Bundesrat Stenographisches Protokoll 686. Sitzung / Seite 82

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wenn wir uns heute den österreichischen Markt anschauen, so sehen wir, dass wir drei große Konzentrationen haben: Die eine Konzentration sind die Eigentümer, die zweite Konzentration ist der Werbemarkt, und die dritte ist der Vertrieb.

Für den Vertrieb brauchen wir ein Presseförderungsgesetz. Da brauchen wir eine Gegenwirkung, die vom Monopol der Vertriebe wegführt. Das geht nur, wenn man mittels des Presseförderungsgesetzes entgegenwirkt.

Bei den Eigentümerstrukturen brauchen wir das Kartellrecht, das heute vorliegt.

Und den dritten Bereich, den Werbemarkt, kann man, so denke ich, getrost dem Markt überlassen. Dieser wird sich auch dort letztlich klären.

Wichtig wäre uns im Zusammenhang mit der Novellierung des Kartellgesetzes auch eine juristische Bestimmung ex nunc gewesen, nämlich dass wir davon ausgehen, dass eine Marktbeherrschung, als die jetzt ein Marktanteil von ab 30 Prozent angesehen wird, nicht ab heute, ab dem Zeitpunkt der Gesetzeswerdung existiert, sondern dass wir auch frühere Zusammenschlüsse unter diesem Aspekt betrachten und auch – so wie auch in anderen europäischen Ländern – eine rückwirkende Entflechtung ermöglichen. Mit diesem Kartellrecht bewirken wir nämlich, dass wir all das, was wir bisher an Konzentration haben, nach der Art "urbi et orbi" absegnen: Alles, was bisher zusammengeschlossen ist, ist zusammengeschlossen; und alles, was sich künftig fusionieren wird, fällt nun unter die Bestimmungen dieses Kartellrechtes.

Damit ist dieses Gesetz im Grunde eine Schutzbestimmung für bestehende marktbeherrschende Strukturen, und letztlich entzieht es Medienunternehmen dieser Konzentrationskontrolle.

Ich bedauere sehr, dass dieser Vorgang hier eine so große und überwältigend ausgestattete Mehrheit erhält. – Danke.

13.50

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte, Herr Minister.

13.50

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte auf die Ausführungen des Herrn Bundesrates Schennach sofort reagieren, weil ich einige Missverständnisse aufklären möchte.

Erstens: zur Doppelfunktion der Bundeswettbewerbsbehörde und des Bundesanwaltes. Diese ist sinnvoll. Die Bundeswettbewerbsbehörde ist eine Behörde, die auch andere, sehr breit gefächerte Aufgaben hat und sie ist weisungsfrei gestellt. Trotzdem kann es passieren, dass von ihr Vereinbarungen geschlossen oder Zusammenschlüsse akzeptiert werden, die einer anderen Betrachtung, einer vielleicht noch kritischeren Betrachtung, nicht standhalten, und dazu gibt es den Bundesanwalt, der auch weisungsgebunden ist.

Wir haben hier unaufgefordert von amerikanischer Seite Unterstützung bekommen. Es gibt einen berühmten Wirtschaftswissenschafter, der in Österreich einen Vortrag gehalten hat, und in diesem wurde uns ausdrücklich bestätigt, dass diese zweifache Ausprägung keine unnötige Doppelgleisigkeit ist, sondern sehr guten Sinn macht.

Ich glaube, Herr Bundesrat, Sie haben das Thema hier nicht ganz richtig dargelegt, indem Sie das so gebracht haben, wie Sie es getan haben. Außerdem kostet der Bundesanwalt praktisch nichts: Es gibt dafür eine Planstelle, vielleicht zwei; das ist schon sehr billig. Das muss man bitte auch akzeptieren. Die Bundeswettbewerbsbehörde ist von der Funktionalität her sehr geschickt eingerichtet.

Was den Missbrauch anlangt, haben Sie, so glaube ich, übersehen, dass Missbräuche, die jetzt stattfinden, auch dann, wenn sie alte Wurzeln haben, jetzt geltend gemacht werden können.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite