Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 74

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Ich halte es weiters für unzulässig, weiter auszuholen und jeglichen Toten der letzten hundert Jahre auf die gleiche Stufe zu stellen.

Ich habe nicht die Absicht, eine – das wäre auch von der 20-minütigen Redezeit her nur schwer möglich – detaillierte historische Debatte hier durchzuführen. Aber wollen wir doch bitte, liebe Kollegen, die Proportionen richtig sehen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in Österreich in irgendeinem historischen Zeitalter Buddhisten ermordet wurden; sie waren auch in histo­rischen Zeiten nicht in großer Zahl hier bei uns anwesend.

Es gibt zwei österreichische Volksgruppen – das eine sind die Juden, das andere sind die Sinti und Roma –, die nahezu ausgerottet wurden. Was immer man mit etwas anderem vergleichen kann: Mit dem kann man nichts vergleichen!

Die Methode, weiter auszuholen und zu sagen: Opfer hat es gegeben, Opfer hat es überall gegeben!, führt am wesentlichen Kern des Problems vorbei – es ist für mich persönlich wichtig, das hier zu sagen –, und das kann durch nichts relativiert werden.

Wer anders an dieses Thema herangeht, ist schon auf der falschen und in diesem Fall sehr schiefen Bahn. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Sie haben nichts gesagt, was falsch ist. Sie haben sehr korrekt eine Seite aus der Buchhaltung Ihres Ressorts referiert. Das ist die sachliche Wahrheit.

Jawohl, diese Gesetze sind zu den von Ihnen angegebenen Zeitpunkten beschlossen worden, daraus gehen Leistungen hervor. – Aber wenn Sie meinen, dass es darum geht, dann glaube ich, dass Sie sich irren.

Die Frage ist, ob man bereit ist, auch offenen Herzens – und das kann manchmal, auch wenn es schwierig sein mag, Herr Kollege, auch offener Hand heißen – auf dieses Problem und auf die neuen Problemstellungen zuzugehen, ob man bereit ist, zu sehen, dass Leistungen, die eine Gemeinschaft für ihre Mitglieder erbringt, etwa einen gewissen finanziellen Sockel brauchen, der annähernd gleich hoch ist, unabhängig davon, wie viele Menschen letztendlich von diesen Leistungen umfasst sind.

Der Hinweis: Wir schicken auch gerne noch einen uniformierten Polizisten durch die Seiten­stettengasse – das ist schon von zwei Rednern gesagt worden, und ich brauche es daher nur ganz kurz zu wiederholen –, hat wenig damit zu tun, worum es geht, nämlich um das subjektive Sicherheitsbewusstsein von Menschen, für die Bedrohung eine noch nicht so weit zurück­liegende und auf einer anderen Ebene wieder reale Angelegenheit ist.

Das ist ein Gefühl, das niemand von uns je erlebt hat – auch Sie nicht, Frau Bundesministerin, auch ich nicht! Wir können nur versuchen, das zu erahnen, aber wir sollten uns mit der Demut dessen, der es nicht begreift und nicht begreifen kann, dieser Frage nähern.

Es geht nicht darum, an irgendeinem Ihrer Worte Kritik zu üben, sehr wohl aber darum, eine Menge an Kritik an der Haltung, die offensichtlich dahinter steht, zu üben.

Kollege Schennach hat mit einem Wunsch geschlossen. Diesem Wunsch schließe ich mich aus ganzem Herzen an, sage aber auch dazu, dass derjenige, der mit all den Machtmitteln des Staates ausgestattet der Gesprächspartner ist, den größeren Schritt tun muss gegenüber jenem, der eine kleine und klein gewordene Gruppe in unserer Gesellschaft vertritt.

Ich glaube, dass Großzügigkeit und Entgegenkommen die einzig angemessene Verhaltens­weise sind, um hier zu einer Lösung zu kommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.13


Präsident Herwig Hösele: Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat Dr. Schnider, bitte.

17.13


Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): In aller Kürze, um Folgendes zu klären: Ich als Theologe pflege nicht eine Religion mit einer anderen zu vergleichen. Ich habe nur vor-


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