Stenographisches Protokoll

729. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Mittwoch, 21. Dezember 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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729. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 21. Dezember 2005

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 21. Dezember 2005: 9.07 – 19.24 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 und das Arbeitsver­fassungsgesetz geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Preisauszeichnungsgesetz 1992 geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformations­gesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-Novelle 2006)

6. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kri­minalität

7. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Inneres zur Jahresvorschau des BM.I 2005 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates

8. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicher­heitsbericht 2004)

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem in der Zivilprozessordnung das Schiedsverfahren neu geregelt wird sowie das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das Einfüh­rungsgesetz zur Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert werden (Schieds­rechts-Änderungsgesetz 2006 – SchiedsRÄG 2006)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, die Zivilprozessordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Gerichtskommissärsge­setz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Signa­turgesetz, das Außerstreitgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Ziviltechnikerkam­mergesetz 1993 und das EuRAG geändert werden (Berufsrechts-Änderungsgesetz für Notare, Rechtsanwälte und Ziviltechniker 2006 – BRÄG 2006)


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11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Ein­bringungsgesetz 1962, das Außerstreitgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Nota­riatstarifgesetz, die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, die Anfechtungsordnung und das Bundesgesetz über die Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse geändert wer­den (Gerichtsgebühren- und Insolvenzrechts-Novelle 2006 – GIN 2006)

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 erlassen wird und mit dem das Urheberrechtsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Verwertungsgesellschaftenrechtsänderungsgesetz 2006 – VerwGesRÄG 2006)

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Land- und Forstar­beiter-Dienstrechtsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forst­wirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsge­setz, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundesbe­diensteten-Sozialplangesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz und das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geän­dert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2005)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabege­setz 2006 – BVergG 2006)

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert wird

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz geändert wird

19. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung der Volksrepublik China über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertig­keiten im Hochschulbereich

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Eisenbahngesetz 1957 und das Schieneninfrastrukturfinanzie­rungsgesetz geändert werden

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird

22. Punkt: Kooperationsabkommen über ein Globales Ziviles Satellitennavigationssys­tem (GNSS) – GALILEO zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitglied­staaten und der Volksrepublik China

23. Punkt: Kooperationsabkommen über ein Globales Ziviles Satellitennavigationssys­tem (GNSS) – GALILEO zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitglied­staaten und dem Staat Israel

24. Punkt: Protokoll Nr. 14 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention


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25. Punkt: Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bun­desland Kärnten aus Anlass der 85. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstim­mung

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quel­lensteuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Bodenschätzungsgesetz 1970, das Erbschafts- und Schenkungssteuerge­setz 1955, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Zollrechts-Durchfüh­rungsgesetz geändert werden – Abgabenänderungsgesetz 2005 (AbgÄG 2005)

27. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 1. Halbjahr 2006

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Inhalt

Bundesrat

Schlussansprache des Präsidenten Peter Mitterer .................................................. 14

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Bericht­erstattung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Volkszählungsgesetz 1950 geändert wird, gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen – Annahme ....................................  40, 174

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Bericht­erstattung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend ein Bundes­gesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Woh­nungszählungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Melde­gesetz 1991 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (1193 d.B. und 1246 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen – Annahme ..................................................  40, 174

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Bericht­erstattung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (1247 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu set­zen – Annahme  40, 174

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Berichterstattung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977 und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1122 d.B., 330/A und 1214 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen – Annahme  41, 174

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Berichterstattung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit


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dem das Angestelltengesetz geändert wird (605/A und 1215 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen – Annahme ....................................  41, 175

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (Staatsbürgerschaftsrechts-No­velle 2005), (1189 d.B. und 1254 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen – Annahme  41, 175

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Gesetzes­beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ur­heberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2005 – UrhG-Nov 2005), (1240 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen – Annahme           41, 175

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zur Berichterstat­tung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulunterrichtsgesetz, das Land- und forstwirt­schaftliche Bundesschulgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Studienför­derungsgesetz 1992, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz und das Bildungsdoku­mentationsgesetz geändert werden (2. Schulrechtspaket 2005), (1166 d.B. und 1195 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen – Annahme  41, 175

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zur Berichterstat­tung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesge­setz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005), (1167 d.B. und 1198 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen – Annahme ..................................................................................  41, 175

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 124

27. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ord­ner für das 1. Halbjahr 2006 ............................................................................................................................. 172

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................. 14

Fragestunde (117.)

Wirtschaft und Arbeit ................................................................................................... 16

Helmut Wiesenegg (1478/M-BR/05); Karl Bader, Stefan Schennach

Sonja Zwazl (1475/M-BR/05); Wolfgang Schimböck, Eva Konrad

Dr. Ruperta Lichtenecker (1482/M-BR/05); Karl Boden, Josef Saller

Dr. Erich Gumplmaier (1479/M-BR/05); Hans Ager, Elisabeth Kerschbaum


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Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (1476/M-BR/05); Wolfgang Schimböck, Dr. Ruperta Lichtenecker

Ing. Siegfried Kampl (1481/M-BR/05); Eva Konrad, Dr. Erich Gumplmaier, Franz Perhab

Wolfgang Schimböck (1480/M-BR/05); Franz Wolfinger, Stefan Schennach, Harald Vilimsky

Franz Perhab (1477/M-BR/05); Mag. Gerald Klug, Dr. Ruperta Lichtenecker

Nationalrat

Beharrungsbeschluss .................................................................................................... 40

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 40

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 40

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 und das Arbeitsverfas­sungsgesetz geändert werden (607/A und 1217 d.B. sowie 7452/BR d.B.) ................................................................................................................. 41

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg ............................................................................ 41

Redner/Rednerinnen:

Roswitha Bachner ........................................................................................................ 42

Edgar Mayer .................................................................................................................. 43

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 44

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 45

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 46

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (1027 d.B. und 1224 d.B. sowie 7436/BR d.B. und 7453/BR d.B.)        ............................................................................................................................... 46

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg ............................................................................ 47

Redner/Rednerinnen:

Manfred Gruber ............................................................................................................ 47

Mag. Bernhard Baier .................................................................................................... 48

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 49

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 50

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 50

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisauszeichnungsgesetz 1992 geändert wird (730/A und 1223 d.B. sowie 7454/BR d.B.)                       50

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg ............................................................................ 51

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 51


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4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsge­setz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (Umweltrechtsanpassungs­gesetz 2005) (1147 d.B. und 1176 d.B. sowie 7466/BR d.B.)                             51

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................... 51

Redner/Rednerinnen:

Martina Diesner-Wais .................................................................................................. 51

Ing. Reinhold Einwallner ............................................................................................. 53

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  55, 69

Albrecht Konecny ...........................................................................................  59, 71, 73

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 60

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 62

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 65

Stefan Schennach ........................................................................................................ 67

Ludwig Bieringer .......................................................................................................... 72

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates einen begründeten Einspruch zu erheben ............................................................................... 73

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-No­velle 2006) (1188 d.B. und 1226 d.B. sowie 7442/BR d.B.)     ............................................................................................................................... 74

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 74

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ........................................................................................................ 74

Helmut Wiesenegg ....................................................................................................... 76

Dr. Franz Eduard Kühnel ............................................................................................. 76

Reinhard Todt ............................................................................................................... 78

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 79

Edgar Mayer .................................................................................................................. 80

Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 82

Bundesministerin Liese Prokop ........................................................................... ..... 83

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 85

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Zu­sammenarbeit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität (1116 d.B. und 1227 d.B. sowie 7443/BR d.B.)                85

Berichterstatter: Edgar Mayer ....................................................................................... 85

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 86

7. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Inneres zur Jahresvorschau des BM.I 2005 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommis­sion sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-274-BR/2005 d.B. so­wie 7298/BR d.B.) ........................................................................ 86

Berichterstatter: Johann Höfinger ................................................................................ 86


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729. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Helmut Wiesenegg ....................................................................................................... 86

Dr. Franz Eduard Kühnel ............................................................................................. 87

Bundesministerin Liese Prokop ................................................................................. 88

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-274-BR/2005 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................... 89

8. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2004) (III-285-BR/2005 d.B. sowie 7444/BR d.B.) ........................................................................ 89

Berichterstatterin: Sissy Roth-Halvax .......................................................................... 90

Redner/Rednerinnen:

Reinhard Todt ............................................................................................................... 90

Dr. Franz Eduard Kühnel ............................................................................................. 91

Helmut Wiesenegg ....................................................................................................... 93

Stefan Schennach ........................................................................................................ 95

Harald Vilimsky ............................................................................................................ 96

Edgar Mayer .................................................................................................................. 99

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 101

Harald Vilimsky (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 104

Bundesministerin Liese Prokop ............................................................................... 104

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 106

Günther Molzbichler .................................................................................................. 107

Antrag der Bundesräte Dr. Franz Eduard Kühnel, Kolleginnen und Kollegen auf Kenntnisnahme des Berichtes der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2004) (III-285-BR/2005 d.B.) – Annahme ....................................................................................  93, 108

Entschließungsantrag der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Elisabeth Kersch­baum, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine weiteren Steuermittel für
die 160 km/h-Teststrecke(n) – Annahme (E 197-BR/05) (namentliche Abstim­mung)  94, 108

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................... 108

Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend den notwendigen Ausbau des Opferschutzes – Annahme (E 198-BR/05) ...............  103, 109

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem in der Zivilprozessordnung das Schiedsverfahren neu geregelt wird sowie das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das Ein­führungsgesetz zur Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert werden (Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2006 – SchiedsRÄG 2006) (1158 d.B. und 1236 d.B. sowie 7459/BR d.B.)                   110

Berichterstatter: Mag. Gerald Klug ............................................................................ 110

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, die Zivilprozessordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Gerichtskommissärs­gesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Signaturgesetz, das Außerstreitgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das


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729. Sitzung / Seite 8

Ziviltechnikerkammergesetz 1993 und das EuRAG geändert werden (Berufs­rechts-Änderungsgesetz für Notare, Rechtsanwälte und Ziviltechniker 2006 – BRÄG 2006) (1169 d.B. und 1237 d.B. sowie 7460/BR d.B.) .... 110

Berichterstatter: Mag. Gerald Klug ............................................................................ 110

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbrin­gungsgesetz 1962, das Außerstreitgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Notariatstarifgesetz, die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, die Anfech­tungsordnung und das Bundesgesetz über die Einziehung gerichtlicher Verwahr­nisse geändert werden (Gerichtsgebühren- und Insolvenzrechts-Novelle 2006 – GIN 2006) (1168 d.B. und 1238 d.B. sowie 7461/BR d.B.) ............................................................................................................... 110

Berichterstatter: Mag. Gerald Klug ............................................................................ 111

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 111

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 111

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 111

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem ein Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 erlas-
sen wird und mit dem das Urheberrechtsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Verwertungsgesellschaftenrechtsänderungsgesetz 2006 – VerwGesRÄG 2006) (1069 d.B. und 1239 d.B. sowie 7462/BR d.B.) ....................................................................................................
111

Berichterstatter: Thomas Einwallner ......................................................................... 112

Redner/Rednerinnen:

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 112

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg .......................................................................... 113

Stefan Schennach ...................................................................................................... 115

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 116

Antrag der Bundesräte Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 erlassen wird und mit dem das Urheberrechtsgesetz und das KommAustria-Ge­setz geändert werden (Verwertungsgesellschaftenrechtsänderungsgesetz 2006 – VerwGesRÄG 2006), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Annahme       115, 117

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechts­gesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Dienstrechtsverfahrens­gesetz 1984, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landesvertrags­lehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrer­gesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplan­gesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz,


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729. Sitzung / Seite 9

das Bezügegesetz und das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2005) (1190 d.B. und 1243 d.B. sowie 7434/BR d.B. und 7448/BR d.B.)           ............................................................................................................................. 117

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ....................................................................... 118

Redner/Rednerinnen:

Mag. Susanne Neuwirth ............................................................................................ 118

Edgar Mayer ................................................................................................................ 119

Eva Konrad ................................................................................................................. 120

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 121

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird (1084 d.B. und 1244 d.B. sowie 7449/BR d.B.)                    121

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ....................................................................... 121

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006) (1171 d.B. und 1245 d.B. sowie 7450/BR d.B.) ............................................................................................................... 121

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ....................................................................... 121

Redner/Rednerinnen:

Manfred Gruber .......................................................................................................... 122

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................. 123

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 123

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen .................................... 124

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird (723/A und 1249 d.B. sowie 7451/BR d.B.)                                                                                                          124

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 124

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach .............................................................................................  125, 133

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 127

Dr. Andreas Schnider ................................................................................................ 129

Harald Vilimsky .......................................................................................................... 130

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 131

Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend demokratiepolitisch bedenkliche Bestimmungen im ORF-Ge­setz – Annahme (E 199-BR/05)      128, 134

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 134


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729. Sitzung / Seite 10

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz ge­ändert wird (1074 d.B. und 1251 d.B. sowie 7439/BR d.B. und 7445/BR d.B.) ........................................................................................................ 134

Berichterstatterin: Martina Diesner-Wais ................................................................... 134

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 135

Dr. Andreas Schnider ................................................................................................ 136

Eva Konrad ................................................................................................................. 138

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 139

Antrag der Bundesräte Dr. Andreas Schnider, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Annahme .............................................................................................................  137, 140

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz geändert wird (993 d.B. und 1252 d.B. sowie 7440/BR d.B. und 7446/BR d.B.)      ............................................................................................................................. 140

Berichterstatterin: Martina Diesner-Wais ................................................................... 141

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 141

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Volksrepublik China über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertig­keiten im Hochschulbereich (781 d.B. und 1253 d.B. sowie 7447/BR d.B.)          ............................................................................................................................. 141

Berichterstatter: Günther Köberl ................................................................................ 141

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 141

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Eisenbahngesetz 1957 und das Schieneninfrastruk­turfinanzierungsgesetz geändert werden (1192 d.B. und 1230 d.B. sowie 7455/BR d.B.)                             142

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................. 142

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .....................................................................................  142, 153

Helmut Wiesenegg ..................................................................................................... 144

Eva Konrad ........................................................................................................  145, 155

Hans Ager ................................................................................................................... 147

Helmut Kritzinger ....................................................................................................... 151

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ............................................................  154, 156

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 157

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (1170 d.B. und 1233 d.B. sowie 7456/BR d.B.)                         157


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Berichterstatter: Ing. Hermann Haller ........................................................................ 157

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 158

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................. 160

Mag. Harald Himmer .................................................................................................. 161

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 162

Antrag der Bundesräte Mag. Harald Himmer, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Annahme  161, 162

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend Kooperationsabkommen über ein Globales Ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) – GALILEO zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten und der Volksrepublik China (1117 d.B. und 1234 d.B. sowie 7457/BR d.B.)   ............................................................................................................................. 163

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................. 163

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend Kooperationsabkommen über ein Globales Ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) – GALILEO zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten und dem Staat Israel (1118 d.B. und 1235 d.B. sowie 7458/BR d.B.)                163

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................. 163

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 22, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 163

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 23, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 163

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend das Protokoll Nr. 14 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfrei­heiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention (996 d.B. und 1255 d.B. sowie 7463/BR d.B.) .................................... 164

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 164

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 164

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 85. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (1145 d.B. und 1212 d.B. sowie 7464/BR d.B.)                         164

Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................. 165

26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteu­ergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Bodenschätzungsgesetz 1970, das Erbschafts- und Schenkungssteuerge-


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setz 1955, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafge­setz, das Alkoholsteuergesetz, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Zoll­rechts-Durchführungsgesetz geändert werden – Abgabenänderungsgesetz 2005 (AbgÄG 2005) (1187 d.B., 705/A und 1213 d.B. sowie 7441/BR d.B. und 7465/BR d.B.) ............................................................................................................... 164

Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................. 165

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 165

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 166

Franz Perhab ............................................................................................................... 167

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................. 167

Ana Blatnik .................................................................................................................. 169

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 171

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 25, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 171

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 26, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 172

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Kostenrefundierung für Personalaufwand der Exekutive im Rahmen der Hoch­zeit Feldbusch/Pooth II (2374/J-BR/05)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Er­richtung eines Dollfuß-Denkmals am Ballhausplatz (2375/J-BR/05)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Überstellung von Hubschrau­bern (2376/J-BR/05)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ed­gar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des Verkaufs von Softguns an Personen unter 18 Jahren (2160/AB-BR/05 zu 2367/J-BR/05)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schweizer Endlager für Atommüll (2161/AB-BR/05 zu 2354/J-BR/05)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt, den bevorstehenden österrei­chischen EU-Ratsvorsitz und die Verlängerung der Übergangsfristen auf dem Arbeits­markt (2162/AB-BR/05 zu 2365/J-BR/05)


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der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Erich Gumpl­maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die nach wie vor enorm hohen Häftlings­zahlen (2163/AB-BR/05 zu 2363/J-BR/05)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schweizer Endlager für Atommüll (2164/AB-BR/05 zu 2353/J-BR/05)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend künftige Zollkontrollen an der Staatsgrenze zur Schweiz (2165/AB-BR/05 zu 2356/J-BR/05)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Katastrophenfonds (2166/AB-BR/05 zu 2362/J-BR/05)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Radioempfang in Österreichs Tunnel (2167/AB-BR/05 zu 2352/J-BR/05)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Ausbau der Arlbergbahn (2168/AB-BR/05 zu 2355/J-BR/05)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Bekanntgabe von Fahrzeughaltern (2169/AB-BR/05 zu 2369/J-BR/05)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundes­räte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Sicherstellung der Schulqualität (2170/AB-BR/05 zu 2358/J-BR/05)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundes­räte Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Integration in den Schulen (2171/AB-BR/05 zu 2359/J-BR/05)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundes­räte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Gebarung des Denkmalfonds (2172/AB-BR/05 zu 2361/J-BR/05)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundes­räte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend AHS im Bezirk Korneuburg (2173/AB-BR/05 zu 2364/J-BR/05)


09.07.48


Bundesrat
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Beginn der Sitzung: 9.07 Uhr

 


Präsident Peter Mitterer: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Grund energiepolitischer Probleme haben wir uns eine leichte Verspätung eingehan­delt.

Ich darf nun die 729. Sitzung des Bundesrates für eröffnet erklären.

Das Amtliche Protokoll der 728. Sitzung des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet worden ist mir ein Mitglied des Bundesrates, und zwar Frau Bundesrätin Adelheid Ebner.

Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, wird einem alten Brauch entsprochen, näm­lich dass es dem ausscheidenden Präsidenten des Bundesrates gestattet wird, eine kurze Replik über seine halbjährige Amtszeit zu legen. Wir haben das auch schon letz­tes Mal zu Beginn der Sitzung gemacht, weil in den späten Abendstunden die Aufmerk­samkeit vielleicht nicht mehr gegeben ist. Danke, dass Sie damit auch einverstanden sind!

09.08.59Schlussansprache des Präsidenten

 


9.09.00

Präsident Peter Mitterer: Hohes Haus! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich geht nun ein ereignisreiches halbes Jahr zu Ende, ein halbes Jahr, in dem ich die große Ehre hatte, Präsident des Bundesrates der Republik Österreich zu sein.

Neben einem umfangreichen Arbeitsprogramm des Bundesrates gab es für mich viele nationale und internationale Begegnungen, bei denen mir viel Gelegenheit geboten wurde, Österreich und den Bundesrat positiv zu repräsentieren. Dies war in Berlin beim 7. Treffen der Senatspräsidenten genauso möglich wie bei der Weltkonferenz der Parlamentspräsidenten bei den Vereinten Nationen in New York. Auch die Gestaltung des österreichischen Nationalfeiertages im Oktober in Berlin war mir vorbehalten.

Als Gäste des tschechischen Senatspräsidenten Sobotka am 5. und 6. Dezember in Prag konnte eine Delegation des Bundesrates unter meiner Führung sehr positive Ge­spräche mit dem tschechischen Ministerpräsidenten, dem Parlamentspräsidenten und dem stellvertretenden Außenminister führen. Die Besuche des Präsidenten des Jeme­nitischen Shourarates, Abdulghani, und des Präsidenten des Schweizer Ständerates Bruno Frick in Wien sowie der offizielle Besuch des slowenischen Senatspräsidenten Susnik in Klagenfurt gaben ebenfalls viel Gelegenheit für positive bilaterale Gespräche.

Im Vorfeld der Eröffnung des neuen Besucherzentrums im Parlament und des Palais Epstein fand hier im Hause auch das Treffen der Parlamentspräsidenten der regiona­len Partnerschaft statt; hier waren die Präsidenten Sloweniens, Ungarns, der Slowakei, Tschechiens und Polens vollzählig anwesend.

Das ereignisreiche halbe Jahr fand vorgestern sein vorläufiges Ende. Bei einer über­aus würdigen Festsitzung wurde im Beisein des Herrn Bundespräsidenten, des Präsi­denten des Nationalrates und des Präsidenten des Europäischen Parlaments der Kon­stituierung des ersten Bundesrates der Zweiten Republik am 19. Dezember 1945 ge­dacht.


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All diese Aktivitäten haben dazu beigetragen, dass das Ansehen und die Akzeptanz des Bundesrates gesteigert werden konnte. Sie alle, meine Damen und Herren des österreichischen Bundesrates, haben dazu viel beigetragen.

Die Veränderung der Mehrheitsverhältnisse in unserem Hohen Hause hat viel mediale Beachtung erfahren. Die Tatsache, dass trotzdem die meisten Beschlüsse im Bundes­rat einhellig gefasst wurden, zeigt, dass mit der geänderten Situation sehr verantwor­tungsbewusst umgegangen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viel Positives wurde in diesem halben Jahr erledigt; bei so viel Positivem fallen die wenigen negativen Ereignisse kaum ins Ge­wicht. Ich möchte daher nur auf einen einzigen Punkt eingehen, der in meiner Antritts­rede am 21. Juli angekündigt wurde und bis heute nicht erledigt werden konnte. Es ist dies die Diskussion über die Reform des Bundesrates im Wege einer Präsidialklausur, die schon im Frühjahr, noch vor meiner Präsidentschaft, von den Mitgliedern der Frak­tionen gefordert wurde. Dabei wäre eine Fortführung der Debatte um die Aufgabenbe­reiche und die Zusammensetzung des Bundesrates von immenser Bedeutung.

Der Österreich-Konvent, die Landtagspräsidentenkonferenz und hohe Repräsentanten der Republik wie Herr Bundespräsident Dr. Heinz Fischer oder der Präsident des Na­tionalrates Universitätsprofessor Dr. Andreas Khol haben positive Lösungsvorschläge für eine Reform des Bundesrates eingebracht. Was fehlt, ist eine Stellungnahme des Bundesrates selbst. Dabei geht es sowohl um den Aufgabenbereich als auch um die Zusammensetzung des Bundesrates. Ich hoffe, dass nach der Ratspräsidentschaft Ös­terreichs in der Europäischen Union und nach den Nationalratswahlen im Herbst 2006 die Diskussion um eine Reform des österreichischen Bundesrates fortgesetzt wird und zu einem positiven Abschluss kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Geschäftsmann bin ich auch das Er­stellen von Bilanzen gewöhnt. Wenn man im Bundesrat für die zweite Hälfte des Jah­res 2005 Bilanz zieht, dann kann man sich unter dem Strich auf ein sehr, sehr positives Ergebnis freuen. Ich hoffe, dass ich dazu meinen Beitrag geleistet habe, und hoffe auch, dass ich dabei Ihre Erwartungen größtenteils erfüllen konnte. Alles war jedoch nur deshalb möglich, weil Sie sich hier im Hause positiv eingebracht haben und mit Ihrer Leistung und Tätigkeit dem österreichischen Bundesrat wieder zu mehr Bedeu­tung und mehr Akzeptanz in der Bevölkerung verholfen haben. Es war eine gemein­same Arbeit – herzlichen Dank dafür!

Herzlichen Dank auch dafür, dass Sie mir mit Ihrer Unterstützung und Loyalität meine Arbeit leicht gemacht haben! Stellvertretend gilt mein Dank den beiden Vizepräsiden­ten Anna Elisabeth Haselbach und Jürgen Weiss, die mich wirklich mit großer Kraft und Freude unterstützt haben. Gleichzeitig möchte ich von dieser Stelle aus auch meiner Nachfolgerin, Frau Bundesrätin Sissy Roth-Halvax, die in der ersten Hälfte des Jahres 2006 die Präsidentschaft übernehmen wird, viel Glück und Erfolg in ihrer Tätig­keit wünschen.

Eine erfolgreiche Arbeit des Bundesrates und des Präsidenten ist nur dann möglich, wenn auch die Bundesratsdirektion voll ihren Aufgaben gerecht wird. Dies trifft in die­sem Hause in besonderem Maße zu. Das gilt für alle Abteilungen, die in jeder Situation die Bundesräte, aber auch im Besonderen den Präsidenten in seiner Arbeit unterstüt­zen und bestmöglich vorbereiten, was gerade bei internationalen Auftritten sehr, sehr wichtig ist. Deshalb ein besonderes Dankeschön an alle Mitarbeiter, an der Spitze unserem Direktor Dr. Walter Labuda, den ich bitte, diesen Dank an alle Mitarbeiter wei­terzugeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe vorgestern über das besondere Klima im Bundesrat gesprochen und gemeint, dass ein besonderes Klima keineswegs


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die Abwesenheit pointierter politischer Auseinandersetzung bedeutet. Aber es bedeutet den Verzicht auf persönliche An- und Untergriffe, den Verzicht auf die Herabwürdigung des politischen Gegners. Wenn wir auch in Zukunft die offene und freimütige Austra­gung ideologischer Grundsätze mit persönlichem Respekt, mit persönlicher Freund­schaft über Parteigrenzen hinweg pflegen, dann werde ich auch nach meiner Präsi­dentschaft gerne dem Bundesrat der Republik Österreich angehören.

Ich bedanke mich. (Allgemeiner Beifall.)

9.16

09.16.44Fragestunde

 


Präsident Peter Mitterer: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Bevor ich jetzt, um 9.16 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, die Fra­gestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten bis zu 120 Minuten erstre­cken werde.

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1478/M, an den Bundes­minister für Wirtschaft und Arbeit.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Helmut Wiesenegg, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Hohes Haus! Geschätzter Herr Bundes­minister!

1478/M-BR/2005

„Werden Sie sich im Rahmen der österreichischen EU-Präsidentschaft im Zusammen­hang mit der Dienstleistungs-Richtlinie für den Entfall des so genannten Herkunftsland­prinzips einsetzen?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Bundesrat! Sehr geehrter Herr Präsident! Darf ich mich vor Eingang in die Beantwor­tung dieser Frage bei Ihnen, Herr Präsident, für die gute Zusammenarbeit während der vergangenen sechs Monate herzlich bedanken und Ihnen persönlich alles Gute wün­schen!

Damit zur Beantwortung der Frage des Herrn Bundesrats Wiesenegg: Dienstleistungs­richtlinie, Herkunftslandprinzip – die Situation ist die, dass wir als Präsidentschaft na­turgemäß ein Interesse daran haben müssen, Dossiers voranzubringen, und uns auf der anderen Seite an die vorgesehenen Abläufe zu halten haben. Es ist daher einmal wichtig, zu wissen, wo die Dienstleistungsrichtlinie steht. Es gibt einen Entwurf der Kommission, der noch aus den Zeiten von Herrn Präsidenten Prodi datiert, der auf dem Tisch liegt. Es gibt engagierte Beratungen auf der Ebene der EU-Minister, also im Rat, und es gibt seit einigen Wochen eine Beschlussfassung des Binnenmarktausschusses der Europäischen Union.

Die Berichterstatterin – eine deutsche Sozialdemokratin, wie Sie sicherlich wissen, Frau Gebhardt – hat nicht nur dieses Dossier engagiert bearbeitet, sondern sich inter-


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essanterweise bei der Abstimmung der Stimme enthalten, was auch wiederum zeigt, dass der Weg bis zur ersten Lesung im Europäischen Parlament, die voraussichtlich im Jänner – man hört, es könnte auch Februar werden – stattfinden wird, noch ein durch­aus steiniger sein könnte. Davon ausgehend, stellt sich dann die Frage, wie lange die Kommission braucht, um auf Basis der Ergebnisse der ersten Lesung einen überarbei­teten – aus meiner Sicht: einen völlig überarbeiteten – Vorschlag vorzulegen. Diesen Vorschlag wird dann die Präsidentschaft Österreichs engagiert vorantreiben und zur Bearbeitung stellen.

Vom Inhaltlichen her bin ich der Auffassung, dass es ein gemeinsames Ziel sein muss, die Dienstleistungsfreiheit in Europa zu verwirklichen, dieses Grundrecht der Europäi­schen Union. Dieser Auffassung ist auch die so genannte Kok-Kommission engagiert beigetreten; eines der 13 Mitglieder der Kok-Kommission war ja Herr Präsident Verzet­nitsch. Dort ist es als oberste Priorität bezeichnet worden, Dienstleistungsfreiheit in Europa herzustellen.

Der Weg dorthin ist ein umstrittener, das wissen wir. Ich gehe davon aus, dass einige Prämissen außer Streit stehen, in Österreich und auch anderswo, nämlich dass Dienst­leistungsfreiheit nicht um den Preis von Sozial- oder Lohndumping erfolgen kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann niemand in Österreich und auch niemand in Europa wollen.

Inwieweit sich beispielsweise Rechtsvorschriften wie Arbeitsrecht, Baurecht oder Um­weltrecht nach dem jeweiligen Ziellandprinzip zu richten haben, wird der zu erwartende Entwurf der Kommission zeigen und letztlich auch die erste Lesung im Parlament erge­ben. Daseinsvorsorge ist für uns etwas aus dem Bereich der sozialen Dienstleistungen, die wir von der Dienstleistungsfreiheit nicht in vollem Ausmaß umfasst sehen wollen.

Wenn diese Safeguards eingehalten werden, dann ist, glaube ich, der Weg frei für eine Richtlinie, die auf der Basis eines vernünftigen Mixes aus Herkunfts- und Zielland­prinzip diese Dienstleistungsfreiheit in Europa herbeiführt und damit die Grundlage für Wachstum und mehr Beschäftigung schafft.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht, Herr Bundesrat? – Ich bitte, sie zu stellen.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Haben Sie Ihre leider zum Nachteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befürwortete Haltung bezüglich der Möglichkeit der individuellen Abweichung von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit binnen 36 Mo­naten in der Arbeitszeitrichtlinie nun geändert?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesrat! Das ist eine Frage, aber sicher keine Zusatzfrage, weil die Arbeitszeitrichtlinie mit der Dienstleistungsfreiheit nichts zu tun hat, aber ich bin nicht Herr der Geschäftsordnung des Hohen Bundesrates.

Abgesehen davon sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit, dass ich im Gegensatz zu man­chen Gewerkschaftsvertretern Europas sehr wohl das Wohl der Arbeitnehmer ständig vor mir sehe und zu einem meiner Prinzipien erklärt habe, und zwar schon längst dazu erklärt habe. Ich darf Ihnen das am Beispiel der Arbeitszeitrichtlinie sehr gern erörtern.

Da gibt es nämlich, unterstützt von etlichen Gewerkschaften in alten EU-Mitgliedslän­dern und erst recht in neuen EU-Mitgliedsländern, allen Ernstes die Position mancher EU-Mitgliedstaaten, die Höchstarbeitszeiten in Sachen Arbeitszeitrecht nicht pro Arbeit­nehmer, sondern pro Arbeitsvertrag zu umfassen. Mir geht bis jetzt die große solida­rische Erregung in Europa ab, dies sofort und eindeutig abzustellen. Aber wenn das in


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Ländern wie Dänemark und in vielen Ländern des neuen Europa von den Gewerk­schaften toleriert und sogar gedeckt wird, dass Arbeitszeitvorschriften pro Arbeitsver­trag und nicht pro Arbeitnehmer diskutiert werden, dann frage ich mich, sehr geehrter Herr Bundesrat, wer die Interessen der Arbeitnehmer besser vertritt: ich als Arbeits­minister der Republik oder manche gewerkschaftliche Funktionäre. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

 


Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Karl Bader zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte Folgendes fragen: Wie sieht der Zeitplan zu den weiteren Verhandlungen zur Dienstleistungsrichtlinie aus? – Dies zum einen.

Zum Zweiten: Was ist von der österreichischen Präsidentschaft in diesem Zusammen­hang zu erwarten?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ein führendes Mitglied der EU-Kommission hat dieser Tage zu mir gesagt, dieser Richtlinie und die­sem Entwurf stehe noch ein langer Leidensweg bevor; wir werden es ja sehen. Ich möchte nicht ausschließen – aber ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich –, dass der neue Vorschlag der Kommission auf Basis der bereits beschriebenen ersten Lesung des Parlaments so rasch konsensfähig sein wird, dass Österreichs Präsidentschaft dies noch bis 30. Juni zu einer politischen Einigung führen kann. Die Möglichkeit er­achte ich für gering, aber man soll auch im politischen Leben nie etwas ausschließen, nicht einmal dann, wenn es an ein kleines Wunder grenzen mag.

Die realistische Einschätzung ist die, dass wir diese Richtlinie auf Arbeitsgruppenebe­ne vorantreiben werden, in den Rats-Arbeitsgruppen, und sie dann selbstverständlich auch auf der Ebene der Ständigen Vertreter und der Minister in Diskussion nehmen werden. Ein Stückchen weiter in Richtung Konsens zu kommen, das halte ich für ein realistisches Ziel, und dem werden wir uns durchaus stellen.

Ich glaube, dass die Diskussion der letzten Wochen auch manchen Schleier von dem Projekt Dienstleistungsrichtlinie genommen hat, Schleier, der ja auch durch Nebel ent­standen ist, die von manchen Nebelwerfern durchaus bewusst in die Diskussion einge­bracht wurden.

Ich glaube auch, dass die Kommission sehen muss, dass das, was auf dem Tisch liegt, in vielfältiger Hinsicht nicht klar genug und nicht präzise genug war, zum Beispiel die Abgrenzung zur Entsenderichtlinie, die ja von Haus aus das Ziellandprinzip kennt und die wir in Österreich sinnvollerweise nicht bloß für die Baubranche – wie das unter Rot-Grün in Deutschland geschehen ist –, sondern insgesamt für alle Branchen umgesetzt haben. Damit haben wir ein ganz entscheidendes Bollwerk gegen Sozial- und Lohn­dumping schon jetzt umgesetzt, in Deutschland muss das erst noch gemacht werden.

Ich denke, man muss hier offen sein. Sicher ist, dass ein neuer, gänzlich überarbeiteter Kommissionsvorschlag mit Februar/März zu erwarten sein wird, und den schauen wir uns dann einmal an.

 


Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Bundesminister! Sie haben am 29. beziehungsweise am 30. die Abgrenzung zwischen der Dienstleistungsrichtlinie und der Entsenderichtlinie ... (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wann war das?) Dieses Jahres. (Bundesminister Dr. Bartenstein: In welchem Monat?) Im November. Habe ich


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das nicht gesagt? – Bitte: Am 29./30.11.2005 haben Sie in diesem Zusammenhang von einem „Buch mit sieben Siegeln“ gesprochen. Wir kennen ja „Das Buch der sieben Siegel“.

Wie sehen Sie den Widerspruch zwischen einem „Buch mit sieben Siegeln“, wie Sie es sehen, und dem Anspruch der EU in Richtung better legislation?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Erstens einmal sind die Europäische Union wir alle. Gerade an einem Tag, an dem ich mit einiger Traurigkeit lesen muss, dass in keinem anderen Land der Europäischen Union die Zu­stimmung so gering ist wie in Österreich, weil es in Österreich ja auch wirklich nur eine ... (Warum-Rufe bei der SPÖ.) Weil es in Österreich nur eine Partei gibt, die nach­haltig pro Europa eingestellt ist (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), und insbesondere die große Oppositionspartei ... (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Insbesondere die große Oppositionspartei ist seit Monaten ständig in Richtung Europa­kritik, Europaskepsis, um nicht zu sagen Anti-Europa, unterwegs. Das ist einer der ganz wesentlichen Gründe dafür. Auch die Sozialpartnerschaft in Österreich steht kei­nesfalls mehr geschlossen hinter der Europäischen Union. Längst ist der gemeinsame Geist von 1994 verflogen, und die Arbeitnehmervertretung dieses Landes ist alles andere als pro Europäische Union unterwegs. (Zwischenruf des Bundesrates Gruber.)

Aber was better regulation und die Dienstleistungsrichtlinie betrifft, liegt es jetzt nicht an mir, zu beurteilen, wieso im Europäischen Parlament über tausend Abänderungsan­träge eingebracht wurden, im Übrigen auch zu REACH, wobei ich dem Europäischen Parlament sowohl bei der Dienstleistungsrichtlinie als auch bei der Chemikalienricht­linie höchste Professionalität und großen Arbeitseifer zubillige. Nur ist es da nicht ganz einfach, auf Basis dieser vielen Inputs und Zusätze ein Gesetzeswerk abzuschließen, das klar, einfach, verständlich und übersichtlich ist.

Aber so sind die Dinge nun einmal: Komplexe Herausforderungen brauchen auch kom­plexe Antworten. Das gilt für die Chemikalienzulassung, -registrierung und -autorisie­rung ebenso wie für Dienstleistungen.

 


Präsident Peter Mitterer: Damit ist die 1. Anfrage erledigt.

Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 1475/M. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bun­desrätin Zwazl, um die Verlesung ihrer Anfrage.

 


Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister!

1475/M-BR/2005

„Inwieweit setzt sich der Erfolg der österreichischen Exportwirtschaft im heurigen Jahr fort?“

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Zum Teil. Die hohen Zuwachsraten des letzten Jahres sehen wir heuer nicht mehr. Auf Basis des Datenmaterials bis Jänner 2005 hat Österreich um 4,3 Prozent mehr exportiert als im Vergleichszeitraum des Vorjahres und um 3,7 Pro­zent mehr importiert. Von der Saldenseite, von der Handelsbilanzseite her passt das also durchaus. Aber die Zuwachsraten von 12 bis 13 Prozent des Jahres 2004 werden wir heuer nicht erreichen.


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Ich gehe jedoch davon aus, dass die Dynamik des Exports im nächsten Jahr wieder zulegen wird. Das hat viel zu tun mit der wieder stärkeren Dynamik der deutschen Wirt­schaft, auch der deutschen Automobilwirtschaft. Vieles – nicht alles, aber vieles – in Österreich hängt ja mit der automotiven Industrie zusammen, mit Automobilzulieferung, sodass man Folgendes sagen kann: Im Hinblick auf die gegebene Konjunktursituation können wir für heuer recht zufrieden sein, und es sind die Aussichten für nächstes Jahr dann schon noch ein Stück besser. Ich erwarte mir für das nächste Jahr das Durch­brechen der Schallmauer von 100 Milliarden € an Warenexporten.

Übrigens, weil wir soeben das Thema „Dienstleistungen“ besprochen haben: Dazu kommen noch rund 40 Milliarden € an Dienstleistungen. Österreich ist in Sachen Dienstleistungen von seiner Weltmarktanteils-Stellung her etwa doppelt so stark wie bei den Waren und Gütern. Waren und Güter: etwa 1 Prozent Weltmarktanteil; Dienst­leistungen: etwa 2 Prozent Weltmarktanteil, also doppelt so stark.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Welche positiven Auswirkungen auf die Exportwirtschaft erwarten Sie sich durch den Regierungswechsel in Deutsch­land, Herr Minister? (Heiterkeit und Oh-Rufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Die Reaktion von der linken Seite des Bundesrates finde ich insofern interessant, als ja meines Wissens die Sozialdemokratie in Deutschland weiter an der Regierung beteiligt ist, aber viel­leicht sehen Sie das kritisch. (Bundesrat Kraml: ... keine Sorgen! – Bundesrätin Bach­ner: Die Wortmeldungen sind auch nicht von uns gekommen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Tatsache ist jedenfalls, dass Wirtschaftsforscher davon ausgehen, dass es unter ande­rem durch die angekündigte Mehrwertsteuererhöhung per 1.1.2007 im Jahr 2006 zu einer Reihe von Vorzieheffekten kommen wird und dies zu einer stärkeren Dynamik im Jahr 2006 führen wird; wahrscheinlich leider auch zu einer geringeren Dynamik im Jahr 2007. Ich möchte jetzt diese Mehrwertsteuererhöhung nicht qualifizieren und nicht kommentieren, aber diese Analyse scheint mir sehr schlüssig zu sein. Deutschland hat ja zuletzt vor allem ein Problem gehabt: das Problem der schlechten Stimmung. Deutschland hat nach wie vor nicht verdaut – kein Wunder im Übrigen ... (Bundesrat Boden: Die haben wir in Österreich auch, die schlechte Stimmung!) Die unter anderem Sie verbreiten, ja! (Beifall bei der ÖVP.)

Deutschland hat nach wie vor die Mega-Aufgabe eines Finanztransfers von 4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes: 4 Prozent von West nach Ost, das muss man erst einmal verkraften. Aber es sind sich eigentlich die Experten einig, dass Deutschland heute pri­mär ein Stimmungsproblem und nicht so sehr ein strukturelles Problem hat, dass viele Unternehmungen wiederum sehr gut aufgestellt sind und dass Deutschlands Gewerk­schaften vielfach eingelenkt haben, vor allem dann, wenn die Dinge nicht über die Medien transportiert worden sind.

Beispielsweise ein führender mittelständischer bayerischer Hersteller – „Mittelstand“ ist gleich 6 000 Arbeitnehmer in diesem Fall –, der mit seinem Unternehmen auch eine Tiroler Tochter hat, Herr Professor Kathrein, weltweit bedeutendster Hersteller von vie­len Arten von Antennen, hat mir gesagt, dass er mit der IG Metall in Deutschland einen besseren Deal in Sachen Arbeitszeitflexibilisierung vereinbaren konnte als für sein ös­terreichisches Tochterunternehmen. Das ist also in Wirklichkeit außerhalb der Öffent­lichkeit in Deutschland schon vorangegangen, deswegen die Bewertung, dass viele Unternehmungen sehr gut aufgestellt sind und dass Deutschland auch deswegen wie-


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derum Exportweltmeister ist, wenngleich Arbeitslosigkeit und andere offene strukturelle Fragen dazu führen, dass die Dinge volkswirtschaftlich noch nicht so gut aussehen.

Es heißt aber, dass alle Zeichen in Richtung Stimmungsumschwung stehen. Die exzel­lente Performance von Frau Bundeskanzlerin Merkel, erstens einmal in den ersten Wo­chen ihrer Amtsführung und jetzt als Vermittlerin eines Erfolges beim Finanzgipfel der Europäischen Union, ist, glaube ich, auch dazu angetan, zu zeigen, dass auch einmal eine Frau an der Spitze ein Land auf Vordermann bringen kann. So gesehen, bin ich für Deutschland recht optimistisch, meine Damen! (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schimböck zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Gerade Kleinbetriebe haben es oft schwer, im Exportbereich Terrain zu ge­winnen. Daher meine Zusatzfrage: Haben Sie vor, 2006 eigene Fördermaßnahmen zu setzen, um Kleinbetrieben verstärkt Exportwirtschaft zu ermöglichen?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Gerade weil Prä­sidentin Zwazl hier sitzt: Die Wirtschaftskammer Österreich mit ihrer Außenwirtschafts­organisation, mit der gemeinsam mit uns betriebenen Internationalisierungsoffensive, die auch mit viel Geld agiert, nicht nur mit Rhetorik, sondern mit Hilfe in Wort und Tat den Kleinen zur Seite steht, zeigt und beweist, dass vor allem dem Mittelstand, dass vor allem den kleinen Unternehmungen von der Wirtschaftspolitik und von den Wirt­schaftskammern Unterstützung angeboten wird. Man darf darüber hinaus nicht über­sehen, dass kleine und mittlere Unternehmungen oft indirekt Exporteure sind, da sie als Zulieferer von Großen zwar innerhalb Österreichs verkaufen, aber indirekt auch ans Ausland verkaufen.

Mich wundert es ja immer wieder, welche Kritik gerade von Ihrer Seite gegenüber Kon­zernen geäußert wird, vor allem deswegen, weil ja viele der Konzerne von früheren sozialdemokratischen Regierungsmitgliedern geführt werden, wie etwa Siemens oder die OMV. Wir brauchen die Großen, wir brauchen die Internationalisierung der Großen, wir brauchen Mega-Akquisitionen wie den Kauf der Banca Comerciala Romana durch die Erste um 3,7 Milliarden €, und wir brauchen die Kleinunternehmen und den Mittel­stand. Ich denke, dass diese Bundesregierung eine sehr komprehensive, zusammen­passende Politik für die Wirtschaft macht: für die Kleinen, die Mittleren und die Großen.

 


Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Konrad zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welchen Beitrag liefert die WTO-Einigung von Hongkong zur Stärkung der österreichischen Ex­porte?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Da die WTO-Verhandlungsrunde in Hongkong in Sachen Industriezölle und in Sachen Dienstleis­tungsliberalisierung sehr wenig an Fortschritt gebracht hat, würde ich einmal sagen: wenig. Die Frage wird abschließend zu beantworten sein, wenn die Doha-Entwick­lungsrunde abgeschlossen ist. Das sollte in einem Jahr der Fall sein, sonst haben wir auf Grund der amerikanischen Realitäten große Probleme, weil dort – ich sage es ein­mal vereinfacht – das Mandat des Kongresses für Präsident Bush und den Handelsbe­auftragten Rob Portman de facto ausläuft. Dieses eine Jahr wird dann also zeigen, ob


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die Doha-Entwicklungsrunde tatsächlich eine Entwicklungsrunde ist, was ich mir wirk­lich wünsche.

Die Europäische Union ist hier vorbildhaft. Die Europäische Union importiert mehr Güter aus den Entwicklungsländern als andere Industrieländer, die Europäische Union leistet mehr Entwicklungshilfe als andere Industrieländer, und die Europäische Union hat auch ihre Märkte für alle Güter aus den ärmsten Entwicklungsländern, den LDCs, bereits geöffnet – die berühmte „Everything-But-Arms“-Initiative des damaligen Han­delskommissärs Pascal Lamy; mittlerweile ist er WTO-Generaldirektor.

Es gab in Hongkong zwar Fortschritte, aber bemerkenswerte Kleingeisterei der Ameri­kaner, Japaner, Kanadier, aber auch der Pakistanis und anderer. Ein ganz interessan­ter Aspekt ist im Übrigen, dass der Süd-Süd-Konflikt in den nächsten Jahren deutlich artikuliert werden wird: Entwicklungsländer gegen Entwicklungsländer, etwas besser gestellte Entwicklungsländer gegen etwas schlechter gestellte Entwicklungsländer.

Es bleibt daher weiterhin der Beweis offen und zu führen, ob die Doha-Entwicklungs­runde tatsächlich eine Entwicklungsrunde ist. In Sachen Wirtschaft, in Sachen Gewer­be/Industrie/Dienstleistungen bleibt noch der Beweis zu führen, ob die Doha-Entwick­lungsrunde dort etwas bringt oder ob sie zur reinen Agrarrunde verkommt. Letzteres würde ich bedauern, es ist aber aus heutiger Sicht leider nicht auszuschließen.

 


Präsident Peter Mitterer: Ich danke. – Wir kommen nun zur 3. Anfrage, 1482/M.

Es ist dies eine Anfrage von Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. Ich ersuche sie um die Verlesung ihrer Anfrage.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Minister! Von ÖVP, FPÖ, BZÖ, SPÖ ist eine Kürzung der Ökostromfördermittel geplant. Mein Frage dazu lautet:

1482/M-BR/2005

„Wie soll es angesichts der geplanten massiven Kürzung der Ökostromfördermittel ge­lingen, den Anteil erneuerbarer Energien am österreichischen Bruttoinlandsstromver­brauch gemäß EU-Vorgabe bis 2010 auf 78,1 Prozent zu steigern, nachdem die EU-Kommission jüngst klargestellt hat, dass dieses Ziel auf den Gesamtstromverbrauch im Jahr 2010 zu beziehen ist?“

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Lassen Sie mich zuerst einmal Folgendes sagen, da ich erstmals im Parlament, in diesem Fall im Bundesrat, die Gelegenheit habe, zu diesem Thema Stel­lung zu nehmen.

Nach dem Ableben des Dr. Schnattinger möchte ich ein Wort des Dankes, der dankba­ren Erinnerung und auch des Mitgefühls in Richtung seiner Angehörigen äußern. Das ist besonders tragisch. Dr. Schnattinger durfte ich über viele Jahre als Klubsekretär der SPÖ in Sachen Energie und Umwelt kennen und schätzen. Präsident Khol und ich ha­ben vor inzwischen schon deutlich mehr als zehn Jahren das erste UVP-Gesetz unter anderem mit Dr. Schnattinger verhandelt. Es ist eine sehr, sehr traurige Sache, dass er einige Tage nach der Einigung zum Thema „Ökostrom“ völlig überraschend verstorben ist.

Jetzt aber zu Ihrer Frage, sehr geehrte Frau Bundesrätin. Sie ist so nicht richtig gestellt, oder jedenfalls ist meine folgende Antwort keine Bestätigung Ihrer Frage: Es kommt zu keiner Kürzung der Mittel, sondern wir deckeln, wir begrenzen lediglich den


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zusätzlichen Aufwand für Ökostrom, und zwar mit plus 17 Millionen € pro Jahr. Es wird also nicht weniger, sondern es wird in den nächsten Jahren um 17 Millionen € pro Jahr mehr, doch es geht dieser Anstieg nicht mehr unbegrenzt weiter.

Das wird zur Folge haben, dass die derzeitige Belastung eines Durchschnittshaus­haltes – Durchschnittshaushalt ist gleich 3 500 Kilowattstunden Stromverbrauch pro Jahr – von rund 29 €, berechnet auf das Jahr 2006, auf rund 50 € im Jahr 2007 steigen wird, die dann auf rund 40 € im Jahr 2012 wieder abfallen wird. Insgesamt ist es eine Steigerung von 11 € auf 40 € pro Haushalt im Jahr 2012.

Diese 17 Millionen € pro Jahr bringen Mehrkosten für Österreichs Stromkunden. Es sind rund 150 Millionen € im Jahr 2012, basierend auf den Zahlen des Jahres 2005. Das ist also durchaus signifikant. Gleichzeitig ist aber sichergestellt, dass der Anteil des Ökostroms von 4 Prozent gemäß altem gesetzlichen Ziel auf 10 Prozent im Jahr 2010 erhöht wird, wobei gemeinsam mit den Sozialdemokraten vereinbart wurde, dass wir zwar die Ausschuss-Beschlussfassung durchführen, dann aber in Konsul­tationen mit der Europäischen Kommission eintreten, um allfällige Wettbewerbsfragen gegebenenfalls noch vor einer Plenarfassung in das Gesetz einbauen zu können.

Zum 78,1-Prozent-Ziel sage ich Ihnen schon, dass Österreich sich hier nicht verste­cken muss. Wir gehören zu jenen Ländern der Europäischen Union, die in den letzten Jahren ihre Ökostromerzeugung am meisten und am deutlichsten ausgebaut haben, und zwar um nicht weniger als 860 Prozent vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2006 – 860 Prozent, das ist fast eine Verzehnfachung! –, von 412 Gigawattstunden auf 3 551 Gigawattstunden. Das ist sehr viel. Es gibt kein zweites Land der Europäischen Union, das einen derart hohen Ökostromanteil an seiner Gesamtstromerzeugung hat.

Auf der anderen Seite haben wir zwei Dinge, die festgehalten werden müssen. Erstens sind die Ökostromziele als indikative Ziele formuliert worden; indikativ heißt eben indi­kativ und nicht verpflichtend. Zum Zweiten hat Österreich bei seiner Zielformulierung von 78,1 Prozent in einer Fußnote angemerkt, dass wir erklären, dass ausgehend von der Annahme, dass im Jahr 2010 der Brutto-Inlandsstromverbrauch 56,1 Terawattstun­den betragen wird, 78,1 Prozent eine realistische Zahl wäre. Diese Fußnote hat in einem geltenden Rechtstext durchaus normativen Charakter, sehr geehrte Frau Bun­desrätin.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Minister! Sind Sie für die Einberechnung der externen Kosten, die nicht erneuerbare Energieträger verursachen?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich habe das nicht verstanden. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Ob die externen Kosten, die nicht er­neuerbare Energieträger auch verursachen, mit einbezogen werden, mit einberechnet werden?)

Die Internalisierung externer Kosten ist immer wünschenswert, Frau Bundesrätin. Es ist bloß die Frage, wie das gemacht wird und wie es zu quantifizieren ist. Ich glaube, wir können uns gemeinsam darauf verständigen, dass wir erneuerbaren Energieträ­gern bessere Chancen und breiteren Raum geben wollen. Das Ökostromgesetz stellt vor allem auch darauf ab, dass diese Erzeugungstechnologien am Ende des Tages marktfähig sein sollen. Das ist ja keinesfalls kurzfristig absehbar, weder bei Wind noch bei Biomasse noch bei Photovoltaik, aber langfristig sollen diese Technologien markt­fähig werden.


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Inwieweit Sie jetzt Klimabelastungen und Ähnliches durch den Einsatz fossiler Ener­gieträger quantitativ berechnen wollen – der Markt wird hier durch die Kosten für Ton­nen CO2 im Handel gewisse Auskünfte geben und damit eine erste Stufe zu einer Inter­nalisierung externer Kosten bringen.

 


Präsident Peter Mitterer: Danke. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bun­desrat Boden zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Nachdem Sie heute schon ein paar Mal versucht haben, die Opposition für die schlechte wirtschaft­liche Lage in Österreich verantwortlich zu machen, wäre es natürlich auch interessant, Folgendes zu wissen: Wie werden Sie in Zukunft die Deckelung für erneuerbare Ener­gie, das heißt für Strom aus Windkraft, aus Photovoltaik, aus Kleinwasserkraftwerken und aus Biomasse, festlegen?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Die Deckelung ist festgelegt – und zwar im Einvernehmen mit der sozialdemokratischen Nationalrats­fraktion –, nämlich mit 17 Millionen € an Mehrkosten pro Jahr. Diese Deckelung ist mit Ihnen festgelegt.

