Beitrittsstaaten sozusagen umringt ist. Wir können also davon ausgehen, dass die Union inzwischen durchaus Verständnis für diese spezifische österreichische Position hat. Das hat allerdings lange gedauert, wir mussten sehr lange an dieser Bewusstseinsbildung arbeiten.

Bei den Verhandlungen mit der so genannten Helsinki-Gruppe, also mit Malta, Rumänien, Bulgarien, der Slowakei, Lettland und Litauen, erscheint es uns wesentlich, den so oft beschworenen "Catch-up"-Mechanismus nicht zu einer bloßen Worthülse werden zu lassen. Das heißt, die beachtlichen Fortschritte dieser Staaten – ich denke in diesem Zusammenhang vor allem an die Slowakei, aber auch an Lettland und Litauen – sollen nicht unhonoriert blieben. Wir gehen davon aus, dass mit diesen Staaten Verhandlungskapitel bis zum Frühjahr gänzlich eröffnet sein werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für Österreich – das ist mir ein ganz besonders wichtiges persönliches Anliegen – ergibt sich aus dem Beitritt unserer zentraleuropäischen Nachbarn eine wirklich große, auch politische Chance. Durch eine enge politische Kooperation im Sinne einer freien und gleichberechtigten – ich betone: gleichberechtigten – strategischen Partnerschaft könnte ein gemeinsam agierender und kooperierenden Raum mit nahezu 40 Millionen Einwohnern geschaffen werden, der allen Partnern potenziell auch ein größeres Gewicht in der Union verschafft. Auf die Entwicklung eines solchen kooperativen Netzwerkes, welches die unmittelbare Nachbarschaft betrifft, möchte ich ganz besonderes Augenmerk lenken, und ich möchte ab nächstes Jahr diese Fragen ganz besonders mit unseren Partnern und Kollegen ansprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage weiters ganz klar: Diese Überlegungen stellen keine Rückkehr in die Geschichte dar – ich bin keine Nostalgikerin –, sondern sie zielen auf eine zukunftsorientierte Vernetzung gemeinsamer Interessen von gleichberechtigten Staaten innerhalb einer erweiterten Union ab. Ich stelle mir diese Entwicklung in zwei Phasen vor. In der ersten Phase befinden sich die Staaten noch in der Beitrittsphase. Zu dieser Zeit müssen wir ihnen objektiv, nach entsprechenden Kriterien und


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 95

auch gemäß unseren Interessen helfen, die schwierigen Probleme, die es noch gibt, zu überwinden, und ich ersuche Sie alle, an diesem Unternehmen mitzuwirken!

Ich plane – ich habe es schon angekündigt – dafür im Frühjahr nächsten Jahres eine Österreich-Plattform gemeinsam mit der Regierung, der Opposition, den Sozialpartnern, den Vertretern der Grenzregionen und den Bundesländern einzuberufen, um schwierige Probleme zu besprechen und wirklich unterstützend einzugreifen. Immer deutlicher zeichnet sich jetzt ab, dass die Erweiterung wahrscheinlich in den Jahren 2003 bis 2005 zumindest beginnen wird, und ich glaube, wir alle müssen uns auf dieses Faktum vorbereiten, und wir müssen vor allem alles tun, dass wir nicht die Letzen sind, denn dann hätten wir unsere Chancen vor allem für die zweite Phase vertan, in welcher wir mit diesen Staaten als Partnern in der Union gemeinsam arbeiten können. Ich meine damit, dass wir wie die Benelux-Länder oder auch wie die skandinavischen Länder bestimmte gemeinsame Positionen und Haltungen in der EU entwickeln, die uns wesentlich stärker machen. Das ist also ein gemeinsames Anliegen für gemeinsame Interessen. Ich bitte Sie, das in diesem Sinne zu verstehen.

Natürlich gibt es noch eine Reihe von offenen Problemen – das ist mir genauso bewusst wie Ihnen –, zum Beispiel Temelin. Die Bundesregierung verfolgt diesbezüglich eine klare Linie und nutzt natürlich alle zur Verfügung stehenden außen- und europapolitischen Möglichkeiten, um diese Linie mit Nachdruck zu verfolgen. Selbstverständlich muss im Vordergrund die Sicherheit der Bevölkerung stehen, das sollte nicht nur ein österreichisches, sondern auch ein tschechisches und vor allem ein europäisches Anliegen sein. Bekanntlich machen nämlich die Folgen eines Nuklearunfalles an den Staatsgrenzen nicht Halt, wie wir seit Tschernobyl wissen. In Anbetracht dessen ist es bedauerlich, dass trotz intensiver Bemühungen auf allen Ebenen nach wie vor zahlreiche Fragen unbeantwortet geblieben sind.

Natürlich verstehe ich die Sorgen der österreichischen Bevölkerung, besonders jener Menschen, die nahe an der tschechischen Grenze leben. Die von Prag kritisierten Blockaden der Grenzübergänge durch Demonstranten sind eben Ausdruck dieser tiefen Sorge, und das haben wir den Tschechen auch immer wieder mitgeteilt. Daher meine ich, dass die tschechische Seite auf die Notwendigkeit eines ernsten und vor allem qualifizierten Dialogs in dieser Frage immer wieder hingewiesen werden muss.

Sie wissen: Diesbezüglich entwickelt sich langsam ein Problembewusstsein bei den tschechischen Stellen – ich freue mich persönlich, dass zumindest ein erster wichtiger Dialog zwischen dem Herrn Bundeskanzler und Premier Zeman zu Stande gekommen ist –, es fehlt aber natürlich noch sehr viel. Wir verlangen eine Klärung der sicherheitstechnischen Fragen sowie vor allem die Durchführung einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung vor Inbetriebnahme des Kraftwerks. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entsprechend dem Sechs-Punkte-Plan der Bundesregierung vom 29. August und auch der einstimmigen Entschließung des Nationalrates vom 5. September wird Österreich daher der vorläufigen Schließung des Energiekapitels bei den Beitrittsverhandlungen nicht zustimmen können, solange nicht diese Forderungen – Klärung der sicherheits- und umweltrelevanten Fragen – erfüllt sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Gleichzeitig darf ich sagen, dass ich mich freue, dass die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang jetzt ein neues Problembewusstsein entwickelt hat. Wir haben auch in Kommissar Verheugen neuerdings einen Verbündeten, und es wird wahrscheinlich eine Expertengruppe eingesetzt werden, die Sicherheitsstandards relevieren wird, die in der gesamten Union für die Zukunft gelten sollen. Gemäß diesen Standards soll dann auch Temelin geprüft werden.

Bezüglich des Kernkraftwerks Krško wird Österreich vor allem darauf achten, inwiefern die Sicherheitsstandards der Tatsache ausreichend Rechnung tragen, dass dieses Kernkraftwerk auf einer Erdbebenzone liegt. Auch in diesem Zusammenhang werden wir die Ergebnisse der Studie über Erdbebensicherheit der von der Europäischen Kommission eingesetzten Sondergruppe abwarten und diese für die Beitrittsverhandlungen evaluieren müssen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 96

Ein weiteres offenes, nicht einfaches Thema sind die Avnoj-Beschlüsse und die Beneš-Dekrete. Die Bundesregierung hat in Punkt 12 ihres Arbeitsprogrammes deutlich gemacht, dass sie um sachgerechte Lösungen in den Fragen der auf Grund der Beneš-Dekrete und der Avnoj-Bestimmungen vertriebenen deutschsprachigen Bevölkerung bemüht sein wird. Österreich hat sich seit 1990, also eigentlich gleich nach der Wende in der damaligen Tschechoslowakei, immer wieder für die Belange der Heimatvertriebenen eingesetzt. Gleiches gilt gegenüber Slowenien, wo vor allem das Denationalisierungsgesetz aus dem Jahre 1991 die Kollektivschuldvermutung und damit verbunden eine Beweislastumkehr enthält.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Diskriminierung ist mit der europäischen Rechtsordnung nicht vereinbar! Das haben wir sowohl in bilateralen Gesprächen als auch im Rahmen der Union immer wieder angesprochen, und wir werden diesen unumgänglichen Dialog unbeirrbar, aber gleichzeitig auch mit Augenmaß weiterführen. (Beifall bei der ÖVP. – Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Es muss selbstverständlich auch im Interesse der Beitrittskandidaten liegen, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und Schatten zu beseitigen. – Wir sind der Auffassung, dass die schrittweise Einbindung beider Staaten in die europäische Rechtsordnung der richtige Weg ist, offene Fragen in den Beziehungen einer Lösung zuzuführen. Gemeinsame Standards der Rechtsstaatlichkeit werden uns, wie ich meine, einer Lösung eher näher bringen als der Versuch, den Beitritt dieser Länder zu blockieren. Letzteres würde nämlich nicht nur die nationalistischen Kräfte stärken, die einer solchen Lösung am ablehnendsten gegenüberstehen, sondern darüber hinaus auch keine Bereinigung des Unrechts aus der Vergangenheit bringen.

Ich möchte auch nicht verhehlen, dass bis zu einer tatsächlichen Erweiterung – wie ich schon erwähnte – noch einige Jahre vergehen werden und sich eine ständige Drohung mit Veto daher abnützt. Das ist also meines Erachtens nicht der zielführende Weg. Daher ist es jetzt sehr wichtig, dass wir die verbleibende Zeit bis zum Beitritt entsprechend nützen. Ich gehe, wie gesagt, davon aus, dass die Union ab 1. Januar 2003 beitrittsfähig sein muss. Es kann dann noch ein oder zwei Jahre dauern, zwischen 2003 und 2005 wird es aber voraussichtlich zu echten Beitritten kommen.

Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir, noch ein paar andere Punkte der österreichischen Außenpolitik anzuführen, nachdem ich jetzt vor der Regierungskonferenz einen Schwerpunkt auf die EU gelegt habe. – Darunter befindet sich vor allem der OSZE-Vorsitz in diesem Jahr: Mit der Übernahme dieser Aufgabe haben wir, so glaube ich, einmal mehr deutlich gemacht, dass wir wirklich bereit und willens sind, unseren Beitrag zur Erhaltung des Friedens und der Stabilität in Europa weiterhin zu leisten. Sie wissen, dass es die Aufgaben des Vorsitzes mit sich gebracht haben, dass man sich mit der Situation in allen Problem- und Krisengebieten dieser aktiven Organisation intensiv auseinander setzen musste.

In Südosteuropa gab es eine Reihe sehr positiver Entwicklungen. Ich war am Montag dieser Woche in der Bundesrepublik Jugoslawien, wo es zu einem demokratischen Wandel gekommen ist. Ich habe dort Präsidenten Koštunica, Premierminister Zižic sowie meinen Kollegen, den neuen Außenminister Svilanovic, aber auch den Koordinator Djindjic getroffen und freue mich, dass ich sagen kann, dass Präsident Koštunica die Bedingungen der OSZE für eine Aufnahme akzeptiert hat und voraussichtlich schon morgen ein eigener Ständiger Rat der OSZE stattfinden wird, im Rahmen dessen die Aufnahme der Bundesrepublik Jugoslawien in die OSZE erfolgen kann.

Ich habe Präsidenten Koštunica eingeladen, im Anschluss daran an der großen Ministerkonferenz am 27. und 28. November in Wien selbst teilzunehmen, bei welcher er die drei großen Dokumente der OSZE zu unterzeichnen hat, nämlich einerseits die Akte von Helsinki, andererseits die Charta von Paris sowie die Deklaration von Istanbul. Er hat mir an und für sich zugesagt, dass er kommen wird.

In diesem Zusammenhang halte ich auch noch Folgendes fest: Ich bin heute Morgen aus Washington zurückgekommen, wo ich gestern meinen bilateralen Besuch bei der amerikani


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 97

schen Außenministerin absolvierte. Albright beabsichtigt, vielleicht an diesem Ereignis auch teilzunehmen, denn auch für sie ist das eigentlich die Krönung der Demokratisierung des Balkans, und das wäre natürlich für uns ein schöner Abschluss des OSZE-Vorsitzes! Noch ist es nicht fix, aber es ist geplant. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine kurze Bemerkung zum Kosovo: Am 28. 10. haben im Kosovo Lokalwahlen stattgefunden, die von der internationalen Gemeinschaft, in diesem Fall von der OSZE zusammen mit UNMIK, organisiert wurden. Diese haben, wie ich meine, ebenfalls den Weg in Richtung Stärkung demokratischer Strukturen eröffnet. Die Kosovo-Albaner haben gewählt, und sie haben die moderatere Linie von Rugova gewählt. Das war sehr erfreulich. Was leider nicht erfreulich war, war, dass die Serben nicht bereit waren, an dieser Wahl teilzunehmen: Diese waren leider noch sehr durch Milosevic und seine Pressionen beeinflusst. Jetzt aber wird Dr. Kouchner, der Leiter der UNMIK, dafür Sorge tragen, dass Serben in die Lokalverwaltung kooptiert werden, damit es da eine möglichst ausgewogene Teilnahme gibt und es eine langsam wieder in Richtung Multiethnizität gehende Gemeinschaft geben wird.

Die demokratische pro-westliche Regierung Montenegros unter Präsident Djukanovic hat zu Zeiten des Milosevic-Regimes in Belgrad, wie Sie wissen, unser aller Wohlwollen genossen, das Wohlwollen der gesamten internationalen Gemeinschaft. Sie konnte auf unsere Unterstützung zählen, weil von ihr ein gemäßigter Kurs verfolgt wurde, und wir wollen ihr diese Unterstützung auch in Zukunft geben. Mein persönlicher Vertreter für den Balkan, unser Generalsekretär im Außenministerium Botschafter Rohan, hat am 17. und 18. Oktober diesen Wunsch gegenüber der montenegrinischen Führung klar zum Ausdruck gebracht.

Ich muss aber hinzufügen, dass wir heute ein Problem betreffend den künftigen Status Montenegros und des Kosovo haben. Ich habe das auch gegenüber Präsident Koštunica angesprochen, und diesbezüglich zeichnet sich noch keine Lösung für die Zukunft ab.

Lassen Sie mich auch ein paar Worte zu Zentralasien sagen: Wir haben zum ersten Mal auch Zentralasien einen Schwerpunkt eingeräumt, und ich selbst habe gerade eine sehr wichtige Konferenz in Zentralasien eröffnet. Bei dieser Konferenz haben wir uns auf die Fragen Drogen und Sicherheit gegen Kriminalität, aber auch gegen Terrorismus konzentriert. Man weiß, dass in diesem Bereich sehr viel aus Afghanistan kommt, und daher war die Frage, wie man Sicherheit im gemeinsamen Verbund bewirken kann, sehr wesentlich. – Ich glaube, wir haben einen guten Grundstein auch für die nächste Präsidentschaft gelegt, daran weiterzuarbeiten.

Ich möchte nun noch einige Wort zu Georgien und Moldau-Transnistrien und zu den so genannten "frozen conflicts" sagen: Wir haben diese zumindest aufgebrochen und haben Verhandlungen begonnen. Trotzdem gibt es derzeit wiederum eine Pattsituation, und ich schätze, dass man diesbezüglich wahrscheinlich erst nach Etablierung einer neuen Administration in den Vereinigten Staaten weiterkommen wird. Trotzdem hat der österreichische Vorsitz hier zum ersten Mal etwas bewegt.

Das schwierigste Problem während meiner OSZE-Präsidentschaftszeit war wahrscheinlich die Frage Tschetschenien. Seit April haben wir wirklich sehr stetig mit der Russischen Föderation verhandelt, damit die OSZE-Assistenzgruppe zurückkehren kann. Das war sehr schwierig. Die letzten Verhandlungen in Wien haben grundsätzlich ein Einverständnis gebracht, das aber jetzt von Moskau noch einmal bestätigt werden muss. Noch habe ich diese Bestätigung nicht, ich hoffe aber, dass im Vorfeld zu diesem Ministertreffen eine entsprechende Chance besteht, denn allgemein ist es auch ein wichtiger Punkt, wenigstens menschliche und humanitäre Hilfeleistung zu geben.

Das waren die Themen OSZE.

Nun noch eine Anmerkung zu Nahost. – Ich habe gestern mit Außenministerin Albright natürlich auch diese Frage angesprochen, denn diesbezüglich haben die Amerikaner als große Vermittler fungiert. Wir beide sehen mit großer Sorge den Ausbruch und die Kontinuität gewalttätiger Konfrontationen in der Region, aber ich weiß, dass die Amerikaner auch mit der jetzigen Administration noch weiterverhandeln. Heute ist Arafat in Washington, in den nächsten Tagen wird


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 98

Barak kommen, und man versucht, die Ergebnisse von Sharm el Sheikh umzusetzen, wobei es für uns, für die Europäische Union und auch für uns Österreicher in der Union, wichtig ist, dass wir beide Seiten dazu anregen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und das, was ausgehandelt wurde, auch tatsächlich umzusetzen.

Lassen Sie mich anlässlich der Vorlage des Südtirol-Berichtes auch auf einige sehr aktuelle Entwicklungen in dieser Region eingehen. Unsere Schutzfunktion gegenüber der deutschsprachigen Minderheit in Italien, die sich aus dem Pariser Abkommen ableitet, bleibt auch nach dem Paketabschluss und nach der Streitbeilegung aufrecht, und diese erfuhr auch durch den österreichischen EU-Beitritt wirklich keinerlei Beeinträchtigung. Ich glaube, sagen zu dürfen – ich war neulich auch in Italien und habe mit Lamberto Dini darüber gesprochen –, dass wir mit Genugtuung feststellen können, dass die österreichische Minderheit in ihrem ethnischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Bestand gesichert ist und sich das Zusammenleben der verschiedenen Volksgruppen in Südtirol friedlich und gedeihlich gestaltet.

Generell beobachten wir in den letzten Jahren überhaupt eine positive Entwicklung im Sinne vor allem einer dynamischen Autonomieentwicklung, zu der sich alle italienischen Regierungen seit 1996 programmatisch bekannt haben. Dadurch gelang es auch, zu einer Reihe zusätzlicher Kompetenzen betreffend Landesautonomie zu kommen.

Von ganz besonderer Aktualität ist für Südtirol die partielle Verfassungsreform, die in den letzten Monaten Gegenstand der Debatten im italienischen Parlament war und die erst vor kurzem – nämlich erst am 25. Oktober – endgültig verabschiedet wurde.

Das Wesentliche an dieser Reform ist, dass sie vor allem wiederum eine Stärkung der Landesautonomie bringt, und zwar bei gleichzeitiger Zurückdrängung der Rolle der Region, was bekanntlich von jeher ein Südtiroler Kernanliegen war. Diese Reform, die auch von Parlamentariern der Südtiroler Volkspartei in Rom mit Nachdruck betrieben wurde, führt zu einer Änderung mehrerer Bestimmungen des Autonomiestatuts von 1972, weshalb die Südtiroler auch von einem dritten Autonomiestatut sprechen. Wir begrüßen diese Entwicklung, und wir werden laufend schriftlich und mündlich über den Fortgang dieser parlamentarischen Arbeiten informiert. Die italienische Regierung hat auch dem internationalen Charakter der Südtirol-Autonomie klar zugestimmt, und das wurde bei meinem neuerlichen Besuch absolut außer Streit gestellt.

Gestatten Sie mir, noch etwas zur Entwicklungszusammenarbeit zu sagen, weil diese heute auch auf der Tagesordnung steht. Ich glaube, dass die Berichte zur Entwicklungszusammenarbeit und zu unserer Arbeit mit der Dritten Welt doch einen guten Einblick in die Aktivitäten Österreichs, aber auch der EU bieten. – Einige politische Schwerpunkte in diesem Zusammenhang: Die Bevölkerung der Entwicklungsländer macht drei Viertel der Weltbevölkerung aus. Ich glaube, dieser Aspekt darf in der entwicklungspolitischen Diskussion nicht vernachlässigt werden, das muss – ich sage das immer wieder und habe das neulich auch bei dieser Diskussion im Parlament erwähnt – für uns sowohl eine moralische Verpflichtung als auch ein gewisses Eigeninteresse sein.

Diesbezüglich – das wurde in der Debatte gerade gesagt – habe ich mich sehr bemüht, im eigenen Hause trotz schwieriger Budgetkonsolidierung vor allem das Entwicklungszusammenarbeitsbudget auf demselben Stand zu belassen. Das war wirklich nicht einfach, denn ich habe auch noch viele andere Prioritäten zu setzen, aber ich wollte klar sagen, dass wir diesen Weg weitergehen müssen.

Drei wesentliche inhaltliche Schwerpunkte, Armutsbekämpfung, Friedenserhaltung und Friedenssicherung beziehungsweise Umwelt, die einander bedingen, habe ich hier geschaffen. Instrumente und wichtige Kriterien sind dabei die Frage der Ownership, die wichtige Beobachtung soziokultureller Komponenten und die Gender-Kriterien.

Das neue AKP-Partnerschaftsabkommen mit der Europäischen Union, das so genannte Cotonou-Abkommen, das jetzt an die Stelle des am 29. Februar 2000 ausgelaufenen Lomé-Abkommens tritt, wurde am 23. Juni in Cotonou, Benin, unterzeichnet und hat eine Laufzeit von 20 Jahren. Das ist ein ganz großes Abkommen für die Bereiche Politik, Handelspolitik und


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 99

Entwicklungspolitik, das die neuen Konzepte langsam umsetzen wird. Dabei geht es um fünf unabhängige Pfeiler: um eine weitreichende politische Dimension und einen politischen Dialog, um die Förderung von Mitbestimmungskonzepten, um die stärkere Konzentration auf die Armutsbekämpfung, dann natürlich auch um den Aufbau von wirtschafts- und handelspolitischen Komponenten und schließlich auch um eine Reform der finanziellen Zusammenarbeit.

