Stenographisches Protokoll

687. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Freitag, 3. Mai 2002

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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687. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 3. Mai 2002

Dauer der Sitzung

Freitag, 3. Mai 2002: 11.37 – 17 Uhr

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Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesministeriengesetz 1986, das Mutterschutzgesetz 1979, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Auslandszulagengesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Einsatzzulagengesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundesgesetz über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2002)

2. Bundesgesetz zur Errichtung einer Marchfeldschlösser Revitalisierungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H. – Marchfeldschlösser-Gesetz

3. Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz und das Akkreditierungsgesetz geändert werden

4. Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (21. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle sowie die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden

5. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 in der Fassung BGBl. I Nr.2/1998, BGBl. I Nr. 94/1998, BGBl. I Nr. 134/1999, BGBl. Nr. 25/2001, BGBl. I Nr. 112/2001 und BGBl. I Nr. 32/2002) geändert wird (5. Führerscheingesetz-Novelle)

6. Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz sowie das Schieß- und Sprengmittelgesetz und die Schieß- und Sprengmittelmonopolsverordnung geändert werden (GGBG – Novelle 2001)

7. Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 1999 und 2000, vorgelegt vom Bundeskanzler


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8. Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Gebührengesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, die BAO und Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 (Steuerliche Sonderregelung für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften) geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2002)

9. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

10. Abkommen über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran samt Protokoll

11. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll

12. Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Nachlass-, Erbschafts- und Schenkungssteuern

13. Protokoll zur neuerlichen Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls

14. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

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Inhalt

Personalien

Krankmeldungen 8

Entschuldigungen 8 und 14

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 8

Ausschüsse

Zuweisungen 8

Verhandlungen

(1) Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesministeriengesetz 1986, das Mutterschutzgesetz 1979, das Karenz


Bundesrat
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urlaubsgeldgesetz, das Auslandszulagengesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Einsatzzulagengesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundesgesetz über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2002) (1066 und 1079/NR sowie 6632/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Thomas Ram 9

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)


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Redner:

Albrecht Konecny 9 und 24

Alfred Schöls 12

Herbert Würschl 14

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 16 und 26

Christoph Hagen 19

Stefan Schennach 21

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 22

Ludwig Bieringer 28

Dr. Peter Böhm 28

Mag. Harald Himmer 29

Ing. Gerd Klamt 30

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 30

(2) Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz zur Errichtung einer Marchfeldschlösser Revitalisierungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H. – Marchfeldschlösser-Gesetz (628/A und 1076/NR sowie 6633/BR d. B.)

Berichterstatter: Wilhelm Grissemann 31

(Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Friedrich Hensler 31

Mag. Dietmar Hoscher 32

Mag. Thomas Ram 34

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 35

Stefan Schennach 36

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 37

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 38

(3) Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz und das Akkreditierungsgesetz geändert werden (786 und 1077/NR sowie 6634/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Thomas Ram 38

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Günther Kaltenbacher 39

Wilhelm Grissemann 39

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 40

Gemeinsame Beratung über

(4) Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (21. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle sowie die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (1032, 550/A und 1081/NR sowie 6635/BR d. B.)

(5) Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 in der Fassung BGBl. I Nr.2/1998, BGBl. I Nr. 94/1998, BGBl. I Nr. 134/1999, BGBl. Nr. 25/2001, BGBl. I Nr. 112/2001 und BGBl. I Nr. 32/2002) geändert wird (5. Führerscheingesetz-Novelle) (1033 und 1082/NR sowie 6636/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Peter Böhm 40

[Antrag, zu (4) und (5) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Theodor Binna 41

Hans Ager 42

Ferdinand Gstöttner 42

Christoph Hagen 44

Germana Fösleitner 46

Engelbert Weilharter 46

Leopold Steinbichler 48

Ing. Gerd Klamt 48

Jürgen Weiss 50

Bundesminister Ing. Mathias Reichhold 51

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (4) und (5) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 52

(6) Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz sowie das Schieß- und Sprengmittelgesetz und die Schieß- und Sprengmittelmonopolsverordnung geändert werden (GGBG – Novelle 2001) (979 und 1083/NR sowie 6637/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Peter Böhm 53

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Alfredo Rosenmaier 53

Mag. Gerhard Tusek 54

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 55

Bundesminister Ing. Mathias Reichhold 57

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 58


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(7) Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 1999 und 2000, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-230-BR/2002 sowie 6638/BR d. B.)

Berichterstatter: Friedrich Hensler 59

(Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen)

Redner:

Herwig Hösele 59

Mag. Melitta Trunk 61

Dr. Peter Böhm 63

Stefan Schennach 66

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 67

(8) Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Gebührengesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, die BAO und Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 (Steuerliche Sonderregelung für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften) geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2002) (1031 und 1072/NR sowie 6639/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfredo Rosenmair 67

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 68

Gemeinsame Beratung über

(9) Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (928/NR sowie 6640/BR d. B.)

(10) Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran samt Protokoll (929/NR sowie 6641/BR d. B.)

(11) Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (959/NR sowie 6642/BR d. B.)

(12) Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Nachlass-, Erbschafts- und Schenkungssteuern (963/NR sowie 6643/BR d. B.)

(13) Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend das Protokoll zur neuerlichen Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unter


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zeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls (965/NR sowie 6644/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfredo Rosenmaier 69

[Antrag, zu (9), (10), (11), (12) und (13), dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu (9), (10), (11), (12) und (13), dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 70

(14) Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (649/A und 1084 d. B. sowie 6645/BR d. B.)

Berichterstatterin: Ulrike Haunschmid 71

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Roswitha Bachner 72

Anna Höllerer 73

Herbert Würschl 76

Wilhelm Grissemann 77

Staatssekretär Dr. Reinhard Waneck 78 und 82

Gottfried Kneifel 80

Ing. Franz Gruber 81

Harald Reisenberger 81

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 83

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Kasernen-Standorte und Kasernen-Verkäufe (1930/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Justiz betreffend Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes (1931/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einsparungen durch die Übertragung der Bundesstraßen an die Länder (1932/J-BR/02)

der Bundesräte Johanna Schicker und KollegInnen an den Bundeskanzler betreffend Nichtbeantwortung einer mündlichen Anfrage (1933/J-BR/02)

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an den Bundesminister für Inneres betreffend Nazi-Demonstrationen in Wien (1934/J-BR/02)


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Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen (1750/AB-BR/02 zu 1901/J-BR/02)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Christoph Hagen und KollegInnen (1751/AB-BR/02 zu 1908/J-BR/02)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen (1752/AB-BR/02 zu 1905/J-BR/02)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen (1753/AB-BR/02 zu 1904/J-BR/02)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1754/AB-BR/02 zu 1902/J-BR/02)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1755/AB-BR/02 zu 1910/J-BR/02)


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Beginn der Sitzung: 11.37 Uhr

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich eröffne die 687. Sitzung des Bundesrates heute zu einem für uns etwas ungewohnten Zeitpunkt, da wir am Vormittag an der Gedenkveranstaltung teilgenommen haben. Durch unsere bloße Anwesenheit haben wir das Bekenntnis gegen Gewalt und Rassismus bestärkt und mitgetragen. Natürlich sind wir alle gegen Gewalt, natürlich lehnen wir Gewalt ab, natürlich sind wir für Frieden. Meistens meinen wir damit aber Gewalt, die weit weg von uns passiert, etwa zurzeit in Palästina und Israel, oder Gewalt, die in Bosnien passiert ist.

Vielleicht meinen wir damit auch noch Gewalt, die mitunter in unserer Nähe bei Demonstrationen geschieht, aber keinesfalls jene, die in unserem persönlichen Umfeld passiert. Wir vergessen dabei, dass Ablehnung von Gewalt und Frieden bei uns selbst beginnen, und zwar in unserem Alltag, in unserem beruflichen Alltag, zu dem ich auch unseren politischen Alltag zähle.

Ich denke, der Sinn der heutigen Gedenkveranstaltung mag für uns auch darin liegen, dass wir uns für Gewaltfreiheit und für Frieden einsetzen, und auch darin, dass wir darüber nachdenken, was das für uns persönlich, für mich persönlich heißen sollte. (Allgemeiner Beifall.)

*****

Das Amtliche Protokoll der 686. Sitzung des Bundesrates vom 5. April 2002 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Herbert Thumpser, Manfred Gruber, Margarete Aburumieh und Johann Kraml.

Entschuldigt hat sich das Mitglied des Bundesrates Fritz Grillitsch.

Einlauf und Zuweisungen

Präsidentin Uta Barbara Pühringer : Eingelangt sind sechs Anfragebeantwortungen, 1750/AB bis 1755/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt ist weiters ein Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen.

Gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz unterliegt dieser Beschluss nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates.

Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung des vorliegenden Beschlusses durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind ferner jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Ich habe diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über die bereits früher eingelangten und zugewiesenen Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 1999 und 2000, vorgelegt vom Bundeskanzleramt, abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.


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Ich habe all diese Vorlagen auf die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 4 und 5 sowie 9 bis 13 der Tagesordnung jeweils unter einem abzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur vorliegenden Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesministeriengesetz 1986, das Mutterschutzgesetz 1979, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Auslandszulagengesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Einsatzzulagengesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundesgesetz über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2002)
(1066 und 1079/NR sowie 6632/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Dienstrechts-Novelle 2002.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Ram übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Mag. Thomas Ram: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Der Bericht zu Tagesordnungspunkt 1 liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für öffentliche Leistung und Sport stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

11.42

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Der heute zur Beschlussfassung beziehungsweise zum Nichteinspruch vorliegende Beschluss des Nationalrates ist bei der Debatte im Nationalrat unter anderem als eine Novelle charakterisiert worden, die eine wundersame Vermehrung von Gesetzesbestimmungen aufweist.

Es hat einmal – und so beginnt eine lange und parlamentspolitisch nicht gerade rühmenswerte Geschichte – einen Ministerialentwurf gegeben, und es hat sich daraus, ohne dass dafür irgendein ersichtlicher Anlass gegeben war, unter Hinzunahme wichtiger Bestimmungen, wie


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jener bezüglich Sonderurlaub, Dienstfreistellung, Optionsmöglichkeit für Vertragsbedienstete und höhere Vergütung für Universitätsassistenten als Ärzte, eine Regierungsvorlage entwickelt.

Man hat diese Gesetzesnovelle dann im Ausschuss des Nationalrates durch Zusatzanträge erneut substanziell erweitert. Hinzu kamen dort die so genannte Familienhospizkarenz-Freistellung und die Bestimmung zur Gruppenrechtsschutzversicherung.

Das ist wohl ein gutes Beispiel dafür, wie man in einer konsensualen Demokratie mit den großen Interessenvertretungen des Landes nicht umgehen sollte, denn das Begutachtungsrecht, das unsere Verfassung für viele wichtige Institutionen und Zusammenschlüsse vorsieht, hat gerade den Sinn, dass diese die Möglichkeit erhalten, zu Absichten der Regierung in guter Zeit Stellung zu nehmen, und dass die Regierung in guter Zeit die Möglichkeit hat, darüber nachzudenken, ob die Anregungen oder Einwände nicht vielleicht doch etwas für sich haben.

Wenn man – und daran, dass es sich bei dieser Novelle um den Willen der Regierung handelt, kann ja kein Zweifel bestehen – bestimmte Bestimmungen – in diesem Fall objektiv einen Großteil der Novelle – an der Begutachtung vorbeilaviert, dann ist das eben genau jene Missachtung eines demokratischen Grundrechtes, auf die wir schon so oft aufmerksam gemacht haben.

Das ist einer  – nicht der einzige – der Gründe, warum wir dieser Novelle unsere Zustimmung nicht geben werden. Es ist aber klar – und ich möchte das deutlich aussprechen –, dass es eine Reihe von Bestimmungen gibt, die sehr wohl begrüßenswert sind. Das möchte ich unterstreichen.

Natürlich ist positiv zu vermerken, dass in gewissen Fällen eine Stärkung des dienstrechtlichen Schutzes erwirkt wird. Natürlich ist es zu begrüßen, dass die Freistellung von Funktionären der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst klar, eindeutig, transparent und nachvollziehbar geregelt wird. Und natürlich ist es auch eine fortschrittliche und verdienstvolle Regelung, festzulegen, dass die Angehörigen der Exekutive einer Gruppenrechtsschutzversicherung unterliegen sollen, die sie im Fall einer ungerechtfertigten Strafanzeige schützt.

Ich darf aber auch daran erinnern, dass die Sozialdemokraten im Nationalrat den Antrag eingebracht haben, diesen Gruppenrechtsschutz nicht nur auf die Angehörigen der Exekutive zu beschränken, sondern darüber hinaus auf alle entsprechend tätigen Beamten auszuweiten, weil es naturgemäß nicht zutrifft, dass nur   – auch wenn vielleicht das Gefährdungspotenzial ein höheres ist – Exekutivbeamte einer solchen Klage ausgesetzt werden können, im Zuge derer es Rechtsschutzerfordernisse gibt. Ich bedauere sehr, dass dieser naheliegende Gedanke keine Zustimmung gefunden hat.

Ebenso sind wir der Auffassung, dass die Möglichkeit für Bundesbeamte, eine Dienstfreistellung zu beantragen, um pflegebedürftige, vor dem Tod stehende Familienangehörige zu betreuen, positiv zu sehen ist. Aber es ist auch hier wieder anzumerken, dass wir von ähnlichen, vergleichbaren oder gar gleichartigen Regelungen in der Privatwirtschaft, also für die überwiegende Mehrheit der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, weit entfernt sind.

Ich denke, dass wir uns bemühen sollten, gerade bei allen dienstrechtlichen und sozialrechtlichen Regelungen dafür zu sorgen, dass der große Bereich der privaten Wirtschaft und der auch große, aber eben in Summe kleinere Bereich des öffentlichen Dienstes ähnlichen Regelungen unterliegt.

Mir scheint, dass mit dieser Novelle bei allen im einzelnen begrüßenswerten Elementen eine Chance vergeben wurde und dass eine weniger übereilte, verschiedene Elemente zusammenfügende Vorgangsweise der Sache, um die es da geht, besser getan hätte.

Wir alle erinnern uns daran, dass die Debatte über dieses Gesetz im Nationalrat von den Regierungsfraktionen in einer inakzeptablen Weise dazu verwendet wurde, die Oppositionsparteien der Gewalt, von der eingangs die Rede war, anzuklagen und auf solche Weise


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das demokratische Demonstrationsrecht von Menschen herunterzumachen, die sich durch eine Kundgebung beleidigt gefühlt haben, die eben das verherrlicht, was wir vor einer Stunde verurteilt haben.

Wir alle stehen, sofern wir dort waren, was nicht für alle anwesenden Mitglieder der Bundesregierung und auch nicht für alle anwesenden Mitglieder dieses Hauses gilt, unter dem Eindruck dieser eindrucksvollen Gedenkfeier. Es ist schwer, hier eine Rangordnung dessen zu treffen, was einen besonders beeindruckt hat. Aber ich will nicht verhehlen, dass mich die Worte unserer Präsidentin und vor allem das eingangs von ihr gewählte Zitat des Propheten Amos in besonderer Weise berührt haben. (Allgemeiner Beifall.)

Es macht darauf aufmerksam, dass das Abhalten einer Gedenkstunde eine wichtige moralische Verpflichtung ist, aber es ist nichts, wo man die Ergriffenheit nachher an der Garderobe abgeben sollte. Es kann nicht etwas sein, was für unser praktisches politisches Handeln keine Bedeutung hat. Die Teilnahme und die Veranstaltung einer Feier wie dieser sind wichtig, aber sie ist nur dann bedeutungsvoll, wenn sie auch für unsere politische Praxis – und zwar für jedes und jeder Einzelnen politische Praxis – irgendwelche Konsequenzen hat.

Ich bedaure sehr, dass der Herr Innenminister, der im Nationalrat an dieser Debatte teilgenommen hat, heute keine Möglichkeit hat, im Bundesrat ein Gleiches zu tun, weil er, wie ich höre, im Ausland ist. Der 8. Mai, der in fünf Tagen ist, ist ein Datum, das für die Geschichte von größter Bedeutung ist, und auch das ist in heutigen Reden erwähnt worden. Der 8. Mai ist ein Tag des Schmerzes, das ist gar keine Frage. Aber er ist vor allem jener Tag, an dem die Entwicklung Österreichs und Europas überhaupt erst möglich geworden ist, an deren Früchten wir uns heute erfreuen: eine Entwicklung zu Frieden und zu Zusammenarbeit, zu Demokratie und – warum soll man das gering schätzen – auch zu Wohlstand. Der 8. Mai ist mit Sicherheit kein Tag, an dem es zu Trauer Anlass gibt.

Herr Kollege Gudenus! Glauben Sie mir, auch wenn Sie Ihren Mund bei dieser Bemerkung noch so verziehen, ich hätte Anlass zur Trauer, denn der 8. Mai ist der Tag (Bundesrat Mag. Gudenus : Das ist doch ungeheuer, Kollege!), an dem ich mich in dieser Hinsicht festhalten kann. Es ist der Tag, von dem das Gericht festgestellt hat, dass es jenes Datum ist, das mein Vater mit Sicherheit nicht überlebt hat, als er amtlich für tot erklärt wurde. Für mich wäre es höchstpersönlich ein Tag der Trauer. Aber ich begehe diesen persönlichen Trauertag sicherlich nicht in der Nachbarschaft grölender Horden, die "Sieg Heil!" rufen und die diese nationale Katastrophe ... (Bundesrat Mag. Gudenus: Ist Edlinger dabei?)

Herr Kollege! Warum erregen Sie sich? – Ich werde mich mit Sicherheit nicht neben jene stellen, die am 13. April ohne polizeiliche Beaufsichtigung oder gar daran gehindert werdend durch die Kärntner Straße gezogen sind. (Der Redner hält ein Diktaphon zum Mikrophon, aus welchem rechtsradikale Parolen zu hören sind.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Darf ich Sie bitten, abzuschalten! Darf ich Sie noch einmal bitten, abzuschalten. (Bundesrat Dr. Aspöck: Weg mit dem Mikrophon! Er möchte ins Fernsehen kommen!)

Bundesrat Albrecht Konecny (fortsetzend): Das sind die wirklichen "Sieg Heil!"-Rufer dieses Landes. (Bundesrat Dr. Aspöck: Edlinger! – Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Herr Edlinger!) – Nein, Herr Edlinger hat das gesagt, was allgemein bekannt ist. Herr Kollege! Wenn Sie hier dasselbe Spiel aufführen wollen wie im Nationalrat, dann muss ich Ihnen sagen, habe ich kein wirkliches Problem damit.

Lassen Sie sich eines sagen: Wenn man das ernst nimmt, was vor einer Stunde gesagt wurde (Bundesrat Mag. Gudenus: Reden Sie zur Sache!) und was Sie nicht gehört haben, Herr Gudenus, dann muss ich sagen: Ich kann es nicht hinnehmen, dass "Sieg Heil!" auf den Straßen dieser Stadt gerufen wird, dass alle jene Parolen wieder auferstehen, die über dieses Land von 1938 bis 1945 Unheil gebracht haben. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich habe die Absenz des Herrn Innenministers deshalb bedauert, weil ich mir erwartet hätte, dass er fünf Tage vor diesem 8. Mai von sich aus bei einem Zusammentreten einer der beiden Kammern des Parlaments eine Erklärung darüber abgibt, wie die Sicherheitsbehörde – und er als Höchstverantwortlicher in diesem Bereich – die drohenden Auseinandersetzungen zu handhaben beabsichtigt. Ich bedaure, dass dies nicht möglich ist. Ich weiß nicht, ob sich die Frau Vizekanzlerin dazu legitimiert fühlt; als stellvertretende Regierungschefin wäre sie natürlich im Sinne einer politischen Gesamtverantwortung moralisch und politisch dazu legitimiert, aber es ist ihre Entscheidung, eine solche Erklärung abzugeben.

Es geht nicht darum, einen Tag vorzubereiten, an dem Gewalt geübt wird. Es geht darum, einen Tag vorzubereiten, der in würdiger Art und Weise das zum Ausdruck bringt, was wir auch in der vergangenen Stunde gefühlt haben, sofern wir dabei anwesend waren. Es ist mit Sicherheit nicht richtig, wenn ... (Bundesrätin Haunschmid: ... mit Steinen werfen! – Bitte Frau Kollegin? (Bundesrätin Haunschmid: Das ist wahr!) – Was ist wahr? (Bundesrätin Haunschmid: Das ist ungeheuer, was Sie da von sich geben!) – Frau Kollegin! Vielleicht könnten Sie ein wenig von dem nachklingen lassen, was Sie – Sie waren anwesend – gehört haben. (Bundesrätin Haunschmid: Das haben Sie nicht gemacht! Wir wollten es, aber das haben Sie nicht gemacht! – Bundesrat Ledolter: Das gilt aber für uns alle!)

Das gilt für uns alle. Herr Kollege! Ich habe mich redlich bemüht, und ich werde mich auch von Ihnen davon nicht abbringen lassen, hier in keine Polemik zu verfallen, sondern darauf aufmerksam zu machen, dass unser politisches Handeln und, so weit die Regierung gefragt ist, ihr politisches Handeln, wie es das Wort des Propheten gesagt hat, dem Sinn, dem Niveau, dem Auftrag einer solchen Feierstunde entsprechen sollten.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass am 8. Mai im Jahr 2002 in der demokratischen Republik eine – es ist festzuhalten, dass es das ist – Kundgebung jener veranstaltet wird, die mit diesen Parolen schon vor ein paar Wochen durch Wien gezogen sind. Das rechtfertigt nichts, was außerhalb der Gesetze liegt, damit nicht die Spur eines Missverständnisses entsteht. Ich unterschreibe jedes Wort zum Thema Gewalt, das die Frau Präsidentin einleitend gesagt hat. Aber wir sollten uns eben nicht nur dann in gemeinsamen Veranstaltungen zusammenfinden, wenn wir zu gedenken beabsichtigen, sondern gerade dann, wenn es Gegner der Demokratie gibt, die auftreten und denen mit aller Entschiedenheit, aber ohne Gewalt, entgegengetreten werden muss. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Wir reden über die Dienstrechts-Novelle!)

Frau Vizekanzlerin! Ich lade Sie ein, sich vielleicht doch zu entschließen, dazu eine Erklärung abzugeben. Wir werden uns angesichts der Absenz des Herrn Innenministers überlegen, wie wir in anderer Weise zu einer Erklärung der Bundesregierung kommen können. Aber klar ist: Diese Provokation der Demokratie und der Republik und diese Provokation der Opfer des Nationalsozialismus, egal, ob sie Überlebende oder Tote sind, kann und darf es in unserem Land nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesrat Alfred Schöls ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.59

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin aus mehreren Gründen heute tief betroffen. Zum einen hat mich die Gedenkveranstaltung – ich zähle mich zu jenen Mandataren in der Länderkammer, die schon Mitglied der Länderkammer waren, als dieser gemeinsame Beschluss von Nationalrat und Bundesrat gefasst wurde – sehr betroffen gemacht, weil sie für uns alle wieder sehr augenscheinlich dargestellt hat, wie rasch es gehen kann und wie schnell Stimmungen kippen können.

Es hat auch gezeigt, wie gefährlich es ist, wenn man – wobei das jetzt nicht entschuldigend, sondern nur für mich erklärend gesagt wird – mit einem anfänglich unbedacht lockeren Spruch Menschen in Situationen bringt, aus denen man sie dann nicht mehr – Sie gestatten mir, wenn ich das so salopp sage – "einfangen" kann.


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Von der Gewalt der Worte und von der Gefahr, die daraus entsteht, wird immer wieder gesprochen. Die Gewalt der Worte hat viele Gesichter. Die Gewalt der Worte kann polternd sein, kann grölend sein, aber, Herr Professor Kone
cny, Gewalt der Worte kann man auch ausüben, indem man bewusst oder unbewusst auf einem Auge Blindheit vortäuscht.

Für mich ist der Wert der Demokratie unteilbar, egal, ob jetzt ewig gestrige Parolen geschrien werden, bei denen Burschenschafter dabei sind, oder ob auch – für mich – ewig gestrige Parolen gerufen werden, bei denen Che Guevara, der mit Österreich "so viel" zu tun hat, als Leitfigur mitgetragen wird. – Ich meine, wir alle sind aufgerufen, uns dessen bewusst zu sein.

Ich habe mir ganz ehrlich gesagt in den letzten Tagen gedacht: Wo habe ich eigentlich meine politische Zeit in dem Land verbracht? – Denn zumindest für mich ist erst seit zwei Tagen erkennbar, dass es schon seit vielen Jahren Veranstaltungen verschiedenster und unterschiedlichster Art und Weise einiger Gruppierungen um den 8. Mai gibt. Auch sozialdemokratische Innenminister haben sich nichts dabei gedacht, den gleichen Veranstaltern einen Rahmen zu geben.

Ich sage ganz bewusst: Wenn ich vor drei Jahren gewusst hätte, dass mit ewig gestrigen Parolen der Heldenplatz belegt wird, dann hätte ich mich vor drei Jahren genauso aufgeregt, wie ich das heute mache. Aber für mich ist die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit ein Gut, das gilt und das wir als Gewerkschafter vielleicht öfter in Anspruch nehmen werden, als das in der Vergangenheit der Fall war. – Das sei nur dazu gesagt.

Herr Professor Konecny! Ich bitte, wegen verlockender innenpolitischer Gründe die Dinge nicht zu einseitig darzustellen.

Nun zur vorliegenden Materie, bei der ich auch ein bisschen das Gefühl habe, dass der Standort den Standpunkt bestimmt. Sie sagen zu Recht, dass mit der Dienstrechts-Novelle 2002 ein Quantensprung in der Familienpolitik gemacht wird, weil auch öffentlich Bedienstete so behandelt werden wie Beschäftigte in der Privatwirtschaft, indem sie die Familienhospiz zur Pflege eines nahen Angehörigen in den letzten Stunden bekommen. Sie begrüßen das, aber stimmen trotzdem dagegen.

Ich kann mich nicht erwehren zu sagen, es gibt da einen gewissen Widerspruch. Warum stimmen Sie nicht zu?

Ich als Gewerkschafter bin froh darüber, dass einer langjährigen Forderung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, die bei vielen sozialdemokratischen Staatssekretären abgeprallt ist, nämlich die Fürsorgepflicht des Dienstgebers für öffentlich Bedienstete in Form einer Rechtsschutzversicherung einzuführen, Rechnung getragen wurde.

Ich bin bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass das nicht der Weisheit letzter Schluss sei. Ohne dass das jetzt falsch interpretiert wird: Ich als Gewerkschafter bin froh darüber, dass nur diese Mickey-Maus-Regelung getroffen wird, weil nach wie vor der Rechtsschutz der Gewerkschaft wesentlich höher und wesentlich besser ist. Das heißt, einer unserer Werbesprüche: "Es lohnt sich GÖD-Mitglied zu sein!", hat nach wie vor Gültigkeit, weil Exekutivbeamte vor Mandataren wie Herrn Öllinger durch die jetzt eingeführte Rechtsschutzversicherung nicht geschützt wären, wenn sich der Exekutivbeamte angegriffen fühlt. (Zwischenbemerkung der Vizekanzler Dr. Riess-Passer. ) – Wenn Herr Öllinger den Exekutivbeamten klagt, dann kommt das. Wenn der Exekutivbeamte von sich aus ein Problem hat, dann muss er weiterhin hoffentlich GÖD-Mitglied sein, damit er den Rechtsschutz beanspruchen kann.

Ich bin auch froh darüber, dass ein erster Ansatz, der noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist, für die übrigen Beschäftigten im Bundesdienst in dieser Frage geschaffen wird. Nun bekommt auch der Schulwart, wenn er zu Unrecht geklagt wird, weil er angeblich den Gehsteig schlecht gestreut hat, zwar nicht in Form der Rechtsschutzversicherung wie für Exekutivbeamte, aber in einer anderen Art und Weise Unterstützung. Dies war eine Forderung des öffentlichen Dienstes, bei der uns sozialdemokratische Staatssekretäre immer wieder die kalte Schulter gezeigt haben.


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Kollege Kone
cny! Jetzt haben Sie die Gelegenheit, Ihr soziales Herz unter Beweis zu stellen und dieser Regelung zuzustimmen.

Ich bin auch froh darüber, dass durch das so genannte Soldatenhilfeleistungsgesetz die Möglichkeit geschaffen wird, Hinterbliebenen jener Soldaten, die im Auslandseinsatz ums Leben kommen, einen entsprechenden Schutz zukommen zu lassen.

Es gilt, nicht nur am 1. Mai auf der Ringstraße von der internationalen Solidarität zu reden, sondern man muss auch einen aktiven Beitrag für diese internationale Solidarität leisten, und dieser erfolgt in Form von Truppeneinsätzen österreichischer Soldaten. Wenn es in diesem Zusammenhang zu Problemen kommt, wird eine entsprechende Unterstützung gewährt.

Herr Professor Konecny! Sie sprechen zu Recht von gerechtem Lohn. Es war dies gar nicht so einfach auf Grund einiger technischer Probleme und auf Grund von Urlaubsplanungen und so weiter. Die Frau Vizekanzlerin weiß wahrscheinlich, wovon ich rede, wenn ich die Spitalsärzteregelung hier anspreche. Es ist Gott sei Dank gelungen. Die Frau Bundesministerin für Unterricht hätte schon vorher eine Lösung gehabt, aber jetzt haben wir Gott sei Dank eine solche. Herr Professor Konecny! Durch Ihr Verhalten signalisieren Sie, dass Sie den Jungärzten diese Gehaltsaufbesserung nicht gönnen, weil Sie dagegen stimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Schluss komme ich zum leidigen Problem der Dienstfreistellungen, wofür versucht wurde, eine Regelung zu finden, der sich schlussendlich auch das Präsidium des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Frau Leitende Sekretärin, angeschlossen hat und die dann im Konsens mit den Gewerkschaften verhandelt wurde. Herr Professor Konecny! Sie machen jetzt die Leitende Sekretärin des ÖGB zur leidenden Sekretärin, weil Sie von ihr erwarten, dass sie gegen einen Beschluss des ÖGB-Präsidiums, an dem sie selbst mitgewirkt hat, stimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Eine Leidende schaut anders aus! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher, Herr Professor, meine lieben Freunde der sozialdemokratischen Fraktion, von denen einige auch als Gewerkschaftssekretäre und auch als ehrenamtliche Funktionäre tätig sind, bitte ich euch, befreit euch von diesem Leidensdruck und stimmt der Dienstrechts-Novelle 2002 zu, so wie wir das auch tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Gott im Himmel!)

12.09

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bevor ich nun dem nächsten Redner das Wort erteile, muss ich ergänzend bekannt geben, dass auch Herr Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann für diese Sitzung entschuldigt ist.

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Bundesrat Herbert Würschl. – Bitte.

12.10

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir vorerst, dass ich auch Kollegin Pühringer gegenüber ein Kompliment zum Ausdruck bringen darf. Jeder Satz, der von ihr gesagt worden ist, könnte auch von einem Sozialdemokraten gesagt werden, beziehungsweise auch ich hätte jeden Satz so formuliert. Herzliche Gratulation! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber trotzdem diesem Kompliment hinzufügen (Bundesrätin Schicker  – in Richtung von Präsidentin Pühringer –: Das ist hoffentlich nicht peinlich für Sie!), dass ich doch bitten möchte, dass sich gewisse Kreise der Noch-Regierungsfraktionen vielleicht auch daran halten, was Frau Pühringer so eindeutig zum Ausdruck gebracht hat. Denn ich erinnere mich, dass es höchste Funktionsträger in dieser Republik gibt, die hohe Ämter innehaben, die Abgeordnete hier im Hause sind und eine Gaudi haben, wenn sie "NAZI" buchstabieren. Diese sitzen noch immer hier im Haus.


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Dann hat es in Krumpendorf (Ruf bei den Freiheitlichen: Es gibt solche, die "Sieg Heil!" rufen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) eine Versammlung von halb Verstorbenen gegeben, von SS-Veteranen, vor denen ein Landeshauptmann eine Lobrede gehalten hat. (Bundesrat Grissemann: Was ist das für eine Ausdrucksweise?) Er ist noch immer Landeshauptmann, aber höchstwahrscheinlich auch nicht mehr allzu lange. (Bundesrat Grissemann: Was ist das für eine Ausdrucksweise, von "halb verstorbenen" Herren zu reden? Wer gibt Ihnen das Recht? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Dann gibt es ... (Bundesrat Grissemann: Wir werden die SPÖ daran erinnern, dass Sie von "halb Verstorbenen" reden, wenn Sie ältere Herren meinen! Ist doch unglaublich!) Dann gibt es einen Herrn hier im Hohen Haus – zwar nicht hier im Bundesrat, aber einige Meter entfernt im Nationalrat –, der sich mit Friedhofsschändern in Eisenstadt trifft. (Bundesrat Grissemann: Wir werden daran erinnern! "Halb verstorben" für ältere Menschen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde meinen, dass wir als Abgeordnete beispielgebend sein sollen, was die demokratische Kultur in diesem Lande betrifft. Die Zweite Republik wurde von unseren Vätern aufgebaut, es wurde eine demokratische Geisteshaltung nach 1945 eingebracht. Ich würde meinen, dass wir gut beraten sind, wenn wir als Abgeordnete keine Zweifel darüber aufkommen lassen, wie wir zur Nazi-Diktatur gestanden sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Einige Bemerkungen noch zur Dienstrechts-Novelle 2002: Es ärgert mich – ich bin selbst Gewerkschaftsmitglied, ich bin selbst Mitglied der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst –, dass hier ein Regierungsgewerkschafter auftritt und diese Novelle verteidigt. Das ist für mich als Gewerkschafter einfach ärgerlich, weil wir Gewerkschafter immer dafür eintreten sollen ... (Bundesrat Schöls: Ist ... von dir ein Gewerkschafter? Der hat zugestimmt! Informiere dich über die Vorkommnisse in der GÖD, lieber Herr! Du bist ja so weit weg! Du bist nur der Parteisekretär!)

Herr Regierungsgewerkschafter Schöls! Ich würde meinen ... (Bundesrat Schöls: Du bist so weit weg! – Bundesrat Mag. Hoscher: Was heißt da "nur"? – Bundesrat Schöls: Du fällst Korecky in den Rücken! Die mitverhandelt haben und zugestimmt haben! – Weitere Zwischenrufe.)