Betreffend die „schlechte wirtschaftliche Lage“ darf ich Sie herzlich einladen: Drehen Sie morgen den Fernseher auf, oder schauen Sie sich die Nachrichten an und sehen Sie einmal, was Österreichs Wirtschaftsforscher über die Entwicklung unserer Wirt­schaft sagen. Das sieht für heuer nicht schlecht und für nächstes Jahr noch ein gutes Stück besser aus. Da tut also die Wirtschaft nicht das, was Sie und manche wollen, sondern sie entwickelt sich gut, und zwar deutlich über dem Schnitt der Europäischen Union und der Euro-Zone. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Saller gewünscht. – Bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister! Welche Fördervolumi­na und welche daraus abzuleitenden zusätzlichen Investitionen erwarten Sie sich von der Novelle zum Ökostromgesetz bis zum Jahr 2012?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wir haben, abgesehen von der Ökostromseite, jetzt Investitionszu­schüsse für Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen von 60 Millionen € und für Kleinwasser­kraft von 50 Millionen € vereinbart. Ich erwarte daraus für Kraft-Wärme-Koppelungs­anlagen einen zusätzlichen Investitionsstoß und -schub von 1,6 Milliarden € und einen von 500 Millionen € für mittlere Wasserkraftanlagen. Hier ist ja – nicht ausschließlich, aber immer wieder – Pfarrwerfen als ein Beispiel einer derartigen mittleren Wasser­kraftanlage, die förderfähig sein wird, im Gespräch. Das heißt, es sind insgesamt 2,1 Milliarden €, die innerhalb einiger Jahre zusätzlich verbaut werden können.

Bis 2014, sagen hier Beschäftigungseinschätzungen, könnte es jährlich 2 500 Arbeits­plätze mehr geben; das heißt, es werden nicht Jahr für Jahr um 2 500 mehr, sondern insgesamt können dadurch 2 500 Arbeitsplätze gesichert beziehungsweise neu ge­schaffen werden.

 


Präsident Peter Mitterer: Damit ist die 3. Anfrage erledigt. Wir kommen zur 4. An­frage, 1479/M.

 


Es ist dies eine Anfrage des Bundesrates Dr. Gumplmaier. Ich ersuche ihn, die Frage zu verlesen.


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Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Ich frage Sie:

1479/M-BR/2005

„Wie viele zusätzliche Lehrstellen wurden bis jetzt auf Grund der so genannten ‚Plum-Prämie‘ geschaffen?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Danke, Herr Präsident! Herr Bundesrat! Herr Kommerzialrat Blum macht seinen Job nicht erst seit gestern. Das Unternehmen Blum, in dem er als Vorstand über viele Jahre höchst er­folgreich tätig war, ist auch ein besonders renommiertes. Insbesondere die Kontakte des Kommerzialrates Blum zu Österreichs Gewerkschaft, aus der Sie ja kommen, sind sehr, sehr gute. Deswegen bitte ich um Aufmerksamkeit dafür, dass sich Herr Kom­merzialrat Blum mit weichem B und nicht mit hartem P schreibt.

Auf die Frage bezogen ist zu sagen: Es sind bis jetzt insgesamt etwas mehr als 10 000 Kontaktnahmen interessierter Ausbildungsbetriebe eingelangt. 5 800 Förderan­suchen sind bis jetzt genehmigt worden. Dass der Blum-Bonus und diese ganze Initia­tive erfolgreich angenommen werden, davon kann man mittlerweile ausgehen. Es sind bis Ende November um insgesamt 4,8 Prozent oder 2 400 abgeschlossene Lehrver­träge mehr eingelangt. Ich gehe davon aus, dass auch die Endabrechnung einen ver­gleichbaren Wert ergeben wird.

Das heißt, erstmals seit vielen Jahren haben wir nicht über sinkende Zahlen oder, wie im Vorjahr, über gleich bleibende Zahlen zu berichten, sondern über tatsächlich stei­gende Zahlen. Das ist sicherlich vor allem die Auswirkung des Blum-Bonus, der den in ihn gesetzten Erwartungen entspricht.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Ich möchte bemerken, die falsche Schreibweise stammt nicht von mir. (Bundesrat Bieringer: Aber die Anfrage haben schon Sie gestellt?)

Man brauchte kein Prophet zu sein, um diese die Wirklichkeit verschleiernde Interpre­tation der Statistik vorherzusehen. Ich kann Ihnen anhand der oberösterreichischen Zahlen und anhand der Entwicklung der Lehrverträge beweisen, dass vorwiegend ein Mitnahmeeffekt zu beobachten ist. Zum Beispiel haben die Lehrvertragsabschlüsse in Oberösterreich vom 30. November 2004 auf 2005 nur um 204 zugenommen. Davon sind aber abzuzählen: 130 zusätzliche Lehrstellen in Betrieben des Landes Oberöster­reich, 60 Lehrstellen in Betrieben der Stadt Linz und 70 Lehrstellen bei den Österreichi­schen Bundesbahnen.

Warum, glauben Sie, hat man Ihnen diese Zahlen vorenthalten?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich weiß nicht, Herr Bundesrat, welche Zahlen mir vorenthalten wurden und worauf Ihre Frage hinaus­läuft. Sie zitieren oberösterreichische Zahlen, die ich jetzt nicht nachprüfen kann. Aber wenn ich Ihnen sage, dass österreichweit im Jahresabstand per Ende November um 2 415 abgeschlossene Lehrverträge mehr eingelangt sind, und Sie sagen, dass es in Oberösterreich um 200 mehr sind, so möchte ich Folgendes sagen: Das liegt, wenn es stimmt, etwas unter dem Österreich-Schnitt, da Oberösterreich mehr als 10 Prozent Österreichs ausmacht.


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Aber wie das einen Beweis für weitgehende Mitnahmeeffekte darstellen soll, das müs­sen Sie mir erst einmal erklären, das verstehe ich nicht. Vor allem müssen Sie ja ge­genüber einem „Business as usual“-Szenario rechnen, also: Was wäre ohne den Blum-Bonus geschehen? Um wie viele junge Leute mehr hätten wir in Lehrgänge geben müssen, weil eben nicht ausreichend Lehrstellen zur Verfügung gestellt werden?

Mir tut es Leid, dass Sie als Sozialpartnervertreter – die Sozialpartner haben ja im Be­reich des AMS-Verwaltungsrats und auch im Nationalrat mitgestimmt und sind da mit­gegangen – danach sofort wieder damit beginnen, die Dinge schlecht zu reden und ge­ring zu schätzen. Das war bisher nicht der Stil der Sozialpartnerschaft und der Arbeit­nehmerseite in diesem Lande, aber in den letzten Wochen geht es leider immer mehr in diese Richtung.

Das geht bis hin zur Ankündigung eines zumindest regionalen Gewerkschaftsführers – ich gehe einmal davon aus, dass das auf Wiener Ebene noch nicht ausdiskutiert ist –, erstmalig, meine sehr verehrten Damen und Herren, bei einem informellen EU-Minis­terrat mit großen gewerkschaftlichen Demonstrationen zu drohen! Wahrscheinlich weiß der regionale Herr Gewerkschaftsfunktionär nicht, dass im Vorfeld dieses informellen Ministerrates die europäischen Sozialpartner – das heißt, auch die europäischen Ge­werkschaften – drinnen am Verhandlungstisch sitzen. Ich gehe also einmal davon aus, dass das nicht der Stil ist, den der ÖGB auf Bundesebene pflegen will. Aber Herr Unterrieder aus Kärnten hat dieses Kunststück jedenfalls zuwege gebracht.

 


Präsident Peter Mitterer: Eine Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Ager.

 


Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzter Herr Bundesminister! Welche Kosten entstehen dem AMS durch eine über die so genannte Blum-Prämie, von der wir so­eben gesprochen haben, geförderte Lehrstelle?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Geringere als sie für einen Lehrgangsplatz entstehen. Die Blum-Prämie kostet, über drei Jahre gerech­net, rund 8 400 € – 400 €, 200 € und 100 € pro Monat, und das über drei Jahre –, wo­gegen für einen Lehrgangsplatz pro Jahr in etwa mit 7 000 bis 8 000 € zu rechnen ist. Sie ist also ökonomisch deutlich günstiger.

Deswegen kann man es durchaus auch ökonomisch vertreten, dass es gewisse Mit­nahmeeffekte geben wird. Das ist auch gar nicht zu vermeiden; es wird immer Unter­nehmungen geben, die aufstocken, und solche, die sozusagen herunterfahren. Die Mit­nahmeeffekte auf null zu stellen, das ist also nicht möglich, aber ich bin nicht der Mei­nung des Herrn Dr. Gumplmaier, dass die Mitnahmeeffekte alles überdecken.

Außerdem ist dies natürlich auch die deutlich bessere Lösung als ein Lehrgangsplatz. Ich habe auch hier im Bundesrat immer wieder gesagt, Lehrgangsplätze, Lehrgänge sind die zweitbeste Lösung, die bessere Lösung sind natürlich ganz normale Lehr­plätze und Ausbildungsplätze. Diese können über den Blum-Bonus verstärkt bereitge­stellt werden.

 


Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Kersch­baum gewünscht. – Bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, ist der Blum-Bonus die Belohnung für all jene, die bis jetzt schon brav Lehrlingsausbildung gemacht haben.

Aber meine Frage ist eine andere. Was haben Sie unternommen, um Ihre für die Lehr­lingsausbildung nachteilige Eliminierung von zwei Dritteln aller Tourismus- und Freizeit-


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wirtschaftsbetriebe aus der TOP-Tourismus-Förderung durch andere Maßnahmen zu kompensieren oder rückgängig zu machen?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundes­rätin! Der Blum-Bonus ist keine Förderung für diejenigen Betriebe, die schon immer ausgebildet haben, sondern hier werden zusätzlich bereitgestellte Lehrplätze gefördert. Die Basis ist der 31. Dezember 2004, und wenn ab September zusätzliche Lehrplätze zur Verfügung gestellt werden, gibt es den Blum-Bonus. (Rufe und Gegenrufe zwi­schen der ÖVP und den Grünen.)

Aber was man nicht vermeiden kann – und das habe ich angesprochen, ich habe mich an sich klar ausgedrückt –, ist, dass das Unternehmen A von zehn auf acht Lehrlinge herunterfährt und das Unternehmen B von acht auf zehn Lehrlinge hinauffährt. Das Unternehmen A, das von zehn auf acht herunterfährt, bekommt keinen Malus; das Unternehmen B, das von acht auf zehn hinauffährt, bekommt für zwei Lehrlinge einen Bonus. Saldiert haben Sie die gleiche Anzahl von Lehrlingen; so gesehen, haben Sie einen gewissen Mitnahmeeffekt, aber der ist nicht zu vermeiden, das geht nicht. Alle anderen Mitnahmeeffekte versuchen wir – auch auf sozialpartnerschaftlicher Ebene, auch auf Ebene der regionalen AMS-Geschäftsstellen – durchaus zu vermeiden und abzustellen.

Was das Stichwort Tourismus betrifft, habe ich im zuständigen Ausschuss des Natio­nalrates schon gesagt, dass wir uns anschauen, inwieweit wir da etwas machen kön­nen, um auch den ganz Kleinen wieder Bundesförderungsmittel zugänglich zu machen. Unsere Ausgangslage war die, das jetzt, da Tourismus in hohem Maße auch Landes­sache ist, den Ländern zu überantworten. Dort ist der Draht der nähere, dort kann man ohne allzu großen bürokratischen Aufwand auch kleine Unternehmungen, die vielleicht nur einen Arbeitsplatz haben, fördern. Sollte diese Analyse ergeben, dass – entgegen meiner Erwartung und Hoffnung – die Länder hier nicht so eingestiegen sind, wie ich es mir erhoffe, dann werden wir uns dazu etwas überlegen.

Aber das hat mit dem Thema „Blum-Bonus“ nicht wirklich etwas zu tun.

 


Präsident Peter Mitterer: Danke. – Wir kommen zur 5. Anfrage, 1476/M.

Es ist dies eine Anfrage des Herrn Bundesrates Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. Ich darf ihn bitten, die Frage zu verlesen.

 


Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1476/M-BR/2005

„Wie hat sich die Innovationsfähigkeit der Unternehmen in Österreich vor dem Hinter­grund der im Lissabon-Prozess festgeschriebenen Zielsetzung der Erhöhung der F&E-Ausgaben im europäischen Vergleich entwickelt?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich bin in den letzten Jahren ein zumindest weniger begeisterter An­hänger von Rankings geworden, weil Ranking – Blaming – Shaming eine sehr schnelle Sequenz ist; einmal passt es, und einmal passt es nicht. Allerdings denke ich, dass die Analysen der Europäischen Kommission ein Stück höher zu bewerten sind, und da sie ohnehin publiziert werden, ob wir das jetzt wollen oder nicht, nehmen wir sie.


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Da verweise ich Sie auf den europäischen Innovation Score Board ebendieser Europä­ischen Kommission, auf einen Vergleich der Innovationsleistung von weltweit 32 Län­dern. Dort haben wir uns in einem Gesamt-Ranking gegenüber dem Vorjahr vom 15. auf den 8. Platz verbessert, und innerhalb der 25 EU-Mitgliedstaaten vom 10. auf den 5. Platz, dabei haben wir seit dem vergangenen Jahr Norwegen, Irland, die Niederlan­de, Frankreich und Belgien überholt. Das ist schon einmal recht erfreulich. Österreich liegt bei den innovierenden mittelständischen Unternehmungen im EU-Spitzenfeld, auf dem zweiten Platz. Was besonders erfreulich ist: Österreich liegt in Sachen Patent­anmeldungen beim Europäischen Patentamt in München über dem EU-Durchschnitt.

All das sind Entwicklungen, die zeigen, dass das, was wir von Seiten der öffentlichen Hand mit der Fokussierung auf die Forschungsförderungsgesellschaft, mit der Höher­dotierung der Mittel – es werden heuer 2,35 Prozent des BIP für F&E ausgegeben –, mit dieser Input-orientierten Politik tun, auch auf der Output-Seite gute Früchte trägt, und das ist zufrieden stellend. Ebenfalls zufrieden stellend ist, dass es jetzt nicht nur die Großen sind, sondern dass es durchaus auch und vor allem der Mittelstand ist, der hiervon profitiert und da innoviert.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht, Herr Bundesrat? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Kann Öster­reich das Barcelona-Ziel von 3 Prozent erreichen?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Ich habe schon gesagt: 2,35 Prozent sind es zurzeit. Das ist durchaus bemerkenswert, und da ist ja das Ranking absolut angemessen, denn wenn es um nackte Zahlen geht, dann ... – Ich bin froh, dass ich nicht so viel unterschreiben muss, Frau Präsidentin Zwazl. Es ist ja enorm, was da an Arbeit wartet an einem Bundesratsarbeitstag. (Bun­desrat Reisenberger: Typische Bundesratsarbeit!) – Jedenfalls liegen wir zurzeit, wie gesagt, bei 2,35 Prozent oder bei insgesamt 5,8 Milliarden €. Der Anteil des privaten Sektors, also der Privatwirtschaft ist einigermaßen zufrieden stellend bei knapp zwei Drittel, noch nicht ganz bei zwei Drittel. Wir liegen damit mittlerweile auf Platz 5 inner­halb der Europäischen Union hinter den Schweden, den Finnen, den Dänen und den Deutschen; die Deutschen noch knapp vor uns. Wir werden aber, denke ich, hier auch bald aufschließen.

Die Forschungsquote ist im Jahresvergleich um 8 Prozent gestiegen; auch das deutlich überproportional. Die Entwicklung passt, und wir haben, denke ich, als Regierung Schüssel in vielen Politikbereichen gute und zum Teil sehr gute Arbeit geleistet, aber in keinem zweiten Bereich stimmen die Dinge so sehr wie im Bereich Forschung und Ent­wicklung, und zwar strukturell und finanziell. Da ist zuletzt sehr, sehr viel weitergegan­gen, wie uns das sicherlich auch die anwesende Vertreterin des Europäischen Parla­ments bestätigt. Wir hoffen ja, dass dort mit dem 7. Rahmenprogramm jetzt auch bald ein ausreichend dotiertes Leitprogramm für die europäische Forschung beschlossen werden kann, dies natürlich auch auf Basis einer entsprechenden Beschlussfassung des Rats.

 


Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schimböck gemeldet.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Ja, ich möchte hier noch einmal an meine Vorfrage anschließen.

 


Herr Bundesminister! In welchen Bereichen gedenken Sie gerade auch Klein- und Kleinstunternehmen verstärkt zu unterstützen?


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Es freut mich ja, dass ein richtiger politischer Run auf die Mittelständler losgegangen ist. Wir bemühen uns, Sie tun es, und auch die Grünen sind hier gut unterwegs. (Bundesrätin Dr. Lich­tenecker: Genau!) Das kann Österreichs Mittelstand nur gut tun. Wenn Sie bei mittel­standsfreundlichen Maßnahmen wie bei der Steuerreform auch politisch mitgegangen wären und auch da das Loblied des Mittelstandes mitgesungen hätten, würde es mich noch mehr freuen.

Die Steuerreform ist ein gutes Beispiel dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Senkung der Unternehmenssteuern gerade auch für die kleineren Bilanzierenden, die auch den nicht entnommenen Gewinn deutlich günstiger besteuert bekommen als früher: Das ist konkrete Mittelstandspolitik, und ich kann Ihnen sagen, dass wir in den nächsten Monaten hier noch weitere Akzente setzen werden.

Sehr geehrter Bundesrat! Ich werde Sie dann an Ihre Aussagen und Fragestellungen erinnern. Ich bin überzeugt davon, dass wir dann eine Basis für eine breite Beschluss­fassung für derartige Mittelstandmaßnahmen finden werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird gewünscht von Frau Bundes­rätin Dr. Lichtenecker. – Ich ersuche Sie, sie zu stellen.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Minister! Der Rechnungshofbericht besagt, dass die Dokumentation der F&E-Ausgaben sehr man­gelhaft ist. Was gedenken Sie zu tun, um diesen Zustand zu beenden, wie gedenken Sie da Verbesserungen herbeizuführen?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundes­rätin! Sie überfordern mich jetzt. Welchen Rechnungshofbericht meinen Sie?

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): 2005/9.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Gut, ich ver­suche jetzt gerade den Bericht in meiner Biodatenbank aufzurufen. Die Zugriffszeiten sind leider Gottes nicht nur in Millisekunden, sondern schon in Sekunden zu berechnen und zu bewerten. (Heiterkeit bei allen Fraktionen.)

Kritik des Rechnungshofs ist immer wichtig und ernst zu nehmen. Wenn Sie jetzt die betriebliche Ebene meinen, so ist das ja nicht Sache des Rechnungshofes – das können Sie also nicht meinen. Sie müssen also den öffentlichen Bereich ansprechen. Ich habe schon vorhin die Forschungsförderungsgesellschaft angesprochen, diese Bündelung aller unternehmensbezogenen Forschungsmaßnahmen. Wir hatten ja zuge­gebenermaßen bei der austria wirtschaftsservice am Anfang ein oder zwei offene Per­sonalfragen, die den Start ein wenig schwerer gemacht haben als beabsichtigt. Das war bei der Forschungsförderungsgesellschaft nicht der Fall. Das läuft mit Frau Egerth, Herrn Pseiner und einem großen Team sehr, sehr gut, und ich gehe davon aus, dass dieser One-Stop-Shop, diese letztlich auch bauliche Fokussierung – das „Haus der Forschung“ wird gerade errichtet und sicherlich auch im Jahr 2006 fertig gestellt wer­den können – dann die Voraussetzungen schafft, um entsprechende Anregungen des Rechnungshofes umzusetzen und jeder Kritik des Rechnungshofes den Wind aus den Segeln zu nehmen. (Bundesrat Schennach: Elegant, elegant!)

 


Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zur Anfrage Nummer 6, 1481/M, eine An­frage des Bundesrates Ing. Kampl. – Ich ersuche, die Frage zu verlesen.

 



Bundesrat
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Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister, einen großen Teil meiner Frage ha­ben Sie bereits in Beantwortung der Anfrage von Kollegen Gumplmaier beantwortet. Trotzdem möchte ich Sie fragen:

1481/M-BR/2005

„Welche Auswirkungen lassen sich auf Grund des mit 1.9.2005 in Kraft getretenen ‚Blum-Bonus‘ im Bereich der Lehrlingsausbildung erkennen?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Ich habe das wirklich schon beantwortet. Schauen Sie, die Zahl der Anfragen, letztlich auch die Zahl der „Blum-Bonus“-Zuerkennungen liegt deutlich über den Erwartungen. Wir sind in unseren ersten Planungen mit dem Finanzminister von 3 000 „Blum-Bo­nus“-Lehrlingen ausgegangen. Es werden deutlich mehr werden. Ich denke, dass es auch möglich sein wird, einen positiven Nettoeffekt darzustellen, also nicht nur zu zei­gen, dass es zusätzliche „Blum-Bonus“-Lehrlinge gibt, sondern auch insgesamt dazu beizutragen, das gemeinsame Ziel, nämlich möglichst vielen jungen Menschen weiter­hin eine Lehrlingsausbildung, jedem jungen Menschen zumindest einen Lehrgangs­platz zu ermöglichen, weiterhin im Bereich des Erreichbaren zu halten.

Kommerzialrat Blum sagt ja, dass das ein Problem von zwei oder drei, vielleicht vier Jahren ist, nämlich geburtenstarke Jahrgänge, die in den nächsten zwei, drei, vier Jahren noch da sein werden, in Verbindung mit dem nicht völlig befriedigenden Wirt­schaftswachstum der letzten drei, vier Jahre. Am Ende des Jahrzehnts wendet sich jedoch das Blatt. Bis dahin, so meine ich, kann man eine derartige Maßnahme, die natürlich Geld kostet, die natürlich Mitnahmeeffekte hat, und, und, und – das ist schon klar –, durchaus vertreten. Als Dauereinrichtung möchte ich sie nicht haben.

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesrat! Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Bun­desminister! Entsprechen unsere Lehrberufe den modernen Anforderungen der heuti­gen Wirtschaft?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Im Wesentlichen schon, sehr geehrter Herr Bundesrat. Man kann natürlich immer noch besser werden. Wir haben in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern Lehrberufe völlig neu eingerichtet. Seit 1997 sind 56 Lehrberufe völlig neu eingerichtet worden und 80 bestehende Lehrberufe modernisiert worden. Das bedeutet also, etwa die Hälfte der Berufsbilder ist entweder neu hinzugekommen oder erneuert worden. In diesen Wo­chen steht vor allem der Startschuss in Sachen modulare Lehrlingsausbildung, modu­lare Lehrberufe im Vordergrund. Das geht nicht von heute auf morgen, aber wir wollen die zirka 275, 280 Lehrberufe auf 100 Basismodule reduzieren und damit auch einen Beitrag dazu leisten, dass, da wir immer mehr Flexibilität von den jungen Menschen wollen, wir ihnen diese auch mitgeben, damit sie dann in ihrer Berufslaufbahn diese Flexibilität auch ausspielen können. Es geht also um ein Basismodul, Grundmodul, das für viele Berufsbilder passt, und dann, darauf aufbauend, eben Spezialmodule, die sehr zielgerichtet sind. Spezialmodule für einen anderen Lehrberuf benötigen dann eben nur mehr eine kurze Zusatzausbildung.

Ich meine also, dass wir strukturell gute Arbeit geleistet haben und dass beispielsweise auch die Initiative des Kommerzialrats Blum, neue Praktikerberufe für, wie er sagt – ich


Bundesrat
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würde das so nie wiederholen –, schulscheue junge Menschen vorzusehen, auch durchaus etwas bringen kann und bringen wird.

Insgesamt halten wir doch fest, dass die duale Berufsausbildung ein ganz starkes Asset Österreichs, aller deutschsprachigen Länder ist, im Sinne der Qualität der Fach­arbeit und damit auch im internationalen Wettbewerb, zum Zweiten aber auch als Teil des Bildungssystems, das bestmöglich Jugendarbeitslosigkeit verhindert oder zumin­dest einschränkt. Wir haben in diesen Ländern relativ niedrige Jugendarbeitslosigkeits­raten.

Weltweit, in den USA, zum Teil auch in China schaut man sich diese Wege der dualen Berufsausbildung durchaus interessiert an, um jungen Menschen mit 15, 16 Jahren, die aus der Schule herauskommen, eine konkrete Ausbildungschance zu geben und ihnen nicht mit all den bekannten Konsequenzen sagen zu müssen: Die Wirtschaft schwächelt, Jobs gibt es wenige, und jetzt steht mal auf der Straße herum! – Da sind wir in Österreich, vor allem auf Grund der dualen Berufsausbildung, wie ich meine, ein Stück besser dran als in den meisten anderen Teilen der Welt. (Bundesrat Schenn­ach: Die Durchlässigkeit ist nach wie vor ein Problem!)

 


Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird gewünscht von Frau Bundes­rätin Konrad. – Ich darf Sie ersuchen, die Frage zu stellen.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welchen Nutzen ziehen Ihrer Meinung nach Lehrstellensuchende aus der immerhin 1,2 Millio­nen € schweren Werbekampagne „Unternehmen Arbeitsplatz“, die neben großen Farb­bildern von Ministern im Kleingedruckten auch den „Blum-Bonus“ erwähnt?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich möchte da auch die Frage des Kollegen Schennach bezüglich der Durchlässigkeit ein bisschen mitbeantworten: Schauen Sie, Medienkampagnen, die auch mit öffentlichen Mitteln, mit Steuermitteln bezahlt werden, sind, denke ich, dann vertretbar, wenn sie einen Nutzen für die Bevölkerung, für die Bürger ergeben. Ich meine, dass es schon angemessen und gut ist, jungen Menschen, deren Eltern, aber auch der Bevölkerung insgesamt zu vermitteln, dass hier etwas getan wird. Es gibt jetzt eine exzellente Zusammenarbeit mit Unternehmungen aus ganz Österreich in vielen Branchen. Es werden zusätzliche Lehrplätze geschaffen. Ich denke, dass das Mitmachen der Unternehmungen, dass auch das Darstellen von konkreten jungen Menschen, die als „Blum-Bonus“-Lehrlinge begünstigt sind, absolut passt. Im Übrigen: „Unternehmen Arbeitsplatz“ geht ja nicht nur in Richtung zusätzliche junge Lehrlinge. Hier reden wir auch über Wiedereinstei­gerinnen nach der Karenz. Hier reden wir auch über neue Sozialberufe, die vom AMS begünstigt angeboten werden.

Herr Schennach hat durchaus verständlicherweise zwischengerufen, wie es mit der Durchlässigkeit ausschaut. Die duale Berufsausbildung ist ja längst keine Sackgasse mehr. Denken Sie nur an „Lehre mit Matura“! Das wird ausgebaut. Heute geht man da­von aus, dass rund 5 Prozent der Lehrlinge diese Matura machen. Das könnten in Zu­kunft einmal 10 Prozent sein. Es gibt die Fachmatura. Nicht dass das für 100 Prozent der Lehrlinge der Weg ist, den sie gehen wollen oder sollen, aber wenn sie wollen, dann können sie aus der Lehre heraus durchaus in Richtung tertiäre Ausbildung gehen. So gesehen können wir dieses blau-weiße Sackgassen-Verkehrszeichen da mittlerweile wegnehmen. Das glaube ich wirklich.

 


Präsident Peter Mitterer: Danke. – Eine weitere Zusatzfrage wird gewünscht von Herrn Bundesrat Dr. Gumplmaier. – Ich darf ihn ersuchen, die Frage zu stellen.

 



Bundesrat
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Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Wir haben festgestellt, dass es nach Ankündigung der Blum-Förderung bis zum August zu zahlreichen Auflösungen von Lehrverträgen gekommen ist. Halten Sie es angesichts dieser Tatsache für angemessen, dass nur 5 Prozent der Förderfälle vom AMS darauf­hin überprüft werden, ob sie tatsächlich das Lehrplatzangebot ausgeweitet haben?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Das kann nicht sein. Das AMS muss bei Zuerkennung des „Blum-Bonus“ in allen Fällen prüfen, ob es zu einer Ausweitung des Lehrplatzangebotes gekommen ist. Wenn Sie aus Oberöster­reich Informationen haben, dass das dort nicht so wäre, würde mich das wundern, denn erstens einmal ist ja Oberösterreich der bestfunktionierende Arbeitsmarkt ganz Österreichs. Es sind ja auch einmal aus Oberösterreich AMS-Leute nach Wien, in die Dresdnerstraße gekommen, und es haben sich dann dort die Zahlen sehr, sehr schnell verbessert, und Herr Obrovski steht Ihnen ja vermutlich nicht ganz ferne, sondern recht nahe. Ich würde sagen: Reden Sie das Thema durchaus bilateral mit ihm aus, sehr geehrter Herr Bundesrat.

Tatsache ist, dass wir uns natürlich überlegt haben, was bei solchen Unternehmungen geschehen soll, die, um den Stichtag 1. September zu schaffen, bestehende Lehrver­träge kündigen und dann mit demselben Lehrling, mit demselben jungen Menschen im September, Oktober einen neuen Lehrvertrag abschließen. Das AMS ist auf diese Situ­ation, auf diese Entwicklung vorbereitet. Es wird also sehr genau geprüft, wie es damit aussieht. Hier wird dann letztlich im AMS sozialpartnerschaftlich abgedeckt die Ent­scheidung getroffen, ob der „Blum-Bonus“ gerechtfertigt ist oder nicht. Ich habe das in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung dieser Tage auch schon so formuliert.

 


Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird gewünscht von Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Seit 2003 gibt es das Modell der integrativen Berufsausbildung. Wird dieses Modell von den benachteiligten Jugendlichen zurzeit und auch grundsätzlich genützt?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Durchaus, Herr Bundesrat. Die integrative Berufsausbildung ist der vorläufige Abschluss einer Entwick­lung, jungen Menschen auch dann, wenn sie selektive Lernschwächen haben, auch dann, wenn sie zum Teil behindert sind, eine Ausbildungschance zu geben. Diejenigen 15 Prozent, die vor 20, 30 Jahren nur noch Hilfsarbeiter werden konnten und sonst nichts, die haben auf diese Art und Weise die Möglichkeit, zumindest eine Teilausbil­dung, eine Teilqualifikation zu erlangen. Hier ist ja auch über die Assistenz, und, und, und ein breites Spektrum geschaffen worden, das letztlich auch ein breites Spektrum an integrativer Berufsausbildung beinhaltet: Er oder sie kann ein Lehrjahr länger brau­chen bis zum Abschluss bis hin zu einer Reduktion auf das Minimum von einem Jahr Ausbildung zur Erlangung einer Teilqualifikation. Damit gibt es für eine Reihe benach­teiligter und behinderter junger Menschen Chancen, die es bisher nicht gegeben hat.

Der Stand ist, dass bis jetzt knapp 1 600 junge Menschen in so einer integrativen Be­rufsausbildung standen oder stehen. Die Zahlen sind gut steigend. Recht erfreulich ist auch, dass knapp die Hälfte dieser integrativen Ausbildungen in klassischen Betrieben durchgeführt wird, die andere Hälfte in Ausbildungseinrichtungen, die vom AMS gefördert werden. Wir sind hier also auf gutem Wege, und es genügt dieses Modell auch präzise meinen und, so hoffe ich, auch unseren Vorstellungen, dass wir Benach­teiligten helfen sollen genauso wie wir Begabungen fördern und Begabte fordern sol-


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len. Wir werden also an beiden Enden des Spektrums tätig, und es sind nun einmal junge Menschen mal so mal so, das weiß jeder, der Kinder hat. An beiden Enden des Spektrums sollen wir die bestmögliche Unterstützung geben. Die Besten sollen in Rich­tung Matura gehen und dann tertiäre Ausbildungen machen, und für die Schwächsten haben wir auch zumindest ein Teilqualifikationsangebot im Rahmen der integrativen Berufsausbildung.

 


Präsident Peter Mitterer: Danke. – Wir kommen nun zur 7. Anfrage, 1480/M, eine An­frage des Bundesrates Schimböck. – Ich darf ersuchen, die Frage zu verlesen.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Im Vergleich zum Jahr 2004 ist das Folgende zu sehen. Nun die Frage:

1480/M-BR/2005

„Mit welchen konkreten Maßnahmen werden Sie im Jahr 2006 dem exorbitanten An­stieg von Insolvenzen (13,8 % plus mit Stichtag 12. Dezember 2005) entgegenwirken?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Diese Ihre Frage, Herr Bundesrat, im Kopf habend, habe ich beim Lesen der heutigen Ausgabe der Zeitung „Der Standard“ eine recht interessante Analyse des Kreditschutzverban­des 1870 vorgefunden. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Eine schlaflose Nacht und dann noch im Auto die Zeitung „Der Standard“. – Der Kreditschutzverband 1870 sagt meiner Erinnerung nach, dass das letztlich ein Beweis für die Unternehmensgründungsdyna­mik in diesem Lande ist und dass daher diese steigende Zahl von Insolvenzen per se nicht negativ zu bewerten ist. Das sehe auch ich so.

Wenn man einen Gründerboom forcieren will – und wir werden heuer erstmals mehr als 30 000 neu gegründete Unternehmen haben –, so ist eine der direkten Konsequen­zen davon natürlich auch, dass mehr Unternehmungen aus dem Geschäftsleben aus­scheiden, als das früher der Fall war. So gesehen ist das sicher der wesentliche Grund, warum die Zahlen nach oben gehen. Dass sich natürlich in einer wirtschaftlich durchschnittlichen Phase – und das ist heuer der Fall, wo ich knapp 2 Prozent Wachs­tum erwarte; es wird etwas mehr als 1,7 Prozent sein – im Insolvenzbereich mehr tut, als wenn das Wachstum bei 3 bis 3,5 Prozent läge, ist uns auch allen klar. Wir hatten nun mal in den Jahren 2001 und folgende relativ schwache Wachstumsraten, im Jahr 2004 dann mit 2,4 Prozent eine stärkere, und im heurigen Jahr werden wir, wie gesagt, wohl knapp an 2 Prozent herankommen.

Dass wir insgesamt Unternehmungen insolvenzresistenter machen wollen, daran kann auch kein Zweifel bestehen. Das hat nicht nur, aber öfters auch etwas mit Eigenkapital zu tun. Bei Unternehmensgründungen bemüht sich die AWS sehr, mit Garantien und anderem noch stärker als bisher unter die Arme zu greifen. Im Bereich von Unterneh­mungen, die seit längerem auf dem Markt sind, verweise ich wiederum auf die Steuer­reform. Wer 25 Prozent Steuern bezahlt und 75 Prozent seiner Gewinne thesaurieren, also zur Eigenkapitalbildung zurücklegen kann, der kann leichter Eigenkapital bilden, als das vor der Lacina-Ditz-Reform Mitte der neunziger Jahre der Fall war, als ungefähr 50 Prozent an Steuern abzuführen waren, die Körperschaftsteuer und damals auch noch die Gewerbesteuern. Da sind wir also auf recht gutem Wege unterwegs in puncto Eigenkapitalstärkung.

Ich habe schon gesagt: Es geht nicht nur um das Eigenkapital, es geht auch um das Know-how, es geht darum, dass junge Menschen, unternehmerische Geister letztlich auch von solchen begleitet werden, die einer Produktidee, einer Marktidee, die durch-


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aus erfolgreich sein mag, auch das notwendige finanzielle Beiwerk, die Disziplin und die Vorsicht mit auf den Weg geben. Auch das ist oft sehr wichtig, und auch darum kümmert sich aus Bundessicht vor allem die Austria Wirtschaftsservice.

 


Präsident Peter Mitterer: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Eine Zusatzfrage wird gewünscht von Herrn Bun­desrat Wolfinger.

 


Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Arbeitsplätze werden in innovativen, wachstumsorientierten Unternehmen geschaffen. Was unternimmt die österreichische Bundesregierung, damit die Investitionstätigkeit unserer Unternehmen steigt und so längerfristig Arbeitsplätze geschaffen werden?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Gemeinsam mit Vertretern aller Bundesländer wurde eine regionale Investitionsoffen­sive gestartet, und zwar ausgehend von der Überlegung, dass bis Ende 2006 Mög­lichkeiten seitens des Beihilfen- und Förderregimes der Europäischen Union gegeben sein werden, die danach nicht mehr gegeben sein werden. Das läuft gut. Die Inan­spruchnahme der Fördermittel in allen Ländern liegt deutlich über den Erwartungen. Die insgesamt zur Verfügung gestellten 1,18 Milliarden € werden interessante zusätz­liche Investitionsanreize bieten oder bieten sie bereits in Form von Kapitalgarantien, in Form von ERP-Krediten und auch in Form von direkten Zuschüssen, die von Bund und Ländern mit insgesamt 370 Millionen € bemessen werden. Es gibt also allein im Be­reich direkter Zuschüsse 370 Millionen €, früher 5 Milliarden Schilling, an Fördermitteln, und das ist bis Ende 2006 gewissermaßen – unter Anführungszeichen – „abzuholen“. Das halte ich für recht bemerkenswert.

 


Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird gewünscht von Herrn Bun­desrat Schennach. – Ich darf ersuchen, sie zu stellen.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn Ihnen die in der Anfrage des Kollegen Schimböck enthaltenen 13,8 Prozent schon eine schlaflose Nacht bereiten – ich weiß, ich bin jetzt hart am Rande Ihrer Zu­ständigkeit –, dann frage ich mich, um wie viel mehr Sorgen Ihnen eigentlich der exor­bitante Anstieg der Privatkonkurse bereitet, der nämlich immerhin – ich habe mir die Zahlen ausheben lassen – 29 Prozent beträgt, wenn man das erste Quartal 2003 mit dem ersten Quartal 2004 vergleicht – vor allem dann, wenn man dazu noch bedenkt, dass die kleinste ökonomische Einheit, das Unternehmen Ehe, Familie, wahrscheinlich zu den verschuldetsten Unternehmen Österreichs zählt.

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Da sind wir bei uns einmal ganz anders gestellt als zum Beispiel in den USA. Wir haben in Österreich – und ich meine, prinzipiell ist das schon okay – Haushalte, Fami­lien, die sehr wohl auf ihre Haushaltsgebarung achten. Verhältnisse wie in den USA, wo sehr viel an Konsumneigung auch mit Verschuldung der Haushalte erkauft wird, möchte ich für Österreich nicht, wenngleich ich auch sage, dass die Sparquote in unse­rem Land durchaus niedriger sein könnte. Ein Stückchen mehr für den Konsum wäre nicht schlecht und würde auf Jobs, Beschäftigung und Wachstum durchaus gute Ef­fekte haben.

Schauen Sie, es gibt ja noch nicht so lange die Möglichkeit, als Privater überhaupt einen Konkurs zu haben, ein Konkursverfahren zu durchlaufen und damit auch ent­schuldet zu werden. Ein Konkursverfahren ist ja auch eine Chance, nämlich die einer


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Entschuldung. So gesehen ist Aufklärung, Konsumentenschutz in Richtung unserer Banken erforderlich – nicht immer war ich mit ihm einer Meinung, aber gerade Herr Mi­nister Böhmdorfer hat hier durchaus Akzente gesetzt und diesen Konsumentenschutz­aspekt sehr in den Vordergrund gestellt – und auch deutliche Aufklärung darüber, dass Kredite nicht nur zu besichern, sondern auch einmal zurückzuzahlen sind. In Unter­nehmungen ist es ja etwas anderes, denn dort ist eine Fremdfinanzierung etwas, das auch als Perpetuum mobile funktionieren kann: Kredite müssen nicht unbedingt auf null zurückgezahlt werden beziehungsweise können andere aufgenommen werden. Das ist dann das Gesamtbild der Finanzierung. Im privaten Bereich ist es im Regelfall etwas anders, da kommt dann einmal der Zahltag und die Phase des Zurückzahlens, und Aufklärung darüber ist sicher wichtig. Es geht um diesen Mix an Maßnahmen.

Zum Abschluss noch einmal das klare Bekenntnis, dass die Möglichkeit für Private, sich durch Konkurse zu entschulden, durchaus positiv zu bewerten ist.

 


Präsident Peter Mitterer: Danke.

Eine weitere Zusatzfrage wird gewünscht von Herrn Bundesrat Vilimsky. – Ich ersuche, sie zu stellen.

 


Bundesrat Harald Vilimsky (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Herr Bundes­minister! Der österreichische Kreditschutzverband hat gestern nicht in einer positiven Art und Weise über die Insolvenzen gesprochen – jedenfalls habe ich das so verstan­den –, sondern davon, dass wir dieses Jahr die größte Pleitewelle der Zweiten Re­publik zu verzeichnen haben. Damit einher geht auch die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik.

Im Jahr 2001 hat es in dieser Bundesregierung Überlegungen gegeben, in Anlehnung an das US-Konkursrecht, Kapitel 11, eine analoge Regelung für Österreich zu finden. Das Chapter-eleven-Verfahren ermöglicht es vielen Unternehmen, nachhaltig zu ge­sunden. Meine Frage: Warum ist dieser Plan, der im Jahr 2001 geäußert wurde, nicht umgesetzt worden, warum ist er schubladiert worden?

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Ich darf hier jetzt den „Standard“ wörtlich zitieren beziehungsweise den Kreditschutz­verband 1870, also ich habe die Quelle schon richtig in Erinnerung: „... was Betroffene und ihre Gläubiger nicht freuen kann, enthält auf dem zweiten Blick durchaus positive Signale: ,Der Insolvenzrekord ist nicht der Weltuntergang, sondern ein Zeichen der Er­neuerung. Je mehr gegründet wird, desto mehr Fallout gibt es – die Zahl der In­solvenzen ist auch ein Zeichen für die gestiegene wirtschaftliche Dynamik, gewinnt Johannes Nejedlik, Geschäftsführer des KSV 1870 (Kreditschutzverband) dem Rekord eine positive Seite ab.“ – Ich habe das also nicht erfunden, sondern das Zitat war ziemlich präzise.

Zu Chapter-eleven, sehr geehrter Herr Bundesrat: Es gibt immer wieder Aussagen und Überlegungen, in diese Richtung zu gehen. Ich denke, dass das Insolvenzrecht ein Bereich ist, in dem man Schnellschüsse tunlichst vermeiden sollte. (Bundesrat Ko­necny: Das gilt wohl überhaupt!) Ich bin mir jetzt nicht gewiss, ob die Justizministerin hiezu konkrete Überlegungen hat. Ich würde einmal meinen: Vor dem nächsten Wahl­termin schließe ich einen solchen Schnellschuss aus. Das wäre auch nicht gut. Dass man sich dann jedoch ein Verfahren überlegt, das insolvente oder von Insolvenz be­drohte Unternehmungen vor ihren Gläubigern schützt, denn das ist ja Chapter-eleven, das halte ich nicht für schlecht. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Jedenfalls sollten wir weiter auf dem Weg gehen, aber Schritt für Schritt und sehr vor­sichtig, dass Unternehmungen Insolvenzen leichter überleben können als bisher. Wir


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sind ein Land, das vor 20, 30 Jahren Unternehmungen allzu schnell in Konkurse ge­schickt hat, die zum Teil nicht notwendig waren. Gleichzeitig sage ich aber, dass ich mich zu einem Insolvenzrecht bekenne, das Malversationen maximal ausschließt. Das gibt es ja auch, dass Unternehmen als Ganzes ausschließlich darauf abgestellt sind, möglichst bald in Konkurs zu gehen, Spuren zu verwischen und Arbeitnehmer und Sozialversicherung zu schädigen. Diesen Aspekt gibt es also auch. Das wird es immer wieder geben, dass in Teilbereichen solche vorhanden sind, die ein System ausnützen wollen, und zwar zum Nachteil des Systems. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Unternehmungen, die vielleicht da oder dort nicht unbedingt in Konkurs hätten geschickt werden müssen.

Schauen Sie, der Fall ist schon Vergangenheit, aber die Insolvenz der Grazer Bank für Handel und Industrie ist so ein Fall. Am Ende der Abwicklung des Konkurses – das dauert ja oft Jahre; da dauerte es sogar über zehn Jahre – ergab die Analyse, dass die allermeisten Gläubiger das allermeiste Geld zurückbekommen haben und man sich da­her die Frage stellen musste, ob der Konkurs, die Insolvenz eigentlich wirklich notwen­dig gewesen ist. Diese Frage sollte man sich möglichst selten stellen müssen, dass man also im Nachhinein draufkommt, dass eigentlich eine Insolvenz nicht notwendig gewesen ist, sondern eine Fortführung sinnvoll gewesen wäre. Wenn hierbei so etwas wie Chapter-eleven eine Hilfe ist, dann ist das wunderbar.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur 8. Anfrage, 1477/M-BR/2005.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Perhab, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Situation auf dem österreichischen Lehrstellenmarkt hat sich in den letzen Monaten doch deutlich verbessert, vielleicht auch durch das heute schon angesprochene Blum-Modell. Ich möchte wissen, welche besonderen Maßnahmen die Bundesregierung in Zukunft in Bezug auf den Lehrstellenmarkt beziehungsweise bei der Lehrlingsausbil­dung plant. Meine konkrete Frage lautet:

1477/M-BR/2005

„Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung für Lehrstellen suchende Lehrlinge?“

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat Perhab! Eine Zahl habe ich ja noch nicht genannt: Die Zahl der offenen Lehrstellen ist sehr deutlich gestiegen. Der letzte Stand war plus 67 Prozent – auch das eine zumin­dest indirekte Folge des „Blum-Bonus“. Wenn ich Ihnen jetzt aufliste, was in den letzten Jahren alles an zusätzlichen Maßnahmen zum Teil auch von Ihnen mitbeschlossen worden ist, zeigt das schon, dass hier letztlich sehr viel an Instrumentarien da ist, um der dualen Berufsausbildung in einem nicht einfachen Umfeld so gut wie möglich unter die Arme zu greifen.

Ich sage, dass im Rahmen der Beschäftigungs- und Qualifizierungsoffensive des Jah­res 2006 – knapp 300 Millionen € werden insgesamt zusätzlich für Qualifizierungsmaß­nahmen aufgewendet – knapp 160 Millionen € für Jungendqualifizierungsmaßnahmen ausgegeben werden, nach altem Geld über 2 Milliarden Schilling.

Zum Zweiten: Das Auffangnetz für Jugendliche, die einen Lehrplatz suchen, aber kei­nen bekommen, nach dem Jugendausbildungssicherungsgesetz ist mit 8 000 Lehr­gangsplätzen eines in einer Größe, wie wir das bisher noch nicht hatten.


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Zum Dritten: Die im Übrigen vom Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreichs mit initiierten Lehrstellenakquisiteure, also Menschen, die aktiv an Unternehmungen herantreten und fragen, ob es nicht einen Lehrplatz gäbe, ob nicht Interesse bestünde, ob man etwas tun könne, um Ausbildner zu qualifizieren, dieses neue Instrumentarium also funktioniert gut.

Vom „Blum-Bonus“ habe ich schon gesprochen. Es ist vielleicht schon in Vergessen­heit geraten, dass wir für Lehrlinge die Lohnnebenkosten konkret gesenkt haben. Man kann ja prinzipiell die Frage stellen und in Diskussion bringen – ein bisschen ist der Hongkong-Jetlag noch da, leider Gottes –, dass, meine sehr verehrten Damen und Herren, junge Menschen, wenn sie Schulen besuchen, in Sachen Sozialversicherung einfach bei ihren Eltern mitversichert sind, dass aber junge Menschen, die eine Lehr­stelle haben, die in die duale Berufsausbildung gehen, zwar begünstigt sozialversichert sind, dass aber durchaus etwas bezahlt werden muss. Der Trend, Lohnnebenkosten für Lehrlinge zu senken, ist also ein richtiger. Die Lehrlingsausbildungsprämie, 1 000 € pro Lehrling pro Jahr, die Lehrlings-Freifahrt, die Fahrtenbeihilfe, die Möglichkeit, im Rahmen der Qualifizierungsoffensive den Hauptschulabschluss nachzuholen und da­mit überhaupt erst die Voraussetzung für die Absolvierung einer Lehre zu erreichen, die Ausweitung der Schnupperlehre, die Bereitschaft des öffentlichen Dienstes – Bund, Länder und Gemeinden – zusätzlich 1 800 junge Leute auszubilden – es gibt also ein breites Set von Instrumentarien. Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Bereich der allgemeinen nicht immer erfreulichen Arbeitsmarktentwicklung gut ein Gegengewicht entgegengesetzt haben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Wie lässt sich der Einsatz der Lehrstellenberater an, die seit mehr als einem Jahr in diesem Projekt tätig sind, das gemeinsam vom Bundesministerium, den Wirtschaftskammern und den Län­dern finanziert wird? Welche Erfahrungen gibt es mit diesem Projekt?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich habe in mei­nen Unterlagen einige Zahlen gefunden, sehr geehrter Herr Bundesrat. (Bundesrätin Haselbach: Da sind wir aber jetzt wirklich überrascht! – Bundesrätin Bachner: Er kann sogar wieder lachen!)

Meine Damen und Herren! In diesem ersten Projektjahr wurden von den Lehrstellenbe­ratern oder -akquisiteuren gut 7 000 Betriebe kontaktiert. Es wurden 3 215 Lehrstellen zugesagt. Wir erhöhen die Zahl jetzt gemeinsam mit der Wirtschaftskammer auf 15 Ak­quisiteure. Ich bekenne hier sehr offen: Ich musste da von der Frau Generalsekretärin Hochhauser überredet werden, aber sie hat mich erfolgreich überredet, sie hat Recht behalten.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 


Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In Anerkennung Ihrer großen Strapazen durch die letzten Reisetätigkeiten nur eine kurze Zusatzfrage: In den Jahren 2000 bis 2003 hat sich die Zahl der Lehrstellen im öffentlichen Dienst annähernd halbiert. Im Jahr 2004 hat der Bundeskanzler 800 zu­sätzliche Lehrstellen im öffentlichen Dienst versprochen. Daher meine kurze Frage: Wie viele dieser 800 zusätzlichen Lehrstellen im öffentlichen Dienst wurden in Ihrem Ressort geschaffen?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Strapazen spie­len da überhaupt keine Rolle! Ich habe mich nur quasi dafür entschuldigt, dass ich mich das eine oder andere Mal verspreche, denn das hängt noch mit dem Jetlag zu­sammen.

Ich habe jetzt die Zahlen nicht im Kopf. Ich weiß, dass wir uns in diesem Bereich sehr bemühen, über dem Schnitt zu liegen, und das tun wir auch. Die genauen Zahlen werde ich Ihnen nachreichen. Oder kriege ich sie noch? – Nicken ist zu wenig! – Also entweder ich bekomme sie noch, sonst darf ich sie schriftlich nachreichen.

Ich bezweifle allerdings Ihre Analyse, dass die Zahl der Lehrstellen im öffentlichen Dienst sich halbiert habe. Das halte ich nur dann für möglich, wenn sie die ausge­gliederten Strukturen da nicht mit einbeziehen. Insgesamt sind jedenfalls die meisten dieser versprochenen zusätzlichen 800 Stellen auch geschaffen worden. Da das von Herrn Staatssekretär Finz verwaltet wird, habe ich die Zahlen auch nicht hier bei mir im Kopf. Ich werde Ihnen das, sehr geehrter Herr Bundesrat, gerne schriftlich nachrei­chen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die letzte Zusatzfrage stellt Frau Bundesrätin Dr. Lich­tenecker. – Bitte.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Klassisch nach der Public-Choice-Theorie ereilt die Arbeitsmarktservices in allen Bundesländern nächstes Jahr ein warmer Geldregen. Erfreulicherweise sind zu­sätzliche Mittel für Arbeitsmarktpolitik vorhanden. Wir haben die Situation, dass bei den Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren die Arbeitslosigkeit steigt und immer mehr MigrantInnenkinder der ersten, zweiten Generation davon betroffen sind. Welche Res­sourcen beziehungsweise welche Maßnahmen sind ganz konkret für diese Zielgruppe vorgesehen, um sie langfristig und nachhaltig im Arbeitsmarkt zu integrieren?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundes­rätin! Ich habe mir schon angeschaut, inwieweit bei diesen 15- bis 25-Jährigen der Hin­tergrund Migrantenkind zweiter Generation in Verbindung mit unzureichenden Sprach­kenntnissen eine signifikante Rolle spielt. Das ist erfreulicherweise bis jetzt für uns nicht nachweisbar gewesen. Ich hätte mir das durchaus stärker ausgeprägt erwartet. Ausländische junge Menschen sind etwas, nicht jedoch deutlich überproportional davon betroffen. Der Rückschluss, dass das dann auch auf Österreicher, die Migran­tenkinder der zweiter Generation sind, erst recht nicht zutrifft, der ist, meine ich, schon zulässig. Das trifft jetzt naturgemäß nicht auf jene zu, die zum Pott von arbeitslosen jungen Menschen gehören, die keinen Hauptschulabschluss oder sonst nur einen un­zureichenden Abschluss haben, denen man mit Motivation, mit Anreiz, vielleicht auch mal mit Druck zeigen sollte: Bitte holt den Abschluss nach, um später auf dem Arbeits­markt eine Chance zu haben!

Das Programm „Jobs for You(th)“ geht diesen Weg. Das ist ein sehr aufwendiges Pro­gramm mit sehr hohen Pro-Kopf-Kosten, aber gerade dadurch besteht die Möglichkeit, vom Hauptschulabschluss bis zum Lehrabschluss und sonstigen Qualifikationen Dinge nachzuholen, die zweite, dritte, vierte Chance wahrzunehmen.

Allerdings kommen wir ans Ende der Fahnenstange, wenn das junge Menschen sind, die keine Leistungen seitens des AMS erhalten. Wenn Leistungen seitens des AMS wegen Arbeitslosigkeit und vorhergehender Arbeitslosenversicherung vorhanden sind, dann kann das AMS durchaus auch mit Maßnahmen deutliche Anreize setzen, Ab­schlüsse nachzuholen und Ähnliches mehr zu machen. Wenn aber diese jungen Men­schen nur arbeitslos gemeldet sind, aber noch keinen ALV-Anspruch erworben haben,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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dann ist, wie gesagt, das Ende der Fahnenstange auch für die Profis des AMS erreicht, und das gibt es durchaus auch in einer gewissen Anzahl von Fällen.