Das ist für uns sehr wichtig, wobei eben auch die Frage der Good Governmence und der Menschenrechte eine besondere Rolle spielt.

Die anderen Tagesordnungspunkte 19 bis 23 der heutigen Plenarsitzung betreffen die Kündigung eines Zollübereinkommens aus dem Jahre 1890 sowie die Ratifikation von vier multilateralen Abkommen, wobei Gegenstand der Abkommen Bereiche sind, die heute nicht mehr allein auf nationaler Ebene geregelt werden können, sondern eben einer internationalen Lösung bedürfen: Kampf gegen Drogenschmuggel, Umweltschutz, Zusammenarbeit im justiziellen Bereich.

Die vorliegenden Übereinkommen sind aber auch, so glaube ich, Zeugnis für das Funktionieren jener internationalen Organisationen, in deren Rahmen sie ausgearbeitet wurden und die uns alle nahe stehen: Vereinte Nationen und Europarat.

Das Verhandeln völkerrechtlicher Instrumente macht einen großen Teil der Tätigkeit auch der Mitarbeiter meines Ressorts, von denen ich einige hier sitzen sehe, aus. Vier Beispiele für die Ergebnisse dieser Verhandlungen liegen Ihnen bereits heute vor. Zum Jahresende werden weitere wichtige Abkommen zur Ratifikation anstehen. Eines davon, das besonders wichtig ist, ist das Statut für den Internationalen Strafgerichtshof, das demnächst auch im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrates behandelt werden wird.

Da für das In-Kraft-Treten multilateraler Abkommen die Ratifikation durch eine bestimmte Mindestanzahl von Staaten erforderlich ist, leistet Österreich durch seine Ratifikation einen wichtigen Beitrag auch zur Lösung globaler Probleme auf völkerrechtlicher Ebene.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, war ein etwas längerer, aber trotzdem kurzer Überblick über die sehr komplexe Außenpolitik. – Danke, Frau Präsidentin! Danke, meine Damen und Herren! (Allgemeiner Beifall.)

15.22

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesministerin! Ich darf mich ganz herzlich für Ihre Ausführungen, die sehr informativ und sehr umfassend waren, bedanken.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Klaus Gasteiger. – Bitte.

15.22

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Außenministerin! Geschätztes Hohes Haus! Gespannt und sehr interessiert haben wir hier im Plenum, habe ich Ihren Ausführungen, Frau Ministerin, über Ihre Vorhaben, Ihre Ziele, die Sie in der nächsten Zeit umzusetzen versuchen, über Dinge, die geleistet worden sind. zugehört.

Ein, wie ich glaube, für die österreichische Außenpolitik sehr wichtiges Thema in den nächsten Jahren ist die EU-Osterweiterung. Sie haben es selbst kurz angerissen. Sie haben gesagt, es ist ein sehr persönliches Anliegen Ihrerseits, dass man mit diesem Thema irgendwie vorankommt, und es ist auch ein sehr wichtiges Thema beim nächsten großen Gipfel beziehungsweise bei den weiteren Schritten.

Schade ist es, dass es zu diesem Thema in Österreich, in der österreichischen Innenpolitik keinen einheitlichen Konsens gibt, und schade ist, dass Ihr Regierungspartner in dieser sehr heiklen, sehr diffizilen und meiner Meinung nach sowohl für die österreichische Außenpolitik als auch für die europäische Politik allgemein sehr wichtigen Frage leider einen Zickzackkurs fährt.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 100

Einige Jahre wird es noch dauern, bis es endlich einmal soweit ist, wie Sie selbst gesagt haben. Ständige Vetos sind nicht dienlich. Wenn man den zuständigen Regierungsbeauftragten immer wieder anschießt, wird das wahrscheinlich auch nicht gerade sehr dienlich sein. In uns, Frau Ministerin – eine Randbemerkung –, in uns Sozialdemokraten hätten Sie einen verlässlichen Partner mit Handschlagqualität, der Sie in dieser sehr heiklen Frage unterstützen würde. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mir als Tiroler werden Sie, Frau Außenministerin, gestatten, zu Südtirol, unserem Nachbarn, doch einiges anzumerken. Autonomie ist derzeit in vieler Munde, ist für den Kosovo etwa eine Forderung, die wir einige Jahr hindurch vehement vernommen haben. Das hat auch sehr viel mit dem zu tun, was Autonomie in Südtirol heißt und was dadurch erreicht worden ist. Wenn wir in die sechziger Jahre zurückblicken, dann sehen wir die Parallelen. Sie sind nur heute, fast 40 Jahre später, aus dem Bewusstsein verdrängt – Gott sei Dank, sage ich einmal. Manches von damals in Südtirol erinnert an jene Berichte, die wir in den letzten zwei, drei Jahren über die Unterdrückung einiger Volksgruppen aus dem Kosovo erhalten haben.

Damals in den sechziger Jahren wurde die deutsche Volksgruppe in Südtirol de facto unterdrückt. Es hat am Bozener Krankenhaus keinen deutschsprachigen Arzt gegeben, und wenn ein nur Deutsch sprechender Patient vom Land dort hingekommen ist, hat er sich nicht einmal mit dem Arzt verständigen können. Es gab keine Zweisprachigkeit bei Ämtern, bei Gerichten, bei Behörden und keine wirklich eigenständige Bildungsmöglichkeit für die deutschsprachige Bevölkerung. Das war die Situation zu Beginn der sechziger Jahre. Das Ergebnis waren Sprengstoffschläge, waren – das behaupte ich aus heutiger Sicht – Terroraktionen, war ein Aufschrei, ein massiver Aufschrei aus der Bevölkerung. Die Reaktion darauf war damals eine erhöhte Militärpräsenz in Südtirol. Wenn man sich auf den Südtiroler Straßen bewegt hat, ist man Militärfahrzeugen zuhauf begegnet. Man hat alles getan, um genau diese Autonomiebewegungen zu unterdrücken.

Dann aber haben wir im Zusammenhang mit Südtirol einen anderen Weg beschritten, und dieser kann, so glaube ich, beispielhaft dafür sein, wie man mit solchen Problemen umgehen kann.

Der große Sozialdemokrat Bruno Kreisky war es, der dieses Problem damals vor die Vereinten Nationen gebracht hat. In zwei Resolutionen hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen Lösungen vorgezeichnet und aufgetragen. Und da beginnt der Unterschied zum Kosovo. Beide Länder, sowohl Österreich als auch Italien, haben diesen Weg damals ernsthaft und konsequent beschritten.

Es gibt ein paar Merkmale, die man, was Autonomiebewegungen anlangt, auf Grund dieses langen Zeitraums beachten könnte: Die Basis waren Resolutionen der Vollversammlungen der Vereinten Nationen. Es folgten Zähigkeit, Geduld, eine enge Zusammenarbeit zwischen Südtirol und Österreich, und es dauerte fast 40 Jahre, bis diese Resolutionen nahezu vollständig umgesetzt werden konnten.

Weiters war die Autonomie ein gemeinsames Anliegen aller drei Volksgruppen in Südtirol: der Deutsch Sprechenden, der Italiener und der Ladiner. Es ist natürlich auch entscheidend, dass alle gemeinsam am gleichen Strick ziehen. Es funktioniert nicht, wenn eine Volksgruppe über die andere herrschen möchte. Es war, wie schon gesagt, ein gemeinsames Anliegen der Deutschsprachigen, der Italienischsprachigen und der Ladiner. Sie haben damals versucht, das Beste für ihr Land zu erreichen.

Weiters gab es vor allem in Südtirol mit Landeshauptmann Magnago eine besonnene politische Führung, die, solange es Fortschritte gegeben hat, den Weg der Verhandlungen nie verlassen hat und auch der Versuchung widerstehen konnte, zu polarisieren. Es war aber auch eine kluge Bevölkerung, die jenen Gruppierungen, die in diesem Bereich polarisieren wollten, immer eine klare Absage erteilt hat.

Die wirtschaftlichen und sozialen Eckdaten Südtirols sind heute ausgezeichnet. Mit nur 2,2 Prozent Arbeitslosigkeit im Jahre 1998 herrscht praktisch Vollbeschäftigung. Die Statistiken, verglichen mit anderen Regionen beziehungsweise Provinzhauptstädten Italiens, zeigen Südtirol be


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 101

ziehungsweise Bozen hinsichtlich Wirtschaftsentwicklung, Lebensqualität und Sicherheit jeweils an erster Stelle.

Mittlerweile gibt es in Südtirol – Sie haben es angesprochen, Frau Außenministerin – das so genannte dritte Autonomiestatut. Die Abgeordnetenkammer in Rom hat mit einer hohen Zweidrittelmehrheit die Verfassungsreform zu dieser dritten Autonomiereform genehmigt. Mit dieser Abänderung des Autonomiestatuts, das nach einer "Denkpause" – unter Anführungszeichen – in drei Monaten in Kraft treten wird, besteht die Region Trentino-Südtirol künftig aus den beiden autonomen Provinzen Bozen und Trient. Beide Provinzen können sich ihr eigenes Wahlrecht geben. In Trentino ist auch die Direktwahl des Landeshauptmannes vorgesehen. Südtirol will dieses Direktwahlrecht nicht.

In Südtirol bleibt die vierjährige Ansässigkeitsklausel für das aktive und passive Wahlrecht als international verankerte Verpflichtung aufrecht. Das Verhältniswahlrecht bleibt ebenfalls als wichtiges Mittel für den Minderheitenschutz erhalten. Landesräte können mit Zweidrittelmehrheit des Landestages von außen berufen werden, und die Ladiner erhalten Zugang zu allen Ämtern im Landtag und im Regionalrat.

Frau Außenministerin! Ich denke, Österreich trägt aus dieser Erfahrung heraus sicherlich auch eine sehr große Verantwortung für die Minderheitenpolitik der Zukunft in Europa. Daher sollten wir auch das ernst nehmen, was uns unsere Südtiroler Freunde immer wieder in aller Freundschaft mitteilen. Es wird in der nächsten Zeit, in den nächsten Jahren grundsätzlich unsere Aufgabe als österreichisches Parlament sein, Südtirol auf diesem positiven Weg weiterhin zu begleiten und – wie Sie schon angedeutet haben – weiterhin die Schutzmacht Südtirols zu sein, sodass man diese Autonomie als Muster nehmen und auch in anderen Teilen Europas umsetzen kann, also überall dort, wo es um Minderheitenpolitik geht.

Sie alle hier im Raum, auch Sie, Frau Außenministerin, wissen, dass es genügend Probleme in Europa gibt, bei denen es um Minderheitenfragen geht. Wir werden daher, wie schon gesagt, als österreichisches Parlament und auch in der EU dazu aufgerufen sein, uns an unseren Grenzen, aber auch allgemein vermehrt und verstärkt um die Minderheitenpolitik in Europa zu kümmern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Ledolter. )

15.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. d'Aron. – Bitte.

15.32

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich für den Bericht, den Sie, Frau Bundesministerin, uns hier gelegt haben, herzlich bedanken und auf einzelne Punkte eingehen sowie zu einigen Äußerungen Stellung nehmen, die auch in Ihrer Abwesenheit in der Debatte davor zu den einzelnen Gegenständen gefallen sind.

Es wurde zum Beispiel seitens der Sozialdemokraten dargelegt, dass vom Außenamt in letzter Zeit ein sehr steiniger Rucksack getragen werden musste, und zwar auf Grund der EU-Sanktionen, die wir als Freiheitliche als EU-Unrechtsanktionen empfunden haben und auch weiterhin empfinden. Es wurde allerdings seitens der sozialdemokratischen Fraktion nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie bei der Veranlassung dieser Sanktionen mit beteiligt war. Ich vermisse hier den Fraktionsvorsitzenden Konecny. (Bundesrat Thumpser: Wer hat das veranlasst? Wo ist der Beweis dafür?) War es nicht so, dass entsprechende Gespräche seitens Vertretern Ihrer Fraktion stattgefunden haben? (Bundesrätin Mag. Trunk: Legen Sie Beweise vor! Verbreiten Sie keine Unwahrheiten!) – Den lege ich Ihnen sofort vor. Frau Bundesrätin Mag. Trunk! Gestatten Sie mir, dass ich meine Ausführungen mache. Ich werde sie selbstverständlich gleich machen. (Bundesrätin Mag. Trunk: In dieser Form nicht!)

Ich bin Ersatzdelegierter des Europarates. Es wurde seitens Ihrer Fraktion, seitens Ihres Vorsitzenden ersucht, ein Monitoring Österreichs im Europarat durchzusetzen. Würden Sie das so interpretieren, dass dies eine Verteidigung der österreichischen Werte ist, oder so interpretieren,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 102

dass man gegen unser Land etwas unternimmt, was uns im Ansehen schädigt? – Vielleicht können Sie dann später noch dazu Stellung beziehen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. )

Zu Herrn Bundesrat Gasteiger: Die Ausführungen, die seitens des Herrn Bundesrates Gasteiger gemacht wurden, waren sehr interessant. Sie erinnern mich an jene Zeit, in der in der SPÖ/ÖVP-Bundesregierung de facto drei Außenminister tätig waren: Da gab es den eigentlichen Außenminister Schüssel, dann gab es den Kanzler der SPÖ, der wieder eine ganz andere Außenpolitik gemacht hat. Es gab damals, wenn Sie sich zurückerinnern können, die Diskussion über das "doppelte Lottchen", über verschiedene Strategien in der Außenpolitik. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wir haben Politik gemacht und nicht Märchenbücher gelesen!) Und dann war da noch die Außenpolitik des Bundespräsidenten. Also wenn Sie uns hier darlegen wollen, wie angenehm Außenpolitik im Rahmen einer Koalition mit der SPÖ gemacht wird, dann ist das für uns eine sehr interessante Aussage, geht allerdings an der österreichischen Geschichte völlig vorbei. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte nunmehr zu den zwei Berichten, nämlich zum Dreijahresbericht über die Entwicklungszusammenarbeit und zum Außenpolitischen Bericht, etwas sagen.

Frau Bundesministerin! Gestatten Sie mir, Folgendes auszuführen, was mir wirklich wichtig ist: Ich möchte mich namens meiner Fraktion bei allen Beamten, die sich eine derartige Mühe bei der Zusammenstellung dieser beiden Berichte gemacht haben, bedanken, und ich bitte Sie, diesen Dank meiner Fraktion auch an die Beamten weiterzuleiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe die Berichte genau studiert, und ich muss sagen, dass der Außenpolitische Bericht wirklich eine tolle Arbeit darstellt und verschiedene Aspekte – nicht nur die Beziehungen zur EU, die Europabeziehungen, sondern auch die Beziehungen zu den einzelnen Ländern, die Aktivitäten, die in den einzelnen Ländern stattgefunden haben – beleuchtet. Wir können nachlesen, welche Abgeordnete was in welchem Land getan haben, welche Vertretungen es gibt. Es ist dies nicht nur ein Bericht, es ist dies auch eine Zusammenfassung von Wissen. Man kann problemlos nachschlagen. Man findet Informationen, Ansprechpartner. Ich möchte mich namens meiner Fraktion herzlich dafür bedanken, dass Sie das so ausgeführt haben.

Gestatten Sie mir, im Anhang zum Bereich Außenpolitischer Bericht kurz auf den Besuch des EU-Kommissars Barnier, der gestern in Wien und im Ausschuss war – es waren Abgeordnete des Nationalrates und des Bundesrates aller Fraktionen anwesend –, ein bisschen einzugehen und Ihnen auch darzustellen, was ich mit meiner Wortmeldung zum Ausdruck bringen wollte. Ich habe versucht, Herrn Kommissar Barnier das Gefühl des Österreichers, mit dem wir in engem Kontakt stehen, mit dem wir sehr viel diskutieren, darzustellen, und dieses Gefühl ist sicherlich – wie bei jeder Nation – ein stolzes Gefühl. Jeder gehört gerne einer Nation an.

Der Österreicher empfindet sich als Bestandteil einer wohlhabenden Nation, einer Nation, die hohe Ressourcen hat, die natürlich einen Stolz in sich trägt und die auch Rechte haben will. Deswegen ist für den Österreicher – so empfinden wir es in einer Vielzahl von Diskussionen mit den Bürgern – die Frage der EU-Sanktionen oder EU-Unrechtssanktionen keine erledigte Sache, auch wenn sie aufgehoben sind. Es hat natürlich schmerzhafte Wunden im Herzen der Österreicher gegeben, und das ist ein Thema, dass vielleicht außenpolitisch anders zu beurteilen ist, als es sich im Empfinden der Bürger niederschlägt. Da ist jede Änderung im Rahmen der EU, bei welcher der österreichische Bürger den Eindruck haben könnte, es ist eine Verschlechterung seiner Situation, er verliert weiterhin Wertigkeit im Rahmen dieses Gesamtgebildes, natürlich eine Sache, die in unserem Land nicht so leicht Akzeptanz finden wird.

Gestatten Sie mir, dass ich das ausführe. Ich habe das auch Kommissar Barnier gesagt, und er hat es mitgenommen. Er hat mir zum Beispiel geantwortet, dass sich auch Portugal der Problematik der EU-Erweiterung bewusst ist, nur ist das eine völlig andere Wertigkeit, die hier zu beurteilen ist. Und wenn Sie von einer Studie gesprochen haben, so wird diese Studie vielleicht er


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 103

möglichen, dieses Thema wesentlich deutlicher auf den Tisch zu legen, als es derzeit der Fall ist.

Ich bitte Sie daher, nicht unbedingt den Zeitpunkt der Erweiterung, sondern die Erfüllung von Bedingungen für eine Erweiterung in den Vordergrund zu stellen, also zunächst die Reform der EU-Institutionen – ganz gleich, wie lange das dauert –, die Erfüllung gewisser Mindeststandards und erst dann die Erweiterung anzugehen, denn ich habe den Eindruck, dass eine Zusammenfassung von Nationen, die alle demokratische Nationen sind, zu einer Gesamtinstitution auch wieder demokratisch getragen sein muss, sonst hat sie auf Sicht gesehen keinen Bestand und keine Chance auf Überleben. Wir wollen etwas Positives, etwas Konstruktives schaffen.

Es ist nicht richtig, dass die Freiheitlichen gegen die EU-Erweiterung sind. Das ist nicht richtig. Die Freiheitlichen vertreten die Interessen der Bürger, und die Bürger teilen uns mit, dass sie natürlich ihre Befürchtungen im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung haben. Deswegen ist die Erfüllung der Bedingungen für uns derart wichtig.

Gestatten Sie, dass ich noch zum Dreijahresbericht über die Entwicklungshilfe Stellung beziehe. Es gibt im Rahmen der Entwicklungshilfe ein Sprichwort, das heißt: Wenn du jemandem eine Angelrute schenkst und ihn das Angeln lehrst, hat er mehr davon, als wenn er einen Fisch einmal bekommt. – Deswegen halte ich die Schaffung von Know-how in den einzelnen Ländern, eine projektbezogene Tätigkeit für wesentlich wichtiger als einen multilateralen Vertrag, in welchem vorgesehen ist, dass Österreich Zuschüsse für einzelne multilaterale Tätigkeiten gewährt. Ich glaube, dass das verstärkt in den Vordergrund zu stellen ist; und das kommt auch im Bericht etwas heraus.

Es ist uns wichtig, dass, auf sich gesehen, ein operationeller entwicklungspolitischer Zielkatalog im Sinne – sicherlich auch der Friedenssicherung, der Verfolgung humanitärer Ziele, die natürlich auch wir haben – einer österreichischen Wirtschaftspolitik in den Vordergrund gestellt wird. Projektfinanzierungsinstrumente, technische Unterstützung und Beratung, Entwicklung von Lösungsansätzen scheinen uns erforderlich zu sein, und das soll stärker in den Vordergrund gerückt werden.

Frau Bundesministerin! Ich wünsche Ihnen bei den Verhandlungen, die Sie in nächster Zeit führen werden, viel Erfolg. Ich wünsche mir natürlich als leidenschaftlicher Österreicher, dass unser österreichischer Standpunkt deutlich im Vordergrund steht, dass uns die anderen Länder unsere Ehre, die wir ein bisschen verloren haben, wieder zurückgeben. Vielleicht lässt sich auch in diesem Sinne etwas wiederherstellen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ager. – Bitte.

15.42

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Man hat es relativ einfach, wenn man der zehnte oder der zwölfte Redner einer Debatte ist, weil man sich dann auf das Wesentliche konzentrieren kann. Da zu den Tagesordnungspunkten 16 bis 19, die die Außenpolitik betreffen und über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird, schon sehr vieles gesagt wurde, möchte ich mich nur auf zwei Themenbereiche konzentrieren.

Der eine Bereich betrifft die Außenpolitik im Allgemeinen – dazu möchte ich nicht wieder alles wiederholen, was schon gesagt wurde, sondern einfach einmal gewisse persönliche Dinge ins rechte Lot rücken –, und der zweite Bereich betrifft die Autonomieentwicklung Südtirols. Da ich ein praktizierender Tiroler bin, ist für mich dieses Thema sehr wichtig.