Um die Aufregung beim Herrn Regierungsgewerkschafter nicht weiter zu steigern, möchte ich nur meinen, dass die Regierungsfraktionen und Frau Riess-Passer gut beraten wären, wenn sie mehr mit der Opposition reden würden. Wenn sie mehr mit den Sozialpartnern reden würden, würde mehr herauskommen, und auch wir Sozialdemokraten könnten solchen Gesetzesnovellen zustimmen. Es ist aber dieses Gespräch Ihrerseits offensichtlich nicht gewünscht und auch nicht geführt worden. (Bundesrätin Haunschmid: Ihr habt nicht einmal ein Drittel, nicht einmal ein Zehntel erreicht! – Bundesrat Schöls: ... ausgeschlossen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich hat diese Dienstrechts-Novelle positive Ansätze. Ich stehe nicht an, diese positiven Ansätze auch zu formulieren. Herr Schöls – Herr Regierungsgewerkschafter –, da steht zum Beispiel: mehr an Rechtsschutz – ja, ich bin dafür, gar keine Frage! (Bundesrat Schöls: Dann stimm’ zu!) Oder hier steht zum Beispiel: ein verbesserter dienstrechtlicher Schutz für die Arbeitnehmer – auch dafür bin ich! (Bundesrat Schöls: Stimm’ zu!) Oder es hat ein Gespräch Ihrerseits mit Vertretern der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gegeben. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Na eben! Hat es doch ein Gespräch gegeben!) Das war durchaus positiv, und die Sonderurlaubsregelung ist akzeptabel, dem können wir zustimmen. (Bundesrat Schöls: Dann stimm’ zu!) Oder – dass Sie sich weiter freuen können –wir stimmen auch dem zu, dass Hinterbliebenen eine Geldleistung ausbezahlt wird, wenn jemand bei einem Auslandseinsatz ums Leben kommt. Wir sind ebenfalls dafür! (Bundesrat Schöls: Dann stimm’ zu!)

Aber jetzt werde ich Ihnen noch einige Punkte nennen, die teilweise auch schon Kollege Konecny formuliert hat. Wir sind dagegen, wenn eine Gruppenrechtsschutzversicherung nur für eine bestimmte Gruppe gilt. Ich meine, dass die Exekutivbeamten eine sehr schwierige Arbeit haben. (Bundesrat Hagen: So ist es!) Sie haben auch in den letzten Monaten und Jahren in


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dieser Republik eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. (Bundesrätin Haunschmid: Nein, die sind nur für die Sicherheit zuständig! Das ist euch Wurscht!) Darum meine ich, dass es richtig ist, dass diese Rechtsschutzversicherung für die Exekutivbeamten zum Tragen kommt. Aber wir Sozialdemokraten meinen auch, dass alle Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einen solchen Rechtsschutz genießen sollten. Das wäre Gerechtigkeit, und das wäre ein Mehr an Gleichheit. (Bundesrätin Haunschmid: Wo seid ihr gewesen 30 Jahre? – Zwischenruf des Bundesrates Schöls. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde aber auch bitten, in Zukunft verstärkt darauf zu achten, dass nicht nur eine bestimmte Menschengruppe – wer auch immer der Arbeitgeber ist – einen gewerkschaftlichen oder welchen Rechtsschutz auch immer gewährt bekommt. Man darf nicht vergessen (Bundesrat Hagen: Nur mit dem roten Parteibuch!) , dass auch Bürger sehr oft einen Rechtsschutz brauchen würden, um ihre Interessen in der Öffentlichkeit wahrnehmen zu können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Familienhospiz-Freistellung ist absolut in Ordnung. Aber, Frau Ministerin, Frau Riess-Passer, warum gehen Sie nur einen so kleinen Schritt? – Eine Hospizkarenz wäre auch für alle Arbeitnehmer angebracht (Bundesrätin Haunschmid: Warum seid ihr nicht einmal diesen Schritt gegangen?) , für alle Arbeitnehmer (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Ist es ja! Gibt es ja!) , um in diesem Land eine Gleichstellung, eine Gleichbewertung der Menschen sicherzustellen. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist der Grund für uns (Bundesrat Grissemann: Zwischenfrage: Welche großen Schritte habt denn ihr gemacht?) , warum wir dieser Flick-Novelle nicht zustimmen: aus diesen Gründen, die ich soeben formuliert habe! (Beifall bei der SPÖ.)

12.17

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als Nächste hat sich Frau Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.17

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich nehme einmal mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die SPÖ eigentlich überall dafür ist, aber dieser Dienstrechts-Novelle trotzdem nicht zustimmt. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das unterstreicht nicht unbedingt die Glaubwürdigkeit Ihrer Argumentation, Herr Kollege Würschl und Herr Kollege Konecny!

Was ist in dieser Dienstrechts-Novelle enthalten? – Vieles ist schon gesagt worden. Dazu gehört zum einen eine neue Sonderurlaubsregelung für die öffentlich Bediensteten. Ich glaube, dass diese Regelung notwendig und längst überfällig war. Man hat in den sechziger Jahren für eine bestimmte Gruppe eine Regelung mit Sonderrechten geschaffen – bezahlten Sonderurlaub –, für die es eigentlich keine wirkliche Legitimation gegeben hat.

Herr Kollege Würschl! Sie sagen immer wieder, es habe keine Gespräche gegeben. Wir haben selbstverständlich mit der Gewerkschaft gemeinsam diese Regelung ausgearbeitet. Ich glaube, dass sie auch im Sinne der Interessenvertretung ist, um die Unabhängigkeit der Interessenvertretung gegenüber dem Dienstgeber zu gewährleisten. Denn es macht keine schöne Optik, wenn die Funktionäre der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst vom Dienstgeber, dessen Verhandlungspartner sie sind, bezahlt werden. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir diese Lösung treffen konnten. Ich bedanke mich bei allen, die teilgenommen und ermöglicht haben, dass es zu dieser Regelung gekommen ist. Es waren dies im Übrigen auch die Vertreter der Fraktion sozialistischer Gewerkschafter – wenn Sie sich bei den Kollegen einmal erkundigen, Herr Kollege Würschl, dann werden sie Ihnen das sicherlich gerne bestätigen!

Zur Umsetzung der Familienhospizkarenz: Ich glaube, dass das ein richtungsweisender Schritt – und das betone ich, Herr Kollege Würschl – für alle Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer dieses Land ist. Für alle, ohne Ausnahme! Ich führe es auf ein Informationsdefizit von Ihnen zurück, dass Sie sich einfach nicht angeschaut haben, dass die Familienhospiz


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karenz für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, aber selbstverständlich auch in der Privatwirtschaft volle Gültigkeit hat. Für die Dauer der Karenz – für sechs Monate, innerhalb der die Möglichkeit geschaffen wird, sterbende Angehörige oder schwer kranke Kinder zu pflegen – werden selbstverständlich die Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge von der Arbeitslosenversicherung bezahlt, um sicherzustellen, dass daraus kein Nachteil entsteht.

Ich halte das für eine wirklich historische Leistung, für eine in Europa einmalige Leistung, die uns auch von denjenigen unterscheidet, die aktive Sterbehilfe propagieren. Wir wollen das nicht, sondern wir wollen, dass Menschen die Möglichkeit haben, so aus dem Leben begleitet zu werden, wie die meisten von uns auch empfangen wurden, nämlich mit Würde, Respekt, Achtung und Liebe. Das ist die Zielsetzung dieser Regelung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es sind in dieser Dienstrechts-Novelle auch einige andere Regelungen wie zum Beispiel die Gruppenrechtsschutzversicherung für Exekutivbeamte enthalten. Dazu möchte ich vorausschicken, es geht dabei nicht um eine Sonderregelung für die Exekutive, sondern um eine Regelung, die besonders darauf abgestellt ist, dass Exekutivbeamte in dieser Hinsicht einen besonderen Bedarf haben, weil sie immer wieder damit konfrontiert sind, dass sie zu Unrecht beschuldigt werden. Das hat in den letzten Jahren massiv zugenommen.

Es gibt selbstverständlich auch eine Regelung für alle anderen Bediensteten des öffentlichen Dienstes. Da ist aber die Anzahl der Fälle sehr gering, und es hätte sich die Rechtsschutzversicherung enorm verteuert, wenn wir sie nicht nur für die 33 000 Exekutivbeamten, sondern für alle öffentlich Bediensteten gemacht hätten. Aber selbstverständlich gibt es für jeden öffentlich Bediensteten, ob er Schulwart oder sonst ein Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ist, die Möglichkeit, dann, wenn ein solcher Fall eintritt, im Rahmen der Geldaushilfe die Anwaltskosten und den Rechtsschutz ersetzt zu bekommen. Das heißt, es ist Sorge dafür getragen, dass alle Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in den Genuss einer solchen Verbesserung kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Gruppenrechtsschutzversicherung für Exekutivbeamte hat, wie gesagt, den Sinn, die Fürsorgepflicht des Dienstgebers gegenüber seinen Beamten wahrzunehmen. Ich freue mich, dass Herr Kollege Konecny gesagt hat: Das ist verdienstvoll! Ich glaube, dass es wirklich so ist, und füge hinzu, dass auch diese Maßnahme selbstverständlich mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst besprochen worden ist. Auch da waren die Vertreter der Fraktion sozialistischer Gewerkschafter dabei. Ich habe nur manchmal das Gefühl, dass die Kommunikation zwischen Ihren Kollegen in der Gewerkschaft und den sozialdemokratischen Kollegen hier im Hause nicht besonders gut funktioniert. Deswegen teile ich Ihnen mit, dass die Kollegen von der FSG mit dieser Regelung selbstverständlich einverstanden waren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben in dieser Dienstrechts-Novelle in weiterer Folge zur letzten Novelle, in der wir die Schmerzensgeldregelungen neu getroffen haben und Schmerzensgeldbevorschussung möglich gemacht haben, auch dafür Sorge getragen, dass in den Fällen, in denen kein gerichtlicher Titel erwirkt werden kann, weil die Täter unbekannt sind und nicht ausgeforscht werden können, im Rahmen der Geldaushilfe auch eine Schmerzensgeldleistung für die Exekutivbeamten möglich ist. Gerade die dramatischen Ereignisse der letzten Wochen haben gezeigt, wie dringend notwendig und wichtig das ist. Wir haben gesehen, dass bei den Demonstrationen, die jüngst stattgefunden haben, 33 Polizisten – teilweise schwer – verletzt wurden und dass es 23 Anzeigen, vier Festnahmen und eine Sachverhaltsdarstellung – bezeichnenderweise gegen einen Abgeordneten des österreichischen Nationalrates, nämlich Herrn Öllinger, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt – gegeben hat. Daher weiß man, wie wichtig es ist, da auch entsprechende Regelungen zu treffen.

Ich bedauere sehr, was die Redner von der sozialdemokratischen Fraktion hier alles zum Besten gegeben haben und dass niemand von Ihnen die Notwendigkeit gesehen hat, sich von jeder Form der Gewalt – und zwar egal, ob sie von rechts oder von links kommt – mit der


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entsprechenden Deutlichkeit zu distanzieren. Diese Distanzierung würde ich mir von Ihnen schon erwarten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Boden: Stimmt ja nicht! – Bundesrat Gasteiger: Bei der Wahrheit bleiben! Stimmt ja nicht! Sagen Sie nicht die Unwahrheit!)

Herr Kollege Konecny! Niemand hat in der Debatte im Nationalrat – die Sie ja nicht persönlich verfolgt haben, daher haben Sie offensichtlich auch nicht den vollen Wissensstand – das freie Demonstrationsrecht heruntergemacht, wie Sie behauptet haben, sondern jeder hat sich verwahrt dagegen, dass das freie Demonstrationsrecht missbraucht wird von Leuten, die gewalttätig und radikal sind. Da ist es mir ganz egal, ob sie von links oder von rechts kommen: Das ist gleich verurteilenswert! (Bundesrat Boden: Haben wir eh gesagt!) Diese Klarstellung würde ich mir von Ihnen – wenn Sie es mit der Demokratie und mit dem Gedenken an die Opfer von Gewalt so ernst meinen – auch einmal erwarten, Herr Kollege Konecny! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Zuhören!)

Für mich ist es gleich verwerflich, wenn Glatzköpfe durch die Kärntner Straße marschieren und "Sieg Heil!" brüllen und wenn ein Abgeordneter des österreichischen Nationalrates – in dem Fall der sozialdemokratische Abgeordnete Edlinger – “Sieg Heil!” im Nationalrat ruft und Sie auch hier kein Wort der Distanzierung gefunden haben. Das finde ich schändlich, Herr Kollege Konecny! Auch da hätte ich mir eine Klarstellung von Ihnen erwartet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben in der Sozialdemokratischen Partei einen Justizsprecher, der am Tag nach den Demonstrationen eine Presseaussendung gemacht hat, und zwar nicht etwa, um sich von der Gewalt zu distanzieren. Er war selbst Teilnehmer dieser Demonstration; er war nicht selbst gewalttätig, aber er war auf der Seite der gewalttätigen Demonstranten mit dabei. (Bundesrat Konecny: Nein!) Er hat kein Wort der Distanzierung gefunden, sondern er hat eine Presseaussendung gemacht und von den "prügelnden Polizisten in Kampfmontur" gesprochen. (Bundesrat Dr. Böhm: Der Justizsprecher!)

Das ist der Justizsprecher Ihrer Nationalratsfraktion, Herr Kollege Konecny, der die Polizisten, die die Bevölkerung und die friedlichen Demonstranten vor den Gewalttätern geschützt haben, in den Schmutz zieht. (Bundesrat Konecny: Welche friedlichen Demonstranten haben die geschützt?) Natürlich haben sie Helme getragen, um sich zu wehren gegen Demonstranten, die Eisenstangen bei sich gehabt haben, die mit Pflaster- und Ziegelsteinen geworfen und 33 Polizisten verletzt haben. Das ist der Justizsprecher Ihrer Partei! Da haben Sie Handlungsbedarf in der SPÖ, Herr Kollege Konecny! (Bundesrat Konecny: Ihm Recht zu geben!) Wenn solche Leute bei Ihnen den Rechtsstaat vertreten, dann gute Nacht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, es ist hoch an der Zeit – und dazu bekenne ich mich voll und ganz –, dass wir ein Danke sagen an jene Polizisten und Gendarmen, die in besonders schwieriger Situation für die österreichische Bevölkerung ihren Kopf hinhalten, ihre Gesundheit und auch ihr Leben einsetzen. All diesen Beamten gilt unser Dank, unser Respekt und unsere Achtung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich denke daher, dass wir Handlungsbedarf auch in einem weiteren Punkt haben, in dem wir eine gesetzliche Regelung vorbereiten. Das betrifft das Vermummungsverbot. Wir haben bei den letzten Demonstrationen wiederum gesehen, dass dort Leute, die mit Kapuzen vermummt waren, gewalttätige Ausschreitungen zu verantworten haben. Ich verstehe überhaupt nicht, warum die Vertreter der Grünen und der Sozialisten hier so vehemente Gegenwehr leisten. Denn, Herr Kollege Konecny, wer in friedlicher Absicht zu einer Demonstration geht, um sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auszuüben, der braucht sich nicht zu vermummen. Er braucht sich keine Kapuze über den Kopf zu ziehen, sondern er kann in einer Demokratie sein Gesicht zeigen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir treten mit voller Überzeugung für die Versammlungsfreiheit ein, die auch in der Menschenrechtskonvention festgelegt und garantiert ist. Dort es heißt in Artikel 11 Abs. 1: Alle Menschen


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haben das Recht, sich friedlich zu versammeln. – Dieses Recht wollen wir wahren und schützen. Genau deswegen müssen wir gegen diejenigen vorgehen, die dieses Recht zum Nachteil des Rechtsstaates missbrauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.27

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Christoph Hagen zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.27

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitlichen, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Kollegen haben vor mir hier davon gesprochen, dass sie vom heutigen Tag tief betroffen seien. Auch ich bin tief betroffen, wenn ich die Aussage des Kollegen Würschl von der sozialdemokratischen Fraktion höre. Er sagt, dass ältere Menschen, dass Pensionisten "halb Verstorbene" seien. Da stellt es mir die Haare auf! Das ist eine Katastrophe, das sagt ein Vertreter einer Partei, die sich für Pensionisten stark macht und immer die Regierung kritisiert. Ich glaube, da sind wir alle betroffen; ich finde für so etwas gar keine Worte! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun aber zum heutigen Gesetzesbeschluss: Wenn wir heute dieses Gesetz beschließen, dann wird damit unter anderem einer langjährigen Forderung der Exekutive entsprochen. Es gibt auch viele weitere Verbesserungen in diesem Gesetz, aber ich möchte natürlich als Exekutivbeamter großteils auf den Punkt der Rechtsschutzversicherung für Exekutivbeamte eingehen.

Musste sich früher ein Exekutivbeamter gegen ungerechtfertigte Angriffe selbst, mit seinem eigenen, versteuerten Geld, dem verdienten Geld, das er eigentlich für sich verwenden sollte, versichern, um gegen solche Angriffe geschützt zu sein, so übernimmt dies für ihn nun der Staat. Das ist nur gut so! Denn es ist nicht einzusehen, dass ich für die Gefahren, denen ich durch meinen Beruf ausgesetzt bin, wenn ich unschuldig von jemanden beschuldigt werde, dann auch noch die Kosten selbst tragen muss.

Früher war es in Wien angeblich so – der Kollege von den Grünen wird mich verbessern, sollte ich hier nicht richtig liegen, aber so wurde es mir von Wiener Polizisten berichtet –, dass die Grünen jedem verhafteten Ausländer einen Anwalt zur Seite stellten und dieser den Exekutivbeamten auf Misshandlung klagte, auch wenn nichts vorlag. Ich meine, es ist natürlich ein Wahnsinn, wenn man sich das vorstellt! Es ist ein Wahnsinn, wenn ein Polizist, der seinen Job tut und gerechtfertigt jemanden festnimmt, dann geklagt wird und ungerechtfertigt Vorwürfe bekommt, Schwierigkeiten bekommt, und die Grünen hätten das finanziell unterstützt! Wenn das wirklich wahr ist, dann sehen wir, glaube ich, wie notwendig dieses Gesetz zum Schutz des Exekutivbeamten ist.

Ich erinnere auch an die Attacke des Abgeordneten zum Nationalrat der Grünen Öllinger gegen einen Polizisten am Heldenplatz – nicht nur gegen einen, sondern gegen mehrere, aber bei einem haben wir Bilddokumente. (Bundesrat Konecny: Da muss er ja ein Herkules sein!) Es gibt Bilddokumente, ich kann es Ihnen vorführen, ich habe es im Laptop gespeichert, Sie können es sich anschauen. (Bundesrat Konecny: Sind allgemein bekannt und beweisen das Gegenteil!) Man sieht es, wenn man das Bild anschaut – ich war selbst siebeneinhalb Jahre lang bei der Einsatzeinheit und bin bei Demonstrationen immer an vorderster Front gestanden –, man sieht den Gesichtsausdruck des Herrn Öllinger, aber daraufhin auch die schützende Abwehrhaltung der zuerst friedlich dort stehenden Polizisten, die dann den Schild heraufreißen, weil Herr Öllinger, wie man sieht, mit der Faust nach unten zwischen die Schilder hineingräbt. – Da sieht man wieder, wie wichtig dieser Rechtsschutz für Exekutivbeamte ist.

Ich bin jedenfalls froh, dass dieses Gesetz geschaffen wurde. Das Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport hat wieder einen gesetzlichen Unsinn, den wir früher, nämlich 30 Jahre unter SPÖ-Innenministern und unter 30-jähriger SPÖ-Regierungsbeteiligung hatten, behoben und eine wirklich gute, annehmbare Lösung für die Exekutivbeamten geschaffen. Frau Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer steht zu ihren Beamten! Das sieht man an diesen Gesetzen, und das ist auch gut so.


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687. Sitzung / Seite 20

Jetzt darf ich noch kurz auf Herrn Kone
cny zurückkommen, der hier gestanden ist und von der “Gewalt der Worte” gesprochen hat. Er hat auch ein Tonband laufen lassen.

Herr Professor Konecny! Ich möchte Ihr Gedächtnis ein bisschen zum Nachdenken anregen. Denken Sie zurück, wie es war, als vor zwei Jahren draußen die Demonstranten auf den Straßen gegen die neue Regierung demonstrierten und folgende Aussage riefen: "Schüssel, Haider an die Wand!" (Bundesrätin Schicker: Die haben damals schon gewusst, was auf uns zukommt!) Das ist Gewalt der Worte, das ist sogar Aufforderung zum Mord, wenn wir es genau nehmen! Ich glaube, Sie sollten Gleiches mit Gleichem vergleichen und nicht alles nur auf eine Seite schieben. (Bundesrat Konecny: ... hat Grenzen!) Da waren sozialistische Funktionäre, SPÖ-Funktionäre dabei, da waren grüne Funktionäre dabei. (Bundesrat Konecny: Natürlich!) Es waren auch FSG-Funktionäre dabei (Bundesrat Konecny: Ja!) , die mitgelaufen sind und mitgeschrien haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Was sollen wir denn sonst tun mit dieser Regierung, außer gegen sie demonstrieren?)

Ich weiß schon, dass Sie das nicht gern hören, Herr Professor! (Bundesrat Konecny: Wieso?) Aber ich kann Ihnen gerne einmal ein Tonband mitbringen, auf dem das aufgeführt ist. Dann lasse ich es auch hier laufen, dann werden Sie vielleicht wieder daran erinnert, und die Gehirnzellen werden ein bisschen aufgefrischt. Aber diese Angelegenheit, die Sie hier vollführt haben, gehört nicht hierher, sondern gehört vor ein Gericht, wenn strafbare Sachen gerufen werden. Ich glaube, das ist auch gut so. (Bundesrat Freiberger: Wenn keine Polizei dort war! – Bundesrat Konecny: Das wird sich schwer feststellen lassen, wenn die Polizei dort nicht ist!)

Das Vermummungsverbot wurde ebenfalls angesprochen. Ich glaube, dass es wichtig ist, ein Vermummungsverbot einzuführen, wenn man daran denkt, dass gewalttätige Demonstranten unter dem Schutze der Anonymität Exekutivbeamte verletzen können, dass sie normale Bürger, die unbeteiligt auf der Straße stehen, verletzen können, weil sie vielleicht meinen, jemand gehört irgendwo dazu oder es könnte ein verdeckter Ermittler sein. Ich glaube, es ist wichtig, dass dieses Vermummungsverbot kommt, und ich bin schon gespannt, wer da, wenn man gewissen Leuten die Maske vom Gesicht reißt, unter der Maske hervorschaut. Vielleicht sind es ein paar bekannte Gesichter.

Meine Damen und Herren! Eine Bemerkung noch, um auf das Gesetz zurückzukommen: Herr Konecny hat hier gejammert. Ich glaube, er hat nur einen Grund gesucht, um dieses Gesetz ablehnen zu können. Denn Ihre Aussagen waren mehr als dünn; in der Suppe war überhaupt nichts, sondern da war nur Wasser.

Zur Bereinigung der wirklich absurden Regelung der Sonderurlaube – weil Sie diese auch angesprochen haben –, welche Doppel- und Mehrfachbezüge fürs Nichtstun ermöglicht hatte und eigentlich von den Gewerkschaften in den früheren Regierungen für ihre Bonzen geschaffen wurde: So schaut es einmal aus, wenn man Herrn Frad ... (Bundesrat Freiberger: Götz! – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Man sieht, wie gut sich diese Koalition versteht!)

Ich weiß nicht, von welcher Seite die Vorschläge gekommen sind. Aber sie wurden von den damaligen Regierungen für ihre Gewerkschaftsbonzen geschaffen – bei Herrn Kollegen Frad hat man gesehen, was dabei herauskommt –, um sich auf öffentliche Kosten die Taschen noch voller zu stopfen. (Bundesrat Gasteiger: 66 000 Einkommen!) Ich glaube, dass es wirklich notwendig war, diesbezüglich eine Verbesserung herbeizuführen und dieses absurde Gesetz zu reformieren.

Wir schaffen mit diesem Gesetz heute den Proporz auf Kosten des Steuerzahlers ab und führen ein faires und nachvollziehbares System ein, das wirklich dem Steuerzahler zugute kommt. Meine Damen und Herren! Das ist neu regieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)


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687. Sitzung / Seite 21

11.36

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesrat Stefan Schennach ist der nächste Redner. – Bitte.

11.36

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich gar nicht zu Wort melden. Aber da dieser Tagesordnungspunkt auch ein bisschen der Aufarbeitung oder dem Nachdenken, dem Nachklingen der heutigen Gedenkstunde dient, habe ich mich doch zu Wort gemeldet.

Ich möchte der Frau Präsidentin, aber auch dem Präsidenten des Nationalrates meine tiefe Hochachtung für die heute gefundenen Worte ausdrücken und darauf hinweisen, dass das, was Lord Byron in jener Ode an Bonaparte formulierte und was Arnold Schönberg vertonte und wir heute gehört haben, dieser "Dark Spirit", von dem er gesprochen hat, leider noch immer und immer wieder sichtbar ist, wenn ich zum Beispiel daran denke, dass eine Publikation bis heute Presseförderung bekommt, auch angesichts der Worte, die wir gehört haben, nämlich dieses banale Bekenntnis des Auschwitz-Kommandanten, die Gaskammern zu verleugnen. So eine Publikation bekommt in Österreich Publikationsförderung! Daher denke ich, dass wir mit dem Gedenken nicht aufhören können ... (Bundesrat Dr. Böhm: Wen meinen Sie denn? – Ruf bei der ÖVP: Welche denn?) Welche es ist? – Herr Kollege Gudenus weiß es. (Bundesrat Mag. Gudenus: Was? Ich weiß da nichts! Reden Sie deutlich! – Weitere Zwischenrufe.)

Angesichts dessen, dass offensichtlich noch immer darum gerungen werden muss, in Nebenlagern von Mauthausen Gedenktafeln anzubringen, und sich eine Brauerei bis heute weigert, obwohl Häftlinge, Gefangene von Mauthausen, dort Zwangsarbeit geleistet haben, eine Gedenktafel auf dem Brauereigelände anzubringen, denke ich, dass es mit Gedenken allein noch nicht getan ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn diese Zweite Republik bis heute die Bewertung, den Respekt und die Achtung jener, die den Mut hatten, zu desertieren, schuldig geblieben ist beziehungsweise dies noch immer mangelhaft ist, so ist es mit Gedenken allein nicht getan.

Frau Vizekanzlerin! Sie haben auch in der Diskussion um oder im Vorblick auf den 8. Mai und rückblickend auf die Ereignisse um die Demonstrationen versucht – und ich finde das, ehrlich gesagt, infam –, die Opposition in die Nähe der Gewalt zu rücken und den Herrn Abgeordneten ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Herr Öllinger ist, glaube ich – und ich kenne ihn besser als Sie, ich weiß nicht, ob Sie mit ihm schon zu tun gehabt haben –, einer der sanftesten Menschen, die ich jemals kennen gelernt habe. (Bundesrat Dr. Böhm: Was hat er dann dort verloren?)

Das hat er erklärt, Herr Kollege Böhm! Ich bin es von Ihnen nicht gewöhnt, dass Sie mit Wölfen mitheulen. Er ist zum Vermitteln gerufen worden. Aber all das werden die Gerichte klären. Wenn Herr Hagen hier interpretiert, was diese Handbewegung zu bedeuten hat – es ist das einzige Foto –, dann kann ich sagen: Vielleicht könnten Sie noch hineininterpretieren, er hat grüne Luftballons mit Juckpulver getragen oder sonst etwas. Aber mehr war das nicht.

Nun das Nächste: Den früheren Finanzminister Edlinger im selben Atemzug mit Neonazis zu nennen und sein "Sieg Heil!", das vielleicht eine sehr unglücklich gewählte Formulierung war, aber das eine ganz andere – ich betone: eine ganz andere! – Aufgabe zum Ziel hatte, nämlich: Er wollte darauf hinweisen, aus welchem Loch so manches Gedankengut kommt, das man immer noch hört, finde ich unangebracht (Beifall bei der SPÖ), zumal das, wie vorhin, von Parteigängern jener Partei kommt, deren früherer Parteiobmann von "ordentlicher Beschäftigungspolitik" des Dritten Reiches gesprochen hat. Da muss ich ehrlich sagen: Es gibt keine Legitimation dafür, dies festzustellen!

Die Frau Vizekanzlerin hat gesagt, sie habe keine – wie soll ich es sagen? – klaren Worte gegen Gewalt von Seiten der Opposition vernommen. – Ich denke, der Herr Nationalratspräsident hat das heute gesagt, auch unsere Frau Präsidentin hat das heute gesagt, und auch ich stehe nicht an, zu sagen: Ich lehne gewaltbereite oder gewalttätige Demonstrationen zutiefst ab! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Pilz auch? – Bundesrat Konecny: Das hat er sehr deutlich gesagt!)


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687. Sitzung / Seite 22

Ich betone: Ich bin weder für Demonstranten mit Strumpfmasken noch für Demonstranten mit Pflastersteinen, noch für "Sieg Heil!"-Demonstranten und auch für keine vermummten Burschenschafter, die demonstrieren. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Hagen: "Vermummte Burschenschafter"?)

Vermummte Burschenschafter zeigen sich durch ihre läppischen Attribute. – Sie kennen das, so glaube ich. (Bundesrat Hagen: Sie haben wohl kein Traditionsbewusstsein!)

Herr Kollege Hagen! Mit Verlaub, wir sitzen ziemlich nahe beieinander, und ich bin an sich kein unhöflicher Mensch, aber ich muss sagen: Sie haben hier schon eine – ich sage es jetzt einmal unter Anführungszeichen – "Dummheit" weitererzählt, tun Sie es nicht noch einmal, denn das, was Sie hier zum Besten gegeben haben, sind Denunziationen. Sie wissen, wovon Sie geredet haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich mache jetzt einen Vorschlag: Dieses Ringen um den 8. Mai sollte uns doch zu etwas Gemeinsamem zusammenbringen: Nehmen wir diesem geschichtsträchtigen Platz seinen Namen, taufen wir den Heldenplatz um! Wir brauchen keine falschen Helden, wir brauchen keine falschen Heldenbilder. Das Wort "Helden" hat immer etwas mit Krieg zu tun, das Wort "Helden" hat immer etwas mit Gewalt zu tun. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Nein!)

Na ja, es ist ja nicht der "Held" der Kepler-Turbine gemeint, und auch nicht der "Held" der Röntgenstrahlen gemeint, sondern es sind Helden aus Kriegen gemeint, und Krieg hat immer etwas mit Gewalt zu tun (Bundesrat Dr. Aspöck: Die Helden der New Yorker Feuerwehr!), und es wird immer wieder versucht, in der Geschichte Heldenplätze zu instrumentalisieren.

Deshalb mein Vorschlag: Machen wir doch aus dem Heldenplatz einen "Platz der Zweiten Republik" (Beifall bei der SPÖ), oder machen wir daraus einen "Platz zur Beseitigung des Faschismus" oder was auch immer, aber beseitigen wir diese zutiefst falschen Heldenbilder, dann brauchen wir auch dieses Ringen um diesen Platz nicht, so wie wir das derzeit erleben!

Nun zum vorliegenden Gesetz: Ich bin über diese Debatte überrascht gewesen, aber eines möchte ich schon sagen: Kompliment, Herr Kollege Schöls, für diese unabhängige Bildungsgewerkschaft, die gezeigt hat, dass man nicht unbedingt eine GÖD braucht, wenn die GÖD zu sehr mit gewissen Strukturen behaftet ist. Damit wurde gezeigt, dass Lehrerinnen und Lehrer ihre Interessen durchaus auch jenseits bestehender und konstitutioneller Strukturen selbst in die Hand nehmen und durchzusetzen vermögen. Da muss ich wirklich sagen: Hut ab! Kompliment an das Vorarlberg, das so viele mutige und mündige Bürgerinnen und Bürger hat, die sich das getraut haben! Ich denke, in manch anderem Bundesland wäre das nicht möglich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.45

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann. – Bitte.

12.45

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich brauche heute nicht mehr allzu sehr zu betonen, wie gut eigentlich diese Gesetzesmaterie ist, weil eigentlich auch von den Oppositionsparteien zugegeben wurde, dass alle Punkte, die darin beinhaltet sind, sehr positiv zu bewerten sind. Dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, trotzdem nicht zustimmen, hat andere Gründe, aber Faktum ist, dass wir alle hier – und aus den Reden war das herauszuhören – von den Vorschlägen eigentlich begeistert sind.

Ich muss sagen: Das entspricht auch den Tatsachen, denn die derzeitige Regierung hält eigentlich das ein, was sozialdemokratische Regierungen nicht einmal als wesentlich erachtet haben, nicht einmal Ausschüsse dafür eingesetzt haben. (Bundesrat Würschl: Ambulanzgebühren! Unfallrentenbesteuerung!) Herr Bundesrat Würschl wird jetzt immer aufgeregter, vor allem deshalb, weil man ihm auch sein Informationsdefizit schon vorgehalten hat. Ich bitte Sie:


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687. Sitzung / Seite 23

Um das auszugleichen, hören Sie zu, dann werden auch Sie diese Informationen haben und wissen, dass Ihre eigenen Gewerkschafter dieses Gesetz, das die Neuregelung des Sonderurlaubs zum Inhalt hat, mitverhandelt und diesem zugestimmt haben.

Die Dienstrechts-Novelle 2002 enhält sehr viele positive Punkte, wie etwa die Abgeltung von Hinterbliebenen, die, wie ich glaube, noch nicht erwähnt worden ist. Das halte ich auch für eine sehr wichtige Maßnahme. Sie bedeutet für die Menschen, deren Familienmitglieder, Ehemänner oder Partner, im Ausland für den Staat tätig sind und dabei oft großen Gefahren ausgesetzt sind, eine Beruhigung. Man kann menschliches Leid dadurch nicht gut machen, aber einen finanziellen Trost schafft diese Novelle allemal.

Mit der Schaffung der Familienhospiz haben nun alle Dienstnehmer die Möglichkeit, sich auf das Menschsein wieder zurückzubesinnen und für ihre Angehörigen zu Hause zu sein. Etwas wirklich Revolutionäres daran ist, dass der Staat ja weiterhin die Pensions- und Unfallversicherungsbeiträge übernimmt. Ich meine, dass damit ein sehr positiver Weg geschaffen wurde, um in Frieden und in Menschlichkeit die letzten Tage mit den Menschen, die einem am meisten bedeuten, verbringen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Frau Vizekanzlerin hat hier die Bemerkung gemacht, dass wir damit einen anderen Weg einschlagen, als es zum Beispiel die Niederlande tun. Dabei möchte ich aber in keiner Weise Kritik üben, weil ich weiß, dass das ein sehr sensibles Thema ist und dass jeder Staat mit dieser sensiblen Materie so umgehen muss, wie er glaubt, dass es am besten ist, denn man weiß nie, welche Regelung absolut richtig ist. Auf der einen Seite gibt es sicherlich ein Selbstbestimmungsrecht des Menschen, auf der anderen Seite gibt es aber die Pflicht, Menschenleben so lange wie möglich zu erhalten. – Die neue Regelung ist, wie ich meine, sehr human und für den Dienstnehmer absolut vertretbar.

Der Punkt "Sonderurlaub" wurde schon behandelt, dazu brauche ich also nichts mehr zu sagen, aber zum Punkt "Gruppenrechtsschutzversicherung für Beamte des Exekutivdienstes" darf ich doch ein paar Worte verlieren. Es ist mir unverständlich, warum gerade von Seiten der Sozialdemokraten immer wieder gesagt wird: Warum soll es gerade für Exekutivbeamte eine Gruppenrechtsschutzversicherung geben?! – Dazu darf ich sagen: Es ist doch eigentlich ganz klar und ganz logisch, dass gerade die Exekutivbeamten das brauchen, weil sie im Rahmen von Demonstrationen und Ähnlichem ständig damit konfrontiert sind, in Gewalt hineingezogen und in diesem Zusammenhang möglicherweise geklagt oder Opfer ungerechtfertigter Angriffe werden.