Ich bekenne mich aber dazu, dass wir uns diesen jungen Menschen, die den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt aus welchen Gründen auch immer nicht schaffen und die auch ein enormes Risiko darstellen, etwa in Richtung Abgleiten in Kriminalität, Drogen, und, und, und, noch stärker als bisher widmen sollen und werden. Eine Zahl vielleicht noch zum Abschluss: „Jobs for You(th)“ hat im Jahr 2005 rund 10 000 junge Menschen höher qualifiziert. Diese Zahl wird im nächsten Jahr auf deutlich über 30 000 ansteigen, also eine Verdreifachung erfahren.

Weil Sie, Frau Abgeordnete, unter anderem vom „warmen Geldregen“ gesprochen haben, möchte ich Ihnen noch sagen: Wir haben gemeinsam mit den Sozialpartnern im AMS-Entscheidungsgremium Verwaltungsrat bewusst darauf geachtet, dass wir auf bestehenden, bewährten Maßnahmen aufbauen. Wenn man jetzt für 10 000 junge Menschen Maßnahmen hat und das verdoppelt oder verdreifacht, wobei das Strick­muster schon bekannt ist, dann ist das effizient darzustellen. Wenn man hingegen Dinge neu erfindet, dann ist das Risiko deutlich größer, dass Anlaufverluste und sons­tige Dinge passieren, die unter Umständen ein paar Monate lang die Dinge nicht opti­mal aussehen lassen.

Ich bin mir jedoch relativ gewiss, dass sowohl beim „Jobs for You(th)“-Programm als auch bei den Wiedereinsteigerinnen, und, und, und, weil auf Bewährtem aufsetzend, diese 285 Millionen €, die im Wesentlichen ja Steuergeld sind, denn die Mittel der Ar­beitslosenversicherung sind ja schon erschöpft, gut und verantwortungsvoll investiert werden werden.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Damit ist die Fragestunde beendet. (Bundesminister Dr. Bartenstein urgiert, eine Ergänzung machen zu dürfen.) – Bitte.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich habe gerade jetzt die Zahlen bekommen, sehr geehrter Herr Bundesrat! Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und nachgelagerte Dienststellen, also Eich- und Vermessungs­wesen und Ähnliches: plus 40. – Danke schön, Herr Präsident!

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Fragestunde ist hiermit beendet.

10.42.00Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und ver­teilten Anfragebeantwortungen 2160/AB bis 2173/AB sowie jener Verhandlungsgegen­stände, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen, beziehungsweise jenes Beharrungsbeschlusses des Nationalrates vom 6. Dezember gemäß Art. 42 Abs. 4 verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mit­teilungen, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Beschlüsse des Nationalrates, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungs­recht des Bundesrates unterliegen:

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2004 (III-172 und 1219/NR d.B.),

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2005 geändert wird (4. BFG-Novelle 2005) (1184 und 1220/NR d.B.),


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 40

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert wird (4. BFG-Novelle 2006) (1185 und 1221/NR d.B.),

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgeset­zes 2005 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 2005 - BÜG 2005) (1186 und 1222/NR d.B.).

Beharrungsbeschluss des Nationalrates gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG:

Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 20. Oktober 2005 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Zukunfts­fonds der Republik Österreich (Zukunftsfonds-Gesetz) und ein Bundesgesetz über die Errichtung einer Stipendienstiftung der Republik Österreich (Stipendienstiftungs-Ge­setz) erlassen werden, wird gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG wiederholt. (1064/NR d.B.).

*****

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Der eingelangte Kulturbericht 2004 der Bundesministe­rin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wurde dem Kulturausschuss zugewiesen.

Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jener Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ebenso bilden die Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das erste Halbjahr 2006 und der Bericht der Bundesministerin für Inneres zur Jahresvorschau des BMI 2005 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Kommission sowie des operativen Jahrsprogramms des Rates, der bereits früher im Ausschuss für Verfassung und Föderalismus behandelt wurde, jeweils einen Gegenstand der heutigen Tagesordnung.

Diese Verhandlungsgegenstände wurden auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

10.43.29Fristsetzungsanträge

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich bekannt, dass die Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Stefan Schennach drei Fristset­zungsanträge gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung eingebracht haben, wonach dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über die Beschlüsse des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volkszäh­lungsgesetz 1950 geändert wird, ein Bundesgesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz, das Meldegesetz und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wer­den, sowie ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz ge­ändert wird, jeweils eine Frist bis 24. Jänner 2006 gesetzt wird.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werden diese Fristsetzungs­anträge nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung gebracht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 41

Ebenso gebe ich bekannt, dass die Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Ste­fan Schennach zwei weitere Fristsetzungsanträge gemäß § 45 Abs. 3 eingebracht haben, wonach dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Berichterstattung über die Beschlüsse des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsver­tragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz und das Landar­beitsgesetz geändert werden, und ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz geändert wird, jeweils eine Frist bis 24. Jänner 2006 gesetzt wird.

Auch diese Fristsetzungsanträge werden nach Erledigung der Tagesordnung zur Ab­stimmung kommen.

Weiters gebe ich bekannt, dass die Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Ste­fan Schennach einen Fristsetzungsantrag eingebracht haben, wonach dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über eine Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 eine Frist bis 24. Jänner 2006 gesetzt wird.

Auch dieser Antrag wird nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung kommen.

Weiters liegt mir ein Fristsetzungsantrag der Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Stefan Schennach vor, wonach dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend eine Urheberrechtsgesetz-Novelle 2005 eine Frist bis 24. Jänner 2006 gesetzt wird.

Auch dieser Antrag wird nach Erledigung der Tagesordnung abgestimmt werden.

Schließlich gebe ich noch bekannt, dass die Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Stefan Schennach zwei weitere Fristsetzungsanträge eingebracht haben, wonach dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zur Berichterstattung über ein 2. Schul­rechtspaket 2005 und ein Hochschulgesetz 2005 eine Frist bis 24. Jänner 2006 gesetzt wird.

Auch diese Anträge kommen nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung.

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Auf Grund eines mir zugekommenen Vorschlages be­absichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 9 bis 11, 14 und 15, 22 und 23 sowie 25 und 26 unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

10.46.341. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 und das Arbeitsverfassungsge­setz geändert werden (607/A und 1217 d.B. sowie 7452/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und ge­langen zum 1. Punkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Wiesenegg. – Ich bitte ihn um seinen Bericht.

 


10.46.57

Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Der Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 und das Arbeitsverfassungsgesetz geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 42

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. De­zember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Bachner. – Ich erteile ihr das Wort.

 


10.47.51

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Gestatten Sie mir, Ihnen, Herr Bundesminister, bevor ich mich zum eigentlichen Tagesordnungspunkt äußere, etwas zu sagen. Ich habe mir die ganze Fragestunde über gedacht, zumindest in der ersten Hälfte der Fragestunde: Was ist denn mit dem Herrn Bundesminister pas­siert? Ist etwas mit seinem Biorhythmus nicht in Ordnung oder ist sonst irgendetwas passiert? Ich weiß schon, Sie kritisieren auch ansonsten ganz gerne Gewerkschaften und den ÖGB, aber heute haben Sie das in sehr massiver Form getan. Ich habe mir gedacht, vielleicht war ein Alptraum im Spiel, in dem ein Gewerkschafter oder eine Ge­werkschafterin vorgekommen ist. Sie haben es dann aber letztendlich mit einer fast nicht vorhandenen Nachtruhe begründet. Das beruhigt mich schon wieder. Das wün­sche ich Ihnen auch nicht, es wäre mir lieber, wenn Sie gut schlafen könnten, aber so ist es mir immerhin erklärlich, warum Sie während der Fragestunde gar so grantig waren und so bösartig auf die Gewerkschaften reagiert haben. Ich bin ja auch nicht übersensibel, sonst würde ich nicht im ÖGB arbeiten. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich kann das schon akzeptieren, kann auch ganz gut damit leben; wir machen das ja sehr gerne, so ab und zu einen Schlagabtausch.

Was ich aber nicht möchte, ist, von diesem Rednerpult wegzugehen, ohne einige Dinge klargestellt zu haben. Ein Schlagabtausch ist das eine, aber was Sie dann be­hauptet haben, als Sie den informellen Ministerrat erwähnt haben, das entspricht leider nicht den Tatsachen, und das möchte ich daher auch richtig stellen. Weder die Ge­werkschaft in Kärnten noch der ÖGB bundesweit haben dort zu Demonstrationen auf­gerufen. Fakt ist, dass der ÖGB am 20. Jänner, an dem der informelle Ministerrat tagt, eine österreichweite Betriebsrätekonferenz mit einer anschließenden Kundgebung ab­hält, aber nicht mit einer Demonstration. Es geht bei dieser Betriebsrätekonferenz ganz einfach darum, dass wir dort in unserer Verantwortung als ÖGB zum Thema diskutie­ren wollen, wie wir uns die Europäische Union vorstellen, und zwar genau in Wahrneh­mung unserer Verantwortung.

Sie haben ja heute in der Fragestunde auch schon einen Seitenschlenker in Richtung Gewerkschaften gemacht, nämlich dass wir uns von der Europäischen Union distanzie­ren würden. Das entspricht nicht den Tatsachen. Ganz im Gegenteil! Wir stehen dazu, und zwar eindeutig, so wie wir auch vor dem Beitritt zur Europäischen Union stark mit­gekämpft haben, damit Österreich den Beitritt schafft. Was wir uns aber nicht nehmen lassen – und das sehen wir auch als unsere Verantwortung an, das ist aber auch die Verantwortung der Regierung –: dass wir die Europäische Union schon so gestalten wollen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in dieser Union auch wohl fühlen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das tun sie – das haben Sie ja auch selbst erwähnt – derzeit offensichtlich nicht, weder in anderen Ländern noch in Österreich. Deshalb sehen wir es auch als unsere Auf­gabe, hier mitzuwirken und auch zu den verschiedensten Themen Positionen zu bezie­hen. Nichts anderes, kein anderer Zweck steht hinter dieser Konferenz im Jänner. Das liegt in unserer Verantwortung.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 43

Jetzt zum eigentlichen Thema dieses Tagesordnungspunkts, der Novelle des Arbeiter­kammergesetzes zum passiven Wahlrecht für ausländische ArbeitnehmerInnen. Auf die Gefahr hin, dass die Stimmung gleich wieder etwas sinkt, möchte ich hier schon etwas Kritik anbringen. Der EuGH hat bereits im Jahr 2003 die Feststellung getroffen, dass die Gesetzeslage, speziell der § 21 des Arbeiterkammergesetzes EU-rechtswidrig ist. Es hat trotz mehrfacher Anstöße und immer wieder erhobener Forderungen drei Jahre gedauert, bis jetzt endlich diese Novelle durchgeführt wird. Nichtsdestotrotz: Ge­rade diese Änderung haben wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, auch die Arbeiterkammern und auch die Partei, schon sehr, sehr lange gefordert. Wir be­trachten es als unentbehrliche Lösung, dass das passive Wahlrecht auch für auslän­dische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleistet ist, und das aus den ver­schiedensten Gründen. Ein Grund sind die besseren Integrationsmöglichkeiten. Auch die Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes ist in diesem Konnex ein wesentlicher Bestandteil. Gerade als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter haben wir immer wieder Defizite bemerkt, weil das passive Wahlrecht für ausländische ArbeitnehmerIn­nen in Betrieben nicht gegeben war. So war es dadurch sehr oft nicht einmal möglich, eine Betriebsratskörperschaft zu wählen, und das nicht einmal nur in kleinen Betrieben. In bestimmten Branchen wie zum Beispiel im Reinigungsbereich, wo eben der Auslän­deranteil sehr hoch ist, handelt es sich also keineswegs nur um Kleinst- oder Mittel­betriebe, in denen es gemäß der geltenden Gesetzesbestimmung nicht möglich war, Betriebsrätinnen und Betriebsräte zu wählen. Das ist wahrlich ein großes Defizit gewe­sen, und deshalb freue ich mich ganz besonders, dass es hier zu Änderungen kommt, denn für mich stellt die Gewährleistung der Mitbestimmungsmöglichkeiten für Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer einen wesentlichen Bestandteil der Bemühungen zur Verbesserung der Situation in den Betrieben dar.

Trotz der Verzögerung und aus all den erwähnten Gründen begrüßen wir diese Geset­zesänderung sehr und werden deshalb auch unsere Zustimmung dazu geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.53


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer.

 


10.54.09

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich natürlich darüber, dass Kollegin Bach­ner sich so sehr um die Gesundheit unseres Bundesministers bemüht. Erfreulich! (Bun­desrätin Bachner und Bundesrat Gruber: So sind wir!) – Ja, so seid ihr! Im wahrsten Sinn des Wortes!

Ich möchte noch ganz kurz auf deine Aussagen bezüglich ÖGB zurückkommen. Wenn der ÖGB seine EU selber gestaltet, das finde ich natürlich ausgesprochen lässig. Das kann ich nur in aller Form unterstreichen. Wenn ich auf diese bereits angekündigte Demonstration des ÖGB Mitte Jänner zurückkommen darf, dann muss ich aber sagen: Wenn wir uns für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einsetzen, dann ist das richtig, wenn wir als ÖGB damit aber Wahlkampf betreiben, dann ist das falsch, und wir müssen das in aller Entschiedenheit ablehnen. Das muss ich hier noch erwähnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Änderung des Arbeiterkammergesetzes ist wie gesagt eine längst fällige Anpas­sung an die vom EuGH geforderte Änderung des Arbeiterkammergesetzes und des Arbeiterkammerwahlgesetzes. Für die im Jahr 2004 abgehaltenen Arbeiterkammer­wahlen wurde mittels Erlass des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an die Hauptwahlbehörde eine gemeinschaftskonforme Anwendung des § 21 Arbeiterkam­mergesetz festgelegt, auch um Wahlanfechtungen zu vermeiden.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 44

Bei der vorliegenden Änderung des Arbeiterkammergesetzes handelt es sich um eine Erweiterung des passiven Wahlrechtes in zeitlicher Hinsicht, denn die notwendige Beschäftigungsdauer und damit verbunden natürlich die Beitragsdauer in Form der Arbeiterkammerumlage muss in den letzten zwei Jahren vor dem Stichtag zur Arbeiter­kammerwahl sechs Monate betragen. Wir reagieren damit auch auf eine immer stärker der Rotation unterworfene Arbeitsmarktsituation und auf eine moderne Arbeitswelt, die häufige Wechsel zwischen unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit kennt.

Das passive Wahlrecht wird also nicht nur für EU-Bürger, sondern auch für auslän­dische ArbeitnehmerInnen ermöglicht, und sie werden in dieser Hinsicht den österrei­chischen Staatsbürgern gleichgestellt.

Im Arbeiterkammerwahlrecht ist zusätzlich eine Reduzierung der Wahldauer von drei Wochen auf zwei Wochen normiert, was natürlich auch einen wirtschaftlichen Effekt mit sich bringt, weil dadurch eine Kostenreduktion und eine speditivere Abwicklung der Wahlen möglich wird. Zudem wird die bestehende Möglichkeit der Briefwahl gemäß einer Absichtserklärung der Kammern eine Aufwertung erfahren. Sie soll nach einem einheitlichen amtlichen Schema gestaltet werden.

Auch die zu beschließende Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes dehnt das pas­sive Wahlrecht, wie von Kollegin Bachner schon erwähnt, auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig von der Staatsangehörigkeit aus und bietet so den Be­triebsratskörperschaften größeren Handlungsspielraum.

Gesamthaft betrachtet bedeutet diese Gesetzesänderung eine Stärkung der Betriebs­ratskörperschaften, eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte und eine modernere und flexiblere Anwendung des Arbeiterkammerwahlrechtes. In diesem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen und mich bedanken für die kompetente Arbeit, die service­orientierte Arbeit der österreichischen Arbeiterkammer zum Wohle unserer Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir werden deshalb diesem Gesetz gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie der Bun­desräte Ing. Kampl und Mitterer.)

10.57


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker.

 


10.57.45

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir Grünen werden dieser Gesetzesvorlage zu­stimmen. Es ist eine alte Forderung der grünen Fraktion, dass es passives Wahlrecht für Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft geben muss. Dennoch ist anzu­merken, dass es auch einen Teilbereich gibt, der uns in diesem Zusammenhang schmerzt, nämlich dass Menschen, die länger als 18 Monate arbeitslos sind, vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen bleiben. Angesichts der veränderten Lage am Arbeitsmarkt, die sich immer mehr verschärft, sodass wir zunehmend mit Langzeit­arbeitslosigkeit konfrontiert sein werden, ist das ein bedauerlicher Passus, der den Menschen zum Nachteil gereicht.

Demokratiepolitisch gesehen ist es eine Forderung, die endlich erfüllt wird. Das ist wichtig für die Identifikation der Menschen, die bei uns leben, für die Integration der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Lande.

Dennoch: Der vorhin angesprochene Passus – länger als 18 Monate arbeitslos und kein passives Wahlrecht – würde mit Stand November 2005 3 664 Frauen und 6 158 Männer betreffen, summa summarum also 9 822 Menschen in diesem Land.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 45

Das ist tatsächlich bedauerlich, und da hätten wir uns eine bessere Regelung ge­wünscht.

Jetzt eine Regelung gefunden zu haben, die zumindest den gut Teil der früheren Nach­teile in diesem Bereich eliminiert, das begrüßen wir. Es bleibt jedoch anzumerken, dass wir große Mängel haben, was die Beschäftigung von Ausländerinnen und Auslän­dern betrifft. Wir brauchen uns das nur anzuschauen, diese ganzen Regelungen für Saisonniers, ErntehelferInnen, GrenzgängerInnen, VolontärInnen, PraktikantInnen, die sich in einer Vielzahl von Gesetzen finden und teilweise sehr unzulänglich, sehr unbe­friedigend sind.

Das sind keine erstrebenswerten Beschäftigungsformen. Die Interessen dieser Men­schen sind nicht wirklich vertreten. Wir wünschen uns, dass es gleiche Rahmenbedin­gungen für inländische und ausländische ArbeitnehmerInnen im Sinne Europas gibt.

Herr Minister, Sie sind heute gekommen und haben den Geist Europas beschworen. Unser Europa ist wichtig, die Internationalität ist wichtig, und genau deswegen, Herr Minister, im Sinne der Kultur, der Internationalisierung, im Sinne der Nutzung der Chancen der Globalisierung, aber genauso auch im Sinne der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit gilt es, hier weiterzuarbeiten und weiter gemeinsam Gesetze zu schaf­fen, die die Rahmenbedingungen für unsere ausländischen Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter tatsächlich verbessern. (Beifall bei den Grünen.)

11.01


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun dem Herrn Bundesminister das Wort.

 


11.01.00

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Regierungsverantwortung zu tragen, meine sehr verehrten Damen und Herren, heißt auch, Realitäten zur Kenntnis zu nehmen und pragmatisch dem Land zu dienen.

Es klingt gut, zu sagen: gleiches Recht am Arbeitsmarkt für In- und Ausländer, freier Zugang!, wozu Beschränkungen, wozu unterschiedliche Regelungen für Grenzgänger, Saisonniers, und, und, und? – Aber weder das eine noch das andere ist machbar. Weder das eine, nämlich die Grenzen zu öffnen und alle zu uns zu lassen – das würde zur völligen Verwerfung des Arbeitsmarktes führen –, noch uneingeschränkt zu sagen, wer in Österreich legalen Aufenthalt hat, darf hier auch arbeiten. Das ist schon einmal für Studierende absolut undenkbar – das wird im Übrigen auch in den USA so gehand­habt –, das ist aber auch in vielen anderen Fällen nicht möglich, sondern bedarf eines gewissen Vorlaufes. Darum kommen wir nicht herum, wollen wir Verwerfungen am Arbeitsmarkt verhindern.

Dass, sehr geehrte Frau Bundesrätin Lichtenecker, die Zahl der Langzeitarbeitslosen zunähme, stimmt nicht. Lesen Sie die Statistiken. In schwierigen Arbeitsmarktverhält­nissen, die wir zurzeit haben, war es dem AMS möglich, durch gezielte Anstrengungen die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Jahresabstand fast zu halbieren. Das ist ein ganz außerordentlicher arbeitsmarktpolitischer Erfolg des AMS.

Im Übrigen gestatten Sie mir nur kurz – und jetzt hoffentlich ohne polemisch zu sein –, auf Frau Bundesrätin Bachner zu reagieren. Man hat einen Vorteil, wenn man schon länger in der Politik ist: dann kennt man einander recht gut und kommt dann auch immer wieder auf eine sachliche Basis zurück. Ob das jetzt Grant ist oder sonst was, aber eine Irritation werden Sie mir wohl ob dieser Seite 2 des „Kurier“ heute zugeste­hen (der Redner hält die Kopie einer Zeitungsseite in die Höhe), wobei ich vorsichtig genug war, mir die Zitate des Herrn Nürnberger und des Herrn Verzetnitsch sehr wohl einmal konkret anzuschauen und nicht nur die Schlagzeile zu lesen.


Bundesrat
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Was übrig bleibt, sehr geehrte Frau Bundesrätin, ist aber – und dazu stehe ich –, dass der Chef des Kärntner ÖGB sehr wohl von „Demonstrationen“ – und Kundgebungen sind da nicht so weit weg – am Rande des informellen Rates der Arbeits- und Sozial­minister in Villach spricht. Das ist absolut unakzeptabel, das ist unangemessen, und das war bisher auch noch nicht da, vor allem auch deswegen, weil im Rahmen dieses informellen Rates die Sozialpartner ja beieinander sitzen. Es gibt dort einen Sozialpart­nerdialog, und es geht einfach auch in Österreich nicht – nicht einmal dann, wenn ein paar Monate später Nationalratswahlen sind, nicht einmal in einem Bundesland, wo einem der Landeshauptmann nicht passen mag –, wenn dort dann plötzlich drinnen die Sozialpartner sitzen und draußen die Sozialpartner demonstrieren. Das passt nicht zusammen, und diese Kritik halte ich voll aufrecht. Sehr wohl stelle ich fest, dass einiges dafür spricht, dass auf der Wiener Ebene das anders gesehen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu der Aussage, dass die Gewerkschaften die Europäische Union nicht kritisieren würden, passt das Zitat des neuen GPA-Chefs Katzian dazu. Er wird wörtlich zitiert: „Wir werden die inhaltliche Kritik an der EU in der Präsidentschaft fortsetzen.“ – Abgesehen davon, dass Kritik allemal ... (Bundesrätin Bachner: Was ist daran schlecht?) Sie haben wortwörtlich gesagt, die Gewerkschaft würde die Europäische Union nicht kritisieren. Das Zitat spricht hier durchaus dagegen. (Bundesrätin Bachner: Wir sind nicht gegen die Union – aber nicht so, wie es jetzt läuft!) Wir werden nicht müde werden, klar aufzuzeigen (Bundesrätin Bachner: Wir auch nicht!), wer sich in Österreich zur Europäischen Union, zu einer Europapolitik (Bundesrat Konecny: Zu welcher? – Bundesrätin Bachner: Zu welcher?), zu einer positiven Position bekennt und wer nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Das bin nicht ich, sondern es ist der „Kurier“, der die Frage stellt: Wie lösen Sie das strategische Dilemma, dass man Sie dann noch von der FPÖ unterscheiden kann, die die Europakritik ja zu ihrem politischen Inhalt macht? – Aber dieses Dilemma bitte ich Sie, selbst zu lösen. (Bundesrat Konecny: Machen Sie sich keine Sorgen! – Bundes­rätin Bachner: Das machen wir schon!)

Zu den vorliegenden Gesetzentwürfen: Ich begrüße sie. Da gibt es auch eine breite – keine uneingeschränkte, aber eine breite – Mehrheitsbildung im Nationalrat, und ich gehe davon aus, auch im Bundesrat. Nicht dass man das nicht schon früher hätte machen können, aber dass man es jetzt macht, ist jedenfalls gut und wird von mir be­grüßt. (Beifall bei der ÖVP.)

11.05


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Danke.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist angenommen.

11.06.082. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (1027 d.B. und 1224 d.B. sowie 7436/BR d.B. und 7453/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

 


Berichterstatter ist wieder Herr Bundesrat Wiesenegg.

11.06.28


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 47

Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 6. De­zember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird, liegt Ihnen allen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. De­zember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Gruber. – Ich erteile ihm das Wort.

 


11.07.08

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! – Herr Bundesminister, erlauben Sie mir vorweg auch noch einen Satz: Ich finde es ein wenig merkwürdig, wenn man von Seiten der Regierung die Opposition, und zwar jene Opposition, die sich immer zu einem gemein­samen Europa bekannt hat und die sehr viel dazu beigetragen hat (Bundesrat Mag. Himmer: Wie stehen Sie denn zu der Polemik?), dass es dieses gemeinsame Europa in der Form mit Österreich gibt, Herr Kollege Himmer, ich finde es schon eigen­artig, wenn man jene Leute, die nach wie vor zu diesem Europa stehen, bei jeder Gele­genheit, wo sie sich erlauben, auch nur ansatzweise dort und da Kritik einzubringen (Bundesrat Mag. Himmer: Sie können sofort einen Leserbrief an den „Kurier“ schrei­ben!), sofort verdächtigt, sie würden jetzt den Kurs wechseln oder sie wären gegen dieses Europa. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist nicht so, Herr Bundesminister. Es muss noch erlaubt sein, ... (Bundesrat Mag. Himmer: Das war nicht der Minister, sondern der „Kurier“!) – Herr Kollege Him­mer, lass mich ausreden! Du kannst ja dann herausgehen, wenn dir etwas nicht passt, und kannst dich auch zu Wort melden. (Bundesrat Mag. Himmer: Die Vorsitzführung von Schüssel passt Ihnen schon jetzt nicht!)

Es ist mittlerweile schon lächerlich und schadet dem Gemeinsamen, das wir mit Euro­pa vorhaben, wenn man in diesem gemeinsamen Europa die eine oder die andere Sache nicht mehr kritisch hinterfragen kann. Es muss bei einem gemeinsamen Be­kenntnis zu Europa möglich sein, Probleme oder Dinge zu hinterfragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie das nicht akzeptieren, dann tun Sie mir Leid, Herr Kollege Himmer, dann sollten Sie irgendwann einmal schauen, wo es demokratische Fortbildung gibt, denn dort ist es erlaubt, dass mehrere Meinungen gesagt und diese auch akzeptiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten werden dieser Regierungsvorlage, mit der das Berufsausbildungsgesetz geändert wird, unsere Zustimmung geben. Wir tun das, weil es dafür einige gute Gründe gibt:

erstens weil diese Novelle ein gutes Ergebnis von Gesprächen zwischen den Sozial­partnern ist;

zweitens weil diese Novelle in ihrem Kernstück die Modularisierung im Ausbildungsbe­reich vorsieht;

drittens weil dadurch die Möglichkeit für die Zusammenführung und Vereinheitlichung von Lehrberufen gegeben ist;

viertens weil dadurch Übergänge zwischen Lehrberufen geschaffen werden;


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 48

fünftens weil durch diese Verbreiterung des Berufsbildes die Arbeitsmarktchancen von Lehrabsolventinnen und Lehrabsolventen erhöht werden.

Diese Novelle enthält weiter die Möglichkeit zur Ablegung von Zusatzprüfungen für Personen, die eine Lehrabschlussprüfung, eine Facharbeiterprüfung, eine Abschluss­prüfung an einer berufsbildenden höheren Schule oder eine mindestens dreijährige be­rufsbildende mittlere Schule erfolgreich absolviert haben.

Dieser erleichterte Zugang zu Zusatzprüfungen ermöglicht Chancen auf weitere beruf­liche Abschlüsse für Schul- und Lehrabsolventinnen und -absolventen – ein für uns als Sozialdemokraten richtiger Weg.

Es ist keine Frage, dass diese Maßnahmen zur Mobilität beitragen werden, dass es aber auch zu einer Verbesserung in der praktischen Ausbildung kommen sollte. Ich denke hier in erster Linie an Lehrstellen im Tourismus. Dies würde das Image wesent­lich verbessern.

Ein wichtiger Schritt Richtung Karriere mit Lehre wurde gemacht, es gibt aber noch einiges zu tun. Wir werden diesem Gesetz unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.11


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Baier.

 


11.11.11

Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Wenn dem Kollegen Gruber die Meinungsvielfalt so ein wichtiges Anliegen ist – davon gehe ich ja aus –, dann wird er ja kein Problem damit haben, dass der Herr Bundesminister eine andere Meinung zur Haltung der ... (Bun­desrat Kraml: Warum hat dann der Bundesminister das Problem? Das hat er nicht erklärt!) – Sie werden zur Kenntnis nehmen, dass ich einfach nur versuche, auf Herrn Kollegen Gruber zu replizieren, und der hat gemeint, es sei ihm wichtig, dass es ver­schiedene Meinungen nebeneinander gibt. So kann man einfach auch über die Euro­pahaltung der SPÖ geteilter Meinung sein. Das ist halt so. (Beifall bei der ÖVP. – Bun­desrat Konecny: Sie wenigstens werden doch eine und keine geteilte Meinung ha­ben!) – Herr Kollege, wir wissen eh, dass Sie glauben, die einzig alleinige Wahrheit zu haben. (Bundesrat Konecny: Ich meine nur, Ihre Meinung wird doch nicht geteilt sein!) Das müssen wir ja des Öfteren ertragen (Bundesrat Gruber: Das liegt dann eher an Ihnen!), wenn Sie in oberlehrerhafter Manier uns sagen, was Sache ist oder nicht.

Ich bin eigentlich hier, um über das Berufsausbildungsgesetz zu reden, möchte aber noch zwei Sätze zum Kollegen Gumplmaier und zur Fragestunde sagen, weil er ja auf den oberösterreichischen Arbeitsmarkt eingegangen ist und hier insbesondere die Lehrstellen und die Lehrstellenentwicklung angesprochen hat. Ich möchte aber den Gesamtarbeitsmarkt, wie auch schon vom Herrn Bundesminister angesprochen, be­leuchten, der eine sehr dynamische Entwicklung zeigt, und möchte hier im Hause schon betonen, dass Oberösterreich – und das wissen Sie, Herr Kollege, ja auch sehr genau; ich gehe davon aus – mit 4,4 Prozent die bei weitem beste Arbeitslosenquote von ganz Österreich aufweist. Das ist eine außergewöhnlich gute Leistung, denn wenn wir daran denken, dass der Österreichschnitt bei 7,4 Prozent liegt und dass jenes Bun­desland, das mit 9,8 Prozent Arbeitslosenquote sozusagen im wahrsten Sinne des Wortes die rote Laterne trägt, hier vorangeht, so denke ich, dass es vor allem für einen Vertreter der oberösterreichischen Region wohl angebracht ist, dies auch einmal po­sitiv darzustellen. Ich denke, das ist gut möglich, Herr Kollege Gumplmaier. Da wird Ihnen kein Stein aus der Krone fallen.


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 49

Mit der vorliegenden Änderung des Berufsausbildungsgesetzes soll das erfolgreiche österreichische Berufsausbildungsmodell der Lehre, das 40 Prozent aller Pflichtschul­abgänger absolvieren, an die sich rasch ändernden Bedingungen in der Arbeitswelt an­gepasst werden. Es ist oft so, dass hoch spezialisierte Betriebe nicht mehr in der Lage sind, Lehrlingen ein gesamtes Berufsbild zu vermitteln, sodass es erforderlich ist, dass Synergien genutzt werden können und dass damit die Zahl potentieller Ausbildungs­betriebe wieder weiter ansteigt.

Diese Novelle zum Berufsausbildungsgesetz soll Abhilfe in Form von Ausbildungsmo­dulen schaffen, das heißt, in verwandten Berufen sorgen künftig gleiche Grundmodule für eine solide Basisausbildung, auf der Hauptmodule und Spezialmodule aufbauen, die wiederum für Schwerpunktsetzung und Vertiefung sorgen.

Ziel dieser Novelle ist die bereits angesprochene Flexibilisierung und natürlich auch eine stärkere Übersichtlichkeit im gesamten Lehrstellenbereich und daher eine Redu­zierung der Lehrberufe beziehungsweise der Berufsbilder von den bisher 260 auf in etwa 210.

Zudem kann man behaupten, dass mit dieser Vorlage und mit diesem Ansatz auch dem Prinzip des lebenslangen Lernens Rechnung getragen wird, weil damit natürlich auch die Anerkennung von erworbenen Zusatzqualifikationen und der Erstausbildung im zweiten Bildungsweg erleichtert wird. Ich habe auch die Hoffnung und bin der Mei­nung, dass es gerade durch dieses Modell für Berufsumsteiger im Bereich des Handels einige Erleichterungen geben wird.

Wenn wir daran denken, dass junge Menschen sich oft mit 15 Jahren für einen Beruf entscheiden müssen, wo sie doch sehr vielen Fremdeinflüssen unterliegen, dann ist es hier nur gut, wenn es eine Flexibilisierung, eine größere Beweglichkeit gibt, um auch den Berufsumstieg letztlich besser meistern zu können.

Wir stimmen daher dieser Vorlage sehr gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

11.16


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker.

 


11.16.35

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Wirtschaftsminister! Herr Landwirtschaftsminister! – Heute ist die Wirt­schaft bei den Ministern stark vertreten. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Umweltminis­ter!) Umweltminister? Ja, das vermissen wir immer bei Ihnen, Herr Minister! (Heiterkeit bei den Grünen.) Sorry! Bei Ihnen denke ich irgendwie immer nur an die Landwirt­schaft. So passiert es einem. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Hohes Haus! Werte Kollegen und Kolleginnen! Diesem Bundesgesetz, mit dem dieses Berufsausbildungsgesetz geändert wird, werden wir gerne zustimmen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dieses Gesetz erhöht die Chancen unserer AbsolventInnen in verschiedenen Lehrberufen, es stärkt das duale System, das wir sehr begrüßen, und auf Grund der Flexibilisierung und der Änderungen in der Arbeitswelt ist es auch wich­tig, hier einen Schritt weiterzugehen, was mit dieser Gesetzesvorlage auch passiert.

Diese Modularisierung ist durchaus die richtige Antwort auf die geänderten Anforderun­gen. Nichtsdestotrotz, Herr Minister, gibt es verschiedene Dinge, die wir vermissen und die natürlich den Bereich der LehrabsolventInnen verbessern würden, diesen Bereich stärken würden. Hierbei geht es um das Bildungssystem.

Das Bildungssystem, das wir jetzt haben, zementiert im Wesentlichen die Ungleichhei­ten, die sich dann in der Arbeitswelt, in den Einkommensverhältnissen fortsetzen. Das alles ist wenig zuträglich, weder im gesellschaftlichen Sinn noch im ökonomischen


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 50

Sinn. Genauso wären auch bei der Lehrausbildung spezielle Förderprogramme not­wendig, um auch Lernschwächere zu unterstützen, MigrantInnen in der Integration zu unterstützen. Insofern gibt es mit Sicherheit eine Menge an Arbeit, Herr Minister, die Sie in dieser Form aller Voraussicht nach noch ein Dreivierteljahr weiter betreiben und forcieren können.

Hier ist noch eines anzuschließen. Es ist sicher auch ein Thema, es nicht nur den Be­trieben zu überlassen oder der Wirtschaftskammer oder wem immer, sondern das The­ma der Ausbildungsverbünde auch finanziell durchaus mehr zu unterstützen, zu för­dern, hier einen Schritt weiterzugehen und auch mehr auf die Berufsschulen zu achten.

Die Berufsschulen brauchen spartenübergreifende Ausbildungen. Sie sollten auch so etwas werden wie eine Drehscheibe für Know-how für Unternehmungen. Insofern wäre in diesen Bereich zu investieren einer der wesentlichen Schritte, um die Wirtschaft zu stärken, denn klarerweise sind in einer kleinen, offenen Volkswirtschaft, wie Österreich es ist, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Rückgrat der Wirtschaft.

Wenn hier auch einige Anregungen noch aufzunehmen und weite Bereiche noch zu verändern sind, so ist doch die Vorlage eine richtige, und wir werden dem, wie schon zu Beginn gesagt, zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.19


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Barten­stein.

 


11.20.00

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Kollege Pröll! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Nachdem wir dieses Thema zuvor ja schon in der Fragestunde breit diskutiert haben und auch ein hohes Maß an Konsens zum Thema duale Berufsausbildung und Modularisierung vorhanden ist, brauche ich dazu nicht weiter Stellung zu nehmen.

Stichwort Ausbildungsverbünde: Wir stocken hier die Plätze auf, sehr geehrte Frau Bundesrätin Lichtenecker, und das ist etwas, wovon ich auch meine, dass manche Verkrampfung der letzten Jahre etwas zurückgewichen ist. Wir diskutieren nicht mehr über Stiftungen, ja oder nein, sondern wir machen diese überbetrieblichen Ausbil­dungseinrichtungen und ‑verbünde dort, wo es sinnvoll ist, und das ist vielfach dort sinnvoll, wo Spezialkenntnisse nicht unbedingt in jedem Unternehmen so breit vorhan­den sind, sodass sich mehrere Betriebe zusammentun. Also hier ist deutlich mehr Fle­xibilität gegeben, vor allem im Interesse der jungen Menschen, und dazu – noch ein­mal – gehören auch diese Ausbildungsverbünde. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.21


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

11.21.193. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Preisauszeichnungsgesetz 1992 geändert wird (730/A und 1223 d.B. sowie 7454/BR d.B.)

 



Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 51

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Wiesenegg. – Bitte.

 


11.21.39

Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesmi­nister! Als Berichterstatter bringe ich den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisauszeich­nungsgesetz 1992 geändert wird.

Dieser Bericht liegt Ihnen allen in schriftlicher Form vor. Daher ist es meine Aufgabe, die Antragstellung zu formulieren.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. De­zember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur Abstimmung, falls niemand das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist angenommen.

11.22.424. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz, das Ab­fallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissions­schutzgesetz-Luft geändert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005) (1147 d.B. und 1176 d.B. sowie 7466/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Stadler. Ich bitte ihn um seinen Bericht.

 


11.23.01

Berichterstatter Werner Stadler: Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Na­tionalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Perso­nenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden.

Im Ausschuss wurde der Antrag der Bundesräte Karl Boden und Elisabeth Kersch­baum, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates begründeten Einspruch zu erheben, mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Bundesrat wolle beschließen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 16. Novem­ber 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucher­informationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden, mit der beigegebenen Begrün­dung Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


11.24.32

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Minister! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Umweltrechtsanpas-


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729. Sitzung / Seite 52

sungsgesetz 2005 – eine wichtige Sache, denke ich, auch wichtig deswegen, da ich ja aus der Landwirtschaft komme und die Umwelt ein besonders wichtiger Punkt ist.

Das Umweltgesetz, das wir heute diskutieren und gegen das Sie, meine Damen und Herren der Opposition, Einspruch erheben, stellt, glaube ich, trotzdem maßgebliche Verbesserungen dar.

Ich darf hier nur einige Beispiele herausgreifen: Beim Personenkraftwagen-Verbrau­cherinformationsgesetz wird dem technischen Fortschritt Rechnung getragen. Es kön­nen künftig Verbraucherinformationen über Kraftstoff und CO2 auch durch die moder­nen Kommunikationstechniken, etwa elektronische Anzeigen, gegeben werden.

Die Änderung im Abfallwirtschaftsgesetz legt unter anderem fest, dass künftig Depo­nieinhaber auch finanzielle Sicherstellung für die Erhaltung und Erfüllung ihrer Aufla­gen leisten müssen.

Die Novellierung zum Emissionszertifikategesetz ermöglicht es nun Österreichs Unter­nehmen, am Emissionshandel teilzunehmen. Die im Ausland getätigten grünen Inves­titionen können für das nationale Emissionskonto gutgeschrieben werden. Dies ist, glaube ich, auch ein wichtiger Punkt, sowohl für den globalen Klimaschutz als natürlich auch für unsere Unternehmer.

Mit dieser Novelle werden Grenzwerte für Schwermetalle wie Arsen, Cadmium, Nickel, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe um zwei Jahre früher als von der Europäischen Union gefordert eingeführt. Das zeigt uns wieder, dass wir in Österreich gerade im Bereich der Umweltaktivitäten eine Vorreiterrolle einnehmen.

Ein Hauptproblem ist natürlich die Feinstaubproblematik, aber wir setzen uns damit auseinander, und auch das schon seit längerem, und versuchen, dies in den nächsten Jahren wirklich durch sachgerechte Lösungen im Sinne unserer Bürgerinnen und Bür­ger in den Griff zu bekommen.

Eine Vielzahl von Studien zeigt uns, dass die Hauptverursacher von Feinstaub der Hausbrand, die Industrie und der Verkehr sind. Zwei Drittel entstehen durch den Haus­brand und durch die Industrie und ein Drittel durch den Verkehr.

Nun haben die Landeshauptleute bei der Überschreitung der PM10-Grenzwerte die Möglichkeit, Geschwindigkeitsbegrenzungen auf unseren Straßen einzuführen. Das ist natürlich ideal, denn im jeweiligen Land kann somit rasch gehandelt werden.

Nun hat aber auch der Verkehrsminister die übergeordnete Verantwortung für den Ver­kehr, denn ... (Bundesrat Konecny: Oh je, der! – ironische Heiterkeit bei der SPÖ) – ja, das ist so –, denn Schnellstraßen und Autobahnen sind eigentlich in Bundeskompe­tenz, daher ist es auch sinnvoll, dass man das Ganze nach drei Monaten evaluiert, denn die Maßnahmen, die in einem Bundesland wirklich gut sein können, können für ein anderes Bundesland wesentliche stärkere Beeinträchtigungen bringen.

Das gehört natürlich im Sinne unserer Umwelt überprüft. Daher hat dann auch der Minister das Recht, dass er die Diskussion mit dem Landeshauptmann führt. Wenn die getroffene Maßnahme irgendwo anders Schäden hervorruft, dann kann er die Ent­scheidung wieder aufheben, und das im Sinne des Ganzen.

Das sagt das Gesetz aus, das von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposi­tion, so stark bekrittelt wird. Ich persönlich verstehe diesen Einspruch nicht, denn ich glaube, das sind lauter transparente Gesetze ... (Bundesrat Konecny: Fragen Sie Ihren Landeshauptmann! Der versteht ihn!) – Weil Sie das gerade ansprechen: Unser Landeshauptmann versteht aber auch nicht, warum es in Wien schon seit Jahren ein LKW-Verbot gibt und der Schwerverkehr über Niederösterreichs Grenzen rollt und


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dadurch bei uns die Feinstaubproblematik viel höher ist. (Ironische Heiterkeit und Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Wie gesagt, diese Gesetze ermöglichen natürlich auch eine größere Öffentlichkeitsbe­teiligung, und auf der Grundlage dieses Gesetzes wird gerade für die Feinstaubproble­matik sehr viel Geld in die Hand genommen; 7 Millionen € werden da vom Bund für Umweltförderungen aufgewendet.

Wenn ich jetzt mein Bundesland Niederösterreich hernehme, so gehen wir überhaupt mit Beispielswirkung voran, denn in Niederösterreich ist der CO2-Ausstoß seit 1999 neutral geblieben, und in Wien – jetzt hören Sie! – hat er sich um 15 Prozent erhöht. (Bundesrat Boden: Steiermark und Salzburg fehlen da noch und das Burgenland! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir sind in den anderen Bereichen so gut.

Niederösterreich – ich kann Ihnen das alles zeigen – hat 23 Messstationen, die Fein­staub messen und feststellen können. Die Feinstaubgrenzwerte werden eigentlich nur in den Städten überschritten. Wenn Sie es genau sehen wollen, kann ich Ihnen auch die Grafik dazu liefern, wie es im Jahresdurchschnitt ausschaut. (Die Rednerin hält eine Grafik in die Höhe.)

Niederösterreich hat, wie schon angesprochen, eine Vorreiterrolle, denn wir haben für 2006 schon ein Feinstaubmaßnahmenpaket geschnürt, und in diesem Paket sind sage und schreibe 18 Millionen € drinnen, die eben zur Verringerung des Feinstaubes die­nen sollen.

Dazu zählen die Förderung von Euro-4-LKW – von Landesseite werden nur mehr LKW und Autos mit Partikelfilter angekauft –, die Förderung von Gasfahrzeugen, die Förde­rung von Maßnahmen für Industrie, Gewerbe und auch für die Gemeinden – zum Beispiel die Kehrmaschinen bei den Gemeinden, die eben weniger Feinstaub aufwir­beln –, verstärkte Kontrollen von Heizanlagen, die Förderung von Alternativenergien und verkehrssparsame Maßnahmen.

Dies sind alles Maßnahmen für eine gesunde Umwelt, für eine gute Zukunft unserer Kinder. Denn ich glaube, nicht Hinauszögern, sondern die richtigen Maßnahmen zu treffen und diese auch umzusetzen, das ist der Garant dafür, dass wir auch weiterhin eine gute, gesunde Luft einatmen können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Ing. Kampl.)

11.32


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Einwallner. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.32.08

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Ganz kurz zu meiner Vor­rednerin. Ich gebe Ihnen Recht, es gibt in diesem Paket durchaus auch Maßnahmen, die wir unterstützen können. Aber es ist gerade wieder einmal so ein Fall, dass ein Sammelgesetzpaket geschnürt wurde, und in diesem Sammelgesetzpaket sind eben Teile enthalten, die unmöglich zu unterstützen sind von unserer Seite, und dazu gehört genau die Novelle des Immissionsschutzgesetzes-Luft, weil gerade in diesem Bereich der Feinstaubbelastung aus unserer Sicht so gravierende Mängel vorhanden sind, dass wir eben nicht zustimmen können.

Die Novelle dieses Immissionsschutzgesetzes-Luft sollte eigentlich die bundespoli­tische Antwort auf Grenzwertüberschreitungen bei den Luftbelastungen, und da vor allem bei der Feinstaubbelastung sein. Was ist dabei herausgekommen? – Herausge­kommen ist leider ein Gesetz, mit dem direkte Maßnahmen von Ländern und Städten unmöglich gemacht werden. Das wundert einen ja gar nicht bei einem Umweltminister,


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der in erster Linie Landwirtschaftsminister ist und die Interessen der Landwirtschaft vertritt, die Interessen der Umwelt aber leider selten oder zum Nachteil der Umwelt ver­tritt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wundert einen auch nicht, wenn man sich die Umweltpolitik der ÖVP anschaut. Der Umweltsprecher im Nationalrat ist der Generalsekretär des Wirtschaftsbundes. Und der, entschuldigen Sie bitte, vertritt die Interessen der Wirtschaft, an Umwelt denkt er nur gelegentlich und in diesem Falle wieder einmal nicht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

Meine Damen und Herren! Das ist Klientelpolitik der Sonderklasse, was hier abgeliefert wird. Zum einen wurde die Industrie ausgenommen, es wurde der Offroad-Bereich aus­genommen. Da widersprechen einfach die Stellungnahmen und die Forderungen der Länder ganz eindeutig den Maßnahmen, die im Bundesgesetz getroffen werden.

Es gibt eine ganz aktuelle Broschüre des Landes Vorarlberg, in der genau wieder ge­fordert wird, dass es eben im Offroad-Bereich strengere Maßnahmen braucht. Und genau die werden ausgenommen. Das ist das Problem, meine Damen und Herren, das hier festzustellen ist.

Aber es ist leider so, dass jetzt noch ein zusätzlicher Punkt dazukommt, ein Punkt, den meine Kollegin irgendwie zu argumentieren versucht hat: dass unser Verkehrsminister ein Vetorecht bei Verkehrsmaßnahmen hat. Das ist lächerlich! Denn dieses Vetorecht nach 90 Tagen ist deswegen auch besonders bedenklich, weil speziell diese Tempo­limits – gerade wir in Vorarlberg haben auf der Rheintalautobahn auch eines (Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll: Da passen wir schon auf!); ja, ja, passen Sie auch genau auf, was ich sage, dann ist es gut –, genau diese Tempolimits sehr gut akzeptiert werden. Es wurde gerade heute wieder publiziert, dass Tempo 100 auf der Rheintalautobahn sehr gut angenommen wird und auch zu einer Verringerung der Belastung dort führt. Und das ist der richtige Weg.

Aber jetzt kommt dazu, dass wir einem Verkehrsminister ein Vetorecht geben, der eine ganz andere und gegenteilige Politik betreibt. Der Herr Verkehrsminister betreibt eine Politik, dass er 160 km/h fahren will, und Sie als Umweltminister lassen sich das gefal­len. (Bundesrat Konecny: Jawohl!) Sie lassen sich diese Einsprüche vom Verkehrsmi­nister gefallen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, ja, Sie lassen sich das gefallen. Sie lassen sich das in diesem Gesetz gefallen, Herr Minister Pröll. Nicht gefallen lassen sich das die Länder! Und die Städte lassen sich das auch nicht gefallen. (Beifall bei der SPÖ.) Besonders jene Länder lassen sich das nicht gefallen, die Maßnahmen getroffen haben und jetzt weiter eingeengt werden.

Und dass erst nach dem Beschluss des Nationalrates eine Sitzung mit den Umweltre­ferenten der Länder stattgefunden hat ist bezeichnend für Ihr Politikverständnis, Herr Bundesminister. Das bedeutet für mich, dass Sie die Bedenken der Bundesländer zu diesem Thema nicht ernst nehmen.

Wenn ich mir den Beschluss anschaue, der bei dieser Landesumweltreferentenkon­ferenz getroffen wurde, dann möchte ich diesen zitieren, weil das gerade hier in einer Länderkammer von Bedeutung ist: 

Die Landesumweltreferentenkonferenz verwahrt sich aus grundsätzlichen Überlegun­gen entschieden gegen die Vorgangsweise bei der Novellierung des IG-L. Von den Bundesländern wird durch das neue IG-L die Quadratur des Kreises verlangt. Einer­seits sollen Feinstaubgrenzwerte eingehalten werden und auf der anderen Seite wird das zur Verfügung stehende Instrumentarium weiter eingeschränkt. – Zitatende.

Gegen diese Einschränkungen wehren sich die Länder und die Städte zu Recht, und darum können wir auch unmöglich diesem Gesetz so zustimmen. Auch die Stellung-


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nahmen der Bundesländer, die in den letzten Wochen nach unserer Vertagung im Bundesrat eingetroffen sind, sind durch die Bank negativ. Das Gesetz führt zu einer weiteren Verwässerung. Das Gesetz kann daher durchaus als Verhinderungsgesetz bezeichnet werden, ein Verhinderungsgesetz, das notwendige Maßnahmen zur Luft­qualitätssanierung und Luftqualitätserhaltung verhindert.

Es geht offenbar in erster Linie nur darum, einen Status quo zu halten und den Län­dern die Möglichkeit der Mitsprache bei einschneidenden Maßnahme zu nehmen. Der Bundesregierung genügt es, auf freiwillige Erziehungsmaßnahmen zu setzen. Eine ge­zielte und innovative Politik zu einer besseren Luftqualität wird so nicht möglich sein.

Wir in Vorarlberg sehen auch ganz deutlich, wie vorbildlich zum Beispiel unser Nach­barland Schweiz mit diesem Thema umgeht und wie sorgfältig auch die Ausrichtung der Politik in der Schweiz ist. Gerade beim Thema Verkehr – und der Verkehr ist einer der Belastungsträger im Bereich des Feinstaubes – ist es in der Schweiz ganz klar und ganz unbestritten, dass die Bahn gefördert und ausgebaut wird. In Österreich passiert eigentlich genau das Gegenteil. Da wird die Bahn beschädigt und nicht in ausreichen­dem Maße gefördert, und Sie schweigen zu diesen Themen. Ich möchte auch von Ihnen hier einmal ein klares Bekenntnis zu den Österreichischen Bundesbahnen hören, und ich bin gespannt, ob Sie mir das geben können.

Machen wir eine zukunftsfähige Umweltpolitik im Bereich Verkehr, bleiben wir nicht bei dem Verharren in einer ewiggestrigen Verkehrspolitik, wie sie die Bundesregierung zur­zeit betreibt!

Ich denke, die Länder sind bereit, gemeinsam mit dem Bund und auch auf internationa­ler Ebene das Feinstaubproblem anzugehen und für eine echte Verbesserung zu arbei­ten. Die Länder können aber nicht akzeptieren, vom Bund gefesselt zu werden. Wir von der SPÖ werden dieses Gesetz ablehnen, weil wir nicht erkennen können, dass Sie Maßnahmen setzen, die die Belastungen der Bevölkerung verringern. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.39


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile ihr das Wort.

 


11.40.07

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ich war jetzt verwun­dert, warum BZÖ und FPÖ keine Wortmeldung zu diesem Thema abgeben.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Umweltrechtsanpassungsgesetz besteht wieder einmal aus Novellen für vier Umweltgesetze. Das allein ist meiner Meinung nach schon ein Grund, dass man hier lautstark protestiert. Wir würden an und für sich zweien dieser Gesetze sehr gerne zustimmen, aber wir können wieder einmal nur alles auf einmal zurückschmeißen. Es ist traurig, aber wahr. Offensichtlich ist das gerade im Umweltministerium gang und gäbe. Sie haben einmal versucht, uns zu erklären ... (Zwischenbemerkung von Bun­desminister Dipl.-Ing. Pröll.) – Wir schmeißen dann erfolgreich alles wieder zurück. Es tut mir Leid, wir hätten gerne zu zwei Gesetzen unsere Zustimmung gegeben.

Beim Abfallwirtschaftsgesetz gibt es für mich einen Punkt, der einer dringenden Ände­rung bedürfte oder einer dringenden Wiedergutmachung. Es geht um die Bahnschwel­len, die bisher als gefährlicher Abfall deklariert waren. Jetzt plötzlich ist dieser gefähr­liche Abfall nicht mehr überall gefährlich, sondern nur mehr in Gebäuden oder auf Spielplätzen oder an anderen Orten im Freien, die der Freizeitgestaltung und Erholung dienen.


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Wer dann feststellen wird, ob diese Bahnschwelle an einem Ort liegt, der der Freizeit­gestaltung und Erholung dient oder nicht, und was es kosten wird, wenn die BH bei jeder einzelnen Bahnschwelle untersuchen muss, ob man sich gefährden kann oder nicht, sei dahingestellt. Ich glaube, dass es keine Lösung ist. Möglicherweise hängt es damit zusammen, dass der Herr Nationalratsabgeordnete Wittauer offensichtlich nicht glücklich darüber ist, dass er die Bahnschwellen von seiner Pferdekoppel entfernen sollte.

