Bundesrat Stenographisches Protokoll 687. Sitzung / Seite 63

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bei Weitem – und ausnahmsweise zitiere ich hier ÖVP-Klubobmann Khol – den Verfassungsbogen.

Da heute Vormittag und in den Stunden davor sehr oft mit mahnenden Worten und auch mit erhobenem Zeigefinger – was mir allerdings ganz persönlich nicht sonderlich sympathisch ist – darauf verwiesen wurde, dass Gedenken betroffen macht, ist es an sich eine günstige Gelegenheit und vor allem eine glaubwürdige Gelegenheit, dass sich Bundesrätinnen und Bundesräte von solchen Äußerungen klar und mit Entschiedenheit distanzieren. Damit können wir uns Missverständnisse über die Vergangenheit ersparen. Heute können wir uns davon distanzieren, dass es Verantwortung tragende Politiker in diesem Lande gibt, die den Verfassungsgerichtshof, den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes sowie Richterinnen und Richter diskriminieren, diffamieren und ihnen in Wirklichkeit keinen Platz mehr in diesem Rechtsstaat geben wollen. – Das wäre nicht nur ein mutiger, sondern auch ein fälliger Schritt.

Sie erlauben mir eine zweite Bemerkung: Heute begehen wir den "Internationalen Tag der Presse- und Meinungsfreiheit". Das ist der dritte Grundpfeiler unserer Demokratie. Der heutige Tag in seiner konkreten politischen Umsetzung, wie es auch die Präsidentin des Bundesrates in ihrer Rede sehr eindrucksvoll formuliert hat, soll uns dazu veranlassen – nicht nur heute –, uns konsequent in unserem politischen Handeln und Denken mehr als deutlich von Aussagen zur Einschränkung der Pressefreiheit in Österreich zu distanzieren.

In der Republik Österreich fiel im Zusammenhang mit der Pressefreiheit der Satz, dass man die Hand, die einen füttert, nicht beißt – und das strotzt nur so vor Zensur. Ich denke, ÖVP und FPÖ würden im Sinne der Hygiene der eigenen politischen Kultur gut daran tun, sich davon zu distanzieren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Meinen letzten Satz sage ich nicht aus Betroffenheit, sondern er ist auch aus der heutigen Gedenkveranstaltung abgeleitet. Wenn in dieser Republik Folgendes erlaubt ist und mehrheitlich kommentarlos hingenommen wird, dann machen mich heute die Auszüge dieses Gedächtnisprotokolls in doppelter Weise selbst betroffen und noch einmal nachdenklich: Ich habe heute einen Begriff vorgefunden, gegen den ich damals protestiert habe, und ich tue es heute noch einmal. Heute ist der Begriff der Blausäure gefallen. Wenn Politiker in der Republik Österreich ungestraft sagen können, dass sie "rote Filzläuse mit Blausäure vernichten wollen", dann hat das mit Parlamentarismus und mit Demokratie nichts zu tun, und es hat vor allem nichts in der Zukunft Österreichs verloren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

15.41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich erteile ihm das Wort.

15.41

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die beiden uns heute vorliegenden Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofs und des Verfassungsgerichtshofs aus den Berichtsjahren 1999 und 2000 zeigen einmal mehr deren notorische Überbelastung auf.

In Bezug auf den Verwaltungsgerichtshof gab es zwar 1999, verglichen mit dem Vorjahr 1998, bei den neu eingelangten Beschwerden einen leichten Rückgang und bei der Anzahl der Erledigungen einen gewissen Anstieg. Die Neuanfälle im Jahr 2000 waren gleichfalls geringer als 1999, und zwar um 10 Prozent. Im Berichtsjahr 1999 konnten die damals anhängig verbliebenen Fälle gegenüber 1998 auf 9 331 anhängige Rechtssachen und somit um 28,8 Prozent, sodann im Jahr 2000 auf verbliebene 8 796 anhängige Rechtssachen, das heißt um weitere 5,7 Prozent, vermindert werden.

Immer noch betrug jedoch nach all dem die durchschnittliche Verfahrensdauer der im Jahre 2000 mit Sachentscheidung erledigten Bescheidbeschwerden nahezu 20 Monate. 1 021 Akten


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