Zu Punkt eins: Die Außenpolitik, früher unter unserem jetzigen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und mit Ihnen, Frau Bundesministerin, als Staatssekretärin und jetzt mit Ihnen, liebe Frau Ferrero-Waldner, als Außenministerin, ist in meinen Augen eine einzige Erfolgsstory. Nicht nur,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 104

dass Sie in fachlicher Hinsicht mit Ihrem Team auf der außenpolitischen Bühne brillieren und so die Agenden Österreichs in der Welt vertreten, waren Sie es auch, die in der sehr schwierigen Zeit der unsinnigen Sanktionen gegen unser Land und gegen unsere demokratisch gewählte Regierung das Bild von Österreich in so manchem verwirrten europäischen Kopf zurechtgerückt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Kraml: Die Regierung ist nicht gewählt worden, sondern die Partei ist gewählt worden!)

Ich glaube, es verdient auch unser aller Wertschätzung, wie Sie mit Ihrem besonderen Charme und Ihrem gewinnenden Wesen oft unter erschwerten Verhältnissen, meistens fern der Heimat und der Familie, Brücken für ein zusammenwachsendes Europa gebaut haben. Das darf man, so glaube ich, auch einmal sagen, und das ist mir ein Herzensbedürfnis, ohne dabei immer auf die tagespolitischen Dinge einzugehen. Danke schön!

Nun zum zweiten Thema, zur Südtirolautonomie. Für einen Außenstehenden ist es schwer verständlich, dass es etwas gibt, was nach so langer Zeit der Beendigung des Krieges und der Wirren für beide Teile Tirols so wichtig sein kann. Ich denke aber doch, dass sich die Südtirolautonomie sehr positiv weiterentwickelt hat. Die wirtschaftlichen und sozialen Daten sind, wie wir schon gehört haben, ausgezeichnet. Man kann heute sagen, dieses Tiroler Land im Staate Italien, jenseits des Brenners ist ein blühendes Land und ein guter Nachbar geworden.

Man sollte aber nicht vergessen – das haben auch schon andere vor mir angeschnitten –, dass es eine ganze Menge aufrechter Männer und Frauen gegeben hat – diese waren höchst notwendig –, die in den schwierigen Zeiten mit legalen Mitteln und in den schwierigsten Zeiten auch mit illegalen Mitteln versucht haben, das Bestmögliche aus der damaligen Situation zu machen.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu haben, waren es früher die Landeshauptleute Magnago und Wallnöfer und sind es heute die Landesväter Durnwalder und Weingartner – immer sehr gut unterstützt vom Außenministerium in Wien –, die immer sehr kämpferisch zum Wohle beider Länder gehandelt haben.

Kollege Gasteiger hat vorhin dazu auch negative Dinge erwähnt. Dazu darf ich sagen: Diese gibt es zweifellos, aber ich möchte als positiv denkender Mensch die sichtbaren und spürbaren Erfolge in den Vordergrund stellen: die Zweisprachigkeit jetzt auch in den Ämtern, die Begnadigung von Südtirolaktivisten, wozu auch Sie, Frau Bundesminister, sehr viel beigetragen haben. Man versteht erst dann, wenn man deren Familien und deren Verwandte und diese Leute selbst kennen lernt, was es bedeutet, nach so langer Zeit noch in den Kerkern zu schmoren oder in der Verbannung zu sein, getrennt sein von einem Land, das früher zusammengehört hat.

Wir haben in Bozen eine Universität. Die Gleichstellung akademischer Grade ist auch Ihr Werk gewesen, Frau Bundesministerin! Das ist auch sehr wichtig. Es gibt seit dem Jahre 1998 einen Dreierlandtag: Tirol-Südtirol-Trentino. Das ist auch nicht selbstverständlich, aber für dieses Land sehr wertvoll. Im Jahre 2000 hat eine gemeinsame Landesausstellung stattgefunden, die vor kurzem zu Ende gegangen ist.

Abschließend lassen Sie mich noch auf eine ganz kleine Facette eingehen. In einer solch großen Stadt wie Wien werden wir immer ein wenig belächelt, wenn wir von unseren Schützen reden, aber eines darf ich doch zu bedenken geben: Die Schützen im Land Tirol und auch in unseren Nachbarländern sind auch die Bewahrer der Kultur, die wir auch heute sehr dringend brauchen. Vor allem die spürbaren Dinge, die sichtbaren Dinge, wie zum Beispiel bei Aufmärschen und Veranstaltungen, sind für den Tourismus sehr wichtig. Außerdem gehören sie einfach zum Tiroler Land wie vieles andere auch.

Ein jahrzehntelanger Wunsch der Südtiroler Schützen, bei Veranstaltungen historische Waffen zu tragen, nämlich Gewehre und Säbel, wurde 1998 erfüllt, und es wurden auch vom römischen Innenministerium die Schützenvereine nicht mehr als paramilitärische Organisationen, sondern als friedliche Vereinigungen bezeichnet. Das ist natürlich eine erfreuliche Sache, denn das hat sie schon immer sehr gestört, das hat ihnen sehr wehgetan. Jeder, der das Schützenwesen nur einigermaßen kennt, weiß, wie wichtig diese Schritte waren.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 105

Vieles bleibt noch zu tun, aber ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind. – Vielen Dank! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte.

15.49

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Ich denke, da sich meine beiden Vorredner nicht explizit auf den Bericht des Außenministeriums bezogen haben, steht es mir doch zu, drei knappe Bemerkungen zu den Ausführungen meiner Vorredner zu machen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. d'Aron. ) – Doch, Kollege d'Aron, Sie werden mir das im Sinne des demokratischen Diskurses zugestehen.

Herr Kollege d'Aron! Ich antworte jetzt einmal auf jener humoristischen Ebene, auf der Sie hier partiell Ihre Formulierungen gemacht haben. Ich hoffe, Sie werden mich verstehen.

Sie haben hier im Zusammenhang mit den Sanktionen und der Regierungspolitik gemeint, dass Wunden in die Herzen der Österreicher gerissen wurden. Auch als Oppositionspartei muss ich sagen: Manchmal war es ganz schlimm, aber Wunden gerissen wurden keine, ein bisschen gerissen wurde höchstens ins Geldtascherl, aber die Herzen der Österreicher sind noch intakt. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt meiner Replik ist wesentlich ernster. Sie haben hier sehr "lieb" und "nett" formuliert, als Sie sich auf die Entwicklungshilfepolitik bezogen haben, und das schöne Beispiel von der Angelrute und dem Fisch gebracht. Herr Kollege d'Aron! Ich verstehe schon die politische Intention, die dahinter steht: Sie wollten der Frau Ministerin mit auf den Weg geben, dass es doch besser sei, Know-how statt finanzielle Hilfe zu geben. Aber Know-how heißt auch finanzielle Hilfe, auch intellektueller Input ist mit Geld zu bemessen. (Bundesrat Dr. d'Aron: Na und?!) Das heißt, Entwicklungshilfepolitik via Angelruten allein wird es nicht tun. Gott sei Dank gibt es diesbezüglich in jedem Fall einen Grundkonsens von Demokratinnen und Demokraten in Österreich, dem sich sicher die Frau Außenministerin auch anschließen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. d'Aron: Das haben Sie nicht verstanden!)

Einen Punkt möchte ich doch zur Kenntnis bringen, und zwar auch der Frau Außenministerin. Ich habe diesbezüglich zwar kein Verständnisproblem, aber ich denke, dass die Bundesregierung, insbesondere die Frau Außenministerin ein Problem damit haben wird, aber vielleicht doch nicht wirklich mit einem Bundesrat, egal welcher Couleur.

Kollege Gudenus hat seine Vision vom Zusammenbruch des vereinten Europa hier vorgetragen und gemeint, er hoffe, dass das auch bald kommen möge. Ich glaube, dass dieses politische Bewusstsein nicht kompatibel ist mit dem Kontext einer Präambel oder dem Grundsatz der Europapartei ÖVP oder dem Grundsatz der Österreicher und Österreicherinnen, nämlich in einem vereinten Europa zu leben. Ich denke, diese Vision sollten Sie in Ihrem privaten Kämmerchen träumen, aber nicht hier am Rednerpult des Bundesrates. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Natürlich darf jeder immer etwas sagen.

Ich möchte mich jetzt auf einen Bereich konzentrieren, der aus politisch-demokratischer Perspektive betrachtet ein äußerst wesentlicher Bereich ist. Er wurde erfreulicherweise auch im Bericht – nicht nur von der Seitenanzahl, sondern auch vom inhaltlichen Aspekt her – ausführlich behandelt. Es ist dies der Bereich der gesamten Menschenrechts- und Grundrechtsthematik.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube nicht nur, sondern ich setze voraus, dass es einen unbestrittenen Konsens aller Demokratinnen und Demokraten in Österreich gibt, auf internationaler Ebene Menschenrechte zu sichern, zu stärken und dort einführen zu helfen, wo politische Systeme nicht jene demokratischen Strukturen vorweisen, die den Menschenrechten entsprechen. Ich meine auch da politisches Know-how im Bereich der klassischen Entwicklungshilfe auf dem Weg hin zur Demokratie. Auch da werden es nur Angelruten nicht tun. Ich meine, dass Österreich da auf einem sehr guten Weg ist.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 106

Was im Bericht über österreichische Aktivitäten in diesem Bereich steht, ist zufriedenstellend, und doch erlauben Sie mir zu sagen: Politik zu bewerten und Politik zu gestalten bedeutet aber auch immer, einen kritischen Blick auf sich selbst zu werfen. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang einige Bemerkungen zur Frage des Umgangs mit Grund- und Menschenrechten.

Bei dem Bemühen Österreichs, auf internationaler Ebene gegen Menschenrechtsverletzungen Maßnahmen zu setzen, sei es in finanzieller, ideeller oder auch multilateraler Hinsicht, darf aber ein großes internationales Problem nicht übersehen werden, das in vielen Ländern und Staaten zutiefst auf ein nationales Problem reduziert wird, und zwar das Problem, dass weltweit 25 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Sie werden entweder vertrieben oder flüchten. Wir nennen sie Flüchtlinge oder Asylanten. Diese Migrationsbewegung von 25 Millionen Menschen auf dieser Welt darf in den einzelnen Ländern nicht losgelöst und nicht isoliert behandelt und thematisiert werden.

Dieses Problem kann weder innerhalb Österreichs, das heißt, vom Bund und von den Ländern, noch innerhalb Europas noch auf der ganzen Welt so quasi nach dem Sankt-Florians-Prinzip gelöst werden. Wir wissen, dass das nicht funktioniert. Aber ich meine auch, dass die Lösung dieses Problems, nämlich dieser Migrationsbewegung von 25 Millionen Menschen, die Qualität einer demokratischen Struktur eines Landes bestimmt, das heißt, der Maßstab für gelebte Humanität und gelebte Qualität der Demokratie ist.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das setzt aber auch voraus – das ist keine überzogene Selbstkritik einer Österreicherin –, dass wir noch, wie mein Klubobmann formuliert hat, den Rucksack mit den vielen eckigen Steinen leeren. Ich denke, es sind auch in Österreich noch viele Steine auf dem Weg: im Bereich des Bewusstseinschaffens beim Umgang mit Menschen aus anderen Ländern und auch des Bewusstseinschaffens beim Lösen von Problemen mit Menschen aus anderen Ländern.

Ich denke, dass flüchtende oder vertriebene Menschen oder aber auch von Unternehmen der Republik und von Konzernen als Arbeitskraft geholte Menschen aus anderen Ländern, seien es Zeitungskolporteure oder Hightech-Experten, die wir in unserem Land dringend brauchen, ein Recht auf Menschenrecht in Österreich haben sollen. Menschenrecht ist nirgendwo teilbar. Es ist ein Grundsatz und ist nicht teilbar, so nach dem Motto: Ein bisschen Menschenrecht wird es geben. Das ist nicht möglich!

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Außenpolitische Bericht betreffend Menschenrechte und Grundrechte sollte für uns heute Anlass sein, zu bekennen, dass es ein ernsthaftes, gemeinsames Anliegen von Demokraten ist, Menschen aus anderen Ländern im eigenen Land niemals als Feindbild zu missbrauchen – weder vor noch während noch nach irgendwelchen Wahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Menschen zum Objekt einer Feindbildpolitik zu machen und menschenrechtsverletzende Emotionen zu schüren, entspricht nicht den humanistischen Kriterien eines kultivierten demokratischen Grundverständnisses, denn Menschenrecht erfordert Toleranz statt Neidgenossenschaft, Solidarität statt Feindbild, Humanität statt Menschenhatz. Ich fordere das auch, und ich bin überzeugt, dass Österreich vielfältig und in keinem Fall einfältig ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.58


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 107

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Da eine dringliche Anfrage gestellt wurde, die um 16 Uhr aufzurufen ist, unterbreche ich jetzt die Sitzung für die noch verbleibenden zwei Minuten, weil es keinem Redner zuzumuten ist, zwei Minuten lang zu sprechen und dann später wieder seine Rede fortzusetzen.

Frau Bundesministerin! Vielen herzlichen Dank für Ihre Anwesenheit.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung bis zum Aufruf der dringlichen Anfrage.

(Die Sitzung wird um 15.58 Uhr unterbrochen und um 16.02 Uhr wieder aufgenommen. )

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich teile Ihnen mit, dass wir die Debatte zur Erklärung der Frau Bundesministerin beendet haben, aber nach Beendigung der Debatte über die dringliche Anfrage mit den Tagesordnungspunkten 16 bis 19 und vor allen Dingen in der Rednerliste fortfahren werden.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Professor Albrecht Konecny und GenossInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Handlungsunfähigkeit seines Ressorts (1750/J-BR/00)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und GenossInnen an den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Handlungsunfähigkeit seines Ressorts.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Bevor ich Herrn Bundesrat Professor Albrecht Konecny als erstem Anfragesteller das Wort erteile, möchte ich die Herren von der Presse und den elektronischen Medien, die zu uns gekommen sind, bitten, die Aufnahmen, die Sie machen möchten, soweit möglich nicht störend für den Verlauf unserer Verhandlungen durchzuführen. Es ist selbstverständlich, dass die Medien an dieser Debatte Interesse haben, aber ich bitte Sie, die Verhandlungen nicht zu stören und sich in dem Bereich zu bewegen, der nicht der Bereich des Sitzungssaals der Bundesräte ist. Ich bitte Sie also, die Sitzreihen nicht zu betreten.

Ich darf nun Herrn Bundesrat Professor Konecny als ersten Antragsteller bitten, zur Begründung der Anfrage das Wort zu nehmen. – Bitte.

16.04

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Dr. Schmid! Meine Damen und Herren! (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Nicht Doktor! Ich schau nur so g’scheit aus! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Die Frage der Anrede – das gebe ich zu – hat mir bereits einiges Kopfzerbrechen bereitet. (Bundesrätin Mühlwerth: Und das ist rausgekommen dabei?) Wir haben am 4. ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Doktor bin ich nicht!) Bitte? (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Ich bin wirklich nicht Doktor!) – Gut. (Bundesrat Weilharter: Unvorbereitet gehen Sie da hinaus! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Herr Kollege! Machen Sie sich keine Sorgen: besser, als es Ihnen recht sein wird!

Wir haben mit Interesse zur Kenntnis genommen – beim letztlich auch für den Verkehr zuständigen Minister ist das auch eine logische Begründung –, dass Ihre Batterien leer sind. Sie haben also am 4. Ihren Rücktritt erklärt. Wir konnten den Medien undementiert entnehmen, dass Sie in einem Brief an den Herrn Bundeskanzler – der das auch nicht dementiert hat – mitgeteilt haben, dass Sie sich im Urlaub befinden. Diese Information ist auch von einem Sprecher des Infrastrukturministeriums gegenüber der APA gegeben worden – plus der originellen Information, dass die formelle Vertretung Finanzminister Grasser übernommen hätte.

Wir haben daher auch die Frage gestellt, wie denn das mit Ihrem Status als der eines seinen Rücktritt erklärt habenden Bundesministers ist, der angeblich vertreten wird und angeblich in Urlaub ist, wobei beides nach den verfassungsrechtlichen Grundlagen nicht vorstellbar ist. Es hat Ihr Ministerium – was nicht wirklich ein positives Werturteil über Sie ist – in der Zwischenzeit auch mitgeteilt, dass das Ministerium eben ohne Minister arbeitet. Ich erspare mir alle Kommentare zu dieser vorlauten Wortmeldung, die vielleicht irgendwelche Schlüsse auf die Notwendig


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 108

keit eines solchen zulassen würde. (Bundesrätin Haunschmid: Können Sie sich vorstellen, dass auch Sozialdemokraten drinsitzen?)

Aber ich habe natürlich, weil ich ein wissbegieriger Mensch bin, die entsprechenden Web-Seiten sowohl der österreichischen Bundesregierung wie auch Ihres ehemaligen – oder wie auch immer – Ressorts durchforstet. Nach diesen immerhin für die Öffentlichkeit bestimmten Informationen gibt es derzeit keinen Infrastrukturminister der Republik. Wenn es Ihnen ein Trost ist: Im elektronischen Telefonverzeichnis des Infrastrukturministeriums kommen Sie noch vor. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Es besteht also, so glaube ich doch, ein gewisses Interesse daran, zu klären, ob diese Republik einen Infrastrukturminister hat oder nicht. In einer Erklärung ... (Bundesrat Hensler: Er ist eh da!) Ja, es ist Herr Schmid hier. Die Frage, wie das mit seiner Urlaubserklärung ist, wird er uns, so hoffe ich stark, beantworten. (Bundesrätin Haunschmid: Herr Schmid hätte nicht zu kommen brauchen!)

Er ist – auch das nach undementierten Informationen – seit jenem 4. in seinem Ministerium nicht wieder gesehen worden. (Bundesrätin Haunschmid: Ein Armutszeugnis, Herr Kollege, eine Dringliche ...!) Das Einzige, was dort zu sehen war – auch das nach undementierten Informationen –, war ein Möbelwagen, der seine persönlichen Unterlagen abgeholt hat. (Heiterkeit des Bundesministers Dipl.-Ing. Schmid. )

Sie haben mit Recht vor dem Eingang zu diesem Raum in einem ORF-Interview gesagt: Sie sehen ja, dass ich in Wien bin. – Das ist unleugbar, wir haben das Parlament nicht an einen anderen Ort verlegt. Die zusätzliche Frage – nicht im schriftlichen Text – ist: Es würde mich interessieren, ob Sie diesen erzwungenen Aufenthalt in der Bundeshauptstadt zu einem Abstecher an Ihren ehemaligen Arbeitsplatz genützt haben. (Ruf bei der ÖVP: Neugierig!)

Sie haben in einer Information, die heute über die APA gelaufen ist, über Ihren derzeitigen Beschäftigtenstatus, wenn ich das so sagen kann, erklärt, dass Sie an einem Konvolut arbeiten, das Sie Ihrem Nachfolger – unbekannt, aber immerhin – übergeben wollen. Das tun Sie offenbar nicht an Ihrem sozusagen Arbeitsort.

All das ist zweifelsfrei in der Geschichte dieser Republik einmalig. Aber es ist unter dieser Regierung so vieles in der Geschichte dieser Republik ein- und erstmalig, dass es fast schon nicht mehr auffällt.

Wir haben hier den Fall vorliegen, dass ein Bundesminister aus innerparteilichen Gründen – diese Batterien sind durch einen Masseschluss am steirischen FPÖ-Landesparteitag geleert worden – zurückgetreten ist. Wir haben es mit einem Rücktritt zu tun, der – man sagt das normalerweise bei Begräbnissen – eine offensichtlich nicht schließbare Lücke gerissen hat. Wir warten also seit einer Woche – das ist wieder ein Kompliment an Ihre Adresse – darauf, dass Ihre Partei jemanden von gleicher Gewichtigkeit findet, der diese Lücke schließen kann. Ich will Frau Generalsekretärin Rauch-Kallat nicht kommentieren, aber wenn sie Zweifel gehegt hat, dass die FPÖ, die sie besser kennt als ich, bis zum heutigen Koalitionsausschuss jemanden finden wird, dann wird sie ihre Pappenheimer kennen.

Der Herr Präsident des Nationalrates hat angeregt, es wäre ganz nett, wenn es bis nächste Woche vor der Sondersitzung einen Nachfolger gäbe, weil sich dieser dann wenigstens im Nationalrat vorstellen könnte. Vielleicht besteht eine gewisse Chance, dass es nächste Woche einen neuen Infrastrukturminister gibt, damit Sie Ihren angekündigten Rücktritt endlich auch in die Tat umsetzen können. – "Endlich" nicht von meiner Seite, sondern offenbar von Ihrer Seite, weil Sie sonst nicht zurückgetreten wären.

Ich habe mir draußen die ganze Zeit überlegt, wie ich heute Ihre offenbar beim Herrn Alt-Finanzminister abgekupferte, bildhafte Krawatte interpretieren soll. Darauf sind lauter weiße Schäfchen und ein schwarzes Schaf zu sehen. Ob das ein Selbstporträt ist, ein Porträt Ihrer Parteivorsitzenden, ein Porträt Ihres Nachfolgers? (Heiterkeit bei der SPÖ.)  – Ich weiß es nicht. Aber ich weiß eines: Es gibt ein Zitat von Alfred Einstein, der einmal gesagt hat: Um ein weißes


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 109

oder ein schwarzes Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man zuallererst eines sein: ein Schaf! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Man kann das auch von der humorigen Seite nehmen. Aber es ist keine Frage, dass Ihr Verhalten oder die Unfähigkeit der ÖVP, den Job neu zu vergeben, der österreichischen Verkehrspolitik zu dem Schaden, den Sie ihr schon zugefügt haben, weiteren Schaden zufügt. (Bundesrätin Haunschmid: Den Schaden hat die SPÖ zugefügt!) Es ist nicht so, dass in diesem Ressort nichts zu tun wäre und nichts zu tun gewesen wäre. Wir haben – was im Übrigen Ihr Einstand in diesem Haus war – Ihren Eiertanz rund um den Semmering-Basistunnel miterlebt. (Bundesrat Dr. d′Aron: Das ist unzutreffend! – Bundesrat Dr. Böhm: Das ist nicht richtig!) Wir haben ihn zweimal gefragt. Das erste Mal haben Sie schon verdrängt, Herr Professor!

Wir haben eine Menge von anstehenden Fragen in diesem Bereich. Wenn wir auch nicht Minuten zählen wollen: Es ist keine Frage, dass Handeln und nicht das Zusammenschreiben eines Aktenvermerks für einen anonymen Nachfolger gefragt ist. Wenn ich mir vorstelle, dass all das etwa auch zeitlich in die Pleite der Frequenzversteigerung für das künftige Handy-System hineinfällt, dann kann ich mir schon vorstellen, wie sehr sich die Absenz einer Führung eines wichtigen Ressorts negativ für unser Land auswirkt.

Wenn wir Sie fragen, welche Regierungsakte Sie seit dem 4. gesetzt haben – hinzufügend die Eventualfrage, welche im Übrigen ganz offensichtlich verfassungswidrigen Regierungsakte jener behauptete Vertreter Grasser gesetzt hat –, dann ist das auch Ausdruck unseres Bestrebens, jenes Tempo, von dem diese Regierung pausenlos redet, in einem solch wichtigen Bereich sicherzustellen. Wir haben tatsächlich Handlungsbedarf.

Aber es scheint mir so zu sein, dass das Wort, das Herr Klubobmann Khol so gerne zitiert – "Speed kills" –, tatsächlich "killt". Eines der Opfer sitzt heute noch einmal auf der Regierungsbank.

Wir haben eine weitere Frage angesprochen, und ich möchte diese erweitern. Die österreichischen Minister gehören im internationalen Vergleich nicht wirklich zu den schlechtest Bezahlten. Sie haben sich einen in der Bundesverfassung nicht vorgesehenen Urlaub – sollen wir vielleicht "Timeout" sagen? – genommen, was aber den Taxameter auf der Gehaltsseite nicht am Weiterlaufen hindert. Haben Sie das bei Ihrer Entscheidung, zwar für die Öffentlichkeit, aber nicht gegenüber dem Bundespräsidenten zurückzutreten, berücksichtigt, oder ist das nur passiert?

Wie überhaupt – da muss ich Ihnen eine ernste Frage stellen, weil Wien von Gerüchten schwirrt; das hat diese Stadt so an sich, mag sein, dass das zu den Gründen gehört, warum der eine oder andere aus den Bundesländern ein bisschen Schwierigkeiten mit dieser Stadt hat ... (Bundesrat Dr. d′Aron: Warum nicht die eine oder die andere?) Der eine, die andere – ich formuliere geschlechtsneutral. Aber ich muss Ihnen diese Frage stellen, weil sie wichtig ist.

Sie haben ziemlich genau ein Jahr lang dem Nationalrat angehört. Sie waren danach über neun Jahre Mitglied der Steiermärkischen Landesregierung – nach dem Zeugnis mancher meiner Kolleginnen und Kollegen ein durchaus erfolgreiches Mitglied dieser Landesregierung.

Das Bezügegesetz kennt eine Bestimmung, dass jemand, der nach 1997 – dem In-Kraft-Treten der Neuregelungen – in eine nach den alten Regelungen pensionsberechtigte Funktion auf Bundesebene einrückt und vorher Ansprüche erworben hat, durch eine von ihm aktiv abgegebene Erklärung sich in dieses System zu den alten Bedingungen hineinreklamieren kann, was in Ihrem Fall heißen würde, dass Sie vom ersten Tag Ihres Amtsantrittes an unter Anrechnung von neun Jahren der Mitgliedschaft in der Landesregierung als Minister pensionsberechtigt gewesen wären.

Das ist – das füge ich hinzu – nicht mit den vielen Fällen vergleichbar, in denen eine gesetzliche Bestimmung einen Pensionsanspruch statuiert – und der gilt eben für den Betreffenden –, sondern das ist etwas, was durch aktive Handlung zu erlangen ist. Ich glaube, dass die


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 110

Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, von Ihnen zu erfahren, ob Sie diese aktive Handlung gesetzt haben und ob Sie demzufolge beabsichtigen, unter Nützung der Rechtsfolgen dieser aktiven Erklärung eine Ministerpension zu beantragen. Das ist für neun Monate und einen Monat Nationalrat nicht wirklich schwach, aber es ist letztlich eine vom Gesetz gedeckte ... (Bundesrätin Haunschmid: Das haben aber die Sozialisten auch so ...!)

Frau Kollegin! Bitte, könnten Sie einmal kurzfristig abschalten? (Bundesrätin Haunschmid: Tun Sie nicht einseitig allweil beschuldigen! – Heiterkeit des Redners. – Beifall bei der SPÖ.) – Kollegin, das war der falsche Stehsatz! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Es passt nicht in die Szene. Suchen Sie einen anderen in Ihrer Kartei, und werfen Sie ihn mir an den Kopf!

Herr Bundesminister! Trotz dieses humoristischen Aspekts unserer Debatte, der gerade aufgetaucht ist: Das ist eine ernste Frage, auf die die Öffentlichkeit eine Antwort von Ihnen uns gegenüber oder auch in einem anderen Rahmen erwarten darf.

Lassen Sie mich ganz klar sagen: Ihr Rücktritt ist Ausdruck der Krise dieser Regierung (Bundesrat Dr. d′Aron: Wunschdenken!), dieser Regierung mit dem großen Schweiger an der Spitze, der zu Ihrem Rücktritt, den Angriffen des in der Bundesverfassung nicht vorgesehenen einfachen Parteimitglieds und anderer Machtträger, an die Herr Kelsen bei der Abfassung unserer Bundesverfassung nicht hatte denken können, schweigt und meint, das sei eine Antwort. (Ruf bei der ÖVP: ... hat Ähnlichkeiten mit dem Gusenbauer!) – Herr Kollege! Ich würde an Ihrer Stelle nicht sagen, es ist besser, dass er schweigt. Haben Sie irgendwelche Zweifel an seiner Fähigkeit, etwas Zweckdienliches zu sagen? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Mit diesem großen Schweiger an der Spitze, der da glaubt, aussitzen zu können, wenn in seiner Regierung und in ihrem Umfeld unvereinbare Gegensätze aufeinander prallen, mit einem schon erwähnten einfachen Parteimitglied, das laut darüber nachdenkt, diese Regierung in die Luft zu sprengen und Neuwahlen durchzuführen oder zu veranlassen ... (Bundesrätin Haunschmid: Wunschdenken!)  – Also wenn Sie sagen, dass Ihr Parteiobmann dem Wunschdenken anheim gefallen ist, würde ich das vorbehaltlos unterschreiben. Ich weiß nur nicht, ob Ihnen das gut tut. (Beifall bei der SPÖ.) Gesagt hat er es.

Herr Schnell in Salzburg – von dem wiederum andere gemeint haben, er sei der "siebente Zwerg hinter den Bergen", was auch ein besonders kameradschaftlicher Ausdruck von Vertrauen und Freundschaft ist –, also jener "siebente Zwerg hinter dem Berg" – Zitat, nicht von mir –, hat ebenfalls gemeint, man müsse diese Regierung auflösen und zu Neuwahlen streiten, nein schreiten – streiten ist in diesem Zusammenhang ein guter Versprecher. (Rufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege und vor allem Frau Kollegin! Ich habe nicht die Absicht, den Wunsch nach Neuwahlen zu konterkarieren. Die Sozialdemokratie ist zu solchen – und das jederzeit – bereit. Jeder Schritt, der diesem Land den Albtraum dieser Regierung abnimmt, ist ein guter. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Schnell ist nicht wirklich einer, von dem ich annehme, dass er das der SPÖ zuliebe vorschlägt. Wir haben eine Regierung, in der Mitglieder oder Einzelne ihrer Mitglieder schwerstens unter Beschuss gekommen sind. Da gibt es einen Justizminister, von dem die Vorsitzende der Richtervereinigung sagt: Wenn er ein Richter wäre, dann müsste er in diesem Fall aus Befangenheit den Fall abgeben. – Also vielleicht wäre das ein Kandidat für das Infrastrukturministerium, wenn er aus Befangenheit das Justizministerium abgibt.

Wir haben Landtagsabgeordnete, führende Funktionäre, gegen die strafrechtliche Untersuchungen anhängig sind. Wir haben eine Verunsicherung der Öffentlichkeit, wie sie kaum noch zu steigern ist. Und Ausdruck dieser Verunsicherung, die weit in Ihre Reihen hinein geht, ist eben auch der Rücktritt des Herrn Ministers. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wer hat die Anschuldigung formuliert?)

Ich habe mit einem gewissen Amüsement draußen Herrn Schmid sagen gehört, dass er natürlich auch seinem Nachfolger im steirischen FPÖ-Vorsitz für Beratung und Gespräche zur Ver


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 111

fügung steht. – Wenn sich eine Wachablöse so abspielt, dass all jene, die Herr Schmid aus Amt und Funktion entfernt hat, postwendend von seinem Nachfolger ins Amt oder, wenn das nicht geht, zumindest in die Gage zurückgeholt werden, dann weiß ich nicht, ob jener Nachfolger auf ebenjene Gespräche so besonderen Wert legt. Das ist ein echtes Sozialbild einer Partei. Das ist eine Enthüllung, für die man keine Enthüllungsjournalisten braucht, denn da enthüllt sich eine Partei bis zur schamhaft bedeckten Restblöße.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Sittengeschichte des Scheiterns eines Versuches, zwischen Konservativismus – ich sage es jetzt in der Sprache des Weisenberichtes – und einer rechtspopulistischen Partei eine gemeinsame politische Plattform zu finden. Es werden jene, die diesen Schritt unternommen haben, vor sich selbst Rechenschaft abzulegen haben. Ich weiß nicht, wer auf der ÖVP-Seite daheim schon den Spiegel im Badezimmer abmontiert hat (ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ – Bundesrat Dr. d′Aron: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran!) , weil es unter diesen Umständen tatsächlich nicht sehr angenehm ist, sich jeden Morgen im Spiegel sehen zu müssen.

Wir haben keine Veranlassung, um irgendetwas zu ersuchen, aber Sie haben alle Veranlassung, die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges zu überprüfen. Dieses Land hat etwas anderes verdient als Minister, die im Vierteldutzend zurücktreten oder zurücktreten müssen. Wer mutet wem etwas zu? – Sie der Republik diese Minister! Das ist richtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin lang genug in der Politik tätig (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Zu lange!), um mich an eine der großartigsten Reden, die im österreichischen Parlament gehalten wurden – es war die andere Kammer –, zu erinnern. Ich borge mir devot den Schlusssatz dort aus: Meine Herren von beiden Seiten! Bei Philippi sehen wir uns wieder. (Beifall bei der SPÖ.)

16.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich Herr Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.28

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Herr Professor! Wissen Sie, ich habe in meinem Leben eigentlich eine sehr bunte, wenn Sie so wollen, auch eine sehr erfolgreiche Karriere hinter mir, sei es als führender Mitarbeiter in Unternehmen, sei es als selbständiger Architekt – ich bin übrigens nicht Doktor, ich bin Techniker, ich bin Diplomingenieur. Ich habe mich auch als Mitglied des Nationalrates und als Mitglied der Landesregierung sehr bemüht, meine Leistung einzubringen, und war, wie Sie selbst gesagt haben, in diesem Gremium, zumindest in der Landesregierung, wie mir auch meine politischen Gegner attestieren, sehr erfolgreich. Ich habe in meinem Leben, in meinem weiteren Leben die Möglichkeit, einen Beruf zu haben, den ich auch mit großem Erfolg ausgefüllt habe, und habe Gott sei Dank nicht die Notwendigkeit, auf einem politischen Sessel zu kleben, wenn ich selbst nicht mehr die Kraft verspüre, die für dieses Amt notwendig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich würde meinen, dass vielleicht der eine oder andere nachdenken soll – hier im gesamten Haus, wo immer, in welcher gesetzgebenden Körperschaft auch immer –, ob er nicht vielleicht selbst meinem Vorbild folgen und ebenfalls den Zeitpunkt wählen, selbst aussuchen soll, wenn er auf Grund verschiedener Umstände nicht mehr diese 150 Prozent oder diese 200 Prozent bringen kann.

Ich glaube – ich mache Ihnen heute den Spaß –, dass man bei jemandem, der mit einem Ansehen ausgestattet in die Privatwirtschaft zurückkehrt, sicherlich noch einmal die Gelegenheit wahrnehmen soll – Sie nehmen sie wahr –, hier ein politisches Kasperltheater – bezeichnen wir es ruhig so – abzuführen. Ich stehe Ihnen zur Verfügung. (Bundesrätin Fuchs: Der Bundesrat ist kein Kasperltheater! Wenn Sie sich als Kasperl sehen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ihr könnt euch wieder beruhigen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wo ist das Theater, und wer ist der Kasperl?) Ich habe gesagt, ich stehe zur Verfügung, dass hier mit meiner Person von Herrn


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 112

Bundes
rat Konecny ein Kasperltheater gemacht wird. Das habe ich gesagt. Sie haben bei seiner Rede anscheinend nicht zugehört. Ich habe schon ein besseres Kabarett erlebt. Aber lassen Sie mich vielleicht doch auf einzelne Punkte eingehen. (Bundesrätin Fuchs: Da hat doch wer in den Spiegel geschaut!)

Sie haben zunächst einmal fälschlicherweise gesagt, dass ich am 4. meinen Rücktritt erklärt habe. Ich habe ihn am 4. angekündigt. – Das zur Aufklärung. Ich werde bei der entsprechenden Frage noch darauf zurückkommen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben weiter behauptet, dass ein Möbelwagen im Ministerium gestanden ist, der Sachen weggeführt hat. Ich stelle richtig, dass das nicht der Fall war. Sie verwechseln augenscheinlich den 4. Februar mit den jetzigen Tagen. Damals ist nicht nur ein Möbelwagen, sondern es sind die Papiercontainer in den einzelnen Ministerien aufgefahren, und es sind einzelne Papiermaschinen sicherlich heiß gelaufen, um sämtliche Unterlagen zu vernichten.

Wissen Sie, was ich in meinem Ministerium vorgefunden habe? – Das waren einige unbezahlte Rechnungen, und das war es schon. Diese unbezahlten Rechungen waren in einem Ausmaß von etwa 2 Milliarden Schilling unmittelbar vorhanden. Auf das Weitere komme ich noch in aller Kürze zu sprechen.

Ich bin deswegen auch in großem Ausmaß bemüht, eine ordnungsgemäße Übergabe zu machen, um nicht dem Beispiel Ihrer Parteigenossen zu folgen, ein leeres Haus mit vielen Schulden zu übergeben. Ich verwahre mich dagegen – und das mit großem Nachdruck –, wenn gesagt wird, dass ich diesem Ministerium dieser Republik Schaden zugefügt habe. Gegen diese Anschuldigung, Herr Bundesrat, verwahre ich mich mit Nachdruck. Ich kann Ihnen in einer Kette von Argumenten, in einer Kette von Beweisen belegen, welchen Schaden ich übernommen habe.

Es sind nicht nur 317 Milliarden Verbindlichkeiten, die ich übernommen habe, es geht viel weiter. (Ruf bei der ÖVP: Wahnsinn!) Nach jüngsten Studien, die ich erstellen ließ, wird das weit über 400 Milliarden ausmachen, ohne dass zusätzliche Maßnahmen getroffen werden. Ich habe vorfinden müssen, dass Projekte im Laufen sind, in Angriff genommen sind, die bei aller Sachlichkeit und von allen Experten bestätigt keinen Sinn ergeben, bei denen Milliarden österreichischer Steuergelder falsch, nicht effizient eingesetzt werden, weil im Gesamtzusammenhang die falschen Dinge gesetzt sind, nicht zuletzt bei der UMTS-Versteigerung, sehr geehrter Herr Bundesrat!

Jetzt passen Sie auf, was ich Ihnen erklären werde. Sie wissen augenscheinlich selbst nicht, was hier im Haus beschlossen worden ist. Es wurde, als ich es übernommen habe, ein Beauty-Contest für die Veräußerung der UMTS-Frequenzen bereits im Gesetz festgehalten. Er war bereits mit einer Summe von 4 Milliarden Schilling niedergeschrieben. Das war – zu Ihrer Information – das Übernahmeprotokoll am 4. Februar.

Eine meiner ersten Tätigkeiten als Bundesminister für Verkehr und Innovation war es, diesen Beauty-Contest in eine Versteigerung zu ändern. Im Budgetbegleitgesetz wurden in kürzest möglicher Zeit die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen, aber zugegebenermaßen haben allerdings England und Deutschland inzwischen die Versteigerungen eingeleitet. So wurde hier im Haus beschlossen, dass die Durchführung dieser Versteigerungen von der Telekom-Kontrollkommission gemacht wird. Ich habe dieses Verfahren dann noch durch Intervention beschleunigt, damit Österreich noch im heurigen Jahr und vielleicht noch vor der einen oder anderen Versteigerung die Versteigerung durchführt. Dies hat ein Ergebnis gebracht, von dem sich viele mehr erwartet haben. Aber es sind immerhin mehr als 4 Milliarden. Diese hätte mein Vorgänger, diese hätte Ihre Fraktion über den Tisch zu dieser Summe veräußert und zu dieser Summe verkauft. Sie wissen es.

Wenn Sie mir jetzt unterstellen, dass ich – noch dazu, da die Versteigerung bereits gelaufen ist – durch die Ankündigung meines Rücktrittes dieser Republik Schaden zugefügt habe, Herr Professor, dann kann ich das nicht so im Raum stehen lassen. Ich habe es somit korrigiert.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 113

Nunmehr zu Ihren schriftlichen Anfragen, die ich wie folgt beantworte:

Ich werde meine Funktion als Bundesminister zu dem Zeitpunkt zurücklegen, zu dem die Nachfolge bekannt ist.

Ich habe am 4. November 2000 keinen Urlaub angetreten. Ich habe einen möglichen Urlaub angekündigt und, nachdem ich davon Kenntnis erlangt habe, dass eine Vertretungsregelung erfolgt ist, von diesem Vorhaben unmittelbar Abstand genommen. Sie sehen auch, dass ich heute nicht auf Urlaub bin. Ich schätze dieses Hohe Haus, aber bevorzuge als Urlaubsort nicht das österreichische Parlament, da sind mir allemal die Gurktaler Alpen oder die Turracher Höhe lieber. (Bundesrat Prähauser: Das ist schwer verständlich!) Schwer verständlich? Teilt sich in diesem Punkt wenigstens unsere Meinung? Das würde mich freuen. (Bundesrätin Fuchs: Das Bärental hat er nicht gemeint!) Auch dort ist eine wunderschöne Landschaft, im Rosental, Feistritz oder wo immer.

Ich bin also somit weder auf Urlaub gegangen, noch befinde ich mich im Urlaub. Es ist daher die Frage 3, auf welcher Rechtsgrundlage eine Vertretung erfolgt, nicht relevant.

Welche Handlungen in Ihrer Funktion als Minister haben Sie seit Samstag, dem 4. November 2000, gesetzt? – Sie haben augenscheinlich beim Interview draußen mitgehört. Ich kann Ihnen eines allerdings schon gestehen: Ich habe nicht wie sonst an jedem Tag um halb sechs in der Früh im Büro die Arbeit aufgenommen, Herr Bundesrat, aber ich habe die erforderlichen Tätigkeiten, ministeriellen Aufgaben sehr wohl in vollem Umfang wahrgenommen. Ich habe allerdings die Auftritte und die Außenwirkung als Minister, wie ich meine, aus verständlichen Gründen, nicht durchgeführt, also keine Besuche absolviert. Ich habe aber sämtliche wesentlichen Akten unterschrieben, sämtliche Post bearbeitet. Ihre Spione, die Sie ausschicken – manche sagen "Spitzel" dazu –, die erkunden sollen, wo ich mich befinde, ob ich mich im Ministerium befinde, müssen ihren Blick etwas schärfen.

Welche Handlungen hat Ihr Vertreter für diesen Ressortbereich seit diesem Zeitpunkt gesetzt? – Siehe oben.

Wie beurteilen Sie die Situation des Ressorts gegenwärtig? – Es ist eine schwierige Situation. Ich sage Ihnen das in aller Ernsthaftigkeit. Ich habe dieses Amt und diese Aufgabe in einem sehr hohen Maß ernst genommen, habe auch eine sehr große Bereitschaft gezeigt, Dinge aufzugreifen, über Dinge zu diskutieren, Dinge zu ändern, weswegen ich großer Kritik ausgesetzt war, aber ich habe sie für notwendig empfunden.