Möglicherweise ist es deshalb geändert worden. Oder vielleicht können Sie mir erläu­tern, warum man jetzt plötzlich die vorher klare und eindeutige Regelung, dass Bahn­schwellen einfach entsorgt gehören, durch so eine schwammige Formulierung ersetzt, mit der die Behörden Probleme haben werden? Ich freue mich schon, wenn mir mein Bezirkshauptmann erläutern wird, warum eine Bahnschwelle weg muss und eine an­dere nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Im Übrigen ist mir auch gerade bei Pferdekoppeln etwas nicht ganz klar. Da ist nämlich im Ausschuss die Erläuterung gekommen: Je nachdem, ob sich dort Menschen aufhal­ten werden oder nur Pferde, sind die Bahnschwellen von der Pferdekoppel zu entsor­gen. Ich weiß nicht, sind Pferde überhaupt nicht anfällig gegen Kreosot? Gilt das nur für Menschen, gilt das nur für Kinder? Warum ist es gefährlicher Abfall? Ich denke, dass man diese Bahnschwellen einfach allgemein entsorgen und nicht so lange drum herum reden sollte.

Es wäre auch kein Fehler – natürlich ist es nicht leicht, so etwas anzuordnen, wenn bis vor kurzer Zeit die ÖBB Bahnschwellen noch offiziell verkauft und damit entsorgt hat und wenn die Leute, die sie im guten Glauben gekauft und dann irgendwo verwendet haben, jetzt darauf sitzen – und es wäre auch möglich, eine Verpflichtung für die ÖBB zu schaffen, die Bahnschwellen zurückzunehmen. Man könnte ja auch eine positive Lösung anstreben. Wie gesagt, die Lösung, dass man sie an ein paar Orten liegen lässt und an ein paar wegräumt, ist sicher keine gute Lösung.

Aber der Hauptkritikpunkt an diesem Gesetz ist das IG-L. Die europäische Richtlinie besagt, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die gemäß Artikel 7 beurteilten PM10-Konzentrationen der Luft die Grenzwerte des Anhanges 3 ab den dort genannten Zeitpunkten nicht überschreiten ... (Die Rednerin stockt, weil jemand mit dem Minister spricht. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) Nein, nein, Sie können sich das gern noch fertig ausmachen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ich höre zu!) Vielleicht können Sie wiederholen, was ich gesagt habe. (Hei­terkeit bei den Grünen.)

Also die EU-Richtlinie sagt aus, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die PM10-Konzentrationen nicht zu überschreiten. Seit 2003 wissen wir, dass der Landeshaupt­mann dafür zuständig ist. In Niederösterreich hat sich der Landeshauptmann so weit dafür zuständig gefühlt, dass der Maßnahmenkatalog bis jetzt noch nicht offiziell vor­handen ist, das heißt, es hat ziemlich lange gedauert. (Bundesrätin Diesner-Wais – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Da ist er!) Es gab vor kurzem einen Entwurf des Maßnahmenkataloges. Auf der Homepage war gestern noch nichts davon zu lesen. Ich weiß nicht, vielleicht gibt es den Maßnahmenkatalog nur ÖVP-intern. Meines Wissens ist es ein Entwurf, der noch nirgends beschlossen ist.

Aber selbst, wenn er jetzt schon vorliegen sollte ... (Bundesrätin Diesner-Wais: Heute war es schon in den Medien!) Ich habe schon gehört, dass es einen Entwurf gibt. (Bun­desrätin Diesner-Wais: Da war heute im „Kurier“!) – Ich bin ja nicht so wie Herr Minis­ter Bartenstein, dass ich im Auto sitze und den „Standard“ lesen kann, ich komme ja mit den Öffentlichen hierher. (Bundesrätin Diesner-Wais: Da kann man auch „Stan-


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dard“ lesen!) Selbst wenn es heute in den Medien ist, bis gestern war er noch nicht da, bis gestern war es ein Entwurf, heute ist es offenbar schon beschlossene Sache.

Aber selbst wenn dieser Maßnahmenkatalog heute schon beschlossene Sache ist, so wäre er dennoch schon längst fällig gewesen, denn an und für sich hätte er 21 Monate nach der Überschreitung vorhanden und beschlossen sein müssen. Also letztendlich ist der Herr Landeshauptmann auch in Niederösterreich säumig. Er war es auch schon beim Statusbericht.

Sie haben das Gesetzt jetzt so geändert, dass der Herr Landeshauptmann nicht ein­mal, selbst wenn er unbedingt wollte, seinen Verpflichtungen so leicht nachkommen kann, denn, wie schon erwähnt, muss er im Bereich Verkehr jetzt den Herrn Verkehrs­minister fragen, ob eine Temporeduktion auch gut und genehm ist. Er muss das Einverständnis mit dem Herrn Verkehrsminister herstellen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wo?) Na bezüglich der Autobahnen und Schnellstraßen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Okay! Gut!) Aber Verkehrsbeschränkungen oder Temporeduzierungen wird es vor allem dort geben müssen, denn in der Tempo-30-Zone wird man wahr­scheinlich Tempomaßnahmen nicht so gut setzen können.

Auf jeden Fall muss er bei den Autobahnen und Schnellstraßen – wollen wir ganz ge­nau bei der Sache bleiben – mit dem Verkehrsminister Rücksprache halten. (Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll schüttelt den Kopf.) – Doch, denn der Verkehrsminister muss da zustimmen, und zwar ein Verkehrsminister, der momentan offenbar in erster Linie Blaulicht und 160 Stundenkilometer im Kopf hat (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Er kriegt nur orange!) und wenig mit dem Wort „Feinstaub“ anzufangen weiß.

Ich habe irgendwo gehört, dass Sie einmal gesagt haben, Sie werden sich gegen die 160 km/h auf der Autobahn zur Wehr setzen, aber darüber hinaus habe ich nichts ver­nommen, und meines Wissens wird es jetzt umgesetzt. Also haben Sie sich offen­sichtlich nicht ausreichend genug zur Wehr gesetzt. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wo?) – In Kärnten, meines Wissens, auf der 15 Kilometer Teststrecke. Und jetzt ist es in Niederösterreich ebenfalls schon im Gespräch. (Bundesrat Konecny: Die Bür­germeister schicken Ihnen eine Einladung zur Demo! Sie können ein Transparent tragen! – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) – Ja, aber warum wirken Sie nicht besänftigend und beruhigend auf ihn ein? Haben Sie keinen Einfluss auf Ihren Herrn Regierungskollegen? Das ist leider sehr traurig.

Die Maßnahme wird nämlich sehr wohl Einfluss auf die Umwelt haben. Oder wollen Sie das jetzt wieder bestreiten? Ich meine, wenn ich 160 auf der Autobahn erlaube, dann wird das einfach einen erhöhten Feinstaubausstoß mit sich bringen. Da kann man sagen, was man will! (Bundesrat Mayer: Informieren Sie sich besser!) Was heißt, ich soll mich informieren? Er hat gesagt, er werde sich dagegen wehren. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das werde ich auch!) Ja, vielleicht nehmen Sie ein Transparent. Ich bringe Ihnen das nächste Mal eines mit. (Bundesrat Schennach: Der Herr Minister hat gesagt, er wird bei der Demo mittun!)

Ein zweiter Bereich, bei dem der Herr Landeshauptmann leider nicht sehr viel tun kann, sind die Vorgaben für die erlaubten Emissionen von diversen Anlagen, Industrie­anlagen, Gewerbeanlagen. Diese Emissionen handelt mehr oder weniger der Wirt­schaftsminister aus. Da kann auch der Herr Landeshauptmann oder die Frau Landes­hauptfrau nicht sehr viel tun.

Bisher ist im IG-L zumindest noch gestanden, dass die Einhaltung der Grenzwerte an­zustreben ist. Diese Formulierung fällt jetzt und wird ersetzt durch die schwammige Regelung, dass Neuanlagen keinen relevanten Beitrag leisten dürfen. Wer jemals schon bei einer Straßen-UVP dabei war, der weiß, dass „relevant“ üblicherweise etwas mit 3 Prozent zu tun hat. In diesem Fall ist es nicht einmal so genau definiert, in diesem


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Fall wird die Relevanz von den Behörden direkt festgelegt. Also was ist jetzt relevant? Wenn ich zehn Anlagen mit 3 Prozent zusätzlicher Überschreitung habe, sind das auch 30 Prozent! Und gerade beim PM10 haben wir das Problem, dass es sehr viele Emittenten gibt und eben die Summe all dieser Dinge die schädlichen Auswirkungen mit sich bringt.

Was in den Statusberichten und auch im IG-L leider immer wieder untergeht: Es ist die Rede vom Feinstaubimport. Ich gehe davon aus, dass es auch einen ziemlich hohen Feinstaubexport gibt. Ich weiß nur, in Niederösterreich hat man sich um den Export unserer Feinstäube überhaupt keine Gedanken gemacht. (Bundesrat Mag. Himmer: „Feinstäube“?) Ja, die Feinstäube, die wir exportieren. Es gibt Vorläufersubstanzen für Feinstaub, und die schlagen sich dann irgendwo anders als im Feinstaub nieder. Es ist im Statusbericht von Niederösterreich die Rede davon, dass wir 50 Prozent der Fein­stäube importieren, und zwar wahrscheinlich aus Rumänien und Bulgarien und von sonst irgendwo her, also wir sind selbst nicht dafür zuständig. Aber exportieren tun wir offenbar nichts. Jedenfalls kümmern wir uns nicht darum.

Kurzum: Der Landeshauptmann ist zuständig für die Umsetzung dieses Gesetzes. Er kann aber eigentlich nichts tun oder kaum etwas tun ohne das Einverständnis des Verkehrsministers oder des Wirtschaftsministers. Den Umweltminister braucht er nicht zu fragen, der hat damit offenbar überhaupt nichts mehr zu tun. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll schlägt die Hände zusammen.)

Noch einmal: Die EU-Richtlinie sagt nicht, dass die Grenzwerte eingehalten werden sollen, wenn sie können oder wenn möglich oder irgendwie und vielleicht, sondern die Richtlinie sagt, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die Grenzwerte nicht überschritten werden! Das heißt, es ist schon eine erhebliche Verpflichtung, und in Wirklichkeit muss man vorbeugend handeln und nicht erst, wenn die Grenzwerte schon überschritten sind und da noch zwei Jahre später. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Sie als Umweltminister sagen mit diesem Gesetz, die Landeshauptleute sollen etwas tun, wenn die Grenzwerte überschritten werden, spätestens 24 Monate nachher – es halten sich auch nicht immer alle daran –, wenn der Verkehrsminister und der Wirt­schaftsminister damit einverstanden sind. Sie sollen ihre Pläne veröffentlichen, und dann gibt es vielleicht sogar noch eine strategische Umweltprüfung dafür.

Prinzipiell ist es ja löblich, wenn es wo eine strategische Umweltprüfung gibt, es wäre aber sinnvoll, diese zu machen bei Dingen, die die Umwelt belasten und nicht bei Din­gen, die die Umwelt entlasten sollen. Wenn Sie mir jetzt sagen, Sie wollen eine SUP für den Generalverkehrsplan, dann bin ich glücklich und applaudiere, denn dann wür­den Sie endlich einmal die Umweltauswirkungen des milliardenschweren Autobahn­ausbauprojekts in Niederösterreich im Vergleich zum öffentlichen Verkehr prüfen. Aber jetzt zu sagen, die Pläne der Landeshauptleute müssen strategisch auf ihre Umwelt­verträglichkeit geprüft werden, das finde ich doch ein bisschen spaßig. Ich hoffe, wir machen noch andere, sinnvollere Umweltprüfungen.

Beim IG-L sind Sie ja als Umweltminister in dem gesamten Ablauf, der da jetzt noch kommt, offenbar unsichtbar. Sie machen jetzt ein Gesetz, das die Landeshauptleute in Wirklichkeit so nicht umsetzen können, weil sie in vielen Bereichen einfach nicht zu­ständig sind. Und wenn die Landeshauptleute säumig sind, so wie in Wien und Nieder­österreich, dann gibt es dazu nur lautes Schweigen.

Ich würde mir von Ihnen wünschen – wenn wir schon beim Wunschkatalog sind –, dass Sie dieses IG-L neu schreiben, dass Sie die Stellen für die Umsetzung verantwortlich machen, die in diesen Bereichen auch handeln können, und dass Sie die Landes-


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hauptleute vor der Erstellung von Wunschlisten bewahren, die nicht einmal zu Weih­nachten erfüllt werden.

Bei diesem IG-L geht es nämlich um unsere Gesundheit, um die Gesundheit unserer Kinder, es geht nicht nur im die ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sie sind also dage­gen?) – Ja, weil Sie mit dieser Gesetzesänderung die Vorgaben eigentlich mehr oder weniger noch schwammiger gestalten, als sie vorher waren. Die Landeshauptleute können noch weniger machen als vorher. Deshalb gibt es auch die Einsprüche und die Stellungnahmen, die im Nachhinein noch einmal abgegeben wurden.

Es geht um die Gesundheit, es geht um die Gesundheit unserer Kinder, und wenn man da nur erlaubt, dass Wunschlisten erstellt werden und keiner an die Umsetzung dieser Wunschlisten denkt, weil sich keiner dafür zuständig fühlt, dann ist das keine sinnvolle Maßnahme und dann ist das kein sinnvolles Gesetz.

Wir brauchen vorbeugende Maßnahmen, wir brauchen das so, wie die EU-Richtlinie das für Feinstäube, Arsen, Cadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aroma­tische Kohlenwasserstoffe vorsieht: vorbeugende Maßnahmen, nicht immer erst dann Maßnahmen, wenn der Grenzwert überschritten ist.

Wir brauchen Messungen auch für die PM2,5, denn die stehen eigentlich nirgendwo drinnen. Es wird zwar schon erwähnt, dass es sie gibt, aber dass sie gemessen wer­den sollen und mit welchem Programm steht nirgendwo.

Und wir brauchen einen Umweltminister, der diese Gefahren ernst nimmt – das würde ich mir sehr wünschen –, einen, der Verantwortung übernimmt und sich nicht aus dem Staub macht, nachdem er ein Gesetz geschrieben hat, mit dessen Umsetzung er eigentlich nichts mehr zu tun hat. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.53


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Professor Konecny. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.53.42

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! (Bundesrat Bieringer betritt gerade den Saal.) Lieber Kol­lege Bieringer, zu dir möchte ich dann auch ein paar Worte sagen, aber das nur als Vorankündigung, damit du dich niedersetzt. Ich will dich nur im Saal festhalten, den du heute nicht so besonders schätzt.

Wir haben es mit einer Gesetzesnovelle zu tun – ich sage das noch einmal präzisie­rend und festhaltend –, in der zweifellos zu anderen Materien eine Reihe von Maßnah­men, Veränderungen vorgeschlagen werden, denen wir zustimmen können und wollen. Aber in einer ganz zentralen Kernfrage, die jetzt natürlich die Umweltpolitik betrifft, die aber darüber hinaus auch – und da ist wieder einmal der Bundesrat aufgerufen – die föderalistische Struktur unseres Landes betrifft, haben wir gemeinsam mit den Bundes­ländern schwerwiegendste Bedenken, und wir wollen diese Bedenken mit unserem Einspruch dem Nationalrat, der eine Letztentscheidung zu treffen hat, nochmals vortra­gen.

Ich habe das Argument der Frau Kollegin Diesner-Wais nicht wirklich verstanden, wie­so Geschwindigkeitsbeschränkungen, in einem Land verhängt, die Umweltsituation eines anderen Bundeslandes verschlechtern sollen. Nehmen Sie an, Frau Kollegin, dass die Autofahrer einen großräumigen Durchschnitt fahren, und wenn sie dort lang­samer fahren müssen, fahren sie nebenan schneller? Das habe ich nicht nachvollzie­hen können.


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Wahr ist, dass im dicht verbauten Gebiet besondere Bedingungen herrschen, einfach auf Grund der Verkehrsdichte. Wahr ist, dass die Länder die ganz spezifischen Bedin­gungen und natürlich die örtlichen Verhältnisse am besten kennend auch im Bereich der Bundesstraßen Maßnahmen beschließen konnten und können, aber dass sie nun, weil sie ja offenbar verantwortungslos, unfähig oder sonst irgendwas sind, den Ober­lehrer Verkehrsminister brauchen, der nach drei Monaten sagt: Danke, setzen, Nicht genügend!, und die Maßnahme wieder aufheben kann.

Das ist mit Sicherheit keine gute föderalistische Lösung, und jenseits der Sachargu­mente war aus den Bundesländern selbstverständlich auch zu hören, dass sie diese Umgangsweise nicht besonders schätzen. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass es natürlich ein besonderes Kuriosum ist, solche Beschränkungen – aber das Problem wird sich ja bald lösen – von einem Verkehrsminister kontrollieren zu lassen, der überhaupt über die Straßen zu brettern beabsichtigt, individuell mit Blaulicht und kollektiv zumindest auf Versuchsstrecken in Kärnten und, wenn es geht, auf vielen, vielen Autobahnabschnitten mit 160 Stundenkilometern.

Da gebe ich schon zu, dass da wirklich eine geistige Verschiedenheit besteht zwischen den Vertretern des Umweltschutzes und den Ländern und dem Herrn Vizekanzler, aber wie gesagt ich halte das für ein abwartbares Problem. Was ich nicht für ein abwartba­res Problem halte, ist die Tatsache, dass diese Zensorenhaltung gegenüber den Bun­desländern einer bundesstaatlichen Rechtsordnung einfach nicht angemessen ist.

Es wird also ganz offensichtlich, meine Damen und Herren von der ÖVP und den Sie unterstützenden Bundesräten, ein Einspruch werden, und es wird langsam Zeit, Kol­lege Bieringer, dass du dich daran gewöhnst, dass diese Möglichkeit des Bundesrates nicht nur im theoretischen Unterricht für Besuchergruppen vorkommt, sondern auch in der alltäglichen Praxis unseres Hauses. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bun­desrat Bieringer: Verzögerungstaktik ist das und sonst gar nichts!) Kollege Bieringer, ich bin sofort dabei, gemeinsam mit dir einen weiteren entsprechenden Verfassungsän­derungsantrag an den Nationalrat zu richten, dass wir in bestimmten Fällen nicht ver­zögern, sondern tatsächlich ablehnen können. Also bitte, wenn das ein entsprechender Vorschlag war. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Vor zwei Jahren habt ihr das noch anders gesehen! Wieso?) Es gibt ja viele Fälle, wo ich mit dem Verzögern gar nicht zufrieden bin, sondern mir sehr wünschen würde, eine Enderledigung im Bun­desrat beschließen zu können. Aber der Kollege Bieringer hat offenbar einen neuen Tagesordnungspunkt „Allfälliges“ bei jeder Bundesratssitzung erfunden, daher hat er auch heute wieder seine Aufregung über die Blockadepolitik – ach, wie böse! – der SPÖ, der jedes Mittel recht ist, absondern müssen.

Nun, damit können wir naturgemäß leben, ich finde es allerdings merkwürdig, dass der Vertreter einer Partei, die den wahrhaft mörderischen Slogan „Speed kills“ in die Politik eingeführt hat, mit der Langsamkeit, die wir jetzt einführen, ein so großes Problem hat. Die killt nämlich nicht, aber sie regt etwas an, was wir uns von dieser Regierung ohne­hin wünschen würden: nachzudenken, bevor man handelt, und, Kollege Bieringer, nachzudenken, bevor man redet. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.00


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker.

 


12.00.00

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Was wir hier vorliegen haben, ist ein Gesetzentwurf, der auf Grund seiner Tragweite und seiner absoluten Problematik


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heute der einzige ist, der hier beeinsprucht wird. Da sehen wir, wie dramatisch diese Materie tatsächlich ist. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Herr Minister! Es ist wirklich sehr zu bedauern, dass Sie Ihr Vetorecht im Ministerrat nicht genutzt haben. Wobei Sie ja über die Medien haben verbreiten lassen, Sie seien dagegen, dass es tatsächlich möglich ist, 160 zu fahren. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wo hätte ich das Vetorecht anbringen sollen? Sagen Sie mir ...! – Bundesrat Schennach: Die Kompetenz! Sie wären der zuständige Minister! – Bundesrat Ko­necny: Ist das nicht Ihre Vorlage?) Sie werden das ja in dieser Form dann weiter aus­führen können. (Bundesrat Schennach: Das ist Ihre Vorlage, und ein anderer ent­scheidet darüber! Da stimmt doch etwas nicht, oder? Das ist Ihre Vorlage! – Bundesmi­nister Dipl.-Ing. Pröll: Haben Sie das jemals gelesen? – Bundesrat Konecny: Ja!) Das ist ein spannender Diskurs, den wir ja weiter fortsetzen können. (Bundesrat Schenn­ach: Ach so, das ist jetzt ...! – Heiterkeit.) Es ist absolut okay, deswegen sind wir auch da.

Dieses Gesetz, das hier vorliegt und das sich Gorbach wünscht, um flott voranzukom­men, ist etwas, das in zahlreichen Stellungnahmen aus den Umweltrechtsabteilungen der Länder absolut abgelehnt worden ist. Zu diesem Punkt möchte ich die oberösterrei­chische Umweltrechtsabteilung zitieren, die in ihren Ausführungen über das hier vorlie­gende Umweltrechtsanpassungsgesetz Folgendes sagt: Diese Neuregelung ist unserer Auffassung nach gesetzwidrig, verfassungswidrig und EU-widrig. – Also alles Punkte, die erfahrene Juristinnen, erfahrene Juristen hier ausführen! Und dennoch gelangt die­ses Gesetz durch den Nationalrat bis zum Bundesrat, sodass es heute wieder disku­tiert werden kann.

Was gibt es zur Gesetzwidrigkeit zu sagen? – De facto ist es so, dass das BMVIT nicht die Zuständigkeit hat, die es sich jetzt herausnimmt. Insofern wird das eben als gesetz­widrig bezeichnet. (Bundesrat Schennach: Das habe ich vorhin gemeint!)

Das Nächste ist – auch in Bezug auf die Verfassungswidrigkeit –, die Umweltrechts­abteilung Oberösterreich merkt an, dass durch diese Vorlage tatsächlich die Länder­kompetenzen beschnitten werden. Jetzt müsste es doch hier im Bundesrat – Thema Föderalismus – ein großes Anliegen sein, genau so etwas zu verhindern, was mit die­ser Gesetzesmaterie tatsächlich gemacht werden soll, nämlich die Länder der Willkür eines Ministers auszusetzen.

Die verschiedenen Bereiche, die sich jetzt das BMVIT in Bezug auf die Luftreinhaltung und die Verstärkung von Luftreinhalteaspekten herausnimmt, das ist in dieser Form ge­nauso verfassungswidrig und wird aller Wahrscheinlichkeit nach über kurz oder lang so oder so in diesem Gremium beeinsprucht, wieder hier landen und, so hoffen wir, eine Verbesserung erfahren. Genauso ist es auch mit der EU-Rechtswidrigkeit. De facto ist es so, dass der Verkehrsminister in dieser Form keine weitergehenden Rechte hat, sich diese aber hier tatsächlich herausnimmt. (Beifall bei den Grünen.)

Summa summarum haben wir auch im Hinblick auf das Prinzip der Reinhaltung der Luft, nämlich dass das im Vergleich zur Fahrgeschwindigkeit ein höherwertiges Rechtsgut ist, eine Materie, der mit dieser Gesetzesvorlage absolut widersprochen wird.

Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Kol­legen aus Oberösterreich von der ÖVP! Wenn dies selbst die oberösterreichische Um­weltrechtsabteilung in dieser Form absolut kritisiert, es auch als fahrlässig bezeichnet und insbesondere die Bemühungen der Länder um Luftreinhaltung und Schutz der Um­welt konterkariert sieht, dann müsste es doch eine Selbstverständlichkeit sein, hier die­ses Gesetz mit zu beeinspruchen. Werte Kolleginnen und Kollegen! In diesem Sinne


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freuen sich natürlich die SPÖ und die Grünen, wenn Sie sich unserem Einspruch in dieser Form anschließen. (Bundesrat Bieringer: Christkind kommt am Samstag!)

Und weil Kollegin Diesner-Wais den Vergleich mit den Autobahnen in Wien, Nieder­österreich und überhaupt gezogen hat (Bundesrat Bieringer: Christkind kommt am Samstag!): Sei froh, dass du im Waldviertel keine Autobahnen in dieser Form hast! – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Der Kollege Tiefnig ...!)

12.05


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Weiss. – Bitte.

 


12.05.07

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meiner Kollegin Ruperta Lichtenecker mache ich im Allgemeinen gerne eine Freude, im besonderen Fall aber nicht. (Heiterkeit.)

In dem Spannungsverhältnis zwischen Vorgaben der EU, dem umweltpolitisch Wün­schenswerten, dem wirtschaftspolitisch Verkraftbaren und dem in der Praxis Durchführ­baren kann wohl jede Lösung eines noch dazu grenzüberschreitenden Problems nur ein Kompromiss sein. Er wird umso tragfähiger sein, je breiter die Grundlage nationaler und europaweiter Maßnahmen ist. Notwendig ist vor allem ein europäischer Gleich­klang, beispielsweise hinsichtlich strengerer Auflagen für Autohersteller. Ohne deut­liche abgastechnische Verbesserung der Fahrzeuge wird hier alles lokale und regio­nale Bemühen Flickwerk bleiben müssen.

In diesem Sinne hat die Landeshauptleutekonferenz am 25. Mai dieses Jahres darauf hingewiesen, dass einzelne Ländermaßnahmen lediglich dazu dienen können, den meist geringen lokalen Anteil an Feinstaubemissionen zu reduzieren, und nicht darüber hinwegtäuschen können, dass zu einer Lösung des Problems nationale Anstrengungen notwendig sind. – So weit die Landeshauptleute.

Weil ein Kompromiss naturgemäß nicht alle Erwartungen zur Gänze erfüllen kann, ist er mit der Versuchung verbunden, damit eine Ablehnung zu begründen. Diese Ableh­nung ist vergleichbar damit, dass jemand eine notwendige Reise deshalb überhaupt nicht mehr antreten will, weil ihm eine einzelne Tagesetappe nicht weit genug reicht. Auch die Ablehnung der notwendigen EU-Rechtsanpassung wird damit begründet, dass sie in einzelnen Punkten angeblich zu wenig weit gehe.

Das Land Vorarlberg hat im Begutachtungsverfahren zum ersten Entwurf kritisch Stel­lung genommen, einen verfassungsrechtlichen Einwand geltend gemacht und Ver­handlungen nach dem Konsultationsmechanismus verlangt. Dem wurde in der Regie­rungsvorlage so weitgehend Rechnung getragen, dass die ursprünglichen Einwände nicht mehr maßgeblich sind und auch das Konsultationsverlangen nicht aufrechterhal­ten wurde. – So weit zu dem vorgebrachten Punkt, dass man Einwände der Länder nicht ernst genommen habe. Unsere hat man in dieser Hinsicht ernst genommen.

Wenn der Umweltreferent des Landes an einer kritischen, aber keineswegs explizit ab­lehnenden Stellungnahme der Umweltreferentenkonferenz mitgewirkt hat, dann in erster Linie deshalb, weil er einer Übererfüllung der EU-Vorgaben kritisch gegenüber­steht. So werden wir beispielsweise höhere Grenzwerte als Deutschland haben. In zweiter Hinsicht bezieht sich seine Kritik darauf, dass der Bund den Ländern auf der einen Seite Verkehrsbeschränkungen nahe legt und der Vizekanzler auf der anderen Seite Gas geben will. Aber auch diese Unzufriedenheit ist für ihn kein Grund, ein Ge­setz abzulehnen, das Tempo 160 gar nicht zum Inhalt hat.


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Ein maßgeblicher Punkt der Einspruchsbegründung ist der Hinweis auf die Notwendig­keit, für mehr als drei Monate dauernde Verkehrsbeschränkungen auf Autobahnen und Schnellstraßen die Zustimmung des Verkehrsministers einholen zu müssen, womit in die – unter Anführungszeichen – „Vollzugshoheit“ der Landeshauptleute eingegriffen werde. Gelegentlich – auch hier in dieser Debatte – hört man auch den Hinweis, es werde damit in Länderrechte eingegriffen.

Abgesehen davon, dass im Gesetz von keinem förmlichen Zustimmungsverfahren (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: So ist es!), sondern lediglich von herzustellendem Einvernehmen die Rede ist – was auch formlos, allenfalls durch Stillschweigen, erfol­gen kann –, ist Folgendes wesentlich: Beim Immissionsschutzgesetz-Luft handelt es sich gar nicht um eine Länderzuständigkeit, für die Gesetzgebung und die Vollziehung ist ganz eindeutig der Bund zuständig. Das ist in den Kompetenzartikeln unserer Bun­desverfassung nachzulesen.

Entsprechend der hier anzuwendenden mittelbaren Bundesverwaltung wird der im Ge­setz häufig genannte Landeshauptmann beziehungsweise die Landeshauptfrau nicht als Organ des Landes, sondern als Organ des Bundes tätig. Er hat im Rahmen des ihm eingeräumten freien Ermessens auch keineswegs eine Vollzugshoheit, wie Sie an­genommen haben, weil er dem Weisungsrecht des Bundes unterliegt. Die politische und rechtliche Letztverantwortung liegt also auch in der Vollziehung ganz eindeutig beim Bund.

Eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf einer Autobahn nach drei Monaten wieder zu­rückzunehmen, konnte der Bund schon bisher mit einer Weisung durchsetzen, und er kann das weiterhin tun. Neu und nun wirklich nicht ganz spannungsfrei ist lediglich, dass neben dem Umweltminister nun auch der Verkehrsminister faktisch eine gewisse Einflussnahme erhält, was, aller Arabesken entkleidet, darauf hinausläuft, dass der weisungsberechtigte Umweltminister und der zu konsultierende Verkehrsminister einen gemeinsamen Nenner vertreten sollten und wohl auch werden vertreten müssen.

Ein wesentliches Anliegen der Umweltreferentenkonferenz vom 25. November war die Rechtssicherheit für die bisher gesetzten Maßnahmen. Sie dürften, so die Umweltrefe­renten, durch die Novellierung des IG-Luft nicht beeinträchtigt oder gar außer Kraft ge­setzt werden. Diesem Anliegen ist, wie auch im Ausschuss deutlich wurde, Rechnung getragen worden. In § 9 Abs. 9 ist eindeutig festgelegt, dass für frühere Grenzwert­überschreitungen die bisherigen Regelungen weiter anzuwenden sind.

Für die Vertagung des Gesetzesbeschlusses über die „Familie & Beruf Manage­ment GmbH“ war geltend gemacht worden, man wolle das unterlassene Begutach­tungsverfahren nachholen, und der Ausschuss hat dazu auch die Einholung von Stel­lungnahmen der Länder beschlossen. Solche Stellungnahmen wurden auch diesmal eingeholt, allerdings nicht vom Ausschuss, sondern von den Fraktionsvorsitzenden der SPÖ und der Grünen. Die Rückantwort war auch nicht an die Bundesratskanzlei, son­dern an einzelne Klubmitarbeiter erbeten. Daher kennen wir diese Stellungnahmen gar nicht, was schade ist, weil ich mich mit dem Einwand der Umweltrechtsabteilung des Landes Oberösterreich gerne fundiert auseinander gesetzt hätte.

Das ist eine neue, durchaus merkwürdige Vorgangsweise. Sie erweckt auch bei vielen Empfängern dieser Briefe den Eindruck, es handle sich nicht um ein der Sache ver­pflichtetes Begutachtungsverfahren, sondern um eine parteipolitisch motivierte Suche nach Argumenten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) In der Einspruchsbegründung können bemerkenswerterweise auch nur Stellungnahmen von drei Ländern angeführt werden. Es wäre gut, die Sorge auszuräumen, dass sich zwei Fraktionen durch eine solche Vorgangsweise gleichsam selbst zum Bundesrat erklären wollten. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)


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Diese Sorge wird noch an einem zweiten Beispiel deutlich. Wir haben, wie auch im Na­tionalrat und bei uns bisher üblich, einen langfristigen Sitzungskalender vereinbart, der bisher völlig unbeeinsprucht blieb. In der letzten Präsidialkonferenz am vergangenen Montag hat der Fraktionsvorsitzende der SPÖ angeregt, wegen des Überhanges offe­ner Beratungspunkte der Präsidialkonferenz im Jänner zu einem noch zu vereinba­renden Termin eine außerordentliche Sitzung der Präsidialkonferenz abzuhalten. (Bun­desrat Konecny: Nein! Eine Präsidialkonferenz habe ich angeregt!) Ja, ich gehe gleich darauf ein.

Der Bundesrats-Sitzungstermin 9. Februar wurde dabei nicht in Frage gestellt, von einer zwischenzeitlichen Sitzung war keine Rede. Gestern lese ich in der APA: „Schul­paket wird auf Sitzung im Jänner vertagt“; gemeint ist der Bundesrat. Nach der Ver­tagung von insgesamt elf Beratungspunkten in den Ausschussberatungen hat das durchaus eine gewisse Terminlogik, weil sonst bei allen diesen Gesetzen, die Sie ja potenziell beeinspruchen wollen, vor der nächsten regulären Sitzung im Februar die Einspruchsfrist ablaufen würde. Ich bin – nebenbei bemerkt – gespannt, wie Sie das im Sommer machen werden. Eine andere, keineswegs unlogische Möglichkeit wäre natür­lich auch, Einsprüche ohne vorangegangene Vertagung zu beschließen.

Heute haben wir, sozusagen als Bekräftigung der APA-Aussendung von gestern, zahl­reiche Fristsetzungsanträge mit dem Termin 24. Jänner bekommen, was wohl keinen anderen Schluss zulässt, als dass an diesem oder am nächsten Tag eine Bundesrats­sitzung stattfinden soll. Wie auch immer: Neue Sitzungstermine nicht in der dafür vor­gesehenen Präsidialkonferenz zu besprechen, sondern über die Medien mitzuteilen lässt für das Zusammenwirken im Bundesrat unter den neuen Mehrheitsverhältnissen nichts Gutes erwarten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszuge­hörigkeit.)

Ob – wie angekündigt – die neue Situation für die Länder etwas Gutes haben wird, steht zunächst einmal auf dem Prüfstand. Bei den bisherigen Einsprüchen, zahlreichen Vertagungen und bloßer Verzögerung durch achtwöchiges Schweigen war die födera­listische Ausbeute bislang jedenfalls gering.

Für diese Widersprüchlichkeit ein weiteres aktuelles Beispiel: Das Grundsatzgesetz über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte wurde von Ihnen im Land­wirtschaftsausschuss am 29. November vertagt. In der Bundesratssitzung am 1. De­zember wurde dann eine Fristsetzung für den Ausschuss mit 20. Dezember beschlos­sen. Der Wunsch, einen Ausschussbericht zu erhalten, der eigentlich hinter dem Frist­setzungsantrag stehen sollte, war dann aber nicht besonders ausgeprägt.

Am Montag haben Sie jedenfalls im Ausschuss einfach Übergang zur Tagesordnung beschlossen, wodurch es keinen Ausschussbericht für das heutige Plenum gibt und daher auch keine Diskussion und keine Beschlussfassung geben kann. Das Gesetz kann nach Ablauf der acht Wochen kundgemacht werden. Und das alles, ohne einen einzigen Grund gehört zu haben, ob und warum dieses Gesetz aus Ländersicht zu ver­zögern oder abzulehnen gewesen wäre! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Bundes­rat Bieringer: So ist es!) Und das alles auch ohne die Möglichkeit, den Gesetzesbe­schluss hier im Plenum diskutieren zu können.

Gleiches gilt für zwei weitere Gesetzesbeschlüsse, bei denen am Montag im Aus­schuss Übergang zur Tagesordnung beschlossen wurde.

Sie kritisieren im Nationalrat Diskussionsverweigerung durch die Mehrheit, beginnen mit Ihrer Mehrheit im Bundesrat aber nichts anderes! (Bundesrat Dr. Kühnel: So ist es! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es braucht eben offenbar noch eine gewisse Zeit, von der Oppositionsrolle in die Rolle einer Länderkammer zu schlüpfen. Die ersten Gehversuche waren jedenfalls nicht sehr ermutigend, und es ist zu befürchten,


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dass das noch lange Zeit so andauern wird. (Bundesrat Konecny: Ja, solange wir die Regierung haben, sicher!) Schade um eine gute Gelegenheit! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

12.18


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Pröll. – Sie haben das Wort.

 


12.18.07

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Damen und Herren Abgeordnete zum Bundesrat! Nach diesen Ausfüh­rungen von Jürgen Weiss habe ich nicht mehr allzu viel hinzuzufügen. Er war der Einzige, der zu den Themen des Umweltrechtsanpassungsgesetzes, zu allen polemi­schen Ausführungen um IG-Luft aufgezeigt hat, wie die Rechtsordnung im System selbst ist. Ich werde auch noch einmal darauf eingehen. Lassen Sie mich aber den Bogen über das gesamte Umweltrechtsanpassungsgesetz spannen.

Wenn Sie heute Einzelteile aus dem Gesetz IG-Luft hier kritisieren, dann sagen es manche auch fairerweise dazu: Ja, es handelt sich beim Umweltrechtsanpassungsge­setz um ein Gesamtpaket mit verschiedenen Novellen. Abfallwirtschaftsgesetz: gut und richtig, angeführt auch von vielen in der Opposition. PKW-Verbraucherinformationsge­setz: Wir zeigen den Bürgern in Zukunft in den Verkaufsläden für PKWs auf, welche Emissionswerte die PKWs haben, auch mit modernen Methoden der Kommunikation.

Drittens: Emissionszertifikategesetz. Ich komme gerade von der Klimaschutzkonferenz in Montreal zurück, wo wir in der Staatengemeinschaft der UNO – auch mit den Amerikanern, mit den Chinesen und mit all jenen, die ganz entscheidend darüber be­stimmen werden, wie der Klimaschutz weitergeht – Überlegungen für die Periode nach Kyoto angestellt haben, wo der Emissionshandel in der Frage Kyoto aus europäischer Sicht von allen anderen Partnern als nachahmenswert empfohlen wird. Sie sagen heute auch, das Emissionszertifikategesetz ist durchaus ein Punkt, der positiv zu be­werten ist.

Dann kommt der vierte Punkt des Umweltrechtsanpassungsgesetzes, das Immissions­schutzgesetz-Luft. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie heute mit Ihrer Blockadepolitik konsequent fortfahren, zum Schaden der Umwelt in Österreich, zum Schaden der Gesundheit für die Menschen, weil Sie nicht in der Sache diskutieren (Bundesrätin Kerschbaum: Polemisch!), sondern weil Sie eine neue Aufstellung in den Mehrheits­verhältnissen zu einer Blockadepolitik für Österreich nutzen. Das ist nicht klug für die Umwelt, das ist nicht klug für die Gesundheit der Menschen in Österreich, und das soll man auch einmal ganz offen ansprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

Sie stimmen also nicht zu, obwohl es aus Ihrer Sicht mit drei zu eins einen Überhang an positiven Gesetzen gegenüber dem von Ihnen kritisierten Gesetz IG-Luft gibt. Las­sen Sie mich zum IG-Luft noch ... (Bundesrätin Kerschbaum: Dann machen Sie doch eines nach dem anderen!) Sie brauchen überhaupt nicht nervös zu werden. Ich habe nur festgestellt, dass Sie verhindern, dass wir den Feinstaub in Österreich reduzieren. Kein Grund, nervös zu werden! (Bundesrat Konecny: Nein! Eindeutig nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Wir arbeiten dafür, gehen Sie davon aus!

Gehen wir zu dem Thema über, das Sie als zentralen Kritikpunkt im Bereich der IG-L-Novelle angesprochen haben. Sehr geehrter Herr Bundesrat Einwallner, ich bitte Sie wirklich inständig – und alle jene, die bei Tempo 160 die Ziele des Herrn Verkehrs­ministers durchmischen mit der Frage einer Einvernehmensherstellung für eine Ge-


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schwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen und hochrangigen Straßen –: Beschäfti­gen Sie sich bitte, bevor Sie dazu Stellung nehmen, mit der Gesetzesmaterie! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist auf dieser Basis in Zukunft natürlich möglich, dass der Landeshauptmann Geschwindigkeitsbeschränkungen für drei Mo­nate ohne Einvernehmen mit irgendjemand erlassen kann. Wenn er zu der Auffas­sung kommt, dass diese drei Monate in der Frage der Feinstaubbelastung geholfen haben, kann er das ohne Einvernehmen natürlich wieder für drei Monate machen. Sie kennen auch ganz genau den jahreszeitlichen Verlauf der Feinstaubbelastung in Öster­reich. Wo ist also das Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren?

Zweiter Punkt: Selbst wenn er es länger erlassen will – auf hochrangigen Straßen, Autobahnen und Schnellstraßen –, dann steht nicht drin, dass der Verkehrsminister, wie richtig angeführt, beeinspruchen kann, sondern dass mit ihm Einvernehmen her­zustellen ist. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Und was ist dann?) Und das möchte ich sehen, mein sehr geehrten Damen und Herren! – Okay, ich weiß schon, dass Rudi Anschober in Oberösterreich sich offensichtlich nicht zutraut, mit dem Verkehrsminister darüber zu verhandeln (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Nein, nein, nein!), wie Ge­schwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen und hochrangigen Schnellstraßen ein­zuführen sind. Wenn er so gute Umweltpolitik macht, dann wird er doch ohneweiters mit Hubert Gorbach darüber übereinkommen, rund um Linz, wenn der Feinstaubwert überschritten ist, im Einvernehmen Geschwindigkeitsbeschränkungen herbeizuführen. Oder er traut sich das offensichtlich nicht zu, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist der Punkt! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Lichten­ecker.)

Dritter Punkt, um auch dem eine logische Kette zu geben, sehr geehrte Bundesrätin­nen und Bundesräte von der SPÖ: Ich habe mit Aufmerksamkeit verfolgt, dass Ulli Sima und Herr Bürgermeister Häupl in Wien 50 km/h flächendeckend einführen. Ja, sie können das, auf gesetzlicher Basis IG-Luft! Als dies aber dann öffentlich heiß geworden ist, hat sich die Frau Umweltstadträtin hingestellt und hat gesagt: Wir müs­sen das tun, das hat der Bund angeschafft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Bieringer: Hört, hört!) Das ist die Realität in der Auseinandersetzung. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Nein!) Lassen wir das doch dort, wo es ist! Wir müssen das auf Grund einer Bundesvorgabe umsetzen – dann, wenn es heiß wird, drückt man sich davor, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bundesrat Konecny: Das ist einfach eine Unwahrheit, und Sie wissen es!)

In diesem Sinne denke ich, mit der IG-Luft-Novelle im größeren Portfolio werden den Landeshauptleuten größere Maßnahmenpakete angeboten und die Möglichkeiten aus­geweitet. Neue Maßnahmenbündel müssen effizient und deutlich umgesetzt werden. Wir führen neue Zielwerte für Schwermetalle ein, wir führen – das haben auch manche angesprochen – im IG-Luft mehr Bürgernähe im Bereich der Luftreinhaltung ein. Wir haben im Verkehrsbereich ganz klare Maßnahmen ergriffen, die ich schon angeführt habe, alles Maßnahmen, die uns helfen, gemeinsam voranzukommen. Da berufe ich mich auch auf die Ergebnisse der Umweltlandesreferentenkonferenz, in der wir ein Maßnahmenpaket einstimmig verabschiedet haben. Das ist ein wichtiger Baustein – leider verschieben Sie es ja seitens der Opposition heute hier im Bundesrat; es wäre und ist dies ein wichtiger Baustein für die Gesundheit und für die Umwelt in Österreich.

Lassen Sie mich zu Tempo 160 noch eines sagen, weil manche offensichtlich eine selektive Wahrnehmung haben. (Bundesrat Konecny: In der Bundesregierung! Da haben Sie Recht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es gab keinen anderen in der österreichischen Bundesregierung, der zur Ablehnung der Einführung von 160 km/h flächendeckend so klar Stellung genommen hat wie der Umweltminister. Ich stehe da-


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zu (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen), und ich werde das auch vertre­ten. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, wieder eine Klar­stellung: Ich kann es nicht verhindern, dass der Verkehrsminister Teststrecken allein aus seiner Kompetenz heraus per Verordnung erlassen kann – ganz allein per Verord­nung erlassen kann! –, ich kann das mit keinem gesetzlichen Hebel hintanhalten. Wenn er es flächendeckend in Österreich einführen will, muss er die Straßenverkehrs­ordnung ändern, dann muss es in den Ministerrat, und da können Sie mit meiner Ab­lehnung rechnen. Das ist Politik! Sagen Sie die ganze Wahrheit der rechtlichen Aufstel­lung und der politischen Konsequenz! Das ist auch vorsorgende Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

12.25


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Schennach.

 


12.26.01

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich nehme nun aus der Debatte Folgendes zur Kennt­nis. Der Applaus der ÖVP-Fraktion ist ja sehr deutlich ausgefallen bei den Worten „Ich bin der Einzige in der Bundesregierung, der sich klar gegen 160 ausgesprochen hat“, das wurde von der gesamten Fraktion mit großem Applaus begrüßt. Ich nehme an, da­mit steht die ÖVP geschlossen hinter der massiven Kritik ihres Umweltministers an den Maßnahmen von Tempo 160, die der Herr Infrastrukturminister veranlasst hat. Ist das richtig, meine Damen und Herren von der ÖVP? (Nein-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nur so kann Ihr Applaus gewertet werden. Bitte teilen Sie das Ihrem Par­teivorsitzenden und Bundeskanzler auch dementsprechend mit. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

Er kann stolz darauf sein, dass die Bundesratsfraktion hier wie eine Person – denn man soll es nicht einschränken –, wie ein Mann und eine Frau hinter ihrem Umweltmi­nister steht. Mit dieser starken Allianz (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll), Herr Minister Pröll, werden Sie hier noch Weiteres in der Bundesregierung mit Sicherheit erreichen. Da bin ich mir sicher.

Zweitens: Ich bedauere, dass das Wording – wie es heute heißt –, das Kollege Bierin­ger vor wenigen Wochen ausgegeben hat, geradezu bazillusartig um sich greift, dass nun auch Vizepräsident Weiss sich dieser Worte bedient und der Bazillus offensichtlich so schnell ist, dass er sofort auch den Herrn Umweltminister erreicht hat. (Heiterkeit bei den Grünen.) Es ist dies der Bazillus des Wortes „Blockadepolitik“. (Bundesrat Bierin­ger: Was ist denn das?) Ich würde mir eines wünschen, liebe Kollegen von der ÖVP (Vizepräsidentin Haselbach: Und Kolleginnen!), liebe Kollegen und Kolleginnen von der ÖVP. – Danke, Frau Präsidentin, ich bin erschüttert, dass mir das passiert ist! (Hei­terkeit.) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Aber ich habe immerhin noch die Fähigkeit, eigene Fehler innerhalb eines einzigen Satzes einzusehen. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Nur ob sie jene Angesprochenen haben, die hier das Wording Bieringers von einer „Blockadepolitik“ verwenden, das wage ich zu bezweifeln. Nämlich dass Sie, liebe Damen und Herren von der ÖVP, sehen, dass die Mehrheit hier im Hause mit den Materien, die sie beeinspruchen könnte, in einer Weise sorgfältig um­geht (Bundesrat Bieringer: Sie haben nicht zugehört! – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer  Bundesrat Bieringer: Sie haben nicht zugehört, was Vizepräsident Weiss gesagt hat! Sie müssen zuhören ...!) und nun Herr Vizepräsident Weiss offen­sichtlich auch noch die Sehnsucht zum Ausdruck bringt (Bundesrat Bieringer: Zuhö­ren!), dass wir das Weide- und Waldnutzungsrecht beeinspruchen sollten, das wundert


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mich dann doch! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Sie müssen zuhören!)

Wir haben von den Gesetzesmaterien, bei denen es möglich wäre – auf Grund der Kri­tik, die im Nationalrat geübt wurde, auf Grund der Kritik, die auch in den Ausschüssen vorgebracht wurde –, nicht einmal die Hälfte beeinsprucht. Wir haben heute einen ein­zigen Einspruch, und dieser Einspruch betrifft eine Materie, Herr Bundesminister Pröll, die Sie vorgelegt haben. Ich weiß, das tut weh, aber es ist nun einmal so.

Nun zum Kollegen Weiss. Kollege Weiss hat gesagt, es haben der Kollege Schennach und der Kollege Konecny Briefe geschrieben, und die Länder haben geantwortet. Das hätte der Kollege Bieringer auch tun können! Wir haben uns auf Grund der Beschluss­fassung im Nationalrat und nach der Diskussion im Ausschuss noch einmal an die Länder gewandt; und zwar wollten wir noch einmal wissen: Was denken die Länder? – Bitte, wenn das zwei Fraktionsvorsitzende einer föderalen Kammer nicht tun dürfen, dann frage ich mich wirklich!

Lieber Kollege Weiss! Haben Sie die Briefe gelesen, die selbstverständlich auch Sie bekommen haben? – Da steht, dass die Bundesländer Burgenland, Oberösterreich und Wien nicht nur irgendwie auf etwas hingewiesen haben, sondern dass sie Protestno­ten geschickt haben, und zwar nicht an Herrn Kollegen Konecny und mich, sondern an die Verbindungsstelle der Bundesländer! Das ist ja etwas anderes, als wenn sie uns beiden Post zukommen lassen. Das sind Protestnoten, und diese Protestnoten wurden aufgrund der Beschlussfassung zum Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005 abge­schickt. Immerhin – Kollege Baier, Kollege Tiefnig, Kollege Kneifel! – ist das Land Oberösterreich auch unter denjenigen, die diese Protestnote abgeschickt haben.

Nun kommen wir doch näher zum Kern dieser Protestnote der Länder. Hier wird fest­gehalten, es ist eine Protestnote mehrerer Bundesländer ... (Bundesrat Bieringer: Welcher?) – Ich habe sie gerade vorgelesen. (Bundesrat Bieringer: Wir kennen nicht deine! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich habe jetzt nicht alle Stellungnahmen hier, aber Kollegin Kerschbaum wird sie Ihnen selbstverständlich zur Verfügung stellen. Da steht auch, dass sie – zumindest bei zwei weiß ich es ganz sicher – an die Fraktion der ÖVP gegangen sind. (Bundesrat Konecny – in Richtung ÖVP –: Wenn Sie Ihre Post nicht aufmachen!) Das habe ich auf jeden Fall gelesen.

Hier steht zum Beispiel in der Protestnote – da müssen Sie einmal mit der Verbin­dungsstelle der Bundesländer Kontakt aufnehmen, ich habe das jedenfalls zugesandt bekommen –: Wenn nach Abschluss eines Begutachtungsverfahrens noch wesentliche Abänderungen vorgenommen werden, so wird gefordert, zukünftig diesen überarbeite­ten Entwurf neuerlich einem Begutachtungsverfahren beziehungsweise einer Konsul­tation zu unterziehen. Eine Bitte ... (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dipl.-Ing. Pröll.) – Na ja, Sie kommen auch aus einem Bundesland, Herr Kollege Pröll, und der Landeshauptmann von Niederösterreich wünscht sich vielleicht auch eine solche Vorgangsweise, wenn nachträglich eine massive ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das heißt bei jeder Änderung?) Nein, hier steht: bei wesentlichen Abänderungen eine Konsultation! Na gut, vielleicht will es van Staa; ihm rennen alle Landesräte davon, aber vielleicht will er es doch! (Heiterkeit bei den Grünen.)

Ich zitiere weiter: Zukünftig soll nur eine Novellierung eines Gesetzes beschlossen wer­den, wenn auch alle anderen damit im Konnex stehenden Gesetze gleichzeitig und entsprechend angepasst werden.

Dann steht in dieser Protestnote: Die IG-L-Novelle sollte zu einer Verbesserung der Luftsituation führen und Erleichterungen der Vollziehung induzieren. Aber – steht in der Protestnote – das Gegenteil ist der Fall. Es gibt noch mehr Ausnahmen und noch kom­pliziertere Verfahrensabläufe.


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Das ist die Post der Bundesländer, meine Damen und Herren! Das ist nicht die Post aus Parteisekretariaten. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das sagt wer? – Bundesrat Weiss: Wessen Post?)

Da heißt es weiter: Mit dieser Novelle werden – und das verstehe ich jetzt, dass sie das aus Ländersicht schreiben – Mehraufgaben normiert, die fast ausschließlich durch die Länder wahrzunehmen sind.

Weiterer Punkt: Hinsichtlich der verkehrsbedingten Maßnahmen ist dringend eine ver­fassungsrechtliche Kompetenzklärung notwendig. Die Beschränkung des Landes­hauptmannes im Rahmen der Maßnahmenverordnung gemäß § 13 IG‑L, wirksame Maßnahmen anordnen zu können, ist sachlich nicht nachvollziehbar.

Dann haben wir noch eine Reihe anderer Punkte. Die Steiermark zum Beispiel fordert seit Jahren – bitte seit Jahren, und der Landeshauptmannwechsel ist erst kurzfristig passiert! – eine rigorose Reduktion der Ex-lege-Ausnahmen gemäß § 14 Abs. 2 I‑GL. Das wird Kollege Schnider möglicherweise auch bestätigen, dass das schon die frü­here Landeshauptfrau entsprechend gefordert hat.

Meine Damen und Herren! Hoch geschätzter und verehrter Kollege Weiss! Insofern be­daure ich es, dass der Bazillus des Kollegen Bieringer übergesprungen ist und du hier von einer „Blockadepolitik“ sprichst (Bundesrat Weiss: Nein, ich habe nicht von Blo­ckadepolitik ...!) und von einer parteimotivierten Politik. (Bundesrat Weiss: Das ist aber schon was anderes!)

Wenn wir im Bildungsausschuss über das einstimmig beschlossene Schulpaket disku­tiert haben, dass 800 Lehrer und Lehrerinnen als Stützlehrer und ‑lehrerinnen von der Landeshauptleutekonferenz gefordert wurden – übrigens, Präsident Mitterer, Ihr Lan­deshauptmann hat das ja verkündet – und es nur 300 sein werden, dann ist es doch die Aufgabe einer Länderkammer, darüber nachzudenken, wie darauf zu reagieren ist. Das hat gar nichts mit Parteipolitik zu tun, Herr Kollege Weiss! Wenn von 800 Lehrern, die von allen drei Couleurs gefordert worden sind (Zwischenrufe bei der ÖVP), nur 300 bewilligt werden, dann muss man sich überlegen: Wie gedenken die Länder damit um­zugehen, dass 500 fehlen? – Genau über diesen Umstand wollen wir von den Bundes­ländern Auskünfte einholen, wie in diesem Fall. (Bundesrat Mag. Himmer: ... Einfüh­rung, erste Stunde! Ist ja unglaublich!)

Ja, ich weiß, es tut Ihnen weh, Kollege Himmer. Es tut Ihnen natürlich weh, dass die Mehrheit der Opposition die Länder wieder ins Spiel bringt (Bundesrat Mag. Himmer: Es tut mir weh, wenn ich so etwas ...!) und den Ländern die Möglichkeit der Mitspra­che hier in diesem Haus bietet. Das tut weh, weil Sie es am liebsten haben, dass die Länder zu allem Ja und Amen sagen. Aber sie sagen es nicht mehr, und auch schwarz geführte Bundesländer (Bundesrat Bieringer: Blockadepolitik!) sagen nicht mehr überall Ja und Amen. So ist es, und das tut weh. (Blockadepolitik-Rufe bei der ÖVP.)

Ich bitte Sie, Herr Minister Pröll, versuchen Sie, über Weihnachten eine Kur zu ma­chen. Den Bazillus „Blockadepolitik“ werden Sie hier nicht erleben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.36


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Frau Bundesrätin Kerschbaum, bitte. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Oh, habe ich etwas Falsches gesagt? – Bundesrätin Kerschbaum – auf dem Weg zum Redner­pult –: Eine ganze Menge!)

 


12.36.57

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Frohe Weihnachten!) Nein, nicht „Frohe


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Weihnachten“, noch nicht ganz so schnell. (Bundesrat Dr. Kühnel: Ist das zynisch, oder ...?)

Zu dieser Blockadepolitik, die uns hier vorgeworfen wird: Es geht uns sicher nicht dar­um, irgendetwas zu blockieren. Was wir wollen, ist, dass das Gesetz zurückgeschickt und im Nationalrat geändert wird. Sie sagen, indem wir kritisieren, blockieren wir jetzt mehr oder weniger eine Verbesserung für die Umwelt. Wir haben sehr wohl begründet, dass das keine Verbesserung für die Umwelt ist und dass das eine Aufweichung von jetzt gültigen vernünftigen Normen ist. Das kritisieren wir, und deshalb schicken wir es zurück. Also kommen Sie nicht mit „Blockadepolitik“, sondern ändern Sie das Gesetz! Das wäre mir wirklich sehr wichtig. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) – Es ist eine Aufforderung. Ich kann Sie ja nicht zu irgendetwas zwingen. (Bundesrat Mag. Himmer: Ich nenne das ganz hart Blockadepolitik ...! – Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Pröll: Sie haben den Bazillus!) Nein, ich habe keinen Bazillus! Aber ich muss mich irgendwie rechtfertigen, wenn mir das vorgeworfen wird.

Im Übrigen habe ich genau den Punkt, dass drei andere Gesetze, die wir eigentlich nicht abgelehnt hätten, ebenfalls mit zurückkommen, am Anfang erläutert. Ich verstehe es absolut nicht, und erklären Sie uns das einmal vernünftig: Es kann doch nicht daran scheitern, dass Abgeordnete vier Mal statt nur ein Mal die Hand heben müssen! Erklären Sie mir, warum man vier Gesetze auf einmal ändern muss und nicht vier Gesetzesänderungen einzeln vorschlägt, damit man drei davon durchgehen lassen kann! Das verstehe ich einfach nicht. Daran sind Sie selbst schuld, da gibt es kein Mit­leid. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, Herr Anschober wäre vielleicht nicht in der Lage, ein Einvernehmen mit dem Herrn Verkehrsminister zu schaffen (Bundesrat Schennach: Nicht Mut genug, hat er gesagt!), oder er ist nicht gut genug. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Grü­nen.) Er hat nicht Mut genug! (Bundesrat Dr. Kühnel: Bitte, einmal nur zuhören!) Er ist nicht stark genug, er hat nicht Mut genug. Es ist manchmal sehr schwer, Ihnen zuzu­hören, das stimmt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn es für Herrn Anschober offenbar Ihrer Meinung nach schwer sein könnte, ein Einvernehmen mit Herrn Gorbach zu schaffen, dann frage ich mich: Warum können Sie nicht ein Einvernehmen mit ihm schaffen? Warum schaffen Sie es nicht, auf Herrn Bundesminister Gorbach einzuwir­ken und ihm diese 160 auszureden? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist mir schon klar, es handelt sich um eine Verordnung, Sie haben jetzt nicht das Recht und Sie können ... (Bundesrat Mag. Himmer: Warum redest nicht du es ihm aus? – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) – Er muss nicht mit Ihnen im Einvernehmen leben, das ist klar. (Bundesrat Mag. Himmer: Rede du es ihm aus!) Ich versuche immer wieder, es ihm auszureden! Aber vielleicht hat der Herr Bundesminister als Regierungskollege doch etwas mehr Einfluss. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Letztendlich ist es so, dass diese Verordnung meines Wissens erst dadurch möglich geworden ist, dass wir voriges Jahr die Straßenverkehrsordnung geändert haben und der Herr Verkehrsminister uns versprochen hat, dass das nichts mit der Einführung von Teststrecken für Tempo 160 zu tun hat.

Insofern denke ich einmal, dass man in der Regierung vielleicht leichter miteinander redet und vielleicht doch etwas mehr Einfluss hat als eine Bundesrätin von der Oppo­sition. Vielleicht können Sie es ja noch einmal versuchen, gerade auch im Hinblick darauf, dass er es jetzt möglicherweise auch in Niederösterreich vorhat.

Wenn Sie dann noch anführen, dass Frau Stadträtin Sima jetzt die Verantwortung für die Temporeduktionen dem Bund zuschieben will, ist das genau das Spielchen, das da zu kritisieren ist. Der Bund sagt: Liebe Landeshauptleute, macht dies, verordnet das!


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(Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Dann gibt es Kritik an den Landeshaupt­leuten, und nach drei Monaten kommt der Herr Verkehrsminister und sagt: Nein, ich helfe euch, ich bin der liebe Herr Verkehrsminister, die Tempobeschränkung wird wie­der aufgehoben! Der Landeshauptmann ist dann aber der „Pfui gack“. Das kann es wohl nicht sein! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.40


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


12.40.56

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Ich verstehe es ja, Herr Präsident, Herr Bundesminister, obwohl es in meinem Redebeitrag nicht sehr um Sie gehen wird und (in Richtung von Bundesministerin Prokop) schon gar nicht um Ihren Tagesordnungs­punkt, Frau Ministerin, der kommt ja erst. Ich verstehe natürlich die Nervosität der Österreichischen Volkspartei und ihre geringe Fähigkeit, mit differenzierter Vorgangs­weise durch die neue Bundesratsmehrheit umzugehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist sehr differenziert, Herr Kollege! Ich habe Ihnen das in jener Sitzung, als sich die neuen Mehrheitsverhältnisse erstmals hier auswirkten, auch klar gesagt. Natürlich gibt es Dinge, die wir mit Begeisterung blockiert hätten und, wenn sie nochmals oder in ver­gleichbarer Art vorkommen, mit Begeisterung blockieren werden. (Bundesrat Bierin­ger: Also doch blockieren!) Na selbstverständlich! Glauben Sie nicht, dass die Öster­reicher glücklich gewesen wären, wenn diese unsinnige Pensionsreform blockiert wor­den wäre?! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Eines werden wir mit Sicherheit nicht machen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir wer­den mit Sicherheit erstens nicht versuchen, Sie zu überschreien; da warte ich eben, bis die Frau Präsidentin Sie zur Ruhe bringt. Aber wir werden mit Sicherheit auch nicht die Einsprüche zu einer Routineveranstaltung verkommen lassen, so nach dem Motto: Ja, bisher habt ihr einfach dagegen gestimmt, jetzt ist die Opposition in der Mehrheit und darf eben einen Einspruch machen, aber bitte, machen wir uns genau den Termin aus, damit der Nationalrat sofort seinen Beharrungsbeschluss fassen kann! – Nein, bitte, diesem leeren Ritual versagen wir unsere Mitwirkung. Bei dieser föderalistischen Trachtenmusik spielen wir nicht die erste Trompete.

Ganz im Gegenteil, wir werden die Möglichkeiten der Geschäftsordnung, die wir mit geschaffen, aber nicht allein zu verantworten haben, in jeder Verästelung nützen, in der Form, die der Herr Vizepräsident kritisiert, was ich zur Kenntnis nehme, was mich aber nicht aufregt: indem etwas nicht ins Plenum gelangt und damit im Ausschuss so­zusagen die Acht-Wochen-Frist aussitzt. Wir werden in ähnlicher Art und Weise – und haben das auch schon getan – nach einer Plenardebatte dafür sorgen, dass die Acht-Wochen-Frist ausgesessen wird. Wir werden auch Einsprüche beschließen und uns in verschiedener Art und Weise ergänzende Informationen besorgen, sei es als Aus­schuss, sei es auch einmal als Fraktionen. Ich gebe Ihnen jetzt keine Gebrauchsanwei­sung für die neue Mehrheit mit, ein bisschen Überraschung soll auch in Zukunft noch dabei sein. Wir werden uns redlich bemühen – nicht immer gelingt es uns –, Sie zu überraschen.

Aber eines möchte ich schon festhalten: Wir sind naturgemäß in zentralen politischen Punkten in Opposition zu dieser Regierung, wir lehnen in zentralen politischen Punkten den Kurs dieser Regierung ab, und wir haben nicht die geringste Absicht, uns für diese Haltung zu entschuldigen. Jawohl, das ist unsere politische Haltung! Sie ist durch die Landtagswahlergebnisse im Bundesrat mehrheitsfähig geworden, und wir werden für diese Haltung hier eintreten. Das bedeutet, dass eine Reihe von Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates, die mit den Bundesländern gar nichts zu tun haben, trotzdem von


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uns beeinsprucht werden. (Bundesrat Weiss: Na eben!) – Ja selbstverständlich, Herr Kollege! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn die bisherige Mehrheit nur jene Vorlagen beschlossen hätte, die die Länder stärken, dann hätten wir ja nichts zu beschließen brauchen! Sie haben ja pausenlos Sachen beschlossen, die Sie aus politischen Grün­den der Bevölkerung auf den Kopf geschlagen haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Erklären Sie mir bitte einmal den föderalistischen Aspekt der so genannten Pensions­reform! Sie haben aus politischen Gründen dem zugestimmt, wir haben aus politischen Gründen dagegen gestimmt, und jetzt sind die Mehrheitsverhältnisse anders! Was hat sich geändert, bitte? (Bundesrat Tiefnig: Sicherheit der Pensionen! – Ironische Heiter­keit bei der SPÖ.) Gestatten Sie mir, das altarische Wort „nebbich“ dazu zu sagen!

Aber natürlich gibt es Elemente, und das spielt eine wichtige Rolle; es ist auch ein biss­chen ein Zufall, dass im Augenblick einige Vorlagen mit einem starken föderalistischen Aspekt in Behandlung gewesen sind. Natürlich wollen wir diesen Aspekt, der auch letztlich das Lebenselement des Bundesrates ist, gebührend würdigen, aber auch nicht in dem Sinn – denn auch die Meinungen der Länder sind Ergebnisse eines politischen Prozesses –, dass wir jetzt gewissermaßen indirekt auf ein gebundenes Mandat, das vielen von Ihnen so lange so sympathisch war, zurückkommen. Nein, aber gehört wer­den müssen die Länder! Ihre Meinungen müssen sie einbringen können, notfalls eben dadurch, dass der Bundesrat ein vor der Nationalratsbefassung stattzufindendes Anhö­rungsverfahren nachträgt.

Ich sage Ihnen noch eines: Die Bundesregierung und auch die gegenwärtige National­ratsmehrheit könnte sich eine Menge Probleme ersparen – oder hätte sie sich ersparen können –, wenn sie nicht seit 2002 unseren gemeinsamen, einstimmigen Antrag auf ein Stellungnahmerecht hätte versauern lassen. Es wird, so höre ich, der Verfassungs­ausschuss des Nationalrates auf Initiative seines Vorsitzenden, der allerdings meiner Fraktion angehört, erstmals im Jänner dieses Thema überhaupt behandeln. Bisher hat die Mehrheit das erfolgreich verhindert.

Wir könnten in diesem Stellungnahmeverfahren – und wir waren ja gemeinsam dafür – Meinungen, die dieses Haus hat, dem anderen Haus am Beginn seines Gesetzge­bungsverfahrens mitteilen. Ich würde mir davon einiges erwarten, sofern ich unter­stelle, dass Rationalität und Zuhören-Können gegenüber Argumenten in der Politik dieser Mehrheit eine Rolle spielen. Dann wäre es gut so. Aber das ist jetzt immerhin drei Jahre nicht geschehen; das ist schade, und wir sollten darauf zurückkommen.

Mich schmerzt das Wort „Blockade“ nicht, weil ich, wie gesagt, kein Problem damit habe oder gehabt hätte, Dinge zu blockieren, die ich für grundlegend falsch und ver­hängnisvoll halte. Aber der Herr Präsident hat heute in seiner Abschiedsrede mit Recht darauf verwiesen, dass die große Mehrheit der Vorlagen in diesem Haus einstimmig beschlossen wurde. Das wird auch so bleiben. Es gibt so viele Vorlagen, die sich aus sachlichen Überlegungen jeder negativen Diskussion entziehen, und da werden wir natürlich nicht blockieren. Die schlichte Statistik wird das Wort von der „Blockadepolitik“ in jenen politischen Giftschrank zurückbefördern, aus dem es mit Hilfe des Kollegen Bieringer entwichen ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.48


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bieringer. – Bitte.

 


12.48.56

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, Sie


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nehmen das Wort „Blockadepolitik“ viel öfter in den Mund, als es jemals ein Vertreter der ÖVP in den Mund genommen hat. (Bundesrat Konecny: Und die Zwischenrufe?) Jürgen Weiss hat nicht ein Wort ... (Bundesrat Konecny: In der Geschwindigkeit von 10 Sekunden!) Herr Vizepräsident Weiss hat nicht ein Wort von Blockade gesagt. Das Einzige, was Jürgen Weiss zu Recht bemängelt hat, war, dass Kollege Konecny in der Präsidiale gesagt hat, man soll im Jänner eine außerordentliche Präsidialkonferenz einberufen, um dort Dinge zu erledigen, die sich angehäuft haben. Dazu stehen wir.

Es muss schon auch der zweitstärksten Fraktion dieses Hauses zugestanden werden, dass man sich wundert, wenn in der APA drinsteht, dass bei einer Sitzung im Jänner darüber beraten wird oder dass Einsprüche behandelt werden. Und da, Herr Kollege Konecny, wirst du dir den Vorwurf gefallen lassen müssen ... (Bundesrat Konecny: Dass wir ein Recht ausüben?) Du wirst dir den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass es in diesem Hohen Haus seit Jahrzehnten einen Sitzungskalender gibt (ironische Hei­terkeit des Bundesrates Konecny) und dieser Sitzungskalender bisher immer einge­halten worden ist, aber dass man nicht von Grundsätzen, von parlamentarischen Ver­einbarungen abgeht. (Bundesrat Konecny: Das müssen die Wähler wissen!) Dass Sie das können, haben Sie ja auch bewiesen. Denn wir waren es, die damals dem Ver­langen des sozialdemokratischen Fraktionsvorsitzenden Sepp Wille zugestimmt haben, der Vereinbarungen eingehalten hat. Wir haben gesagt: beeinspruchen ja, verzögern nein!

Dieses Verzögern machen Sie jetzt, denn anders ist es nicht zu erklären. Sie werden sich gefallen lassen müssen, dass Sie eine parteipolitisch begründete Blockadepolitik hier in diesem Bundesrat betreiben. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Und dafür ist der Bundes­rat zu schade! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

12.51


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Konecny.

 


12.51.26

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Ich bin ganz kurz. – Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrat Dr. Kühnel: Das ist eine gefährliche Drohung!) Für den Kollegen Bieringer schon! Er hat so ein kurzes Gedächtnis, daher wollte ich sagen: Die letzte Sondersitzung des Bundesrates – 2003, also nicht in „prähistorischen“ Zeiten – war sein Antrag. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.51


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. (Bundesrat Konecny – in Richtung von Bundesrat Bieringer –: Bitte, geh hinaus und sag den Satz: Darf man denn das nicht?! Sag das bitte vom Redner­pult! – Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Es liegt mir keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenso nicht der Fall.

Herr Bundesminister, Sie wünschen noch das Wort? – Nein.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der An­trag, Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


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12.52.565. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-Novelle 2006) (1188 d.B. und 1226 d.B. sowie 7442/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Fröhlich. Ich darf sie um den Bericht bitten.

 


12.53.14

Berichterstatterin Christine Fröhlich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des National­rates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheits­polizeigesetz geändert wird, Sicherheitspolizeigesetz-Novelle 2006.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichterstattung. – Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zum Wort gemeldet: Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


12.54.10

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ein Sicherheitspolizeigesetz bedeutet natürlich mit den Maßnahmen, die es impliziert, immer einen Eingriff in Grundrechte. Jeder Eingriff in Grundrechte ist eine äußert sensible Materie. Für dieses Sicherheitspolizeigesetz gab es ein Experten-/Expertinnen-Hearing. Unsere Contra-Position heute hier, die wir als einzige Fraktion einnehmen, fußt genau auf den Stellungnahmen der hier gegen die vorliegende Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes vorgebrachten Bedenken.

Die Novelle beseitigt nicht die Mängel, die enthalten sind. Viele der neu eingeführten Begriffsbestimmungen laufen aber nun auf eine Art Beliebigkeit hinaus. Gerade dort, wo es um Grundrechte geht, ist Beliebigkeit jedoch am allerwenigsten angemessen. Nehmen wir einmal die Gefahrenprognose her. Die Gefahrenprognose für die handeln­den Sicherheitsorgane ist nach dem, was hier vorliegt, spekulativ und diffus.

Ein Bereich, den diese Novelle neu regelt, ist der Bereich der Anwendung von Daten aus der Videoüberwachung durch Private. Das heißt, zum ersten Mal können perso­nenbezogene Daten, die von Privaten oder anderen mittels Video aufgezeichnet wur­den, für sicherheitspolizeiliche Zwecke, für Ermittlungen herangezogen werden. Meine Damen und Herren, das geht ein Stück zu weit!

Es geht nicht nur uns zu weit, sondern auch dem Bundesministerium für Justiz. Dieses meint in seiner Stellungnahme: Die Grenzen, die Privaten bei der Bildaufzeichnung und der Verwendung daraus gewonnener Daten gesetzt sind, lassen sich noch schwerer bestimmen als jene der Sicherheitsbehörden. – Wir haben nichts dagegen, dass Sicherheitsbehörden zur Gefahrenabwendung entsprechend präventive Aufklärung durchführen und Maßnahmen setzen; das sage ich jetzt dazu.

Das Bundesministerium für Justiz schreibt weiter: Ohne klare Grenzen für die Recht­mäßigkeit des Einsatzes von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten für Private sollte keine Befugnis der Sicherheitsorgane bestehen, auf solcherart gewonnene Daten zu-


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greifen zu dürfen. – Das sagt nicht ein Experte der Grünen, das sage nicht ich, sondern das sagt das Bundesministerium für Justiz.

Der OGH hat erst kürzlich im Fall einer auf den Eingangsbereich der Wohnung eines Mieters gerichteten Überwachungskamera das Recht des Betroffenen auf Entfernung bejaht und dazu ausgeführt, dass geheime Bildaufnahmen im Privatbereich, fortdau­ernd unerwünschte Überwachung und Verfolgung eine Verletzung der Geheim- und Privatsphäre darstellen.

Meine Damen und Herren – auch an Sie gerichtet, an die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Damit geben Sie einen Freibrief aus. Dritte dürfen nun filmen, aufneh­men, die Grundrechte und die Privatsphäre der Menschen verletzen, und die Sicher­heitsbehörden dürfen dies verwenden. Das ist unserer Meinung nach der falsche Weg und öffnet dem Missbrauch Tür und Tor.

Meine Damen und Herren! Das ist der wichtigste Punkt, warum wir heute hier dagegen stimmen. Es gab nämlich bisher eine Schranke für den Einsatz von Bild- und Tonauf­zeichnungsgeräten. Diese fällt nun de facto komplett weg.

Interessant ist im Weiteren – ich weiß, das haben Sie auch für die Europameister­schaft 2008 gemacht – die ganze Definierung der Sportgroßveranstaltungen, insbeson­dere die Schaffung von besonderen Befugnissen für die Sicherheitsbehörden. Was das Folgende betrifft, lassen wir, meine ich, das Deutsch und die Grammatik hier einmal weg; ich nehme an, es wird irgendwann eine Novellierung geben, mit der man die Grammatik verbessert. Aber das Inhaltliche sieht so aus, dass Sie nun diese Sportver­anstaltungen bestimmen – nach internationaler Dimension, bestimmtem Zeitraum und so weiter.

Es gibt in Wien das Liga-Team „Sans Papiers“. Das sind unter anderen Türken, Men­schen, die asylsuchend sind und Fußball spielen – übrigens eine sinnvolle Beschäfti­gung –, Menschen, die keine Papiere haben. Das nennt sich Wiener Liga, es ist aber ziemlich international, dabei jedoch sehr klein. Maximal hundert Zuseher sind dort, aber die sind – gemessen an denen, die spielen – wieder sehr international. Das heißt, das wäre nach der Definition eigentlich eine Sportgroßveranstaltung.

Das heißt, die Definition, die hier in diesem Sicherheitspolizeigesetz steht, ist der­maßen diffus, wie ich auch schon am Beginn meiner Ausführungen für den gesamten Gesetzestext festgestellt habe, dass der Vollziehung im Grunde keine Grenzen gesetzt werden. Nehmen wir einmal an, Polizisten würden für den Spielbetrieb dieser winzig-kleinen Wiener Liga abgestellt werden, um sie zu observieren beziehungsweise dort ihre besonderen Befugnisse einzusetzen. Gerade in diesem sensiblen Bereich wäre das alles andere als sinnvoll.

Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie die so genannte Hooligan-Datei einführen. Ich neh­me an, die Frau Bundesminister wird mir sagen, dass der Datenschutzbeauftragte kon­sultiert werden muss. Sie können sich erinnern, wir haben einen solchen massiv gefordert – der Verfassungsgerichtshof hat uns übrigens Recht gegeben –, und man musste das daher neuerlich einer Korrektur unterziehen. Der Rechtsschutzbeauftragte hat erweiterte Befugnisse und ist nunmehr unabhängig, aber wie soll er denn seine Befugnisse wahrnehmen, wenn die Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden unbe­stimmt bleiben? Das ist ja das Problem: Es gibt zwar eine Erweiterung der Rechte und Möglichkeiten des Rechtsschutzbeauftragten, aber zugleich werden den Sicherheitsbe­hörden sehr unbestimmte Eingriffsbefugnisse eingeräumt. Das schwächt selbstver­ständlich den Rechtsschutzbeauftragten.

Die Regierung hat beschlossen, eine Studie durchzuführen. Sie beschließen also heute dieses Sicherheitspolizeigesetz mit einer satten Mehrheit und ermöglichen damit,


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dass künftig Video- und Tonaufnahmen Privater mit einbezogen werden. Gleichzeitig wird aber beschlossen, dass man überhaupt erst einmal eine Studie über die grund­sätzlichen Fragen der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Überwachungsmaßnah­men Privater mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten an öffentlichen Orten beziehungs­weise in öffentlich zugänglichen Räumen in Auftrag gibt. Dann dürften Sie das heute aber noch nicht beschließen, sondern müssten eigentlich sagen: Wir machen zunächst einmal diese Studie, dann wissen wir, ob das datenschutzrechtlich zulässig ist. Erst dann, wenn die Studie ergibt, dass es zulässig ist, kann man sagen, dass man es be­schließt, statt etwas zu beschließen und dessen Zulässigkeit erst im Nachhinein über­prüfen zu lassen. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.03


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Wie­senegg. – Bitte.

 


13.03.40

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Geschätzte Frau Präsident! Frau Minis­ter! Wir werden heute sicher noch bei einigen Tagesordnungspunkten die Klinge kreu­zen, davon bin ich überzeugt, aber die vorliegende Novelle zum Polizeigesetz 2006 ist unserer Meinung nach ein brauchbares Paket an Maßnahmen zur Verbesserung der Terrorbekämpfung und auch zur Verbesserung der Sicherheit bei Großveranstaltun­gen, nicht nur bei internationalen Großveranstaltungen, sondern auch im Rahmen von Veranstaltungen aller Art, bei denen viele Besucher erwartet werden.

Geschätzte Damen und Herren! Wir von der SPÖ stimmen diesem Paket deshalb zu – das wurde schon mehrmals erwähnt –, weil unserer Forderung nach einem verfas­sungsrechtlich abgesicherten Rechtsschutzbeauftragten entsprochen wurde und seinen umfassenden Kompetenzen gesetzlich abgesichert sind und somit schlussend­lich auch die Grundrechte unserer Bürger, mit einigem Wenn und Aber, wie immer man das auch sieht, sichergestellt sind.

Zielgerichtete Maßnahmen zur Terrorbekämpfung sind dahin gehend ausgerichtet, dass die Zerstörung unseres Rechtsstaates durch terroristische Übergriffe weitestge­hend verhindert werden kann, und das erscheint mir wichtig.

Noch etwas, geschätzte Frau Minister! Für mich als Bürgermeister ist auch der Bereich des Vandalismus von besonderem Interesse, der ja nun nicht nur in Städten und grö­ßeren Orten vorkommt, sondern leider auch im ländlichen Raum massiv Platz greift. Mit den in dieser Novelle normierten Überwachungsmöglichkeiten ist nunmehr auch eine Handhabe geschaffen, diesen einzugrenzen.

In diesem Sinne, geschätzte Damen und Herren, Hohes Haus, wird mit dieser Novelle Gewalt, Vandalismus und Terror ein verbesserter Riegel vorgeschoben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.05


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


13.05.58

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da es vorhin wieder eine Diskussion über die Einsprüche gegeben hat, darf ich mir schon erlauben, wieder daran zu erin­nern – ich habe das auch in der letzten Sitzung gemacht –, dass der erste Einspruch des Bundesrates auf Grund geänderter Mehrheitsverhältnisse gegen das Zukunfts­fondsgesetz stattgefunden hat. Und ich darf Ihnen sagen, dass es für mich weiterhin


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absolut unverständlich ist, dass Sie gerade solch ein Gesetz beeinspruchen. (Bundes­rat Reisenberger: Manche Leute verstehen es eben nicht!)

Nun zum Sicherheitspolizeigesetz, das jetzt auf der Tagesordnung steht: Kollege Schennach, der sich nach seiner Rede aus dem Saal verabschiedet hat, hat vor allem beeinsprucht oder zu bedenken gegeben, dass ein Eingriff in die Grundrechte erfolge. Er spricht von Beliebigkeit, er spricht von einer diffusen Gefahrenprognose. Gut. Bei einer Prognose muss man grundsätzlich einräumen, dass sie eine gewisse Diffusität impliziert, denn wenn man schon alles im Vorhinein wüsste, könnte man sich entspre­chend verhalten. Es ist sicherlich notwendig, Gefahrenprognosen aufzustellen und auch Risikoanalysen durchzuführen.

Kollege Schennach hat sich weiters kritisch geäußert zum Datenaustausch bezüglich privater Videos, zur Überwachung in der Freizeit und so weiter. Was hat er in seiner Rede jedoch an Lösungsvorschlägen angeboten? – Überhaupt nichts, außer eben seine Bedenken!

Es mag schon sein, dass Papst Paul VI. einmal gesagt hat, dass Österreich eine Insel der Seligen sei, in der Zwischenzeit haben wir allerdings feststellen müssen, dass es zwar bei uns immer noch sehr, sehr gut ist, sich aber doch das eine oder andere geän­dert hat. Früher haben wir darüber gelacht, wenn es bei Sportveranstaltungen in Groß­britannien zu Ausschreitungen gekommen ist. Wir haben aber nach einer gewissen Zeit feststellen müssen, dass das auch auf den Kontinent übergeschwappt ist: nach Belgien, Frankreich und auch in andere Länder.

Am 22. Oktober 2005, einen Tag vor den Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen, war ich am Graben wahlkämpferisch unterwegs, und da wurde mir berichtet, dass es auch beim Spiel Austria gegen Rapid zu Ausschreitungen vor dem Spiel gekommen ist und dass das Spiel erst 30 Minuten verspätet beginnen konnte. Anfang der folgenden Woche war in den Medien nachzulesen – entschuldige Ludwig, wenn ich dich jetzt an­schaue, du hast sicher nichts damit zu tun –, dass es die Möglichkeit gibt, aus dem Raum Salzburg irgendwelche interessante Figuren anzufordern, die gerne zu Fußball­spielen fahren und dort für irgendwelche Stimmung und so weiter sorgen.

Daher bin ich schon der Meinung, dass gewisse Schritte seitens des Bundesministe­riums für Inneres unternommen, aber natürlich auch seitens des Parlaments gesetzlich ermöglicht werden müssen, um das bei uns zumindest in entsprechende Bahnen zu lenken. Schließlich möchte Österreich, und darin sind wir uns in der Regel ja immer einig, auch weiterhin besondere Sportereignisse in Österreich veranstalten, wie zum Beispiel die Fußball-Europameisterschaft 2008, und Salzburg – schon wieder Salz­burg! – hat auch großes Interesse, die nächsten Winterspiele doch endlich in den Raum Salzburg zu bekommen.

Aus all dem ergibt sich der Ruf nach mehr Sicherheit. Was ist jetzt die Aufgabe des Gesetzgebers? – Der Polizei die entsprechenden Mittel in die Hand zu geben, aber auch die technischen Mittel, die heute vorhanden sind, zur Verfügung zu stellen und die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass sie auch eingesetzt werden kön­nen und nicht sozusagen in irgendwelchen Depots verstauben.

Herr Kollege Schennach! Sie sind zwar Tiroler, aber Wiener Bundesrat. Ich erinnere mich noch an eine Sitzung, in der auch Sie gefordert haben, dass in Wien zusätzlich 1 000 Polizisten notwendig sind. (Bundesrat Schennach: Das ist richtig!) Richtig, ja. Ich habe jedoch bei Ihnen das starke Gefühl, dass diese Polizisten nicht mit den tech­nischen Hilfsmitteln ausgerüstet werden sollen, um moderne Prävention und Polizei­aufklärung leisten zu können. (Bundesrat Schennach: Private Videos! Das ist doch jetzt ein Blödsinn!) Denn eines muss schon klar sein, dass nämlich die Kriminellen im weitesten Sinne eine Art Avantgarde bilden, nämlich immer wieder darüber nachsin-


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nen, welche neuen Möglichkeiten man nutzen könnte, um diesem oder jenem, der Polizei oder sonst jemandem ein Schnippchen zu schlagen. (Bundesrätin Dr. Lichten­ecker: Die Verwendung der Bezeichnung „Avantgarde“ ist hier schon vermessen!) Bei Ihnen allerdings habe ich stark den Eindruck, und damit ist wieder Ihre Zwiespältigkeit dargelegt, dass Sie zwar mehr Polizei fordern, diese aber am liebsten mit Holzpistolen und Kindersäbeln ausrüsten möchten. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Bundes­rätin Dr. Lichtenecker: Bei uns gibt es keine Zwiespältigkeit!)

Außerdem: Nachdem ich heute Ihren lamentablen Vortrag gehört habe, Herr Kollege Schennach, muss ich schon sagen: Früher hieß es: Jammern ist der Gruß der Kauf­leute. Heute würde ich allerdings sagen: Jammern ist das Blumenbukett der „modernen Grünen“ – unter Anführungszeichen. (Bundesrat Schennach: Sehr schön! Ein wunder­bares Bonmot!)

Jetzt möchte ich Sie, Kollege Schennach, noch einmal fragen, weil Sie wieder im Saal sind: Wie wollen Sie die Probleme bei Sportveranstaltungen lösen? Diesbezüglich warte ich sehr gespannt auf Ihren Vorschlag.

Nun zum Sicherheitspolizeigesetz: Es sind eine Menge Maßnahmen vorgesehen, da­mit die Sicherheitsbehörden und -organe zur Vermeidung gewalttätiger Auseinander­setzung im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen die entsprechenden Mittel in die Hand bekommen. Das können Sie im Bericht des Innenausschusses nachlesen, ich werde sie daher nicht wiederholen, aber wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen gerne den Bericht, damit Sie das auch wirklich tun können, Herr Kollege.

Zum Schluss möchte ich sagen: Es ist erfreulich, dass dieses Sicherheitspolizeigesetz breite Unterstützung im Bundesrat bekommt, dass nicht nur meine Fraktion, sondern auch die sozialdemokratische Fraktion dem Gesetz die Zustimmung erteilt und keinen Einspruch erheben wird. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl, Mitte­rer und Vilimsky. – Bundesrat Reisenberger: Wenn Sie noch weiterreden, tue ich mir wirklich schwer damit! )

13.13


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Todt. – Bitte.

 


13.13.17

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Kühnel, ich bin nahe daran, mich ein bisschen mit Ihrer Polemik auseinander zu setzen. Ich schätze an sich Polemik bei Reden und am Red­nerpult, aber das Sicherheitspolizeigesetz ist ein Gesetz, das viel zu wichtig ist, als dass man es ein bissel verhöhnt, wie Sie das machen. (Bundesrat Mag. Himmer: Doch nicht das Gesetz!)

Sie haben Bedenken, die hier vorgetragen wurden, ins Lächerliche gezogen. (Bundes­rätin Roth-Halvax: Wird das jetzt womöglich noch ein Einspruch?) Ich glaube nicht, dass hier unbedingt Polemik notwendig gewesen wäre. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax.) – Ich habe ja ge­sagt, ich schätze Polemik auch, allerdings ist das Sicherheitsgesetz ein bisschen zu wichtig dazu. (Bundesrat Mag. Himmer: Gibt es für Sie auch unwichtige Gesetze?)

Die Novelle zum Sicherheitsgesetz verbessert die Sicherheit – Sie können ruhig noch mehr zwischenrufen (Bundesrätin Roth-Halvax: Danke!) – bei internationalen Ver­anstaltungen, darauf wurde schon hingewiesen, insbesondere auch bei der EU-Präsidentschaft, bei Sportgroßveranstaltungen und bei der Fußball-Europameister­schaft 2008.


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Es wurden aber – und darauf hinzuweisen ist mir wichtig – in sehr umfassenden Ver­handlungen unsere Forderungen in dieser Novelle berücksichtigt. Wir wollten die Beschränkung verdeckter Ermittlungen und des Einsatzes von Bild- und Tonaufzeich­nungsgeräten auf jene Fälle, in denen die erweiterte Gefahrenforschung sonst aus­sichtslos wäre, und die Einsetzung eines Rechtsschutzbeauftragten, dessen Unabhän­gigkeit und Weisungsfreiheit verfassungsgesetzlich gewährleistet sind, die Bestellung des Rechtsschutzbeauftragten durch den Bundespräsidenten nach Anhörung der drei Präsidenten des Nationalrates und der Präsidenten des Verfassungs- und Verwal­tungsgerichtshofes. Der Rechtsschutzbeauftragte muss vor jeder verdeckten Ermitt­lungsmaßnahme verständigt werden und auch von jedem verdeckten Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten, ganz besonders auch in jenen Fällen, in denen auf Grund früherer Novellen des Sicherheitspolizeigesetzes diese Maßnahmen bereits zu­lässig sind, damit dieser die Rechtmäßigkeit überprüfen kann. Der Rechtsschutzbeauf­tragte hat das Recht, alle Aufzeichnungen und Unterlagen über derartige Maßnahmen einzusehen, alle Auskünfte zu verlangen, jederzeit Zutritt zu allen Räumlichkeiten zu erhalten und jederzeit alle derartigen Maßnahmen zu überwachen, von denen er zu verständigen ist. Es war uns schon sehr, sehr wichtig, dass dieser Rechtsschutzbeauf­tragte auch entsprechend gesetzlich verankert ist, denn nicht alle Rechtsschutzbeauf­tragten sind so verankert wie dieser. Daher war uns das auch sehr, sehr wichtig.

Der Rechtsschutzbeauftragte hat das Recht, die Löschung unzulässig ermittelter oder nicht mehr benötigter Daten zu verlangen und die Durchführung der Löschung zu über­wachen. Verdeckte Ermittlungsmaßnahmen und der Einsatz von Bild- und Tonauf­zeichnungsgeräten im Rahmen der erweiterten Gefahrenforschung bedürfen der Zu­stimmung des Rechtsschutzbeauftragten, und ohne Zustimmung darf die Maßnahme nicht erfolgen. Der Einsatz von Videoüberwachung ist nur dann zulässig, wenn deren Erforderlichkeit vom Rechtsschutzbeauftragten beurteilt wurde. Die Verwendung von Bilddaten über Verhalten im öffentlichen Raum, die von Privaten oder anderen Behör­den ermittelt wurden, darf nur mit Zustimmung des Rechtsschutzbeauftragten erfolgen. Die Übermittlung von Bilddaten durch Private an die Behörde ist nur unter der Voraus­setzung zulässig, dass diese rechtmäßig aufgezeichnet wurden, und nur dann, wenn das zur Erreichung des Zwecks unbedingt erforderlich ist.

In Österreich gibt es meiner Meinung nach zwei Auffassungen, wie man dem neuen Gefahrenpotential begegnen soll: Die einen meinen, dass man die Grundrechte hintan­stellen kann und dem Staat alle Durchgriffsmöglichkeiten eröffnen sollte, und die ande­ren meinen, es müsse alles so bleiben, wie es ist. Für uns Sozialdemokraten ist beson­ders wichtig, dass in der Sicherheitspolitik die Grundrechte zu 100 Prozent gewahrt bleiben, man sich aber zugleich der Gefahrenpotentiale bewusst ist. Wir haben uns daher dazu entschlossen, diesem Sicherheitspolizeigesetz zuzustimmen, weil es aus unserer Sicht eine Balance hält zwischen der Aufrechterhaltung der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger, der Aufrechterhaltung der Grund- und Menschenrechte, aber gleichzeitig auch gewährleistet, dass die Exekutive auch die Instrumente in die Hand bekommt, mit denen sie, wenn es notwendig ist, etwaige Bedrohungen adäquat ab­wehren kann. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

13.19


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


13.19.10

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Eigentlich wollte ich mich schon von der Rednerliste streichen lassen, aber die Ausführungen Dr. Kühnels haben mich jetzt dazu bewogen, doch wieder herauszukommen. (Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Es war ja so, dass mein Kollege Schennach unsere


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Einwände gegen dieses Gesetz sehr genau erläutert hat und auch das, worum es uns dabei geht. Es geht uns in erster Linie darum, dass es zwar mehr Videoüberwachung geben soll, dass auch private Daten zugänglich gemacht werden sollen, dass aber auf der anderen Seite die Regelungen zum Datenschutz noch nicht fertig sind, dass sie erst in einer Studie ausgearbeitet werden sollen, dass man also mehr oder weniger noch keine Regelungen geschaffen hat, dass diese noch fehlen.

Kollege Wiesenegg hat vorhin ausgeführt, dass wir das Ganze auf Grund der großen Terrorgefahren brauchen würden. Ich meine nur, dass Videoüberwachung mit Terror­gefahren nicht wirklich viel zu tun hat. (Bundesrat Dr. Kühnel: Sie sind ganz schön ahnungslos, Frau Kollegin!) Das einzig Positive ist vielleicht, dass man möglicherweise im Nachhinein noch irgendjemanden auf einem Video erkennt. (Bundesrat Dr. Kühnel: Na, sehen Sie!) Um aber wirklich etwas zu verhindern, ist das meines Wissens nicht so großartig und sinnvoll.

Im Übrigen würde ich mich doch fragen, wenn ich mir jetzt zusätzlich auch noch private Videos anschaue, um irgendeine Gefahrenabschätzung zu machen – welche Gefahren auch immer wir da abschätzen müssen –, wer das machen wird und wie viel zusätz­liche Beamte wir da brauchen, wenn man sich von jedem kika und von jedem IKEA und was es sonst noch an Handelsgesellschaften oder auch Tiefgaragen gibt, die Videokameras installiert haben, die Videos anschauen muss, um zu überprüfen, von wo die Gefahr ausgeht. Mir ist nicht ganz klar, woraus da die große Sicherheit und der große Schutz resultieren sollen.

Dr. Kühnel hat vorhin das Match Austria gegen Rapid angesprochen. Ich selbst habe vor ungefähr zehn, zwölf Jahren noch in Wien gewohnt. Auch damals waren Abende, an denen solche Spiele stattgefunden haben, schon Abende, an denen ich nicht wirk­lich gerne aus dem Haus gegangen bin, weil da eben diese Fans durch die Gegend rennen und lauthals singen. Manche Leute fürchten sich da halt. Inzwischen hat sich auch das vielfach verschlimmert, aber ich denke, letztendlich wäre diesen Problemen in vielen Bereichen viel eher dadurch beizukommen, dass sich Sportler viel mehr von solchen Dingen distanzieren. Das ist ein Punkt, der mir fehlt und der vielleicht auch zur Prävention beitragen könnte. Ich denke mir schon, dass Fans nicht immer gegen die Ambitionen ihrer Vorbilder handeln, und wenn Vorbilder so etwas von sich geben, ist das wahrscheinlich sinnvoller als eine Videoüberwachung vorm Eingang des Stadions. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Mag. Himmer: Ei, ei!)

13.21


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


13.22.06

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Kerschbaum, das, was Sie uns jetzt hier sozusagen in Verstärkung des Kollegen Schennach präsentiert haben, können wir überhaupt nicht nachvollziehen. Sie reden da über IKEA und kika und andere Weih­nachtsmärchen – wir sind in der Weihnachtswoche, aber Märchenstunden wollen wir heute hier im Bundesrat wirklich nicht abhalten. Das muss ich in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Na geh!)

Mit dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz schaffen wir wichtige gesetzliche Vor­aussetzungen, um der Exekutive neue Möglichkeiten zu präventiven und exekutiven Maßnahmen in die Hand zu geben. Im Wesentlichen definieren wir drei große Be­reiche, nämlich eine erweiterte Gefahrenforschung bei Sportgroßveranstaltungen und eine Stärkung der Rolle des Rechtsschutzbeauftragten, wie das der Kollege schon ausgeführt hat. Damit tragen wir auch den in nächster Zeit in Österreich stattfindenden


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großen Ereignissen Rechnung, den sportlichen Großveranstaltungen. Das gilt aber auch für internationale Konferenzen und Tagungen.

Wie die meisten von Ihnen wissen, werden wir in wenigen Tagen den EU-Ratsvorsitz übernehmen und somit vor eine Riesenherausforderung gestellt sein. Wir werden nicht nur aus politischer Sicht sozusagen auf dem internationalen Prüfstand stehen, sondern natürlich auch in sicherheitspolizeilicher Hinsicht besonders gefordert werden. Es ist deshalb von größter Bedeutung, entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um unsere Exekutive rasch und effektiv einsetzen zu können, sollte es zu Bedrohungsszenarien bei Staatsbesuchen oder Tagungen kommen.

Der Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungen ist ein höchst wirkungsvolles Instrument zur erweiterten Gefahrenforschung. Bei den Terroranschlägen von London zum Bei­spiel konnten die Täter anhand von Videoaufzeichnungen ausgeforscht und identifiziert werden. Und das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Faktor in diesem Bereich. (Bundes­rätin Kerschbaum: Im Nachhinein!) Das stimmt.

Ich habe hier auch noch einen Zeitungsartikel über Videoüberwachung in Österreich. Darin spricht man von einem vollen Erfolg, weil auch noch mehr derartige Videokame­ras zum Einsatz kommen werden:

„Die Videoüberwachung in Österreich ist ein voller Erfolg. Überall, wo die ,elektroni­schen Augen‘ aufgestellt sind, gehen die Verbrechenszahlen dramatisch zurück. Für 2006 plant das Innenministerium weitere Standorte für die Kameras in drei Bundeslän­dern.“ (Bundesrätin Kerschbaum: Und drumherum steigt sie!) Das ist auch richtig so.

„Wie berichtet, ist die Kriminalitätsrate auf den überwachten Plätzen dramatisch gesun­ken. Bei den Eigentumsdelikten wie Kfz-Einbrüchen und Gewaltdelikten beträgt der Rückgang bis zu 80 Prozent. Und der Drogenhandel beispielsweise am videokontrol­lierten Schwedenplatz“ – und auch am Karlsplatz – „in der Wiener City ist durchschnitt­lich um zwei Drittel eingebrochen. Nach den ,elektronischen Augen‘ am Parkplatz beim Mega-Einkaufszentrum SCS in Vösendorf bei Wien folgten heuer sechs weitere Stand­orte für die Polizei-Kameras.

Auch in der Bevölkerung“ – und das ist der wichtigste Aspekt dieser Zeitungsmel­dung – „kommen die neuen Überwachungsmaßnahmen gut an. So fühlen sich etwa mehr als die Hälfte der Wiener nach einer aktuellen Studie sicherer. Und 60 Prozent können sich sogar eine Ausweitung vorstellen.“ – Das ist die Meinung der Bevölkerung! Und die müssen wir, so meine ich, sehr, sehr ernst nehmen, Herr Kollege Schennach. (Bundesrat Schennach: Das sind aber Polizeieinrichtungen und keine privaten!)

Ja, aber wir können bei Großveranstaltungen, bei derart wilden Demonstrationen und auch bei Fußballspielen, wo Hooligans dabei sind, doch nicht missionarisch durch die Reihen gehen und sagen: Bitte, streitet nicht! Bitte, schlägert nicht! Das ist doch eine Utopie. Da müssen wir Maßnahmen setzen, und mit diesen Maßnahmen sind wir einfach up to date. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundes­rates Schennach.)

Wie bereits erwähnt, haben wir demnächst in unserem Land auch die Fußball-Europa­meisterschaft 2008. Solche Großveranstaltungen sind aber nicht nur ein Anziehungs­punkt für Sportfreunde, sondern werden auch immer wieder von gewalttätigen Perso­nen zur Abfuhr ihrer Aggressionen verwendet, von Personen, denen es nicht um den Sport, sondern ausschließlich um Chaos und das Ausleben ihrer Gewaltpotentiale geht. Wir haben dabei den Auftrag, nicht nur die Sportler, sondern auch die Besucher, unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Wichtig dabei ist auch die Möglichkeit, per Verordnung eine Sicherheitszone im Umkreis von 500 Metern um einen Veranstal-


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tungsraum, sprich ein Fußballstadion, legen zu können, der Hooligans praktisch von einem Zutritt ausschließen kann und wird.

Damit wird, und das dürfte auch außer Streit stehen, eine zusätzliche Sicherheits­schleuse eingebaut. Deshalb spielt auch die Erfassung von nationalen und internatio­nalen Hooligans in einer zentralen Datei eine ganz wichtige Rolle. Es ist dies ein wich­tiges Instrument zur Vorbeugung und Hintanhaltung von gewalttätigen Auseinanderset­zungen. Die Speicherung derartiger Daten ist im Übrigen nur über einen Zeitraum von 6 bis höchstens 24 Monaten möglich. Solche Maßnahmen haben sich in England, und dort ist ja auch der Ausgangspunkt der Hooliganszene, bisher äußerst positiv ausge­wirkt, weil damit Straftäter von Veranstaltungen, insbesondere von Fußballspielen fern gehalten werden können.

Kollege Todt hat bereits ausführlich die Rolle des Rechtsschutzbeauftragten geschil­dert. Ich darf hier vielleicht anfügen, dass dieser Rechtsschutzbeauftragte und seine Stellvertreter vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung auf fünf Jahre ernannt werden und unabhängig und weisungsfrei sind.

Sehr verehrte Damen und Herren! Sowohl für die Bekämpfung des Terrorismus, als auch für die Gewaltprävention im Rahmen von Großereignissen ist die vorliegende Gesetzesänderung ein wichtiger Schritt zu einer effizienten und effektiven Polizeiarbeit. Wir sind eines der sichersten Länder der Welt, und das wollen wir auch weiterhin blei­ben! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.28


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Him­mer. – Bitte.

 


13.28.19

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich wollte mich nur ganz kurz, aber doch vielleicht ein bisschen länger als einen Zwischenruf lang auf Kollegin Kerschbaum replizierend zu Wort melden.

Bei dieser Überwachungsthematik ist wohl klar, dass es niemand von uns gerne hat, wenn Grundfreiheiten eingeschränkt werden. Es ist dies eine Materie, bei der es darum geht, mehr Sicherheit auf der einen Seite und natürlich eine gewisse Einschränkung von Grundfreiheiten auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen. Ich bitte aber schon sehr darum, das nicht in eine Polemik der Art hineinzuziehen, dass behauptet wird, dass Überwachungskameras praktisch eine völlig lächerliche Einrichtung sind. Man sagt, man sieht dann nur im Nachhinein, was stattgefunden hat. Natürlich geht es auch darum.

Als Sportfunktionär sage ich Ihnen zum Beispiel, dass Sie es, was die Ausschreitungen bei Fußballspielen und so weiter betrifft, getrost vergessen können, dass sich die Spie­ler vor dem Spiel hinstellen und sagen: Bitte, seid nicht böse zu den anderen und strei­tet nicht! Man braucht nicht zu glauben, dass die das deswegen nicht machen werden. Die Fußballer und die meisten Sportler sind nämlich Sportler und daher selbstverständ­lich, auch wenn es manchmal ruppiger zugeht, selbst nicht Bestandteil dieser Kreise.

Gerade bei den Fußballrowdys ist es ja so, dass man die Pappenheimer im Grunde alle kennt. Da ist es dann natürlich wichtig, dass man die dokumentiert hat. Das ist auch die Grundvoraussetzung dafür, dass sich diejenigen, die sich ein Fußballspiel an­schauen oder zu einer Sportveranstaltung gehen, dort auch sicher fühlen dürfen. Ge­rade auf einem Fußballplatz, weil du das auch als Beispiel genommen hast, fühle ich mich, ehrlich gesagt, auch nicht in meiner Intimsphäre beeinträchtigt, wenn eine Video-


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kamera aufnimmt, dass ich für die Austria schreie. Das mache ich ja nicht im Gehei­men.

Wir alle wissen um die Problematik und uns allen ist wichtig, dass unsere Grundfreihei­ten nicht eingeschränkt werden, aber wir sollten schon auch mit einer seriösen Ernst­haftigkeit berücksichtigen, dass gerade auch diese Gesetzesmaterie die Zielsetzung hat, für uns alle mehr Sicherheit zu schaffen. Und daher bitte ich sehr, das nicht ins Lächerliche zu ziehen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

13.31


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­ministerin Prokop. – Bitte.

 


13.31.15

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte ganz kurz auf einige Punkte eingehen. Ich meine, dass diese Sicherheitspoli­zeigesetz-Novelle ein wichtiges Instrument ist, um der Exekutive Mittel in die Hand zu geben, damit sie ihrer Aufgabe besser nachkommen kann. Ich danke dafür, dass hier ein so breiter Konsens zustande gekommen ist nach einer wirklich ausführlichen Dis­kussion einschließlich eines Hearings. Wir haben uns also nicht nur mit der Materie intensiv auseinander gesetzt, sondern wir konnten wohl auch den Bedenken gerecht werden. Auch dazu, dass zusätzlich eine Untersuchung, eine Analyse, eine Studie parallel durchgeführt werden soll, haben wir ein Übereinkommen erreicht, denn es gibt zum Teil internationale Erfahrungen, zum anderen Teil aber eben noch nicht.

Wir wollen parallel untersuchen, was jetzt rundherum in Europa geschieht. Einige Län­der, zum Beispiel Frankreich, beschließen Gesetze dieser Art; Italien, Spanien, alle ha­ben im Bereich der Terrorbekämpfung neue Formen, neue legistische Formulierungen gefunden, und wir alle sind gemeinsam auf dem Weg, die Balance zwischen der Ga­rantie oder der Bereitstellung der Sicherheit auf der einen Seite und der Erhaltung der individuellen Freiheit, der Erhaltung der Rechte des einzelnen Menschen auf der ande­ren Seite auch wirklich optimal einzupendeln und einzurichten.

Die drei Punkte, die in dieser Novelle behandelt werden – es sind dies Sportgroßveran­staltungen, die erweiterte Gefahrenerforschung und die Stärkung des Rechtsschutzbe­auftragten –, gehören einfach zusammen. Genau das ist der Weg, auf dem wir ver­sucht haben, das einzutakten. (Präsident Mitterer übernimmt den Vorsitz.)

Zu den Sportgroßveranstaltungen muss man schon auch einiges sagen. Es ist in den Erläuterungen klar und deutlich nachlesbar, was eine Sportgroßveranstaltung ist. Da nur die Internationalität herauszugreifen, greift wohl daneben. Ich bitte, in den Erläute­rungen noch einmal nachzulesen, was eine Großveranstaltung ist, und das wird dann auch gemeinsam mit den Veranstaltern festgelegt.

Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Das, was hier jetzt angeregt wurde, nämlich zur De­eskalation beizutragen und den Leuten gut zuzureden, geschieht ohnehin schon. Wir haben szenekundige Beamte, die geschult sind, die im Stadion dabei sind und mit den Mannschaften mitfahren. Sie versuchen, gestützt auf das Wissen der Vereine, deren gefährliche Fans, deren aggressive Fans zu beeinflussen und so das Gefahrenpoten­tial zu verringern. Das geschieht also. Diese sachkundigen Beamten arbeiten auch ge­meinsam mit dem ÖFB, mit der Bundesliga im Rahmen der zentralen Fußballinforma­tion, die im Innenministerium positioniert ist, Lagebilder über die verschiedenen gefähr­lichen und weniger gefährlichen Fußballspiele aus. Da gibt es auch innerhalb Öster­reichs deutliche Unterschiede und natürlich auch bei internationalen Veranstaltungen, je nachdem, welche Länder wo spielen. Auch das ist sehr wichtig, und dafür ist auch der internationale Kontakt enorm wichtig.


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Wir pflegen diesen ständigen Kontakt mit den Zuständigen, mit den Sportverbänden, um die Fangruppen zu analysieren, die Risken abzuschätzen und Konzepte zu erstel­len. Das geht hin bis zu Stadienverboten. Es ist auch notwendig, dass sie da oder dort ausgesprochen werden.

In der Novelle haben wir nunmehr zusätzliche Möglichkeiten, laufend auffallende, ag­gressiv gewordene, bereits straffällig gewordene Hooligans in eine Datei aufzunehmen. Diese Datei wird für Großveranstaltungen auch international abgeglichen. Es wird auch die Gefährderansprache geben, das heißt, dass wir noch intensiver diese Deeskalie­rung versuchen wollen. Bereits bekannte, gewaltbereite Fans oder Hooligans werden angesprochen, um ihnen mitzuteilen: Wir werden auf dich schauen, wir werden ein Auge auf dich haben! Wenn du trotzdem weitertust, dann wird ein Stadionverbot oder eine Wegweisemöglichkeit genutzt werden, und du wirst dem Spiel nicht mehr beiwoh­nen können!

Das sind also die Möglichkeiten, die dieses Gesetz bietet. Ich denke, das ist genau das, was wir wollen. Wir wollen der Bevölkerung, den Sportbegeisterten das Sporter­eignis bieten. Man soll sich, wenn in Wien ein Spiel stattfindet, nicht fürchten müssen, sodass man nicht mehr hingeht. Daher gibt es auch die Möglichkeit der Errichtung eines Sicherheitsbereiches um das Stadion. Wir wissen, dass derzeit rund 80 Prozent der Gefährdungen außerhalb der Stadien, im nahen Umfeld der Stadien passieren. Un­tersuchungen, die das besagen, gibt es, diese Daten sind vorhanden. Daher ist dieser Sicherheitsbereich mit maximal 500 Meter per Verordnung individuell festzulegen, und damit kann man dann bekannte Hooligans auch wegweisen. Man kann sie also schon vorher abhalten und damit die nötige Sicherheit bei den Sportveranstaltungen gewähr­leisten.

Die Erfahrungen in England, wo man das schon sehr intensiv macht, zeigen, dass das enorm gut gegriffen hat. England, das das Land der Hooligans war, hat die Zäune in den Stadien abgebaut. Es gibt keine Zäune mehr um die Spielfelder, weil das nicht mehr notwendig ist, weil man das in den Griff bekommen hat. Ich halte das für wichtig, das ist ein guter Weg, um die Dinge wieder ins rechte Lot zu rücken.

Zweiter Punkt: die erweiterte Gefahrenerforschung. Auch hiezu gab es ja schon im Sicherheitspolizeigesetz 2000 und dann 2004 Änderungen bis hin zur Hotspot- und Videoüberwachung. Es wurde schon ausgeführt, dass wir damit innerhalb kurzer Zeit – das ist ja noch nicht einmal ein Jahr gelaufen – einen sehr guten Erfolg erzielen konn­ten mit einem bis zu 80-prozentigen Rückgang der Kriminalität. Das ist wirklich ein Er­folgsfaktor, den man aufzeigen kann, und das soll man daher dort, wo es gefährlich ist, wo besondere Hotspots gegeben sind, auch weiterführen.

In der Novelle haben wir nunmehr auch die Erfahrung von London berücksichtigt. Man muss zugeben, dass es dort mittels Videoüberwachung gelungen ist, die Terroran­schläge aufzuklären. Wir wissen darüber hinaus aus Detailquellen, dass es auf Grund dieser Überwachung auch gelungen ist, eine Menge von beabsichtigten Terroranschlä­gen zu verhindern. Das ist sowohl in London als auch in Madrid und in Italien so gewesen. Wir haben diese Informationen. Und daher ist es entscheidend, präventiv zu arbeiten und zu versuchen, Terroranschläge zu verhindern. Daraus ergibt sich auch die Notwendigkeit für die Exekutive, die Videotechnik einzusetzen.

Was die Privaten betrifft: Es ist sehr klar geregelt, dass man dieses Material nur im Einzelfall und auch nur dann, wenn bestimmte Tatsachen eine schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit anzeigen, verwenden kann. Der Rechtsschutzbeauftragte ist auch in diesen Fällen einzubinden. Wenn hier einfach behauptet wird, dass kika und dergleichen beobachtet werden, und gefragt wird, wer sich all das anschauen soll, kann ich nur sagen: Kein Mensch, denn das ist auch gar nicht beabsichtigt. Nur dann,


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wenn genaue und detaillierte Hinweise auf eine schwere Gefahr gegeben sind, kann man dieses Material verwenden, und der Rechtsschutzbeauftragte hat hiezu die Ge­nehmigung zu erteilen.

Darüber hinaus müssen diese Daten bereits im Datenverarbeitungsregister ordnungs­gemäß gespeichert beziehungsweise rechtmäßig angemeldet sein. All das sind Schutzmaßnahmen, die bereits vorgesehen sind. Im Hearing wurde das von Experten wie Professor Adamovich, der wohl über jeden Zweifel erhaben ist, auch positiv ver­merkt.

Als letzten Punkt möchte ich noch das Wichtigste erwähnen, nämlich den Ausbau und die Stärkung der Position des Rechtsschutzbeauftragten durch seine Bestellung durch den Bundespräsidenten, aber auch durch die Möglichkeit, überall Zugang zu haben, jederzeit alle Räume betreten und in jedes Material Einblick nehmen zu können. Bei je­der erweiterten Gefahrenerforschung muss grundsätzlich der Rechtsschutzbeauftragte gefragt, kontaktiert werden. Damit haben wir die erforderliche Balance auch wirklich zuwege gebracht.

Am Ende meiner Ausführungen möchte ich noch einmal ein Danke dafür sagen,
dass wir in der sehr intensiven Erarbeitung dieser Novelle zu einem breiten Konsens gelangt sind. Ich denke, dass die Exekutive damit mehr Möglichkeiten hat, die Sicher­heit der Bürger wirklich zu garantieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Ing. Kampl.)

13.40


Präsident Peter Mitterer: Danke. – Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen dazu vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht, Frau Bundesrätin? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.40.576. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend einen Vertrag zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Zusammenar­beit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminali­tät (1116 d.B. und 1227 d.B. sowie 7443/BR d.B.)

 


Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mayer. Ich bitte um den Bericht.

 


13.41.20

Berichterstatter Edgar Mayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich berichte namens des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend einen Vertrag zwischen der Re­publik Österreich und der Republik Ungarn über die Zusammenarbeit bei der Vorbeu­gung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zum Antrag.


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Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage vom 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Peter Mitterer: Es liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wort­meldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Auch die Berichterstattung verzichtet auf das Wort.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.42.307. Punkt

Bericht der Bundesministerin für Inneres zur Jahresvorschau des BM.I 2005
auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission so-
wie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-274-BR/2005 d.B. sowie 7298/BR d.B.)

 


Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Höfinger. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Johann Höfinger: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hoher Bundesrat! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Bericht der Bundesministerin für Inneres zur Jahresvorschau des Jah­res 2005 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Bericht liegt Ihnen bereits seit längerer Zeit in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zum Beschluss, und dieser lautet: Bei der Ab­stimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, dem Bundesrat die Kenntnis­nahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

Ich komme nunmehr zum Antrag: Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Mai 2005 den Antrag, den Bericht über den Bericht der Bundesministerin für Inneres zur Jahresvorschau des BM.I 2005 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operati­ven Jahresprogramms des Rates zur Kenntnis zu nehmen.

 


Präsident Peter Mitterer: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein. Es liegen Wortmeldungen vor.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Bundesrat Wiesenegg. – Ich darf ihm das Wort erteilen.

 


13.44.18

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Die Vorschau des Bundesministeriums für Inneres auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Kommission wurde ja bereits mehrfach im Plenum des Nationalrates diskutiert und auch in weiten Bereichen negativ beurteilt und kritisiert. Daher möchte ich mich in meiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für


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innere Angelegenheiten im Bundesrat auf einige wichtige Punkte, die die Menschen betreffen, konzentrieren. Ich gehe davon aus, dass Sie, sehr verehrte Frau Minister, diese dann auch beantworten können.

Es geht da einmal um den Bereich der Vorratsdatenspeicherung, wofür nach meinem Wissen ein Spielraum von sechs Monaten bis zu zwei Jahren vorgesehen ist. Für mich ist völlig ungeklärt, wie man sich die Umsetzung vorstellt und in welcher Weise hier Kosten entstehen. Als Steuerzahler würde mich auch interessieren, wer die Kosten der Umsetzung trägt. Mir scheint auch nirgends festgelegt zu sein, inwieweit hier die Grundrechte der Bürger berücksichtigt sind.

Schlussendlich, geschätzte Frau Minister, wäre es nach meinem Dafürhalten höchst an der Zeit, im Rahmen dieses Arbeitsprogramms auch festzulegen, wie mit unserer Schengen-Außengrenze weiter vorgegangen werden soll und muss. Weiters stellen wir von Seiten der Sozialdemokraten mit die Forderung nach der vollen Einbindung der nationalen politischen Ebenen, beginnend mit dem Nationalrat über Bundesrat, Länder bis hin zu den Gemeinden. Was in diesem vorliegenden Arbeitsprogramm nicht klar er­sichtlich ist, ist nach meinem Dafürhalten ein Gebot der Stunde.

Geschätzte Damen und Herren! Aus diesen ausschließlich sachlichen Überlegungen und sachlichen Darstellungen, wie ich sie auch bereits im Ausschuss dargelegt habe, wird die SPÖ-Fraktion diesem Bericht ablehnend gegenüberstehen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.46


Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Ich darf ihm das Wort erteilen.

 


13.46.45

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Äußerungen des Kollegen Wiesenegg haben mich in gewissem Maße überrascht. Im Mai wurde offensichtlich noch Stimmeneinhelligkeit festgestellt, und jetzt ist es halt ein bisschen anders. Wenn ich mir dann noch die Debatte von vor ein paar Stunden über die Europafreundlichkeit der Sozialdemokraten vor Augen halte – ich war kurz im Nationalrat drüben und habe gehört, wie das Europabekenntnis von Kollegen Cap lautet –, dann muss ich mich schon fragen: Wo sind wir jetzt eigentlich? (Ruf bei der SPÖ: Im Bundesrat!) Offen­sichtlich hat Europa bei den Sozialdemokraten nicht mehr den Stellenwert, den es unter Kanzler Franz Vranitzky gehabt hat, sondern es wird jetzt immer mehr in das par­teipolitische Hickhack hineingezogen.

Zum Programm, das jetzt eigentlich zur Diskussion steht. Es ist erstmals seitens der EU-Kommission eine Jahresvorausschau in den einzelnen Sparten vorgelegt worden. Wir haben schon einmal gesagt – und da waren wir auch noch alle einer Meinung –, dass das ein ganz hervorragender erster Schritt ist, um Europa besser zu verankern, dem Bürger näher zu bringen und um ihm auch mitzuteilen, welche Vorteile das vereinte Europa für ihn selbst hat. Etwas, das dabei ganz besonders wichtig ist, ist der Ausbau der so genannten dritten Säule, und da fällt alles hinein, was mit Justiz und Innerem zu tun hat. Und in diesem Zusammenhang darf ich nochmals erwähnen, dass zum Beispiel die englische Präsidentschaft im November nach Westminster eingeladen hat, um gemeinsam mit den Vorsitzenden der Ausschüsse der Parlamente über die Frage des Terrorismus intensiv zu diskutieren und vor allem auch Informationen weiter­zugeben. Auch die österreichische Präsidentschaft plant, soweit ich das Datum richtig im Kopf behalten habe, für den 10. April eine ähnliche Sitzung im Parlament, bei der man sich auch damit auseinander setzen wird. Seit 2004, seit der letzten Europapar-


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lamentswahl gibt es laufend Einladungen nach Brüssel, in den Ausschuss für Justiz, Inneres und bürgerliche Freiheiten, um eine entsprechende Kommunikation zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament sicherzustellen.

Was wird von Ihnen nunmehr abgelehnt? – Man sollte hier schon ins Detail gehen. Die Prioritäten für den Bereich des Inneren im Jahre 2005 seitens der Kommission sind eine Stärkung der gemeinsamen Visa-Politik durch Einführung des Visa-Informations­systems und die Verbesserung der Sicherheit von Reisedokumenten. Ich meine, da kann man doch nichts dagegen haben.

Das Zweite ist die Vorbereitung der zweiten Phase des gemeinsamen Asylsystems in­klusive der Umsetzung des Europäischen Flüchtlingsfonds Nummer zwei. Ein Ziel der österreichischen Präsidentschaft für 2006 wird es sein, zu einem einheitlichen Asylge­setz zu kommen. Ist man da dagegen?

Weiters ist der Start eines neuen Aktionsplanes im Rahmen der Drogenstrategie für die Jahre 2005 bis 2012 geplant. Da ist man dagegen? Optimierte Kontrollen und wirksa­me Überwachung an den Außengrenzen der Europäischen Union. Gerade haben Sie die Schengengrenze angesprochen, Herr Kollege Wiesenegg. Das steht da drinnen! Warum sind Sie dagegen? Die Ausweitung der Rolle und Kapazitäten der Europäi­schen Polizeiakademie. Es kann doch wirklich nur so sein, dass man versucht, die Exekutivbeamten im weitesten Sinne einer einheitlichen europäischen Ausbildung zu­zuführen, die Sprachkenntnisse zu vertiefen. Ich gehe dann später beim Sicherheitsbe­richt 2004 noch näher darauf ein. Und als Letztes die Intensivierung der Bekämpfung des Terrorismus durch Ausbau der entsprechenden EU-Netze und ‑Kapazitäten. Ich kann wirklich nur mit Staunen Ihren Sinneswandel feststellen und frage mich, was ihn bewirkt hat. Haben Sie vielleicht dieses Papier, das mir zur Verfügung gestellt worden ist, nicht so richtig studiert?

Der langen Rede kurzer Sinn ist, dass meine Fraktion dieses Legislativ- und Arbeits­programm der Kommission mit Freude zur Kenntnis nimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

13.51


Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Prokop. – Ich darf es ihr erteilen.

 


13.51.37

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte auch nur ganz kurz auf die Fragen eingehen. Zum einen die Vorratsdatenspei­cherung. Dazu hat es vor wenigen Tagen im EU-Parlament einen Grundsatzbeschluss gegeben. Der ist dann auf staatlicher Ebene umzusetzen, und hiezu wird das Justizmi­nisterium eine Vorlage machen. Das kommt also erst, und darüber wird zu diskutieren sein. Die Vorlage ist vom EU-Parlament jetzt verabschiedet. Das war eine sehr harte Arbeit, eine sehr lange und breite Diskussion. Die Fristen sind darin enthalten, und sie reichen von sechs Monaten bis zu zwei Jahren. Das wird innerstaatlich genauer zu regeln sein, und das wird vom Justizressort hier vorgelegt werden. Das steht also jetzt nicht zur Diskussion. Es ist nur darüber berichtet worden, dass das in dem Jahr dis­kutiert wurde. Der Bericht ist ja eine Vorschau auf das heurige Jahr. Ich habe auch im Innenausschuss des Nationalrates angeboten, diese Berichte für heuer und auch schon für das nächste Jahr zu geben. Ich mache das gerne auch im Bundesrat, weil es selbstverständlich notwendig ist, dass legistische Einrichtungen, dass die Gesetzge­bung mit der Exekutive zusammenarbeitet.

Dasselbe gilt für die Schengen-Durchführung. Die Umsetzung von SIS II und auch VIS wird zurzeit noch im EU-Parlament behandelt, beides befindet sich noch im Stadium der ersten Lesung. Die Termine sind für das erste Halbjahr 2006 festgesetzt. Es wird


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notwendig werden, diese Dinge im Rahmen unserer Präsidentschaft genau aufzuarbei­ten. SIS II wird notwendig sein, um Schengen weiterzuentwickeln. Die jetzige Schen­gen-Kooperation ist klar deklariert. Mir ist also nicht klar, welche Fragen hier noch offen sind. Die Evaluierung beginnt mit 1. Jänner kommenden Jahres. Die Kommissionen stehen. Das wird mit allen Mitgliedsländern in allen Details erarbeitet. Der Bereich Schengen II ist ausgenommen, also SIS II ist ausgenommen, alle anderen Bereiche werden im kommenden Jahr evaluiert, und die Schengenerweiterung, also auch die tatsächliche Umsetzung der Erweiterung kann nur dann erfolgen, wenn diese Sicher­heitsstandards erfüllt sind. Ich nehme an, das war die Frage.

Im Schengen-Bereich geht es um polizeiliche Zusammenarbeit, und dazu gibt es viele bi- und multilaterale Verträge. Gerade vorhin haben wir einen mit Ungarn beschlossen. Das alles geschieht in Umsetzung der Schengen-Übereinkommen. Es ist übrigens ein leichter Widerspruch in sich, wenn man auf der einen Seite sagt, dass man das nicht will, auf der anderen Seite dieser Vertrag aber einstimmig über die Bühne gegangen ist. Wir haben mit allen unseren Nachbarn jetzt bilaterale Verträge über polizeiliche Nacheile, über polizeiliche Kooperation, über polizeilichen Informationsaustausch. Das alles ist bereits abgeschlossen oder steht kurz vor dem parlamentarischen Abschluss.

Nochmals mein Angebot für die Zukunft, denn es steht gerade im Innenbereich in der EU sehr viel zur Diskussion: Das Angebot, hier miteinander zu arbeiten, halte ich jeder­zeit und immer aufrecht, denn ich bin überzeugt davon, dass es keinen anderen Be­reich geben wird, in dem die Zusammenarbeit in Europa so intensiv von den Menschen gespürt werden wird wie im Sicherheitsbereich. Und wir haben hier viele, viele The­men, die wir gemeinsam lösen müssen, und das ist auch in dieser Vorschau beinhaltet. Vor allem konnten wir ja manches noch gar nicht machen, denn der Haager Aktions­plan sollte Anfang des Jahres beschlossen werden, er wurde jedoch erst im Juni be­schlossen. Daher sind viele dieser Dinge erst im Laufen und werden erst unter unserer Präsidentschaft zur Umsetzung gelangen.

Ich bitte also darum, das wirklich noch einmal zu überdenken, und ich biete Zusam­menarbeit in jeder Form an, denn Sicherheit kann nur auf breiter Ebene garantiert wer­den, wenn es auch gute internationale Kooperation gibt, und das ist in diesem Bereich in der europäischen Zusammenarbeit im Justiz- und Innenressort auch tatsächlich ge­geben. (Beifall bei der ÖVP.)

13.56


Präsident Peter Mitterer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher ge­schlossen.

Wünscht der Berichterstatter noch ein Schlusswort? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist, da ich auch an der Abstimmung teilnehme, die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit angenom­men.

13.56.518. Punkt

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicher­heitsbericht 2004 ) (III-285-BR/2005 d.B. sowie 7444/BR d.B.)

 



Bundesrat
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Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung. Es ist dies der Sicherheitsbericht 2004.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Roth-Halvax. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatterin Sissy Roth-Halvax: Bericht des Ausschusses für innere Angele­genheiten betreffend den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich:

Der vorliegende Bericht der Bundesregierung beinhaltet einen Beitrag des Bundesmi­nisteriums für Inneres sowie einen Beitrag des Bundesministeriums für Justiz und gibt Aufschluss über die Kriminalität im Spiegel des Kriminalitätsberichtes, Lagebilder be­treffend ausgewählte Deliktsformen, Verbrechensverhütung und Verbrechensaufklä­rung, Menschenrechtsbeirat, Migrationswesen, Europäische Union, Staatsbürger­schafts- und Passangelegenheiten, Initiativen auf dem Gebiet der Gesetzgebung, ver­kehrspolizeiliche Angelegenheiten, Waffenwesen, Festnahmen und Demonstrationen, Zivilschutz, Krisen- und Katastrophenschutz, Flugpolizei, Entminungs- und Entschär­fungsdienst, die Kriminalität im Spiegel der Strafrechtspflege, gerichtliche Strafenpra­xis, Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit der Strafrechtspflege sowie perso­nelle und organisatorische Maßnahmen bei den Justizbehörden.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 19. Dezember 2005 in Verhandlung genommen.

 


Präsident Peter Mitterer: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Bundesrat Todt. – Ich darf ihm das Wort erteilen.

 


13.58.41

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Die Zahlen im Sicherheitsbericht sprechen eine sehr deutliche Sprache. Es ist erfreulich, dass die Kriminalität in Österreich im Jahr 2004 nur um 0,1 Prozent, also von 604 273 auf 604 712 Fälle gestiegen ist. Dieses erfreuliche Ergebnis ist mit Sicherheit auf die Arbeit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zurückzuführen. Unser Dank für diese engagierte Arbeit gilt vor allem den Beamtinnen und Beamten.

Als Wiener Bundesrat freut es mich besonders, dass in Wien die Aufklärungsquote um 8 Prozent gestiegen und die Kriminalität um 1,4 Prozent gesunken ist. Dies ist trotz des Personalmangels besonders erfreulich. Der Rückgang der angezeigten Fälle und die Steigerung der Aufklärungsquote ist sicher auch auf den von der Wiener Stadtregie­rung eingeschlagenen Weg der Sicherheitspartnerschaft zurückzuführen. Die Koopera­tion, die von Bürgermeister Häupl und Frau Innenminister Prokop eingegangen wurde, zeigt Wirkung.

Wien gehört zu den sichersten Millionenstädten der Welt und hat mit voller Kraft für die Sicherheit gearbeitet. Damit die PolizistInnen mehr Zeit für Streifendienste auf Wiens Straßen haben, hat die Stadtverwaltung bereits zahlreiche Aufgaben der Polizei über­nommen. Dazu zählt das Pass- und Meldewesen, das Fundwesen sowie Teile der Parkraumbewirtschaftung. Damit sich die Polizei aktiv auf die Verbrechensverhütung konzentrieren kann, gibt es diesen Sicherheitspakt.

In Wien sind in den letzten Jahren zahlreiche öffentliche Wege und Plätze beleuchtet worden. Wir brauchen aber Investitionen für eine sichere Zukunft. Tausend zusätzliche Polizisten sind für ein Gefühl der Sicherheit in der Öffentlichkeit notwendig, und sie müssen auch im Stadtbild sichtbar sein.

Zur Vorbeugung von Wohnungseinbrüchen fördern wir in Wien bereits den Einbau von Sicherheitstüren in Altbauten.


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Ich habe jetzt einen sehr positiven Weg der Zusammenarbeit aufgezeigt, daher wun­dert es mich ganz besonders, dass die Wiener ÖVP immer wieder die Einführung einer Wiener Stadtpolizei fordert. Für die Kriminalitätsbekämpfung darf ausschließlich die Polizei zuständig sein. Die Sicherheit der Bevölkerung ist uns ein echtes Anliegen. Sicherheit kann nicht einer Stadtwache – wie es die ÖVP Wien fordert – überlassen werden. Noch dazu kostet ja diese Stadtwache den Steuerzahler zusätzlich mehr Geld.

Ich muss aber auch feststellen, dass in den letzten Jahren im Bereich der Sicherheit massiv eingespart wurde. Nicht nur in Wien fehlen tausend Polizistinnen und Polizis­ten, sondern auch in den anderen Bundesländern.

Ein Beispiel aus dem Bundesland Salzburg: In den Landbezirken fehlen 177 Polizeibe­amtinnen und Polizeibeamte. Die Zahl der Beamten, die für den Innendienst zuständig sind, hat sich nicht verändert, sondern ist gleich geblieben. Im Außendienst ist sie da­durch jedoch um 23 Prozent gesunken.

Da Sie also immer noch bei der Sicherheit sparen und da die notwendigen Beamten immer noch fehlen, lehnen wir diesen Sicherheitsbericht ab. (Beifall bei der SPÖ.)

14.02


Präsident Peter Mitterer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Küh­nel. Ich darf ihm das Wort erteilen.

 


14.02.55

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich Kollegen Todt zugehört habe, habe ich angenommen, er wird dem Sicherheitsbericht die Zustimmung erteilen, da er doch überwiegend die Verhältnisse in Wien gelobt hat.

Er ist dann aber als Wiener Abgeordneter auf die anderen Bundesländer eingegangen, hat Salzburg erwähnt und meint nun, der Bericht solle eben nicht zur Kenntnis genom­men werden. – Sei es, wie es sei. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen, aber es ist ja bei der SPÖ gelegentlich der Fall, dass man nicht alles nachvollziehen kann. (Bun­desrat Todt: Solange so kaputtgespart wird, können wir nicht zustimmen!)

Zweitens hat Herr Kollege Todt erwähnt, dass die Wiener ÖVP gerne eine Stadtwache hätte. – Es gibt eben auch in Wien gewisse Mängel. Die Sozialdemokraten in Wien sehen das natürlich anders, aber es gibt sie, zum Beispiel den Hundekot, die Park­raumüberwachung und Ähnliches. (Bundesrat Kraml: Zum Sicherheitsbericht! Bun­desrat Todt: Das gehört zur Sicherheit und zur Kriminalitätsbekämpfung?) – Dafür sind Sie verantwortlich – die SPÖ!

Da hat die ÖVP Wien gemeint, wenn zum Beispiel für die Magistratsbediensteten der Stadt Wien das Pensionsrecht des Bundes eingeführt worden wäre, dann hätte sich die Stadt Wien ungefähr 300 Stadtwächter leisten können. – Das wollen Sie nicht hören, das weiß ich, aber ich erwähne es trotzdem. – Sie nehmen den Bericht also nicht zur Kenntnis.

Frau Bundesminister! Sie sind jetzt ungefähr ein Jahr im Amt. Sie waren – wenn man das heute so sagen darf – doch eine gewisse Überraschung in der allgemeinen Politik. Eine Überraschung war nämlich, dass eine Frau das Bundesministerium für Inneres übernimmt. (Bundesrat Wiesenegg: Das hat uns überrascht!)

Es hat sich in diesem Jahr herausgestellt, dass Sie hervorragende Arbeit leisten und – ein ganz besonderes Kompliment – dass die Zusammenführung von Polizei und Gen­darmerie zur neuen Polizei – wenn man so sagen kann – in blauer Uniform sehr ge­räuschlos und gut über die Bühne gegangen ist. – Meine Gratulation zu diesem Erfolg! (Bundesrat Kraml: Geräuschlos!)


Bundesrat
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Was den Sicherheitsbericht 2004 betrifft, ist er natürlich noch etwas umfangreicher als der Bericht 2003, den wir vor relativ kurzer Zeit hier im Bundesrat diskutiert haben. Ich möchte aber wieder erwähnen, dass es ein gemeinsamer Bericht zusammen mit dem Bundesministerium für Justiz ist und dass das in Österreich zweifelsohne Beispielcha­rakter hat.

Mein Dank gilt allen Beamten, die sich bemüht haben, diesen Bericht zusammenzu­stellen, die die Beiträge formuliert haben und somit eine Fundgrube zur Situation der Sicherheit in Österreich geschaffen haben.

Besonders lesenswert sind in diesem Bericht – Sie brauchen keine Angst zu haben, dass ich ihn vorlesen werde – die Seiten 209 bis 235, wo über Lagebilder betreffend ausgewählte Deliktsformen berichtet wird. (Bundesrat Todt: Wir haben ihn gelesen!)

Etwas möchte ich schon im Besonderen erwähnen, und zwar die Sicherheitsakademie, die jetzt geschaffen wurde, denn alles, was im weitesten Sinne mit Ausbildung zu tun hat, ist eine Investition in die Zukunft, damit unsere Exekutive noch effizienter und noch besser wird.

An den Grundausbildungs-Lehrgängen haben zum Beispiel im Jahre 2004 über 300 Personen teilgenommen, und 805 Exekutivbeamte haben im Jahre 2004 die Grundausbildung abgeschlossen. Es kommen also in Österreich neue Polizisten auf die Straße, wie Sie, Kollege Todt, in Wien festgestellt haben.

Die Weiterbildung ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. In der Polizeiakademie gibt es ein Zentrum für Fortbildung, und ich möchte Ihnen vorlesen, mit welchen Dingen man sich dort beschäftigt, nämlich zum Beispiel mit den Themen Menschenrechte, Ethik und polizeiliches Handeln, Unternehmenskultur, Persönlichkeits- und Teamentwicklung, Suchtmittel – Prävention und Repression.

Weiters sind Themenschwerpunkte für die Fortbildung: Ausweitung und Professionali­sierung der Fremdsprachen, Ausbildungsmaßnahmen zur Strafprozessordnungs-Re­form, Ausbildungsmaßnahmen zur Fußball-Europameisterschaft 2008 – hört bitte, so vorausschauend wird da bereits gearbeitet! –, Erarbeitung des Personalentwicklungs­konzeptes Fortbildung sowie Umsetzung der Exekutivreform für das Team 04, Entwick­lung einer Führungskräfteweiterbildung. – Da sieht man, dass permanentes Lernen nicht nur ein Schlagwort ist, sondern dass versucht wird, das umzusetzen.

Weitere Themenschwerpunkte sind die Durchführung des zwölften Lehrgangs der Füh­rungskräfteausbildung und – da hier ja auch gelegentlich Kritik dahin gehend geübt wird, dass die Menschenrechte im polizeilichen Bereich nicht richtig Einzug gehalten haben – Fortbildung zur Menschenrechtsbildung (polizeiliches Handeln in einer multi­ethnischen Gesellschaft), das INTERKulturLOTSEN-Programm sowie Seminare in Ko­operation mit der ADL – der Anti-Defamation League, einer amerikanischen Einrich­tung, die sich weltweit bemüht, die Diffamierung von Bevölkerungsgruppen auf Grund von Konfession, Denomination und so weiter hintanzuhalten. – Da ist also wirklich Wegweisendes geschehen.

Als Letztes möchte ich noch das Zentrum für internationale Angelegenheiten erwäh­nen, das auch in die Sicherheitsakademie integriert ist. Da ist man bemüht, vor allem in Mittelost- und Südosteuropa die Ausbildung bei der Polizei zu verbessern, zum Bei­spiel durch eine Zusammenarbeit mit der Polizeiakademie der Ukraine.

Man gibt aber auch ausländischen Polizeibeamten – insgesamt 56 – die Möglichkeit, in Österreich zu hospitieren – das heißt zu sehen, wie in Österreich gearbeitet wird – und in Österreich zu lernen, wie man ordentliche Polizeiarbeit nach europäischem Standard macht. Es werden auch Studienreisen nach Österreich für ausländische Polizeibeamte durch die Sicherheitsakademie organisiert.


Bundesrat
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Frau Bundesminister! Das ist nur ein kleines Beispiel, aber daran kann man sehen, wie zukunftsorientiert Ihre Arbeit ist. Ich darf nochmals Ihnen und allen Angehörigen Ihres Ressorts danken, einerseits für den Bericht und andererseits für die geleistete Arbeit im Jahr 2004. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

Zuletzt darf ich noch einen Antrag einbringen, nämlich auf Kenntnisnahme des Berich­tes der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbe­richt 2004).

Antrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bericht der Bundesregierung über die Innere Sicherheit in Österreich (Sicherheits­bericht 2004) (III-285-BR/2005 der Beilagen sowie 7444/BR der Beilagen) wird zur Kenntnis genommen.“

*****

Der Antrag ist entsprechend unterschrieben, und ich darf ihn dem Präsidium überrei­chen. – Bitte.

14.10


Präsident Peter Mitterer: Der von den Bundesräten Dr. Kühnel, Kolleginnen und Kol­legen eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Es liegen weitere Wortmeldungen vor. Die nächste ist von Herrn Bundesrat Wiesen­egg. – Ich darf ihm das Wort erteilen.

 


14.11.23

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mi­nister! Ich danke vor allem für das Angebot der Zusammenarbeit, denn dann wird der Sicherheitsbericht 2005 und, wenn der österreichische Wähler will, auch der Sicher­heitsbericht 2006 bestimmt positiv sein.

Herr Kühnel! Sie wissen ganz genau, dass ich mich immer bemühe – auch im Aus­schuss und dort, wo ich sonst politisch auftrete –, so optimal sachlich zu sein wie nur möglich. Ich bitte Sie, auch Verständnis zu haben, wenn Sie bestimmte Punkte nicht nachvollziehen können. Ich denke, Sie sind zu wenig auf den Gendarmerieposten be­ziehungsweise Polizeiinspektionen im ländlichen Raum oder in den größeren Orten anwesend. – Das getraue ich mir hier festzuhalten.

Ich habe mich bereits auch im Ausschuss für innere Angelegenheiten bemüht, sachbe­zogene Fakten zu diesem Sicherheitsbericht vorzulegen. Meine geschätzten Damen und Herren! Ein wesentlicher Punkt sind die wiederholten Versprechungen Ihres Vor­gängers und auch von Ihnen bei uns im Bezirk an uns Bürgermeister, für die ohnehin stark reduzierten Polizeidienststellen zumindest jene Beamtinnen und Beamten zur Verfügung zu stellen, die der systemisierte Dienstpostenplan vorsieht. –Von einem Überangebot an Beamtinnen und Beamten will ich hier ja gar nicht sprechen.

Geschätzte Damen und Herren! Es fehlen also, so wie auch bei jenen Möglichkeiten, wo Strafgelder im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße liegen, wie zum Beispiel bei LKW-Kontrollstellen, die wichtigen, notwendigen und von Ihnen und von Ihrem Vor­gänger längst versprochenen Exekutivbeamten.


Bundesrat
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Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Das ist ein Zustand, der bei jedem wirtschaftlich normal denkenden Menschen nur Kopfschütteln auslöst, zumal – und das wissen Sie besser als ich – seit der Neuregelung der StVO im Jahr 1994 20 Prozent der Strafgelder dem Bundesministerium für Inneres zufließen. – Da Mehr­einnahmen zu lukrieren wäre also das Argument und somit auch die Hilfestellung, mehr Beamte einzustellen, und damit auch ein Beitrag zur Sicherheit.

Sie haben, wie ich gelesen habe, im Jahre 2004 25,1 Millionen € beziehungsweise 4,2 Prozent mehr eingenommen als 2003 und trotzdem auf dem Personalsektor, ge­schätzte Frau Minister, den Rotstift auf Kosten der Sicherheit angesetzt.

Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe nur einige wichtige Bereiche des Berichtes angeschnitten, der jedoch für uns und besonders für jene, die im länd­lichen Raum politisch tätig sind, signifikant aufzeigt, wie mit dem Thema Sicherheit umgegangen wird. Daher findet, wie bereits schon erwähnt, auch dieser Bericht nicht die Zustimmung unserer Fraktion.

Geschätzte Damen und Herren! In diesem Zusammenhang sind auch die Fakten der Unfallstatistik zur Fahrgeschwindigkeit in diesem Bericht bemerkenswert. Daher wird zu diesem Thema Tempo 160 von uns ein Entschließungsantrag eingebracht, der die­sen Fakten Rechnung trägt.

Ich zitiere hier Herrn Bundesminister Pröll, der mit Sicherheit nicht der SPÖ zuzuzählen ist und der meint, Tempo 160 sei mit Klimaschutz unvereinbar und der Vorschlag zur Erhöhung der Tempolimits auf Autobahnen auf 160 km/h sei nicht vereinbar mit der Kli­mastrategie, die die – derzeitige – österreichische Bundesregierung zur Erreichung des Kyoto-Zieles beschlossen hat. Überdies bedeutet eine erhöhte Geschwindigkeit eine Mehrbelastung der Anrainer durch Luftschadstoffe wie insbesondere Feinstaub. Dar­über ist heute schon länger diskutiert worden.

Der Verkehrssektor ist einer der größten Problembereiche bei der Erreichung des Kli­maschutzzieles. Geschätzte Damen und Herren! Herr Kühnel! Auch für Sie und für uns alle in Tirol ist das ein ganz wichtiges Thema, mit dem wir tagtäglich – auch in der Aus­einandersetzung mit den Menschen – zu tun haben. Daher formuliere ich im Folgenden unseren Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Wiesenegg, Ana Blatnik, Molzbichler, Elisabeth Kerschbaum, Schenn­ach und KollegInnen betreffend keine weiteren Steuermittel für die 160 km/h-Test­strecke(n)

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Entschließung:

Der Bundesrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung und die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden auf­gefordert, kein Steuergeld für den Test eines 160 km/h-Geschwindigkeitslimits zu ver­wenden und sämtliche bereits in diesem Zusammenhang veranlasste Aufträge umge­hend zu stornieren.“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

14.16



Bundesrat
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Präsident Peter Mitterer: Der von den Bundesräten Wiesenegg, Kolleginnen und Kol­legen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend keine weiteren Steuermittel für die 160 km/h-Teststrecke ist genügend unterstützt und steht demnach auch mit in Ver­handlung.

Als Nächster spricht Herr Bundesrat Schennach. – Ich darf ihn ans Rednerpult bitten.

 


14.16.34

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Einer Tradition der grünen Fraktion im Bundesrat folgend werden wir dem Bericht, den Ihr Haus erstellt hat und der in einer sehr umfangreichen und umfassenden Art und Weise vorliegt, unsere Zustimmung erteilen und für eine Annahme stimmen.

In der Sicherheitspolitik gibt es geradezu naturgemäß in vielen Bereichen einen hefti­gen Streit zwischen Oppositionsparteien und der Regierung. Daher haben wir natürlich auch bei diesem Bericht zu einer Reihe von Punkten einige Anmerkungen. Manche An­merkungen habe ich schon im Ausschuss gemacht, und seitens Ihrer Beamtenschaft wurde mir etwa zum Bereich der Zurückschiebung an der Grenze zugesagt, dass ent­sprechende Daten nachgeliefert werden. Ich erwarte diese Daten dann auch nächste Woche.

Was mir in diesem Bericht besonders fehlt – und ich finde, das ist ein Gebot der Stun­de! –, ist eine Statistik zum Bereich Fremdenkriminalität im Justizteil. Ich halte das wirklich für notwendig, und das fehlt.

Außerdem ist es ja so, dass auch im Bereich der Zurückschiebungen potentielle Opfer von Menschenhandel darunter sein können. Da im Jahre 2004 30 000 Personen an den Grenzen zurückgeschoben wurden, weiß man nicht, wie viele davon aus dem Bereich des Menschenhandels waren. Es ist klar, dass das im Bericht nicht spekulativ oder hypothetisch diskutiert werden kann – das wäre ja unseriös –, es wäre aber wich­tig, dass die prinzipielle Problematisierung dieses Tatbestandes erfolgt.

Was mir nach wie vor wichtig ist, gerade was Menschenhandel und Rotlichtmilieu be­trifft, ist eine Art von Aufenthaltsverfestigung für jene Frauen, die unter diesen sex­sklavereiähnlichen Verhältnissen nach Österreich geschleppt werden und bereit wären auszusagen. Diese dürfen dann nicht durch eine Abschiebung bedroht werden, son­dern es soll der Zeugenschutz, der ja auch gerade im Bereich der organisierten Krimi­nalität besteht, gegenüber solchen Frauen zur Anwendung kommen und eine Art von Aufenthaltsfestigung nach sich ziehen. Das heißt, dass Frauen in solchen sklaverei­ähnlichen Verhältnissen, die die Chance haben zu sprechen und auszusagen und auch tatsächlich eine Anklage zu erheben, dann nicht umgekehrt wiederum von der Abschie­bung bedroht sein sollen.

Was mir besonders fehlt, ist eine Erklärung, eine Begründung zum Bereich der drama­tisch gestiegenen Anfragen im EKIS. Es gibt um 42 Prozent mehr Anfragen. – Das ist enorm. Kollege Wiesenegg! Eine Steigerung der EKIS-Anfragen von über 42 Prozent muss ja einen Grund haben. Der Grund wird in diesem Bericht aber nicht erwähnt. Es wäre meiner Meinung nach wichtig, dass dem nachgegangen wird.

Zum Thema großer Lauschangriff und Spähangriff: Es wird zwar erwähnt, dass die mutmaßlichen Täter in U-Haft genommen wurden, aber wie der Fortgang des Strafver­fahrens ist, ob es überhaupt einen Fortgang gibt oder ob das alles Status quo ist, wird in dem Bericht nicht erwähnt.

Was ich auch bedauere, ist, dass es zum ganzen Thema Schengen II, das als eine unabdingbare Voraussetzung für die Schengen-Osterweiterung ab 2007 gilt – Ihr Vor­gänger hat noch gemeint, das wird sicher nicht vor 2008 sein, aber ab 2007 soll ja die


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Schengen-Osterweiterung kommen –, keine klaren Aussagen über den derzeitigen Stand gibt: Wie sieht es mit den vorbereitenden Arbeiten für die Inbetriebnahme aus? Wie sieht es mit den verschiedenen Vorschlägen zu biometrischen Daten, digitalen Ge­sichtsbildern, Fingerabdrücken und so weiter aus?

Wir wissen ja, dass es auch da unterschiedliche Vorstellungen gibt – auch von Seiten der österreichischen Bundesregierung gegenüber anderen Schengen-Mitgliedern –, und ich hätte mir eigentlich erwartet, dass dies im Bericht auch entsprechend abgebil­det wird.

Dieser Tage haben wir gehört, dass es in Österreich einen erfreulichen Rückgang an Verkehrstoten gibt – auch das ist eine Frage von Sicherheit –, dass es aber ein drama­tisches Anwachsen im Bereich der tödlich verunglückten 15- bis 17-jährigen Moped­lenker gibt. Die Anzahl der Unfälle mit tödlichem Ausgang beträgt über 900 im Jahr.

Meine Damen und Herren! Es muss doch alles getan werden, um mit Geschwindigkeit und Fahrsicherheit anders umzugehen! Wir können nicht jungen Menschen mit 160 km/h-Alpträumen bereits andere Vorbilder entgegensetzen, wenn wir uns eigent­lich bemühen müssten, für mehr Verkehrsicherheit zu sorgen. – Ich sage es noch ein­mal: Denken Sie an die Familien! Das sind 900 tote 15- bis 17-jährige Jugendliche. Das sind 900 Familien in Österreich, die in diesem Jahr einen Toten zu beklagen ha­ben, weil er Moped gefahren ist. – Ich halte in diesem Zusammenhang absolut nichts von Tempobolzerei 160! – Das wären die falschen Vorbilder. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Deshalb werden wird diesen gemeinsamen Entschließungsantrag selbstverständlich unterstützen.

Auch was den Opferschutz betrifft, wird es einen Antrag geben, den wir gerne unter­stützen, denn wir haben von dieser Bank aus gehört, dass die Volksanwaltschaft uns Recht gegeben hat, dass das österreichische Opferrecht viel zu schlecht und völlig ver­altet ist. Das heißt, wir müssen das Opferrecht verbessern, gerade in Hinblick auf ver­besserte, schnellere Zugangsmöglichkeiten für die Opfer.

Die Volksanwaltschaft hat dem Hohen Haus hier erklärt, dass das richtig ist. Der letzte Volksanwaltschafts-Bericht hat ein eigenes Kapitel zum Opferschutz und Opferrecht. Der zuständige Volksanwalt hat uns erklärt, dass das ein Gebot der Stunde sei. Frau Bundesministerin! Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie diesen wirklich eindring­lichen Appell, den die Volksanwaltschaft hier in diesem Hause an uns richtet, aufneh­men und endlich an eine Novellierung der Opferrechte denken, denn das steht noch aus. Das Gesetz ist wirklich völlig veraltet. Wir sind hier nicht am Stand der Zeit, und deshalb wird heute auch ein diesbezüglicher Entschließungsantrag mit den Stimmen der Grünen unterstützt.

Was ich im nächsten Sicherheitsbericht nicht vorfinden möchte, ist, dass einmal – ich denke da an das Sicherheitspolizeigesetz, das wir heute beschlossen haben – die Bestsellerliste privater Videos aufscheint. Darauf kann ich dann verzichten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.24


Präsident Peter Mitterer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Vilimsky. Ich darf ihm das Wort erteilen.

 


14.24.50

Bundesrat Harald Vilimsky (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gleich vor­weg: Ich werde der Kenntnisnahme des heute zur Debatte stehenden Sicherheitsbe-


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richtes die Zustimmung verwehren, und ich werde in weiterer Folge meiner Ausführun­gen auch begründen, warum.

Lassen Sie mich aber bitte ganz zu Beginn als neuer Bundesrat in der Länderkammer des Hohen Hauses ein paar Feststellungen treffen, die für mich als Einzelvertreter einer politischen Partei wichtig sind.

Wenn mein Stimmverhalten bei Anträgen, die auf Ablehnung oder auf Erhebung eines Einspruches abzielen, in einer Allianz mit der SPÖ und den Grünen steht, so heißt das nicht, dass ich in meiner politischen Auffassung Gleiches vertrete wie diese Parteien (Bundesrat Wiesenegg: Damit haben wir nicht gerechnet! Bundesrat Kraml: Hoffent­lich nicht!), sondern dass ich mein Stimmverhalten nur aus einer technischen Allianz gegen schlechte Gesetze anpasse.

Gerade die SPÖ, die ja in Wien mit absoluter Mandatsmehrheit sowohl Land als auch Gemeinde regiert, zeigt, dass dort, wo sie Kompetenzen hat – etwa im sicherheitspoli­tischen Bereich – nicht unbedingt das Paradebeispiel einer guten Politik – zum Beispiel Sicherheitspolitik – vorherrscht.

Ich denke etwa daran, dass im roten Wien Asylwerberinnen legal mit Genehmigung des Wiener Bürgermeisters über die Magistratsabteilung 15 der Prostitution nachgehen dürfen und damit auch ganz bewusst im Rotlichtbereich ein Bandenkrieg heraufbe­schworen wurde.

Genauso ist es etwa im Bereich der SPÖ-Sicherheitspolitik. Es gibt viele konstruktive Vorschläge, wie man die Sicherheitspolitik in Wien verbessern könnte. Die SPÖ sperrt sich aber und sagt nein, das soll der Bund machen, der Bund soll mehr Polizei zur Ver­fügung stellen, die SPÖ gehe das nichts an.

Wir haben uns an das Modell der bayerischen Sicherheitswacht angelehnt. – Das ist keine Bürgerwehr, das ist nicht irgendeine Rambo-Gruppe, sondern das ist ein sehr bewährtes Modell aus Bayern – Bayern ist das sicherste Bundesland Deutschlands –, das dort mit sehr viel Erfolg praktiziert wird, wo couragierte Bürger nach Auswahl durch die Polizei, unter Anleitung der Polizei und unter dem Kommando der Polizei quasi als verlängerter Arm und verlängertes Auge der Polizei agieren und hilfreich sein kön­nen. – Das hat die SPÖ abgelehnt. (Bundesrat Kraml: Das brauchen wir auch nicht!) – Ich bin mit der SPÖ in Wien schon fertig.

Auf der anderen Seite möchte ich in Richtung der Kanzlerfraktion doch auch einige Klarstellungen treffen: Als ich bei der letzten Sitzung das erste Mal hier im Bundes-
rat war, hat ein sehr freundschaftliches – „freundschaftlich“ ist vielleicht das falsche Wort –, ein sehr entspanntes Klima geherrscht, bis zu dem Zeitpunkt, als ich mich – Sie haben sich vermutlich gedacht – „erfrecht“ habe, Anträgen der SPÖ und der Grü­nen auf Erheben eines Einspruches die Zustimmung zu erteilen. (Bundesrat Höfinger: Sie überschätzen Ihre Position!)

Ich verwahre mich gegen Polemiken, Spitzfindigkeiten und persönliche Untergriffe, was mein Stimmverhalten anlangt, vor allem nicht aus den Kehlen einer Fraktion, die bei jedem Stimmverhalten darauf wartet, dass ihr Klubobmann – wie im Alten Rom mit er­hobenem oder gesenktem Daumen –, bestimmt, was sie zu tun hat. (Bundesrat Höfin­ger: Das war jetzt nicht polemisch?) – Das war sehr wohl polemisch! Das ist die Ant­wort auf ein Verhalten, das ich mir verbitte!

Ich habe die Möglichkeit, nur zweien verpflichtet zu sein: erstens dem Land Wien und dem Wiener Landtag, der mich entsandt hat, und zweitens der Freiheitlichen Partei, die ich hier allein im Bundesrat zu vertreten bereit bin. (Ruf bei der ÖVP: Einer gegen alle!) 


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Schauen wir uns im Bereich Sicherheit für Österreich das Zahlenmaterial an, um auch ein bisschen den Hintergrund dafür zu erfahren, warum ich eine Kenntnisnahme nicht akzeptieren kann: Das Datenmaterial ist katastrophal. Als Zeugen für meine Kritik und meine Ausführungen ziehe ich den Rechnungshof heran, der feststellt, dass zwischen den Jahren 2000 und 2004 im Bereich Diebstahl und Raubdelikte eine Zunahme um 73,3 Prozent erfolgte.

Im Bereich Straftaten ist ein Plus von 23 Prozent zu verzeichnen, im Bereich der Eigentumsdelikte ein Plus von 26 Prozent. Parallel dazu sinkt die Aufklärungsquote von 47 auf 38,1 Prozent, wobei ich auch erwähnen möchte, dass bereits sehr viele De­likte – vor allem in der Bundeshauptstadt Wien – überhaupt nicht mehr zur Anzeige ge­bracht werden.

Es sind Polizeiwachzimmer geschlossen worden, die Personalstände sind konsequent reduziert worden, und viele Leute sagen – vor allem bei Kleindelikten –: Ach, was soll das, es hat ja gar keinen Sinn mehr, etwas zur Anzeige zu bringen! Man wartet ein, zwei Stunden, aber finden tut man den Täter sowieso nicht mehr! – Daher lassen es die Leute oft.

In Zahlen ausgegossen betrug die Reduktion der Personalstände für die Jahre 2000 bis 2004 auch laut Rechnungshof 2 517, das sind 9,2 Prozent.

Lassen Sie mich einen kleinen Vergleich anstellen: Diese Bundesregierung leistet sich für die Sicherheit in der Luft einen Mercedes, ist aber nicht in der Lage, die erforder­lichen Mittel für die Sicherheit am Boden bereitzustellen. – Sie verstehen diese Alle­gorie, dass wir uns den Eurofighter leisten, bei dessen Ankauf wohl mehr als Gerüchte und sonstige Malversationen Inhalt und Gegenstand der Debatten waren, stellen aber nicht die erforderlichen Mittel bereit, um ausreichend Polizei zur Verfügung zu stellen, sodass auch der Kampf gegen Drogen oder etwa gegen die Kriminalität auf der Straße wirksam erfolgen kann.

Mein Vorwurf: Diese Regierung versagt in sicherheitspolitischer Hinsicht, und zwar nicht nur im Bereich der klassischen Kriminalität, sondern auch dort, wo Österreich im­mer mehr zum Mekka des organisierten Asylbetruges geworden ist. Sie lesen alle paar Tage in den Tageszeitungen, dass die Kriminaldirektion davor warnt, dass vor allem aus dem Bereich Georgien, Moldawien oder der Ukraine Einbruchsbanden unter dem Deckmantel der Asylwerbung nach Österreich kommen. Die Kriminaldirektion stellt das fest, aber die Bundesregierung ist trotzdem nicht in der Lage oder nicht willens, ent­sprechende Präventivmaßnahmen zu setzen.

In Summe glaube ich, dass die Sicherheitspolitik dieser Regierung eine schlechte ist. Ich glaube, dass dieser Sicherheitsbericht für das Jahr 2004 das in Zahlen gegossene Defizit dieser Regierung im Bereich Sicherheitspolitik darstellt.

Wir brauchen nicht immer weniger Polizisten, sondern mehr Polizisten für Österreich, durchaus um die 3 000. Dafür sind die Mittel bereitzustellen. Wir brauchen so etwas wie eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Verbrechen und auch Delikten, um zu zeigen, dass der österreichische Staat in der Lage, willens und entschlossen ist, Kriminalität zu verhindern und nach Möglichkeit schon im Keim zu ersticken.

Es war heute auch die Rede von der Stadtpolizei – ein Modell der ÖVP in Wien. Unser Modell ist das der bayerischen Sicherheitswacht. Da die Gemeinde Wien sich sperrt und Wien der Kristallisationspunkt der Kriminalität in Österreich ist, wäre es auch eine Überlegung wert, so einen Hilfskörper vielleicht auf bundesgesetzlichen Beinen zu ver­ankern, um überall dort, wo nicht wirklich der ausgebildete Exekutivbeamte vonnöten ist, aber ausgebildete Helfer der Polizei entsprechend für die Sicherheit garantieren können, solche auch zur Verfügung stellen zu können.


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Meine Damen und Herren! Der Sicherheitsbericht ist aus meiner Sicht auch mit den Zahlen, die der Rechnungshof untermauert, das in Zahlen gegossene Defizit der Si­cherheitspolitik dieser Regierung und erhält von mir nicht die Kenntnisnahme. – Danke sehr.

14.33


Präsident Peter Mitterer: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mayer. Ich darf ihm das Wort erteilen.

 


14.33.54

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe jetzt einige starke Worte ge­hört, möchte aber dazu nicht zu lange Stellung nehmen.

Eingangs möchte ich Ihnen, Frau Bundesministerin, aber auch Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wirklich für diesen hervorragenden Bericht danken. Es ist ein umfas­sender, informativer Bericht, und wir können stolz auf die Leistungen unseres Minis­teriums und vor allem natürlich auch auf unsere Exekutive sein, die wirklich besonders erwähnenswert ist.

Kollege Wiesenegg! Du hast schon gesagt, dass du sonst, auch in den Ausschüssen, ein sachlicher Diskutant bist, und hast diese Analyse auch als gute Ist-Analyse be­zeichnet. Wenn man einen Bericht aus 2004 jetzt aber wegen nicht besetzter Planstel­len 2005 ablehnt, die es zugegebenermaßen im ländlichen Raum sicher geben wird – und es ist wichtig, dass wir den ländlichen Raum stärken! –, dann ist das doch eine etwas vage Begründung. – Das möchte ich hier in aller Offenheit anmerken. (Bundes­rat Wiesenegg: Das war nur ein Bereich!)

Ich möchte aber aus diesem großartigen Bericht doch einige Problemsituationen her­ausgreifen, insbesondere was die Asylproblematik und die Fremdenkriminalität an­belangt, die auch vorher von Kollegen Vilimsky angesprochen wurde. Ich möchte Ihnen da einige Zahlen, Daten und Fakten erklären und darstellen, was das Bundesministe­rium dazu an gesetzlichen Maßnahmen gesetzt hat, die besonders wichtig sind.

Im Jahre 2004 haben insgesamt 24 634 Fremde einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt. Die Bewerber kommen aus 108 Ländern, mehr als ein Viertel davon aus der ehemaligen russischen Föderation. Davon wurde 4 986 Personen der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Hier angefügt vielleicht noch eine Zahl aus dem Staatsbürgerschaftswesen: Wir haben im letzten Jahr 42 000 Fremde eingebürgert.

Herr Kollege Vilimsky! Ich gebe zu, dass die Zahlen, was die Fremdenkriminalität an­belangt, auffallend sind und dass in hohem Maße auch Menschen aus traditionellen Asylländern wie zum Beispiel Georgien betroffen sind, wo von 3 830 Straftaten insge­samt 2 841 von Asylwerbern begangen wurden. Von 3 266 Straftaten von Moldawiern wurden 1 689 von Asylwerbern begangen. Von Nigerianern wurden 2 323 Straftaten begangen, davon 1 750 von Asylwerbern.

Das sind horrende Zahlen, die beinahe den Verdacht aufkommen lassen, diese Men­schen sind nur zu uns gekommen und haben Asyl beantragt, um vorwiegend ihre krimi­nellen Machenschaften auszuüben.

Genau auf derartige Situationen haben die Bundesministerin und das Bundesministe­rium jedoch reagiert und rechtzeitig gehandelt. Es ist beeindruckend, welche gesetz­lichen Änderungen im Asyl- und Fremdenpolizeigesetz in diesem Jahr beschlossen wurden.

Schwerpunkt dabei ist die Verhinderung des Asylmissbrauchs und auch die Regelung für straffällige Asylwerber und Verbesserungen bei den Schubhaftbestimmungen. – Die


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Schubhaftregelungen bieten jetzt ein wesentlich kürzeres Verfahren: Befindet sich ein Asylwerber in Schubhaft oder wurde ein Ausweisungsverfahren eingeleitet, hat jede In­stanz binnen drei Monaten zu entscheiden. Es ist aber auch eine Verschärfung bei den Straftatbeständen wie bei Schlepperei, Scheinehe und so weiter erfolgt.

Es gab also zielgerichtete Maßnahmen, mit denen die Frau Bundesministerin sehr rasch auf die zum Teil dramatische Situation im Asylbereich reagiert hat und die Sie hier im Hohen Haus fast einstimmig mitgetragen haben.

Wichtig sind – wie angesprochen – auch die Maßnahmen im Bereich der Schlepperei, die 2004 ganz im Zeichen der EU-Osterweiterung standen. Die Bemühungen der neuen EU-Mitgliedstaaten zur Sicherung ihrer EU-Außengrenzen zeigten wesentliche Erfolge, und die Zahl der Aufgriffe ist um 14,62 Prozent gesunken – am Flughafen Wien-Schwechat – man höre und staune! – sogar um 76,66 Prozent.

Da wirkt sich wirklich die Zusammenarbeit der Kräfte aus – der früheren Bundesgen­darmerie, der Assistenzeinheiten des Bundesheeres und der hocheffizienten Überwa­chung an den Grenzen.

Auch die durchgeführten Schwerpunktaktionen, die in Kooperation mit ausländischen Dienststellen erfolgten, führten zur Zerschlagung von internationalen Schlepperorgani­sationen.

Insgesamt wurden im Zuge der Amtshandlungen an den Grenzen beziehungsweise innerhalb des Bundesgebietes 38 530 Personen angehalten und gesetzliche Maßnah­men getroffen. Dies entspricht eben diesem Rückgang von doch 6 596 Personen, also 14,62 Prozent. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren eingestellt und wird sich erfreulicherweise auch fortsetzen.

Auch beim Menschenhandel hat das Ministerium rasch reagiert, und zwar mit einer Task Force. Da gibt es entsprechende Maßnahmen, Informationsaustausch zur Frage des Menschenhandels und zur internationalen Entwicklung bei der Bekämpfung von Menschenhandel und konzentriertes, partnerschaftliches Vorgehen bei Einzelfällen, insbesondere beim Opferschutz.

Im Jahr 2004 wurden außerdem rumänische und bulgarische Polizeibeamte in Koope­ration mehrere Monate zur Unterstützung der österreichischen Exekutive beigezogen, und es wurden gemeinsam Grenzkontrollen, Lokalkontrollen und Ermittlungsverfahren durchgeführt.

Mit dem Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes im Mai 2004 wurde der Men­schenhandel auch im Strafgesetzbuch klar und neu definiert. Da steht jetzt auch der Handel wegen sexueller Ausbeutung, Organentnahme et cetera unter Strafe. – Das sind alles wichtige Maßnahmen, um unseren Sicherheitsbehörden und Gerichten be­sondere Handhaben gegen Verbrechen – insbesondere an Frauen, Kindern und Ju­gendlichen – zu geben.

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe bewusst diesen Teil des Berichtes her­ausgegriffen, nicht nur, weil er eine sehr hohe Treffsicherheit und eine sehr gute Er­folgsquote aufweist, sondern weil er auch darstellt, wie unsere Ministerin und ganz all­gemein die Regierung mit dem Thema Sicherheit und Bevölkerung umgehen und wie rasch auf neue Herausforderungen reagiert wird.

Da kann man nicht sagen, dieser Bericht sei ein so genanntes Sicherheitsdefizit oder zeige Defizite auf. – Wir haben rechtzeitig und ausreichend auf neue Veränderungen im Sicherheitsbereich reagiert, und das geht aus diesem Bericht in eindrücklicher Art und Weise hervor. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.– Danke.


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Wir werden diesem hochwertigen Bericht gerne unsere Zustimmung erteilen und laden Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein, dasselbe zu tun.

Ich habe, bevor ich zum Abschluss komme, noch den Entschließungsantrag in Bezug auf Tempo 160 zu kommentieren und möchte vorausschicken, dass unsere Fraktion selbstverständlich auch gegen dieses Paket Tempo 160 ist, so wie es vorher mit dem Umweltminister diskutiert wurde.

Wir können aber diesem Entschließungsantrag aus dem Grund nicht unsere Zustim­mung erteilen, weil er eine rein politische Willensäußerung ist und natürlich auch fachlich nicht genügt. (Bundesrat Kraml: Aber geh! 160 sind 160! Das ist eine faden­scheinige Begründung!)

Wenn Sie Blockadepolitik betreiben, muss die auch entsprechend perfekt sein. Da müssen Sie Anträge einbringen, die entsprechend gut formuliert sind, die die Hinter­gründe aufzeigen und die vor allem in der Sache komplett sind. (Bundesrat Reisenber­ger: 160 km/h haben keine Farbe!)

Deshalb muss ich Ihnen sagen: Es ist ein untauglicher Versuch. Welche Aufträge wol­len wir dabei stornieren? Was sind die Kosten der Stornierung? Konsequent wäre drit­tens, wenn der Gesetzesantrag zur Sistierung der Verordnungsermächtigung erteilt worden wäre. – Das wäre dann ein konkreter Entschließungsantrag, dem wir auch die Zustimmung erteilen könnten. So aber ist er nicht fertig ausformuliert, und wir können ihm deshalb die Zustimmung nicht erteilen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP so­wie des Bundesrates Ing. Kampl.)

14.42


Präsident Peter Mitterer: Es folgt die vorläufig letzte Wortmeldung zu diesem Tages­ordnungspunkt von Bundesrat Schimböck. Ich darf ihm das Wort erteilen.

 


14.42.38

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Frau Bundesminister für Justiz! Es ist natürlich besonders erfreulich, dass unser Sicherheitsbericht eine gesamtheit­liche Darstellung ist und auch die beiden Ressortchefinnen anwesend sind, denn ich glaube, man kann die Tätigkeit des Bundesministeriums für Inneres nicht abgegrenzt sehen. Wesentliche Maßnahmen der Prävention fallen ja auch in den Justizbereich.

Das geht aus diesem Bericht hervor, zu dem ich wirklich vor allen Dingen auch den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser beiden Ressorts gratulieren möchte. Es ist ein sehr umfangreiches Kompendium, eine sehr wertvolle Hilfe für uns im Hohen Haus. Das enthebt uns allerdings nicht der Verpflichtung, uns kritisch mit diesem Zah­lenmaterial, das hier auf den Tisch gelegt wurde, auseinander zu setzen.

Gestatten Sie mir aber noch eine Bemerkung zu meinem Vor-Vorredner, der für die Ausweitung einer privaten Sicherheitstruppe nach irgendwelchen Modellen oder Ähn­liches eingetreten ist. – Wir als Sozialdemokraten stehen ganz klar zum Gewaltmono­pol des Staates. Es kann nicht sein, dass irgendwelche Hilfssheriffs oder dergleichen mehr exekutive Aufgaben übernehmen.

Eines vielleicht noch: Es ist ganz wichtig zu berücksichtigen, dass jene Gemeinden, die zurzeit eigene Sicherheitswachkörper haben – wie zum Beispiel auch die Gemeinde des Kollegen Wiesenegg – auch die finanzielle Ausstattung brauchen, um sich diese Sicherheit für ihre Bürgerinnen und Bürger auch leisten zu können. – Das ist eine ganz wichtige Sache!

Wenn wir jetzt zu dem entsprechenden Bereich des Berichtes kommen, müssen wir schon feststellen, es ist alarmierend, wenn vor allen Dingen die verschiedenen Auf-


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klärungsquoten drastisch gesunken sind, seit diese Bundesregierung im Amt ist. Den­ken Sie bitte daran, dass die Aufklärungsquote bei den Delikten gegen Vermögen von 2001 auf 2004 immerhin von 31,7 Prozent auf 29,9 Prozent gesunken ist. Im Bereich der Verbrechen bei Vermögensdelikten ist sie immerhin von 24,7 Prozent sogar auf 23,1 Prozent gesunken. – Es wird also nicht einmal mehr jedes vierte Delikt aufgeklärt!

Ähnlich sieht es bei den Delikten gegen Leib und Leben aus: Da ist zum Beispiel in Oberösterreich 2004 eine Steigerung von 14 797 Delikten auf 15 932 zu verzeichnen.

Frau Bundesministerin! Wir sehen da wirklich einen großen Handlungsbedarf, der na­türlich vor allen Dingen im Bereich der Prävention liegen sollte. Ich habe das schon letztes Mal erwähnt, als der Sicherheitsbericht präsentiert wurde: Ich sehe vor allem im Justizbereich einen großen Handlungsbedarf. Wir wissen jedoch, dass das Personal im Vorfeld fehlt, um wirklich Prävention betreiben zu können.

Bedenken Sie, dass allein seit 1. Dezember dieses Jahres in Linz auf einem Straßen­stück von 200 Metern 61 Delikte im Bereich des Handtaschen- und Geldbörsendieb­stahls angezeigt wurden. Ich habe damals verlangt, dass man die Dunkelfeldforschung aktiviert, denn nur an einem Tag wurden 15 solcher Delikte am Linzer Bahnhof bei den Bundesbahnen angezeigt. – Da wollten nämlich die Geschädigten einen neuen Bahn­ausweis.

Ich nehme nicht an, dass alle Geschädigten, die bei der Polizei Anzeige erstattet ha­ben, Inhaber eines solchen Bahnausweises sind, habe mir dann die Deliktgruppen die­ses Tages in Linz herausgesucht und bin draufgekommen, dass ungefähr doppelt so viele Delikte stattgefunden haben, als bei der Sicherheitsbehörde angezeigt wurden.

Frau Bundesministerin! Ich bitte Sie also wirklich, der Dunkelfeldforschung einen ent­sprechenden Stellenwert bei Ihrer Tätigkeit zu geben, denn nur dann wird es möglich sein, die Exekutive zielgerichtet entsprechend auszustatten.

Im Justizbereich ist es, glaube ich, ganz besonders wichtig – das ist auch in Ihrem Be­richtsteil angeführt, Frau Bundesministerin –, die bedingte Entlassung zu forcieren. In Ihrem Bereicht heißt es, die bedingte Entlassung biete nach den Erfahrungen im Allge­meinen erheblich günstigere Chancen für die Wiedereingliederung Verurteilter bezie­hungsweise die Vermeidung von Rückfällen.

Sie haben dazu am 8. und 9. November 2004 eine Enquete veranstaltet, die, wie ich meine, sehr gut angekommen ist, mit entsprechenden Persönlichkeiten aus der Recht­sprechung und aus der Lehre. Auch dort ist man zu entsprechenden Schlüssen ge­kommen.

Ich meine, Prävention heißt auch, mit Tätern entsprechend umzugehen, um den Rück­fall zu vermeiden. Dazu brauchen wir auch dringend eine entsprechende personelle Ausstattung – nicht nur bei der Sicherheitsexekutive, sondern insbesondere auch im Bereich der Justizwache. Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in diesem Be­reich unter schwierigen Bedingungen tätig sind – wir haben allein in Garsten einen Überbelag, der irgendwo zwischen 25 und 30 Prozent liegt – und die dort trotzdem maximale Arbeit leisten, ist auch wirklich zu danken.

Ich springe jetzt noch einmal zurück ins eigentliche Sicherheitsressort und muss sagen, Frau Bundesminister Prokop, wir – die oberösterreichischen Bundesräte – wa­ren eigentlich sehr erstaunt, als wir vor zwei Tagen in der Früh die U-Bahn-Zeitung in die Hand genommen haben, die ja in Wien immerhin die respektable Auflage von 300 000 Stück hat, und darin gelesen haben:

„Nach Kritik: Ministerin versetzt Polizei-Chef! Direktor (53) aus Oberösterreich muss jetzt Dienst in Wien schieben.“ Es heißt weiter: „Er ist der Polizeidirektor von Linz – und


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muss jetzt drei Monate lang bei der Fremdenpolizei des Innenministeriums in Wien Ak­ten ordnen. Hofrat Walter Widholm wurde versetzt, weil er es gewagt hatte, im Kolle­genkreis Kritik am Landeskriminalamt OÖ zu üben. Das hatte nach Fahndungspannen einen Mörder entwischen lassen.

Der Hinweis der Linzer Polizei auf einen flüchtigen Mörder ging beim zuständigen Lan­deskriminalamt Oberösterreich im Kompetenzwirrwarr stundenlang verloren, der Ge­suchte entkam und wurde erst im Ausland gestellt.“

Frau Bundesministerin! Ich weiß nicht, ob Ihnen der Artikel bekannt ist. Ich darf Ihnen ein Exemplar dieser Zeitung überreichen. (Der Redner überreicht Bundesministerin Prokop ein Exemplar der genannten U-Bahn-Zeitung „Heute“.)

Ich glaube, dass das so nicht funktionieren kann, Frau Bundesministerin, denn die Bundespolizeidirektion hat nach unserem Organisationswesen ja in allen Landeshaupt­städten, wo eine eingerichtet ist, eine koordinierende Tätigkeit. Ich denke, gerade in der Vorweihnachtszeit ist eine solche Maßnahme nicht günstig. – Ich habe das ja an­hand einiger plakativer Beispiele gezeigt: Es gibt Gewaltdelikte auf dem Linzer Haupt­platz und dergleichen mehr, auch gegen kleine Gewerbetreibende.

Ich möchte abschließend noch einen Antrag einbringen und bedanke mich bei den Kol­leginnen und Kollegen der Grünen, die diesen auch unterstützen werden. Frau Bun­desministerin! Es wurden hohe Erwartungen in Sie gesetzt. Sie haben mir einmal bei einem anderen Anlass gesagt, dass einer Ihrer ersten großen sportlichen Erfolge in Linz im Stadion stattgefunden hat. Wir haben uns als Linzer gedacht, vielleicht entwi­ckelt sich dann auch die Sicherheitspolitik nach Ihrem Vorgänger etwas erfreulicher für die oberösterreichische Landeshauptstadt.

Ich weiß nicht, inwieweit Sie da selbst als Ressortchefin involviert sind, aber ich denke, Sie sollten diese Versetzung wirklich hinterfragen. Sie sollten hinterfragen, ob das einer Behörde gut tut, wenn ganz kurzfristig die erste Führungskraft abgezogen wird. Immer­hin wurde ja dieser Polizeidirektor in seiner Dienstbeschreibung hervorragend be­schrieben, und es wurde sein Vertrag verlängert. – Ich meine, Kritik ist gut, und man sollte eher hinterfragen, warum Kritik angebracht wird.

Ich komme abschließend zu einem Entschließungsantrag. Es geht darum, dass immer mehr Menschen Opfer von Gewaltdelikten werden und dann, wenn es darum geht, einen entsprechenden Schadenersatz zu bekommen, eigentlich keine Möglichkeit ha­ben, diesen Anspruch geltend zu machen, weil die Täterin oder der Täter mittellos ist.

Der Kollege von den Grünen hat darüber ja vorhin schon gesprochen: Es wurde von der Volksanwaltschaft zu Recht Kritik angebracht. Die Volksanwaltschaft kann man nicht versetzen, die genießt Gott sei Dank einen verfassungsrechtlichen Schutz. Ich glaube, wir sollten diesem Antrag zustimmen. Ich darf ihn kurz vorbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend den notwendigen Ausbau des Opferschutzes

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, Gesetzesvorlagen auszuarbeiten und dem Parlament zuzuleiten, welche das Ziel verfolgen, den Opferschutz und die Ent­schädigung von Verbrechensopfern auszubauen. Insbesondere sollte es zur Erweite-


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rung des Verbrechensopfergesetzes kommen und in geeigneter Weise die Idee eines „Opfervorschussgesetzes“ verwirklicht werden.

*****

Ich ersuche Sie, diesen Antrag anzunehmen. Er wurde dem Präsidium mit den ent­sprechenden Unterschriften bereits überreicht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.52


Präsident Peter Mitterer: Der von den Bundesräten Schimböck, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend den notwendigen Ausbau des Opferschutzes ist genügend unterstützt und steht demnach auch mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Vilimsky zu Wort gemel­det. – Ich weise darauf hin, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minu­ten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichti­genden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhaltes zu beschrän­ken. Ich darf Herrn Bundesrat Vilimsky das Wort erteilen.

 


14.52.42

Bundesrat Harald Vilimsky (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Herr Präsident! Ho­hes Haus! Mein Vorredner, Herr Bundesrat Schimböck, hat behauptet, ich hätte mich dafür eingesetzt, dass der Staat das Gewaltmonopol aufgibt und dafür Privatarmeen, Hilfssheriffs und Ähnliches beschäftigen soll. – Das ist nicht der Fall. Das ist unrichtig.

Ich habe mich dafür ausgesprochen, dass 3 000 Polizisten mehr für Österreich notwen­dig wären, und ich habe mich ferner dafür ausgesprochen, dass die Gemeinde Wien als ein exemplarisches Beispiel dem Erfolgsmodell Bayerns nachgehen könnte und das dort sehr erfolgreiche Modell der Sicherheitswacht, wo Bürger von der Polizei aus­gewählt und eingesetzt werden, für den Bereich der Gemeinde Wien hätte überneh­men können. – Danke.

14.53


Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Prokop. Ich darf ihr das Wort erteilen.

 


14.53.41

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Ich möchte auf ein paar Punkte ganz kurz eingehen: Zum einen ist wiederum über Zahlen gesprochen worden. Es ist ein Unterschied, ob man über die vorgesehenen Dienstposten spricht oder über die nach­weislich Diensttuenden. – Ich kann die Zahl ganz genau sagen: Es wurden die Jah­re 2000 und 2005 verglichen. Wir haben im Vergleich zu 2000 auf der Straße um 662 Personen mehr und in der Verwaltung um 1 834 weniger. – Das sind die aktuellen tatsächlich Diensttuenden, um das nur wieder einmal klarzustellen. (Bundesrat Wie­senegg: Wo denn?)

Der zweite Punkt: Ich glaube auch, dass die Sicherheitspartnerschaft generell ein sehr wichtiger Faktor ist. Sie besteht jetzt schon mit vielen Gemeinden und ist in Wien be­sonders wichtig, weil es im Ballungsraum natürlich auch besonders viele Sicherheits­fragen gibt.

Es ist auch schön, dass sehr viele die Thematik der Prävention aufgenommen haben, etwa insbesondere in Altbauten Sicherheitstüren einzubauen. Das ist aber in manchen Ländern auf unsere Anregung hin zum Teil schon in die Wohnbauförderung mit einge­flossen. Ich hoffe, dass das generell als Prävention auch wirklich vorangetrieben wird.


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Ich danke auch dafür, dass das Projekt mit der Anti-Defamation League – insbeson­dere bei der SIAK – angesprochen wurde, denn das ist weltweit einmalig. Wir sind für dieses Best-Practice-Beispiel auch schon vielfach gelobt worden. Es geht um diese Schulung, diese Sensibilisierung in der Grundausbildung. Ich glaube, dass das mit der Zeit sehr bald auch in die Gesamthaltung der Exekutive voll einfließt und halte das für einen ganz wichtigen Faktor.

Es wurde die Statistik über Menschenhandel angesprochen. Wie schon im Ausschuss gesagt wurde: Da gibt es keine Statistik, daher können wir auch keine Zahlen liefern.

Zur Frage zu Schengen: Es ist ja ein Bericht für 2004, und in einem solchen Bericht können nur Zahlen und Fakten aufscheinen. Wenn wir über Details oder über Möglich­keiten diskutieren möchten, bin ich gerne bereit, das in einem entsprechenden Gre­mium auch einmal zu tun.

Es ist auch immer wieder sehr schwierig, wenn man die Kriminalstatistik von 2000 oder davor mit der heutigen vergleicht. Es gibt erst seit 2000 eine elektronische Erfassung, das ist erst angelaufen. Wir wissen – aber das gilt nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa –, dass die Kriminalität um die Jahrtausendwende massiv angestiegen ist.

Der Bericht – das wurde auch dankenswerterweise erwähnt – hat erstmals einerseits eine Eindämmung der Steigerung der Kriminalitätsrate und andererseits eine höhere oder zumindest ausgeglichene Aufklärungsquote vorzuweisen. Wir wissen aus den heurigen Zahlen, dass dieser Trend auch weiterhin deutlich anhält, und es muss unser Ziel sein, das auch in Zukunft zu verbessern.

Zur Frage der Dienstzuteilung: Das ist keinerlei Versetzung, sondern eine Dienstzutei­lung von Hofrat Dr. Widholm nach Wien. Dies ist aus einer absoluten Notwendigkeit heraus entstanden. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) – Sie lachen! Sie werden auch wissen und können nachvollziehen, dass wir mit 1. Jänner die Aufstockung des UBAS vornehmen. Es wurde eine Ausschreibung gemacht. (Bundesrat Kraml: Sie finden in ganz Österreich keinen Juristen ...!)

Es wird in Oberösterreich ein „UBAS neu“ gestaltet, und es haben sich einige sehr qua­lifizierte Personen aus dem Innenministerium zum UBAS gemeldet, wurden dort auch im Hearing akzeptiert. Die Leiterin einer Schlüsselabteilung bei der Fremdenpolizei hat sich zum Beispiel gemeldet und ist daher nicht mehr in ihrer Abteilung. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben dort derzeit die größten Probleme, und daher war es ganz wichtig, gerade bei diesem Wechsel – da mit 1. Jänner das Fremdenpaket umgesetzt werden muss – einen im behördlichen Bereich, in der Asylbehörde und im fremdenpolizeilichen Be­reich erfahrenen Beamten aus der Exekutive dazuzuholen. So ist diese Dienstzuteilung zustande gekommen.

Es gibt pro Jahr hunderte Dienstzuteilungen, das ist nichts Außergewöhnliches. Es ist keine Versetzung – schon gar keine Strafversetzung! –, sondern eine Notwendigkeit. (Bundesrat Stadler: Eine politische Notwendigkeit!) Wir müssen das in der Fremden­behörde durchführen.

Darüber hinaus ist gerade Oberösterreich ein besonders betroffenes Bundesland in diesem Bereich, denn der Anteil der Fremden ist in Oberösterreich sehr hoch. (Bun­desrat Stadler: Darum arbeitet er in Wien!) – Wir müssen im Rahmen des Systems zu einer Lösung finden. Jeder schreit, keiner will sie haben – in jedem Bundesland. (Bun­desrat Stadler: Darum arbeitet er in Wien, habe ich gesagt!)


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Wir brauchen nur weiterzuschauen: Wir haben heuer in Wien um 500 Fremde weniger. Das muss sich natürlich woanders niederschlagen, denn es sind mehr nach Österreich gekommen. Wir haben im System im Rahmen der Berufung kaum Leute hinausge­bracht, und wir haben daher heuer eine Steigerung im Grundversorgungssystem ge­habt, weil wir in der Berufungsinstanz nicht weitergekommen sind. – Auch einfache „Dublinfälle“ sind nicht entschieden worden. – Das ist ein Problem.

Wir müssen da im nächsten Jahr sehr viel intensiver arbeiten. Der UBAS wird um 30 Prozent aufgestockt, und ich hoffe, dass dadurch die Verfahren beschleunigt werden, die Problematik geringer ist und dass das bessere Zusammenwirken des UBAS mit einem Urteil und der Fremdenbehörde auch wirklich greift, denn das ist im Gesetz nunmehr niedergeschrieben. Das wird zu einer besseren Handhabung führen. Gerade um die Jahreswende wird diese Umsetzung vollzogen werden müssen, daher besteht auch ein Bedarf in der Abteilung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Ing. Kampl.)

15.00


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Mag. Gastinger das Wort.

 


15.00.08

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich wurde bei diesem Tagesord­nungspunkt mehrfach angesprochen und möchte nun vor allem zu dem Bereich des Opferschutzes Stellung nehmen. Ich habe den Ausführungen entnommen, dass es dem Hohen Bundesrat primär darum geht, die Opferrechte zu stärken. Da haben Sie in meiner Personen jemanden gewonnen, der dieses Vorhaben ganz und gar unterstützt. Für mich ist es aber besonders wichtig, auch festzuhalten, dass wir gerade im Bereich des Opferschutzes in den letzten Jahren doch sehr viel gemacht haben.

Ich glaube, dass wir gerade im Bereich der Prozessbegleitung, der jüngst auch den Bundesrat passiert hat und im Zuge der StPO-Reform mit 1. Jänner 2006 in Kraft tritt, einen ganz wichtigen und richtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben, indem wir nunmehr praktisch aus meinem Budget, aus dem Budget des Justizminis­teriums, eine psychosoziale und juristische Prozessbegleitung für Opfer von Gewalt­verbrechen vorsehen. Ich glaube, dass das ein ganz wichtiger Schritt war, und ich glaube auch, dass wir dadurch, dass wir vorgesehen haben, dass es zu einer Verstän­digungs- und Informationspflicht von Opfern von Gewaltverbrechen durch die Polizei, aber auch durch die Staatsanwaltschaften und durch die Gerichte kommen wird, wo auch unsere Prozessbegleiter, also die NGO-Partner des Justizministeriums aufgelistet sind, den Opfern echte Hilfestellung bieten können.

Auch in verschiedenen anderen Bereichen arbeiten wir ganz intensiv mit verschiede­nen Opferhilfeeinrichtungen zusammen. Wir sind hier insbesondere auch im Bereich des Menschenhandels aktiv. Ich habe heute zum Beispiel – nur zur Information – die rumänische Justizministerin zu Besuch. Sie kommt heute am Abend und wird sich mor­gen der österreichischen Presse stellen, wobei sie praktisch auch ihre Justizreformen präsentieren will. Ich werde ihr gegenüber auch den Bereich des Menschenhandels in Rumänien ganz offen ansprechen, weil ich den Eindruck habe, dass gerade die ru­mänische Justizministerin großes Interesse daran hat, ihre rumänischen Staatsbür­gerinnen – es sind ja meist Frauen betroffen – vor derart üblen Machenschaften zu schützen, und ich glaube auch, dass es möglich sein wird, sie für ein gemeinsames Vorgehen zu gewinnen.

Ich habe auch gesehen, dass es einen Entschließungsantrag der Bundesräte Wolf­gang Schimböck und GenossInnen betreffend den notwendigen Ausbau des Opfer-


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schutzes gibt. Wenn ich mir dazu nur eine Anmerkung erlauben darf: Das Verbre­chensopfergesetz gehört nicht in mein Ressort, sondern gehört in das Sozialministe­rium. Also ich bin hier nur bedingt die richtige Ansprechperson. Das Verbrechensopfer­gesetz wurde bereits novelliert. Die Sozialministerin hat hier einen Opfervorschuss vorgesehen, den es bereits seit diesem Sommer gibt. Wir haben also die Rechte von Verbrechensopfern bereits derzeit massiv ausgeweitet.

Es gibt auch schon einen Entschließungsantrag des Hohen Nationalrates, diesmal an mich und an die Frau Sozialministerin. Wir sind derzeit gerade dabei zu erheben, wie viele Opfer jetzt tatsächlich noch unbedacht sind, also praktisch noch nicht unter das Verbrechensopfergesetz fallen, um hier allenfalls noch weitere notwendige Schritte zu setzen. Das ist nur eine Information zu diesem Entschließungsantrag. – Danke viel­mals für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Grünen.)

15.03


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Molzbichler: Ja!) – Bitte sehr. Bundesrat Molzbichler ist am Wort.

 


15.04.02

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal zurückkommen auf diesen Entschließungsantrag betreffend die 160-km/h-Teststrecke in Kärnten. Als Bedienste­ter der Autobahnmeisterei Spittal an der Drau, wo ich seit 20 Jahren tätig bin, kenne ich diese Strecke eigentlich in- und auswendig, und ich glaube, wir haben schon öfter Horrorszenarien auf dieser Strecke erlebt. Ich werde es kurz in ein paar Zahlen festhal­ten.

Es wurde auch gestern durch die Kärntner Landesregierung eine Resolution verfasst betreffend diese Sache, wozu unter anderem erläuternd anzumerken wäre, dass die entsprechende Verordnung von Verkehrsminister Hubert Gorbach sich auf § 43 der Straßenverkehrsordnung stützt. Dieser Paragraph, meine Damen und Herren, besagt, dass die gesetzlich vorgesehene Geschwindigkeit zwar erhöht werden kann, wenn es die Leichtigkeit und die Flüssigkeit des Verkehrs erfordert, aber nur dann, wenn aus Gründen der Sicherheit keine Bedenken dagegen bestehen. – Genau das, werte Kolle­ginnen und Kollegen, ist der springende Punkt.

Dem Kollegen Mayer möchte ich noch antworten: Es hat auch die ÖVP in Kärnten dieser Resolution zugestimmt. Nach letzten Umfragen sieht man, dass wir nicht einmal mehr 10 Prozent haben, die diese 160-km/h-Teststrecke unterstützen.

Der Grund für die Ablehnung, meine Damen und Herren, liegt auch ... (Bundesrat Schennach: Die ÖVP ist der Meinung von Pröll und Gorbach!) Genau. Alles klar.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ursprünglich war von Bundesminister Gorbach ange­dacht, diese Tests auf einer dreispurigen Strecke in Oberösterreich zwischen Sattledt und Haid durchzuführen. Das ist auf kein Echo gestoßen, und das ist mittlerweile keine Frage mehr. Gleiches war auch in der Steiermark der Fall. Es hat nur Kärnten, wo das BZÖ noch eine letzte Bastion hat, diese Strecke genehmigt – oder auch nicht. Ich glaube, es wird gar nicht dazu kommen, denn sogar der Verkehrslandesrat in Kärnten, der Kollege Dörfler, hat sich vehement dagegen ausgesprochen, aber gestern, werte Kolleginnen und Kollegen, hat er bei dieser Resolution wieder einen totalen Meinungs­umschwung vollzogen.

Liebe Kollegen von BZÖ, FPÖ oder Mandatsfreie – keine Ahnung, wie ich euch an­sprechen soll in dieser Runde –, jedenfalls herrscht Chaos pur in dieser Sache auch in Kärnten. Ich kann nicht halbschwanger sein, das gibt es nicht. Das wisst ihr ganz


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genau. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrätin Bachner: In Kärnten wahrscheinlich schon!)

Ich möchte die Situation dort anhand einiger Fakten belegen.

Auf dieser Strecke, werte Kolleginnen und Kollegen, hat es in den letzten zehn Jahren 137 Verkehrsunfälle gegeben, auf diesem Teilstück von 12 Kilometern mit Brücken, mit Kurven, mit Steigungen. Die Strecke ist über 30 Jahre alt, also es ist sagenhaft, was sich da abspielt! Es gibt Wildwechselgefahr, es gibt Tafeln in diesem Bereich, die auf Wildwechsel hinweisen. Es ist unvorstellbar: 137 Unfälle, 130 Verletzte und, was sehr erschreckend ist, zehn Tote in diesem Bereich und in den letzten zwei Jahren nach­weislich 25 Geisterfahrer!

Meine Damen und Herren! Das spricht für sich, und das ist auch symptomatisch für Bundesminister Gorbach: Augen zu und durch! Und ich muss sagen: Bei dieser politi­schen Geisterfahrt sind wir sicherlich nicht dabei! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

15.07


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wird von der Berichterstatterin ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall. Danke.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Franz Eduard Kühnel, Kolleginnen und Kollegen vor, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Weiters liegt ein Antrag der Bundesräte Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen auf Fas­sung einer Entschließung betreffend keine weiteren Steuermittel für die 160-km/h-Teststrecke vor.

Es ist dazu namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist eine solche durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“.

Ich bitte nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesrätinnen und Bundes­räte in alphabetischer Reihenfolge und um die Stimmabgabe.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Roth-Halvax und Mag. Neuwirth ge­ben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten bekannt.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Demnach entfallen auf den Antrag 32 „Ja“-Stimmen. – Er ist somit angenommen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ so­wie Beifall bei den Grünen.) (E 197-BR/05.)

Ich wurde noch gebeten, auch die „Nein“-Stimmen zu verkünden. Es waren 28 „Nein“-Stimmen.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesräte:

Bachner, Blatnik, Boden;

Einwallner Reinhold, Erlitz;


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Giefing, Gruber, Gumplmaier;

Haselbach, Hladny;

Kaltenbacher, Kerschbaum, Klug, Knoll, Konecny, Konrad, Kraml;

Lichtenecker, Lindinger;

Mörk, Molzbichler, Mosbacher;

Neuwirth;

Preiner;

Reisenberger;

Schennach, Schimböck, Sodl, Stadler;

Todt;

Wiesenegg, Winter.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesräte:

Ager;

Bader, Baier, Bieringer;

Diesner-Wais;

Einwallner Thomas;

Fröhlich;

Gansterer;

Haller, Himmer, Höfinger;

Jany;

Kampl, Kneifel, Köberl, Kritzinger, Kühnel;

Mayer, Mitterer;

Perhab;

Roth-Halvax;

Saller, Schnider, Spiegelfeld-Schneeburg;

Tiefnig;

Vilimsky;

Wolfinger;

Zwazl.

*****

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weiters liegt ein Antrag der Bundesräte Schimböck, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend den notwendi­gen Ausbau des Opferschutzes vor.

Ich lasse nun über den erwähnten Entschließungsantrag betreffend den notwendigen Ausbau des Opferschutzes abstimmen.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen. (E 198-BR/05.)

15.14.459. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem in der Zivilprozessordnung das Schiedsverfahren neu geregelt wird sowie das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das Einführungs­gesetz zur Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert werden (Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2006 – SchiedsRÄG 2006) (1158 d.B. und 1236 d.B. sowie 7459/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, die Zivilpro­zessordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Gerichtskommissärsgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Sig­naturgesetz, das Außerstreitgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Ziviltech­nikerkammergesetz 1993 und das EuRAG geändert werden (Berufsrechts-Än­derungsgesetz für Notare, Rechtsanwälte und Ziviltechniker 2006 – BRÄG 2006) (1169 d.B. und 1237 d.B. sowie 7460/BR d.B.)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsge­setz 1962, das Außerstreitgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Notariatsta­rifgesetz, die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, die Anfechtungsordnung und das Bundesgesetz über die Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse geän-
dert werden (Gerichtsgebühren- und Insolvenzrechts-Novelle 2006 – GIN 2006) (1168 d.B. und 1238 d.B. sowie 7461/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu diesen Punkten ist Herr Bundesrat Mag. Klug. – Ich bitte ihn um die Berichte.

 


15.15.14

Berichterstatter Mag. Gerald Klug: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Der Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezem­ber 2005 über die gegenständlich angeführte Novellierung, das so genannte Schieds­rechts-Änderungsgesetz 2006, liegt dem Hohen Haus schriftlich vor. Ich möchte mich daher auf die Antragstellung beschränken.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte um den Bericht zu Punkt 10.

15.16.12

 


Berichterstatter Mag. Gerald Klug: Herr Präsident! Ich fahre fort.

Der Bericht auch zu diesem Tagesordnungspunkt, über den Beschluss des National­rates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Berufsrechts-Änderungsgesetz für Notare,


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Rechtsanwälte und Ziviltechniker 2006, liegt dem Hohen Haus schriftlich vor. Ich möchte mich daher auch in diesem Zusammenhang auf die Antragstellung beschrän­ken.

Der Justizausschuss hat nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 ebenso mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag gestellt, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte um den letzten Bericht.

 


15.16.49

Berichterstatter Mag. Gerald Klug: Herr Präsident! Zum nächsten Tagesordnungs­punkt, zum Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend eine Ge­richtsgebühren- und Insolvenzrechts-Novelle 2006, liegt der Bericht ebenfalls in schrift­licher Form vor. Ich möchte mich daher in diesem Zusammenhang ebenso auf die Antragstellung beschränken.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 auch hier mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nati­onalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichte.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2006.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Berufsrechts-Änderungsgesetz für Notare, Rechtsan­wälte und Ziviltechniker 2006.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhellig­keit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend eine Gerichtsgebühren- und Insolvenzrechtsnovel­le 2006.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

15.18.4412. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem ein Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 erlassen wird und mit dem das Urheberrechtsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Verwertungsgesellschaftenrechtsänderungsgesetz 2006 – VerwGesRÄG 2006) (1069 d.B. und 1239 d.B. sowie 7462/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

 


Berichterstatter ist Herr Bundesrat Einwallner. – Ich bitte ihn um den Bericht.

15.19.01


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 112

Berichterstatter Thomas Einwallner: Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Justizausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 erlassen wird und mit dem das Urhe­berrechtsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden, liegt Ihnen schriftlich vor.

Im Ausschuss ist ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, infolge Stimmengleichheit nicht zu­stande gekommen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Professor Konecny das Wort.

 


15.20.00

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Ausschuss ist deshalb kein Abstimmungsergebnis über den Bericht zustande gekommen, weil wir Sozialdemokraten auch im Ausschuss – und wir werden das auch im Plenum tun – dieser Novelle nicht zugestimmt haben, aber während im Ausschuss dadurch Stimmengleichstand erreicht war, wird es hier ganz offensichtlich zu einer mehrheitlichen Annahme kommen, was wir aus einer Reihe von Gründen bedauern.

Die Neuregelung oder die Novellierung dieser Materie hätte durchaus den Anlass ge­boten, eine Reihe von Mängeln der bestehenden gesetzlichen Regelungen aufzuhe­ben. Das ist leider nur in einem sehr geringen Umfang geschehen, während eine Reihe von Änderungen unserer Überzeugung nach in die falsche Richtung gehen.

Eine Straffung – und das sage ich gleich vorweg – der Abläufe, die Bestimmung der KommAustria auch in diesem Fall als Aufsichtsbehörde für die Verwertungsgesell­schaften, das sind Maßnahmen, die durchaus Sinn machen und gegen die wir keinen Einwand haben. Aber es gibt eine Reihe von Veränderungen oder eben von Nichtver­besserungen in dieser Vorlage, die uns sehr, sehr skeptisch stimmen.

Der ganz zentrale Punkt dabei ist, dass die Schiedsstelle, die es bisher in diesem Be­reich gegeben hat, aufgehoben wird und damit die Vertretung der Arbeiterkammern und der Wirtschaftskammer beseitigt wird. Das halten wir vor allem aus einem ganz entscheidenden Grund für problematisch: Verwertungsgesellschaften versuchen, Urhe­berrechte gegenüber jenen, die sie verwenden, mit angemessenen Bezahlungen zu belegen und diese Mittel in einem vernünftigen Schlüssel aufzuteilen. Diese Verwer­tungsgesellschaften stehen naturgemäß in einem bescheidenen, aber doch Interessen­gegensatz zu den Verwertern – die einen sind an einem hohen, die anderen eher an einem niedrigen Betrag für die Nutzung der Rechte interessiert –, aber sie können sich in aller Regel irgendwo einigen.

Es ist nicht nur vorstellbar, sondern es ist durchaus auch praktisch, dass solche Eini­gungen zu Lasten Dritter, in diesem Fall zu Lasten der Konsumenten, also jener, die die Leistungen der Verwerter in Anspruch nehmen, getroffen werden. Und hier wird es problematisch, wenn die Konsumentenseite – und das war letztlich die Rolle der Arbei­terkammer – in keiner Weise auch nur in bestimmten Organen dieses Systems zur Geltung kommt.

Unsere Freunde im Nationalrat haben versucht, der Arbeiterkammer und allenfalls auch anderen Konsumenteneinrichtungen bescheidene Mitbestimmungsrechte in die-


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 113

sem Verfahren zu sichern. Sie sind damit nicht durchgekommen, und das, was wenigs­tens in der Schiedsstelle – dorthin musste ein Fall ja erst einmal kommen – an Mitbe­stimmungsrecht gegeben war, wird mit dieser Novelle beseitigt.

Dem können wir nicht zustimmen, und das halten wir für rechtspolitisch problematisch, weil es gewissermaßen in einem dreipolaren System einen Pol mundtot und wehrlos macht.

Es gibt andere Einwände, die wir haben. Wir haben Einwände in der Richtung, dass die Nutzung der Erträge zugunsten der ursprünglichen Rechteerzeuger oder ihrer Rechtsnachfolger, also einmal global gesagt der Künstler, in höchstem Maße intrans­parent in dieser Vorlage und auch schon in der bestehenden Regelung bestimmt wird und dass es hier im Wesentlichen, wenn man das schon novelliert, um eine deutliche Klarstellung gegangen wäre.

Bedenken bestehen darüber hinaus bei der Verwendung der Mittel aus der Leerkasset­tenregelung, also – wie soll ich das sagen – bei der beschlossenen und gut angenom­menen Regelung, die sozusagen eine Gebühr dafür verlangt, dass man ja eine Kas­sette nicht deshalb kauft, um sie unbespielt ins Kästchen zu stellen, sondern es ihr Zweck ist, ein vermutlich fremde Rechte enthaltendes Produkt darauf aufzuspielen und es in irgendeiner Art und Weise zu nutzen, wobei für diese Rechtenutzung seinerzeit eine gewissermaßen anonyme Abgabe eingeführt wurde. Hier bestimmt das Gesetz – und das in einer für uns nicht nachvollziehbaren Art und Weise ohne jede Rangord­nung –, dass 50 Prozent der Gesamteinnahmen von den Verwertungsgesellschaften, die auf diese Vergütungsansprüche ein Anrecht haben, in bestimmten Einrichtungen zu nutzen sind, die für soziale und kulturelle Zwecke bestimmt sind.

Bei aller Wertschätzung der kulturellen Zwecke: Es geht im Wesentlichen bei dieser Rechteabgeltung um Menschen, die diese Rechte erzeugt haben, oder ihre Rechts­nachfolger, und hier wäre – und auch das haben wir im Verfahren im Nationalrat bean­tragt – ein klarer Vorrang für die sozialen Rechte und für die soziale Verwendung der Mittel zu stipulieren gewesen. Für jene Verwertungsgesellschaften, die keine Bezugs­berechtigten haben – auch das gibt es –, ist ohnehin klar, dass die kulturelle Nutzung im Vordergrund zu stehen hat.

Ich will nicht allzu sehr ins Detail gehen, aber diese Aufzählung könnte ich fortsetzen. Auch wenn es zum Teil um relativ bescheidene Veränderungen des Gesetzes geht, die wir ablehnen, oder weil es um Nichtänderungen geht, die wir dringend für überfällig gehalten hätten, werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen.

Es ist uns bewusst, dass es trotz unserer Gegenstimmen in Kraft treten wird, und ich sage, dass wir auf dieses Thema dann zurückkommen werden, wenn es Mehrheiten im Nationalrat gibt, die in diesem Fall fairere, offenere und zielgerichtete Lösungen ermög­lichen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.27


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. Ich erteile es ihm.

 


15.27.38

Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das uns vorliegende Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 ist trotz der soeben ge­äußerten Bedenken ein Gesetz, auf das große Kreise schon sehr lange gewartet haben. Das Vorgängergesetz ist seit dem Jahr 1936 in Kraft und soll abgelöst werden.


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 114

Ich glaube, gerade eine Branche, die so vehementen Änderungen unterworfen ist, hat sich verdient, ein zeitgemäßes Gesetz zu erhalten.

Dass natürlich gerade bei langen Verhandlungen und bei doch sehr vielschichtigen Be­teiligten ein gewisser Kompromiss in diesem Gesetz drinnen steckt, ist uns klar, ist auch mir bei Studium der Materie sehr klar geworden, ich glaube aber, dass der breite Konsens aller Beteiligten sich auch einen einstimmigen Beschluss verdient hätte. Es ist jedenfalls gelungen, diesen Entwurf, dieses Gesetz einer Neukodifikation zu schaffen und einen breiten Konsens zu erreichen.

Neben den kritischen Punkten, die soeben vom Kollegen Konecny genannt wurden, ist schon anzumerken, dass es hier um eine Beseitigung der Rechtszersplitterung gegan­gen ist. Bisher waren die Regelungen in drei Gesetzen vorhanden, jetzt sind sie in einem. Es ist auch um die Beseitigung von verfassungsrechtlichen Bedenken gegan­gen. Im alten Gesetz konnte eine von Parteien bestellte Schlichtungsstelle Verordnun­gen erlassen. Ich glaube, es ist gut so, dass das jetzt so geregelt worden ist. Und es ging auch um eine Neustrukturierung der Staatsaufsicht. Im Gegensatz zu den derzeit 12 Staatskommissären und 12 Stellvertretern und Aufsichtszuständigkeiten im BKA (Bundesrat Konecny: Das haben wir bejaht!) – ich wollte nur auch auf die positiven Dinge zurückkommen – gibt es jetzt eine schlanke Methode.

Auch die Strukturreform innerhalb der Verwertungsgesellschaften ist vorangetrieben worden, und die Bereiche, die sich bisher schon bewährt haben, sind auch in das neue Gesetz übernommen worden. Hier kann man zum Beispiel Regelungen betreffend Ge­samtverträge und Satzungen sowie europaweit übliche Spartenmonopolcharakter von Verwertungsgesellschaften erwähnen.

Aus allen diesen Gründen, glaube ich, ist es richtig, dieses Gesetz zu beschließen, und ich darf jetzt einen Antrag gemäß § 43 der Geschäftsordnung des Bundesrates einbrin­gen:


Bundesrat
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Antrag

gem. § 43 GO-BR

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 erlassen wird und mit dem das Urheberrechtsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Ver­wertungsgesellschaftenrechtsänderungsgesetz 2006), wird kein Einspruch erhoben.

*****

Ich hoffe, dass dieser Antrag auch die Mehrheit findet. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

15.31


Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Dr. Spiegelfeld-Schneeburg, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag, der soeben erwähnt wurde, ist genü­gend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

gem. § 43 GO-BR

der Bundesräte Dr. Spiegelfeld Schneeburg, Kolleginnen und Kollegen

gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 erlassen wird und mit dem das Urheberrechtsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Ver­wertungsgesellschaftenrechtsänderungsgesetz 2006 – VerwGesRÄG 2006) (1069 d.B. und 1239 d.B. sowie 7462/BR d.B.), keinen Einspruch zu erheben.

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 erlassen wird und mit dem das Urheberrechtsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Ver­wertungsgesellschaftenrechtsänderungsgesetz 2006 – VerwGesRÄG 2006) (1069 d.B. und 1239 d.B. sowie 7462/BR d.B.), wird kein Einspruch erhoben.

*****

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Schennach das Wort.

 


15.31.46

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Anders als die Kollegen der Sozialdemokratie sehen wir in dieser Novellierung des Verwertungsgesellschaftengesetzes überwiegend eine posi­tive Entwicklung. Man kann es ja gar nicht glauben, dass dieses Gesetz von 1936 her­auf gehalten hat. Und dass es einem sich in seiner technischen Entwicklung geradezu revolutionär und rasant verändernden Bereich bis heute als Rechtsgrundlage gedient hat, ist eigentlich, seien wir uns ehrlich, unvorstellbar. Ich war bass erstaunt, als mir in der Bearbeitung dieses Gesetzes eigentlich wieder bewusst geworden ist, auf welche Grundlagen wir da zurückgreifen.

Im Unterschied zum Kollegen Konecny finde ich ... – Nein, ich glaube, Kollege Ko­necny – dass ich ihn hier nicht falsch zitiere – hat die Zuordnung der Kontrolle zur KommAustria als positiv bewertet. Das bedingt natürlich andere Verabschiedungen. Ich verstehe auf der einen Seite die Kritik daran, dass die Bundeswirtschaftskammer und die Bundesarbeitskammer hier keine Rolle mehr spielen. Das kann man kritisieren, aber die Regelung, die hier getroffen wurde, ist analog denen, wie sie in anderen Medi­enbereichen ebenso zu finden sind. Insofern ist das für mich jetzt kein Grund zu sagen, dieses Gesetz ist nicht gut.

Es enthält nämlich sehr wohl einige Meilensteine:

So ist die Kontrolle einfach wesentlich verbessert.

Die Möglichkeit für den Nutzer, Rechte zu erwerben, wird verbessert, und auch die Durchsetzung des Rechteerwerbs wird erleichtert.

Die Information für die Nutzer und für die Rechteinhaber wird verbessert, und auch die Transparenz der Verwertungsgesellschaften wird verbessert.

Es kommt außerdem eine verstärkte Kontrolle und Bundesaufsicht über die Verwer­tungsgesellschaften hinzu, was  – jetzt sage ich, Klammer auf, wie ich hoffe – dazu


Bundesrat
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führt, dass die Verwertungsgesellschaften dadurch professioneller agieren als in den letzten 20 Jahren.

Wichtig ist – das war uns von grüner Seite her besonders wichtig –, dass es keine Ver­eine mehr sind, sondern dass wir hier ordentliche Kapitalgesellschaften und Genossen­schaften haben.

Bedeutsam ist auch, dass ausländische Verwertungsgesellschaften – wir sind in einem gemeinsamen Europa – zugelassen sind, mit dem Hinweis allerdings, dass sie einen Sitz im Inland brauchen. Das würde ich mir dann übrigens auch gerne für den Fernseh­bereich wünschen.

Ebenso wichtig ist es, dass eine Schlichtungsstelle eingerichtet wird, ein Schlichtungs­ausschuss, wodurch die Gerichtskosten und auch das Streitrisiko verringert werden. Die Kosten des Bundes für die Aufsicht werden zwar erheblich teurer, aber es gibt auch dazu neue Spielregeln, nämlich die Weiterverrechnung an die Gesellschaften.

Etwas, was ich mir gewünscht hätte, ist ein bisschen anders als das, was Kollege Ko­necny gesagt hat. Es gibt ja auch die Leerkassettenabgabe, die Professor Konecny zitiert hat. Also gerade um dem Bereich der Künstlersozialversicherung, der ja kränkelt von den Einnahmen her, hier Einnahmen zuzuführen, wäre es wahrscheinlich wichtig gewesen, endlich auch eine analoge Kabelvergütung einzuführen – also so wie die Leerkassettenabgabe auch Erträge aus der Kabelvergütung –, sodass aus beiden her­aus gerade dem Bereich der Künstlersozialversicherung Mittel hätten zugeführt werden können, die leider noch immer nicht da sind.

Aber Kompliment zu einem Gesetz, das auch in dieser Kammer 1936 beschlossen wurde (Bundesrat Konecny: Nein!) oder zumindest in diesem Hause beschlossen wurde (Bundesrat Konecny: Auch nicht!) und das so lange gehalten hat. Aber auch das, was nun vorliegt, ist eine tragfähige Basis für die Herausforderungen, die gerade im Verwertungsbereich kommen werden.

Wir werden deshalb zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

15.36


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. – Es wünscht noch die Frau Bundesministerin das Wort.

 


15.37.00

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte nur ganz kurz auch das Wort dazu ergreifen. Es freut mich, dass in Grundzügen, vor allem was die Ein­richtung der KommAustria anbelangt, hier doch Einvernehmen bestehen dürfte.

Soweit ich Herrn Abgeordneten Konecny verstanden habe, geht es ihm primär darum, dass die Schiedsstelle nach dem Urheberrechtsgesetz nunmehr nicht mehr in der Form eingerichtet wird, wie sie früher vorgesehen war. Ich gebe hier zu bedenken, dass der Verfassungsgerichtshof die Schiedskammer, die nach dem Verwertungsge­sellschaftenrecht vorgesehen war und die aus drei Mitgliedern nach Parteienvereinba­rung bestanden hat, als verfassungswidrig aufgehoben hat. (Bundesrat Konecny: Das Problem waren die zwei Kammern!) Nein.

