Bundesrat Stenographisches Protokoll 705. Sitzung / Seite 158

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Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


18.07

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich sehe hier eigentlich keinen Nieder­gang oder keinen Paradigmenwechsel im politischen Umgang, sondern ich glaube, Professor Konecny hat nur ganz einfach hier in sehr sachlicher Form das Sittenbild dieser Bundesregierung skizziert. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich bin eigentlich verblüfft, Frau Präsidentin Zwazl, Sie haben eine wichtige Funktion, haben Sie gesagt, aber die wirklich wichtigen Zahlen muss Ihnen anscheinend die Kam­merdirektion der Wirtschaftskammer für Niederösterreich vorenthalten. (Bundes­rätin Zwazl: Unterstellen Sie mir Unfähigkeit?) – Nein, es wird Ihnen offensichtlich vorenthalten, denn ich glaube ja nicht, dass Sie uns hier nur die Hälfte erzählen, denn über 50 000 GesmbHs, Frau Präsidentin Zwazl, geben eine Null-Einkommensteuer‑ beziehungsweise Körperschaftsteuererklärung ab. Und das ist ja bekanntlich .... (Bundesrätin Zwazl: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich das Modell des nichtent­nom­menen Gewinns entwickelt, und ich weiß, dass auch die kleinen GesmbHs von der KöSt-Senkung profitieren! – Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht können Ihnen die beiden Regierungsmitglieder aus berufenerem Munde er­klären, dass das Prinzip des nichtentnommenen Gewinnes ja nicht für die Körper­schaften gilt. Ich glaube, da liege ich richtig. (Bundesrätin Zwazl: Ich habe gesagt, wie ich das Konzept des nichtentnommenen Gewinns gemacht habe, habe ich mir ange­schaut, wie das bei den GesmbHs ist! – Beifall bei der ÖVP.)

Eine kompetente Präsidentin, die aber offensichtlich doch mehr als 50 000 Mitglieder der österreichischen Wirtschaftskammer, die in GesmbHs ihre Firmen betreiben, nicht kennt, denn die geben eine Null ab. Sie können das nachlesen im soeben er­schienenen Bericht der Statistik Austria. (Bundesrätin Zwazl: Bei Zahlen brauchen Sie gar nicht anzutreten!) – Frau Präsidentin, ich brauche auch nicht anzutreten, Sie brau­chen nur ins Internet zu sehen: www.statistik-austria.at. – So simpel ist das!

Aber vielleicht glauben Sie das, was Spartenobmann Lemler, der auch Ihrer politischen Or­ganisation angehört, 2003 erklärt hat: dass 47 Prozent Ihrer Kollegen – ich glaube, Sie haben einen Handelsbetrieb – in den roten Zahlen sind und dass nur mehr 58 Prozent überhaupt positives Eigenkapital haben. Warum ich das eigentlich sage, Herr Bundesminister? – Das ist das reale Bild der Wirtschaft in diesem Land! So sieht das aus.

Ich will wirklich nicht polemisch sein, aber gerade beim Autohandel – das müssen Sie ja aus der eigenen Familie wissen – gibt es nur einige wenige Marken, die wirklich florierende Einzelhandelsunternehmen betreiben, und der Rest befindet sich eben in diesem Bereich.

Wenn Sie wirklich eine Finanzpolitik machen wollen, Herr Bundesminister, die dieses Land weiterbringt, dann hören Sie doch zum Beispiel auf den Föhrenbergkreis, dem man sicher nicht unterstellen kann, dass er mit Mitgliedern wie Peter Mitterbauer – im Moment zwar ruhend – und Bundesminister Bartenstein der sozialdemokratischen Bewegung nahesteht. Im „Kurier“ heißt es – ich zitiere hier wörtlich Helmut Karner –:

„Wir haben die neue Logik der Finanzwirtschaft nicht erkannt, die eine drastische Um­verteilung der Einkommen in unserer Gesellschaft bewirkt. Die Börsen werden zu reinen Spekulationscasinos, die investierten Gelder schaffen wenig Arbeitsplätze. Unser Steuersystem belastet aber noch in erster Linie Arbeitskraft, Finanzeinkommen jedoch kaum.“

 


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