Denken Sie doch nur daran, was sich jetzt an vielen Schulen tut, wie die Gewalt an vielen Schulen eskaliert! Denken Sie daran, wie sich die Drogensituation verschärft! Ja wer, meine sehr geehrten Damen und Herren, tritt denn dieser Gewaltszene gegenüber? – Es sind die Exekutivbeamten!

Oder denken Sie an Sicherheitsvorkehrungen bei internationalen Konferenzen oder an die von Ihnen im Moment nicht so sehr geliebten Demonstrationen, von denen Sie sich jetzt offenbar distanzieren! Zumindest Kollege Schennach hat dies vorhin getan. Er hat sich im Gegensatz zu den Sozialdemokraten offen gegen jede Form der Gewalt ausgesprochen. Das ist etwas Positives! Das haben wir von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, heute noch nicht gehört. (Bundesrat Gasteiger: Rede keinen Blödsinn daher!)

Allerdings muss ich sagen: Mir fehlt ein bisschen der Glaube daran, dass das auch wirklich stimmt. Heute scheint Herr Kollege Schennach doch Kreide gegessen zu haben, denn wenn man sich die Demonstrationen vor Augen führt, dann muss man schon sagen, dass die Grünen nie ganz unbeteiligt sind, wenn es zu Eskalationen kommt.

Ich nenne dafür ein paar Beispiele, weil es immer so ausschaut, als würden wir etwas sagen, das nicht zu beweisen wäre. Natürlich gibt es solche Beispiele! Den 13. April will ich jetzt gar nicht erwähnen, aber die Vorfälle in Genua oder die Vorfälle in Göteborg sind ein Beweis dafür, denn da war die linke gewaltbereite Szene dabei, meine Damen und Herren!


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Oder zu einem Vorfall, der sich vor einigen Tagen in Berlin abgespielt hat: Dort hat es Krawalle gegeben, und es wurde der Vorwurf erhoben, die Abwesenheit der Polizei sei zeitweise gewollt gewesen. Es sind bei diesen Krawallen in Berlin 190 Polizeibeamte verletzt worden. Das heißt, da sind schon Dinge im Laufen, die man zu beachten hat.

Um noch einmal auf die Grünen zu sprechen zu kommen: Ist es ein Zufall, dass es sich bei diesem Land, in welchem es zu solchen schweren und massiven Eskalationen gekommen ist, um ein Land handelt, in welchem es eine rot-grüne Regierung gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Tiefstes Niveau! – Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer  – in Richtung des Bundesrates Gasteiger –: Ist aber wahr!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ebenfalls bei den Exekutivbeamten bedanken, die sich in Ausübung ihrer Tätigkeit für den Staat einsetzen, und das oft unter nicht sehr leichten Bedingungen.

Die Schaffung der Gruppenrechtsschutzversicherung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Damit wird verhindert, dass die Polizisten und die Gendarmeriebeamten, dass alle Exekutivbeamten nicht auch noch den Finanzierungsnachteil hinnehmen müssen, sondern dass dieser von nun an vom Staat getragen wird.

Wie schon gesagt wurde, gibt es auch für andere Mitarbeiter im öffentlichen Dienst die Möglichkeit, eine Abgeltung jener Maßnahmen zu bekommen, die sie ergriffen haben, um strafrechtliche Vorwürfe abzuwenden. Die Abgeltung erfolgt allerdings erst im Nachhinein, und zwar werden Barauslagen ersetzt. Auch das ist eine sehr positive Neuregelung, für die wir der gesamten Regierung nur ein Dankeschön sagen können.

Ich wiederhole noch einmal und sehr deutlich: All das sind Dinge, die eigentlich von einer Regierung unter sozialdemokratischer Ägide längst hätten gelöst werden müssen, denn das waren jahrzehntelang Forderungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es hat, wie wir sehen können, einer Trendumkehr bedurft, dass diese Probleme endlich einmal erkannt und auch gelöst worden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend möchte ich noch auf Mahatma Gandhi verweisen, der auch gesagt hat, dass gewalttätige Maßnahmen, egal in welcher Form auch immer, immer weitere Gewalt auslösen, weil nämlich auch die Errungenschaften, die damit verbunden sind, letztlich nur über Gewalt festgehalten und gesichert werden können.

Daher bitte ich Sie – Herr Professor Konecny, Sie im Besonderen –, und zwar alle Mitglieder der SPÖ: Schauen Sie nicht weg, wenn Gewalt geübt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Schauen Sie nicht augenzwinkernd weg, wenn Gewalt nur aus einer bestimmten Ecke kommt! Gewalt in jeder Form, ob von Rechts oder von Links, ist zu verurteilen, und dieses Bekenntnis sind Sie uns hier noch schuldig geblieben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.55

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Professor Konecny.

12.55

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Ich nehme mit Bedauern zur Kenntnis, dass Sie meine Einladung nicht beantwortet haben, sondern nur Ihre bekannten Schlagworte über die angebliche Gewaltnähe von SPÖ und Grünen hier wiederholt haben. Ich bedauere das sehr, weil ich meine, dass jenseits der puren Ressortverantwortung diese Regierung eine Gesamtverantwortung für den Frieden in diesem Land hat, in die auch die Vizekanzlerin als stellvertretende Regierungschefin eingebunden ist. (Bundesrat Ing. Klamt: Die wird wahrgenommen!) Das haben wir auf der Kärntnerstraße gesehen, wie diese Gesamtverantwortung wahrgenommen wird! (Bundesrat Mag. Gudenus: Ah, Sie waren auch dabei!) – Nein, auf der Kärntner Straße nicht, aber selbstverständlich war ich bei der


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687. Sitzung / Seite 25

Demonstration gegen diese ungeheure neofaschistische Provokation dabei! Was denn sonst hat ein aufrechter Demokrat an einem solchen Tag zu tun? (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach.  – Bundesrätin Haunschmid: Vermummt?) Ich werde an jeder dieser Demonstrationen teilnehmen, friedlich, aber entschlossen, Herr Kollege, und ich werde Sie, wie so oft, auf der anderen Seite treffen. Das trennt uns! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach.  – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Haunschmid: Steine schmeißen – das ist friedlich?)

Herr Kollege! Ich begrüße es, dass der Militärkommandant von Wien die Krypta unter dem Heldendenkmal für den am 8. Mai beabsichtigten Mummenschanz nicht zur Verfügung stellt. Dieser politischen Weisheit und diesem Verantwortungsbewusstsein sind in höchstem Maße Respekt zu zollen. Ich begrüße die Absicht der Wiener Polizei, den Heldenplatz – wie immer er jetzt heißt, vorläufig heißt er topographisch noch so (Bundesrat Dr. Aspöck: Platz für die Opfer des Faschismus!)  – am 8. Mai für Demonstrationen zu sperren. Ich glaube, auch dies ist ein Beitrag zu jener öffentlichen Sicherheit und zu jener demokratischen Entwicklung, die wir wollen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Aspöck. )

Herr Kollege! Wenn es Ihnen nicht recht ist und Sie für Prügeleien eintreten, steht Ihnen das natürlich frei. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wir wollen in dieser Stadt – und ich bin Wiener Bundesrat, und ich kann mich vollinhaltlich mit den Worten meines Landeshauptmannes und Bürgermeisters identifizieren – keine Demonstration, die den Tag, der die Nachkriegsentwicklung ermöglicht hat, als Trauertag begeht. Das ist eine Verletzung des Grundkonsenses unserer Republik, und dagegen muss sich diese Republik zur Wehr setzen! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Herr Kollege Khol wird schon gewusst haben, was er gemeint hat, als er unter einer anderen Konstellation die FPÖ außerhalb des Verfassungsbogens angesiedelt hat. Es hat ihn und andere nicht daran gehindert, diese Regierungszusammenarbeit einzugehen. Darauf angesprochen, hat Herr Klubobmann Khol einen bemerkenswerten Satz – ich habe ihn schon ein paar Mal zitiert – gesprochen, in dem er "die Wahrheit zur Tochter der Zeit" erklärt hat.

Da hat Herr Professor Khol offensichtlich die Generationenfolge ein wenig verwechselt. Es ist die Zeit, die, wenn sie eine gute Zeit ist, eine Tochter der Wahrheit ist. Aber wenn die Zeit, in der Menschen zu leben gezwungen sind, eine Tochter der Lüge ist, dann ist es eine schlechte Zeit. Herr Professor Khol wird daran nichts ändern, indem er die Dinge umkehrt.

Diese Zeit, in der wir leben, ist eine Zeit, die eine Tochter der Lüge ist. Die ÖVP hat – und ich bedauere das zutiefst – ihre oder viele – ich bin zurückhaltend – ihrer Basiswerte auf dem Altar des Machtgewinns und Machterhalts geopfert. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: Sagen Sie uns diese Werte!)

Wir betteln um nichts, aber wissen Sie, Herr Kollege, wir haben in vielen Jahrzehnten zusammengearbeitet – mit Problemen und Konflikten und mit gemeinsamen Haltungen. Nichts davon möchte ich aus der Geschichte dieses Landes, aber auch nicht aus der Geschichte meiner eigenen Partei streichen. Die Menschen, die mir politisch Vorbild gewesen sind – die Hälfte davon war von der ÖVP –, haben auch dann, wenn die Konflikte zwischen diesen Parteien hart geworden sind, etwas beschworen, von dem ich und Menschen meiner Generation – und erst recht Ihrer – naturgemäß nur vom Hörensagen sprechen können. Aber wenn diese Gründungsmütter und -väter unserer Republik vom Geist der Lagerstraße gesprochen haben, der sie zusammengeschweißt hat, dann haben sie gewusst, wovon sie geredet haben. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Mir steht es nur zu, das ehrfurchtsvoll zu zitieren, doch, Herr Kollege, ich meine, dass das zu den Grundwerten gehört, und zwar zu den ganz wichtigen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Diese Republik – und das steht in ihrer Geburtsurkunde – ist aus dem Geist des Antinazismus geboren, und wir haben das täglich neu zu erringen. Wissen Sie, im Gegensatz zu anderen bin ich nicht der Meinung, dass sich Menschen nachfolgender Generationen eine Schuld zu tilgen


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haben für etwas, an dem sie nicht mitgewirkt haben, und ich bin auch ausdrücklich der Meinung, dass sich Menschen nachfolgender Generationen keine Verdienste anheften können, die sie selbst nicht erworben haben, sondern die jene ihrer Familie oder ihrer politischen Bewegung sind. (Bundesrätin Haunschmid: Das ist auch richtig so! Das ist völlig richtig!) Aber die politische Verantwortung und die moralische Verantwortung, die jeder von uns trägt, sind, wie er sich mit der Geschichte und der Rolle, die Menschen seiner Bewegung, vielleicht aus seiner Familie dabei gespielt haben, auseinander setzt. (Bundesrätin Haunschmid: Schauen Sie bei Ihrer eigenen Bewegung! – Bundesrat Dr. Aspöck: Da sollten Sie in Ihrer eigenen Partei schauen!)

In unserer eigenen Bewegung hat es – und wir haben sie moralisch verurteilt –, Verräter gegeben, die dem braunen und auch dem schwarzen Faschismus gedient haben. Das sind die Unnamen unserer Bewegung geworden. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Die sind Minister geworden unter Kreisky!) Ich habe kein Problem, darüber zu sprechen. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Die sind noch bei Kreisky Minister geworden!) Wir haben Menschen erlebt, die offen einbekannt haben, Frau Kollegin – und dieses Einbekenntnis fehlt auf Ihrer Seite so nachhaltig –, dass sie einem politischen Verführer aufgesessen sind, und sofern sie sich keiner persönlichen Schuld schuldig gemacht haben, haben sie – in viele Parteien – zurückgefunden.

Einer meiner väterlichen Freunde – kein Sozialdemokrat im Übrigen oder nicht in erster Linie Sozialdemokrat –, Dr. Albert Massiczek, der vor einem Jahr gestorben ist, hat Wert darauf gelegt ... (Bundesrätin Haunschmid: Demokraten gibt es nicht mehr viele bei den Sozialdemokraten!)  – Bitte? (Bundesrätin Haunschmid: Demokraten gibt es nicht mehr viele bei den Sozialdemokraten hier herinnen!) Frau Kollegin! Ich würde mir an Ihrer Stelle ein wenig überlegen, welchen Unflat Sie in diesem Haus aussprechen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Was ist das für ein Stil?)

Herr Kollege! Sagen Sie das zwei Plätze weiter! Ich meine, es gibt Grenzen. Politische Auseinandersetzung ist gut, aber es gibt Grenzen der politischen Diffamierung.

Jener Mann, von dem ich sprach, bevor die Frau Kollegin ihre sehr unpassende Bemerkung machte, hat Wert darauf gelegt, seine Autobiographie mit dem Titel "Ich war Nazi" zu versehen, also etwas nicht zuzudecken, sondern zu einem, dem gravierenden Fehler seines Lebens zu stehen, der ihn – was nicht bei jedem der Fall war – noch vor dem Jahr 1945 in den aktiven Widerstand geführt hat. Das ist eine Haltung, die Respekt erheischt.

Ich habe nicht die geringste Absicht, irgendjemandem vergangene Verfehlungen, sofern sie nicht krimineller und menschenverachtender Natur sind, vorzuwerfen. Ein Mensch macht eine Entwicklung durch, aber im Irrtum zu verharren, in der Sünde zu verharren, ist etwas anderes. Sich jetzt unter dem Vorwand des Totengedenkens in Wirklichkeit in die militärische Tradition des NS-Regimes zu stellen (Bundesrat Dr. Aspöck: Das ist unerhört!), jetzt unter dem Vorwand, es ginge um die Großvätergeneration, die Wahrheit über das, was im Zweiten Weltkrieg geschehen ist, anzuklagen und anzuprangern, das ist verachtenswert, abzulehnen und gegen den Grundkonsens dieser Republik. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Aspöck: Wenn Sie von politischem Anstand reden, dann sollten Sie das bei sich selbst tun! Es ist unerhört, was Sie hier unterstellen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege und Frau Kollegin! Es ist auch zutiefst verräterisch, wer sich an welcher Stelle getroffen fühlt. Das Urteil der Geschichte ist gesprochen. Die Frage ist nur, auf welche Seite man sich stellt. Ihre Zwischenrufe scheinen mir anzudeuten, auf welcher Seite Sie Ihren Platz finden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.07

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Vizekanzlerin. – Bitte.

13.07

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bedanke


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mich bei Herrn Kollegen Kone
cny für die Klarstellung, dass er auch Teilnehmer der Demonstrationen war. Ich bedaure zutiefst, dass Sie – sehr im Gegensatz zu Herrn Kollegen Schennach – sich nach wie vor weigern, und zwar nachhaltig weigern, trotz mehrfacher Aufforderung, sich von jeder Form der Gewalt von rechts und von links zu distanzieren, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Sie müssen ein wenig zuhören! – Bundesrat Gasteiger: Das hat er gemacht!)

Sie haben auch kein Wort der Entschuldigung für Herrn Edlinger gefunden. Sie haben kein Wort der Distanzierung vom Herrn Edlinger gefunden, der offensichtlich ... (Bundesrat Konecny: Nein! Mit Sicherheit nicht!)  – Mit Sicherheit nicht. Es ist schön, dass Sie das sagen, denn dann wissen wir wenigstens, wes Geistes Kinder Sie sind. (Bundesrat Konecny: Wir sind Kinder der Demokratie! – Bundesrätin Schicker: Gott sei Dank wissen wir, wes Geistes Kinder wir sind! Gott sei Dank wissen wir das!) Herr Edlinger ist offensichtlich der Meinung ... (Rufe und Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.) Ich weiß schon, dass das peinlich für Sie ist, aber Herr Edlinger ist offensichtlich als Abgeordneter dieser Republik, der einen Eid auf die Verfassung geschworen hat, der Meinung, dass es sarkastisch oder lustig oder sonst irgendwie legitim sei, "Sieg Heil!" im Hohen Haus in Österreich zu rufen. Und ich halte das für inakzeptabel für einen Parlamentarier dieser Republik. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Sagen Sie dazu, welche Rede Frau Partik-Pablé gehalten hat! – Bundesrat Konecny: Aber die Rede der Abgeordneten Partik-Pablé halten Sie für legitim! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ihr Verhältnis zur Demokratie und zum Rechtsstaat, Herr Kollege Konecny, meine sehr geehrten Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, wird so lange hinterfragt werden müssen, solange nicht klar ist, auf welcher Seite Sie stehen, nämlich auf der Seite des Rechtsstaates oder auf der Seite der Gewalt auf der Straße. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerliche lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und diesbezüglich fehlt immer noch ein eindeutiges Bekenntnis von Ihnen.

Da Sie den 8. Mai und das Totengedenken angesprochen haben, Herr Kollege Konecny, sage ich Ihnen: Die Innerminister Löschnak, Einem und Schlögl haben diese Veranstaltung genehmigt. Haben sie die einmal gefragt, wie sie dazu stehen? Haben Sie sich einmal hier heraußen an diesem Rednerpult so erregt, wie Sie das heute getan haben? – Nur dann wären Sie nämlich glaubwürdig in dieser Frage, Herr Kollege Konecny. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Anhaltende Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Was Ihre Teilnahme an Demonstrationen betrifft, so steht es Ihnen frei, an jeder Demonstration teilzunehmen, an der Sie möchten, Herr Kollege Konecny, aber legitim ist es nur dann, wenn Sie auch klare Worte zur Distanzierung von den gewalttätigen Rabauken finden, denn sonst fällt mir eigentlich nur eines in diesem Zusammenhang ein: Zeige mir deine Freunde, und ich sage dir, wer du bist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Lebhafte Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Sie haben sich jetzt gerade zu Ihren Freunden bekannt! Das nennt man einen Selbstfaller! – Bundesrat Gasteiger: Ihre Freunde sind Haider & Co! )

13.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Genau das, was wir uns vor nicht einmal zwei Stunden im Prinzip geschworen haben (Bundesrat Gasteiger: Die Frau Vizekanzlerin war ja nicht dort!) , nämlich auch an die Gewalt der Sprache zu denken beziehungsweise das zu umgehen, ist genau jetzt wieder passiert. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Das ist ungeheuerlich!) Frau Vizekanzlerin! Ich halte es für Polemik von der Regierungsbank (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Das ist ungeheuerlich!) , wenn einer Fraktion vorgeworfen wird, dass sie Sache mit Radaubrüdern, mit Gewalttätigen macht. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. – Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Das ist ungeheuerlich!) Diese Verallgemeinerungen haben hier keinen Platz. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Das ist ungeheuerlich!)

Ich frage: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Bitte, Herr Kollege Bieringer.


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13.10

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor nicht ganz zwei Stunden haben wir bei einer beeindruckenden Feierstunde jener Menschen gedacht, die durch eine Diktatur und durch ein Verbrecherregime ums Leben gekommen sind. Wenn wir heute, zwei Stunden später, all das schon wieder vergessen, dann wird mir auch traurig zumute, das möchte ich ausdrücklich sagen.

Herr Kollege Konecny! Es erfüllt mich mit Sorge, wenn es Gruppierungen in diesem Land gibt, die immer von Demokratie sprechen, aber unter Demokratie nur das meinen, was sie gerade denken.

So kann es bitte in diesem Lande auch nicht sein, dass man vor Blindheit auf einem Auge alles andere übersieht; weder von Links noch von Rechts. Ich meine, wenn wir aufrechten Ganges gehen und uns Vorbilder nehmen, die Leid, unsagbares Leid in diesem Lande ertragen haben, dann brauchen wir nicht auf einem Auge blind zu sein.

Ich würde Sie daher eindringlich bitten, Schuldzuweisungen, ganz gleich gegen welche Seite, zu unterlassen. Wir haben es in diesem Lande nicht ... (Bundesrat Konecny: Warum kritisieren Sie die Frau Vizekanzlerin?) Deuten Sie nicht in Richtung Regierungsbank, Herr Kollege! Wie man in den Wald hineinschreit, so kommt es zurück. Das ist ein altes Sprichwort. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich würde eindringlich bitten, diese falsche Einäugigkeit aufzugeben! Schauen wir geradeaus! Dieses unser Land ist es wert, dass wir geradeaus schauen, und ich glaube, wir sind stolz darauf, in diesem Land leben zu können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Professor Böhm. – Bitte.

13.13

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr verehrte Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Auch ich möchte meiner Betroffenheit Ausdruck verleihen an diesem heutigen Tag, der einer Gedenkstunde, die würdig verlaufen ist, gedient hat, und ich stehe auch nicht an, nochmals meine große Hochachtung für die Reden, insbesondere unserer Frau Präsidentin, zum Ausdruck zu bringen.

Ich hätte auch gerne an die bedenkenswerten Worte der Frau Vizepräsidentin angeknüpft, wenn sie dann nicht leider doch zu einer sehr einseitigen Bewertung der Vorgänge gefunden hätte. Denn sie hat zwar Stellungnahmen der Frau Vizekanzlerin kritisiert, die aber eine eindeutige Reaktion auf verbale Entgleisungen waren, die sich die sozialdemokratische Fraktion hat zuschulden kommen lassen.

Herr Kollege Konecny! Ich bedauere es zutiefst, dass Sie diesen Tag zum Anlass genommen haben, sich hier wirklich verbale Entgleisungen zu leisten, die ich von Ihnen in dieser Form bisher noch nicht gewohnt war. Sie haben es als richtig angesehen, Mitgliedern meiner Fraktion Sympathie für Gewalttätigkeit zu unterstellen, ja, Sie haben es für nötig befunden, zu sagen, dass Sie natürlich immer bei antifaschistischen Demonstrationen teilnehmen (Bundesrat Konecny: Ja! – Bundesrätin Mag. Trunk: Das wird ja noch nicht verboten sein?)  – das ist legitim, das würde ich völlig unterschreiben –, aber Sie haben Herrn Kollegen Gudenus unterstellt, dass er auf der anderen Seite anzutreffen sei. Das befinde ich als eine ganz schlimme Entgleisung, die mindestens einen Ordnungsruf verdient hätte; so wie auch manche andere Äußerung von Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben von Dummheit gesprochen, Sie haben von Unflat gesprochen. Das ist ein Stil, den sich ein Professor eigentlich nicht erlauben sollte!


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Ich muss auch wirklich sagen, ich betrachte es als reine Unterstellung, wenn Sie jedem, der Gefallener gedenkt, vorwerfen, dass er dem NS-Regime nachweint. Und ich halte es für eine reine Unterstellung, wenn Sie Demonstranten gegen eine Ausstellung, bei der professionelle Historiker schwerste Mängel festgestellt haben (Bundesrätin Mag. Trunk: Die korrigiert worden sind!) , vorwerfen, dass sie leugnen wollten, dass auch die Wehrmacht in Kriegsverbrechen verwickelt war.

Das sind ungeheuerliche Unterstellungen, die ich namens meiner Fraktion und persönlich auf das Schärfste zurückweise! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Himmer. – Bitte.

13.15

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Ich denke, dass in den Worten des Professor Konecny sehr viel Wahrheit gewesen ist, und ich glaube, dass 70 Prozent der Ausführungen und der Bewertungen solche sind, die wir alle gemeinsam teilen. Ich möchte nur einmal in aller Sachlichkeit festhalten – und ich glaube, das ist das, was im Kern auch meine Fraktion stört –, dass Sie denken, ein Gutmenschen-Monopol für die Sozialdemokratie in dieser Frage arrondieren zu können, und das empfinde ich in diesem Zusammenhang einfach als nicht richtige Haltung.

Ich habe im Reichsratssitzungssaal die Frau Vizepräsidentin Haselbach immer wieder gesehen und durchaus ihre ehrlich gemeinte Rührung registriert, mit der sie diese Sitzung miterlebt hat. Aber gerade dann, Frau Vizepräsidentin, wenn Sie selbst bei diesem Thema so sensibel sind, würde ich mir doch auch erwarten, dass Sie ein Mindestmaß an Verständnis dafür haben, wie beleidigend es für andere ist, von dieser Distanzierung zu diesen schrecklichen Gräueltaten ausgeschlossen zu sein. Das ist zutiefst beleidigend, von dieser Distanzierung ausgeschlossen zu werden.

Ich würde Sie sehr wohl bitten, das auch einmal zu berücksichtigen und gerade als Präsidentin in Stunden wie diesen, zumindest wenn Sie den Vorsitz führen, zu versuchen, Objektivität walten zu lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich darf vielleicht noch einmal kurz erklären, wogegen ich mich hier ausgesprochen habe. Ich habe mich hier dagegen ausgesprochen, dass einer Fraktion pauschal etwas unterstellt wird. Nicht mehr und nicht weniger habe ich getan. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Ich habe eine Frage gestellt an den Herrn Konecny! – Bundesrat Dr. Aspöck: Dass Herr Konecny uns permanent etwas unterstellt hat, das hat Sie nicht gestört! – Bundesrat Dr. Böhm: Er hat uns Faschismus unterstellt! – Bundesrat Dr. Aspöck: Das stört Sie nicht!)

Ich war nicht im Saal, das werden Sie gesehen haben, ich bin unmittelbar um 13 Uhr hereingekommen, um die Frau Präsidentin abzulösen. Was sich vorher abgespielt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich bin gerne bereit, die Protokolle kommen zu lassen. Warum denn nicht? – Dazu werden Protokolle geführt.

Aber ich verwahre mich dagegen, dass man auch mir unterstellt, auf einem Auge blind und auf einem Ohr schwerhörig zu sein. Ich versuche, nach bestem Wissen und Gewissen die Verhandlungen hier zu führen und auch die Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen außerhalb dieses Raumes in einer Form zu führen, dass sie demokratischen Gepflogenheiten entsprechen.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. – Bitte.


Bundesrat
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13.20

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Gedenkveranstaltung hat auch mich sehr beeindruckt, und ich darf daran erinnern, dass ich im Vorjahr als Präsident des Bundesrates bei dieser Veranstaltung nicht das Wort ergreifen durfte (Bundesrat Dr. Böhm: Das war sozialdemokratisch! – Bundesrat Dr. Aspöck: Das war ein sozialdemokratischer Trick!) , obwohl ich wirklich offen und ehrlich von dem Gedanken getragen war, zur Klimaverbesserung beizutragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Veranstaltung hat auf uns alle gewirkt, und etwas auf sich wirken lassen, bedeutet für mich eigentlich, ruhig zu sein (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie möchten gerne, dass wir ruhig sind!) und solch eine Veranstaltung wirklich auf sich wirken zu lassen.

Herr Professor Konecny! Sie kommen hier heraus, und im ersten Moment war ich der Ansicht, dass Sie diese Veranstaltung wirklich beeindruckt hat und dass Sie im Sinne dieser Veranstaltung hier sprechen werden. Aber bereits nach kurzer Zeit werden Sie zum Provokateur. Sie provozieren hier einen politischen Konflikt, und das kann doch nicht im Sinne dieser Gedenkveranstaltung sein, die wir kurz zuvor auf uns haben wirken lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu diesem 8. Mai 1945: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser 8. Mai muss ein Gedenktag sein angesichts der vielen Toten – der Zivilisten und auch der Soldaten – auf allen Seiten. Dieser Tag kann natürlich auch im Sinne der positiven Entwicklung, die unser Land im Nachhinein genommen hat, ein Jubeltag sein. Aber beide Möglichkeiten müssen doch im Sinne dieser Veranstaltung, die wir heute erlebt haben, nebeneinander stehen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.23

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz zur Errichtung einer Marchfeldschlösser Revitalisierungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H. – Marchfeldschlösser-Gesetz (628/A und 1076/NR sowie 6633/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung: Marchfeldschlösser-Gesetz.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Grissemann übernommen. Ich bitte um den Bericht.


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Berichterstatter Wilhelm Grissemann:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Hoher Bundesrat! Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich auf den Antrag.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hensler. – Bitte.

13.24

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Wir haben gemäß der heutigen Tagesordnung den Beschluss über die Marchfeldschlösser zu fassen.

Erlauben Sie mir, dass ich eingangs von meiner Warte aus etwas klar und deutlich sage: Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Entschluss, und zwar auf der einen Seite für die Region, für die Ostregion, in der ich lebe, gleichzeitig aber auch für Österreich. Es ist sicher so – das möchte ich auch ganz klar und deutlich herausstreichen –: Die Region, die Ostregion hatte in den letzten Jahren große Probleme, große Herausforderungen zu bewältigen. Wir befinden uns im unmittelbaren Bereich von zwei Grenzen, auf der einen Seite Ungarn, auf der anderen Seite die Slowakei. Aber ich sehe in diesem Gesetz – und das möchte ich auch hervorstreichen – eine große Chance für die Zukunft, für den Fremdenverkehr, den Tagestourismus und, so möchte ich sagen, den Kulturtourismus. Kultur ist ein Gut, das zweifelsohne außerordentlich wichtig ist, und ich sage ganz wertfrei: Die Ostregion hat kulturell sehr viel zu bieten: die Römer, den archäologischen Park und nicht zuletzt die Marchfeldschlösser, die wir heute auf der Tagesordnung haben.

Ich bin sehr dankbar, dass sich die Region, der Fremdenverkehr in diesem Bereich vehement bemüht. Der Tourismus March-Donauland bemüht sich vehement, die Region in den Mittelpunkt zu stellen. Wir haben im abgelaufenen Jahr zwei Millionen Besucher in unserer Region gehabt und 210 000 Nächtigungen. Was mich persönlich aber freut, ist: Die Zahl der Besucher der Marchfeldschlösser belief sich auf ungefähr 50 000.

Jetzt einige Sätze zum vorliegenden Gesetzentwurf: Diese Betriebsgesellschaft ist Tochter der Schönbrunn-Gesellschaft. Ziel ist es, die Marchfeldschlösser zu sanieren. Diesbezüglich wurde mit Weitblick gehandelt. Bezüglich dieser Schlösserstraße wurden mit sehr viel Engagement Maßnahmen im Bereich der Kultur, aber in diesem Weitblick gleichzeitig auch übergreifende Maßnahmen gesetzt.

Die Marchfeldschlösser tragen wesentlich dazu bei, in unserem unmittelbaren Bereich, in der Region, gewisse Akzente und Impulse zu setzen, und dieses Gesetz wird ganz einfach die Grundlage dafür schaffen. Gleichzeitig bin ich sehr dankbar, dass von Seiten des Bundes vehemente finanzielle Unterstützung gewährleistet ist. 26 Millionen € wurden von Seiten des Bundes zur Verfügung gestellt. Danke schön, sehr geehrter Herr Bundesminister, für dieses Entgegenkommen! Es belebt zweifelsohne unsere Region. Das Land Niederösterreich stellt ebenfalls 4 Millionen € zur Verfügung.

Die erste Bauphase wurde durch die Hochbau-Milliarde bis 2003 mit einer Million Euro abgesichert. Auch in diese Richtung sage ich unserem Präsidenten Werner Fasslabend als Präsident der Marchfeldschlösser herzlichen Dank. Er hat sich vehement bemüht.

Die historische Bedeutung der Marchfeldschlösser und ihr Wert als Baujuwel machen sie zu einem wichtigen Teil des kulturellen Erbes unserer Republik Österreich.


Bundesrat
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Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, Hoher Bundesrat, sei gesagt: Dieser wichtige Beschluss über die Grenzregion sichert auf der einen Seite Arbeitsplätze und belebt auf der anderen Seite die Wirtschaft und kurbelt den Tourismus an. Die Österreichische Volkspartei wird diesem Beschluss gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

13.29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

13.29

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine vereinzelt hier anwesenden Damen und Herren! So unspektakulär dieses Gesetz auch aussehen mag – ich glaube, deshalb haben so viele den Raum verlassen –, so freut es mich doch auch persönlich, dass dieses Gesetz zu Stande kommt. Wir haben lange darüber diskutiert. Einer der Anfangspunkte dieser Diskussion war die Gründung der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft mbH – damals ein Initiativantrag der Abgeordneten Eder und Keimel. Auch ich durfte gemeinsam mit den Beamten des Wirtschaftsministeriums damals den Text des Antrages formulieren, und bereits damals haben wir darüber diskutiert, ob nicht eine Erweiterung stattfinden sollte. Wir sind allerdings zu dem Schluss gekommen, dass man zunächst einmal sehen sollte, wie sich das Schloss Schönbrunn bewährt, ob diese Organisationsprivatisierung tatsächlich sinnvolle Ergebnisse liefert, was sie, so glaube ich, ohne Zweifel getan hat.

Die bevorstehende Osterweiterung wird gerade für dieses nunmehrige Projekt der Marchfeldschlösser sicherlich bedeutend sein. Sie bietet große Chancen, sofern man der Gesellschaft in Zukunft den nötigen Spielraum, auch den nötigen finanziellen Spielraum geben wird, auf den ich noch zurückkommen darf.

Zum Inhalt und zu den Grundsätzen wurde, so glaube ich, bereits alles gesagt, daher vielleicht einige Bemerkungen zu den Zielen: Die angestrebten Ziele – innerhalb von fünf Jahren eine ausgeglichene Gebarung innerhalb der Betriebsgesellschaft zu erreichen – scheinen mir äußerst ambitioniert zu sein. Es ist doch ein relativ hoher Investitionsaufwand gegeben, und es gibt auch noch große Unwägbarkeiten. Aber das Ziel ist sicherlich gut, nämlich innerhalb von fünf Jahren zu versuchen, eine privatwirtschaftliche Organisationsform zu finden, um in der Folge ohne Zuschüsse der öffentlichen Hand auszukommen.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass es ein wesentliches Tourismusprojekt ist; es würde in der Tourismusdiktion unter den Begriff "Themenpark" fallen. Ich glaube, dass dieser Themenpark einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Themenparks hat. Er ist nämlich kein sozusagen künstlich angedachter, sondern ein natürlich vorgegebener, und das bietet doch gewisse Chancen, in der Darstellung nach außen wesentlich organischer zu wirken als manch andere Großprojekte, die irgendwo in die Gegend gestellt werden.

Das Vorhaben ist sicherlich sehr komplex: Es reicht von der Zucht und Präsentation historischer Jagdtierrassen bis zur Notwendigkeit, aus ausländischen Botschaften Ausstattungsgegenstände zurückzuholen, was im Einzelfall vielleicht etwas mühsam sein wird, birgt aber selbstverständlich auch Problembereiche in sich, die ich kurz anführen möchte.

Einer der wesentlichsten Problembereiche für mich ist jener der Ökonomie in Schloss Hof. Dieser Gebäudekomplex ist untrennbar mit dem Schloss verbunden und gehört daher zur Gesamtkonzeption; das ist klar. Tatsache ist aber auch, dass der Erhaltungszustand der Gebäude, wenn man es vornehm ausdrückt, etwas im Argen liegt. Gleichzeitig hört man, dass das Landwirtschaftsministerium beziehungsweise das Gut, das das jetzt bewirtschaftet, eine nicht unerhebliche Ablöse für die Ökonomie haben möchte. Es wird, glaube ich, von 800 000 € gesprochen, die da verlangt werden sollen. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Wirtschaftsministerium wohl diese "Ruinen" – unter Anführungszeichen – um diesen Betrag wird kaufen müssen, um sie danach wieder in das Fruchtgenussrecht der Gesellschaft zu übertragen. Diese wiederum muss den Kaufpreis abgelten, was bedeutet, dass die im Gesetz zur


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Verfügung gestellten maximal 26 Millionen € von vornherein gleich einmal um 800 000 € gekürzt werden.