Wenn ich die 317 Milliarden Verbindlichkeiten, die ich übernommen habe, erwähnt habe, die im Laufe der nächsten Jahre bis weit über 400 Milliarden steigen werden, wenn ich Situationen vor mir habe, in denen ich den Horizont des Stoppens der Neuverschuldung nicht erkenne, dann, so muss ich sagen, nehme ich die Dinge ernst. Ich habe vieles bereits in die Wege geleitet, um die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, am effizientesten einzusetzen.

Ich habe die politisch-populistischen Projekte unter Kritik genommen, abgeändert und versucht, dieses Schiff, das absolut angeschlagen ist, das Schiff des Infrastrukturministeriums an ein rettendes Ufer zuzusteuern. Die Situation ist schwierig. Wir und Sie im Bundesrat sollten sich dieser Situation bewusst sein, wenn Sie künftig über diverse Projekte reden, denn ich denke, dass ein nationaler Konsens notwendig sein wird, um eine außerbudgetäre Verschuldung, die weit über 400 Milliarden Schilling ausmachen wird, auch in den Griff zu bekommen.

Mit Bonmots wie "Bei Philippi sehen wir uns wieder!" – die übrigens nicht heute im nebenraum, sondern schon wesentlich früher erwähnt wurden – werden Sie diese Situation nicht bereinigen. Sie werden sie nicht durch doch Diffamierung und auch durch eine Art, jemanden in seiner persönlichen Integrität anzugreifen, diesem Staat nicht hilfreich sein.

Denken Sie bitte: Da ich hier das letzte Mal in diesem Haus spreche – davon gehe ich aus –, ersuche ich Sie alle: Denken Sie daran, dass Infrastruktur, Verkehr, die Technologie ein unheimlich ernst zu nehmender gesellschaftlicher Punkt ist und eine große Bedeutung hat. Ich


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 114

ersuche Sie – bei aller parteipolitischen Notwendigkeit der Diskussion –, diesen nationalen Konsens herbeizuführen, dass dieses Ministerium, dem ich heute noch vorstehe, in Zukunft und auf lange Sicht gesehen eine Basis hat und eine Basis besitzt, den österreichischen Bürgerinnen und Bürgern hilfreich zu sein. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.42

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass nach der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konecny gemeldet. Ich weise in diesem Fall auf die Redezeitbeschränkung von 5 Minuten hin. – Bitte

16.42

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Dipl.-Ing. Schmid hat behauptet und unterstellt, dass er von, wie man sie auch nennen könne, Spitzeln in seinem Verbleib beobachtet wird.

Ich habe in meiner Rede darauf hingewiesen und ich verweise bei dieser Gelegenheit in Form einer Berichtigung nochmals darauf, dass ich offiziöse Quellen aus seinem Ressort zitiert habe. Darin heißt es: Der scheidende Infrastrukturminister Schmid hat sich die ganze Woche mitgeteilt. Das habe Schmid dem Bundeskanzler heute, Montag, brieflich mitgeteilt. Die formelle Vertretung hat Finanzminister Grasser übernommen, teilte ein Sprecher des Infrastrukturministeriums Montag Nachmittag mit.

Zum zweiten Sachverhalt: "Wiener Zeitung" – nicht gerade ein investigatives Medium –, 7. November 2000: Schmid hat sich eine Woche Urlaub genommen und alle Termine abgesagt. Die Arbeit geht weiter auch ohne Minister, hieß es aus dem Kabinett Schmids.

Das Kabinett Schmid gehört mit Sicherheit zu keiner spitzelhaften Einrichtung, sondern ist jenes Instrument, dessen Sie sich in der Vergangenheit bedient haben. Sollten hier Dienstvergehen vorliegen und wahrheitswidrige Informationen gegeben worden sein, liegt es an Ihnen, für die Richtigstellung zu sorgen – nicht an mir. (Beifall bei der SPÖ.)

16.43

Vizepräsident Jürgen Weiss: Am Wort ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid. – Bitte sehr.

16.43

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Richtigstellung der Richtigstellung: Ich habe den Begriff "Spitzel" nicht im Zusammenhang mit Urlaubsantritt oder ... (Bundesrat Konecny: Sie haben gesagt, wir lassen Sie beobachten, wo Sie sind!)  – Ich habe den Begriff "Spitzel" im Zusammenhang damit erwähnt, dass Sie hier an diesem Pult vermerkt haben, dass der Möbelwagen beim Ministerium vorgefahren sei, und ich halte fest, dass das unrichtig ist. (Bundesrat Konecny: Auch das stand in der Zeitung!)

Ich ergänze zu Ihrer Berichtigung, dass ich Sie schon berichtigt habe: Ich habe, nachdem ich Kenntnis davon erlangt habe, dass ein Urlaubsantritt nicht möglich ist, dieses Vorhaben zurückgezogen. Das habe ich in meiner Rede – sicherlich nachlesbar im Stenographischen Protokoll – bereits erwähnt. Es hätte dieser Berichtigung nicht bedurft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 115

16.44


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 116

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Ich erteile nunmehr Frau Bundesrätin Johanna Schicker das Wort. – Bitte.

16.44

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister – außer Dienst, im Dienst, auf Urlaub?! Herr Dipl.-Ing. Michael Schmid! Ich glaube, das ist die richtige Anrede.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen mit dieser dringlichen Anfrage – das hat mein Kollege, Professor Konecny, bereits ausgeführt – Transparenz schaffen – Transparenz, auf die die Menschen in diesem Land ein Recht haben, denn die Information der Öffentlichkeit war, bezogen auf Ihre Causa, Herr Bundesminister außer Dienst, nicht nur unzulänglich und verschwommen, sondern total unprofessionell.

Am vergangenen Samstag haben Sie – auch früher, gerade gesagt – Ihren Rücktritt nicht angekündigt, sondern schon bekannt gegeben. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Angekündigt!)  – Bekannt gegeben. Es ist am nächsten Tag überall in der Zeitung gestanden: Dipl.-Ing. Michael Schmid tritt zurück.

Persönlich, Herr Bundesminister außer Dienst, kann ich Ihren Entschluss nachvollziehen. In einer derart chaotischen Regierungstruppe, wie die FPÖ sich derzeit darstellt und in der Sie sich befunden haben – (Bundesrat Weilharter: Sehr tief!) das ist nicht tief! –, kann es keine Freude machen. Das hat der Herr Bundesminister auch gesagt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Da kann es keine Freude machen, da kann keine Motivation mehr vorhanden sein, sich mit ganzer Kraft – wie er es ausgedrückt hat: mit 150-prozentiger Kraft – für die Menschen in unserem Land einzusetzen.

Wie gesagt: Persönlich kann ich Sie verstehen, und trotzdem, so denke ich, muss ein Rücktritt geordnet erfolgen, und das ist leider in Ihrem Fall nicht geschehen, Herr Bundesminister! (Bundesrat Weilharter: Wieder eine Unterstellung!)

Wie gesagt, am Samstag haben Sie Ihren Rücktritt bekannt gegeben, aber am Dienstag musste man dann den Zeitungen entnehmen, dass Sie lediglich auf Urlaub seien. (Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und den Freiheitlichen.)

Sie haben Ihren Rücktritt auch gegenüber dem Bundespräsidenten noch nicht bekannt gegeben. Es gibt noch immer keine Nachfolgerin beziehungsweise keinen Nachfolger, und selbst die ÖVP – wie man heute hört, Ihre Generalsekretärin, Frau Dr. Rauch-Kallat – will heute im Koalitionsausschuss endlich einen Vorschlag der FPÖ hören.

Diese gesamte Vorgangsweise, Herr Bundesminister außer Dienst, ist nicht nur eigenartig, sondern, so meinen wir, verantwortungslos, da wichtige Interessen der Republik in diesem großen Ressortbereich gegenwärtig nicht wahrgenommen werden können. Ich nenne nur einige Punkte – mein Kollege Konecny hat sie auch schon zum Teil ausgeführt –: Es handelt sich um die UMTS-Lizenzen, es handelt sich um die Ausschreibung für das elektronische Maut-System, es handelt sich um wichtige Bauvorhaben – Semmering-Basistunnel mit eingeschlossen, natürlich an vorderster Stelle –, es handelt sich um die Brenner-Maut, um den Transitvertrag, um Öko-Punkte, es handelt sich um ein Gesamt-Verkehrskonzept. (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. ) Diese Liste könnte beliebig lang fortgesetzt werden, Herr Kollege Weilharter!

Herr Dipl.-Ing. Architekt Michael Schmid! Es ist Handlungsbedarf angesagt. Noch einmal: Persönlich habe ich vollstes Verständnis für Ihren Rücktritt, aber als Mitglied des Bundesrates kann ich Ihre Vorgangsweise im Sinne der Verantwortung gegenüber der Bevölkerung in diesem Land nicht nachvollziehen, weil Ihr Verhalten verantwortungslos und unprofessionell war. (Bundesrat Weilharter: Wieder eine Unterstellung!)

Zum Schluss noch eine Bitte: Auf die Frage des Herrn Kollegen Konecny betreffend Ihre Minister-Pension haben wir keine Antwort bekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schicker verabschiedet sich von Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid mit Handschlag.)

16.49

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Harald Himmer das Wort. – Bitte.

16.49

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Professor Konecny hat heute mehrfach betont, dass er sich viel überlegt hat, um dann den nicht anwesenden Dr.  Schmid zu zitieren und den bis heute unbekannten Alfred Einstein zu zitieren. – Ich finde all das "hervorragend".

Wenn bisher jemand aus einer Funktion zurückgetreten ist, habe ich immer den Eindruck gehabt, dass das Bemühen vorhanden war, bestimmte Formen des Anstandes dann doch für den Abgang bereitzuhalten, nachdem man sich doch in der Tageshektik oft anders begegnet. (Bundesrätin Fuchs: Genau das! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Das spielt aber beim Herrn Professor keine Rolle.

Die Frage, ob Herr Dipl.-Ing. Schmid, den er vermutlich mit der Anrede "Dr. Schmid" gemeint hat, Minister ist oder nicht, beantwortet sich eigentlich von selbst, da er natürlich selbstverständlich hier beim Minister das Zitationsrecht in Anspruch genommen hat, denn Herr Dipl.-Ing.  Michael Schmid müsste nicht hier herkommen und sich Ihre respektlosen Ausführungen anhören. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Als "Nicht-mehr-Minister" kann er das Menschenrecht in Anspruch nehmen, mit jenen Leuten zu sprechen, die er persönlich für seine Gespräche bevorzugt. Das ist etwas, das man sich als Minister nicht aussuchen kann.

Ich finde, es ist wie beim Wein, es schmeckt jeder Abgang ein bisschen anders, und so ist es auch in der Politik. Es ist nicht der erste Abgang und nicht der letzte, den wir hier erleben. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Aber geh! Wer ist der Nächste?!)

Ich erinnere mich ... (Bundesrat Konecny: Ist das eine Ankündigung, Herr Kollege?)  – Also der Tag, an dem ich bei dieser Art von Humor lache ... (Anhaltende Zwischenrufe der Bundesrätin Fuchs. ) Es gibt dieses Beispiel von Al Gore: Er hat an seinem 40. Geburtstag so viel getrunken, dass er danach aufgehört und seither keinen Tropfen mehr getrunken hat. Sollte ich einmal einen solchen Tag mit einem solch hohen Alkoholisierungsgrad wie Al Gore haben, dann bin ich vermutlich auch in der Lage, an diesem einen Abend über Ihre Art von Humor zu lachen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Bush! Das war doch Bush! Buschwindröschen!)

Ich kann mich auch an den Rückzug des Herrn Bundeskanzlers Klima erinnern, heute VW-Chef in Brasilien, pardon, Argentinien. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Geographie!)  – Na, ist das lustig? Ist das lustig, dass man "Brasilien" statt "Argentinien" sagt? Ich will keine weiteren Zusammenhänge herstellen. (Bundesrat Konecny: Das ist eine gute Idee!)

Aber wir sind uns einig, Altbundeskanzler Klima ist heute sehr weit weg, nämlich in Argentinien – in Brasilien war ein anderer, das ist auch okay –, er hat auf jeden Fall das Weite gesucht. Wir können uns daran erinnern, als er das letzte Mal hier in diesem Saal war, da haben wir schon gewusst, dass er am nächsten Tag der Altbundeskanzler sein wird. Bundesrat Dr. Maier ist herausgekommen und hat ihm eine Frage gestellt, die offensichtlich sehr nebensächlich war, nämlich was denn Bundeskanzler Klima in Stockholm mit seinen Kollegen besprochen hat. (Anhaltende Zwischenrufe der Bundesrätinnen Fuchs und Mag. Trunk. ) Was Herrn Dipl.-Ing. Schmid von Herrn Mag. Klima unterscheidet, ist, dass er die Fragen beantwortet hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf daran erinnern, was damals passiert ist, für jene, die damals noch nicht im Bundesrat waren, da auch bei uns ein ständiger Wechsel herrscht. Da ist der Herr Bundeskanzler gesessen, und Dr. Böhm und Dr. Maier haben Fragen an ihn gerichtet. Dann ist er vom Herrn Natio


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 117

nalratspräsidenten abgeholt worden und wurde nie wieder gesehen – und ist nicht nach Brasilien, sondern nach Argentinien ausgewandert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf: Rosenstingl! – Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist die 46. Variante! Sie haben die Geschichte schon 46 Mal erzählt!)

Sie haben auch das Pekuniäre moniert, was sehr entscheidend ist, und Sie haben ausgerechnet, was in etwa "eine Woche Schmid" kosten würde. Ich darf aber in diesem Zusammenhang auch daran erinnern – wenn ich mich jetzt nicht so ähnlich wie bei Argentinien und Brasilien irre –, dass der Herr Altbundeskanzler selbstverständlich von seinem Recht auf Gehaltsfortzahlung Gebrauch gemacht hat und mit 230 000 S in der Löwelstrasse einige Monate lang gesessen ist und sich auf Argentinien vorbereitet hat.

Das heißt, ich muss schon sagen, wenn Herr Kollege Professor – Professor, oder auch Doktor, oder nur Professor, ohne Doktor; ich weiß es jetzt nicht – Konecny von einer Albtraum-Regierung oder von einem Albtraum der Regierung gesprochen hat, dann muss ich sagen, es ist schon relativ normal, zu beobachten, und es ist an sich weltweit, auch in Argentinien und in Brasilien vermutlich, der Fall, dass die Opposition in ihrer Meinung über die Regierung ein anderes Bild hat als die Regierung von sich selbst. Das ist an sich etwas nicht dramatisch Überraschendes.

Wenn man sich allerdings mit einem Versuch an Objektivität ansieht – oder wenn man sich einfach nur Zahlen, numerische Begriffe anschaut –, wie die österreichische Bevölkerung mit dieser Regierung zufrieden ist und wie zurzeit die Parteienpräferenzen liegen, dann weiß ich nicht, von welchem Albtraum Kollege Konecny hier spricht. (Anhaltende Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Haben Sie heute Ihren Alko-Tag?)

Wissen Sie, was mir besonders gut gefallen hat? – Das ist nämlich ein ganz tolles Beispiel gewesen, und das hat auch in der Reihe da hinten ... (Anhaltende Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)  – Sie machen mich fröhlich, Sie erinnern mich an meine Schulzeit, da haben wir auch immer gekichert, wie das hier drüben bei dem SPÖ-Klub ist. Da haben Sie sich besonders über das Beispiel mit dem Spiegel amüsiert. Da hieß es, die ÖVPler können sich nicht mehr in den Spiegel schauen. Das war wieder ganz lustig! Was haben wir da gekichert und gekudert! (Zwischenrufe der Bundesrätinnen


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 118

Mag. Trunk und Fuchs . – Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist ein großer Unterschied!)

Das ist genau die Arroganz, die die Österreicherinnen und Österreicher, wenn ich Ihnen das so sagen darf, absolut satt haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das haben sie absolut satt! Deswegen haben Sie Kärnten verloren, deswegen haben Sie Ihren Koalitionspartner verloren, und deswegen verlieren Sie ständig an Zustimmung! Der Grund ist diese Arroganz gegenüber anderen politischen Parteien, die nur hier sind und die auch hier nur regierungsfähig sind, weil sie die Unterstützung der Bevölkerung haben. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, warum wir die Mehrheit haben? – Weil wir gewählt worden sind! (Lebhafte anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wegen dieser Arroganz, dieser Sichtweise mit der sozialistischen Brille, glauben Sie, dass Sie das Monopol darauf haben, zu entscheiden, wer die Gut-Menschen in dieser Republik sind! Machen Sie so weiter! Es ist eine absolute Erfolgsgarantie für uns und eine Garantie für jede weitere Niederlage, die Sie sich selbst zufügen. Das ist genau das, was die Österreicherinnen und Österreicher absolut satt haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Fuchs: Die drittstärkste Partei! – Bundesrätin Schicker: Sie sind die drittstärkste Partei!)

Man braucht außerdem gar kein politischer Mitbewerber der Sozialdemokratie zu sein, man muss nur jene Artikel zitieren, die Sozialdemokraten – angefangen vom Sekretär des Herrn Nationalratspräsidenten bis über andere Persönlichkeiten – selbst über den Zustand Ihrer Partei schreiben. Man muss gar kein politischer Gegner sein, um daraus zu zitieren.

Ich schließe mich übrigens der Meinung des Herrn Bundesministers an, wenn er sagt, dass er das als Kasperltheater empfunden hat. (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Fuchs und Mag. Trunk. ) Der Zusammenhang, das auf das Plenum des Bundesrates zu beziehen, ist mehr als an den Haaren herbeigezogen! Wissen Sie, was Sie haben? – Sie haben einen scharfen Blick für das Unwesentliche. Das haben Sie heute bewiesen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Kainz: Das haben wir gelernt!)

Sie haben einen scharfen Blick für das Unwesentliche, was die Zukunft dieser Republik betrifft. Die Ableitung, dass der Herr Bundesminister jetzt noch ein paar Tage lang sein Amt ausfüllt, weil für diese wichtige Aufgabe nicht über Nacht eine Entscheidung über seine Nachfolge getroffen wird, und daraus eine Staatskrise herbeizureden und die UMTS-Lizenzen im Nachhinein verfallen zu sehen, ist das, was ich einen scharfen Blick für das Unwesentliche nenne.

Wesentlich ist, dass diese Regierung voll handlungsfähig ist und dass diese Regierung in der Bevölkerung weit populärer ist als die Opposition. Der heutige Tag hat mir gezeigt, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.00

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm das Wort.

17.00

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Zur Frage der angeblichen Vertretung beziehungsweise des ihm unterstellten Urlaubs des scheidenden Bundesministers ist heute bereits alles Nötige von ihm selbst ausgeführt worden. Jedenfalls freut mich an Ihrer dringlichen Anfrage, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass sie zeigt, wie sehr Sie Herrn Bundesminister Schmid im Amt vermissen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das war vor seinem Rücktritt bisher noch nie der Fall.

Ich bedauere aber zutiefst, dass die persönlichen Gründe, die er für seinen Rücktritt angegeben hat, nicht respektiert werden. Ich meine auch, dass das menschlich ein ganz bedauerlicher Stil ist, den Sie von der SPÖ an den Tag gelegt haben. (Zwischenrufe der Bundesräte Konecny und Schicker. )

Dass dieses Ausscheiden von der SPÖ vielmehr zum Anlass genommen wird, von einem so genannten Chaos des Kabinetts Schüssel/Riess-Passer sowie von mangelnder Führungs- und Handlungskompetenz von Schüssel/Riess-Passer zu reden, ließe sich noch als überaus billige Polemik einer Oppositionspartei erklären. Was berechtigt Sie aber zu der rufschädigenden Behauptung, kompetente Nachfolger würden nicht gefunden? – Sie wissen selbst, dass das unwahr ist. Herbert Haupt ist ohne jeden Zweifel ein fachlich höchst kompetenter Nachfolger von Frau Sozialministerin Dr. Sickl. Das hat auch Ihre Fraktion stets außer Streit gestellt. (Bundesrätin Mag. Trunk: Nach Sickl ist das keine Kunst!)

Wie kommen Sie zu der weiteren, völlig aus der Luft gegriffenen Annahme, dass mit der Regierungsumbildung auf die Ergebnisse des außerordentlichen Landesparteitages der Kärntner FPÖ am 15. November gewartet werden müsse? – Ein solcher Landesparteitag ist bekanntlich weder befugt, noch ist er konkret dazu einberufen, Bundesminister vorzuschlagen. Das sollten Sie wissen. (Bundesrat Konecny: Bei uns schon!) Weder der Bundeskanzler noch die Vizekanzlerin warten daher diesen Termin für ihre Entschlüsse in irgendeiner Weise ab.

Die herabsetzende Etikettierung von Frau Dr. Riess-Passer als vorgebliche Parteivorsitzende weise ich mit Entschiedenheit zurück, nimmt sie doch auch diese Aufgabe nachdrücklicher wahr, als es so manchen eigenen Funktionären lieb ist.

Dass wir vor der dritten Regierungsumbildung stehen, trifft durchaus zu. Aber bei näherem Zusehen und einem Mindestmaß an fairer Beurteilung stellt man fest, dass sich doch diese drei Fälle überhaupt nicht miteinander vergleichen lassen.

Der Rücktritt von Ex-Bundesminister Dr. Krüger beruhte, wie bekannt, auf rein gesundheitlichen Gründen. Es spräche daher für sich, aber gewiss nicht für Sie, wenn Sie aus einer persönlichen


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 119

Tragik politisches Kleingeld herausschlagen wollten. (Bundesrätin Mag. Trunk: Was für politisches Kleingeld? Er ist ein freier Mensch!)

Was die frühere Bundesministerin Dr. Sickl betrifft, die zweifellos unter ihrem Wert geschlagen worden ist, haben gerade Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, sowie die Ihnen nahe stehenden Medien die Sozialministerin vom ersten Tag an extrem unfair behandelt. Sie hatte das von den Mitarbeitern ihrer Vorgängerin ausgeräumte Büro eben erst bezogen und sich noch nicht einmal eingearbeitet, als sie die SPÖ mit einer dringlichen Anfrage ungewöhnlichen Umfanges eindeckte – eine "großartige" Leistung ihrer Vorgängerin, die diese dringliche Anfrage eingebracht und begründet hat. (Bundesrat Prähauser: Abgelöst wurde sie von der FPÖ!)

Wiederum ganz andere Gründe, die wir kennen und respektieren, haben Herrn Bundesminister Schmid zu seinem angekündigten Rücktritt veranlasst.

Was weiters die täglich neuen Spekulationen anlangt, von denen Sie reden, so sind diese keineswegs von der FPÖ-Spitze selbst ausgelöst, wie Sie unterstellen. Vielmehr gefallen sich Zeitgeist-Magazine, die Ihrer Fraktion nahe stehen, darin, einen aggressiven Kampf gegen die FPÖ zu führen, weil sie darin offenbar ihre mediale Lebensaufgabe und Daseinsberechtigung erblicken.

Einen wirklichen Skandal sehen wir aber darin, dass die vorliegende dringliche Anfrage nicht primär dem in ihr angesprochenen Anliegen dient – das hätte ich verstanden, das zeigt sich schon an der eindeutigen Inkongruenz von Präambel und Begründung und den dann gestellten Fragen –, sondern dass sie vielmehr zu finsterster Polemik insbesondere gegen den Justizminister genützt, um nicht zu sagen, missbraucht wird.

Wie nämlich vor allem der letzte Absatz erkennen lässt, geht es Ihnen offenbar gar nicht um die Frage der Regierungsumbildung als solcher, sondern einmal mehr darum, den Bundesminister für Justiz unter Beschuss zu nehmen. Mit der von Ihnen durch nichts belegten Behauptung, Herr Dr. Böhmdorfer habe als Rechtsanwalt der FPÖ eine Parteispende übernommen, geben Sie reine Spekulationen der schon erwähnten Magazine wieder. Von einer illegalen Spende kann im Übrigen ohnehin nicht die Rede sein.

Herr Dr. Böhmdorfer hat inzwischen dezidiert bestritten, dass in seiner Kanzlei der genannte Betrag deponiert worden sei. An der, nebenbei bemerkt, mehrfach wechselnden und in sich widersprüchlichen Darstellung der angeblichen Hinterlegung in der Kanzlei mutet geradezu absurd an, dass 5 Millionen Schilling in einem Kuvert übergeben worden sein sollen. Man stelle sich nur plastisch und bildhaft vor, welchen Geldberg die entsprechende Anzahl von 1 000 S-Scheinen hätte ausmachen müssen! (Bundesrat Konecny: Das ist nicht so wild, Herr Kollege, probieren Sie es einmal!)

Schlimm finde ich es nicht zuletzt auch, dass Sie ebenso wie die Zeitschriften "NEWS" und "FORMAT" – nur "Die Presse" hat darüber absolut korrekt berichtet – erneut den rechtlich unhaltbaren Vorwurf erheben, Dr. Böhmdorfer habe als Rechtsanwalt zu Unrecht illegal beschaffte Urkunden in Prozessen verwendet. Ich will hoffen, dass es sich auf Ihrer Seite dabei lediglich um Rechtsunkenntnis und nicht etwa um einen Vorwurf wider besseres Wissen handelt.

Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung steht nämlich völlig außer jedem Zweifel, dass ein Rechtsanwalt nach § 9 Rechtsanwaltsordnung unumwunden alles vorzubringen hat, was dem Rechtsstandpunkt seines Mandanten dient. So selbstverständlich es ist, dass sich natürlich kein Anwalt ... (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Verwenden Sie jetzt nicht eine Frage, die wir nicht gestellt haben!)  – Sie haben die Fragen nicht gestellt, das fällt auf! Sie sind dann daraufgekommen, dass die Vorwürfe unhaltbar sind und haben dann diese Fragen wieder herausreklamiert. Lesen Sie nach, Sie kennen anscheinend Ihre eigene dringliche Anfrage nicht! Sie hätten sie vorher lesen sollen, bevor Sie sie unterfertigen, denn Sie führen das aus. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Soll ich Schmid fragen, was Böhmdorfer gemacht hat?! – Bundesrat Prähauser: Dipl.-Ing. Schmid können Sie nicht dafür verantwortlich machen! Er kann doch für Böhmdorfer nichts!)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 120

So selbstverständlich es also ist, dass sich kein Anwalt selbst an einer rechtswidrigen Beschaffung von Aktenteilen, Urkunden und anderen Beweisstücken beteiligen oder dass er sie sich sozusagen bestellen darf, ist ebenso klar und eindeutig, dass er berechtigt und im aufrechten Vollmachtsverhältnis sogar dazu verpflichtet ist, Beweismittel, die ihm sein Klient übergeben hat, im Prozess vorzulegen – dies auch dann, wenn sie der Mandant oder ein Dritter rechtswidrig erlangt haben sollte.

Unbestritten ist auch, dass selbst das Gericht ein solches Beweismittel, wenn es ungeachtet seiner fragwürdigen Provenienz zur Sachaufklärung beiträgt, seiner Entscheidung selbstverständlich zu Grunde zu legen hat.

Somit erweisen sich Ihre Vorwürfe gegen den Justizminister als heiße Luft, und Sie werden das eigentliche Ziel, das hinter Ihrer dringlichen Anfrage steht, nämlich einen Keil in diese Bundesregierung zu treiben und insbesondere Bundesminister Dr. Böhmdorfer aus der Bundesregierung herauszubrechen, klar verfehlen.

Ich möchte aber abschließend die Gelegenheit nützen, um mich auch in diesem Hause namens meiner Fraktion von Herrn Bundesminister Schmid zu verabschieden. Wir werden ihn tatsächlich vermissen, und ich möchte ihm für sein weiteres berufliches Wirken von Herzen alles Gute wünschen! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrätin Kainz: Wieso? – Er ist ja noch gar nicht zurückgetreten!)

17.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. Ich erteile ihm das Wort.

17.10

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst zu Kollegen Himmer, der, so glaube ich, gerade den Saal verlassen hat: Ich hoffe wirklich inständig, dass Al Gore nicht seine Auslieferung verlangt, nachdem er ihm einen Vollrausch attestiert hat. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. )

Ich finde es auch ein bisschen stark, dass er als Mitglied der drittstärksten Partei einer 33 Prozent-Partei Nabelschau verordnen will und außerdem Arroganz attestiert. Da fällt mir nur ein Sprichwort ein: Ein jeder kehr’ vor seiner Tür. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nun zum Thema. Die Arbeit geht weiter, auch ohne Minister. – Das ist kein Zitat von uns, sondern ein Zitat aus der Presse. Ich möchte nur kurz ein paar rechtliche Fragen beleuchten, die sich in diesem Zusammenhang aufdrängen. Eine Frage ist: Wie geht die Arbeit auch ohne Minister in einem Ministerium weiter? – Wir haben schon gehört, eine Vertretung ist nur bei Auslandsaufenthalten möglich. Eine weitere Frage ist zum Beispiel: Wer unterfertigt in dieser Zeit Anfragebeantwortungen, deren Beantwortungsfrist abgelaufen ist? – Ich füge gleich hinzu, da ich weder ein Spitzel bin noch einer werden möchte, dass ich hier selbstverständlich grundsätzliche Fragen in den Raum stelle, weil mir die Beantwortung aus dem Ministerium diesbezüglich noch nicht erteilt wurde.

Es ist festzuhalten, dass eine Kabinettsunterschrift kein Ersatz für die Ministerunterschrift ist. Wenn das Kabinett sagt, die Arbeit geht auch ohne Minister weiter, so ist das nicht möglich. Der Minister als monokratische Behörde kann nicht wirklich durch sein Kabinett vertreten werden. Als Oberstes Organ kann er rechtlich formell auch nicht durch sein Kabinett ersetzt werden. Das Kabinett kann auch nicht als Behörde nach außen vertreten. Und jemand, der Abläufe in Ministerbüros kennt, weiß, dass in Wirklichkeit, wenn mit einem Minister ... (Bundesrat Schöls: Sie haben auch nur eine kurze Erfahrung!)  – So kurz war die Erfahrung nicht. Wenn Sie zehn Jahre als "kurz" bezeichnen, dann ist das okay, gut. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Schöls. )

Das sollten Sie vielleicht in meiner Biographie nachlesen. Ich durfte bei mehreren Finanzministern dienen und bin gerne dazu bereit, mich mit Ihnen über die Frage zu unterhalten, warum Staribacher tatsächlich gegangen ist. Darüber können wir wirklich gerne einmal reden.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 121

Jemand, der die Abläufe in Ministerbüros kennt, weiß, dass dort die Arbeit in Wirklichkeit liegen bleibt, wenn die Rücksprache nicht funktioniert. Aus den vorhin geschilderten Gründen stellt sich auch die Frage, ob das Ministerbüro in der Zeit, in der möglicherweise keine Rücksprache stattfinden konnte, tatsächlich Akten abgefertigt hat, die vor Abfertigung vorgeschrieben wurden – nicht vor Hinterlegung –, wenn diese Rückkoppelung eben nicht gegeben war. Die Frage ist, welche Rechtsfolgen daraus erwachsen, wenn Akten tatsächlich abgefertigt wurden, wenn sie der Erledigung zugeführt wurden. Verschärft wird das Problem dann, wenn unter Umständen vielleicht vom Kabinett in dieser Zeit auch Weisungen gegeben wurden.

Es gibt aber noch weitere rechtliche Probleme. Für mich zumindest ist nicht klar, ob nicht tatsächlich auch wichtige Entscheidungen liegen geblieben sind. Ich denke da etwa an den Ministerratsbeschluss bezüglich Verschiebung der Zuschläge zum dualen LKW-Mautsystem. Ich glaube, die Dreimonatsfrist ist abgelaufen. Sollten sich etwa Firmen geschädigt fühlen, könnten unter Umständen Amtshaftungsprobleme auf die Republik zukommen und rechtswidrige Verzögerungen von Vergaben eingeklagt werden. Es stellt sich dann in weiterer Folge, wenn die Republik diesbezüglich tatsächlich in Anspruch genommen wird, die Frage, ob nach dem Organhaftpflichtgesetz auch entsprechende Regressansprüche geltend gemacht werden können. Ich glaube, dass auch diese rechtlichen Aspekte grundsätzlich zu beachten sind, wenn sie vielleicht auch in dem einen oder anderen Fall nicht zutreffen mögen.

Abschließend würde auch ich Sie noch ersuchen, zur Frage der Ministerpension Auskunft zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

17.14

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Christoph Hagen das Wort. – Bitte.

17.14

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin die Vorstellung der dringlichen Anfrage durch Herrn Bundesrat Professor Konecny mitverfolgt. Ich hatte nicht den Eindruck, im Bundesrat zu sitzen, sondern eher in einem Komödienstadl und ein schlechtes Kabarett anzuschauen. Diesen Eindruck haben Sie vermittelt. Das muss ich Ihnen sagen. (Bundesrat Prähauser: Komödienstadl ist kein schlechtes Theater!)

Um zu Ihrer Anfrage zu kommen: Sie schreiben, dass Herr Bundesminister Schmid urlaubt, 200 000 S monatlich verdient und zusätzlich zu seinem selbstgewählten Urlaub noch 70 000 S arbeitsloses Einkommen erhält. (Bundesrätin Fuchs: Nicht zusätzlich! Das ist der Anteil!) Wenn man das, was Sie geschrieben haben, genau liest, dann – das ist eine Tatsache – muss ich schon sagen, dass das eine glatte Unterstellung ist, denn das passt auf keine Kuhhaut. (Bundesrätin Fuchs: Im Lesen gibt es Probleme!)

Ich weiß nicht: Haben Sie das Urlaubsgeld noch dazugezählt, oder was weiß ich? – Jedenfalls ist das komplett falsch. Wer wirklich ein arbeitsloses Einkommen im Urlaub sozusagen bekommen hat, war nämlich Ihr ehemaliger Bundeskanzler Dr. Klima, der nach seiner Tätigkeit als Bundeskanzler im Nationalrat immer gefehlt hat und im Urlaub war. (Bundesrat Marizzi : Der ist Magister!) Das ist eine Tatsache! Auch Herr Ruttenstorfer, seines Zeichens ehemaliger Staatssekretär (Bundesrat Marizzi: Der ist wieder Doktor!), hat bis zu seiner Beschäftigung bei der OMV, die er antreten konnte, ein arbeitsloses Einkommen, das ihm zugestanden ist, bezogen. Wieso soll es Herrn Bundesminister Schmid nicht zustehen, wenn es Ihren Ministern zusteht? (Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. ) – Da muss ich schon fragen: Wie hoch war eigentlich das Einkommen des Herrn Klima? – Das würde mich interessieren. Wo waren damals die Zwischenrufe der SPÖ? – Da habe ich keine von Ihnen gehört.

Weiters schreiben Sie, dass diese Regierung keine kompetenten Nachfolger für die Ministerposten hat. Das muss ich Ihnen auch widerlegen. Tatsache ist, dass mit Herbert Haupt ein wirklicher Sozialexperte das Amt des Sozialministers übernommen hat, der tatsächlich vom Fach ist und weit über die Parteigrenzen hinaus anerkannt wird. (Bundesrätin Fuchs: Da haben Sie lange gebraucht, bis Sie einen gefunden haben!) Ich muss schon sagen: Wenn das keine Experten


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 122

sind, dann frage ich mich, was waren manch sonstige Minister, die Sie eingesetzt haben, für Experten? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich höre immer das Argument, dass Minister Haupt kein Frauenminister sein kann, weil er ein Mann ist. Ich denke, er wird wohl Frauen als Berater haben, weil es funktioniert eben einmal so im Ministerium, dass man Berater hat. (Bundesrätin Schicker:  ...für Frauenangelegenheiten!) Ich nehme auch an, das ist nicht von Ihnen gekommen, aber es kommt von Ihrer Partei. Da muss ich schon fragen: Was erwarten Sie denn noch von Minister Haupt? Soll er sich etwa umoperieren lassen? Oder was haben Sie sonst noch für Wünsche? (Bundesrat Prähauser: Das ist nicht notwendig! Da wäre er nicht sehr hübsch als Frau!)  – Das sind Tatsachen. (Heiterkeit und Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) – Aber auch nicht wüster als manche Frauenministerin, die einmal dort war.

Weiters möchte ich aus Ihrer Anfrage, die mit Herrn Minister Schmid teilweise sehr wenig zu tun hat, den Punkt herausnehmen, der besagt, dass eine neue Ministerbestellung auf dem Parteitag in Kärnten "zelebriert" werden soll. (Bundesrat Konecny: Was für eine abfällige Bemerkung!) Ich kann mir schwer vorstellen, was eine Landespartei zu sagen hat, wenn es um eine Bundesentscheidung, um eine Ministerbestellung geht. Das wäre das erste Mal, und das habe ich auch bei der SPÖ noch nie gesehen.

Weiters gehen Sie gegen den Justizminister vor. Interessant ist, dass die Anfrage an den Herrn Infrastrukturminister gerichtet ist, und dann wird der Justizminister zitiert. Sie gehen auf die 5 Millionen-Schilling-Spende ein. Jetzt erklären Sie mir einmal etwas: Ich verstehe ein bisschen etwas von Geld, weil ich solche Geldtransporte in meinem beruflichen Leben schon überwacht habe. Ich weiß daher genau, dass man 5 Millionen Schilling niemals in ein A 4-Kuvert bekommen kann. Das ist unmöglich! Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das müssen Sie einmal bei der Nationalbank abklären. Ich denke, Sie haben in Ihrem Parteikreis da sicher Beziehungen.

Traurig ist natürlich, dass die SPÖ einem solchen Revolverblatt, dass das geschrieben hat, Glauben schenkt (Bundesrätin Schicker: Sie haben es mit den Waffen! Das merkt man! "Revolverblatt"!) und diesbezüglich wirklich weit von den Tatsachen und von der Wirklichkeit entfernt ist. Ich kann mir nur vorstellen, dass das ein weiterer Versuch der SPÖ ist, um den bei ihr sehr ungeliebten Justizminister Böhmdorfer, der übrigens sehr gute Arbeit leistet, "abzuwürgen". Das ist der wahre Hintergrund. (Rufe bei der SPÖ. Wo? – Bundesrat Prähauser: Für die FPÖ! – Bundesrätin Fuchs: Wer sagt das?)

Sie sprechen auch immer wieder von einer Regierungskrise. – Das sind Behauptungen der SPÖ. Das Gegenteil ist der Fall! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Diese Regierung hat es geschafft, in neun Monaten mehr Reformen durchzusetzen als die alte SPÖ-ÖVP-Regierung in den vier Jahren zuvor. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.20

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid das Wort. – Bitte.

17.20

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurden neue Fragen aufgeworfen, die ich selbstverständlich, ohne dass ich sie beantworten müsste, gerne beantworten werde. Die lustigste beziehungsweise mich am meisten belustigende Frage war jene nach der Höhe von Ministerpensionen oder Ministergehaltsfortzahlungen. Ich wundere mich, dass diejenigen, die das beschlossen haben, mich, der diesem Haus nie und vor allem nicht in jenen Zeiten angehört hat, als etwaige Beschlüsse gefasst worden sind, das fragen. Ich muss Sie enttäuschen. Ich weiß es wirklich nicht. (Bundesrat Konecny: Nach der Höhe hat keiner gefragt!)  – Lassen Sie mich einmal ausreden! Reden Sie nicht immer dazwischen! Lesen Sie weiter Ihr "NEWS", studieren Sie die Zeitung, aber hören Sie mir aufmerksam zu, denn Sie werden auch dafür bezahlt! Sie werden jetzt einmal zuhören, und dann werden Sie wahrscheinlich oder hoffentlich künftig auch Ihre Fragen präzisieren oder genau schriftlich festhalten können. (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 123

Ich sage noch einmal, dass es mich doch alle Mal belustigt oder mich ein Schmunzeln kostet, wenn diejenigen, die die Gesetze beschlossen haben, dann demjenigen Fragen stellen, der unter Umständen gemäß dieser gesetzlichen Vorschriften einen Vorteil hat. Aber eines sage ich Ihnen gleich: Ich hätte – da bin ich vielleicht einer der wenigen hier in diesem Haus – in den letzten zehn Jahren als Architekt, Zivilingenieur oder Sachverständiger bei dem zeitlichen Einsatz, den ich hier eingebracht habe, alle Mal besser und mehr verdient. Aber ich habe es gern gemacht, und ich bin dankbar für diese politische Tätigkeit, die ich ausüben durfte – damit da kein Zweifel aufkommt. Ich stelle mich nicht als Märtyrer hin, ich lasse mich jedoch auch nicht als Schuft hinstellen.

Nun zu Ihrer Frage. Ich habe auf Grund der Anspannungstheorie, Herr Professor, wenn Ihnen das etwas sagt – Anspannungstheorie bedeutet: Wenn man unterhaltspflichtig ist, und der Staat hat sich sehr wohl etwas dabei überlegt, wenn eine Frau unterhaltsberechtigt ist und unterhaltspflichtige Kinder da sind, ist der Mann dazu verpflichtet, das Seine dazu zu leisten –, auf Grund dieser Vorschrift bereits als Mitglied der Steiermärkischen Landesregierung für das alte System – auch bei Berufsverbot – ohne andere Versicherung votiert. Wie es auf Bundesseite ausschaut – ich lasse mich da überraschen –, darüber kann ich Ihnen jene Auskünfte, die Sie von mir haben wollen, leider Gottes nicht geben. Wie gesagt: Ich habe diese Beschlüsse nicht gefasst. Im Übrigen beschäftige ich mich jetzt in erster Linie damit, was ich beruflich weiter bringen und weiter leisten werde. Da bin ich zuversichtlich, dass mir das gelingen wird. – So weit zu dieser Frage, zu der ich damit zumindest für denjenigen, der das verstehen will, sicherlich – wie schon immer und seit Jahren – Auskunft gegeben habe.

Zweiter Punkt. Ich wurde gefragt: Wie schaut es mit nicht unterfertigten Akten aus? – Herr Magister! Ich sage noch einmal – ich bitte das zum dritten oder vierten Mal zu protokollieren –: Ich bin in Amt und Würden und bearbeite die Dinge, wie sie zu bearbeiten sind. Daher gibt es keine unerledigten Akten. Ich habe heute wieder eine Fülle von Anfragen unterschrieben – selbst unterschrieben, damit kein Missverständnis aufkommt! Glauben Sie mir: Ich lese sie auch sehr genau, sie interessieren mich. Da Sie lange im Ministerium waren, wissen Sie, dass die Antworten schlussendlich von der Sektion kommen. Ich lese die Akte sehr genau. Ich formuliere sie auch teilweise um, überprüfe sie, korrigiere und unterschreibe sie, wenn sie fertig sind. Ich habe damit allerdings – zugegeben – nicht mehr um halb sechs in der Früh begonnen, sondern vielleicht etwas später, weil ich nebenbei den neuen Verkehrslandesrat in der Steiermark sehr ausführlich in die politischen Maßnahmen, die ich für unser Bundesland hier eingeleitet habe, eingearbeitet beziehungsweise ihn darüber informiert habe.

Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass irgendwelche Staatsakte nicht bearbeitet oder falsch bearbeitet worden sind. Ich habe – ich wiederhole das – richtig gestellt, dass ich die Vorstellung, den einen oder anderen Tag Urlaub zu machen, sofort zurückgezogen habe, als man mir gesagt hat, dass es keine Vertretungsregelung gibt. Es hat daher auch nie einen Urlaub gegeben.

Es ist immer wieder die Frage oder der Vorwurf gekommen, was nun mit der elektronischen Bemautung passiert. Es wird, wenn Sie das Budget, die Budgetbegleitgesetze studiert haben, Ihnen aufgefallen sein, dass hier eine Gesetzesänderung vorliegt. Sie ist im Haus zu beschließen. An dem Tag, an dem das neue Gesetz in Kraft tritt, wird die elektronische Bemautung kundgemacht. Es wird die Interessentensuche, wie sie in den europäischen Normen vorgeschrieben ist, eingeleitet. Es sind diesbezüglich alle Vorbereitungen getroffen. Wir haben am 8. August die Entscheidung im Ministerrat für ein rein elektronisches System gefällt. Wir haben uns drei Monate Zeit gegeben, um eben diesen technischen Dialog durchzuführen. Diese Dreimonatsfrist haben wir dann auf zwei Monate verkürzt und sind dann eben zu dem Beschluss gekommen, die rein elektronische Bemautung durchzuführen.

Zur Brennermaut: Auch dazu ist bereits von mir vor etwa 14 Tagen der Brief nach Brüssel geschickt worden. Die Bitte um einen Termin bei Frau Kommissarin de Palacio, die zwar nicht die neue Höhe der Maut festlegt, die aber unter Umständen als Vertreterin der Kommission Klage erheben kann, ist aufrecht. Unsere Vorschläge, meine Vorschläge – sie sind in dem Fall wirklich konkret von mir – sind bekannt, und ich erwarte eine Antwort aus Brüssel.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 124

Zu Ihrer Information: Die Vorschläge gehen dahin, dass man auf Basis der damaligen möglichen Vereinbarung eines Stretchings von 1998 das Unterinntal wegrechnet und dann zu einer mittleren Mauthöhe von etwa 890 S kommt. Das ist die geringstmögliche Kürzung der derzeitigen Maut. Aber wir sind deswegen in die Bredouille oder – wenn man so will – vor den Gerichtshof gekommen, weil keine entsprechenden Richtlinien für die Berechnungen vorliegen.

Zum Semmeringtunnel: Sie können noch so oft Gegenteiliges behaupten, wie Sie wollen – Sie können das auch als "Eiertanz" bezeichnen, sehr geehrter Herr Professor –, ich bin immer zum Semmeringtunnel gestanden. Ich habe gerade in jüngster Zeit viele Maßnahmen gesetzt. Vielleicht ist Ihnen das Barfuß-Gutachten über das neue niederösterreichische Naturschutzgesetz bekannt, demzufolge der Semmeringtunnel zur Ausführung kommen wird. Wenn Sie das Wort "Eiertanz" verwenden, dann sagen Sie das auch – zu meiner persönlichen Enttäuschung – Ihrem sehr geehrten neu gewählten Landeshauptmannstellvertreter in Niederösterreich. Ich glaube, es ist allgemein bekannt, welche Handlungen Herr Karl Schlögl diesbezüglich gesetzt hat, nachdem er augenscheinlich vom Landeshauptmann von Niederösterreich zu einem eingehenden Gepräch geholt wurde und jetzt als alter und aufrechter Kämpfer des Semmeringtunnels und neuer Naturschutzreferent eine 18-monatige Verlängerung der Prüfungsfrist verlangt. Das heißt, die SPÖ Niederösterreich hat da einen Eiertanz vor oder hat einen Eiertanz begonnen, was mir Leid tut. Ich glaube aber, der Bund wird obsiegen, und das wird nicht Sache des Niederösterreichischen Landtags sein. – So weit zu den neu aufgeworfenen Fragen.

Mein Schlusswort lautet: Ich bin des Öfteren hierher in den Bundesrat eingeladen gewesen – ich sage sehr bewusst "eingeladen" gewesen –, auch wenn wir heftige Diskussionen geführt haben. Ich gehe mit einem guten Gefühl aus diesem Haus. Ich gehe mit einem guten Gefühl aus diesem Bundesrat, weil ich persönlich davon überzeugt bin: Wenn ich in meiner privaten Tätigkeit irgendjemanden aus diesem Haus, eine Bundesrätin oder einen Bundesrat, treffe, dann werden wir uns in die Augen schauen und uns freundlich grüßen können. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

17.28

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Albrecht Konecny. Ich erteile ihm das Wort. (Ruf bei der ÖVP: Hören wir noch immer nicht auf?)

17.29

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Es steht Ihnen frei, zu sagen, dass Sie Fragen, zu deren Beantwortung Sie nicht verpflichtet sind, beantworten wollen. Sie sollten es dann aber auch tun.

Sie haben – damals habe ich zu Beginn der Debatte eine tatsächliche Berichtigung gemacht – behauptet, wir hätten behauptet – ich sagte es schon –: Möbelwagen, Vertretung, Urlaub. – Ich habe zitiert. Ich habe Sie ausweislich des Protokolls – niemand hat das getan – nicht nach der Höhe Ihrer Ministerpension gefragt, Herr Bundesminister – in diesem Fall –, Herr pensionsberechtigter Alt-Bundesminister! Ich kann mir das anhand der Gesetze, die ich mitbeschließe, ausrechnen.

Sie haben etwas beantwortet, was wir Sie nicht gefragt haben. Dass Sie sich bei Ihrem damaligen Zeitraum der Dienstausübung als Mitglied der Steiermärkischen Landesregierung innerhalb einer bestimmten Frist zu entscheiden hatten, das ist richtig. Sie haben sich dafür entschieden.

Das hat, wie Sie ganz genau wissen, keine unmittelbaren Rechtswirkungen auf eine allfällige Ministerpension. Ich habe Sie gefragt, und ich tue das jetzt noch einmal – ich sage dazu: es steht Ihnen frei, darauf nicht zu antworten, da das kein Gegenstand der Vollziehung ist, aber eine Frage, von der ich höre, dass sie im FPÖ-Klub einen Riesenwirbel verursacht hat, dort habe ich das auch gehört ... (Rufe bei den Freiheitlichen: Spitzel! – Ruf bei der ÖVP: Haben Sie gelauscht?)  – Ich höre, dass es einen Riesenwirbel verursacht hat. Sie tragen den Wirbel bis hierher. (Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Herr Bundesminister! Ich frage Sie also: Im § 49f des Bezügegesetzes wird festgehalten (Ruf bei den Freiheitlichen: Das kann er auswendig!)  – auswendig kann ich ihn nicht, ich muss ihn


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 125

zitieren –, dass Personen, die "nach dem 31. Juli 1997 mit einer Funktion nach dem Bundesbezügegesetz betraut werden," – dazu gehört ein Mitglied der Bundesregierung – "innerhalb von drei Monaten nach Übernahme der Funktion schriftlich erklären, daß auf sie weiterhin die Rechtsvorschriften nach § 49e Abs. 4 Z 2 anzuwenden sind." – Zitatende.

Inhaltlich habe ich diesen Sachverhalt in meiner Begründung beschrieben. Es geht darum, dass die nach dem neuen Gesetz an sich nicht mehr existierende pensionsrechtliche Zusammenrechnung von Dienstzeiten "in der Politik", wie man so umgangssprachlich sagt, auch weiterhin vorgenommen werden kann, und zwar dann, wenn der Betreffende schon einmal bundespolitisch tätig war – in vorliegenden Fall im Nationalrat!

Mit der vielleicht beim ersten Mal fehlenden Präzision frage ich Sie persönlich, ohne Verpflichtung zur Antwort, ob Sie eine solche Erklärung nach Ihrem Eintritt in die Bundesregierung abgegeben haben? (Beifall bei der SPÖ.)

17.32

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid das Wort. – Bitte.

17.32

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich antworte Ihnen noch einmal, dass ich auf Grund der "Anspannungstheorie", wenn Sie wissen, was das ist (Ruf: Nein!)  – Sie lesen mir da Paragraphen vor, die ich nicht kenne und mit denen ich mich nicht beschäftige, aber ich bin ... (Bundesrätin Fuchs: Das ist viel Geld!)  – Na ja, ich kann es mir anschauen.

Ich bin unterhaltspflichtig geschieden. Meine unterhaltsberechtigte Gattin hat nach der Anspannungstheorie Ansprüche, die ich wahrzunehmen habe. – Das ist die Antwort.

Wie oft wollen Sie sie noch haben? – Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, weil ich auch keinen Grund dafür sehe und als Bürger und auch als österreichischer Minister den Verpflichtungen, die einem der Staat auferlegt, nachkomme. Aber machen Sie sich um mich keine Sorgen. Ich werde mit meiner beruflichen Tätigkeit auch nach mehr als neun Jahren Berufsverbot mit Sicherheit für mich das Auslangen finden.

Das ist die Antwort. Sie können mich noch drei Mal fragen, aber auf die unmittelbaren Paragraphen – ich bitte um Nachsicht – antworte ich deswegen nicht, weil Sie das in Ihre schriftliche Anfrage schreiben hätten müssen, damit man sich darauf vorbereiten kann, denn gerade diese Gesetzesmaterien halte ich, wenn Sie so wollen, für unlesbar. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Unlös bar haben Sie es offenbar nicht gefunden!)

17.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. – Bitte. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid  – in Richtung des Bundesrates Konecny –: Darf ich Ihnen ein Stichwort geben? – Klestil!)

17.34

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Man kann es eigentlich in drei Sätzen auf einen Nenner bringen. (Bundesrat Prähauser: Vielleicht geht es in zwei!) Der Inhalt dieser dringlichen Anfrage der Sozialdemokraten war doch, ob diese Regierung noch handlungsfähig ist? – Das kann man 100-prozentig bejahen. (Bundesrätin Schicker: Du weißt das!)

Zweitens ist Ihnen in Ihrer Anfrage vermutlich ein Gedankenfehler unterlaufen, denn in der Präambel zielen Sie nicht auf Herrn Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid ab, sondern auf den Justizminister – daher falsche Adresse!

Drittens wollen Sie – das war vielleicht der eigentliche Grund dafür, wahrscheinlich haben Sie es nur nicht geschafft, es auszuformulieren – mit Ihrer Anfrage wissen, wer bei einer etwaigen Regierungsumbildung der Nachfolger des Infrastrukturministers wird. (Bundesrat Prähauser:


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 126

Nicht nur wir! – Bundesrätin Schicker: Ja sicher! Du nicht?)  – Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie haben die falsche Adresse gewählt. Der Herr Bundeskanzler wäre dafür zuständig. (Bundesrätin Schicker: Der wird wahrscheinlich kein Mitspracherecht haben!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Lernen Sie Opposition, lernen Sie, die parlamentarischen Instrumente und Einrichtungen, wie eben dringliche Anfragen, richtig einzusetzen! (Bundesrat Freiberger: Da kannst du kein Lehrmeister sein!) Lernen Sie das, dann werden Sie sicherlich auch die richtigen Antworten bekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.35

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile noch einmal Herrn Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher das Wort und verweise auf die verbleibende Redezeit von 16 Minuten. – Bitte.

17.35

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Diese werde ich mit Sicherheit nicht in Anspruch nehmen. – Herr Bundesminister! Nur eine kurze Frage: Sie haben in der zweiten Beantwortung erklärt, dass der Ministerrat am 8. August dieses Jahres die Entscheidung für ein elektronisches LKW-Maut-System getroffen habe. Soweit aus dem Ministerrat bekannt geworden ist, wurde die Entscheidung getroffen, innerhalb einer Dreimonatsfrist zu prüfen, ob das duale System durch eine elektronische Maut ersetzt wird.

Diese Dreimonatsfrist ist gestern abgelaufen, daher meine Frage: Ist eine Entscheidung für ein elektronisches Mautsystem gefallen? Wenn ja, von wem?

17.36

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid nochmals das Wort. – Bitte.

17.36

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sie haben Recht! Am 8. August ist die Entscheidung für eine Prüfung getroffen worden. Ich habe das als "technischen Dialog" bezeichnet. Dieser wurde aber bereits nach zwei Monaten abgeschlossen, es wurden also die drei Monate nicht ausgeschöpft.

Ich kann Ihnen jetzt leider nicht auswendig sagen, an welchem Tag die Ministerratssitzung stattfand – der Herr Staatssekretär ist auch hier –, in der ich vom Ergebnis dieses "technischen Dialoges" berichtet und den Auftrag erhalten habe, die entsprechenden Vorbereitungen für die Einführung eines rein elektronischen Systems durchzuführen.

Die Frist ist also nicht ergebnislos abgelaufen, die Entscheidung ist vielmehr wesentlich früher, nämlich mit einer Einsparung von einem Monat, gefällt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.37

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir setzen die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 16 bis 19 fort.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Willi Grissemann das Wort. – Bitte.

17.37

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Nach diesem Kabarett mit zweifel


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 127

haftem Unterhaltungswert komme ich jetzt wieder zu ernsteren Dingen und bitte in Anbetracht des Themas auch um entsprechende Aufmerksamkeit. Ich spreche zum vorliegenden Bericht der Frau Außenministerin betreffend Südtirol.

Dieser uns vorliegende Bericht ist erfreulich. Die Südtiroler Autonomie hat sich positiv weiterentwickelt, und die Tiroler Identität ist überall im Lande sicht- und spürbar. Durch die Weiterentwicklung der Europäischen Union und die bevorstehende Einführung des Euro wird die Brennergrenze auf ein eher geographisches Hindernis reduziert.

Das Südtiroler Landesbudget in der Höhe von umgerechnet 45 Milliarden Schilling spiegelt die wirtschaftliche Prosperität wider. Seit dem 1. Juli 1998 ist das Land für die Betreuung der Staatsstraßen zuständig. Südtirols Lehrer können sich entscheiden, ob sie ein Dienstverhältnis mit dem Land eingehen oder weiterhin Staatsbedienstete bleiben wollen. Mehr als 90 Prozent der Lehrer entschieden sich für den Landesvertrag – ein eindrucksvoller Vertrauensbeweis für die Südtiroler Landesregierung, auch durch die Lehrer italienischer Muttersprache.

Dass die Energieversorgung beziehungsweise die Ermächtigung, die Konzession für Wasserkraftwerke seit dem 1. Jänner 2000 vom Land Südtirol vergeben wird, ist wirtschaftlich gesehen wahrscheinlich eine der wichtigsten Kompetenzen Südtirols überhaupt. Regelmäßige gemeinsame Tagungen der drei Landtage zeugen von gutnachbarlichen Verhältnissen.

Hoher Bundesrat! Vieles, was vor Jahren noch undenkbar erschien, ist heute Realität. Die stolzen Südtiroler Schützen dürfen wieder ihre Gewehre tragen, täglich fliegt eine Tiroler Fluggesellschaft, die Tyrolian Airways, die Strecke Bozen-Rom, und auch beinahe täglich hält der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder um halb sieben Uhr in der Früh – Sie haben richtig gehört: um sechs Uhr dreißig in der Früh – seine berühmten Sprechstunden ab. Dass er infolge seiner Kompetenzen oft auch direkt Hilfe anbieten kann, ist mit ein Grund für die Anerkennung und Beliebtheit, die er im Lande genießt.

Seine Partei, die Südtiroler Volkspartei, verfügt nun über 21 der 35 Sitze im Landtag. Die Union für Südtirol und seit einigen Jahren auch die Südtiroler Freiheitlichen tragen viel zur parlamentarischen Belebung bei und halten die manchmal schon ein wenig träge gewordene SVP in Schwung.

Seine Partei, die Südtiroler Volkspartei, verfügt nun über 21 der 35 Sitze im Landtag. Die Union für Südtirol und seit einigen Jahren auch die Südtiroler Freiheitlichen tragen viel zur parlamentarischen Belebung bei und halten die manchmal schon ein wenig träge gewordene SVP in Schwung.

Insbesondere ist in der heiklen Frage der Ortsnamen, der so genannten Toponomastik, ein Landesgesetz, das eine Änderung der faschistischen Tolomei-Dekrete beinhaltet, noch ausständig. Dass anstelle von willkürlichen italienischen Ortsnamen nun vielfach wieder die deutsche Bezeichnung eingeführt wird, ist zu begrüßen.

Hoher Bundesrat! Südtirol wird immer ein Herzensanliegen sein und bleiben. Österreich steht in Wahrnehmung seiner Schutzfunktion ständig in Kontakt mit der deutschsprachigen Volksgruppe in Südtirol.

Aber eines muss uns auch klar sein: In den frühen sechziger Jahren war die politische Situation in Südtirol ganz anders. So erfreulich die Begnadigung nahezu aller Südtirol-Aktivisten durch den italienischen Staatspräsidenten ist, darf doch nicht vergessen werden, dass viele Opfer auf beiden Seiten zu beklagen waren, bis endlich jene Maßnahmen getroffen wurden, die ein friedliches Zusammenleben beider Volksgruppen garantieren. Dieses friedliche Zusammenleben ist Südtirol für alle Zeiten zu wünschen! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 128

17.42

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Georg Keuschnigg das Wort. – Bitte.

17.42

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Der vorliegende Autonomiebericht weckt bei uns Tirolern das Bedürfnis, zur Entwicklung Südtirols, wo aus Hass, Zerrüttung und Leid ein blühender Garten Europas wurde, Stellung zu nehmen. Ich darf in aller gebotenen Kürze kurz auf die jüngere Südtiroler Geschichte dieses 20. Jahrhunderts eingehen.

1919 wird Südtirol im Friedensvertrag von Saint Germain Italien zugeschlagen. 1922 übernehmen die Faschisten des Benito Mussolini die Macht und beginnen mit der systematischen Vernichtung der deutschen Minderheit. Es beginnt eine Ära der Unterdrückung, der sozialen Depression und der Hoffnungslosigkeit.

Im Jahre 1922 beginnt auch schon die erste Phase der Italienisierung dieses Landes. Es werden alle deutschen Vereine aufgelöst, es werden alle deutschsprachigen Beamten entlassen, und es wird, was in der Kultur noch viel schärfer wiegt, in den Schulen jeder Unterricht in deutscher Sprache verboten. Damit werden Tragödien ausgelöst; die sechsjährigen Kinder sprechen kein Wort Italienisch und treffen in den Schulen auf Lehrer, die alles Deutsche hassen. Eine ganze Generation lernt die deutsche Sprache nicht mehr in der Schriftform. Es entsteht – etwas verschärft dargestellt – ein deutsches Analphabetentum, es gibt Menschen, die den Komplex, keinen ordentlichen Brief schreiben zu können, Formulare nicht richtig ausfüllen zu können, ein Leben lang mitschleifen. Über Geheimschulen, über die so genannten Katakombenschulen, versucht die deutschsprachige Volksgruppe, dem gegenzusteuern.

Die zweite Phase der Italienisierung beginnt im Jahre 1935 mit der Ansiedlung der italienischen Schwerindustrie, vor allem südlich von Bozen Richtung Leifers. Die Bauern werden enteignet. – Und um das Ausmaß der Provokation, die dabei gezielt erfolgt, beispielhaft darzulegen, möchte ich darauf hinweisen, dass im Spätsommer 1935, wenige Tage vor der Ernte, mehr als 50 000 Obstbäume und Tausende von Edelreben ganz einfach vernichtet wurden, um diese Staatsindustrie anzusiedeln.

Der nächste Schock in der Geschichte Südtirols ist die "Option", das deutsch-italienische Abkommen zur Umsiedlung der Südtiroler. Die Südtiroler Bevölkerung hatte die Option, entweder nach Deutschland auszusiedeln und die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen oder aller Rechte in Italien, also jeden Schutzes der Volksgruppe, verlustig zu werden. – 200 000 Südtiroler haben für das Auswandern nach Deutschland optiert, nur 34 000 wären geblieben. Zum Glück hat der Verlauf des Krieges bewirkt, dass diese unselige Umsiedlung zum größten Teil nicht umgesetzt werden müsste.

Dieses Optionsabkommen löst eine unglaubliche menschliche, politische und wirtschaftliche Katastrophe aus. Mehr als 80 Prozent der Volksgruppe entscheiden sich dafür, die seit Jahrhunderten von ihnen besiedelten Lebensräume zu verlassen und mit der Ungewissheit einer neuen Heimat zu tauschen, für den Preis, die eigene Kultur leben zu können.

Mit diesem Beschluss wurden auch innerhalb der Volksgruppe nachhaltige Probleme produziert, schwere Verfeindungen innerhalb der Südtiroler Bevölkerung begründet, da diejenigen, die dageblieben sind, von jenen, die aussiedeln wollten, als Verräter und Kollaborateure mit dem italienischen Staat verunglimpft worden sind. Noch heute kann man in den Südtiroler Dörfern erfahren, wer zu den "Dableibern" gehört hat und wer für die Option war.

Auf den Trümmern dieser menschlichen und politischen Tragödien ist das heutige Südtirol entstanden. Nur angesichts dieser historischen Fakten können die politischen Leistungen der Nachkriegsgenerationen tatsächlich ermessen werden.