Verzeihen Sie mir den Ausdruck, aber ich finde, das ist eine kleinkarierte Schrebergarten-Mentalität! Das ist genau jene Mentalität, die damals bei der Gründung der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft auch verhindert hat, dass man damals zu der angedachten großen und sinnvollen Lösung gekommen wäre, unter Einbindung von Palmenhaus, Schmetterlingshaus und auch des historischen Gartens. Ich glaube, dass man mit einem Anerkennungsbeitrag vielleicht auch das Auslangen finden hätte können.

Ein weiterer Punkt, der für die Erfolgsaussichten des Projektes sehr wesentlich sein wird, ist jener der Verkehrsinfrastruktur. Diese Verkehrsinfrastruktur muss sanft ausgebaut werden, aber sie muss ausgebaut werden. Es stellt sich beispielsweise die Frage, wer sich an der Finanzierung etwa eines Shuttle-Busses zwischen den S-Bahnstationen Marchegg, Deutschaltenburg und den beteiligten Schlössern beteiligen wird. Es ist auch zu hoffen, dass das Land Niederösterreich, das, wie bereits gesagt, 4 Millionen € in das Projekt investiert, auch weiter hinter der neuen Brücke über die March, bei Marchegg, stehen wird, und zwar schon deswegen, weil in der Letztausbauphase, wie ich höre, mit 250 000 Besuchern allein für die beiden jetzt erfassten Schlösser gerechnet wird. Mehr als die Hälfte dieser Besucher soll aus den Nachbarländern kommen, und vielleicht wäre es im Rahmen des Ausbaus des Fahrradtourismus, der gerade in dieser Region Niederösterreichs eine große Rolle spielt, interessant, auch noch eine Fahrrad- und Fußgängerbrücke bei der Achse Schloss Hof zu bauen.

Aus Sicht der regionalen Tourismusentwicklung ist natürlich auch eine Einbindung des regionalen Angebots notwendig, das heißt: auch Online-Buchungsmöglichkeiten, virtuelle Kommunikationsplattformen, um zu einem Gesamtangebot der Region zu kommen, mit einem selbstverständlich auch abgestimmten Kriterienkatalog für die Qualität, damit ein einheitliches Erscheinungsbild vorhanden ist.

Es wurde bereits kurz darauf hingewiesen, und auch ich glaube, dass sich mögliche Konzepterweiterungen nicht auf die sechs Marchfeldschlösser beschränken sollten, sondern etwa auch den Bereich südlich der Donau umfassen könnten, also Petronell-Carnuntum, Hainburg beispielsweise, nördlich des Marchfelds mit Dürnkrut, Rabensburg und so weiter, aber auch jenseits der March und der Thaya Schlösser wie Felsberg und Eisgrub. Ich glaube, dass in diesem Zusammenhang die mitteleuropäische Perspektive sehr gut ist. Die Zukunft wird weisen, wie sehr man in der Lage ist, das auch in Anspruch zu nehmen.

Das Ziel der ausgeglichenen Bilanzierung ist, wie ich bereits sagte, sehr ehrgeizig, insbesondere weil etwa die Restaurierung und die Revitalisierung der erwähnten Ökonomie noch nicht bedeckt sind. Es wird auch ein Investitionsbedarf gegeben sein nach den fünf Jahren, die jetzt einmal angedacht werden. Ich glaube, dass dieser Investitionsbedarf nicht dadurch geschmälert werden sollte, dass vielleicht das Bundesministerium für Finanzen auf die Idee kommen könnte, allfällige Gewinne abzuschöpfen. Dass Gewinne mit derartigen Projekten erzielt werden können, zeigt das Schloss Schönbrunn, wiewohl es international eines der wenigen ist, das Gewinne abwirft. Ich hielte es nicht für sinnvoll, da allfällige Gewinne abzuschöpfen und dann möglicherweise jährlich das Parlament damit zu befassen, dass der Rahmen für dieses Projekt wieder aufgestockt werden muss.

Hinsichtlich der erwähnten Notwendigkeit der Rückführung historischer Ausstattungsgüter habe ich auf die Problematik bei den Botschaften bereits hingewiesen. Ich würde es auch begrüßen, wenn sich das Kunsthistorische Museum mit Gütern, die etwa im Depot lagern, einbindet, wobei ich dazu sagen möchte, dass es sich unentgeltlich einbinden könnte.

Dieses Gesamtprojekt beinhaltet meines Erachtens eine Menge Phantasie, aber es wird auch viel Menge Arbeit und großen Koordinierungsbedarf mit sich bringen. Ich bin daher sehr dankbar und froh, dass sich die Kollegen Kippes und Pechlaner bereit erklärt haben, das in der Anfangsphase zu übernehmen, weil sie wirklich international erstklassiges Know-how besitzen, das sie einbringen können. Es würde mich freuen, wenn sie auch darüber hinaus, also über die


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Einarbeitungsphase hinaus, noch mitwirken könnten. Ich glaube, dass auch den Kollegen Pechlaner und Kippes in diesem Zusammenhang unser Dank gebührt. (Beifall bei der SPÖ.)

13.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Ram. – Bitte.

13.37

Bundesrat Mag. Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem sich beim letzten Tagesordnungspunkt die Gemüter ein bisschen erhitzt haben, glaube ich, sind wir jetzt bei einem Tagesordnungspunkt, bei dem man sich wieder ein bisschen beruhigen und wieder ein bisschen mehr der sachlichen Materie zuwenden kann. Und es ist wirklich eine hervorragende sachliche Materie, die wir heute zu besprechen haben. Ich als niederösterreichischer Abgeordneter, der, ähnlich wie Kollege Hensler, aus der Ostregion stammt, bin natürlich sehr erfreut über diese Vorlage, die wir heute hier zu beschließen haben, und möchte einige Standpunkte meiner Fraktion kurz darlegen.

Das Wichtigste ist von den Kollegen Hoscher und Hensler schon gesagt worden, aber ich möchte noch ein paar Dinge ergänzend erwähnen.

Die Schlösser im Marchfeld sind, wie wir schon gehört haben, sehr eng mit einer wechselhaften und bedeutsamen Geschichte verbunden. Die Blütezeit dieser Geschichte lag im Barock: Damals waren diese Schlösser Zentrum des höfischen Lebens, und besonders die Jagd in diesem Gebiet war von besonderer Bedeutung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute sind sehr viele Teile der Anlagen dieser Schlösser leider vom Verfall bedroht und befinden sich, wie auch im Antrag beschrieben ist, im Dornröschenschlaf. Deshalb ist der heutige Beschluss alleine aus kulturpolitischer und kultureller Sicht sehr bedeutsam.

Für uns gibt es aber auch bedeutende wirtschaftliche Impulse. Immerhin – Kollege Hensler hat es schon erwähnt – stellen der Bund 26 Millionen € und das Land Niederösterreich 4 Millionen € zur Verfügung. Während der Umbauzeiten, während der Errichtung und dann natürlich in weiterer Folge während des Betriebes dieser Schlösser als Art Naturpark wird sicherlich eine ganze Reihe von Arbeitsplätzen geschaffen werden. – Das ist ein positiver Impuls für die gesamte Region, für das Weinviertel und besonders für ein Gebiet, das durch die Ostnähe in letzter Zeit gewisse Abwanderungstendenzen verspüren hat müssen und wo es auch mit der Arbeitsplatzsituation im Moment nicht so gut ausschaut.

Für mich als Freiheitlichen steht natürlich auch der Tourismus besonders im Mittelpunkt. Wir Freiheitlichen stellen nicht nur die Tourismus-Staatssekretärin, sondern wir haben auch bei uns in der Fraktion eine liebe Kollegin, die sich sehr engagiert dem Tourismus widmet. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich kann selbstverständlich nur für meine Fraktion sprechen, aber ich nehme natürlich an, dass ihr in den anderen Fraktionen ebenso Experten sitzen habt. (Bundesrat Gasteiger: Nehme ich an!)

Was den Tourismus angeht, so bieten sich da hervorragende Chancen. Es sind beste Voraussetzungen für ein landschaftlich hervorragendes Gebiet gegeben, ein kulturell hoch stehendes Gebiet, noch dazu in Wien-Nähe. Der Tourismus besteht hier nicht nur aus dem Rad-Tourismus, sondern wird zu einem kulturellen Tourismus weiterentwickelt. Kollege Hensler hat es schon angesprochen; er kennt so wie ich alle diese Schlösser und die ganze Umgebung. Du hast schon ausgeführt, Kollege Hensler, dass man diese Schlösserstraße auch südlich der Donau ausbauen möchte, und besonders Petronell-Carnuntum wäre für uns von enormer Bedeutung, das würde für eine ganze Region einen enormen Aufschwung bedeuten.

Meine Damen und Herren! Kurz zusammengefasst: Ich stimme mit Zuversicht zu; ebenso wie meine Fraktion, und ich hoffe auf eine positive Weiterentwicklung für die gesamte Ostregion


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durch unseren heutigen Beschluss. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Lindinger. – Bitte.

13.40

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wir sprechen über die Revitalisierung der Marchfeldschlösser, und diese Revitalisierung betrifft nicht die Schlösser allein – das wäre ein kunsthistorischer Grund, der sehr zu begrüßen ist, dieses Kulturgut zu erhalten –, sondern die Revitalisierung betrifft natürlich auch den Fremdenverkehr, insbesondere die Belebung dieser Region, die vor nicht allzu langer Zeit auf zwei Seiten – wenn man es als Viereck betrachtet, das Marchfeld, auch das Weinviertel – von einem Eisernen Vorhang umgeben war. Der mangelnde Tourismus, der mangelnde Verkehr über die March und über die Thaya im Norden haben der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes wohl auch sehr geschadet.

Das ist auch ein Aspekt, unter dem die Revitalisierung gesehen werden muss: den Fremdenverkehr durch Belebung der Region zu fördern.

Ein neuer Aspekt hat sich für mich in den letzten Jahren ergeben, und das hängt mit der Globalisierung zusammen, die immer weiter fortschreitet. Sicher haben viele Landschaften in Europa, auch in Österreich, ein Problem mit der eigenen Identitätsfindung. Eine Landschaft, die zusehends verkümmert – und das waren lange Jahre das Weinviertel und auch das Waldviertel –, hat es schwer, eine Identität zu finden. Die jungen Leute wandern ab, sie finden sich in der engeren Heimat dann nicht mehr zurecht. Wenn wir ein solches Gebiet fördern, dann kann das auch die Identität, die Liebe zur eigenen Heimat wiederbringen oder verstärken.

Nicht zu unterschätzen ist der Faktor Arbeitsplätze. Eine Revitalisierung ist nicht nur ein Willensakt, der in einem Gesetz festgelegt ist, sondern Revitalisierung hat auch entsprechende Arbeiten zur Folge, und das bedeutet Schaffung von Arbeitsplätzen, von qualifizierten Arbeitsplätzen, wie ich meine, und das wird sicherlich der Verankerung der Bevölkerung dienen.

Ein weiterer Punkt ist die Verkehrssituation. Diesbezüglich hätte dieses Gebiet, wie ich glaube, ganz gute Voraussetzungen.

Die Schlösser allein zu revitalisieren – da bin ich etwas skeptisch. Wir hätten dann einige Museen mehr in Österreich, und diese Museen würden sich durch gezielte Bewerbung dann gegenseitig konkurrenzieren – und natürlich andere Museen, wenn ich zu besichtigende Schlösser als Museen bezeichne. Wenn wir eine Revitalisierung anstreben wollen, dann muss diese Revitalisierung auch nachhaltig sein, das heißt, die Struktur muss geändert werden. Der Museumsbesuch, der nur in einem Tagesausflug endet, wird sicher nicht die Struktur in diesem Land ändern, denn dann fährt man hin und nach einigen Stunden Besuch wieder nach Hause. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Museumsbahn errichtet wird. Es ist in den letzten Tagen eine Eisenbahn nach dem Museumsdorf Niedersulz um einige Kilometer verlängert worden. Wir haben unweit von diesen Museen das Eisenbahnmuseum Straßhof. Man muss gesehen haben, was es dort alles gibt! Dort stehen Raritäten an Dampflokomotiven, die zum Großteil auch in Betrieb sind, von Freiwilligen in vielen Stunden auch revitalisiert, also wieder in Gang gesetzt werden. Man weiß, dass aus ganz Europa die Eisenbahnfans dorthin strömen, wenn eine bestimmte Lokomotive unter Dampf steht, nur um einige Kilometer mit der Lokomotive – beziehungsweise im Zug hinten – mitgefahren zu sein und das auch zu fotografieren. Das damit zu verbinden, glaube ich, wäre etwas Gutes.

Es ist vor vielen Jahren ein Marchfeldkanal gebaut worden. Der Marchfeldkanal ist an sich nichts Schlechtes und auch nichts Gutes. Er dient eigentlich nur zur Bewässerung, nützt also der Landwirtschaft. Ob er ihr wirklich in dem Maße nützt, wie man gedacht hat, möchte ich bezweifeln. Einen Boots-Tourismus wie in der Normandie oder in Irland wird es dort sicher nicht geben, weil der Kanal viel zu klein ist; dort können höchstens Paddelboote fahren. Aber man


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könnte insgesamt auch diesen Aspekt bedenken. Vielleicht denkt man irgendwann in Zukunft daran, diesen Kanal etwas schiffbarer zu machen und jedenfalls die March und die Thaya in diese Pläne einzubinden.

Wenn man vom Weinviertel spricht, dann sagt einem allein der Name, dass es ein Weingebiet ist. Weinstraßen, Weinpfade gibt es dort schon zum Teil, aber das müsste man vielleicht auch noch etwas verstärken. Das Archäologiemuseum in Niedersulz ist auch weit über die österreichischen Grenzen hinaus bekannt. Dort wird experimentelle Archäologie betrieben, es werden also alte Technologien wieder nachempfunden, sodass man sich vorstellen kann, wie es vor vielen Jahrtausenden gewesen sein könnte.

Die Schlösser zu revitalisieren, bedeutet nicht nur, ein Museum oder einen Tierpark zu schaffen, sondern ich glaube, man könnte dort durchaus auch Theateraufführungen machen. Ich weiß nicht, ob eines der Schlösser Theatersäle hat. Barockschlösser hatten so etwas entweder im Park oder im Gebäude selbst; aber geeignet sind sie dafür. Es hat, so glaube ich, im Schloss Hof vor einigen Jahren noch Konzertaufführungen gegeben.

Niedersulz habe ich bereits erwähnt.

Wenn wir das Projekt mit 26 Millionen € fördern und das Land 4 Millionen zuschießt, so mag das vielleicht der Beginn sein, eine Region zu fördern. Ich möchte es aber nicht so eng sehen, dass nur die Schlösser gefördert werden, sondern es muss wirklich eine ganze Region gefördert werden. Es muss die Region gefördert werden, damit die jungen Leute nicht abwandern, sondern dort bleiben.

Das Land schießt 4 Millionen € dazu; woanders las ich von 4,5 Millionen. Das ist kein sehr großer Unterschied. Ich glaube, das Land sollte vielleicht etwas tiefer in die Tasche greifen. Es ist schließlich Niederösterreich, es ist unser eigenes Heimatland, das da gefördert werden soll. Wenn diese Förderung gelingt, dann haben alle Österreicher einen Nutzen davon, besonders die Niederösterreicher – und das wünsche ich mir. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.47

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

13.47

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Dieses Gesetz zeigt, dass Ausgliederung nicht gleich Ausgliederung ist. Das Projekt dieser drei Schlösser ist eine sehr sinnvolle Form der Ausgliederung, in einem geschichtlich, kulturgeschichtlich, in den Begegnungen der Völker enorm spannungsgeladenen Raum. Ich betrachte dieses Projekt nicht nur unter dem Blickwinkel des Tourismus, sondern vor allem unter diesem kulturgeschichtlichen Aspekt. Es ist meiner Meinung nach auch ein erster Schritt in kultureller Hinsicht in diesem Raum, der dann ein Raum in der Tiefe der Europäischen Gemeinschaft sein wird, ein Raum, der mit Impulsen versehen werden wird, ein kultureller Schritt der EU-Erweiterung, den wir in einem bis dato – das sei zugegeben – benachteiligten Gebiet setzen.

Wenn man die Substanz der drei Schlösser betrachtet, so ist die Bemerkung: "Es war fünf vor zwölf" vielleicht schon optimistisch, denn manche Substanz rechtfertigt diesen Satz nicht mehr. Es war vielleicht nur mehr eine Minute vor zwölf.

Herr Kollege Ram! Aber wenn wir dieses Projekt angehen und darin in erster Linie wieder eine Schlösserstraße, einen Straßenausbau sehen, so ist das, glaube ich, falsch gedacht. Ich denke, es sollte vor allem der kulturelle Aspekt im Vordergrund sein. Es gibt seit Jahren Projekte in diesen drei Schlössern, und es ist möglich, zum Beispiel in allen dreien zusammen die Wallenstein-Trilogie zur Aufführung zu bringen. Für mich ist es eine faszinierende Idee, dass die Besucher im Rahmen dieser Trilogie-Aufführung quasi zu jedem einzelnen Schloss geführt werden.


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Herr Minister! Einige Dinge, die eben noch einige Interpretationen zulassen, sind offen geblieben, so etwa das fehlende Verkehrskonzept. Es wurde heute hier schon gesagt, wir brauchen eine Fahrradanbindung, vielleicht irgendetwas Schiffbares, aber dass es als eine Art Hintertüre benützt wird, um Schlösserstraßen oder Weinstraßen zu machen, das soll es nicht sein und das soll auch nicht dahinter stehen, sondern es soll tatsächlich in diesem Spannungsfeld zur Slowakei, zu Ungarn ein interessantes Projekt werden. Und das Zweite, was mir hier auch gefehlt hat, ist die fehlende Ausschreibung.

Es wäre schöner gewesen, wenn es ausgeschrieben worden wäre. Das wissen Sie aber selbst, Herr Minister! Trotzdem: Es ist ein ambitioniertes Projekt. Ich gebe zu, hinsichtlich der finanziellen Ziele bin ich auch skeptisch, aber es ist ein ambitioniertes Konzept, dem man auf jeden Fall seine Zustimmung geben soll. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

13.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

13.50

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich bedanke mich für die sachliche und im Wesentlichen auch zustimmende Debatte zum Projekt Revitalisierung der Marchfeldschlösser. Herr Bundesrat Schennach! Im Wesentlichen geht es jetzt einmal um zwei Schlösser, Schloss Hof und Niederweiden. Vielleicht haben Sie auf die Marketingkooperation mit Eckartsau Bezug genommen, als Sie von drei Schlössern gesprochen haben.

Ich meine, dass eine Ausschreibung der Geschäftsführung zum jetzigen Zeitpunkt nicht opportun gewesen wäre, weil wir ganz bewusst an das Erfolgsmodell von Schönbrunn, wie das Herr Bundesrat Hoscher von der Sozialdemokratie auch gesagt hat, anknüpfen wollen. Diese Organisationsprivatisierung, diese Ausgliederung – im Übrigen vom jetzigen Bundeskanzler Schüssel damals als Wirtschaftsminister initiiert – ist eine Erfolgsgeschichte geworden, sowohl was das Schloss Schönbrunn als auch was den Tiergarten Schönbrunn anlangt, der im heurigen Jahr als ältester Tiergarten und Zoo der Welt sein 250-jähriges Jubiläum feiern wird. Jetzt zwei oder drei Geschäftsführer, nämlich Herrn Kippes von der Schlossgesellschaft und Herrn Pechlaner vom Tiergarten, zu motivieren, bei den Marchfeldschlössern mitzutun, das Konzept auszuarbeiten, scheint mir allemal der bessere Weg zu sein, als diese Positionen auszuschreiben.

Wie gesagt, die Erfolgsgeschichte Schönbrunn soll fortgesetzt werden. 26 Millionen € plus rund 4 Millionen € von Niederösterreich sind eine erkleckliche Summe, die dort investiert werden kann.

Herr Bundesrat Hoscher! Vielleicht ist es ein Missverständnis: Es ist geplant, nach fünf Jahren den regulären Betrieb ausgeglichen darstellen zu können, wie das beispielsweise jetzt in Schönbrunn im Bereich des Tiergartens der Fall ist. Investitionen werden auch dann noch extra und gesondert zu finanzieren sein.

Ich bin aber Ihrer Meinung, dass die 800 000 €, die im Raum stehen, für die Ökonomie zu hoch gegriffen sind, und bitte meinen Kollegen Molterer auch von dieser Stelle aus, auf seine Kollegen einzuwirken, einen faireren und marktgerechteren, sprich niedrigeren Preis anzusetzen.

Das bietet auch Gelegenheit, dafür zu danken. "Dornröschenschlaf" hieße ja, dass alles von einer Dornenhecke umwuchert ist. So ist es nicht. Die Schlösser sind erfreulicherweise in einem Zustand, dass man durchaus hineingehen kann. Es ist auch so, dass der Marchfelder Schlösserverein unter der Führung des dritten Nationalratspräsidenten Fasslabend über Jahre gute Arbeit geleistet hat, immer wieder Ausstellungen dort hingebracht hat und eine gute Basis für das Revitalisierungskonzept gewissermaßen hinterlassen hat. Es ist also diesen Leuten und Persönlichkeiten zu danken. Ich bitte das Land Niederösterreich, sich in diesem Falle naturgemäß besonders auch mit dem Bund zu bemühen und zu engagieren.


Bundesrat
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Ich glaube, dass wir auf gutem Weg sind, dieses Projekt, das im Parlament mit einer kleinen Einschränkung auf der Ebene des Nationalrates – die Grünen haben das Verkehrsthema ein wenig kritisch gesehen –, aber in Wirklichkeit doch mit einer Vier-Parteien-Einigung verabschiedet worden ist, zu realisieren. Ich gehe davon aus, dass der Bundesrat das heute ähnlich sehen wird, dass dieses Projekt ein weiteres Herzeigeprojekt werden kann und sich in einigen Jahren die Marchfeldschlösser – Schloss Hof und Schloss Niederweiden sind einmal die ersten beiden wichtigen Projekte – in eine würdige Reihe mit Schönbrunn stellen werden. Vielleicht ist es kein Zufall, dass Schloss Hof nach Schönbrunn das größte Schloss Österreichs ist und dass auch diese beiden Marchfeldschlösser Schloss Hof und Niederweiden untrennbar verbunden sind mit den Namen der Baumeister und Architekten Lukas von Hildebrandt und Fischer von Erlach und mit den Namen Maria Theresia und Prinz Eugen als Schlossherren oder jedenfalls Eigentümer dieser Schlösser.

In diesem Sinne, sehr geehrte Frau Präsidentin, besten Dank für die Erteilung des Wortes. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

13.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz und das Akkreditierungsgesetz geändert werden (786 und 1077/NR sowie 6634/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz und das Akkreditierungsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Ram übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Mag. Thomas Ram: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.


Bundesrat
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687. Sitzung / Seite 39

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. – Bitte.

13.56

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute wird ein Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz und das Akkreditierungsgesetz geändert werden, beschlossen. Zielsetzung dieses Gesetzes ist es einerseits, europäischen Rechtsbestand in das österreichische Recht zu übernehmen, und andererseits, dafür zu sorgen, dass es zu einer Harmonisierung des Maß- und Eichgesetzes mit dem Akkreditierungsgesetz kommt. Im Prinzip ist das völlig in Ordnung.

Leider wurde bei dieser Gesetzesänderung der konsumentenrechtliche Aspekt unserer Meinung nach viel zu wenig beachtet. Uns geht es vor allem darum, gerade aus konsumentenpolitischer Sicht stärker für Kontrollen zu sorgen, auch deshalb, weil wir wissen, dass es in vielen Bereichen Missstände gibt. Der Konsument, die Konsumentin muss sich sicher sein, dass die Mengenangaben auch mit dem tatsächlichen Inhalt übereinstimmen.

Untersuchungen der Arbeiterkammer zeigen immer wieder, dass bei Überprüfungen weniger enthalten ist als tatsächlich draufsteht. Im Bereich von Kosmetika hat sich gezeigt, dass bei 72 Prozent der Überprüfungen die Gewichtsangabe nicht mit dem Füllinhalt übereingestimmt hat. Bei Wurst- und Fleischwaren zeigen Prüfungsergebnisse, dass es bei 61 Prozent Unterfüllungen gab.

Angesichts dieser Zahlen und Beispiele geht es uns gerade um verstärkte flächendeckende Kontrollen und auch entsprechende Strafen für die Verursacher. Auch bei diesem Punkt ist nicht feststellbar, dass der Verursacher wirklich mit erhöhten Strafen zu rechnen hat, sondern dies wird nach wie vor als Kavaliersdelikt behandelt.

Unter dem Motto "Mehr privat als Staat" wird ein weiterer Privatisierungsschub gestartet, obwohl man weiß, dass mit dieser Gesetzesänderung Mindereinnahmen durch den Staat ins Haus stehen. Ob der Steuerzahler tatsächlich entlastet werden kann, werden wir sehen. Die Chance, durch diese Gesetzesvorlage dem Konsumentenschutz einen stärkeren Stellenwert zu geben, wurde leider, Herr Minister, nicht ergriffen, sodass wir diesem Gesetz die Zustimmung nicht geben können. (Beifall bei der SPÖ.)

13.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

13.59

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Wenn in ein Gesetz mehr Privatwirtschaftlichkeit gebracht wird, ist das grundsätzlich ein Weg in die richtige Richtung. Es muss wirklich nicht alles von Staatsbetrieben gemacht werden. Akkreditierte, kontrollierte und geprüfte Stellen betreiben in Zukunft wie schon jetzt in einigen Bereichen Messungen und Eichungen. Und wenn europäischer Rechtsbestand in österreichisches Recht übernommen wird – und ich meine hier ausdrücklich nicht den berüchtigten Krümmungsradius der Gurken –, dann wird das schon recht sein.

Deregulierung und Privatisierung im Eich- und Vermessungswesen rufen naturgemäß die Konsumentenschützer auf den Plan. Herr Kollege Kaltenbacher ist ja darauf eingegangen. Herr Kollege Kaltenbacher! Ich kann Ihnen nur sagen, der beste Konsumentenschutz ist der funktionierende Wettbewerb. Und natürlich regelt in erster Linie auch der Markt das Konsumverhalten und hat somit eine Schutzfunktion. Die Sicherheit und der Schutz für Konsumenten sind durch dieses Gesetz absolut gewährleistet.

Ich komme schon zum Schluss: Hoher Bundesrat! Dass bei der Behandlung dieser Vorlage im Nationalrat gleich von mehreren Rednern auf die Schwierigkeit bei der Bemessung von Dörrobst hingewiesen wurde, stimmt tröstlich. Auch in unserer hochtechnisierten Welt lässt sich


Bundesrat
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nicht alles bis auf die letzte Kommastelle messen, wägen und zählen. Aber von dieser Ausnahme abgesehen bin ich überzeugt, dass das Eich- und Vermessungswesen auch in Zukunft präzise und gewissenhaft durchgeführt wird. Wir Freiheitlichen stimmen dieser Vorlage natürlich zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstattung wünscht auch kein Schlusswort.

Da wir auch beschlussfähig sind, kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (21. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle sowie die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (1032, 550/A und 1081/NR sowie 6635/BR der Beilagen)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 2/1998, BGBl. I Nr. 94/1998, BGBl. I Nr. 134/1999, BGBl. I Nr. 25/2001, BGBl. I Nr. 112/2001 und BGBl. I Nr. 32/2002) geändert wird (5. Führerscheingesetz-Novelle) (1033 und 1082/NR sowie 6636/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (21. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle sowie die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden und

die 5. Führerscheingesetz-Novelle.

Die Berichterstattung über die Punkte 4 und 5 hat Herr Bundesrat Dr. Böhm übernommen. – Bitte, Herr Professor.

Berichterstatter Dr. Peter Böhm: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich erstatte Ihnen den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (21. KFG-Novelle), die 3. und 4. Kraftfahrgesetz-Novelle sowie die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden.


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Der Text des Ausschussberichtes liegt Ihnen vor. Ich beschränke mich auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich erstatte Ihnen weiters den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG) geändert wird (5. Führerscheingesetz-Novelle).

Auch hier liegt Ihnen der Text des Ausschussberichtes vor. Ich beschränke mich auch in diesem Fall auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Professor, für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die, wie gesagt, über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Binna. – Bitte.

14.04

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Von Bundesministerin Forstinger vor mehr als einem Jahr als großes Verkehrssicherheitspaket angekündigt wird die vorliegende Gesetzesänderung keinesfalls in der Lage sein, die hochgesetzte Zielsetzung von damals, nämlich eine Halbierung der Zahl der Verkehrstoten in den nächsten zehn Jahren, zu erreichen.

Von einem eigentlichen Verkehrssicherheitspaket, das zielorientiert und konsequent die Hauptunfallsursache bekämpft und gezielt Maßnahmen gesetzlich umsetzt, kann bei dieser Vorlage nicht gesprochen werden. Dies betrifft vor allem die Mehrphasenausbildung beim Führerschein, die in diesem Paket zunächst enthalten war, aber dann wieder herausgenommen wurde. Es ist leider nicht gelungen, die Führerscheinausbildung effizienter, rationeller und auch preislich günstiger zu gestalten.

So ist zum Beispiel eine ganz wesentliche Frage, die gerade junge Menschen sehr betrifft, nämlich die Kosten für den Führerschein, hier überhaupt nicht angesprochen worden. Das ist wichtig, weil man weiß, dass ein durchschnittliches Monatsgehalt ausgegeben werden muss, um einen B-Führerschein zu erwerben. Es gibt auch große regionale Unterschiede. In Wien kostet ein Führerschein zum Beispiel zirka 11 000 S, in Salzburg bis zu 20 000 S. Die Führerscheinausbildungskosten sind in Österreich auch im Vergleich mit dem benachbarten Ausland doch bedeutend überhöht.

Es gibt sicherlich auch Positives zu vermerken. Es wurde gerade für die Jugend eine Erleichterung dadurch geschaffen, dass die verkehrspsychologische Untersuchung wegfällt und Fahrprüfungen in Zukunft bei der Behörde abgelegt werden können, in deren Sprengel die Fahrausbildung absolviert wurde.

Bedauerlich ist aber wiederum, dass neuen Fahrschulen der Marktzutritt nicht erleichtert wurde.

Ich möchte zu dieser Vorlage, die jetzt diskutiert wird, klarstellen, dass die sozialdemokratische Fraktion dem so genannten Verkehrssicherheitspakt ihre Zustimmung nicht geben wird.

Herr Bundesminister! – Der zuständige Bundesminister ist leider nicht anwesend. – Ich ersuche Sie, setzen Sie rasch die wirklich notwendigen Maßnahmen im Bereich der Beseitigung von Unfallhäufigkeitsschwerpunkten, der technischen Verbesserung von Kraftfahrzeugen und der Verbesserung der Rechtsvorschriften betreffend ein sicheres Verhalten der Verkehrsteilnehmer,


Bundesrat
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die vom Kuratorium für Verkehrssicherheit und von vielen Experten im Rahmen des nationalen Verkehrssicherheitsprogrammes ausgearbeitet wurden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.07

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ager. – Bitte.

14.07

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Lieber Herr Bundesminister! Der Beschluss des Nationalrates vom 17. April betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967, die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle sowie die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, sowie der Beschluss des Nationalrates vom 17. April betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein geändert wird (5. Führerscheingesetz-Novelle), also die beiden Punkte 4 und 5 sind wichtige Bestandteile für die Verkehrssicherheit in unserem Lande. Ich möchte Ihnen ein paar Dinge aufzählen: die Harmonisierung der internationalen Gefahrengutbestimmungen, die Einrichtung eines Unterausschusses zum Thema Drogen im Straßenverkehr, die Erhöhung der Strafen für Gurtenmuffel als erzieherische Maßnahme, eine 2prozentige Toleranzgrenze für die Wirtschaft bei Überladungen von LKWs – da sind die Witterungseinflüsse, zum Beispiel bei Holz und Sand, wenn da vorher schon beladen wird, sehr wichtig – und die neuen Richtlinien für die Autobusse. Lieber Herr Minister! Das war ein wichtiges Thema in Tirol, und zwar bezüglich Tourismus. Die Busse waren um 30, 40 Zentimeter zu lang. Daher hatten wir große Probleme. Es mussten Leute umsteigen, und bis zum Brenner musste beispielweise mit zwei Bussen gefahren werden. Das wurde schnellstens beseitigt. Vielen herzlichen Dank dafür. Das ist auch ein Beispiel für die neue Art der Regierung, dass solche Dinge schnell gemacht werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das vorliegende Paket ist in meinen Augen ein Meilenstein im Hinblick auf mehr Verkehrssicherheit. Im Gegensatz zu meinem Vorredner möchte ich sagen, ich glaube, wir können so viele Gesetze schaffen, wie wir wollen. Dies wird sich nicht durch die Zahl der Verkehrstoten dividieren lassen. Das wäre eine Milchmädchenrechnung, die mit Sicherheit nicht aufgeht.

Noch kurz zur Führerscheingesetz-Novelle: Das Thema Mehrphasenausbildung ist vorbesprochen worden und kommt als eigene Vorlage dann ins Parlament. Der Psycho-Test für Mopedfahrer, der für Jugendliche immer wieder ein Horror war, wurde abgeschafft. Von den Landeshauptleuten werden Fahrschulinspektorate eingerichtet. Es wird größeres Augenmerk auf einen eigenen Fahrschulplatz zum Üben, zum Üben des Einparkens abseits der Verkehrshektik gelegt. Das ist also auch alles Themen, die einen Beitrag zu mehr Sicherheit darstellen.

Auch ich möchte betonen, dass ich in der letzten Zeit sehr viel mit betroffenen Fahrschulen gesprochen habe. Darum habe ich mich auch heute bemüßigt gefühlt, hier über die Fahrschulen zu reden, die normalerweise nicht mein Thema sind. Die Branche ist zufrieden mit diesem Gesetz, hat keine nennenswerten Einwendungen, und das ist, wie wir immer wieder feststellen, normalerweise nicht üblich, die Begehrlichkeit ist sehr groß. Bei diesem Gesetz war das aber nicht der Fall.

Meine Fraktion wird diesem Gesetz gerne zustimmen, und ich hoffe, dass das auch die Sozialdemokratische Partei machen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gstöttner. – Bitte.

14.11

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Es gab schon eine Reihe von Punkten, die aufgezählt worden sind, ich möchte noch ein paar herausgreifen. Nach unserer Ansicht hat es eine Reihe von Vorschlägen und Forderungen zur Änderung des Führerscheingesetzes und auch zur KFG-Novelle gegeben, die


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leider nur teilweise eingebaut worden sind oder von denen wesentliche Teile nicht enthalten sind.

Ein paar Punkte dazu. Es ist schon verstärkt die Frage der Kosten für den Führerschein angesprochen worden. Er ist absolut zu teuer, das muss man immer wieder dazusagen. Störend ist, dass es in den Bundesländern so unterschiedlich gehandhabt wird. Was den ländlichen Bereich anlangt, so hat der Führerschein durch das Fehlen von öffentlichen Verkehrsmitteln natürlich eine ganz andere Bedeutung, und daher ist er auf dem Land auch wichtiger als in den Gegenden, wo diese Angebote vorhanden sind.

Wichtig sind – auch solche Punkte sind dabei – die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung von Unfallhäufungsschwerpunkten, die hier getroffen werden. Weiters werden Maßnahmen ergriffen, die für eine technische Verbesserung von Kraftfahrzeugen sorgen werden, was ebenfalls ein wesentlicher Punkt ist. Wichtig ist auch, dass die Voraussetzungen für die Verbesserung der Rechtsvorschriften betreffend sicheres Verhalten der Verkehrsteilnehmer geschaffen werden.

Durchaus positiv ist auch, dass zur Frage des Drogenmissbrauches im Straßenverkehr ein Unterausschuss eingesetzt worden ist. Ich meine, dass das wirklich von ganz großer Bedeutung ist und nicht unterbewertet werden soll.

Es ist in Zukunft auch möglich, dass Hebammen die Möglichkeit haben, mit Blaulicht Einsätze zu fahren, wenn sie zu Geburten müssen. Das trägt sicher zur Verkehrssicherheit bei.

Die Strafe bei Nichtanlegen von Gurten ist durchaus gerechtfertigt, keine Frage, die Unfallzahlen zeigen, wie wichtig diese Maßnahme ist.

Unerklärlich allerdings ist für mich zum Beispiel die neue Regelung hinsichtlich der Probekennzeichen, die Verlängerung der Gültigkeit auf 72 Stunden beziehungsweise drei Tage. Ich verstehe das nicht ganz, weil damit eigentlich eine ganz andere Situation geschaffen wird, auch für jene, die Leihwagenfirmen betreiben. Das betrifft nicht nur die Klein-LKW, sondern auch die LKW selbst.

Zur Verländerung der Bundesstraßen muss man bemerken, dass es zeitweise für die Kraftfahrer sehr schwierig ist, wenn sie abgefräste Fahrbahnflächen befahren müssen. Das ist nicht nur eine Lärmbelästigung, sondern auch eine Belastung für alle, die dort fahren, und bedeutet auch eine zusätzliche Gefahr. Es muss da jedenfalls etwas getan werden, und es darf durch eine Verländerung zu keiner Verschlechterung der Verkehrssicherheit kommen.

Schon bei verschiedenen Gelegenheiten habe ich immer wieder die Frage der Gefahrenguttransporte angesprochen. Auch jetzt möchte ich das tun. Grundsätzlich handelt es sich dabei um eine EU-Anpassung, das ist schon richtig, aber wir können aus dem Grund nicht zustimmen, weil die Verantwortung vom Unternehmer, vom Beförderer, vom Absender auf den LKW-Lenker abgeschoben wird. Wir meinen, dass dies der falsche Weg ist. Es muss die Verantwortung bei diesem Personenkreis bleiben. Es ist der Gefahrenguttransport eine zu große Gefahr für alle, die an diesen Straßen wohnen, für alle, die auf diesen Straßen unterwegs sind, und daher muss die Verantwortung wirklich gemeinsam getragen werden.

Herr Bundesminister! Nur eine Bemerkung: Sie waren in Tirol, und Sie waren in Salzburg und haben dort die Transit- und Verkehrssicherheitsproblematik besprochen. Es wäre sicher gut und wichtig, wenn man das in Oberösterreich auch tun würde, denn die hohe Verkehrsfrequenz auf der Brenner Autobahn ist zwar gegeben, aber Sie wissen, dass der Autobahnübergang Suben bereits eine höhere Frequenz aufweist und sicherlich durch die künftigen Maßnahmen, wenn die Autobahn Simbach – Suben geschlossen wird, noch einmal eine Verstärkung erfahren wird. Und wenn sich dann der Verkehr aus Tschechien über unser Gebiet bewegt, wird sich diese Frequenz nochmals erhöhen. Das ist wirklich eine große Problematik, die sich da für uns abzeichnet.

Noch eine Bemerkung: Es gibt ein Schreiben des Landes Oberösterreich an das Bundeskanzleramt, und zwar im Zusammenhang mit den Straßenverkehrszeichen, mit den Ortstafeln. Man hat es sich einfach gemacht, ich gebe das schon zu, aber es dient natürlich auch der Sparsamkeit, wenn man verschiedene Zusatztafeln wie "Erholungsdorf", "www.Gemeindename.at", "Klimabündnisgemeinde", "Fahrradfreundliche Gemeinde" et cetera dort mit anbringt. Wir haben es bei uns in der Stadt nicht gemacht, weil wir darauf hingewiesen worden sind, dass wir es nicht tun sollten und es nicht gestattet sei, aber ich meine trotzdem, dass es für alle Gemeinden eine Belastung ist, wenn man dafür zusätzliche Ständer aufstellen muss. Ich möchte das unterstreichen, was von der Landesregierung als Begründung angeführt worden ist, aber man muss natürlich auch zugeben, dass ein findiger Rechtsanwalt dann auch feststellen kann, dass unter Umständen die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht gilt, und wenn dann etwas passiert, ist der Teufel los. Man muss das wirklich immer von zwei Seiten sehen, und daher, glaube ich, sollten wir hier eine vernünftige Lösung zu Stande bringen, die nicht zum Nachteil, weder der einen noch der anderen, ist.

Noch eine Bemerkung in diesem Schreiben bezieht sich auf die Schülertransporte, die nunmehr die Kennzeichnungstafeln mit Blinkleuchte in einer Höhe von mindestens 1 Meter über der Fahrbahn haben müssen. Da schließe ich mich der Meinung der Landesregierung an, dass das keine gute Lösung ist, weil das dann nicht mehr so gut gesehen wird. Es wäre besser, wenn das höher oben positioniert wäre, weil man dadurch auch aufmerksamer wird. Die Gefahren der Schülertransporte sind allgemein sehr bekannt, und es ist sicherlich ein Gefahrenherd, der da zusätzlich auftreten könnte. Ich will jetzt nicht den Teufel an die Wand malen, aber man muss gerade bei Kindern übervorsichtig sein, weil leider zu viel passiert.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch sagen, es ist im Moment in der Neufassung hinsichtlich des Vorbeifahrens an einem Schülertransport zwar der nachfolgende Verkehr präzisiert, jedoch nicht der Gegenverkehr. Auch das sollte man sich noch anschauen, weil das auch eine wichtige Frage für die Sicherheit der Kinder ist.

Zusammenfassend darf ich feststellen, dass zwar eine ganze Reihe von positiven Punkten enthalten ist, wir aber überwiegend der Meinung sind, dass verschiedene Sachen in den Novellen nicht angesprochen werden. Wir können daher die Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hagen. – Bitte.

14.18

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute diese Gesetze beschließen, so sehe ich einen großen Fortschritt darin, denn es hat sich in diesen Gesetzen, über die wir heute sprechen, sehr viel zum Positiven gewendet.

Ich möchte nur ein paar Kleinigkeiten herauspicken, denn über alles zu sprechen wäre etwas zu umfangreich. Was mir aufgefallen ist, ist die Möglichkeit des Einsatzes von Blaulicht für Zollwachebeamte. Da die Zahl der Exekutivbeamten in der letzten Zeit relativ stark abgenommen hat, die Welt aber nicht besser wurde, muss immer mehr verstärkt die Zollwache eingreifen. Sie hat deshalb auch verstärkte Rechte bekommen, und deshalb ist es nur logisch und klar, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen auch Blaulichteinsatzfahrten fahren kann, und das ist auch gut so.

Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen. Jeder kennt diese Kennzeichentafeln mit dem blauen EU-Pickerl. Eine derartige Kennzeichentafel wäre gesetzlich bisher eigentlich nicht konform gewesen, wäre ein Strafgrund gewesen. Man hat in den meisten Fällen natürlich die Augen zugedrückt, was ich auch richtig finde. Nun werden diese Kennzeichentafeln legalisiert. Es ist nur ein kleiner Schritt, aber, wie ich glaube, ein sehr wichtiger.


Bundesrat
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Etwas wichtiger finde ich die Anpassung der Bestimmungen betreffend die Gefahrenguttransporte an das internationale Niveau. Wenn man am Montag in den Ausschüssen gehört hat, dass da Gesetze von 1920 noch Gültigkeit hatten, wo man mit dem Pferdekarren und vielleicht mit dem Eselfuhrwerk unterwegs war, dann glaube ich, dass dieser Bereich mehr als reformbedürftig war. Endlich hat man das angepackt. Mich wundert es eigentlich, warum es so lange gebraucht hat, bis man diese Gesetze reformiert hat, denn sie sind schon seit Jahrzehnten überholt.

Bevor ich zum Führerscheingesetz etwas sage, möchte ich noch auf die Geschwindigkeitsmessungen eingehen. Die Höchstgrenze für das Organmandat, die früher etwas niedriger war, ist jetzt auf 210 € angehoben worden. Ich finde das vernünftig, da sich die Bezirkshauptmannschaften und Magistrate vor Anzeigen nicht erwehren können und wirklich überlastet sind. Damit wird doch ein Verwaltungsabbau in der Hinsicht vollzogen, dass dies an Ort und Stelle gleich erledigt werden kann und nicht eine Anzeige, die wieder viel Zeitaufwand von mehreren Beamten erfordert, gemacht werden muss.

Ein weiterer Punkt: Wenn man sich die Unfallautos am Unfallort anschaut, dann sieht man meistens in der Scheibe so einen gespaltenen Kranz und vielleicht noch jemand mit einer blutigen Nase herumstehen. Wir alle wissen, wie gefährlich es ist, wenn man nicht angegurtet ist, man wird an allen möglichen Stellen darauf hingewiesen. Durch das Angurten wären sehr viele schwere Verletzungen vermeidbar, die der Allgemeinheit und dem Krankensystem irrsinnige Kosten aufbürden. Man muss sich einmal bewusst machen: Ein Tag Intensivstation kostet 120 000 S! Man kann sich also vorstellen, was das heißt und welchen Schaden man damit vermeiden kann. Ich finde, es ist eine gute Sache, dass man die Strafen für das Nicht-angegurtet-Fahren etwas erhöht.

Ich wohne sehr nahe an der Schweiz und weiß, wenn die Schweizer bei uns in Österreich Strafe zahlen, dann kostet sie das nur ein müdes Lächeln, wenn sie, wie es in der Vergangenheit der Fall war, 100 S oder 7 € bezahlen müssen für eine Übertretung, die in der Schweiz das Zehn- oder Zwanzigfache kostet. – Also ich glaube, es ist gut, dass man da ein bisschen einwirkt.

Jetzt möchte ich aber doch zum Führerscheingesetz kommen. Was mir persönlich immer aufgestoßen ist, ist, dass die Fahrschulen auf Deutsch gesagt ein Monopol hatten. Das heißt, man ist an den jeweiligen Wohnbezirk gebunden gewesen, die Fahrschulen konnten sich – was ich ihnen jetzt nicht vorwerfen will, aber ich nehme es an, dass es so gelaufen ist, weil der Führerschein überall gleich viel gekostet hat – absprechen und haben den Preis diktiert. Was das heißt, hat man heute schon gehört: In Wien kostet der B-Führerschein 11 000 S, in Vorarlberg kostet er 25 000 S und mehr. Das sind also gewaltige Unterschiede.

Ich finde es deshalb sehr positiv, dass da einmal eingeschritten wurde und die Möglichkeit zum Beispiel für Studenten geschaffen wurde, in Wien den Führerschein zu machen. Gerade die jungen Leute haben kein Geld, und deswegen ist es gut, dass hier auch etwas Konkurrenzdruck entsteht. Ich erwarte mir, dass die Fahrschulen jetzt auch im Westen die Preise etwas reduzieren werden, da sonst ein Führerschein-Tourismus entstehen wird, und ich finde das sehr positiv.

Alles in allem stellen diese Novellen eine logische Anpassung einer großen Anzahl von Gesetzen und eine Verbesserung von Rechtssystemen und Rechtsvorschriften dar. Deshalb verstehe ich auch nicht die Aussagen der SPÖ-Bundesräte. Die Argumente, warum sie dem Gesetz nicht zustimmen, waren sehr dürftig; im Ausschuss hat man diesbezüglich gar nichts gehört. Ich glaube, dass sie das deswegen tun, weil sie nicht überall zustimmen wollen. In der letzten Zeit haben sie relativ oft zugestimmt, weil es einfach gute Sachen waren, es sind auch hier gute Sachen ... (Ruf bei der SPÖ: Deine Gedanken sind verwirrend!) – Nein, Herr Kollege, ich glaube, dass da schon dahinter steht, dass man nicht überall zustimmen will, denn sonst muss man eingestehen, dass diese Regierung eine gute Regierung ist, eine gute Arbeit macht, und das wollen Sie doch nicht, da Sie draußen immer trompeten, dass diese Regierung zu nichts fähig sei.


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Ich habe in den letzten zweieinhalb Jahren so viele positive Sachen miterleben dürfen, von denen ich vorher in zehn Jahren Gesetzgebung nichts gesehen habe. (Ruf bei der SPÖ: Das kommt darauf an, von welcher Seite man es sieht!) Ich habe als Exekutivbeamter im Außendienst mit dem Gesetz tagtäglich zu tun, und Sie können mir glauben, da hat sich wirklich viel getan. – Deshalb wird auch meine Fraktion diesem Gesetz mit Freude zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Fösleitner. – Bitte.

14.24

Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hoher Bundesrat! Die Novelle zum Kraftfahrzeuggesetz beinhaltet eine Reihe von positiven Maßnahmen. Sie ist ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr.

Viele Verkehrsunfälle haben als Ursache überhöhte Fahrgeschwindigkeit. Ich begrüße es daher, dass den Temposündern und den Schutzweg-Sündern der Kampf angesagt wird. Künftig wird das abrupte Abbremsen vor einem Radargerät nichts mehr nützen, weil die Geschwindigkeit mit einer neuen Art der Geschwindigkeitsmessung über eine lange Strecke gemessen werden kann. Das ist in Tunnels, in Baustellenbereichen und dergleichen ganz besonders wichtig.

Auch jene Autofahrer, die vor dem Schutzstreifen, vor den Fußgängerübergängen nicht rechtzeitig stehen bleiben, werden in Zukunft mit spürbaren Strafen zu rechnen haben.

Wie wichtig das Angurten beim Lenken eines Fahrzeuges für die Sicherheit ist, darauf weisen das Ministerium, das Kuratorium für Verkehrssicherheit und alle zuständigen Stellen hin; auch meine Vorredner haben dies schon angesprochen. Leider gibt es immer noch viel zu viele Autofahrer, die den Gurt nicht anlegen. Vielleicht hilft jetzt die Verdreifachung der Strafe, um die Situation zu verbessern.

Mit dieser Novelle wird aber auch die Voraussetzung für die EU-Kennzeichen geschaffen: Ab 1. Oktober 2002 können Anträge auf neue EU-Tafeln mit den bisherigen Kennzeichen gestellt werden.

Was ich sehr bedaure, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist, dass sowohl von der SPÖ als auch von den Grünen der Antrag im Nationalrat zur Bekämpfung von Suchtgift im Straßenverkehr abgelehnt wurde. Sie haben sich damit eigentlich wider aller politischer Vernunft und trotz Vorliegens eindeutiger Fakten zum Anwalt der Drogenlenker gemacht, und das bedaure ich sehr.

Auch in der Novelle zum Führerscheingesetz gibt es ein großes Paket an Änderungen; mein Vorredner hat darauf hingewiesen. Ich erwähne nur die freie Wahl des Fahrprüfungsortes, den Wegfall des Psycho-Tests für die Jugendlichen und die Einführung einer Mindestausbildung für den Erwerb des Moped-Ausweises.

Ziel dieser beiden Novellen, denen wir von der ÖVP zustimmen werden, sind eine effiziente Ausbildung und Weiterbildung und die Erhöhung der Verkehrssicherheit und damit auch eine Verminderung der Zahl der Verkehrsunfälle. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

14.28

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Die vorliegenden Novellen zum Kraftfahrzeuggesetz, zur Stra


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ßenverkehrsordnung und zum Führerscheingesetz greifen inhaltlich und themenmäßig natürlich ineinander.

Ziel des Gesetzgebers bei den vorliegenden Novellen ist es, erstens eine Anhebung der Verkehrssicherheit und der Sicherheit im Straßenverkehr zu erreichen, natürlich mit der Konsequenz, dass sich die Verkehrsopferzahlen verringern. Man darf aber auch nicht außer Acht lassen, dass es ein Ziel ist, Einsparungen im Bereich des Volksvermögens durch weniger Verkehrsunfälle zu erzielen.

Das zweite Ziel der vorliegenden Novellen ist, eine so genannte Bürger- oder Konsumentenfreundlichkeit zu erreichen. Es wurde schon gesagt – und bei Durchsicht der Novellen kann man durchaus zu der Erkenntnis kommen –, dass beim Erwerb der Lenkerberechtigung und bei optimaler Ausbildung für die Lenkerlizenz eine so genannte Gleichschaltung österreichweit erfolgt, vor allem im Hinblick auf die Prüfungserfordernisse.

Das dritte Ziel der vorliegenden Novellen ist natürlich eine Anpassung an europäische Normen.

Meine Damen und Herren! Ein paar Beispiele: Die Gurtenregelung für mehrspurige, für drei- und vierrädrige Fahrzeuge sowie deren Ausdehnung auf bestimmte LKW sind eindeutig ein Beitrag zur Anhebung der Verkehrssicherheit.

Die Einrichtung des ABS für Fahrzeuge bis 3 500 Kilogramm Gesamtgewicht trägt natürlich zur Anhebung der Verkehrssicherheit bei.

Die Neuregelung beim Führerscheingesetz, beim Erwerb der Lenkerberechtigung, hat den positiven Effekt, dass österreichweit gleichgeschaltet wird, dass sich eben der Führerscheinwerber aussuchen kann, welche Fahrschule er auf Grund seiner Wohnsituation, auf Grund auch der Preissituation besuchen will. Er kann sich eine Fahrschule aussuchen, die ihm günstig erscheint. Daher habe ich auch gesagt, Ziel sei die Konsumentenfreundlichkeit.

Ein weiteres Ziel dieser Novellen ist natürlich auch – und da verstehe ich die sozialdemokratische Fraktion nicht –, dass Fahrlehrer in Hinkunft die erforderliche Berechtigung beantragen und diese, wenn sie den Dienstgeber wechseln, mitnehmen können. An dieser Stelle sei sehr deutlich gesagt – ich hoffe, dass das in der Vergangenheit nicht allzu oft der Fall war –, dass dadurch der Erpressbarkeit der Arbeitnehmer in diesem Bereich ein Ende gesetzt wird.

Meine Damen und Herren! Für die Fahrschulen selbst ergibt sich auf Grund dieser Novellen natürlich auch mehr Wettbewerb, denn sie können österreichweit anbieten.

Zum dritten Punkt, Anpassung an die europäischen Normen, sei gesagt: Es wird zur Gleichschaltung bei den Führerscheinklassen kommen. Ein kleines pikantes Beispiel am Rande: Es gibt auch eine europäische Norm für die Krümmung des Auspuffes. Auch darauf wird in den vorliegenden Novellen eingegangen.

In Summe kann man sagen, es ist ein gutes Gesetz, dem sich die Opposition verschließt.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Wie ich sehe, verschließen Sie sich diesen Vorlagen aus drei Gründen:

weil Ihnen Fundamentalopposition wichtiger ist als die Verkehrssicherheit,

weil der Mensch für Sie nicht mehr als zentrales Anliegen gilt und Ihnen Konsumentenfreundlichkeit auch kein Anliegen ist und

weil Sie auch in der Frage einer europäischen Norm mit zwei Stimmen sprechen.

Meine Damen und Herren! Wir von den Regierungsparteien, insbesondere meine Fraktion, werden gegen die vorliegenden Novellen keinen Einspruch erheben, sondern wir erkennen darin


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einen zeitgemäßen Schritt in Richtung Anhebung der Verkehrssicherheit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

14.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinbichler. – Bitte.

14.33

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Vorredner haben wesentliche Veränderungen durch die vorliegenden Novellen bereits vorgetragen. Ich kann einiges unterstreichen, möchte aber auch auf einige Spezialitäten hinweisen.

Ich halte es für vernünftig – wie schon gesagt wurde –, dass sich bei den Führerscheinen jetzt auch hinsichtlich des Preises etwas tut. Wir wissen aus den Vereinigten Staaten und aus anderen Ländern, wie günstig dort Jugendliche, die meistens mit finanziellen Engpässen zu kämpfen haben, zu diesem wertvollen Dokument kommen.

Gerade im Zusammenhang mit dem L 17 halte ich es für vernünftig, dass dieses Tempolimit, diese Beschränkung von 80 und 100 km/h, fällt und der allgemeinen Verkehrsordnung angepasst wird.

Ebenso darf ich darauf hinweisen, dass die Streichung des Psychotests für die jugendlichen Mopedlenker höchst an der Zeit war, weil es einfach eine unnötige bürokratische Hürde war, dass die 15-Jährigen zu einem Psychotest antreten mussten.

Ich darf weiters darauf verweisen – ich denke, es ist sehr wesentlich –, dass das Strafausmaß bei Nichtanhalten vor Schutzwegen hinaufgesetzt wurde. Das mag sich auf der einen Seite positiv auswirken, auf der anderen Seite muss ich aber festhalten – ich denke, die Kolleginnen und Kollegen werden mir Recht geben –, dass auch jene Unsitte, die jetzt eingerissen ist, nämlich dass Schüler, aber auch andere Passanten noch kurz vor anfahrenden Autos auf die Fahrbahn treten, kritisiert werden muss. Immer wieder kommt es dadurch zu folgenschweren Unfällen, immer wieder kommt es dadurch zu Notbremsungen. Ich denke, da muss man wirklich mit Augenmaß vorgehen und gleiche Behandlung und Fairness aller Verkehrsteilnehmer sicherstellen. Es kommt immer wieder zu äußerst gefährlichen Situationen, weil – wie gesagt – die Fußgänger beziehungsweise die Schüler beim Benützen eines Schutzweges nicht immer den Verkehrsfluss berücksichtigen.

Im Grunde genommen ist der Gesetzentwurf gut gelungen. Dass die Gurtenkontrolle verstärkt wird, ist, so glaube ich, sehr sinnvoll, weil Unfälle immer wieder schlimme Folgen haben können, wenn Gurte nicht angelegt werden.

Das Gesetz ist positiv, und meine Fraktion wird die Zustimmung dazu geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.35

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. – Bitte.

14.35

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tagesordnungspunkte 4 und 5 befassen sich mit Änderungen im Kraftfahrgesetz, der Straßenverkehrsordnung und des Führerscheingesetzes.

Den vorliegenden Berichten des Verkehrsausschusses kann man entnehmen, dass die notwendigen Adaptierungen der Gesetzesmaterien wichtig und wesentlich sind. Das Lesen der zu den Tagesordnungspunkten 4 und 5 im Nationalrat abgegebenen Wortmeldungen hat mir deutlich vor Augen geführt, dass die Oppositionsfraktion – zumindest im Nationalrat – nur eines im Sinn


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gehabt hat: Die Regierungsarbeit muss schlecht gemacht werden! (Bundesrat
Konecny: Das war nicht notwendig!)

Es ist gut, dass wir als Bundesrat, als zweite Kammer, die Schwarzweißmalerei des Nationalrates nicht unbedingt 1 : 1 wiederholen. Aus meiner Sicht werden wir unserem verfassungsmäßigen Auftrag eher gerecht, wenn wir versuchen, objektiv zu bleiben und zusätzliche Lösungsansätze für die Zukunft aufzuzeigen.

Die primäre Zielsetzung bei Änderungen im Kraftfahrgesetz, in der Straßenverkehrsordnung und beim Führerscheingesetz muss sein, die Verkehrssicherheit zu heben. Grundsätzlich muss man sich im Rahmen einer Ist-Stand-Analyse klar werden, wo das größte Risiko liegt und wie man dieses Risiko am effizientesten einschränken kann.

Die in Österreich zugelassenen Kraftfahrzeuge haben generell vorbildliche sicherheitstechnische Qualitätsstandards, von denen die Pioniere des Automobils nicht einmal träumen konnten. In diesem Bereich kann man als Gesetzgeber kaum ansetzen, um über die gesetzlichen Rahmenbedingungen Verbesserungen der Verkehrssicherheit zu erzielen.

Der Zustand des österreichischen Straßennetzes ist relativ zufrieden stellend. Verbesserungen der Straßenoberflächen werden kaum geeignet sein, um die Sicherheit zu heben, weil diese Verbesserungen über die Möglichkeiten risikoreicheren Fahrens sofort wieder neutralisiert werden.

Ein Mehr an Verkehrsschildern in Österreich wird uns aus meiner Sicht auch nicht weiterbringen. Ganz im Gegenteil: Eine Durchforstung des österreichischen Schilderwaldes würde der Verkehrssicherheit in Österreich einen guten Dienst erweisen.

Wir können es drehen und wenden, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie wir wollen. Das größte Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr ist und bleibt der Mensch. Nur bei uns, bei uns selbst, bei den Führerscheinbesitzern, bei den Verkehrsteilnehmern, kann der Gesetzgeber ansetzen. Dieser Ansatz war, ist und wird immer schwierig bleiben, das muss uns klar sein. Wir müssen uns im Straßenverkehr vor uns selbst schützen. Wie können wir das erreichen? – Mit mehr Kontrolle, mehr Überprüfungen – das aber ist unpopulär.

Es ist bei der Verschärfung von Kontrollen außerdem sehr schwierig, nicht jene übermäßig zu belasten, die sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten. Es gibt heutzutage das Schlagwort "section control", von dem sich viele Wunder erwarten. Im Grunde genommen wird damit die Durchschnittsgeschwindigkeit über eine gewisse Strecke ermittelt, sodass jene, die die Geschwindigkeit punktuell im richtigen Moment gedrosselt haben, in Zukunft doch bestraft werden können.

Nachdem wir den Risikofaktor "Mensch" klar definiert haben, sollten wir neben den positiven Änderungen, die uns heute in Gesetzesform vorliegen, nach weiteren Lösungsansätzen suchen. Von der Opposition wird die Realisierung einer Mehrphasen-Ausbildung eingemahnt. Aus meiner Sicht ist es eine Tatsache, dass die in den Fahrschulen zur Verfügung stehende Zeit einem jungen Menschen nicht reicht, um jene Ausbildung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges zu geben, die im Sinne einer Steigerung der Verkehrssicherheit wünschenswert wäre.

Es ist aber auch eine Tatsache, dass eine Verbesserung der Ausbildung und die damit verbundene Verlängerung der Ausbildungszeit dazu führen würden, dass der Führerschein für junge Menschen nicht mehr erschwinglich wäre.

Nun ein neuer Denkansatz – ich würde sagen, auch dafür sind wir in diesem Bundesrat da –: Das Wissen um Kraftfahrzeuge und auch um die Gefahren, die mit dem Betrieb von Kraftfahrzeugen verbunden sind, sollte zur Allgemeinbildung gehören. Unsere Schulen sollten dem Automobil und den damit verbundenen Gefahren zum Beispiel im Physik-Unterricht den unserer Zeit entsprechenden Stellenwert zukommen lassen.


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Versuche und Simulationen von Verkehrsunfällen sollten im Schulunterricht Platz finden. Es könnte auch Neigungsgruppen zur Verkehrssicherheit mit attraktivem Angebot geben. (Bundesrätin Mag. Trunk: Die gibt es schon überall!) Unsere Jugend sollte nach dem Schulabschluss einen Wissensstand zum Thema "Automobil" haben, der es den Fahrschulen ermöglichen würde, den Theorieunterricht zu minimieren und sich voll auf eine praxisorientierte Ausbildung zu konzentrieren. – Da ist noch einiges zu tun. (Bundesrätin Mag. Trunk: Alles ist Schule! Fahrschule ist auch eine Schule!)

Eine praxisorientierte Ausbildung, deren Schwerpunkt in der Bewältigung von Grenzsituationen liegt, wäre meiner Meinung nach ein großer Beitrag zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Eine derartige Ausbildung ist aber finanziell nur erschwinglich, wenn der Umgang mit dem Automobil als Allgemeinwissen anerkannt und die Vermittlung von Basiswissen in den allgemeinen Schulunterricht verlagert werden würde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sicherlich ist das eine Herausforderung für die Zukunft. Die freiheitliche Fraktion stimmt den Tagesordnungspunkten 4 und 5 zu und wird die Sicherheit im Straßenverkehr weiterhin gemeinsam mit unserem Herrn Bundesminister Mathias Reichhold mit voller Kraft fokussieren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

14.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weiss. – Bitte.

14.45

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sankt Bürokratius, der Heilige, verachtet nichts so sehr wie Eilige. – Unter dieses Motto sahen die Vorarlberger Gemeinden, die zu einem erheblichen Ausmaß über eigene Gemeindesicherheitswachen verfügen, nahezu zehn Jahre hindurch ihr Anliegen gestellt, dass auch die Gemeindesicherheitswachen Einsicht in die Kraftfahrzeug-Evidenz nehmen sollten. Bisher war ihnen die Erfüllung des Anliegens verwehrt.

Es hat einen gewissen Stellenwert in Vorarlberg, weil ungefähr jeder achte Exekutivbeamte den Gemeindesicherheitswachen angehört. Das wird von den Gemeinden und vom Land bezahlt. Bisher mussten sie die Hilfe weiterer Dienststellen in Anspruch nehmen, um festzustellen, wem ein bestimmtes Kraftfahrzeug, das beispielsweise bei einer Rotlicht-Kamera an einer Kreuzung auffiel, tatsächlich gehört. Allein in der Stadt Dornbirn fallen pro Jahr mehrere tausend solcher Anfragen an, sodass es auf der Hand liegt, dass ein gewaltiges Potenzial an Vereinfachung mit der Erfüllung des Anliegens verbunden wäre.

Das, was sich im Laufe der angesprochenen zehn Jahre ereignet hat, ist Stoff für ein Verwaltungskabarett, aus dem ich kurz zitieren möchte: In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage aus dem Jahre 1996 hatte der damalige Verkehrsminister darauf hingewiesen, dass die Vollziehung des § 47 Abs. 4 Kraftfahrgesetz betreffend die zentrale Zulassungsevidenz in die Zuständigkeit des Herrn Bundesministers für Inneres falle, der das Anliegen aber bisher stets abgelehnt habe.

Dem gegenüber stellte der frühere Bundesminister für Inneres in der Beantwortung einer weiteren Anfrage fest, dass ungeachtet seiner Zuständigkeit Angelegenheiten des Kraftfahrwesens in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Verkehr fallen würden. Er nahm daher Abstand von einer inhaltlichen Beantwortung, hielt allerdings seine Unterstützung für einen Zugriff der Gemeindesicherheitswachen auf die zentrale Zulassungsevidenz fest.

In der Beantwortung der nächsten parlamentarischen Anfrage wies der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr neuerlich darauf hin, dass die Vollziehung der betreffenden Bestimmung dem Innenminister obliege und daher auch von diesem zu beurteilen sei, ob beziehungsweise wie weit der Kreis der Auskunftsberechtigten ausgedehnt werde.

In der Fragestunde vom 23. Oktober 1997 teilte der frühere Bundesminister für Inneres mit, dass derzeit eine Lösung für die Herstellung des Zuganges zur Zulassungsevidenz gesucht


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werde und er sich dafür einsetze. Es bedürfe dafür allerdings einer Änderung des Kraftfahrgesetzes, und diese Änderung müsse im Wirkungsbereich des Verkehrsministeriums durchgeführt werden.

Der Bundesminister für Verkehr teilte weiters mit, dass es zwar richtig sei, dass Änderungen des Kraftfahrgesetzes in seinem Wirkungsbereich vorbereitet werden müssen, die Vollziehung des in Rede stehenden Paragraphen falle jedoch federführend in die Zuständigkeit des Innenministers, sodass eine tatsächliche Änderung dessen Zustimmung bedürfe. Er werde daher neuerlich an den Innenminister herantreten, um ihm eine konkrete Aussage zu entlocken, in welcher Form er sich eine Aufnahme in den Kreis der auskunftsberechtigten Stellen vorstellen könne.

Nach insgesamt drei Urgenzen teilte der Verkehrsminister am 4. Jänner 2000 mit, dass noch kein Antwortschreiben des Innenministers vorliege. – So weit das damalige Pingpongspiel zwischen Verkehrsministerium und Innenministerium.

In der Zwischenzeit gibt es eine neue Bundesregierung, neue Bundesminister für Verkehr und Inneres, und ich bedanke mich dafür, dass dem Anliegen des Landes Vorarlberg in ehestmöglicher Weise Rechnung getragen wurde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

14.49

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Mathias Reichhold: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzte größere KFG-Novelle liegt beinahe fünf Jahre zurück. In der Zwischenzeit wurden natürlich unzählige Verbesserungsvorschläge und Änderungswünsche an das Ressort herangetragen. Das führte dazu, dass neben sehr vielen anstehenden EU-Anpassungen auch einige Elemente des Verkehrssicherheitspakets berücksichtigt werden konnten.

Das hat dazu geführt, dass auch einige anstehende Punkte der StVO mit geändert werden mussten, weil das in der Vollziehung entscheidend und wichtig ist.

Um Ihnen ein Bild zu geben: Im Rahmen der Begutachtung wurden rund 160 Punkte diskutiert, von denen nun 110 Punkte, die auf einem allgemeinen Konsens basieren, umgesetzt werden konnten. Einzelne Wünsche einzelner Interessenvertreter stießen auf die völlige Ablehnung anderer Organisationen, aber insgesamt wurde ein Kompromiss erzielt, der auch politisch auf einen sehr breiten Konsens gestellt werden konnte.

Die einzigen Punkte, die uns allen ein Anliegen sein müssen und noch vor dem Sommer ausdiskutiert werden sollten, sind folgende Fragen:

Erstens: Drogenmissbrauch im Straßenverkehr. – Dazu gibt es, wie Sie wissen, einen eigenen Unterausschuss, der mithilfe von Experten auch die Facetten dieser Problematik noch einmal beleuchten wird. Ich kann nur hoffen und an die SPÖ dahin gehend appellieren, dass auch sie erkennen möge, dass der Drogenmissbrauch zunehmend ein Gefahrenpotenzial im Straßenverkehr darstellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ich denke aber, dass der Meinungsbildungsprozess auch innerhalb der SPÖ so weit fortgeschritten ist, dass noch vor dem Sommer mit einer Entscheidung und einer entsprechenden Verfassungsänderung gerechnet werden können.

Der zweite Punkt, der ebenfalls ein wichtiger Faktor ist und auch ein europäisches Benchmark darstellt, betrifft die Mehrphasenausbildung. Die Mehrphasenausbildung ist eine der heutigen Zeit entsprechende Ausbildung, die vor allem für die jüngeren Menschen sehr wichtig wäre. Es gibt diesbezüglich sehr erfolgreiche Verhandlungen mit den Fahrschulen und den Verbänden, die sich mittlerweile auch bereit erklären, an diesem Programm mitzuwirken beziehungsweise teilzunehmen.


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Es geht allerdings noch darum, dass mit den Ländern einige Punkte im Detail verhandelt werden müssen. Diese Verhandlungen werden zur Zeit geführt. Wir stellen fest, dass viele Vertreter der Länder gerade in dieser Frage noch genauer, noch besser informiert werden wollen und informiert werden müssen, weil es diesbezüglich einen unterschiedlichen Informationsstand gibt. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Wenn es gelingt, auch die Länder von dieser Mehrphasenausbildung zu überzeugen, und wenn sichergestellt ist, dass die Führerscheinkosten für die jungen Menschen dadurch nicht erhöht werden, dann gehe ich davon aus, dass diese Mehrphasenausbildung im Rahmen der Juni-Sitzung des Nationalrates miterledigt werden kann, sodass also noch vor dem Sommer auch ein zweiter Teil dieses Verkehrssicherheitsprogramms in die Praxis umgesetzt werden kann.

Ich ersuche Sie, uns auch in dieser Frage zu unterstützen. Wenn es noch offene Fragen gibt, so sind natürlich auch die Mitarbeiter meines Ressorts gerne bereit, die nötigen Informationen in diesen beiden Bereichen zur Verfügung zu stellen. Ich möchte heute die Gelegenheit wahrnehmen, um allen, die an dieser umfassenden Novellierung der KFG-Gesetze und der StVO mitgewirkt haben, mein Dankeschön auszusprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.53


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (21. FKG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle sowie die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 2/1998, BGBl. I Nr. 94/1998, BGBl. I Nr. 134/1999, BGBl. I Nr. 25/2001, BGBl. I Nr. 112/2001 und BGBl. I Nr. 32/2002) geändert wird (5. Führerscheingesetz-Novelle).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz sowie das Schieß- und Sprengmittelgesetz und die Schieß- und Sprengmittelmonopolsverordnung geändert werden (GGBG-Novelle 2001) (979 und 1083/NR sowie 6673/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz sowie das Schieß- und Sprengmittelgesetz und die Schieß- und Sprengmittelmonopolsverordnung geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Dr. Peter Böhm: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 17. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz sowie das Schieß- und Sprengmittelgesetz und die Schieß- und Sprengmittelmonopolsverordnung geändert werden.

Der Text des Berichtes liegt Ihnen vor. Ich beschränke mich auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Alfredo Rosenmaier das Wort. – Bitte.

14.56

Bundesrat Alfredo Rosenmaier (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Die Richtlinien betreffend die Gefahrgutbeförderung sind absolut keine Neuerfindung. Es gibt sie schon sehr lange, und daher muss ich sie in meiner Heimatgemeinde in der Funktion des Bürgermeisters zwangsläufig auch schon sehr lange in der Praxis verfolgen.

So optimistisch, wie es die ÖVP und die FPÖ bezüglich der Beförderer von gefährlichen Gütern sind, kann ich leider nicht sein, vor allem dann nicht, wenn ich mir die Berichte der Feuerwehren und von den Kontrollen anschaue. Da sieht es zum Teil sehr düster aus, vor allem dann, wenn es um Sammeltransporte geht.

Hohes Haus! Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen ein Beispiel aus der Praxis, welches sich in meiner Heimatgemeinde, der Stadtgemeinde Ebenfurth, zugetragen hat, mit einigen Sätzen erläutern.

Am Sonntag, dem 26. August 2001 gegen 22 Uhr entdeckten ÖBB-Bedienstete bei einer soeben eingefahrenen Zugsgarnitur einen lecken Kesselwagen. Bei Einsicht in die Frachtpapiere konnte die brisante Ladung als hochkonzentrierte Salpetersäure identifiziert werden. Diese stark ätzende Säure – das möchte ich zur Erklärung hinzufügen – wird industriell zum Beispiel in der Galvanik, aber auch in der Elektrotechnik zur Herstellung von Halbleitern verwendet.

Nun nahm alles seinen Lauf. Die Freiwillige Feuerwehr wurde verständigt. Die Männer begannen mit der Abdichtung der Leckage. Zunächst war alles in Ordnung. Aber bereits nach einer Stunde kam ein weiterer Anruf, die Leckage sei wieder aktuell geworden. Es wurde der Entschluss gefasst, den Waggon aus dem Bereich des Bahnhofgeländes weg und ins freie Gelände zu bringen. Während dessen wurde bereits mehrmals versucht, Gefahrengutexperten der Österreichischen Bundesbahnen zu erreichen.

Zusätzliche Hilfskräfte der Statutarstadt Wr. Neustadt wurden angefordert. In den frühen Morgenstunden wurde die Bezirkshauptmannschaft mit einbezogen, und der Landeschemiker, Herr Dr. Maier, der in unserem Bezirk auf Seminar war, kam zu uns nach Ebenfurth. Er stellte fest, dass es wichtig wäre, einen Teil dieser hochprozentigen Salpetersäure in Kunststoffgefäßen umzupumpen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein prädestinierter Mann, ein Mann mit fundiertem Fachwissen. Aber letztendlich war diese Entscheidung keine gute. Es gibt weltweit keine Pum


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pe, mit der man hochkonzentrierte Salpetersäure umpumpen kann! Man kann sie nur umfüllen, indem man in dem Kessel – glauben Sie mir das; ich war dabei – mit Stickstoff an der richtigen Stelle höheren Druck erzeugt. Auf diese Weise kann man den Waggon dann druckfrei entleeren.

Es gibt auch nur zwei Materialien, die dieser hochkonzentrierten Salpetersäure Stand halten. Eines davon ist hochprozentig reines Aluminium, und das zweite ist Teflon.

Letztendlich wurden Spezialisten aus Linz herbeigeholt. Da war es bereits 15 Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten wir noch immer nicht feststellen, wo sich ein Waggon befand, in den die Säure umgefüllt werden konnte. Die Spezialisten waren dann in der Lage, den extremen Überdruck im Kesselwaggon zu neutralisieren, und damit stand einer Rückkehr des Waggons in das Land, in dem der Waggon befüllt worden war, nämlich Tschechien, nichts mehr im Wege.

Fazit: ein gefährlicher Einsatz. Weiteres Fazit: Fünf Giftgasschutzanzüge waren kaputt. Kostenpunkt nur für diese Schutzanzüge – ich darf es noch in Schilling sagen –: 350 000 S.

So gut auch die Beschriftung sein mag, so wenig nützt es, wenn man nicht weiß, wie man mit dem Inhalt umzugehen beziehungsweise diesen zu behandeln hat. Es kann auch nicht die Aufgabe einer Freiwilligen Feuerwehr sein, sich zu 100 Prozent mit allen Gefahrengütern auszukennen.

Eines steht fest: Der fromme Wunsch, dass in jedem europäischen Land, in jedem Land weltweit, jede Feuerwehr und jeder Rettungsmann, der damit zu tun hat, erkennen kann, um welches Gefahrengut es sich handelt, und dass jeder weiß, wie er sich im Gefahrenfall zu verhalten hat, wird wohl noch lange, wenn nicht ewig, ein frommer Wunsch bleiben.

Geschätzte Damen und Herren! Das Wichtigste sind erstens ein Krisenplan – dieser ist in diesem Fall sehr wohl vorgelegen – und zweitens, vor allem die notwendige Gerätschaft für jegliches zu befördernde Gefahrengut vor Ort zu haben. Ebenso wichtig wird es sein, ein hoch qualifiziertes, geschultes Team an Spezialisten zu haben, und das Allerwichtigste wird es sein, dass sowohl das technische Gerät als auch vor allem die Spezialisten raschest und rund um die Uhr greifbar sind.

Bei diesem Gefahrgutbeförderungsgesetz, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, handelt es sich lediglich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Es ist zwar ein notwendiger Schritt, jedoch den Bürgern und den Katastrophenmannschaften nicht wirklich dienlich. Es macht auch wenig Sinn, einem kleinen Bediensteten oder einem LKW-Fahrer per Gesetz die Verantwortung zu übertragen beziehungsweise ihnen diese quasi gewaltsam aufzubürden.

Das wäre auch deshalb ein Widerspruch, weil doch gerade Topmanager und Spitzenverdiener – auf ihre Gagen angesprochen – damit argumentieren, deswegen soviel Geld zu bekommen, weil sie ja soviel und so große Verantwortung zu tragen hätten.

Hohes Haus! Dieses Gesetz ist zu unausgegoren und falsch im Ansatz, sodass es von meiner Fraktion keine Zustimmung geben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

15.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Gerhard Tusek. Ich erteile ihm das Wort.

15.02

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie mein Vorredner bereits sagte, handelt es sich bei diesem Gefahrgutbeförderungsgesetz um Anpassungen an internationale Vorschriften. Ich darf das etwas erweitern: Grundsätzlich sind es die Empfehlungen der Vereinten Nationen, die vorsehen, dieses Gesetz richtigerweise in einem Rhythmus von maximal zwei Jahren zu überarbeiten und an die entsprechende neue Situation anzupassen,


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die gerade bei diesem sehr sensiblen und heiklen Bereich extrem großen Veränderungen unterworfen ist.

Andererseits – und es ist richtig, was mein Vorredner gesagt hat – handelt es sich um eine Umsetzung von EU-Richtlinien. Gerade auf diesem Gebiet halte ich Richtlinien der Europäischen Union für besonders wichtig, denn Gefahrengüter werden grenzüberschreitend transportiert, und daher ist es wichtig, dass alle Länder, durch die Gefahrengüter irgendwelcher Art – Kollege Rosenmaier hat das Beispiel mit der konzentrierten Salpetersäure angeführt – transportiert werden, eine eindeutige, einwandfreie Kennzeichnung vorschreiben.

Es ist schon so, dass die für die Sicherheit zuständigen Organe in den Gemeinden vornehmlich die Bürgermeister sind, im Bereich der Bezirkshauptmannschaft ist es der Katastrophenstab, und in den Ländern gibt es Ähnliches. Daher kann es uns gerade als Länderkammer nicht gleichgültig sein, wie unsere Gemeinden, die Bezirkshauptmannschaften – als Ausführungsorgane der Länder – und die Länder selbst mit diesen Gefahrguttransporten umgehen. Aus diesem Grund ist es wichtig, grundsätzlich über diese Problematik zu diskutieren.

Die Gefahr von Unfällen ist leider nie ausgeschlossen. Und wenn es mit entsprechend sensiblen Materialien zu solchen Unfällen kommt, dann sind Menschenleben sicherlich gefährdet. Das muss man sehr klar und deutlich sagen. Daher ist es wichtig, dass alle, die mit dem Gefahrengut zu tun haben, in eine lückenlose Kette eingebunden werden, vom Erzeuger über den Verlader bis hin zum Kraftfahrer.

Ich halte es schon für wichtig, dass auch der Fahrer des Gefahrguttransportes entsprechend ausgebildet und eingewiesen ist, damit er weiß, wie er in etwaigen Unfallsituationen damit umzugehen und zu reagieren hat. Dieses Gesetz sieht verstärkte Schulungsmaßnahmen für alle Beteiligten vor, und das halte ich für ein großes Novum und Positivum.

Wir hoffen, dass ein solcher Katastrophenfall nie eintritt, aber wir müssen gerüstet sein. Es wird wichtig sein, das Gefahrengut rasch zu erkennen – dazu dient die Kennzeichnung –, und es ist wichtig, es rasch einzuschätzen – dazu gibt es bei den örtlichen Feuerwehren, aber auch auf höheren Ebenen die Handbücher, in denen man unter der entsprechenden Nummer nachschlagen kann, wie mit dem einzelnen Gut umzugehen ist.

In der Folge geht es dann – dazu braucht man natürlich die entsprechende Ausrüstung – auch um die Bewältigung der potenziellen Katastrophe. Ausbildung, Kennzeichnung und der richtige Umgang mit einer Katastrophe sind also die wichtigen Eckpunkte in diesem Gesetz.

Weiters sieht das Gesetz vor – und das halte ich für durchaus positiv und günstig –, dass auch Wasserstraßen und Eisenbahnen künftig von dieser Novelle betroffen sein werden. Die Statistik zeigt nämlich: Die sichersten Transporte finden mit der Bahn und auf Wasserstraßen statt, daher ist das durchaus ein Schritt in die richtige Richtung.

Grundsätzlich geht es darum, dass unserer Bevölkerung mit diesem Gesetz ein möglichst hohes Maß an Sicherheit gewährleistet wird. Ich denke, wir alle stimmen darin überein, dass Sicherheit ein sehr wichtiger Wert für die Bürger unseres Landes ist. (Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger das Wort. – Bitte.

15.07

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ein Gefahrgutbeförderungsgesetz und eine Schieß- und Sprengmittelmonopolsverordnung wären heute zu beschließen.

Die Gefährlichkeit der Substanzen, über die wir sprechen und über die wir beschließen sollen, war uns schon immer bewusst, und schon seit es diese Substanzen gibt, sind sie als gefährlich


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eingestuft wurden. Denken wir nur an die Sprengmittel, die auch Bestandteil dieses Gesetzes sind: Dynamit und TNT sind Dinge, die sicher jedem aus der Literatur bekannt sind.

Die bestehenden Gesetze reichen leider nicht aus, um Unfälle zu verhindern. Die täglichen Zeitungsmeldungen und auch die Meldungen in Rundfunk und Fernsehen zeigen das. Früher hat es sicherlich auch Unfälle gegeben, aber das waren singuläre Ereignisse. Sie waren statistisch nicht einzugrenzen, und auch die Gefahrenquellen, die zu den Unfällen geführt haben, waren statistisch nicht zu erfassen. Die Ereignisse waren zu selten. – Das hat sich leider geändert. Durch die Häufung der Fälle sind diese Unfälle statistisch zugängig geworden.

Damit erhebt sich die Frage, wie Abhilfe zu schaffen ist. Man kann das Gefahrengut selbst zwar ungefährlicher machen, aber man kann den Transport von gefährlichen Substanzen grundsätzlich nicht aus der Welt schaffen. Sie sind industriell notwendig, wie Herr Kollege Rosenmaier gerade am Beispiel des Transports von Salpetersäure erläutert hat. Es ist für die Industrie eben notwendig, solche Substanzen zu transportieren.

Bei einigen Stoffen ist es gelungen, sie zu entschärfen, zum Beispiel bei Nitroglyzerin. Ich habe vorhin Dynamit erwähnt. Dynamit ist in Kieselgur aufgenommenes Nitroglyzerin. Nitroglyzerin allein ist kaum handhabbar. Erst durch die Aufnahme in Kieselgur ist es ungefährlicher geworden. Das war die Erfindung des Herrn Nobel, der damals noch gar nicht absehen konnte, was er damit angestellt hat. Er hat aber dann den Nobelpreis gestiftet, und von diesem reden wir alle heute gerne.

Man kann die Handhabungsvorschriften natürlich verbessern, und man kann die Transportvorschriften verbessern. Darüber sprechen wir heute in erster Linie. Es geht um das Verladen, das Verstauen, insbesondere bei Sammeltransporten. Wenn ein Transportwagen nur Säure transportiert, dann ist es sicher einfacher, als wenn auf einem Lastwagen als Sammelgut eben auch solche gefährlichen Güter mittransportiert werden.

Wichtig ist in diesem Fall, dass exakte Papiere mitgeliefert werden. Aus den Papieren muss eindeutig hervorgehen, worum es sich handelt und wie bei Unfällen zu handeln ist.

Auch die Straßenroute, die ein Fahrzeug nimmt, ist nicht ohne Bedeutung. Denken wir nur an die katastrophalen Unfälle, die vor einiger Zeit in Tunnels passiert sind! Ist es gerechtfertigt, dass man Autos durch Tunnels schickt, wenn dort bei einem kleinen Unfall solche Massenkarambolagen und solch ein furchtbarer Brand entstehen?

Der Lenker muss instruiert werden, wie er sich zu verhalten hat. Er muss sicher dann, wenn er mit einer "fahrenden Bombe" unterwegs ist, anders fahren, als wenn er mit einem leeren Auto oder mit einer Ladung Kartoffel oder Bauschutt oder sonstigen ungefährlichen Gütern durch Österreich fährt. Das ist schon ein großer Unterschied.

Es muss auch das Auto selbst gekennzeichnet sein, was bereits geschehen ist.

Weiters ist eine entsprechende Schulung der Exekutive und der Feuerwehr notwendig, damit nicht Fälle auftreten wie jener, der auch von einem meiner Kollegen schon geschildert wurde, bei denen man eigentlich nicht wirklich weiß, wie mit diesen Dingen umzugehen ist. Dieser Bereich ist so komplex, dass ich eigentlich Zweifel daran hege, ob eine entsprechende Schulung wirklich möglich ist. Das muss dann in den Papieren festgelegt sein, und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass dann im Unglücksfall jemand sozusagen die Betriebsanleitung zu lesen beginnt.

Ein Teil des gesamten Transports liegt schließlich auch in der Verantwortung des Empfängers, denn er ist sozusagen das letzte Glied in dieser Kette.

Der Katalog, den ich jetzt aufgezählt habe, ist sicher unvollständig, es gibt noch wesentlich mehr Gefahrenquellen. Wollte man aber ein Gefahrenpotenzial definieren, was vielleicht sinnvoll wäre, dann müsste man alle diese Gefahrenpunkte oder -quellen, die ich jetzt aufgezählt habe – es waren sieben –, in eine Gefahrenformel einbringen – fast schon ein Ding der Unmög


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lichkeit –, wobei die einzelnen Glieder der Gefahrenquellen wieder voneinander abhängen, also selbst veränderlich sind – denken Sie etwa an den Zustand der Straße, an die Ermüdung des Fahrzeuglenkers, an eventuelle Eigenbewegungen des Ladegutes und so weiter. Solche Probleme, die jeweils wieder voneinander abhängen, sind mathematisch nur mittels Differenzialgleichungen zu fassen und zu lösen. Jeder, der sich damit schon beschäftigt hat, weiß, wie schwierig das ist. Es ist zu komplex.

Ich glaube, dass man vielleicht mit einer Chaostheorie wesentlich schneller an das Problem herankommen könnte, weil sich kleine Veränderungen im Sicherheitssystem schlussendlich katastrophal auswirken können. Aber ich glaube, da sind wir schon so tief in der modernen Mathematik, dass es schwierig wird.

Die Antwort auf nicht vorhersehbare, aber statistisch zu erwartende Unglücksfälle – das ist das Problem, meine Damen und Herren – ist nur durch eine Steigerung der Sicherheitsvorschriften möglich, denn wir wissen: Wir können noch so gute Vorschriften erlassen, zu verhindern sind solche Unglücksfälle statistisch nicht. Es wird sie immer geben.

Würde man das jetzt zu Ende denken, dann wäre – im Extremfall – ein Gefahrenguttransport überhaupt nicht mehr möglich. Damit würde aber ein großer Teil der Wirtschaft zum Erliegen kommen: Es geht so also nicht. Ein Kompromiss besteht darin, die dauernde Verantwortung zu sehen und die technisch mögliche Sicherheit auch einzufordern.

Die vorliegende Regierungsvorlage versucht dies. Sie ist eigentlich auch nur eine Umsetzung von EU-Richtlinien. Es ist schon im Vorfeld sehr viel Kritik an der Verschiebung der Verantwortung vom Absender zum LKW-Lenker geübt worden. Mit dieser Kritik verkennt man aber doch etwas die Realität eines Gefahrenguttransportes, denn schließlich hat sich auch der Lenker eines PKWs vor Antritt der Reise zu überzeugen, ob das Fahrzeug tauglich ist. Daher müsste der Lenker geschult werden, um sicherstellen zu können, ob das Gefahrengut richtig verstaut ist, ob die Route, die ihm angeschafft wurde, auch zumutbar ist.

Meine Damen und Herren! Auch der Straßenzustand und ähnliche Faktoren sind sehr wesentlich. Es gibt Untersuchungen, wonach, glaube ich, jeder zweite Verkehrstod auf der Autobahn im Bereich so genannter Gegenverkehrsstrecken verursacht wird und jeder zweite oder dritte Verkehrstote über 60 Jahren auf einem Zebrastreifen stirbt. Solche Tatsachen müssen in die Überlegung mit einbezogen werden!

Dass der Absender, der natürlich für die Ungefährlichkeit eines Transportes verantwortlich ist, jede Unterstützung für die Sicherheit auf der Strasse oder auch auf der Schiene, zu Wasser oder in der Luft bereitstellt, ja mehr noch, dass er deren Annahme strikt einfordern muss, ist wohl unabdingbar.

Wer die Verantwortung ausschließlich beim Absender festmachen will, erkennt die ungleiche Verteilung des Risikos in der Kette nicht. Die Frage der Verantwortung ist aber nicht sozial zu lösen, sondern im Kompetenzbereich.

Meine Damen und Herren! Jedes Gesetz kann sich nur approximativ einer Vollkommenheit nähern. Diese Gesetzesnovelle ist eine Verbesserung, und deshalb stimmen wir Freiheitlichen ihr auch zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.16

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Ing. Mathias Reichhold das Wort. – Bitte.

15.16

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Mathias Reichhold: Hoher Bundesrat! Ich glaube, das ist ein sehr wichtiges und ein sehr komplexes Thema, das hier diskutiert wird. Ich möchte zu einigen der hier aufgeworfenen Punkte Stellung nehmen, um darüber Klarheit zu schaffen.


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Zunächst einmal war die Novellierung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes deshalb notwendig, weil damit natürlich eine Anpassung an geltende internationale Bestimmungen erfolgt. Gerade das ermöglicht jetzt der Exekutive, den Kontrollorganen, die lückenlose Kontrolle der durch Österreich fahrenden Gefahrenguttransporte, aber auch jener, für die Österreich als Zielland oder als Absenderland ausgewählt wurde.

Da hier von einseitigen zusätzlichen Belastungen Einzelner in dieser Kette gesprochen wurde, möchte ich schon dazu sagen, dass diese Novelle sehr genau auf den Absender, den Verlader und letztlich den Beförderer dieses Transportgutes Rücksicht nimmt. Ich möchte auch dem Vorwurf entgegentreten, dass sich durch diese Novelle die Pflichten für den Lenker in einem Ausmaß erhöhen würden, das nicht verantwortbar wäre. Das stimmt nicht, sondern es ist sehr wohl auch der Absender mit in der Ziehung, und zwar mehr als je zuvor, und es wird durch dieses Gesetz weder der Absender noch der Unternehmer der Unterweisungspflicht enthoben, die wichtig ist, um ein gefahrloses Transportieren dieser Gefahrgüter zu ermöglichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht auf die vielen wichtigen Details eingehen, sondern möchte nur noch eines ganz klar feststellen, nämlich dass auch die Kritik, dass sozusagen Privatpersonen als ahnungslose Empfänger in die Haftung kommen könnten, nicht zulässig ist. Auch das war ein Kritikpunkt, der Gott sei Dank dann in den parlamentarischen Beratungen ausgeräumt werden konnte. Hier handelt es sich lediglich um eine sehr spezielle Bestimmung, die dann in Kraft tritt, wenn es auf Grund einer mangelhaften Reinigung durch den Empfänger zu einer Gefährdung nachfolgender Transporte kommt. Ich glaube, das ist eine Bestimmung, die sehr wichtig sein kann, weil es – die Praxis hat es bewiesen – auch in solchen Fällen schon einige Male zu Zwischenfällen und Unfällen gekommen ist. Daher wurde diese Bestimmung auch in diese Novelle mit aufgenommen.

Ich glaube, dass diese Novelle, ganz allgemein gesagt, im Detail sehr gut überlegt ist, die dazu führen wird, dass auch die Interoperabilität gewährleistet ist, dass die Verfolgbarkeit sehr vieler Sünder in diesem Bereich auch international ermöglicht ist und wird. Es ist eine Novelle, auf die wir schon lange gewartet haben und an der schon sehr lange gearbeitet wurde. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch unserer Beamtenschaft, die diesbezüglich hervorragende Arbeit geleistet hat, meinen Dank aussprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.19


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

7. Punkt

Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 1999 und 2000, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-230-BR/02 sowie 6638/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung: Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 1999 und 2000, vorgelegt vom Bundeskanzler.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Friedrich Hensler übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Friedrich Hensler: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe Ihnen den Bericht betreffend die Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 1999 und 2000, die vom Bundeskanzler – wie auch schon für die Jahre 1997 und 1998 – vorgelegt wurden. Ich beschränke mich dabei auf das Wesentliche:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Herwig Hösele das Wort. – Bitte.

15.21

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister Reichhold! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige Gedanken und Anmerkungen zu den vorliegenden Berichten des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes, wobei ich zunächst auf eine Passage aus dem Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nehme:

Erneut wird darauf hingewiesen, dass – insbesondere um Art. 134 Abs. 3 zweiter Satz B-VG entsprechend geeignete Bewerber aus Berufsstellungen in den Ländern für eine Karriere beim Verwaltungsgerichtshof zu gewinnen – es sollen mindestens ein Viertel sein – für Mitglieder des Gerichtshofes, die ihren Hauptwohnsitz in einem Bundesland außerhalb Wiens beibehalten, ein Ausgleich finanzieller Mehraufwendungen geschaffen werden sollte, so wie er für die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes besteht.

Wir haben heute in der Früh nach der Gedenkveranstaltung die Gelegenheit zu einem kurzen Gedankenaustausch mit Präsident Adamovich vom Verfassungsgerichtshof und Vizepräsident Pesendorfer vom Verwaltungsgerichtshof gehabt. Vizepräsident Pesendorfer hat uns in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam gemacht, dass – ich begrüße Herrn Staatssekretär Morak sozusagen unseren Bundesratsminister, der für diesen Bericht auch zuständig ist! – von den 63 Mitgliedern der Verwaltungsgerichtshofes ... (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. )  – So wie es Kollege Schennach kürzlich ausgeführt hat! Ich glaube, Sie haben das sehr positiv gemeint, und dem schließe ich mich gerne an! (Bundesrat Konecny: Na ja! – Bundesrat Schennach: Na ja, positiv ...!  Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) Ist es okay, Herr Professor? (Bundesrat Konecny: Einen Staatssekretär haben wir immer!)

Von den 63 Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes sollten also 16 aus den Bundesländern sein. Tatsächlich sind 14 aus den Bundesländern, davon sind aber fünf Wiener. Das heißt, es sind in Wirklichkeit nur neun Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes aus den Bundesländern. Das ist aus der Sicht der Länder ein unbefriedigender Zustand.

In diesem Sinne hat die Landeshauptleutekonferenz 1999 einen einstimmigen Beschluss gefasst und haben Bundesräte unter Federführung des Steirers Alfred Gerstl zuletzt am 21. Dezember 1999 einen Gesetzesantrag in diesem Hohen Haus eingebracht. Es wäre aus föderalistischer Sicht höchst wünschenswert, wenn sich der Nationalrat damit positiv befasste, denn hinter dieser vermeintlich besoldungsrechtlichen Petitesse steht mehr: Die möglichst große Repräsentanz qualifizierter Juristinnen und Juristen aus den Bundesländern bei den Höchstgerichten, die sich ja insbesondere auch mit Landesrecht und Bund-Land-Kompetenzfragen beschäftigen, ist wichtig – auf Grund der Erfahrungshorizonte und damit es nicht zu einer weiteren


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schleichenden Zentralisierung kommt. Denn es ist, ohne etwas unterstellen zu wollen, eine Tatsache, dass der Standort auch oft den Standpunkt bestimmt.

Weiters möchte ich eine Passage aus den Schlussfolgerungen aus dem Bericht des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2000 zitieren, in der sich folgende kritische Anmerkung findet:

Die Praxis, insbesondere im Zusammenhang mit der Budgeterstellung sogenannte Sammelgesetze zu erlassen, mit denen eine Vielzahl von Rechtsvorschriften abgeändert wird, ist nicht neu. ... So wurden im Budgetbegleitgesetz 2001 ... – seinem Inhaltsverzeichnis nach – 87 Gesetze geändert. ... diese Umstände führen dazu, dass die Rechtsordnung immer schwerer zu durchschauen ist, was in weiterer Folge zu einem Konflikt mit dem rechtsstaatlichen Prinzip führen kann. – Zitatende.

Es ist dies eine Praxis, die, wie der Verfassungsgerichtshof auch festgestellt hat, leider schon viele Jahre besteht. Es ist aber meine tiefe Überzeugung, dass bei aller Notwendigkeit, gewisse Gesetze rasch zu ändern, längerfristig eine bessere Gesetzesqualität und eine bessere Gesetzgebungskultur anzustreben sind, mit dem Ziel, weniger, aber bessere und verständlichere Gesetze zu erlassen.

Ich habe mir erlaubt, am ersten Tag, an dem ich mich hier in diesem Hohen Haus zu Wort melden konnte – es war dies übrigens im Zusammenhang mit der Beschlussfassung ebendieses vom Verfassungsgerichtshof apostrophierten Budgetbegleitgesetzes 2001 –, kurz darauf hinzuweisen.

Gestatten Sie mir noch eine grundsätzliche Anmerkung: Rechtsstaat und Meinungsfreiheit sind für mich und wohl für uns alle Grundsäulen der liberalen Demokratie. Der Respekt und die Wertschätzung für die Unabhängigkeit der Gerichte, zumal der Höchstgerichte, müssen damit untrennbar verbunden sein. Auch wenn man manchmal mit Urteilen nicht einverstanden ist, sind die Sprüche zu respektieren. Sachliche Kritik ist selbstverständlich möglich, aber insgesamt muss der Respekt vor höchstgerichtlichen Entscheidungen zum Selbstverständnis der rechtsstaatlichen, liberalen Demokratie und offenen Gesellschaft Österreichs gehören.

Der Respekt muss so groß sein, dass man nicht der Versuchung erliegt, sie parteipolitisch instrumentalisieren oder gar vereinnahmen zu wollen. Dies gilt für alle Parteien. Urteilsschelte gab es immer wieder von allen Seiten, vor einigen Jahren – etwa 1997, 1998 – insbesondere auch von Spitzenvertretern der SPÖ.

Was haben SPÖ-Spitzenpolitiker wie der damalige Herr Bundeskanzler und der damalige Klubobmann und heutige Volksanwalt etwa im Jahr 1997 angesichts eines unliebsamen Spruchs verlangt? – Die Publikmachung der Dissenting Opinion. – Ich bin für eine offene und seriöse Diskussion über die Dissenting Opinion, aber es ist mir verdächtig, wenn die Diskussion darüber jedes Mal quasi als Disziplinierungsinstrument angesichts eines ungelegenen Spruchs aufbricht.

Wir haben heute in der Früh auch mit dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes darüber gesprochen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Nein, darüber haben wir nicht gesprochen!)  – Selbstverständlich, Sie waren sogar anwesend, Frau Kollegin! Er hat dann auch noch mitgeteilt, dass am 16. Oktober 1998 eine parlamentarische Enquete stattgefunden hat (Bundesrätin Mag. Trunk: Ach so! Das schon!) und dass die große Mehrheit der Verfassungsrichter in Österreich prinzipiell für eine Diskussion über die Dissenting Opinion ist, sich im Augenblick aber damit nicht anfreunden könne. – Das war zumindest meine Erinnerung. Es ist mir aus irgendeinem Grund nach dem Gespräch vor kurzem noch das Protokoll dieser Enquete zugegangen, woraus ich schließe, dass mir der Herr Präsident dieses zumitteln hat lassen.

Abschließend noch ein Gedanke: Unsere Höchstgerichte agieren auf Basis der gültigen Magna Charta der österreichischen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, der österreichischen Bundesverfassung, die wesentlich mitgeschaffen wurde von Hans Kelsen und Karl Renner.


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Maria Schaumayer und der österreichische Publizist Alfred Payrleitner haben Anfang des heurigen Jahres vorgeschlagen, parallel zum oder im Anschluss an den europäischen Verfassungskonvent einen österreichischen Verfassungskonvent einzuberufen, der eine Gesamtrevision der österreichischen Verfassung vornehmen könnte und einen Masterplan für den österreichischen Staatsaufbau im 21. Jahrhundert entwickeln könnte.

Ich habe mir erlaubt, das Anfang März auch zwei Mal aufzugreifen, und habe Ende März festgestellt, dass auch der SPÖ-Parteivorsitzende, Herr Gusenbauer, in diese Richtung denkt. Eine Gesamtrevision schiene mir jedenfalls wesentlich sinnvoller zu sein, als ständig an der österreichischen Bundesverfassung da und dort herumschnipseln zu wollen, dauernd irgendwo eine Verfassungsänderung vorzuschlagen, so löblich und sinnvoll einzelne Maßnahmen auch sind, wie etwa die geschlechtsneutralen Bezeichnungen, eine allfällige Verpflichtung zu einem ausgeglichenen Haushalt bis hin zu Staatszielformulierungen, Sozialstaats-Zielformulierungen.

Professor Böhm hat in seiner mich sehr beeindruckenden Wortmeldung in der letzten Sitzung des Bundesrates auf das Schicksal der Grundwertediskussion, die in den sechziger Jahren unter Bundeskanzler Klaus begonnen wurde, hingewiesen. Ich sage daher: Wenn etwas getan wird, sollte man nicht Flickwerk schaffen, sondern sich um einen großen Wurf bemühen. Es ist dies sicher ein mehrjähriger Prozess, aber er wäre aus meiner Sicht ein ziemlich lohnender.

Selbst wenn dies nicht gelingen sollte, darf ich aber abschließend feststellen: Ich fühle mich in der gegenwärtigen österreichischen Verfassungslage sehr wohl und empfinde die Tätigkeit des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes als außerordentlich positiv im Sinne des österreichischen Rechtsstaates. (Beifall bei der ÖVP.)

15.30

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesrätin Mag. Trunk das Wort. – Bitte.

15.30

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sie erlauben mir, zu einigen von meinem Vorredner nicht erwähnten Bereichen der Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes Stellung zu beziehen.

Erster Bereich: Es ist äußerst positiv zu bemerken, dass sich in den letzten Jahren der Amtstätigkeit der vorigen Bundesregierung der Anteil von Frauen, also Expertinnen, in diesen beiden Gerichtshöfen massiv zum Besseren entwickelt hat, das heißt, der Frauenanteil in der vormaligen – und das ist nicht als diskriminierende Äußerung zu verstehen – Männerdomäne Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof ist stark gestiegen. Ich denke, das sollte hier positiv vermerkt werden.

Zweiter Bereich: Sie haben Anmerkungen zu den Äußerungen des Parteivorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei, Dr. Alfred Gusenbauer, gemacht, dass Verfassungsänderungen und -einfügungen nicht immer sehr zielgerichtet seien. Sie werden mir erlauben, dass ich hier erkläre, dass die Verankerungen des Begriffes und des Prinzips "Sozialstaat" in der Verfassung durchaus von allen Parteien unterstützt werden könnte; denn wie auch immer eine Regierung der Zukunft aussehen mag, die Verankerung des Sozialstaates in der Verfassung würde bedeuten, dass nach diesen Kriterien und Maßgaben sämtliche Gesetze und Maßnahmen überprüft werden würden. Sozial zu handeln und zu regieren ist für jede künftige Regierung ein positiver Ansatz! (Beifall bei der SPÖ.)

Ohne Dinge wiederholen zu wollen, muss ich dennoch – das hat mir Kollege Hösele nicht erspart – zu vier Punkten der eigentlich schon länger in Diskussion befindlichen Reformansätze bei beiden Gerichtshöfen Stellung beziehen:

Der erste Punkt ist – das war ein sehr wesentlicher Kernpunkt der sehr knappen und kurzen Aussprache, die heute Vormittag verlangt wurde –, dass Reformdebatten sehr oft und zu oft anlassbezogen sind.