1948 kam das erste, völlig unbefriedigende Autonomiestatut. 1969 kam dann das Südtirolpaket mit 137 Maßnahmen zum besseren Schutz der Südtiroler Volksgruppe.

Aber erst im Jahre 1988 – ich sage das ganz bewusst, um darauf hinzuweisen, wie jung diese Geschichte ist, es ist alles erst wenige Jahre her und noch immer ein Prozess, der im Laufen ist – kam die Sprachengleichstellung bei Ämtern und Behören und 1992 die formelle Streitbei


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 129

legung vor der UNO. Wenn man den heutigen sozialen Frieden und die wirtschaftliche Prosperität in Südtirol betrachtet, kann man gar nicht glauben, was alles in den vergangenen Jahrzehnten passiert ist.

Vor diesem historischen Hintergrund liest sich der vorliegende Bericht über die Autonomie und dessen Geschichte wie ein Roman. Südtirol hat sich Schritt für Schritt eine Selbstbestimmung errungen, die es für Regionen kaum irgendwo sonst in Europa gibt. Von den Lehrern bis zu den Staatsstraßen, von der Energieversorgung als neueste Errungenschaft bis zur Übernahme von Staatsimmobilien ist Südtirol voll am Drücker. In der Zwischenzeit hat Südtirol das Angebot an seine Bevölkerung mit einer Teiluniversität und einem eigenen Theater in Bozen abgerundet.

Südtirol hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine Autonomie erkämpft, die über den Föderalismus österreichischer Prägung meilenweit hinausgeht. Die Südtiroler Autonomie hat andere dramatische geschichtliche Wurzeln. Aber vieles von dem, was südlich des Brenners Realität ist, wäre auch bei uns wünschenswert und machbar. Das Modell Südtirol kann daher von all jenen, denen der Föderalismus in Österreich ein Anliegen ist, nicht oft genug studiert werden.

Diese komfortable Autonomie Südtirols ist noch zu jung, um als historisch abgetestet gelten zu können. Am ehesten würde sie durch nationalistische Strömungen gefährdet, die den Vorrang des Zentralstaates betonen. Niemand ist daher mehr an einer friedvollen, integrierenden Entwicklung Europas interessiert als Südtirol selbst.

Möge das Staatsverständnis, das eine so weit reichende Eigenständigkeit innerhalb des Staatsganzen zulässt, in Europa wachsen und gedeihen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

17.49

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid das Wort. – Bitte.

17.49

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist schwer, nach dieser so genannten Rede, dieser Diffamierung eines Herrn Konecny zur Sachpolitik überzugehen.

Dieser Außenpolitische Bericht stellt wie jeder andere eine gute Übersicht über die politischen, wirtschaftlichen, humanitären, kulturellen und entwicklungspolitischen Aktivitäten der österreichischen Außenpolitik dar. Er beschäftigt sich mit der österreichischen Stellung innerhalb der EU und somit auch mit der Beschlussfassung der Agenda 2000 und des Finanzrahmens.

Die Freiheitlichen haben mit nachvollziehbarer parlamentarischer Initiative und Drängen die Senkung der österreichischen EU-Beitrittszahlungen erreicht. Die vorangegangene Regierung konnte sich aus bekannten Gründen nicht auf den so genannten Optionsbericht einigen.

Österreich hat dieses Jahr den Vorsitz in der OSZE. Unser Land ist in den Bereichen Krisenbewältigung, Aufbau ziviler Strukturen wie im Kosovo und so weiter mit Soldaten, Polizisten und vielen zivilen Helfern im Einsatz. All diesen gebührt unsere Wertschätzung und unser Dank auch von dieser Stelle aus.

Was nützt uns aber der beste Außenpolitische Bericht, die beste Arbeit einer Außenministerin, wenn im eigenen Land von der Opposition, die einfach nicht mit dem Machtverlust fertig werden kann, alles daran gesetzt wird, die Arbeit dieser Regierung schlecht zu machen?! – Seit der Regierungsbildung versucht man immer wieder, dieser Regierung anzukommen. Glauben Sie, dass all dies die Arbeit der Außenministerin unterstützt?

So spielte sich der Machtwechsel und die so genannte Unterstützung der außenministeriellen Arbeit durch die sozialistische Partei ab, jener Politiker, die für das Wohl dieses Landes und seiner Bürger verantwortlich sind, das waren die Folgen: Sofort auf die Straße. Die Bilder von den Demonstrationen, die man um die Welt schickte, nützten zu wenig. Dann ging man daran,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 130

die sozialistischen Länder gegen die neue Regierung aufzuhetzen – natürlich ist eine Regierung ohne Sozialisten ein Feindbild für die Sozialistische Internationale. (Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. ) Man verhängte Sanktionen. Für die Frau Außenministerin – leider ist sie nicht hier – war dies wahrlich kein positiver Start in diesem Amt, der ihr von ihrem ehemaligen Koalitionspartner vorbereitet wurde. (Bundesrat Prähauser: Die Internationale hat keine Sanktionen verhängt!)

Ich bin Ihrer Meinung, Frau Kollegin Trunk, dass Menschenrechte gewahrt bleiben müssen. Toleranz statt Feindgenossenschaft. Es wäre gut, Sie würden dies auch für Ihre eigene Person und Ihre Partei gelten lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sanktionen werden gegen ein Land mit legitimer Regierung, die vom Volk demokratisch gewählt wurde, verhängt. – So schätzen Sie das österreichische Volk. Sie treten es mit Füßen in all Ihren Aussagen und mit all Ihrem Gehabe, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Beschuldigen und befürchten tut man nur das, was man sich in einer Phase der Enttäuschung und Hilflosigkeit nach einer verlorenen Wahl, nach Entmachtung, nach Verlust von sich selbst zugestandenen Privilegien insgesamt für diese Regierung und somit für dieses Land politisch selbst wünscht! (Bundesrat Prähauser: Frau Kollegin Haunschmid! Jetzt ist es doch interessant, wer diese Rede geschrieben hat! Können Sie uns das sagen?) – Ich selbst. (Bundesrat Prähauser: Selbst! Jetzt bin ich weg!)

Dieser Cabanossagang Ihres Parteivorsitzenden (Bundesrätin Fuchs: Canossa, nicht Cabanossa! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), der dazu diente, noch mehr Scheiter ins Feuer zu legen, ist Ihnen nicht zu verzeihen.

Wir Freiheitlichen und die ÖVP, die diese Regierung bilden, brauchen sich nicht zu verstecken, meine Damen und Herren! Verstecken sollen sich jene, die diese Situation nach der Regierungsbildung heraufbeschworen und angezettelt haben.

Was sind unsere Zielsetzungen? Sind wir als demokratischer Staat mit einer legitimen Regierung nur dazu da, die anderen Staaten zu beschwichtigen, wie die EU-14? Haben wir keine eigene Außenpolitik, die für Grundrechte und bestimmte moralische Werte einsteht?

Österreich hat eine eigene Stimme, eine Stimme für sich selbst, und wir brauchen nicht nur auf das zu reagieren, was die anderen Staaten haben wollen.

Ihr Einsatz war und ist zu schätzen, Frau Ministerin, aber vergessen wir nicht, dass Sie geschlossen wie nie zuvor das österreichische Volk hinter sich gehabt haben. (Bundesrätin Fuchs: Ministerin!? Ist das die Frau Ministerin?) – Herr Staatssekretär, Entschuldigung. Ich hatte gedacht, die Frau Ministerin sei auch noch hier. Ich habe noch gar nicht hinübergeschaut.

Das Volk hat nicht akzeptiert, dass man es so sanktioniert, und es hat sehr wohl registriert, von wo es ausgeht.

Nun, es hat nichts genützt, die Regierung ist noch immer im Amt. Weiter geht es mit Deformierungen, Anschuldigungen, ja man lässt sich zu Behauptungen hinreißen und werkt ohne Rücksicht auf das Land, auf das Ansehen des Volkes und ohne Rücksicht auf die Arbeit des Außenministeriums, dem es immer wieder von Neuem erschwert wird, die Arbeit so zu machen, wie sie die Frau Außenministerin zum Besten für dieses Land vorhat.

Herr Staatssekretär! Die besten Botschafter dieses Landes sind nicht die Politiker – egal, ob sie Positives oder Negatives verbreiten. Die besten Botschafter sind die Menschen, die mit hervorragender Qualitätsarbeit im Ausland tätig sind, es sind die "Touristiker", direkt, weil sie die österreichische Herzlichkeit und Gastfreundschaft nicht spielen, sondern echt leben, und indirekt, weil der zufriedene Gast den Ruf unseres Gastlandes Österreich hinausträgt. Auch das ist Außenpolitik.

Wir haben mit dem Hass, der gesät wurde, leben und fertig werden müssen. Wo Hass herrscht, fehlt jeder Raum für Verständigung und objektive, reale Beurteilungskraft. (Bundesrätin Fuchs: Welche Erkenntnis!)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 131

Im Zusammenhang mit der Regierungskonferenz ist daher die österreichische Haltung von besonderem Interesse, auch im Zusammenhang mit der Erweiterung der Union. Es muss die Gelegenheit wahrgenommen werden, österreichische Interessen, Interessen des österreichischen Volkes durchzusetzen, die da sind: Einstimmigkeit, Stimmengewichtung für kleinere Staaten bei Mehrheitsentscheidungen, Beibehaltung des österreichischen Kommissars, Wahrung von Sitz und Stimme Österreichs in verschiedenen EU-Institutionen, Abbau des Demokratiedefizits der Gemeinschaft im Verhältnis zu seinen Bürgern und letztendlich eine bestens vorbereitete Erweiterung.

Wie wichtig es ist, vorsichtig und behutsam an die Erweiterung heranzugehen, beweist allein Temelin. Ein Staat, der uns permanent diskriminiert, uns mit erhobenem Zeigefinger droht, dem es egal ist, was sein Nachbar zum Schutz der Gesundheit des Volkes fordert, will, dass unser Land dem Beitritt zur EU zustimmt. Es wäre von Anfang an notwendig gewesen, als kleines Land Geschlossenheit zu zeigen. Das Gegenteil haben Sie, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, mit Ihren immer währenden, an den Haaren herbeigezogenen Anschuldigungen und Behauptungen gemacht – Verleumdungen nicht enden wollend, kein Mittel zu schlecht, um diese Regierung zu stürzen.

Kehren wir doch zurück zur Sachpolitik! Es ist in diesem Land so viel zu tun – gemeinsam zu tun. Wir alle wollen doch Ansehen in der EU und in der Welt. Hass lähmt, und Angst, die Sie auslösen, lähmt auch. Das können wir uns gegenüber dem Bürger nicht leisten. Und die hervorragende Außenpolitik hat sich das auch nicht verdient.

Wo Sind Ihre Grenzen, meine Damen und Herren von der sozialistischen Partei (Zwischenrufe bei der SPÖ), zwischen demokratischem Recht und hasserfüllter Boshaftigkeit? – Setzen Sie endlich diese Grenze! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.58

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Von der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Die Abstimmung über die vorliegenden Berichte erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Außenpolitischen Bericht 1999 der Bundesregierung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 132

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol, Autonomieentwicklung seit 1996.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist stimmeneinhellig.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verhandlungen für ein Partnerschaftsabkommen im Dienste der Entwicklung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist stimmeneinhellig.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (Drei-Jahres-Bericht 1997 bis 1999).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist stimmeneinhellig.

Der Antrag ist angenommen.

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen über den unerlaubten Verkehr auf See zur Durchführung des Artikels 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen samt Anhang und Erklärungen der Republik Österreich (199 und 303/NR sowie 6242/BR der Beilagen)

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen (200 und 304/NR sowie 6243/BR der Beilagen)

22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend die Kündigung des Übereinkommens vom 5. Juli 1890 betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer Internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife samt seinem Durchführungsregulativ (201 und 305/NR sowie 6244/BR der Beilagen)

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen (203 und 306/NR sowie 6245/BR der Beilagen)

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (267 und 307/NR sowie 6246/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 20 bis 24 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Übereinkommen über den unerlaubten Verkehr auf See zur Durchführung des Artikels 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen samt Anhang und Erklärungen der Republik Österreich,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 133

ein Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen,

die Kündigung des Übereinkommens vom 5. Juli 1890 betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer Internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife samt seinem Durchführungsregulativ,

ein Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen und

das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen.

Die Berichterstattung über all diese Punkte hat Frau Bundesrätin Anna Höllerer übernommen. Ich bitte sie um die Berichte.

Berichterstatterin Anna Höllerer: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Da Ihnen der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zu Punkt 20 der Tagesordnung schriftlich vorliegt und somit der Inhalt bekannt ist, darf ich auf die Verlesung verzichten und berichten, dass der Ausschuss in seiner Sitzung vom 7. November 2000 nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Übereinkommen über den unerlaubten Verkehr auf See zur Durchführung des Artikels 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen samt Anhang und Erklärung der Republik Österreich keinen Einspruch zu erheben. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Da auch der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten betreffend ein Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen aufliegt und somit der Inhalt allen Damen und Herren des Bundesrates bekannt ist, darf ich auch auf die Verlesung dieses Berichtes verzichten und berichten, dass der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten nach Beratung der Vorlage am


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 134

7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Kündigung des Übereinkommens vom 5. Juli 1890 betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer Internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife samt seinem Durchführungsregulativ liegt ebenfalls schriftlich auf, und somit ist der Inhalt allen Damen und Herren des Bundesrates bekannt. Ich darf daher auf die Verlesung verzichten und berichten, dass der Ausschuss nach Beratung der Vorlage in seiner Sitzung am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 keinen Einspruch zu erheben.

Der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten betreffend ein Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen liegt auch schriftlich vor, und somit ist der Inhalt allen Damen und Herren des Bundesrates bekannt. Ich darf auf die Verlesung verzichten und berichten, dass der Ausschuss nach Beratung der Vorlage in seiner Sitzung am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, gegen diesen Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 keinen Einspruch zu erheben.

Der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten betreffend das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen liegt ebenfalls schriftlich vor, und somit ist auch der Inhalt dieses Berichtes allen Damen und Herren des Bundesrates bekannt. Ich darf daher auch auf die Verlesung dieses Berichtes verzichten und berichten, dass der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten nach Beratung der Vorlage in seiner Sitzung am 7. November 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Es liegt mir bis jetzt eine Wortmeldung vor, und zwar hat sich Herr Professor Böhm zu Wort gemeldet. Ich darf ihn bitten, das Wort zu ergreifen.

18.05

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Aus Zeitgründen nehme ich ausschließlich zu Punkt 24 der Tagesordnung Stellung.

Bei der gegenständlichen Vorlage handelt es sich um das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen. Schon bisher war es nach diesem Europarats-Übereinkommen von 1983 möglich, eine im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei verurteilte Person zum Vollzug der gegen sie verhängten Sanktion in das Hoheitsgebiet ihres Heimatstaates zu überstellen. Dabei kommt es allerdings sowohl auf das Einvernehmen beider beteiligter Staaten als auch auf die Zustimmung der verurteilten Person, allenfalls ihres gesetzlichen Vertreters, an.

Gleiches galt bisher dann nicht, wenn der Verurteilte in seinen Heimatstaat zurückgekehrt ist, sei es, weil er aus dem Urteilsstaat geflohen ist oder in seinen Heimatstaat abgeschoben worden ist. Eine so genannte Überstellung ist ja dann nicht mehr möglich, und der Verurteilte würde ihr auch in aller Regel nicht mehr zustimmen.

Da sich die Auslieferung eigener Staatsbürger an den fremden Urteilsstaat schon nach den meisten Verfassungen von selbst verbietet, so auch für Österreicher nach der österreichischen Verfassung, müsste das Strafverfahren im Heimatstaat des Verurteilten neu durchgeführt werden. Um das zu vermeiden, soll künftig auch in diesem Fall der Vollzug im Heimatstaat ermöglicht werden.

Das kann ich grundsätzlich verstehen; dennoch muss ich gewisse Bedenken gegen die völkervertragliche Neuregelung anmelden. Sollen wir unsere Hand zur Vollstreckung ausländischer Strafurteile auch dann leihen, wenn wir diese nicht als rechtsstaatlich einwandfrei und als dem Niveau unserer Rechtspflege gleichwertig erachten? – In einem solchen Fall wäre ja die Neudurchführung des Strafverfahrens im Heimatstaat des Straftäters, also in unserem Fall des österreichischen Straffälligen bei uns, gewiss vorzuziehen. Die Vollstreckung unter Umständen durchaus fragwürdiger ausländischer Schuldsprüche in Österreich auch ohne Zustimmung des verurteilten Österreichers zu eröffnen, scheint mir höchst problematisch zu sein. Dass hiezu weder eine Verpflichtung des Urteilsstaates, die Vollstreckung zu übertragen, besteht noch eine solche des Heimatstaates, die Vollstreckung zu übernehmen, ändert daran im Prinzipiellen wenig, denn die Ablehnung der Übernahme der Vollstreckung im konkreten Fall, die ja implizit oder sogar explizit ein Unwerturteil über das im Ausland durchgeführte Verfahren voraussetzt, mag dann als unfreundlicher Akt erscheinen oder sogar diplomatische Verwicklungen heraufbeschwören.

Man wende auch nicht ein, dass es sich ja um ein auf Europa beschränktes Übereinkommen handelt und wir insofern grundsätzlich von einem durchaus annähernd gleichwertigen Standard aller beteiligter Staaten in Bezug auf die Strafrechtspflege ausgehen können. Bedenkt man, wie weit heute bereits der Kreis der Europaratsmitglieder gezogen ist – ich nenne jetzt bewusst nicht einzelne Staaten, um sie nicht zu diskriminieren –, kommen aber doch begründete Zweifel auf.

Unter dem Aspekt legitimer Verteidigungsinteressen erachte ich es auch nicht als gleichgültig, ob es ein Staatsorgan oder der rechtskundige professionelle Vertreter der betroffenen Partei ist, der zu würdigen hat, ob der Schuldspruch im ausländischen Urteilsstaat gerechtfertigt war und


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 135

es daher vertretbar ist, das verurteilende Erkenntnis im Heimatstaat des Straftäters, also gegebenenfalls in Österreich, zu vollziehen.

Nach all dem ist es für mich daher ein einziges Argument, das mich meine grundsätzlichen Bedenken dennoch zurückstellen lässt: Die Resozialisierung des Straftäters, das heißt seine Wiedereingliederung in die Gesellschaft, wird zweifellos im Heimatstaat besser erreichbar sein als im ausländischen Urteilsstaat. Deshalb kann meine Fraktion dieser Vorlage, ungeachtet der aufgezeigten Bedenken, im Ergebnis doch ebenso wie auch den übrigen Tagesordnungspunkten die Zustimmung geben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen über den unerlaubten Verkehr auf See zur Durchführung des Artikels 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen samt Anhang und Erklärungen der Republik Österreich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 1 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend die Kündigung des Übereinkommens vom 5. Juli 1890 betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife samt seinem Durchführungsregulativ.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 136

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend ein Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2000 betreffend das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

25. Punkt

Wahl von zwei Ordnern für den Rest des zweiten Halbjahres 2000

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung: Wahl zweier Ordner für den Rest des zweiten Halbjahres 2000.

Wird die Durchführung dieser Wahl mittels Stimmzettel gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Daher werden wir die Wahl durch Handzeichen vornehmen.

Es liegt mir der Vorschlag vor, Herrn Bundesrat Ferdinand Gstöttner und Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter für den Rest des zweiten Halbjahres 2000 zu Ordnern zu wählen.

Gibt es dazu eine Wortmeldung? – Das ist nicht der Fall.

Daher bitte ich jetzt – ich darf das für beide so vorschlagen –, die Zustimmung mit einem Handzeichen zu geben. – Es ist für beide Kandidaten Stimmeneinhelligkeit gegeben. (Beifall bei einigen Bundesräten.)

Ich frage nun Herrn Bundesrat Gstöttner, ob er die Wahl annimmt.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Ich nehme die Wahl an und bedanke mich für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke Ihnen für die Zusage.

Ich darf Herrn Bundesrat Weilharter fragen, ob er die Wahl annimmt.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Ich nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke auch Ihnen für die Zusage.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe aber noch bekannt, dass der Selbständige Antrag 125/A-BR/00 der Bundesräte Johann Payer, Jürgen Weiss, Anna Elisabeth Haselbach, Ludwig Bieringer, Prof. Albrecht Konecny, Univ. Prof. Dr. Peter Böhm und Genossen betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsge


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
669. Sitzung / Seite 137

setzes – Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage für das Stellungnahmeverfahren des Bundesrates zu Gesetzesvorschlägen – eingebracht wurde.

Dieser Gesetzesantrag wird gemäß Artikel 41 Abs. 1 B-VG dem Nationalrat zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterbreitet.

Ich darf vielleicht noch dazu sagen, dass wir diesen Antrag bereits einmal in dieser Form dem Nationalrat übermittelt haben. Auf Grund der Neuwahl des Nationalrates kam dieser Antrag nicht zur Verhandlung beziehungsweise ist es nicht beschlossen worden, daher die neuerliche Einbringung.

Ferner gebe ich noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt sieben Anfragen eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird wie immer auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 14. Dezember, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen neben der Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das erste Halbjahr 2000 jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, so weit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 12. Dezember 2000, ab 14 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 18.17 Uhr