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Ich denke, wenn man eine gewisse Kultur pflegen will, wenn man sich um diese Reform bemüht und diese seriös vorantreiben will, dann dürfen Reformansätze nicht tagespolitisch und nicht anlassbezogen passieren. Ich werde später noch kurz zu diesen Ansätzen und Äußerungen, insbesondere jenen der letzten Monate, Stellung beziehen.

Der zweite Punkt ist, dass von einem Kollegen ausgesprochen wurde – ich glaube, ich habe ihn doch richtig verstanden –, dass in irgendeiner Form, ohne die Infrastruktur der beiden Gerichtshöfe zu sehr ausweiten zu müssen, die Hoffnung gehegt wird, dass die Anzahl der Beschwerden geringer werden möge. Ich sage Ihnen hier als leidenschaftliche Demokratin: Ich hoffe nicht, dass die Anzahl der Beschwerden geringer wird, sondern sie soll – im Gegenteil – mehr werden. Auch die Qualität soll steigen. Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof sind sehr transparente rechtsstaatliche Einrichtungen, die dem Einzelnen und den Institutionen zu seinem beziehungsweise ihrem Recht verhelfen. In diesem Sinne wünsche ich mir mehr Infrastruktur und auch mehr Beschwerden mit Konsequenz, denn letztlich bedeutet das auch eine strukturelle Verbesserung unseres demokratischen Systems. (Beifall bei der SPÖ.)

Der nächste Bereich, der für mich sehr nachvollziehbar angesprochen wurde, in der Auseinandersetzung mit einer Reform sind die Äußerungen der beiden Präsidenten dieser Gerichtshöfe, nämlich dass es in Hinkunft – es ist eigentlich schon ein Problem von heute – Probleme bei der Schaffung der neuen Behördentypen geben wird. Beide Präsidenten haben ihre Sorge darüber zum Ausdruck gebracht, dass man angesichts dieses Problems aus heutiger Sicht nicht wissen wird, wie damit umzugehen sein wird, dass eigentlich eine Beschwerdeflut auf die Gerichtshöfe zukommen wird, der man mittels eine verbesserten Infrastruktur wird begegnen müssen.

Der dritte Punkt ist – das ist sehr nachvollziehbar und äußerst konkret – der Vorschlag des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, in Fällen von nicht ablehnbaren Beschwerden die Möglichkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zu schaffen, weil dieser – und das ist auch in diesem Bericht deutlich ausformuliert – die Möglichkeit hat, in so genannte Feinprüfungen einzutreten, was dem Verfassungsgerichtshof als solchem nicht möglich ist.

Und der vierte Punkt, den Sie angesprochen haben – ich habe da einen Halbsatz von Ihnen überhört, deswegen habe ich gemeint, darüber haben wir nicht gesprochen –, betrifft die Kritikpunkte von Politikern der Sozialdemokratie. Davon war heute Vormittag nicht die Rede, sehr wohl aber von dem Problembereich Dissenting Opinion. Da wurde eindeutig von Herrn Präsidenten Adamovich festgehalten, dass die Mehrheit der Expertinnen und Experten keine andere Auffassung vertritt, sondern einhellig gegen die Möglichkeit der Dissenting Opinion ist.

Auch das ist für mich nachvollziehbar, weil es dadurch in der Erkenntnisfindung zu zwei verschiedenen Qualitäten kommen könnte, nämlich dem einhelligen Erkenntnis und der Dissenting Opinion. Bevor diese Möglichkeit der Schaffung einer Doppel-Qualität nicht ausgeräumt ist, besteht Anlass, darüber zu diskutieren. Ich bedanke mich hier beim parlamentarischen Team dafür, dass wir heute am Vormittag nicht nur einen Zettel bekommen haben, sondern das gesamte Kompendium der diesbezüglichen Parlamentarischen Enquete von 1998. Ich meine, das ist für uns Parlamentarier und alle Bundesräte ein sehr konkreter Ansatz, bevor wir uns öffentlich oder auch hier zum Problembereich Dissenting Opinion äußern.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sie erlauben mir, bezüglich Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof – zu Ersterem explizit – das Recht in Anspruch nehmen zu dürfen, das auch Kollege Hösele für sich in Anspruch genommen hat, nämlich hier klar zu erklären, dass der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof zwei Grundelemente der österreichischen Demokratie darstellen, dass Kritik – und das wird häufig verwechselt, wenn sozialdemokratische Ministerinnen und Minister zitiert werden – immer und jederzeit erlaubt und auch gefördert werden soll – auch politische Kritik. Aber wenn politische Verantwortungsträger Verfassungsgerichtshoferkenntnisse – ich zitiere nur Sätze, die ich auch über meine Lippen bringe – für null und nichtig erklären, wenn Verantwortung tragende Politiker den Verfassungsgerichtshof außer Kraft setzen wollen und sich selbst als Politiker zum obersten Richter von Recht und Ordnung ernennen wollen, dann ist das nicht nur ein Schritt zu weit, sondern das sprengt


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bei Weitem – und ausnahmsweise zitiere ich hier ÖVP-Klubobmann Khol – den Verfassungsbogen.

Da heute Vormittag und in den Stunden davor sehr oft mit mahnenden Worten und auch mit erhobenem Zeigefinger – was mir allerdings ganz persönlich nicht sonderlich sympathisch ist – darauf verwiesen wurde, dass Gedenken betroffen macht, ist es an sich eine günstige Gelegenheit und vor allem eine glaubwürdige Gelegenheit, dass sich Bundesrätinnen und Bundesräte von solchen Äußerungen klar und mit Entschiedenheit distanzieren. Damit können wir uns Missverständnisse über die Vergangenheit ersparen. Heute können wir uns davon distanzieren, dass es Verantwortung tragende Politiker in diesem Lande gibt, die den Verfassungsgerichtshof, den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes sowie Richterinnen und Richter diskriminieren, diffamieren und ihnen in Wirklichkeit keinen Platz mehr in diesem Rechtsstaat geben wollen. – Das wäre nicht nur ein mutiger, sondern auch ein fälliger Schritt.

Sie erlauben mir eine zweite Bemerkung: Heute begehen wir den "Internationalen Tag der Presse- und Meinungsfreiheit". Das ist der dritte Grundpfeiler unserer Demokratie. Der heutige Tag in seiner konkreten politischen Umsetzung, wie es auch die Präsidentin des Bundesrates in ihrer Rede sehr eindrucksvoll formuliert hat, soll uns dazu veranlassen – nicht nur heute –, uns konsequent in unserem politischen Handeln und Denken mehr als deutlich von Aussagen zur Einschränkung der Pressefreiheit in Österreich zu distanzieren.

In der Republik Österreich fiel im Zusammenhang mit der Pressefreiheit der Satz, dass man die Hand, die einen füttert, nicht beißt – und das strotzt nur so vor Zensur. Ich denke, ÖVP und FPÖ würden im Sinne der Hygiene der eigenen politischen Kultur gut daran tun, sich davon zu distanzieren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Meinen letzten Satz sage ich nicht aus Betroffenheit, sondern er ist auch aus der heutigen Gedenkveranstaltung abgeleitet. Wenn in dieser Republik Folgendes erlaubt ist und mehrheitlich kommentarlos hingenommen wird, dann machen mich heute die Auszüge dieses Gedächtnisprotokolls in doppelter Weise selbst betroffen und noch einmal nachdenklich: Ich habe heute einen Begriff vorgefunden, gegen den ich damals protestiert habe, und ich tue es heute noch einmal. Heute ist der Begriff der Blausäure gefallen. Wenn Politiker in der Republik Österreich ungestraft sagen können, dass sie "rote Filzläuse mit Blausäure vernichten wollen", dann hat das mit Parlamentarismus und mit Demokratie nichts zu tun, und es hat vor allem nichts in der Zukunft Österreichs verloren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

15.41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich erteile ihm das Wort.

15.41

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die beiden uns heute vorliegenden Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofs und des Verfassungsgerichtshofs aus den Berichtsjahren 1999 und 2000 zeigen einmal mehr deren notorische Überbelastung auf.

In Bezug auf den Verwaltungsgerichtshof gab es zwar 1999, verglichen mit dem Vorjahr 1998, bei den neu eingelangten Beschwerden einen leichten Rückgang und bei der Anzahl der Erledigungen einen gewissen Anstieg. Die Neuanfälle im Jahr 2000 waren gleichfalls geringer als 1999, und zwar um 10 Prozent. Im Berichtsjahr 1999 konnten die damals anhängig verbliebenen Fälle gegenüber 1998 auf 9 331 anhängige Rechtssachen und somit um 28,8 Prozent, sodann im Jahr 2000 auf verbliebene 8 796 anhängige Rechtssachen, das heißt um weitere 5,7 Prozent, vermindert werden.

Immer noch betrug jedoch nach all dem die durchschnittliche Verfahrensdauer der im Jahre 2000 mit Sachentscheidung erledigten Bescheidbeschwerden nahezu 20 Monate. 1 021 Akten


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waren sogar länger als drei Jahre anhängig. Mit Ablauf des Berichtsjahres 1999 waren es sogar noch 1 136 Verfahren.

Mit einem Erkenntnis von Ende 1999 sprach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte aus, dass die Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgerichtshof in einer bestimmten Rechtssache die angemessene Zeit im Sinne des Artikels 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention überschritten habe. Eine Dreijahresdauer erachtete er dabei als absolute Grenze einer angemessenen Zeitstrecke.

Weitere "Verurteilungen" – ich setze es unter Anführungszeichen – in Strassburg sind demnach zu erwarten, um nicht zu sagen vorprogrammiert. Das von Österreich an sich zu Recht vorgebrachte Argument der angestiegenen Beschwerdezahl ließ der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nämlich nicht gelten. Vielmehr, so beschied er uns, sei es Sache der Vertragsstaaten, ihr Rechtssystem auf solche Weise zu organisieren, dass die Gerichte das Recht auf Entscheidung von Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen innerhalb angemessener Zeit gewährleisten können.

Das Verwaltungsreformgesetz 2001 sieht künftig die verstärkte Heranziehung der Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern als Berufungs- und Rechtskontrollbehörden in zahlreichen Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung vor. Da nun der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 33a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 unter bestimmten Voraussetzungen die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines UVS ablehnen kann, wird das wohl eine gewisse Entlastung des Verwaltungsgerichtshofs bewirken.

Dennoch teile ich die Einschätzung des Berichtes vollauf, dass eine dauerhafte strukturelle Verbesserung dieser Überbelastung nur durch eine echte Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Sinne der Einführung von regional eingerichteten Verwaltungsgerichten erster Instanz erreicht werden kann.

Den zirka 4 000 Fällen, die realistisch betrachtet vom Rechtsstab des Gerichtshofes jährlich erledigt werden können, stehen derzeit zirka 9 000 noch anhängige Fälle und etwa 7 000 bis 8 000 neu anfallende Beschwerden pro Jahr gegenüber.

Geht man davon aus, dass einem einzelnen Richter als Berichterstatter pro Beschwerdefall zur Erarbeitung eines Entscheidungsentwurfs statistisch gesehen nur zwei Arbeitstage zur Verfügung stehen, so versteht sich von selbst, dass dieser Zeitdruck keine qualitativ hochstehenden Erledigungen in komplexen Materien erlaubt!

Die dringend gebotene Abhilfe besteht meines Erachtens nicht darin, den Verwaltungsgerichtshof in bestimmten Sachgebieten von der Rechtskontrolle überhaupt auszuschließen und an seiner Stelle besondere Kollegialbehörden einzurichten. Vielmehr bedarf es hierzu einer Neuordnung, die anstatt der zweiten Verwaltungsinstanz eine erste verwaltungsgerichtliche Instanz vorsieht – dies in Verbindung damit, in grundsätzlichen Rechtsfragen die Möglichkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien offen zu halten.

An der umstrittenen Ausgestaltung der Entscheidungsbefugnisse der Verwaltungsgerichte erster Instanz, ob rein kassatorisch oder auch meritorisch, darf das Reformprojekt keineswegs scheitern, ebenso wenig aber auch an den Fragen der Finanzierung, die im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen dem Bund und den Ländern befriedigend zu regeln wären.

Hervorheben will ich nicht zuletzt die steigende Bedeutung gemeinschaftsrechtlicher Vorfragen, was die Sachen nicht einfacher und die Verfahren nicht kürzer macht. 1999 wurde in sieben Fällen die Vorlage einer solchen Frage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften beschlossen. Sechs Vorabentscheidungen dieses Gerichtshofes ergingen daraufhin im Berichtszeitraum. Im Jahr 2000 waren es fünf Vorlagebeschlüsse, zu denen bereits zwei Vorabentscheidungen gefällt wurden.


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Vorbildlich erscheint mir die Dokumentation der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, die seit 1. Jänner 1990 im Rahmen des Rechtsinformationssystems des Bundes – RIS – im Volltext und unentgeltlich abrufbar ist.

Lassen Sie mich nun noch kurz zu den Tätigkeitsberichten des Verfassungsgerichtshofs kommen: 1999 wurden 2 535 neue Fälle an den Verfassungsgerichtshof herangetragen. 2 760 Fälle aus früheren Jahren und aus dem Berichtsjahr konnten erledigt werden. Ende 1999 waren insgesamt 1 742 Fälle – das sind um 225 weniger als 1998 – offen. Im Jahr 2000 waren es 2 789 neue Fälle. Dem standen 2 902 Erledigungen gegenüber. Offen blieben somit 1 629 Fälle. Anzuerkennen ist dessen ungeachtet, dass es dem Verfassungsgerichtshof gelungen ist, die durchschnittliche Verfahrensdauer wenigstens auf dem Niveau der Vorjahre zu halten.

Die rechtspolitische Anforderung des Verfassungsgerichtshofs an den Personalstand, eine Ausstattung der Referate mit je drei rechtskundigen Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen zu erlangen, ist berechtigt. Dies entspräche den personellen Ressourcen eines Richters des deutschen Bundesverfassungsgerichts, das in seinen beiden Senaten jährlich nicht annähernd so viele Fälle entscheidet wie der österreichische Verfassungsgerichtshof in seiner Plenarbesetzung.

Über das Frauenförderungsprogramm ist von meiner Vorrednerin, Frau Kollegin Trunk, schon berichtet worden.

In beiden Tätigkeitsberichten wird erneut – wie schon mehrmals seit 1996 – auf die nach wie vor ungeregelte Problematik im Zusammenhang mit den so genannten Massenverfahren hingewiesen. Zweifellos handelt es sich dabei um eine erhebliche potenzielle Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Verfassungsgerichtshofs.

Im Zuge seiner Wahrnehmungen übt der Gerichtshof berechtigte Kritik auch daran, dass trotz seiner Aufforderung Verwaltungsakten von den Behörden vielfach nicht vollständig oder überhaupt nicht vorgelegt werden. Zudem fällt auf, dass belangte Behörden zunehmend von der Möglichkeit, Gegenschriften zu erstatten, absehen. Erachten dies die Behörden etwa nur als ein Recht und nicht auch als eine gewisse Pflicht?

Lassen Sie mich zuletzt aber auch noch einen kritischen Punkt berühren: Anders als der Verwaltungsgerichtshof plädiert meines Erachtens der Verfassungsgerichtshof nicht mit ausreichendem Nachdruck für wirklich radikale Reformen zu seiner angemessenen Entlastung. Der berechtigte Wunsch, dass jedes Referat mit drei wissenschaftlichen Mitarbeitern ausgestattet werden solle, reicht dafür nicht aus. Daran ändert auch der vergleichende Hinweis nichts, dass 16 deutschen Verfassungsrichtern derzeit 59 ständige wissenschaftliche Mitarbeiter zur Verfügung stehen.

Ebenso wenig genügt meines Erachtens aber auch die an sich berechtigte verfassungspolitische Forderung, dass in jenen Bereichen, in denen nach Artikel 133 Z 4 B-VG eingerichtete Kommissionen in letzter Instanz entscheiden, die Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren dem Verwaltungsgerichtshof und nicht mehr dem Verfassungsgerichtshof zukommen soll.

Was wir daher mindestens zusätzlich überlegen sollten, wenn wir uns nach grundlegenden rechtspolitischen Reformen fragen, wäre vor allem, sich einmal in aller Ruhe diese Fragen vorzulegen: Sollen wir zum Modell der Vollrichter und kontinuierlicher Sessionen des Verfassungsgerichtshofs übergehen? Sollen wir zur Entscheidung auch in Senaten übergehen? Und sollen wir – ich persönlich würde nach dem Vorbild des deutschen Bundesverfassungsgerichts dafür plädieren – doch auch das Minderheitsvotum einführen?

Alles in allem muss man aber beiden Gerichtshöfen bescheinigen, dass sie in Anbetracht ihrer Arbeitssituation und ihrer Rahmenbedingungen immer noch hervorragende Arbeit leisten. Meine Fraktion wird daher die Tätigkeitsberichte gerne zustimmend zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.51


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687. Sitzung / Seite 66

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

15.51

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Lieber Herr Bundesratsminister! Ich habe das wirklich positiv gemeint. Da hat mich Herr Hösele richtig verstanden.

Lieber Kollege Dr. Böhm! Wenn wir heute die Tätigkeitsberichte beider Höchstgerichte diskutieren, dann kann man nicht so tun, als ob wir zuvor nicht über Monate hinweg eine Diskussion gehabt hätten, die nichts ausgelassen hat an Fettnäpfchen, die man sich nur vorstellen kann. Insofern bedauere ich es – und da mache ich Ihnen jetzt persönlich keinen Vorwurf, obwohl ich Ihren letzten Satz noch gehört habe, mit dem Sie gesagt haben, beide Gerichte haben "hervorragende Arbeit" geleistet; das sollten Sie einmal in Richtung Karawanken sagen –, dass Sie sich als Fraktionschef der FPÖ nicht von der Debatte über den Verfassungsgerichtshof, die wir hatten, distanziert haben oder zumindest einen Ausdruck des Bedauerns geäußert haben.

Ich möchte nun ein bisschen vergegenwärtigen, was da für Ausdrücke gefallen sind: Der Verfassungsgerichtshof ist eine "politisch korrumpierte Anstalt", ein "Privilegienstadel für Nebenberufsrichter"; "solange ich Landeshauptmann bin, wird es keine zusätzlichen zweisprachigen Ortstafeln geben"; "ich werde Adamovich zurechtstutzen".

Bitte, all das sind Ausdrücke gewesen, als es um die Säulen des Rechtsstaates ging, wie wir heute schon in allen Debattenbeiträgen – inklusive jenen des Herrn Professor Böhm – gehört haben. Hier wäre es meiner Meinung nach seitens der FPÖ auch am Platz gewesen, zumindest zu jenem Spruch eine Erklärung abzugeben, der lautete: "Bei einem, der Adamovich heißt, ist zunächst die Aufenthaltsbewilligung zu überprüfen." – Beides haben Sie nicht getan. (Bundesrat Dr. Böhm: Ist nicht meine Diktion! Nicht nötig!)

Ich glaube, dass Sie weit davon entfernt sind, auch nur annähernd so zu denken. So weit habe ich Sie in diesem einen Jahr hier kennen gelernt. Es wäre schön gewesen, Herr Professor Böhm, wenn Sie es trotzdem getan hätten!

Keine Frage, der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof gehören zu den tragenden Säulen unseres Staates. Die Einhaltung der Erkenntnisse, aber auch die Einhaltung von Minderheitenrechten sind Gradmesser des demokratischen Rechtsstaates. Es ist keine Sache der Beliebigkeit, wie Repräsentanten dieses Staates mit dieser Rechtsstaatlichkeit umgehen. Damit, solche Erkenntnisse als Beliebigkeit hinzustellen, übersteigt man jenen Bereich, in dem man sagt, Kritik ist legitim – oder man setzt sich schon außerhalb dieses legitimen Rahmens, der nämlich dann heißt: unqualifizierte Angriffe und Diffamierungen –, und schadet genau dieser Rechtsstaatlichkeit, auf die wir alle stolz sind und zu der diese beiden Gerichtshöfe wesentlich und trotz Arbeitsüberlastung beitragen.

Verfassungsgerichte sind keine normalen Gerichte, das ist völlig klar. Man kann auch sagen, es ist dies eine Art justizialisierte Politik. In dem Rahmen ist natürlich auch Kritik nötig und legitim. Aber an den Erkenntnissen zu rütteln, ist nicht legitim. (Bundesrat Mag. Gudenus: Kritisieren darf man es ja!) Kritik ist legitim, aber nicht die Kritikpunkte, die ich Ihnen vorgelesen habe. Das ist keine Ebene von Politik, wenn ein Repräsentant eines Staates sagt: Ein Erkenntnis eines Verfassungsgerichtshofes ist für mich "null und nichtig" – wie das im Falle des Landeshauptmannes von Kärnten geschehen ist.

Im verfassungsrechtlichen Streit entscheidet der Verfassungsgerichtshof über Kompetenz und Machtverteilung und ist damit ein ordnungspolitischer Faktor der Struktur der politischen Ordnung. Der formelle Status "Gericht" kann in keiner Weise darüber hinwegtäuschen, dass ein Verfassungsgerichtshof dabei auch eine politische Funktion erfüllt. Deshalb – und das ist auch in den verschiedensten Enqueten seit den siebziger Jahren immer wieder betont worden – ist die demokratiepolitische Besetzung, die Art, wie der Besetzungsmodus erfolgt, von besonderem


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Interesse; aber nicht im Sinne von Proporz und Ähnlichem, sondern wichtig ist vor allem Parität statt Proporz.

Deshalb war es auch sehr wichtig, dass sich der Anteil von Frauen in den beiden Höchstgerichten deutlich verbessert hat. Er lässt aber noch immer zu wünschen übrig. Das muss man, so glaube ich, trotz des Positiven, dass sich das verändert hat, dazusagen. Natürlich fließen dadurch auch andere Gedanken, andere Sozialisationen, andere Standpunkte – "the point of view", wie man so sagt – in Erkenntnisse ein. Deshalb ist die Diskussion über diesen Bestellungsmodus wichtig.

Es ist sicherlich ärgerlich, wenn manche Erkenntnisse Monate, manche sogar Jahre auf sich warten lassen. Dazu gibt es viele Vorschläge, auch jene, die Herr Professor Böhm heute unterbreitet hat. Das ist eine andere Ebene der Diskussion, als wenn man dem Verfassungsgerichtshof als Ganzem vorwirft, ein "Privilegienstadel" zu sein, "korrumpiert" zu sein und ausschließlich nach parteipolitischem Interesse zu handeln. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.58

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nach Abwesenheit: schlüssiger Verzicht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, die vorliegenden Tätigkeitsberichte zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Kenntnisnahme der Berichte ist somit angenommen.

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Gebührengesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, die BAO und Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 (Steuerliche Sonderregelung für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften) geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2002) (1031 und 1072/NR sowie 6639/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung: Abgabenänderungsgesetz 2002.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Alfredo Rosenmaier übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Alfredo Rosenmaier: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich bringe Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Gebührengesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, die BAO und Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 – Steuerliche Sonderregelung für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften – geändert werden – Abgabenänderungsgesetz 2002.

Der Bericht liegt Ihnen vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag.


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Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (928/NR sowie 6640/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran samt Protokoll (929/NR sowie 6641/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (959/NR sowie 6642/BR der Beilagen)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Nachlass-, Erbschafts- und Schenkungssteuern (963/NR sowie 6643/BR der Beilagen)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend das Protokoll zur neuerlichen Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls (965/NR sowie 6644/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 9 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.


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Es sind dies:

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über die Förderung und den Schutz von Investitionen,

ein Abkommen über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran samt Protokoll,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Nachlass-, Erbschafts- und Schenkungssteuern, und schließlich

das Protokoll zur neuerlichen Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Herr Bundesrat Alfredo Rosenmaier übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Alfredo Rosenmaier: Herr Präsident! Die Herren Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Der Bericht liegt Ihnen vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran samt Protokoll.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls vor. Ich beschränke mich daher auch hier auf den Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bringe Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls vor. Ich beschränke mich auch hier auf den Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


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Ich darf Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Nachlass-, Erbschafts- und Schenkungssteuern bringen.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls vor. Ich beschränke mich auch hier auf den Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bringe Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend das Protokoll zur neuerlichen Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen vor. Ich beschränke mich hier ebenfalls auf den Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen. – Danke.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die getrennt erfolgt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran samt Protokoll.

Dieser Beschluss unterliegt ebenfalls dem Zustimmungsrecht nach Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.


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687. Sitzung / Seite 71

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll.

Auch dieser Beschluss unterliegt den Bestimmungen des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Nachlass-, Erbschafts- und Schenkungssteuern.

Auch dieser Beschluss regelt Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder, sodass er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG bedarf.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen als Letztes zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend das Protokoll zur neuerlichen Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf auch er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (649/A und 1084/NR sowie 6645/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid übernommen. Ich bitte sie darum. (Präsidentin Pühringer übernimmt den Vorsitz.)

Berichterstatterin Ulrike Haunschmid: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen


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über den Beschluss des Nationalrates vom 18. April 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, vor.

Um das Hauptziel der 59. ASVG-Novelle, die beiden größten österreichischen Pensionsversicherungsträger bereits mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2003 zur Pensionsversicherungsanstalt zusammenzuführen, zügig und sicher zu erreichen, soll im Wesentlichen der Überleitungsausschuss in seiner neuen Zusammensetzung ab 1. Juli 2002 volle Beschlusskompetenz statt der bisherigen Zustimmungsrechte für die Zusammenführung erhalten.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 29. April 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Roswitha Bachner. – Bitte.

16.10

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute über die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und jener der Angestellten zu beraten.

Nach dieser Zusammenlegung wird sich unter dem – soweit ich informiert bin – neuen Namen "Pensionsversicherungsanstalt" im Rahmen unserer österreichischen Sozialversicherung in dieser einen zusammengeschlossenen Versicherungsanstalt ein Versichertenstand von 2,6 Millionen und ein Pensionsstand von 1,6 Millionen befinden beziehungsweise wird sie diesen Stand aufweisen. Diese eine Versicherungsanstalt wird ein Budget in der Höhe von 21 Milliarden € oder, wenn ich es noch in Schilling umrechnen darf, 288 Milliarden Schilling zu verwalten haben.

Genau diese Größenordnung zeigt uns, dass wir bei solch einem Zusammenschluss äußerst behutsam vorgehen und alle Szenarien bedenken müssen. Husch-Pfusch-Aktionen haben bei der Zusammenführung zu einer derart riesigen Versicherungsanstalt nichts verloren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zusammenlegung wird hauptsächlich mit dem Argument begründet, dass man Synergien nutzen kann, dass damit Verwaltungskosten eingespart und diese Einsparungen den Versicherten zugute kommen werden.

Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde es gerne glauben, aber mir fällt bei diesen Argumenten immer ein Vergleich ein. Es ist noch nicht allzu lange her, dass wir ähnliche Worte gehört haben. Damals ist es darum gegangen, den Hauptverband zu reformieren. Da musste Hans Sallmutter weg, weil er als Verhinderer der Reform gegolten hatte, und nur ohne ihn konnte eine Reform durchgeführt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir jetzt dort haben, ist meines Erachtens sehr bedenklich. Wir haben einen wesentlich aufgeblähteren Apparat, der um ein Wesentliches mehr kostet. Ich möchte Sie nicht mit vielen Zahlen belasten, aber zwei möchte ich nennen. Der Jahresvoranschlag, was den Verwaltungsaufwand des Hauptverbandes betrifft, betrug für das Jahr 2001 – und ich sage es auch jetzt in Schillingbeträgen – 218 200 S; für das Jahr 2002 beträgt er 835 200 S. Das sind um 617 000 S mehr, das bedeutet eine fast dreifache Erhöhung der Kosten! (Bundesrat Freiberger: Das Nulldefizit! – Bundesrätin Schicker: Hört, hört!) Dass dieser aufgeblähte Apparat damit zu tun hat, dass Verbesserungen für die Versicherten zu vermerken sind, bezweifle ich auch.

Wir haben zudem außer einem aufgeblähten Apparat, der wesentlich mehr kostet, einen sehr unglücklichen Präsidenten, der sich Sorgen darum macht, dass seine Dotierung ausreichend ist – er wurde von der freiheitlichen Fraktion heute schon zitiert –, damit er seine zusätzlichen


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Aufwendungen abdecken kann, die er dadurch hat, dass er in seiner Funktion auf verschiedene Bälle gehen muss. Da hat er natürlich ärgste Sorgen, dass er all das abdecken kann.

Ich kann ihn aber sogar verstehen, weil das die einzige Sorge ist. Nein, eine Zweite hat er, die ich ebenfalls kenne: Er hat immer Probleme damit, einzuteilen, wer mit seinem Hund Gassi geht. Das also sind seine derzeitigen zwei Hauptsorgen. Sonst hat er keine, und zwar aus einem Grund: Er hat auch keine Funktion! Das heißt, er kann sich leicht mit solch banalen Dingen beschäftigen, weil er in Wirklichkeit ein Scheinpräsident ist.

Wenn man sich bei der jetzigen Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten unter dem Titel der Reform und der Verwaltungskosteneinsparungen dies auch in der Form vorstellt, dann können einem die Menschen, die davon betroffen sind, nur Leid tun. Denn es zeichnet sich auch diese Zusammenlegung genau in derselben Form ab.

Nunmehr sollen die Kompetenzen für den Überleitungsausschuss neu geregelt werden; das soll mit 1. Juli dieses Jahres passieren. Was aber bereits im Vorfeld passiert, damit man auf Nummer sicher gehen kann, ist, dass bereits mit 1. Juni der leitende Angestellte bestellt werden wird. Das heißt, jetzt haben wir keine Causa Frad, sondern jetzt haben wir eine Causa Wetscherek. Genau diese Vorgangsweise ist uns vom Hauptverband her sehr gut bekannt.

Der Freiraum der Selbstverwaltung wird bei dieser Vorgangsweise weiterhin eingeschränkt. Wir Sozialdemokraten brauchen aber weniger Zensur. Wir brauchen mehr Selbstverwaltung – das ist unser Ziel –, mehr Mitspracherecht der Versicherten und auch – bei einer so riesigen Zusammenführung von zwei großen Unternehmen – das Mitspracherecht der Beschäftigten unter Einbeziehung der Personalvertretung.

Die ganze Vorgangsweise bei dieser Zusammenlegung beweist, dass es da nicht um Verbesserungen geht, die den Versicherten zugute kommen, sondern darum: Überall dort, wo sich nur annähernd noch Sozialdemokraten befinden, müssen sie weg, koste es, was es wolle! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schicker: So ist es! Genau so ist es!)

Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren von FPÖ und ÖVP! Sie finden aber – weil heute schon so oft kritisiert wurde, dass wir nicht bereit sind, gute Dinge mit Ihnen zu beschließen – in uns Sozialdemokraten sofort einen Partner, wenn es darum geht, wirkliche soziale Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Lassen Sie mich nur ein, zwei oder drei Beispiele zitieren!

Für 1,6 Millionen Pensionen der Arbeiter und Angestellten wird ein Bundesbeitrag in der Höhe von 34,5 Milliarden Schilling geleistet. Im Gegenzug dazu ist für 346 000 Pensionen von Gewerbetreibenden und Bauern ein Zuschuss von fast 31 Milliarden Schilling notwendig. Hier, meine Damen und Herren, ist Handlungsbedarf gegeben, um Ungerechtigkeiten zu beseitigen! (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: Ein weiterer Handlungsbedarf wäre bei der Beseitigung der unsozialen Ambulanzgebühren gegeben.

Oder: Ein weiterer Handlungsbedarf wäre bei der Abschaffung der Unfallrentenbesteuerung gegeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden aber in der sozialdemokratischen Fraktion keinen Partner finden, der Sie bei Ihrer Umfärbelungsaktion unterstützt. Deshalb werden wir diesem vorliegendem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.18

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als Nächste hat sich Frau Bundesrätin Anna Höllerer zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.18

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten im


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Arbeits-, Sozial- und Pensionsrecht wird nun endgültig zur Geschichte. Diese heutige Novelle ist eine wichtige Grundlage, um dies letztendlich vollziehen zu können.

Im Krankenversicherungsrecht wurde das schon geschafft. Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Sie haben es wirklich intensivst probiert, aber unter Ihrer sozialen Kompetenz, unter Ihren Ministern ist es nicht gelungen. Dieser Regierung ist es endgültig gelungen, das auch umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Jetzt gibt es also die Gleichstellung der Leistungen bei Krankheit bei Arbeitern und Angestellten.

In der 59. ASVG-Novelle wurde bereits die Richtung für die einheitliche Verwaltung in der Pensionsversicherung vorgegeben. (Bundesrat Freiberger: Wie ist die Entgeltfortzahlung bei den Angestellten?) Heute wird mit dieser Novelle (Bundesrat Freiberger: Wie ist die Entgeltfortzahlung bei den Angestellten?) eine weitere wichtige Grundlage zur Präzisierung und zur Umsetzung dieses Vorhabens der Zusammenlegung geschaffen. (Bundesrat Freiberger: Wo ist das eine Gleichstellung der Arbeiter?)

Es ist natürlich von Wichtigkeit, dass die Verantwortlichkeiten, die jetzt etwas geändert werden, da die leitenden Angestellten und die Funktionäre die Verwaltung und die Kontrolle während dieser Fusionierungszeit zu betreuen haben, geklärt werden, da nach der Zusammenführung selbstverständlich die Verantwortung auch von diesen Persönlichkeiten getragen werden muss. Wenn Sie hier behaupten, dass eine politische Umfärbung damit verbunden ist, dann ist das ganz einfach falsch. (Bundesrätin Schicker: Na net!) Es geht um die Durchführung einer sachlichen Fusionierung, es geht um die Reduzierung (Bundesrätin Schicker: Das haben wir schon gemerkt! Das haben wir in der Vergangenheit gemerkt!) der Anzahl der Mitglieder in den Gremien in einem ausgewogenen Verhältnis. (Bundesrätin Bachner: Das stimmt doch nicht! – Bundesrat Freiberger: Können wir das bei den Bauern und bei den Gewerblichen auch machen?)

Auch wenn Sie von einem Monsterinstitut reden, das da entstehen soll, dann kann man dem durchaus entgegenhalten, dass es eine Nähe zum Versicherten geben wird, dass es zukünftig eine regionale Stärkung geben wird (Bundesrat Freiberger: Machen wir es bei den Bauern und bei den Gewerblichen gleich!) und dass die Verwaltungskörper vor Ort durch diese Maßnahmen gestärkt werden. (Bundesrat Freiberger: Super! Bei den Bauern und bei den Gewerblichen machen wir dasselbe!)

Zur Zusammenlegung der gewerblichen und der Bauernsozialversicherung, die Sie verlangt haben, kann ich selbstverständlich Stellung nehmen. Die Zusammenlegung der Pensionsversicherung der Angestellten und der Pensionsversicherung der Arbeiter zu einer Pensionsversicherung der Arbeitnehmer – oder wie sie auch zukünftig heißen mag – ist mit der Situation der Sozialversicherungsanstalt der Bauern und jener der gewerblichen Wirtschaft gar nicht vergleichbar. (Bundesrat Freiberger: Das ist ganz etwas anderes! – Bundesrat Konecny: Das ist viel teurer!) Die Pensionsversicherung der Angestellten und die der Arbeiter führen einen gemeinsamen Zweig in der Sozialversicherung, sie haben gleiche Rechtsvorschriften als Grundlage. In der Sozialversicherungsanstalt der Bauern hingegen sind drei Zweige und ein eigenständiges Beitragsrecht vorhanden, und bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gibt es zwei verschiedene Zweige und ebenfalls ein eigenes Beitragsrecht. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Freiberger: Das kann nicht eine Institution machen!)

Unter diesen Voraussetzungen macht eine Zusammenlegung keinen Sinn, es werden aber natürlich massive Einsparungsprogramme umgesetzt. Gerade in der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, bei der ich wirklich mitreden kann, wurde bereits im Jahr 2000 eine Strukturreform umgesetzt, indem Landesstellen aufgelöst wurden, mittlerweile eine schlanke Führungsstruktur vorhanden ist und 50 Prozent der Führungskräfte eingespart wurden. (Bundesrat Hensler: Das ist Kompetenz!) In Zusammenarbeit mit der (Bundesrat Freiberger: In Gottes Namen!) Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft gibt es ein neues System, das keine Zusammenlegung darstellt, aber eine Zusammenarbeit ist. Mit diesem Back-Office-Programm, bei dem es dann tatsächlich darum geht, ein vergemeinsamtes Wirtschaftswesen stattfinden zu lassen, werden enorme Synergie-Effekte wahrgenommen. Im Rahmen der Gebäudeverwaltung werden


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Versicherungen miteinander abgeschlossen, werden die Energie und die Reinigung miteinander gehandhabt, und in den Bereichen Mikroverfilmung, Druckerei, EDV-Angelegenheiten, Leistungsverrechnung (Bundesrat Freiberger: Gewaltig!), medizinische Begutachtung und Beschäftigungswesen (Bundesrat Freiberger: Das ist super!) wird zukünftig eine Kooperation stattfinden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Freiberger: Das ist Oscar-reif!)

Mit der Umsetzung dieses Back-Office-Projektes wird es gewaltige Kostenoptimierungen geben. Solch eine Lösung, wie sie bei diesen beiden Versicherungen jetzt gehandhabt wird, ist intelligent, und da sind wir auch mit der Umsetzung auf dem richtigen Weg, das kann ich Ihnen versichern.

Wenn Sie hier aufzeigen und vorlesen, wie viel Bundesmittel den einzelnen Pensionsversicherungen zufließen, dann möchte ich Sie schon darauf aufmerksam machen, dass die demografischen Probleme, mit denen die Bauernsozialversicherung zu kämpfen hat, auch durch eine Zusammenlegung nicht weggewischt werden können. (Bundesrat Freiberger: Bei den Arbeitern und Angestellten auch nicht!) Die Bundeszuschüsse sind nach wie vor ganz einfach notwendig. Die Durchschnittspensionen unserer Bauern sind äußerst gering, es sind die geringsten. (Bundesrätin Schicker: Wir sind eh dafür, dass die Bauern mehr bekommen!) Mit Jahresende 2001 hatten die Männer eine Durchschnittspension in der Höhe von 824 € und die Frauen eine in der Höhe von 410 €. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben viele Pensionisten und wenig Beitragszahler. Mit dieser Situation sind wir in der Sozialversicherung konfrontiert. Diese demografische Entwicklung kann aber – das ist absehbar – in Zukunft auch die anderen Versicherungssysteme treffen. Das können Sie auch aus den Daten der Statistik Austria ablesen.

Zu den Ambulanzgebühren, die auch angesprochen wurden, möchte ich Folgendes sagen: Interessant ist, dass es im "Kurier" vom Dienstag, 30. April, eine Reportage gibt, in der steht, dass Ihr Parteivorsitzender Alfred Gusenbauer auf Fact-Finding-Mission im Hanusch-Krankenhaus war: Wahlreden im roten Spital! Und da steht unter anderem, dass er besonders in den Ambulanzen vorsprachig wurde, dort wollte er den Überdruss wegen der ungeliebten Gebühren einfangen. Da steht wortwörtlich, dass ihm im Gespräch eine Patientin auf seinen Satz, den er ständig auf den Lippen trug: Ja, ja, da wird am falschen Platz gespart!, erwidert hat: Na ja, nein, das ist nicht wirklich neu, das war doch schon immer so, dass wir Ambulanzgebühren zahlen mussten! (Bundesrätin Schicker: Wer hat sie eingehoben?) Und sie hat auch recht.

Diese Ambulanzgebühr ist keine neue Erfindung. In vielen verschiedenen Systemen musste man schon jahrzehntelang für den Ambulanzbesuch bezahlen. Die Bauern, die Gewerbetreibenden, die Eisenbahner, die im öffentlichen Dienst Stehenden haben schon immer Gebühren entrichten müssen, wenn sie die Ambulanzen besucht haben, und mittlerweile müssen es auch die ASVG-Patienten. (Bundesrätin Schicker: Das ist der 20-prozentige Selbstbehalt, aber das hat doch mit der Ambulanzgebühr nichts zu tun! – Bundesrat Konecny: Sie sind auf sehr dünnem Eis unterwegs! – Bundesrat Freiberger: Ganz so kennen Sie sich nicht aus!)

Dazu muss ich Ihnen auch noch sagen, wenn Sie das noch einmal hinterfragen möchten: Auch von jenen Personen, die jetzt Ambulanzgebühr zu entrichten hatten, haben immerhin zwei Drittel, wenn meine Informationen stimmen, die Vorschreibung bezahlt (Bundesrat Konecny: Nein!), und bei denen, die es nicht bezahlt haben, steckt sehr oft der Wille der Funktionäre der SPÖ dahinter (Bundesrat Freiberger: Das stimmt nicht!), die das zu beeinflussen versucht haben. (Beifall bei Bundesrätin Haunschmid. ) Es gab diesbezügliche Einsprüche. Das kostet soviel Geld im Verwaltungsbereich (Bundesrätin Schicker: Zum Wohle der Patienten!) – Geld, das im Leistungsbereich durchaus besser angelegt wäre, das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Freiberger: Das muss in einem Rechtsstaat möglich sein!)

Es gibt so viele Maßnahmen im sozialpolitischen Bereich, die von dieser Regierung umgesetzt, erfolgreich umgesetzt werden konnten. (Bundesrat Konecny: Wie die Ambulanzgebühr, deren Lenkungseffekt gleich null ist! – Bundesrätin Schicker: Das ist soziale Treffsicherheit!) Ich


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möchte hier nicht noch einmal alle auflisten, denn das würde den Rahmen sprengen, aber ich kann Ihnen eines garantieren: Wir setzen um, und Sie kritisieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Richtig!)

16.28

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Würschl. – Bitte.

16.29

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Liebe Frau Kollegin Anna Höllerer! Sie sind für mich eigentlich eine sehr sympathische und liebenswerte Frau. (Bundesrat Mag. Himmer: Flirten Sie da nicht!) Daher bin ich auf Grund Ihrer Ausführungen jetzt sehr bemüht, höflich zu bleiben und angemessene Worte zu finden. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. )

Es ist beachtlich, sehr geehrte Damen und Herren, wie man sich in eine derartige politische Scheinwelt hineinreden und die Tatsache derart verdrehen kann. Ich glaube, ich träume. Ist das eine gerechte Welt, Frau Höllerer, wenn ASVG-Versicherte – ich meine da Arbeiter mit einem Bruttoeinkommen in der Höhe von etwa 15 000 S bis 20 000 S – Unternehmern und Großgrundbesitzern ihre Pensionen zahlen? – Es ist immerhin so (Bundesrätin Haunschmid: Als ob wir nicht zahlen würden!), dass ASVG-Versicherte 87 Prozent ihrer Pension selbst zahlen, während Großgrundbesitzer wie etwa Herr Gruber nur 19 Prozent für ihre Pensionen einzahlen. (Bundesrat Freiberger: So schaut es aus!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist für mich keine Gerechtigkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin auch gar nicht verwundert darüber, dass ich in den heutigen Medien lese – Sie werden das höchstwahrscheinlich auch schon gemacht haben (Bundesrat Steinbichler: Jammern Sie weiter!) –, dass Ihren Parteien, den Noch-Regierungsparteien, überhaupt keine Sozialkompetenz von der Bevölkerung zuerkannt wird. Sie sind nicht glaubwürdig! (Bundesrat Konecny: Zu Recht!)

Ein Appell an die Noch-Regierungsparteien und an den Vertreter der Bundesregierung zu meiner Rechten (Zwischenrufe bei der ÖVP).

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Darf ich einen Moment unterbrechen: Ich tue mir selbst zunehmend schwer, noch etwas zu verstehen. Ich darf ein bisschen um Ruhe bitten. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Herbert Würschl (fortsetzend): Ich darf den Satz noch einmal beginnen. Geschätzte Damen und Herren der Regierungsfraktionen! Wenige Monate stehen Ihnen noch zur Verfügung. Sie werden nicht mehr allzu viel in der Sozialpolitik anrichten können, aber ich würde Sie dringend bitten, reden Sie, wenn Sie Novellierungen durchführen, mit den Betroffenen (Bundesrätin Haunschmid: Das Gleiche hat er letztes Mal auch erzählt!), reden Sie auch mit den Oppositionsparteien, mit der Gewerkschaftsbewegung, mit der Personalvertretung, mit Betriebsräten, also mit den Betroffenen, denn derzeit machen Sie nichts anderes als in der Sozialpolitik abzukassieren. (Bundesrat Steinbichler: Reden Sie mit den Bauern! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Mit dieser heute zu diskutierenden Novelle, geschätzte Damen und Herren, montieren Sie die Selbstverwaltung ab. Sie montieren die Selbstverantwortung ab und gehen den Weg einer Bevormundung. Wir Sozialdemokraten sind selbstverständlich immer gerne bereit, Reformen, wenn sie sinnvoll sind, mitzutragen; das ist gar keine Frage. Aber Ihre Sozialpolitik – das haben heute schon einige Redner aufgezeigt – belastet die Bevölkerung. Sie führen eine Krankensteuer ein und reden davon, dass dadurch ein Lenkungseffekt entstehen soll.

Die Krankensteuer ist nichts anderes als eine Belastung für kranke Menschen.

Zur Unfallrentenbesteuerung: Geschätzte Damen und Herren! Da geht es um Beträge, die sehr gering sind (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler ), aber Sie belasten Unfallrentner, die in ihrem Leben ein großes Pech gehabt haben, mit monatlich etwa – darf ich es in Schilling zum


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Ausdruck bringen – 1 000 bis 3 000 S. Und das ist schändlich. Das gefällt niemanden, und das haben die Leute auch nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Die Rechnung haben Sie schon laufend präsentiert bekommen. In ein paar Monaten bekommt ihr es bei der Nationalratswahl zum Ausdruck gebracht. 700 000 Österreicher haben das Sozialstaat-Volksbegehren unterschrieben und damit gegen Sie protestiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf mir Ihre Sozialpolitik in ein paar Bereichen weiter anschauen: der Hauptverband. Geschätzte Damen und Herren! Was haben Sie da zusammengebracht? (Bundesrat Mag. Hoscher: Teures!) – Mehrkosten sind entstanden; für Sie ist das positiv, aber für die Versicherten nicht, denn Sie haben in der dortigen Personalpolitik Ihre CV-Brüder untergebracht (Zwischenrufe bei der ÖVP), und ein gewisser Herr Frad macht sich große Sorgen, wie er die 60 000 S Aufwandsentschädigung drüberbringt. Er meint, dass er damit Faschingsbälle unterstützen muss, aber ich glaube nicht, dass es richtig ist, dass der Steuerzahler durch solche Sachen belastet werden soll. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Abschließend darf ich festhalten, dass wir selbstverständlich gerne bereit sind, darüber zu diskutieren, Versicherungsträger zusammenzulegen, das ist gar keine Frage, da hat niemand etwas dagegen. (Bundesrätin Haunschmid: Jahre habt ihr es nicht zusammengebracht!) Versicherungsträger sollen nämlich dann zusammengelegt werden (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer ), wenn damit Einsparungspotenziale offengelegt werden, wenn es möglich ist, eine effizientere Verwaltung sicherzustellen oder wenn dadurch eine bessere Betreuung der Versicherten gewährleistet werden kann. (Bundesrat Mag. Himmer: Sie sollten sich bei der Bevölkerung entschuldigen!) Das ist bei beiden Dingen, die hier zur Diskussion stehen, nicht der Fall.

Ich bekenne mich dazu, dass die Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und Angestellten zusammengelegt werden sollen, wenn dadurch ein einheitlicher Arbeitnehmerbegriff zum Tragen kommt, wenn gleiche Rechte gesichert werden, wenn eine Gleichwertigkeit unter den arbeitenden Menschen herbeigeführt wird und wenn eine Gleichstellung passiert. (Bundesrat Grissemann: Stimmen Sie zu!)

Aber, wie gesagt, euch geht es dabei gar nicht darum, dass diese wesentlichen Dinge gemacht werden, sondern es geht ausschließlich darum, eigene Leute im Rahmen der Parteibuchwirtschaft zu versorgen. In der Regel sind es CV-Brüder – ich wiederhole das – und keine kompetenten Leute in der Selbstverwaltung. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Letzter Satz, geschätzte Damen und Herren: Wie gesagt, all zu viel Möglichkeiten habt ihr sowieso nicht mehr während der Regierungsfunktion, aber ich würde bitten, dass ihr in Zukunft verstärkt mit den Betroffenen Gespräche führt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.36

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Wilhelm Grissemann. – Bitte, Herr Bundesrat.

16.36

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Herr Kollege ... (Bundesrat Konecny: Darf ich die Kollegen von ÖVP und FPÖ darauf aufmerksam machen, dass das ein Redner von Ihrer Fraktion ist!)  – Danke, Herr Kollege Konecny, aber ich würde Sie auch bitten, mir genau zuzuhören. (Bundesrat Konecny: Gerne!)

Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Jetzt finde ich Kollegen Würschl nicht, nein, er ist eh da. – Herr Kollege Würschl! Ich habe Ihnen sehr genau zugehört, und ich habe mir eigentlich gedacht, wenn man die 15 Minuten Polemik aus Ihrer Rede wegstreicht, dann sind wir sehr nahe beisammen, und das ist das Interessante an der ganzen Geschichte.

Sie haben wörtlich gesagt: Sie haben überhaupt nichts dagegen, wenn Sozialversicherungsträger zusammengelegt werden. Das ist logisch, das ist im Sinne von jedem hier im Saal, denn


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das bringt Synergieeffekte, Einsparungseffekte. Jetzt frage ich mich: Warum haben Sie hier 10 Minuten lang reine Polemik – Klassenkampf darf auch sein – verbreitet, obwohl wir uns eigentlich in der Sache einig sind?

Ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich, mich hat dieses Auseinanderdividieren von Arbeitern und Angestellten auch immer gestört. Mich hat es auch immer gestört, dass man dazu Apparate braucht. Stellen Sie sich vor: Österreich leistet sich den Luxus von 28 Sozialversicherungsträgern! (Bundesrätin Bachner: Wie schaut es in anderen Ländern aus?) Wir Freiheitlichen haben immer gemeint, dass eine Zusammenlegung auf drei bis vier Institute möglich wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt, wenn die Regierung die ersten Schritte setzt, macht man eine langatmige Polemik über die ganze Sache und erklärt zum Schluss, Herr Kollege Würschl – ich nagle Sie hier fest –, eigentlich sind wir dafür. Na bitte, dann stimmen Sie einfach mit. So einfach ist die Sache. (Bundesrat Konecny: Nein, so einfach ist es eben nicht!) Lange herumreden, dass Ihnen die Zusammensetzung der Verwaltung so nicht passt – ich kenne auch nicht jeden Einzelnen, ich kenne auch nicht das Parteibuch jedes Einzelnen ... (Bundesrat Reisenberger: Schauen Sie, was passiert!) Ich gehe davon aus, dass Fachleute – und da interessiert mich ... (Bundesrat Konecny: Wie Herr Frad! Ein "hervorragender Fachmann"!)

Ich sage Ihnen ehrlich, Herr Konecny, mich interessiert kein Parteibuch eines dieser Vorstandsmitglieder in den Versicherungsträgern. Einig sind wir uns – ich möchte Kollegen Würschl noch einmal festnageln – bezüglich der Zusammenführung auf vier bis fünf Institute. Und jetzt steht noch eine Sache auf der Tagesordnung, nämlich die Zusammenführung der Pensionsversicherungsträger Arbeiter und Angestellte. (Bundesrat Konecny: Der Kollege hat eh lange erzählt, warum das andere nicht geht!)

Herr Kollege Konecny! Ich sehe Sie direkt an, Sie nicken auch ganz heftig dazu. Sie sind also nicht dagegen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Stimmen Sie dem zu! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Nein!)

16.39

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.

16.40

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich erlaube mir, ein paar Sachen in Erinnerung zu rufen, damit nicht polemisiert werden muss, damit auch ein paar Zahlen hier aufliegen.

Ich darf, weil vom Hauptverband gesprochen wurde, daran erinnern, dass die gesamte Strukturreform des Hauptverbandes zwischen den Sozialpartnern einstimmig erfolgte und dass es lediglich bei der Besetzung des Verwaltungsrates, als es um politische Positionen gegangen ist, keine Einigkeit gegeben hat. Die gesamte Strukturreform erfolgte jedoch einstimmig. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Es ist so weit gegangen, dass auch die Geschäftsführung letztlich einstimmig beschlossen wurde. Ich glaube also, es kann sich niemand der hier Anwesenden aus der Verantwortung stehlen.

Auch die Frage der Kosteneinsparungen wird natürlich nicht von heute auf morgen gelöst, das ist selbstverständlich. Aber immerhin besteht jetzt ein Konzept, das vorsieht, dass in Kürze 24 Abteilungen des Hauptverbandes auf 14 reduziert werden (Bundesrat Reisenberger: Die kosten dreimal so viel! Gratuliere!), was insofern schwierig ist, als dort im Gegensatz zu jedem anderen privatwirtschaftlichen Unternehmen noch immer die pseudoprivate Pragmatisierung – auch im Gegensatz zum Bund – vorhanden ist und daher personelle Umschichtungen nur schwer möglich sind.


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Ich darf aber auch zur Ambulanzgebühr etwas sagen: Es wird immer gesagt, sie sei unsozial. Ich habe noch keinen einzigen unsozialen Fall erlebt. Oder ist es unsozial, wenn besser verdienende Gewerkschafts- und Arbeiterkammerangestellte oder freigestellte Betriebsräte diesen Solidaritätsbeitrag leisten? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es zahlen nämlich insgesamt nur 33 Prozent von den ASVG-Versicherten diesen Ambulanzbeitrag, und es zahlen 100 Prozent der anderen Krankenkassen seit über einem Vierteljahrhundert einen Ambulanzbeitrag.

Ich darf Ihnen noch etwas sagen: Bis Mitte März wurden bei etwa sieben Millionen Ambulanzbesuchen nur 2,5 Millionen vorgeschrieben. Das ist knapp mehr als ein Drittel, und von diesen wurden insgesamt 23 508 beeinsprucht. Das sind 0,93 Prozent. Das heißt, die Bevölkerung in Österreich weiß sehr wohl, in welcher Form sie sich vernünftig an der Finanzierung unseres guten Gesundheitssystems zu beteiligen hat.

Was vielleicht interessant ist und überhaupt ein bezeichnendes Licht auf die gesamte Situation wirft, ist, dass von diesen 23 508 Einsprüchen allein 67 Prozent aus einem einzigen Bundesland kommen, nämlich aus Oberösterreich, wo es eine entsprechende gewerkschaftliche Aktion gegeben hat. 15 Prozent kamen aus Salzburg. Aus drei Bundesländern kamen also insgesamt 91 Prozent der Einsprüche, während 9 Prozent der Einsprüche – und das ist ein neunhundertstel Prozent – von allen anderen Bundesländern kamen. So falsch kann das also nicht sein.

Ich wiederhole: Diese Ambulanzgebühr hat noch keinen einzigen sozial Schwachen getroffen, sondern ausschließlich jene, die sich am System auf Grund ihrer besseren Einkommensverhältnisse mitbeteiligen können. (Bundesrat Konecny: Ungeheuerlich! Glauben Sie das, was Sie sagen?) Ich glaube das, was an Zahlen belegbar ist. Ich glaube jedenfalls nicht an Polemiken, wenn Sie das wissen wollen. (Bundesrat Konecny: Ich zweifle an Ihrer politischen Intelligenz! – Bundesrat Freiberger  – in Richtung des Bundesrates Konecny –: Es ist schon zu spät! Sinnlos!)

Zum vorliegenden Punkt, über den Sie heute abstimmen: Mit der "Aktion Fairness" wurden im Jänner 2001 die Regelungen der Entgeltfortzahlungen bei den Arbeitern an jene bei den Angestellten angepasst. Es ist eine nahezu logische Forderung und zwingend – und das wurde auch schon früher von Ihrer Seite versucht –, das fortzusetzen, was als richtig erkannt wurde, nämlich die Zusammenlegung, damit auch in Hinkunft keine Unterschiede zwischen Angestellten und Arbeitern mehr bestehen.

Sie sagen, mit 2,6 Millionen Versicherten und 1,6 Millionen Pensionen sei das eine große Aufgabe, es entstünde dadurch eine große Anstalt. Dabei dürfen Sie aber auch nicht vergessen, dass Österreich ein relativ kleines Land ist und dass in anderen Ländern die Versicherungen ab dieser Zahl zu überlegen beginnen, in welcher Weise sie ihre Versicherten zu vertreten haben. Sie sehen aus dem, was Sie heute als Initiativantrag beschließen, dass nichts Anderes gemacht wird, als eine Sache, die als richtig erkannt wird, möglichst rasch umzusetzen.

Zu den Bundesbeiträgen darf ich auch etwas sagen: Es ist zweifellos richtig, dass er in verschiedenen Prozentsätzen verteilt wird, aber auch dort ergeben sich soziale Notwendigkeiten. Tatsache ist aber, dass sie sich, seit diese Regierung regiert, insgesamt deutlich erhöht haben, nämlich von 19,3 Prozent Bundesbeiträgen an Gesamtaufwendungen im Jahr 2000 auf 21,1 Prozent im Jahr 2002.

Durch die Zusammenlegung der beiden Pensionsversicherungsanstalten werden laut den Voranschlägen die künftigen Kosteneinsparungen etwa 10 Prozent betragen, was zirka 25 Millionen € ausmacht, und zwar nur im Verwaltungsbereich. Dazu kommt die Zusammenlegung der 17 Sonderkrankenanstalten, die auf eine verbesserte Verwaltungsbasis gestellt werden. Es gibt eine serviceorientierte Betreuung der Versicherten in jedem Bundesland mit einer jeweiligen Landesstelle.

Ich glaube, dass das Gesetz, das Sie heute beschließen, gut und eine logische Fortsetzung des bisher eingeschlagenen Weges darstellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.45


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Präsidentin Uta Barbara Pühringer:
Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Bundesrat Gottfried Kneifel. – Bitte.

16.45

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme mit Frau Kollegin Bachner überein, wenn sie meint, dass wirkliche soziale Ungerechtigkeiten bekämpft werden müssen. Es ist sozial ungerecht, wenn Bürgerinnen und Bürger, wenn Betroffene für etwas zahlen müssen, für das sie keine Gegenleistung bekommen. Das ist eine ausgesprochene Ungerechtigkeit! (Bundesrätin Haunschmid: Gewerkschaftsbeitrag! – Bundesrat Reisenberger  – in Richtung Bundesrätin Haunschmid –: Frau Kollegin! Sie disqualifizieren sich selbst! – Bundesrat Konecny  – in Richtung Bundesrätin Haunschmid –: Das ist wirklich ungeheuerlich!)

Nein, ich spreche nicht vom Gewerkschaftsbeitrag, sondern ich spreche von einer Steuergeld-Vernichtungsmaschine, für deren Sanierung jemand herangezogen wird, der dafür überhaupt keine Gegenleistung erhält. Nicht davon betroffene Bundesländer werden zur Defizitabdeckung herangezogen, sie müssen bei der Abdeckung des Defizits mitzahlen, obwohl sie nicht den geringsten Nutzen daraus ziehen können. Ich meine damit eine Einrichtung, die der Vorsitzende der SPÖ, Herr Gusenbauer, vor kurzem besucht hat, nämlich das Wiener Hanusch-Krankenhaus.

Im "Kurier" vom 30. April steht – meine Kollegin Höllerer hat das schon zitiert –, dass Herr Gusenbauer das Hanusch-Krankenhaus besucht hat und dort auf eine Fact-Finding-Mission ging, offensichtlich also dorthin ging, um etwas Neues zu erfahren, um neue Wege zu betreten. Er selbst weiß genau, dass er schlecht beraten wurde, als er zu diesem Zweck in das Hanusch-Krankenhaus geschickt worden ist. Ich hätte ihn zur Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse geschickt, die ein tolles Management und im Gegensatz zum Hanusch-Krankenhaus keinen Schuldenberg hat.

Allein im Jahre 2000 wurde vom Hanusch-Krankenhaus ein Defizit in der Höhe von 381 Millionen produziert, und dieses wurde im vergangenen Jahr um 100 Millionen noch erhöht. Ich stimme mit meinem Vorredner Würschl völlig überein, wenn er sich fragt: Ist das eine gerechte Welt?

Ich frage Sie: Ist das eine gerechte Welt, dass für das Defizit des Hanusch-Krankenhauses die Gebietskrankenkasse von Kärnten 10 Millionen Schilling allein im Jahr 2000 bezahlen muss? Im Jahr 2001 war dieser Beitrag noch wesentlich höher. Ist das eine gerechte Welt, wenn für das Defizit des Hanusch-Krankenhauses die Gebietskrankenkasse des Landes Oberösterreich 31 Millionen bezahlen muss, die Gebietskrankenkasse des Landes Niederösterreich 29 Millionen berappen muss, die Gebietskrankenkasse des Landes Steiermark 24 Millionen berappen muss, die Gebietskrankenkasse des Landes Salzburg 12 Millionen beitragen muss, jene des Landes Tirol 14,9 Millionen zuschießen muss und jene des Landes Vorarlberg 8,8 Millionen hergeben muss? Ist das eine gerechte Welt, wenn die Betriebskrankenkasse Donawitz 253 000 S dafür zahlen muss? Nennen Sie mir einen Patienten des Betriebes in Donawitz, der im Hanusch-Krankenhaus behandelt wird! Das gilt auch für Patienten anderer Betriebskrankenkassen, von denen niemand im Hanusch-Krankenhaus behandelt wird. Ich glaube, dass das eine Ungerechtigkeit ist. Ich halte es für sinnvoll, dass wir dieses Thema auch im Bundesrat, in dem wir auf den Föderalismus bedacht sein sollen, behandeln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Würschl! Sie haben gesagt: Weg mit der Bevormundung! – Ich halte das für eine Bevormundung einer Zentrale in Wien gegenüber den Bundesländern. Das ist eine Bevormundung, und das ist ein Zur-Kasse-Bitten für Leistungen, denen keine Gegenleistung gegenübersteht. Die Rechnung bekommen die Länder vorgelegt, und das halte ich für eine schlechte Wirtschaft, für eine sozialdemokratische Misswirtschaft. Ich bin der Meinung, dass Solidarität Wettbewerb zugunsten der Bürger sein soll und nicht auf Kosten der Bürger, zugunsten der Pa


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tienten, zugunsten der Kunden, und deshalb sollte auch in diesem Bereich mehr Kundenorientierung einziehen.

Meine Kolleginnen und Kollegen! Solidarität heißt nicht, dass die Wiener Zentrale die Bundesländer zur Kasse bieten kann. Das ist nicht Solidarität! Solidarität ist anders zu verstehen, sie muss auf Leistung und auf entsprechender Gesinnung basieren. Ich hätte mir gewünscht, dass Herr Gusenbauer seinen Wahlkampfantritt woanders gemacht hätte, jedenfalls nicht im Hanusch-Krankenhaus, und dass er eine Einrichtung besucht hätte, in der wirklich etwas Neues angeboten wird, eine Einrichtung, in der es keine Schuldenwirtschaft gibt, sondern eine neue Perspektive, ein neuer Weg aufgezeigt wird, in der gezeigt wird, wie man eine optimale Versorgung der Patienten mit einem wirtschaftlich erfolgreichen Agieren verbinden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.52

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Ing. Gruber.

16.52

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Würschl hat sicherlich Recht bezüglich der Großgrundbesitzer – dazu die Bemerkung: Ich bin von der Körpergröße her 1,80 m –, er hat aber nicht Recht, wenn er sagt, die Rechnung sei uns mit dem Volksbegehren präsentiert worden. Aus der Privatinitiative ist, lieber Freund, ein Partei-Volksbegehren geworden. Über 2,9 Millionen € wurden von SPÖ, ÖGB und Arbeiterkammer in dieses Volksbegehren "hineingebuttert". (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Liebe Freunde! Der Protest, der Aufschrei ist unterblieben, Ihre Aktion ist gescheitert, denn die Bevölkerung weiß ganz genau, bei wem der Sozialstaat gesichert ist – nämlich bei demjenigen, der keine Schulden macht, die Pensionen sichert und die Krankenkassen saniert, und das sind wir! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.53

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eine weitere Wortmeldung kommt von Herrn Bundesrat Reisenberger. – Bitte.

16.53

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich habe gerade etwas Neues erfahren: Offensichtlich dürften wir jetzt einen Butterberg haben, weil wir, wie Sie gemeint haben, so viel "gebuttert" haben. Das ist nicht der Fall, das möchte ich Ihnen hier zur Kenntnis bringen. Ihr müsst ganz einfach zur Kenntnis nehmen, dass ein Volksbegehren, das man mit allen Mitteln zu verhindern versucht hat, zu einem erfolgreichen Volksbegehren geworden ist, bei dem die Menschen gezeigt haben, was sie denken und was sie fühlen. (Beifall bei der SPÖ. – Heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihr könnt noch so laut sein, mit Hilfe eines Mikrofons ist man noch lauter, das ist das Angenehme hier am Rednerpult.

Ich glaube, es hat sich wiederum sehr deutlich gezeigt, wie man zum Thema "soziale Verantwortung und soziale Einstellung" steht. Herr Staatssekretär Waneck hat nämlich heute hier unter anderem gesagt, dass – und das hat mich mehr als verwundert – die Ambulanzgebühr keinen einzigen Bürger getroffen hat, der sozial schwach ist. Dazu muss ich sagen: Da kann ich nur lachen!

Nehmen wir als Beispiel eine durchschnittliche Familie her, eine Familie mit einem Einkommen in der Höhe von zirka 20 000 S – ich bleibe noch beim Schilling, damit das ein jeder hier mitnachvollziehen kann –, und von dieser Familie muss jemand ins Spital, er wird von der Rettung hingefahren und wird drei oder vier Mal nachbestellt! Herr Staatssekretär! Sie wissen sehr wohl, dass das Quantum dessen, was da zu bezahlen ist, damit ausgeschöpft ist. Das heißt, jedes


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Mal muss wieder bezahlt werden, so viel es geht. Das ist sozial?  – Das ist für eine Familie mit einem Bezieher eines kleinen Einkommens eine große Belastung!

Meine Damen und Herren! Sparen ist eine gute Sache, aber es hat im Hauptverband und auch bei den Sozialpartnern Vorstellungen gegeben, und dazu hat es auch Versprechen gegeben, denen Zustimmungen zugrunde gelegen sind, doch diese sind nicht eingehalten worden. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Nicht böse sein, aber eine Frage, die sich hier ganz klar für mich stellt, ist: Wenn man so tolle neue Systeme verwirklicht, wenn man tatsächlich alles besser machen kann – keine Frage, dass sich das bei einer großen Summe auswirken könnte –, weshalb hat sich dann das Ganze verdreifacht, ist das Ganze dreimal so teuer geworden? – Das müssen Sie mir, bitte, vorrechnen, wie das mit den tollen neuen Ideen gehen soll!

Nun zum Thema "Hanusch-Krankenhaus": Das ist ein Spital, das beste medizinische Versorgung – nicht nur für Wienerinnen und Wiener, sondern für Bürger aus dem ganzen Bundesgebiet, also auch für Bürger, die aus den anderen Bundesländern kommen – bietet. Wollen Sie uns jetzt heute hier einreden, dass dort nur Sozialisten, nur Sozialdemokraten behandelt werden? – Das ist doch, bitte, lächerlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen moderne Medizin, wir müssen das Gesundheitssystem ausbauen, und dafür sind Spitäler, die zum Großteil in Wien angesiedelt sind, aber auch in den Bundeshauptstädten, zuständig, diese werden dafür herangezogen. Das ist natürlich mit einem dementsprechenden Aufwand verbunden, und es ist gerecht, dass da ein Ausgleich stattfindet. Das hier zu bekritteln und zu sagen, Herr Gusenbauer sollte sich woanders Ideen holen, finde ich lächerlich.

Die Ideen von Herrn Frad sind "toll"! Da können wir lernen, wie man das Geld ausgibt. Die erste Idee, die ihm eingefallen ist, war, er brauche eine Aufwandsentschädigung, wenn er auf Bälle geht, obwohl er ohnehin zu allen eingeladen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist Einsparung? – Ich sehe es, ich höre es! Das ist so, wie wenn ein neuer Minister sein Büro betritt und als Erstes einen Staubsauger kauft. Wahrscheinlich musste er den ganzen Unrat, der von seiner Vorgängerin übrig geblieben war, wegsaugen und hat das selbst gemacht. Das sind Sparmaßnahmen? – Da kann ich nur lachen!

Meine Damen und Herren! Solidarität in einem Land wie Österreich, mit Leistungen, die den Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen, muss und darf Geld kosten, aber einen Verwaltungsaufwand zu schaffen mit der Ausrede, das Ganze für das Volk, für den einfachen Staatsbürger zu vereinfachen und zu verbilligen, das ist ganz einfach eine Chuzpe. Das, was man hier in der Öffentlichkeit verkündet, entspricht absolut nicht der Wahrheit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.57

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.

16.57

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Nur ganz kurz zur Erinnerung: Kinder sind von der Ambulanzgebühr a priori ausgenommen. Das heißt, dass der Vergleich "Familie mit Kindern" hinkt.

Nun zum Thema "Hanusch-Krankenhaus": Das ist ein großartiges Spital, das ich sehr schätze, es ist ausgezeichnet, aber es ist halt nun einmal das teuerste Privatspital Europas. Ich kann mich erinnern, dass es der Herr Generaldirektor der Wiener Gebietskrankenkassa dem Gesundheitsstadtrat von Wien um einen Schilling anbieten wollte, und dieser hat dankend abgelehnt.

Zum Punkt Beiträge: Mit dem Ambulanzbeitrag zahlen 25 bis 33 Prozent der ASVG-Versicherten einen maximalen Beitrag in der Höhe von 72 € pro Jahr. Das, was von Altpräsident Sallmut


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
687. Sitzung / Seite 83

ter gefordert wurde, wäre eine Erhöhung gewesen, die jeden Versicherten in Österreich 87 € gekostet hätte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Bachner: Aber auch den Unternehmern!)

16.58

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich darf noch bekannt geben, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt fünf Anfragen – 1930/J bis 1934/J – eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 6. Juni 2002, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 4. Juni 2002, ab 14 Uhr, vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie gut nach Hause kommen.

Schluss der Sitzung: 17 Uhr