Das Problem war dann auch das, dass wir sehr schlechte Erfahrungen mit der Schiedsstelle hatten. Vielleicht bedingt dadurch, dass zwei Mitglieder aus der Wirt­schaftskammer, zwei Mitglieder aus der Arbeiterkammer, eine Künstlervertretung, ein Vertreter des Justizministeriums und zwei Vertreter von Verwertungsgesellschaften dorthin entsendet waren, war es natürlich so, dass bei dem Verfahren unterschied­lichste Interessen aneinander geprallt sind, sodass die Erfahrungen in dieser Schieds-


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 117

stelle, die ja praktisch nur für die Leerkassettenvergütung zuständig war, wirklich keine sehr guten waren. Aus diesem Grund hat man sich auch dazu entschieden, hier diese neue Stelle, den Urheberrechtssenat, einzurichten.

Ich gebe hier zu bedenken und nehme an, dass der Hohe Bundesrat das auch weiß, dass es statt dieser Aufteilung, nämlich zwei Vertreter aus der Wirtschaftskammer, zwei aus der Arbeiterkammer, ein Künstlervertreter, ein Richter und zwei Vertreter der Verwertungsgesellschaften, künftig so sein wird, dass drei unabhängige Richter im Urheberrechtssenat tätig sein werden und all die notwendigen Entscheidungen treffen werden.

Ich kann Ihnen versichern, dass hier sicherlich unparteiische und der Sache dienliche Entscheidungen getroffen werden und dass wir mit dieser neuen Regelung sicherlich einen ganz wesentlichen Fortschritt auch in der Effizienz des Entscheidungsfindungs­prozesses geschaffen haben.

Ich glaube auch aus diesem Grund, dass dieser vorliegende Entwurf des Verwertungs­gesellschaftenrechtsänderungsgesetzes wirklich ein Meilenstein in der Fortentwicklung dieser doch sehr diffizilen Rechtsmaterie sein wird und in Zukunft sicherlich auch für mehr Ordnung in diesem Bereich sorgen wird. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer, Ing. Kampl und Vilimsky.)

15.39


Vizepräsident Jürgen Weiss: Gibt es dazu noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nicht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Spiegelfeld-Schneeburg, Kolleginnen und Kolle­gen vor, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

15.40.0113. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensions­gesetz 1965, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Land- und Forstarbei­ter-Dienstrechtsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Bundesleh­rer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungs­gesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Bundestheaterpensions­gesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz und das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2005) (1190 d.B. und 1243 d.B. sowie 7434/BR d.B. und 7448/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

 


Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich bitte ihn um den Bericht. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Nein? Entschuldigung! Das ist hier falsch vermerkt. In Überein­stimmung mit dem Ausschussbericht ist Herr Bundesrat Mag. Baier Berichterstatter.

15.40.30


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 118

Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und weitere Ge­setze geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zum Antrag kommen.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein. Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth. Ich erteile ihr das Wort.

 


15.41.18

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf enthält im Punkt A neben dem durchaus erfreulichen Gehaltsabschluss für die Bundes-, Landes- und Gemeindebe­diensteten unter anderem folgende Punkte:

Erstens: Die Rechtsfolgen der Inanspruchnahme von im Bundesinteresse gelegenen Karenzurlauben – da geht es zum Beispiel um die Aufnahme eines Dienstverhältnisses bei internationalen Organisationen – werden zur Steigerung eben der Inanspruch­nahme solcher Karenzurlaube verbessert.

Zweitens: Dienstausweise sollen so beschaffen sein, dass sie mit einer Bürgerkarten­funktion ausgestattet werden können. – Auf diesen Punkt werde ich in der Folge noch kurz eingehen.

Drittens: Die Pflegefreistellung soll auch stundenweise in Anspruch genommen werden können.

Punkt vier betrifft die Sterbebegleitung. Diese soll auch für Wahl- und Pflegeeltern in Anspruch genommen werden können, sowie auch die Möglichkeit der Betreuung schwerstkranker Kinder auf insgesamt neun Monate verlängert werden soll.

Fünftens geht es um diverse Anpassungen im Dienst- und Pensionsrecht an bereits erfolgte Änderungen im ASVG.

Der Punkt B beinhaltet zahlreiche Änderungen im Lehrerbereich, auf die ich aber heute nicht näher eingehe.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Summe ist diese Novelle betreffend Familienhos­pizkarenzfreistellung, die Karenzregelung, die Pflegefreistellung und einige Verbesse­rungen bei der Exekutive eine durchaus gute Novelle, der wir heute auch unsere Zu­stimmung geben werden.

Ein Punkt ist für uns allerdings äußerst fragwürdig, nämlich der Punkt, dass Dienst­ausweise auch mit der Funktion einer Eignung als Bürgerkarte ausgestattet werden müssen, ohne dass gleichzeitig entsprechende Vorkehrungen gegen einen etwaigen Missbrauch beziehungsweise für einen ausreichenden Datenschutz getroffen werden. Theoretisch kann damit jeder Schritt eines öffentlich Bediensteten nachvollzogen wer­den.

Es gibt zwar einen Vorschlag, aber ob dieser Vorschlag, nämlich dass es im freiwilligen Ermessen der Bediensteten liegt, diese Bürgerkartenfunktion auch zu nutzen, aus­reicht, um den Datenschutz zu gewährleisten, das darf durchaus bezweifelt werden, denn die Realität wird sicher anders ausschauen.


Bundesrat
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Die Einhaltung des Datenschutzes ist ein besonders sensibles Thema, dem wir in un­serer Fraktion immer großes Augenmerk widmen. Die Bestellung eines Datenschutz­beauftragten könnte dabei einen wichtigen Beitrag leisten, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern größere Rechtssicherheit zu geben.

Da wir aber leider diesen Punkt, bei dem wir ganz dezidiert eine andere Meinung ver­treten, auch, wie so oft, nicht gesondert abstimmen können, werden wir insgesamt die­sem Gesetzesvorschlag heute unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

15.44


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer.

 


15.44.34

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der 2. Dienstrechts-Novelle liegt uns ein weiteres sehr gutes Ergebnis der sozialpartnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Regierung und Gewerkschaft öffentlicher Dienst vor.

In dieser Novelle wurde insbesondere auch im Bildungsbereich und hier primär im Leh­rerbereich eine Reihe von positiven Vorschlägen der Zukunftskommission zur Verbes­serung der Qualität an österreichischen Schulen umgesetzt, und es erfolgt zudem eine Reihe von Anpassungen an die bestehenden Rahmenbedingungen. Ein wichtiger Punkt daraus sind die Kleinschulen, die aus Vorarlberger Sicht ein besonderes An­liegen sind, weil es uns um den Erhalt der Kleinschulen und damit auch um die Stär­kung des ländlichen Raumes geht, insbesondere auch von exponierten Gemeinden. Mit dieser Vorlage besteht die Möglichkeit, dass SchuldirektorInnen zum Beispiel in einer Talschaft zwei Volksschulen leiten können, um eben diese Volksschulen erhalten zu können.

Erwähnen möchte ich auch noch das Mitwirkungsrecht von LeiterInnen von Bundes­schulen bei Neuaufnahmen von LehrerInnen, die damit die Möglichkeit bekommen, bezüglich der Befähigung dieser Lehrkräfte Stellungnahmen abzugeben.

Die Schaffung der Voraussetzung für die Hospizkarenz wurde von Kollegin Neuwirth ausreichend erklärt. Vor allem die Möglichkeit der stundenweisen Inanspruchnahme ist wirklich ein besonderer Fortschritt in diesem Bereich. Ich möchte aber jetzt nicht näher darauf eingehen.

Auch mit den Verbesserungen für Exekutivbeamte geht eine langjährige Forderung in Erfüllung. Es werden nämlich die Bestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleis­tungsgesetzes im Zusammenhang mit gerichtlicher Geltendmachung von Schmerzens­geld und Verdienstentgang ausgeweitet.

Nun kurz noch zu den Dienstausweisen. Die Änderung bei den Dienstausweisen soll die Möglichkeit mit sich bringen, sie auch mit Bürgerkartenfunktionen auszustatten. Da­mit wäre die Möglichkeit gegeben – ich sage bewusst „wäre“ –, den Dienstausweis, wie im privaten Bereich zum Beispiel bei der e-card oder irgendwelchen anderen Karten­funktionen, mit personenbezogenen Daten zu bestücken.

Um hier keine Überwachungssituation entstehen zu lassen – die Gespräche mit der Bundesregierung sind im Gange –, liegt es im eigenen, freiwilligen Ermessen des Mit­arbeiters, darüber zu entscheiden, ob er diese Funktion will, und dann soll sie natürlich keine Kosten bei ihm verursachen. Also es liegt im freiwilligen Ermessen. Wenn er nicht unterschreibt, dann hat er diese Bürgerkartenfunktion nicht. Außerdem – wenn ich das noch einmal deutlich betonen darf – kann man ihn auch mit einer entsprechen­den Funktion nicht in ganz Österreich, im ganzen Staatsgebiet überwachen, wie Sie das angesprochen haben, Frau Kollegin Neuwirth.


Bundesrat
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Ich darf auch ausdrücklich die Bestrebungen unterstützen, Verhandlungen über ein einheitliches Bundesmitarbeiterrecht unter Berücksichtigung berufsspezifischer Anfor­derungen mit einer Einbindung einheitlicher Pensionsbestimmungen in Angriff zu neh­men.

Schlussendlich darf ich auf den wirklich sehr erfreulichen Lohnabschluss für unsere öffentlich Bediensteten in Höhe von 2,7 Prozent hinweisen, also für alle Bundes-, Lan­des- und Gemeindebediensteten – ausgenommen die Landes- und Gemeindebediens­teten in Vorarlberg, denn die verhandeln Lohn und Gehalt seit Jahrzehnten eigen­ständig mit der Landesregierung –, und darf dazu auch herzlich gratulieren.

Ich möchte mich in Anlehnung an diesen Lohnabschluss bei allen öffentlich Bedienste­ten für ihre hervorragende Arbeit bedanken. Insbesondere darf ich die MitarbeiterInnen des Hohen Hauses, der Parlamentsdirektion, hervorheben und ihnen namens meiner Fraktion, aber auch persönlich sehr herzlich für ihre ausgezeichnete Dienstleistung danken und jetzt schon schöne Weihnachten wünschen und alles Gute im nächsten Jahr. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ und der Grünen sowie der Bundesräte Ing. Kampl, Mitterer und Vilimsky.)

15.48


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Konrad.

 


15.48.39

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Gegensatz zur grünen Frak­tion im Nationalrat werden wir hier im Bundesrat diesem Punkt unsere Zustimmung erteilen, und zwar deshalb, weil die Ablehnung der Grünen vor allem daran hing, dass bei diesem Punkt auch viele Begleitgesetze des 2. Schulpakets beschlossen werden. Das war ein Ausdruck des Protests, auch gegen den Inhalt des Schulpakets. Nachdem wir das allerdings jetzt noch nicht verhandeln, sondern das auf die nächste Sitzung ver­schoben wurde, gibt es für uns jetzt keinen Grund, hier nicht unsere Zustimmung zu geben, vor allem, da ja der Gehaltsabschluss für Beamtinnen und Beamte auf jeden Fall zustimmungsfähig ist und wir uns also freuen, diesem Punkt hier unsere Zustim­mung geben zu können.

Zum Inhalt dieser Novelle haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon einige Punkte erwähnt. Ich möchte daher nur ganz kurz auf einige Bereiche, so auch auf den Schulbereich, eingehen.

Die Tatsache, dass künftig ein Direktor oder eine Direktorin auch zwei Pflichtschulen leiten kann, wenn diese insgesamt nicht mehr als acht Klassen haben, ist einerseits in Fällen von Kleinschulen sicher oft existenzsichernd – vor allem für Kleinschulen ist es wichtig, dass es Einsparungspotential gibt –, es sollte aber nicht der Regelfall werden, denn es ist schon praktisch, einen eigenen Direktor oder eine eigene Direktorin zu haben. Aber diese Regelung ist durchaus verständlich.

Nicht verständlich ist allerdings meiner Meinung nach die Regelung, dass Direktorin­nen und Direktoren künftig bei der Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern Gutachten abgeben können über Kompetenzen in jenen Bereichen, die nicht explizit in der Aus­schreibung angeführt sind, aber für die Schule dennoch relevant sind. Es war bestimmt auch bisher schon die Praxis, dass das passiert ist, es gab aber gute Gründe, warum das bisher rechtswidrig war. Jetzt wird das legalisiert.

Wenn schon solche Gutachten erstellt werden, würden wir uns wünschen, dass das in demokratischerer Form passiert, und zwar unter Einbindung aller Schulpartnerinnen und Schulpartner.


Bundesrat
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Auch ist in der Novelle festgehalten, dass Rektor und Vizerektor von pädagogischen Hochschulen einen Sondervertrag bekommen werden. Da ist nicht ganz verständlich, wieso diese nicht einfach ins Beamtenbesoldungsschema mit eingebaut werden kön­nen.

Sehr gut und positiv hervorzuheben an dieser Novelle ist, dass in Zukunft die Betreu­ung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den Bundesschulen auch durch LandeslehrerInnen durchgeführt werden kann. Das bringt Flexibilität. Überhaupt sollte unserer Meinung nach diese starre Trennung der Verwendung von Landes- und Bundeslehrerinnen und -lehrern aufgehoben werden.

Wir werden also diesem Punkt unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.51


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

15.51.5014. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird (1084 d.B. und 1244 d.B. sowie 7449/BR d.B.)

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006) (1171 d.B. und 1245 d.B. sowie 7450/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 14 und 15 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Mag. Baier. Ich bitte ihn um die Berichte.

 


15.52.12

Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zum Antrag.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundes­gesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006).


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 122

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor. Ich darf daher gleich zum Antrag kommen.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und dem vorliegenden Be­schluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zu­stimmung zu erteilen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein. Erster Redner ist Herr Bundesrat Gruber.

 


15.54.00

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Novelle zum Informationssicherheits­gesetz wird die Bundesregierung ermächtigt, Ressortabkommen im international übli­chen Umfang abzuschließen.

Da die derzeitige gesetzliche Grundlage nicht ausreicht, soll der gegenständliche Ge­setzentwurf als Grundlage dienen, den gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen zu garantieren. Solche Abkommen sind insbesondere im Interesse von Unternehmen des Hochtechnologiebereiches, stärken aber auch die Attraktivität des Wirtschafts- und Forschungsstandortes Österreich im internationalen Vergleich. Daher werden wir die­ser Vorlage unsere Zustimmung geben.

Meine Damen und Herren! Mit dem am 30. April 2004 publizierten Legislativpaket der EU wird das gemeinschaftliche Vergaberecht auf eine neue rechtliche Basis gestellt. Die beiden Richtlinien werden das bisherige Regelwerk ablösen. Die Umsetzungsfrist läuft mit 31. Jänner 2006 ab. Damit ist natürlich auch verbunden, dass das Bundesver­gabegesetz aus 2002 – mittlerweile erst vier Jahre alt – novelliert werden muss.

Dass es sich beim Bundesvergabegesetz um eine äußerst umfangreiche, schwierige und diffizile Gesetzesmaterie handelt, ist aus dem Bericht des Verfassungsausschus­ses des Nationalrates erkennbar. Schwierig auch deshalb, weil ein Interessenausgleich zwischen Bund und Ländern, zwischen Anbietern und Ausschreibern, in Wirklichkeit eigentlich zwischen allen, die sich um einen öffentlichen Auftrag bewerben, notwendig ist – ein Ausgleich, der deshalb so schwierig ist, da er natürlich von jeder Seite anders gesehen wird.

Es ist daher sehr erfreulich, dass in den entscheidenden Verhandlungen ein Konsens erzielt werden konnte. Immerhin werden in Österreich fast 38 Milliarden € über dieses Gesetz an öffentlichen Aufträgen abgewickelt.

Für uns Sozialdemokraten bringt dieses Gesetz mehr Umweltgerechtigkeit, eine de­monstrative Aufzählung der Kriterien des Bestbieterprinzips, eine Verstärkung der Zu­verlässigkeitsprüfungen, eine Überbindung der Zuverlässigkeitsprüfungen auf Subun­ternehmen. Wir legen natürlich auch großen Wert darauf, dass bei der Durchführung im Vergabeverfahren vor allem auch ökologische Leitlinien sowie sozialpolitische Be­lange zu prüfen sind.

Wir begrüßen auch Verfahrenserleichterungen im Unterschwellenbereich sowie die An­hebung der Schwellenwerte aus der Sicht der Gemeinden.

Wir hoffen allerdings auch auf die Einhaltung dieses neuen Bundesvergabegesetzes durch alle Institutionen und werden diesem Gesetz daher unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.57



Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 123

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm das Wort.

 


15.57.35

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Das Informationssicherheitsgesetz wird und sollte mehrere Schwer­punkte enthalten, mehrere Möglichkeiten des Herrn Bundespräsidenten, die Bundesre­gierung zum Abschluss verschiedener Verträge zu ermächtigen.

Die vorgesehene Ermächtigung an Bundesländer, Staatsverträge mit angrenzenden Staaten oder Teilstaaten abzuschließen, ist positiv für den gesamten Grenzbereich. Weil auch die Länder die Hauptauftraggeber der Wirtschaft sind, ist diese Ermächti­gung seitens der Länder voll zu unterstützen.

Nicht unproblematisch, Herr Staatssekretär, ist das EU-Recht und die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes. Problematisch für Subunternehmen ist und wird auch die Weitergabe der Aufträge sein.

Bei diesem Gesetz haben wir die Möglichkeit, uns nach einem Jahr Erfahrung über die Durchführung von Wettbewerben neuerlich damit zu befassen.

Bei diesem Gesetz sind auch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes in die EU-Richtlinien eingeflossen.

Positiv an dem Gesetz ist, dass der Schwerpunkt zugunsten der einzelnen kleinen Fir­men gesetzt wird und keine Hintertüren offen gelassen werden. Das heißt, Generalun­ternehmer und Generalplaner werden das neue Gesetz nach Möglichkeit ablehnen.

Positiv ist aber dieses Gesetz vor allem für die Gemeinden und die kleinen Gewerbe­betriebe im ländlichen Bereich.

Endlich ist in diesem Gesetz auch festgeschrieben, dass die Vergabe von Planung und Ausführung getrennt zu erfolgen hat. Im Besonderen werden sich mittlere und kleinere Unternehmungen in Zukunft mehr geschützt finden, was ja positiv ist. Ich hoffe, dass sehr viele kleine Unternehmer in Zukunft noch stärker Vertrauen in die Selbstständig­keit setzen.

Es wird zu hoffen sein, dass die Länder diese neue Gesetzesgrundlage voll mittragen und dieses Gesetz vollinhaltlich unterstützen. – Danke. (Beifall der Bundesräte Mitte­rer und Vilimsky sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

16.00


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird vom Berichterstatter ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheits­gesetz geändert wird.

Ich lasse jetzt noch schnell klären, ob wir beschlussfähig sind. – Für den ersten Tages­ordnungspunkt reicht das Präsenzquorum.


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 124

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit ... (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Mehrheit!) Entschuldi­gung! – Es ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezem­ber 2005 betreffend ein Bundesvergabegesetz.

Hier ist, da es sich um einen Zustimmungsfall nach Artikel 44 Abs. 2 B-VG handelt, die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates erforderlich, die derzeit nicht gegeben ist.

Ich unterbreche daher die Sitzung für ein paar Minuten.

(Die Sitzung wird um 16.01 Uhr unterbrochen und um 16.03 Uhr wieder aufgenom­men.)


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und komme zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezem­ber 2005 betreffend ein Bundesvergabegesetz 2006.

Da der gegenständliche Beschluss Verfassungsbestimmungen enthält, die nach Arti­kel 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindes­tens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen, stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesen­heit fest.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss kei­nen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich lasse nun über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Arti­kel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die auch diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

16.04.4316. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Ge­setz, ORF-G), geändert wird (723/A und 1249 d.B. sowie 7451/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Höfinger. Ich bitte um den Bericht.

 


16.04.55

Berichterstatter Johann Höfinger: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk geändert wird.

Da Ihnen dieser Bericht in schriftlicher Form vorliegt, darf ich gleich zum Antrag kom­men.


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 125

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht. – Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


16.05.44

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Dieser Antrag läuft doch eigentlich Ihrer Politik der letzten fünf Jahre diametral entgegen, und zwar in zwei Bereichen. Einerseits waren gerade Sie immer bemüht, ein duales System zwischen Privaten und Öffentlich-Rechtlichen in einer sehr vorsichtigen Art und Weise des Interessenausgleichs zu schaffen, und zum anderen haben Sie Gelder, die der ORF lukrieren kann, eigentlich immer hinterfragt.

Zugrunde liegt dem Ganzen ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Ulrike Baum­gartner-Gabitzer, Uwe Scheuch, der in der Kuriosität seiner Entwicklung eigentlich nichts zu wünschen übrig lässt. Zum anderen liegt mir vom ORF bis heute kein unter­nehmerisches Konzept darüber vor, was er denn eigentlich mit jenem Kanal zu tun gedenkt, den er mittels Einnahmen aus Gebühren gekauft hat. Denn das muss man schon sagen, dass auch Gebühreneinnahmen dazu verwendet wurden, einen dritten Kanal zu kaufen.

Ich habe jetzt im Prinzip und a priori nichts gegen die Erweiterung. Aber ein Sendekon­zept kann ich da noch nicht erkennen, allein schon wegen der Turbulenzen zwischen dem Bereich Sport und dann irgendwie dem Versuch, in die Freizeitwirtschaft hinüber­zugehen, irgendwo noch das Wetter hineinzubringen und das Ganze auch in die Rich­tung der Förderung von Randsportarten und so weiter zu biegen. Ich sehe daher bis heute kein Konzept darüber, wie dieser Sender tatsächlich betrieben wird.

Ich hoffe nicht, dass ihm ein Schicksal passiert, wie es nun in anderen Bereichen ein­tritt, etwa in Kärnten, wo wir plötzlich den minderheitensprachlichen Anteil aus dem normalen ORF Kärnten in den Spartenbereich abgeschoben haben, mit dem Hinweis: Wir machen eh was, und wir entlasten damit das Hauptabendprogramm. (Bundesrat Ing. Kampl: Der ist gestärkt worden in Kärnten! Der ist gestärkt worden, Herr Kollege!) Wenn das zum Beispiel mit den Special Olympics passiert, dass sie nur mehr auf TW 1 zu sehen sind und sich ORF 1 der Berichterstattung über die Special Olympics ent­ledigt, weil dort nur mehr Mainstream gezeigt wird – für all diese Dinge sehe ich kein Konzept.

Auch wenn ich jetzt die Sportbrille aufsetze und sage, dass es ein Sportkanal ist, dann möchte ich doch eigentlich eine Mindestgarantie, wie viel Sport dort zu sehen ist. Die Wagrain-Kamera, die über die Schigebiete schwenkt, könnte natürlich eine Art von Breitensportförderung sein, wenn ich den Schneefall sehe, wie er herunterkommt, und man sich vorstellen kann, dass man jetzt den Drang entwickeln sollte, dort mit Brettern und Rodeln und irgendetwas hinzuziehen. Aber so wäre das schon eine ziemlich weit gebogene Geschichte der Breitensportförderung.

Unser Vorschlag war dann: zumindest vier Stunden Sport. Das wäre doch eine Sache, dass man einmal sagt: mindestens vier Stunden Sport. Aber dazu, Kollege Himmer, war die Mehrheit leider nicht bereit.

Das gilt wirklich bis heute. Ich habe mehrmals urgiert, dass ich gerne ein Sendekon­zept des ORF dafür haben möchte, habe aber nichts darüber gehört, außer „dass uns hundert Prozent gehören“. Da ist es natürlich eine Möglichkeit – und da muss ich sagen, die Privatsender haben damit Recht –, dass nun am Tag 42 Werbeminuten


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mehr zur Verfügung stehen. Das kann ich auch umrechnen, wie viel das an Mehreinnahmen durch Werbung bedeutet. (Bundesrat Gruber: Es finanziert sich!) Bitte? (Bundesrat Gruber: Es finanziert sich!)

Das ist die Frage, ob es sich finanziert. Denn mit diesem Antrag hier – und das wird der Herr Staatssekretär bestätigen – kann ich auch Gebühren für den Spartenkanal verwenden. Wenn ich jetzt Gebühren für den Spartenkanal verwende – die Gebühren verdoppeln sich ja nicht –, dann fehlt dieser Teil irgendwo. Wenn Sie sagen, das sind Gebühren, mit denen wir derzeit schon Sport produziert haben, dann fehlt auf jeden Fall im ORF 1 etwas.

Das heißt, irgendwie war klar: Der ORF ist knapp bei Kasse, der ORF braucht Geld, machen wir das unter dem Titel Sportkanal; wir haben zwar kein Konzept, aber alle sind glücklich und zufrieden, wenn wir zumindest auch eine Verlagerung von Gebühren in einen Spartenkanal vornehmen.

Ob das Ganze EU-rechtlich hält, werden wir ja irgendwann sehen. Ich nehme mit Si­cherheit an, dass diese Geschichte vor den Europäischen Gerichtshof kommen wird; das erwarte ich zumindest von den Privaten. Ich erinnere nur daran, dass der EuGH zum Beispiel der ARD – die ist ja auch nicht gerade nicht öffentlich-rechtlich – sogar die Betreibung von Teletext untersagt hat und dies innerhalb der Gebühren nicht ge­rechtfertigt gesehen hat.

Die Privatsender beklagen diese Situation zu Recht. Sie werden das, alle drei Frak­tionen, heute mit Mehrheit beschließen, aber das ändert nichts daran. Ich hoffe, Herr Staatssekretär, dass Sie hier darauf dringen, dass es ein echtes Sendekonzept und nicht nur diese dürftigen Zeilen eines Antrags gibt. Diese Formulierung „Förderung des Interesses der Bevölkerung an aktiver sportlicher Betätigung“, das ist in Wirklichkeit eine Kamera, die uns zeigt, wie es schneit. Das kann es nicht sein.

Ich hoffe, dass hier etwas Entsprechendes geboten wird, etwas Entsprechendes vorge­setzt wird. Für den Mediendualismus im Land, den Ausgleich zwischen Privaten und Öffentlich-Rechtlichen und noch dazu zwischen den Nicht-Kommerziellen und Freien, wird es irgendetwas geben müssen. Wir können nicht umhin, dass in dieser Bevor­mundungsschiene etwas fehlt. Es eint uns alle die Bekräftigung: Wir wollen ein starkes öffentlich-rechtliches Fernsehen.

Wir alle wissen, dass die Lizenzerteilung für private Radios und vor allem für Privat-TV in Österreich um zehn Jahre zu spät erfolgte, aus welchen Gründen auch immer. Dar­über möchte ich hier gar nicht reden. Aber mit solchen Entschließungsanträgen wird die Situation der Privatsender, die wesentlich zum Pluralismus einer Mediengesell­schaft beitragen, auch nicht verbessert, sondern eher verschlechtert, indem Sie die Verhältnisse zugunsten des Platzhirsches neu gewichten.

In diesem Sinne, Herr Staatssekretär, werden wir nicht umhinkommen – und ich hoffe, dass wir sehr bald darüber in Gespräche eintreten –, dass es in irgendeiner Weise zu einer Basisförderung sowohl für den kommerziellen als auch für den nicht-kommerziel­len privaten Bereich kommen wird, weil es nicht anders geht.

Wenn wir uns heute anschauen, wie viele von den Privatsendern im Radiobereich überhaupt schwarze Zahlen schreiben, so sind es derzeit – gut gerechnet, und Kollege Grünberger wird mir hier Recht geben – maximal vier! Wenn die Bemühungen weiter so sind, all das wieder zurückzustellen, was derzeit an Marktregulativen da ist, dann werden die vier auch verschwinden. Dann sind wir wieder in einer Situation, in der wir von einem Medienpluralismus und einer Mediendemokratie – das ist ja letztlich unser aller Anspruch – nicht sprechen können.


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Mir tut es Leid, dass ohne ein unternehmerisches Konzept so ein Antrag, der eigentlich nur eine Kapitalumschichtung und -beschaffung bedeutet, heute hier eine so große Mehrheit findet. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.15


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Professor Ko­necny.

 


16.15.06

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Vie­les an der Kritik, die Kollege Schennach geäußert hat, kann ich durchaus teilen. Aber ich gebe offen zu, dass wir hier offensichtlich einen doch sehr unterschiedlichen, grundlegend anderen Zugang zu dem haben, was Stärkung des ORF bedeutet.

Es ist richtig, dass dies wirklich ein „hingenudelter“ Antrag ist. Es ist richtig, dass im Zu­sammenhang damit niemand auf die Idee gekommen ist, eine unternehmerische Ori­entierung des ORF auf diesen neuen Bereich einigermaßen darlegen zu wollen. Und welche Folgen es für die Stärkung des ORF haben wird, bleibt angesichts des, sagen wir einmal, zurückhaltenden Einbaus dieser Initiative in ein Unternehmenskonzept zu­mindest offen.

Unsere Zustimmung – und wir geben sie – beruht allerdings darauf, dass wir der Mei­nung sind, dass es einem ORF, der so stark ist, dass er sich auf einem kleinen Markt – und Österreich ist ein kleiner Medienmarkt – behaupten kann, möglich sein muss, in diesem Bereich – hoffentlich! – wirtschaftlich erfolgreich zu gestionieren und mit die­sem Mehr an Werbezeit ein Angebot zu schaffen, das nicht aus rieselndem Schnee be­steht – das ist sicherlich richtig –, sondern tatsächlich eine Werbung für Sport ist, eine Werbung für eigene Betätigung, aber durchaus auch das legitime Interesse der Öffent­lichkeit an Sportberichten befriedigt.

Wir wissen, dass solche Spartenkanäle auf kommerzieller Basis erfolgreich sind. Ich hielte es für kontraproduktiv für die Aufrechterhaltung eines starken ORF, ihm solche Erweiterungen seines Angebotes nicht zu ermöglichen.

Gleichzeitig aber – das hat nun einiges mit der Debatte im Nationalrat anlässlich dieses Initiativantrages zu tun – kann man zum Thema ORF nicht sprechen, ohne nicht auch auf andere bedeutsame, im ORF-Gesetz ermöglichte oder missbräuchlich genutzte Möglichkeiten und auf sinnlose Verbote hinzuweisen. Unsere Freunde im Nationalrat haben dies mit einem Abänderungsantrag zu dieser Novellierung des ORF-Gesetzes getan. Das ist eine Möglichkeit, die wir hier in dieser Form nicht haben, weshalb ich mich der Möglichkeit eines Entschließungsantrages bediene, um dieses Thema hier auf die Tagesordnung zu setzen.

Das ORF-Gesetz statuiert in seinem § 6 Z. 1, dass für Meldungen von Bundes- und Landesbehörden im Fall von Katastrophen und Krisen Sendezeit zur Verfügung stehen muss. Es ist offensichtlich eine Selbstdefinition dieser Bundesregierung, dass sie die­sen § 6 Z. 1 dazu benützt, ihre Regierungspropaganda abzuspulen: Die Katastrophen­regierung referiert über ihre krisenerzeugenden Maßnahmen, und das unter offen missbräuchlicher Ausnutzung eines völlig anders gemeinten Paragraphen im ORF-Gesetz. Es ist, gelinde gesagt, ein demokratiepolitischer Skandal, wenn wir hier über Kindergeld und Ähnliches informiert werden unter Berufung auf einen Paragraphen zur Information in Katastrophen- und Krisenfällen! (Bundesrat Mitterer: Herr Professor! Das war so gut – bis jetzt! Bis jetzt waren Sie so gut!) Wenn Ihnen die Ironie dieser Inanspruchnahme einer Gesetzesbestimmung selbst nicht auffällt, dann ist Ihnen leider nicht zu helfen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich füge hinzu, dass eine solche Werbung, auch wenn sie von der Regierung bezahlt in den ORF gerückt würde, unzulässig wäre, weil sie zweifellos die Bestimmungen des § 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb über irreführende Werbung zu 100 Prozent erfüllt.

Gleichzeitig verwehrt der ORF jetzt nicht nur politischen Mitbewerbern, sondern auch gesellschaftlichen Gruppen den Zugang zur bezahlten ORF-Werbung. Beispielsweise haben die Initiatoren des Sozialstaats-Volksbegehrens – keine Partei, aber eine breite gesellschaftliche Initiative – versucht, diese Möglichkeit zu nützen, und sie sind – ich weiß nicht, ob hohnlachend, ich war nicht dabei – mit diesem Vorhaben abgeschmet­tert worden.

Die zweite Bestimmung im ORF-Gesetz, die wir in dieser Form für absolut unverständ­lich halten, ist die – erstaunlicherweise – nach der breiten Medienkritik an der Regie­rungsbildung 2000 eingeführte Bestimmung im § 13 Abs. 8 über das Werbeverbot im ORF für Medien. Das war offenbar eine Strafmaßnahme für alle, die damals unbot­mäßig über diese Regierungsbildung geschrieben haben. Wenn es also schon sonst kein Argument gibt, Herr Staatssekretär: vielleicht die Milde des Verzeihens nach fünf Jahren? – So schlechte Kunden für den ORF wären das nicht, wenn wir einen starken ORF wollen. Es ist das eine sachlich durch nichts gerechtfertigte Maßnahme.

Ich möchte daher namens meiner Fraktion in dieser Debatte folgenden Entschlie­ßungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend demokratie­politisch bedenkliche Bestimmungen im ORF-Gesetz

„Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Bundesrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert:

1. § 6 Z 1 des ORF-Gesetzes dahingehend zu ändern, dass eine rechtswidrige Regie­rungspropaganda in Zukunft unmöglich gemacht wird.

2. Das ungerechtfertigte Werbeverbot für Medien nach § 13 Abs. 8 ersatzlos zu strei­chen.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.22


Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Konecny, Kolleginnen und Kollegen soeben eingebrachte Entschließungsantrag betreffend demokratiepolitisch bedenkliche Bestimmungen im ORF-Gesetz ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

 


Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. – Bitte.


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729. Sitzung / Seite 129

16.22.32

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um gleich dort anzufangen, wo mein Vorredner aufgehört hat: Es stellt sich für mich nur die Frage, inwieweit dieser Antrag überhaupt im Zusammenhang mit der heutigen Materie steht. Deshalb möchte ich hier einmal davon Abstand nehmen, jetzt einfach darüber zu diskutieren, sondern ich glaube, das sollte man in einem eigenen Punkt tun, denn ich denke, heute geht es hier darum, eine Gesetzesmaterie näher zu beleuchten, die von meinen zwei Vorrednern in ihrer Span­nung schon gut angesprochen wurde. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vor­sitz.)

Auf der einen Seite stimme ich hier Kollegen Schennach völlig zu, dass jeder, der heute einen Kanal eröffnet, auch ein Konzept braucht. Auf der anderen Seite möchte ich hier nur einschränkend sagen, dass das mit diesem Sportkanal nicht ganz so neu ist. Denn der ORF hat ja, wie wir wissen, 50 Prozent des Kanals, den er gekauft hat, schon besessen und jetzt die weiteren 50 Prozent an TW 1 gekauft. Mit der Einschrän­kung, hier im Zusammenhang mit dem Sport etwas zu senden, ist zumindest die Rich­tung klar vorgegeben, und etwas anderes sehe ich auch nicht im Gesetz, als dass dies klar und deutlich ausgedrückt wird: Es geht um einen Sport-Spartenkanal, um ein Pro­grammangebot, das den Sport betrifft.

Zweiter Punkt: Ich glaube, beim ORF gilt nomen est omen. Wenn es ORF heißt, dann heißt es auf der einen Seite natürlich Österreichischer Rundfunk und Fernsehen, auf der anderen Seite heißt es aber auch Österreichisches rechtliches Fernsehen. Deshalb erwarte ich mir sehr wohl von solch einem Programm, von solch einem Spartenpro­gramm, dass der Sport in seiner Breite abgedeckt wird. Denn ich glaube, es gehört zum rechtlichen, zum öffentlich-rechtlichen Auftrag, dass sich der Sport in seiner Breite im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wieder findet.

Wenn hier – ich glaube, darüber wurde ja im Ausschuss des Nationalrates sehr stark debattiert, und auch die Beiträge gingen in diese Richtung – das differenzierte Angebot auch wirklich gemacht wird, dass das – entschuldigen Sie den Ausdruck –, was man oft unter Randsportarten versteht und was im Fernsehen nicht so publikums- oder massentauglich herübergebracht wird, dort vorkommt, dann ist das, glaube ich, eine sehr gute Einrichtung.

Nächster Punkt: Wir haben über Sponsoring gesprochen. Ich weiß sehr wohl von vie­len Veranstaltern, insbesondere von kleineren, dass sie sich, wenn es um diese Sport­arten geht, gerade mit ihrem werblichen Auftritt und ihren Sponsoren sehr schwer tun. Wenn sie hier eine Möglichkeit haben, im Fernsehen vorzukommen, tun sie sich auch leichter, für sich selbst Sponsorpartner zu finden. Ich hoffe nur – das sage ich jetzt na­türlich auch sehr kritisch –, dass dann die Beiträge, die diese Kleinveranstalter, wenn ich so sagen darf, „einsammeln“, nicht zu irgendeinem Prozentsatz gleich direkt zum ORF abfließen, sondern dass man gerade auch im Sinne der kleinen Veranstalter, die solche Sportarten aufrechterhalten, die oft keine große Publikumswirksamkeit haben, wirklich sein Augenmerk darauf legt.

Nur: Mit der Einschränkung der Zeiten, was Werbung betrifft – und da kommt das öf­fentlich-rechtliche Fernsehen nicht umhin –, denke ich mir, ist hier einiges gemacht.

Aber einen kleinen Punkt, der vielleicht ein bisschen abseits ist, möchte ich zum Schluss hier noch einbringen, weil es ja auch immer um das öffentlich-rechtliche Fern­sehen geht; dieser Punkt ist mir, zumindest in den letzten Wochen, etwas kritisch auf­gestoßen. Ein Bereich, in dem sich der ORF schon noch bemühen könnte, moderner zu werden, zeigt sich, wenn man heute einen Publikumsrat wählt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Wenn es – das sage ich ganz offen und kritisch – dabei bleibt, dass man


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ein Fax, dass man zuerst eine Proseminararbeit anbieten muss ... (Bundesrat Ko­necny: Sie haben das Gesetz beschlossen!) – Moment, Moment! Ich gebe ohnehin einen Tipp dazu. Es muss nicht immer sofort Kritik einsetzen. (Bundesrat Schennach: Das war die Erfindung von Andreas Khol!) Man kann ja hier einmal einen kritischen Beitrag starten, Kollegen und Kolleginnen! (Bundesrat Reisenberger: Die eigenen Par­teikollegen!)

Ich möchte hier einen Vorschlag machen: Warum setzt man hier zum Beispiel e-Voting nicht ein? – Es ist immer die Rede davon. Ein modernes digitales Fernsehen oder Me­dienunternehmen könnte heute diesbezüglich mit gutem Beispiel vorangehen. Denn ich glaube – egal, wie die Abstimmung diesbezüglich gelaufen ist –, dass es eine grö­ßere Beteiligung gäbe, wenn man hier andere Möglichkeiten schaffen und dies noch dazu fast als ein Feld sehen würde, auf dem man sich das eine oder andere zutrauen könnte, bevor man vielleicht auch in andere Wahlprozesse eintritt.

Im Übrigen werden wir hier voll und ganz zustimmen, weil wir glauben, dass hiermit ein Programm eröffnet wird, das, so hoffe ich wirklich, vielen Sportarten die Möglichkeit gibt, auch öffentlich präsent zu sein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bun­desräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

16.28


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Vilimsky. – Bitte.

 


16.28.21

Bundesrat Harald Vilimsky (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An sich ist die Idee gut, sich im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mehr dem Bereich Sport zu widmen, weil es sehr viele sportbegeisterte Menschen in diesem Land gibt. Es gibt aber nicht nur sportbegeisterte Menschen, es gibt auch eine Reihe anderer Interessensegmente in der allgemeinen Seheröffentlichkeit, die nicht bedient werden.

Ich erinnere mich an die Zeit zurück, als ich noch klein war. Da gab es den „Senioren­club“, den sich meine Großeltern sehr gerne anschauten. Zur selben Zeit gab es etwa auch „Am Dam Des“, das sich meine damaligen Freunde sehr gerne ansahen. Heute habe ich eine fünfjährige Tochter, und ich weiß eigentlich nicht, wo im ORF ein ent­sprechendes Programm für sie zu finden wäre. (Bundesrat Schennach: Kein Sand­männchen mehr! – Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.)

Es gab damals auch einen Sprachunterricht im ORF. Da konnte man Englisch lernen, Französisch, sogar Russisch mit Lisa Schüller. Wir alle erinnern uns noch daran. All das war zu einer Zeit, als der ORF mehr oder minder Alleinanbieter war und die Ge­bührenhoheit aus meiner Sicht auch argumentierbar und gerechtfertigt war.

Wenn man heute die „Glotze“ – ich wähle bewusst diesen Ausdruck – aufdreht, muss man zunächst einmal schauen, auf welchem Kanal man sich befindet, anhand des Logos rechts oben, denn anders ist der ORF von RTL, Sat.1 oder ProSieben wenig bis nicht unterscheidbar. Der einzige wirkliche Unterschied ist die Gebührenhoheit. Jeder, der zu Hause ein TV-Gerät hat, muss zahlen, ungeachtet dessen, ob er den ORF in Anspruch nimmt oder nicht.

Genauso ist es im Sportbereich. Auch da wird es welche geben, die sich vielleicht nur DSF oder Eurosport ansehen, aber trotzdem werden sie für den ORF und seine Cash-cow eines neuen Spartenkanals zahlen müssen, obwohl Private gesehen werden. Das ist ein Anachronismus im 21. Jahrhundert, in dem man 30, 40 und viel mehr Program­me zur Auswahl hat. Jeder Sender muss um sein wirtschaftliches Überleben ringen, und nur einer erfreut sich der Gebührenhoheit.


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Mir ist schon klar, dass der ORF für die jeweiligen Regierungsparteien eine sehr be­liebte Spielwiese ist, ich frage mich nur: Wo bleibt der Gebührenzahler? Und wo bleibt der öffentlich-rechtliche Auftrag, den ich heute in den ORF-Programmen nicht mehr erkennen kann?

Ich könnte mir vorstellen, einem Antrag die Zustimmung zu erteilen, wenn ein solcher in dieser Form käme, den ORF wirklich in die Ziehung zu nehmen, seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag wahrzunehmen, für alle Segmente, die es in der breiten Seher­öffentlichkeit gibt, ein qualitätvolles Programm zur Verfügung zu stellen, also etwa für Schüler wieder im Bereich Nachhilfe zu wirken. Unzählige Millionen Euro fließen in die Nachhilfe. Der ORF könnte also hier ein wertvolles Angebot machen. Er könnte für den Bereich Senioren, die die zahlenmäßig stärkste Gruppe der Bevölkerung sind, eine eigene interessante Leiste aufmachen, er könnte für Kinder eine Leiste aufmachen, er könnte für Kulturinteressierte, für Minderheiten genau den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen, der eigentlich damals, bei der Beschlussfassung des Gesetzes, die Intention war.

Ich möchte meine heutige Nichtzustimmung als Signal gegen die Gebührenhoheit des ORF und für eine freie Medienzukunft verstanden wissen. Wenn sich am ORF und sei­nem Angebot – Herr Bundesrat Schennach hat das fehlende Sendekonzept erwähnt – nichts ändert, wird dieser öffentlich-rechtliche Auftrag auch nicht aufrechtzuerhalten sein. Daran kann ein Antrag, wo man noch ein bisschen Sport hineinreklamiert, mit Si­cherheit nichts ändern. – Danke sehr.

16.32


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär Morak, Sie haben das Wort.

 


16.32.44

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich mache es kurz, nicht wirklich lange, aber ein paar Sätze sollte ich schon dazu sagen.

Es ist das ein Initiativantrag, damit das einmal klar ist; dieser wurde im Nationalrat ab­gestimmt und hat auch mehrheitlich die Zustimmung bekommen.

Erster Punkt: Wenn ich das Gesetz lese, dann bin ich der Meinung, dass man ver­sucht, mit den vorgeschlagenen Regelungen auch rechtliche Fragen anzugehen und zu berücksichtigen, wobei die Sichtweise der Europäischen Kommission in dieser De­tailfrage nicht wirklich vorhergesehen werden kann. Ich sage: Das ist ein Problem. Kol­lege Schennach hat das angesprochen.

Zweiter Punkt: Das mit der Werbung, Herr Kollege Schennach, stimmt so nicht ganz. Wenn Sie das Gesetz lesen – das ist § 9a (5) –, sehen ist, dass hier die Rede von 1 Minute und 45 Sekunden pro Stunde ist, also je nachdem, wie viel Sportprogramm der ORF sendet. In diesem Rahmen bewegen sich also die Werbeeinschaltungen.

Noch dazu – das möchte ich dem ORF schon einmal bewertend sagen – finde ich es einen guten Ansatz, wenn wir gerade auf die Sportverbände in Österreich zugehen und ihnen sagen, dass man ihnen eine Fläche bietet, da sie normalerweise nicht in dieser Breite gesehen werden können. Ich finde auch – ich gehe jetzt einmal ganz unvorein­genommen an dieses Thema heran –, dass der Behindertensport in diesem Bereich gezeigt werden soll. Es muss ja nicht immer gerade die Behindertenolympiade sein, sondern einfach auch das, was auf diesem Sektor passiert. Ich meine also, dass der Ansatz des Parlaments durchaus der war, dem ORF zu helfen, eine Zielgruppe in einem Bereich zu finden, der möglicherweise in der öffentlichen Wahrnehmung unter­repräsentiert ist.


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Was mir immer wieder in den Diskussionen auffällt: Ich meine, dass die Konstruktion, so wie sie 2001 im ORF-Gesetz festgehalten wurde, durchaus eine ist, die den demo­kratischen Prozess, den Zugang zur Programmgestaltung innerhalb des ORF meiner Meinung nach optimal zu lösen imstande ist. Die einzige Instanz außer dem Stiftungs­rat, die das zu bewerten hat, sind der Zuschauer und die Zuschauerin, und das sind im Augenblick etwa 46, 48 Prozent. Ich denke, das ist bei dem Angebot an Medien in der heutigen Zeit ein ziemlich guter Wert. Wenn ich auf Kongressen mit ausländischen Kol­leginnen und Kollegen rede, wird mir bestätigt, dass die Programmarbeit des Österrei­chischen Rundfunks nach internationalen Maßstäben als gut bis sehr gut bewertet wird.

Zum Zeitungswerbeverbot, das Sie apostrophiert haben: Schauen Sie, das kam im Grunde aus einer Situation heraus – es steht Ihnen natürlich frei, das so zu sehen, wie Sie das formuliert haben –, aus einer Sorge, den Werbekuchen auf eine größere Viel­falt an Medien in diesem Lande aufzuteilen. Konkret ging es darum, dass diese großen Werbekampagnen, die damals von der „NEWS“-Gruppe gefahren wurden, auch den privaten Medien zugute kommen sollten. Das ist bisher nicht in dem Ausmaß aufge­gangen, wie wir das gewünscht haben, das sage ich auch. Ich meine, dass gerade die­ser Markt nicht so beweglich ist, wie wir uns das vorgestellt haben; die sind also auf die Privaten nicht so zugegangen, auch die Agenturen nicht, und das ist sicherlich ein Pro­blem.

Sie müssen mir jedoch auch zugestehen, dass der Herr Bundeskanzler und ich davon ausgegangen sind, dass es nicht so sein kann, dass wir innerhalb der Medienland­schaft in Österreich gleichgeschaltete Hauptthemen bei den größten Medienanbietern im elektronischen und im Printbereich haben. Das war eigentlich unsere Sorge. Bis zu einem gewissen Grad ist das, so meine ich, auch aufgegangen. Die Zeitungen sind also auf andere Medien ausgewichen. Es wird auch immer wieder apostrophiert, dass das vor allem die ausländischen Fenster sind. Dazu sage ich: Wenn wir den Medien­markt, vor allem den elektronischen Medienmarkt, so zur Kenntnis nehmen, wie er ist, dann ist das ein multinationaler, der über die Grenzen reicht. Ich sage Ihnen auch: Wenn eine Sendung auf ProSieben läuft und dieselbe Sendung gleichzeitig auf ORF 1 läuft, dann sehe ich da vom Angebot her keinen Unterschied. Das muss ich Ihnen ehr­lich sagen. Dann bleibt es der Werbeagentur unbenommen, dort zu schalten, wo sie meint, dass sie mit einem günstigeren TKP-Preis im Grunde denselben Effekt erreicht. Das ist also meiner Meinung nach ein Thema, das die Medienkonkurrenz zu lösen hat.

Darüber hinaus möchte ich noch Folgendes sagen: Wir haben die Medienbehörde ge­schaffen, weil ich der Meinung bin – das sage ich jetzt auch als Medienpolitiker –, dass die Politik nicht unbedingt dazu berufen ist, Medien in dieser Form zu beurteilen, weil wir ein sehr großes Naheverhältnis zu ihnen haben. Es sind gute Medien, wenn wir drin vorkommen – vor allem um halb acht Uhr –, es sind schlechte Medien, wenn wir drin weniger gut, weniger oft oder gar nicht vorkommen. Sie kennen den Konflikt, den es zwischen Politik und Medien gibt.

Ich meine, wir sollten es bei der Lösung belassen, die wir haben: Stiftungsrat, Zu­schauer, Einschaltziffern und öffentlich-rechtlicher Auftrag; wie ein jeder das auch sehen mag. – In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

16.38


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Wortmeldung: Herr Bundesrat Schennach. – Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 



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729. Sitzung / Seite 133

16.38.43

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Immer diese Begeisterungsstürme, wenn man zum Rednerpult geht! Das freut einen, man bekommt direkt das Gefühl: Verharre doch, es ist so schön. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Ich danke Herrn Kühnel immer wieder dafür.

Vieles dessen, was der Herr Staatssekretär jetzt gesagt hat, sehe ich ähnlich. Herr Staatssekretär! Ich habe das immer schon gesagt: Ihr Name ist sicherlich untrennbar mit der Schaffung einer Medienbehörde verbunden. Das wird ein Meilenstein sein, der bleibt. Das war etwas, das für Österreich sehr wichtig war. Dass wir die Medienbe­hörde bekommen haben, ist sicher Ihr ganz großes Verdienst.

Wenn ich mir jedoch Kollegen Schnider anhöre, kann ich nur sagen: Ich weiß noch, Herr Kollege Schnider, dass ich mir 2002 den Mund fusselig geredet habe, und zwar nicht nur über die Frage der anachronistischen Faxwahl, nicht nur über die spektaku­läre Auswahl jener Leute, die hier wählen dürfen. Wir wählen zum Beispiel eine Per­son, die die Jugend vertreten soll. Und wer wählt die? Ältere Männer wählen die Ju­gendvertretung, denn das sind die, auf die das Fernsehen angemeldet ist im Haushalt. (Staatssekretär Morak: Nicht nur!) Vorwiegend, nicht nur, ja, aber vorwiegend. (Bun­desrätin Bachner: Die Jugendlichen zahlen nur sehr selten die GIS-Gebühr!) Wir wäh­len dort nicht, wo es gefährlich werden könnte. (Neuerlicher Zwischenruf von Staats­sekretär Morak.) Beim Herrn Staatssekretär ist es nicht so, ja, aber in der Regel sind die Haushaltsvorstände Männer.

Ältere Herren wählen also per Fax, obwohl wir eine Internetdichte pro Haushalt haben, die ein Zigfaches der Faxdichte beträgt. Dazu kommt noch, dass ich irgendeiner Dame oder einem Herrn am Postamt meine Wahlentscheidung so offen rüberlegen und sa­gen muss: Schauen Sie bitte, ob das Fax in der nächsten Stunde durchgeht, und neh­men Sie gleich für Ihren Zettel zu Hause meine Wahlentscheidungen als Vorlage. – Das ist doch die Realität, bitte!

Das haben wir 2002 auch schon gesagt, aber der heutige Nationalratspräsident hat das überhaupt nicht hören wollen und hat gesagt: Das Fax ist das Modernste der Welt! Ich freue mich daher jetzt, dass aus den Reihen der ÖVP jemand sagt – und das inner­halb eines Zeitraums von nur drei Jahren! –, dass das Modernste der Welt plötzlich das Älteste der Welt ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich freue mich also, Herr Kollege Schnider, da wir ab sofort gemeinsam kämpfen. Ich denke, der Herr Staatssekretär ist sicherlich mit im Bunde, denn das Ganze macht doch so keinen Sinn.

Noch einen Punkt: Ich habe damals zwar die Motive für das sektorale Werbeverbot für Printmedien verstanden, aber ich habe damals auch immer gesagt: Wenn wir das so beschließen, dann hat nie wieder ein Magazin des Typs „NEWS“, „profil“ oder so in Österreich eine Marktchance oder es geht in die ausländischen Werbefenster und hofft, dass dort mehr zuschauen.

Ich halte diesen Vorstoß daher für richtig, und deshalb werden wir die Entschließung auch unterstützen. Warum? Wir kennen die damalige politische Diskussion, und na­türlich kann man auch immer wieder sagen: Printmedien können auch Campaigning machen, im Sinne von Dirty Campaigning oder negativem Campaigning oder was auch immer hier emotional Pate gestanden haben mag. Dennoch halte ich es im Grunde demokratiepolitisch für unzulässig, Printmedien von der Werbung auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auszuschließen. (Staatssekretär Morak: Da gibt es aber ein VfGH-Urteil!) Ja, ich weiß. Deshalb muss man auch eine Neuregelung finden, die nicht nur eine Titelmeldung ermöglicht, sondern zur Titelmeldung vielleicht etwas anderes dazu.


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Weil der Herr Staatssekretär nicht nur für Medienfragen und Kunst zuständig ist, son­dern auch so wie ich dem ORF-Kuratorium angehört hat, zwar nicht zur selben Zeit, möchte ich noch eine rein historische Anmerkung machen: Bitte, liebe Kollegen, nichts gegen den Sport, aber der letzte Beschluss des durch die Regierung aufgelösten ORF-Kuratoriums war: Wenn der ORF die Chance hat, einen Spartenkanal zu eröffnen, so soll der nur Kultur bringen. Das war ein einstimmiger Beschluss, auch die Kollegen der ÖVP haben das mit beschlossen, übrigens auch die SPÖ. Das war also einstimmig! Die Initiative kam auch von einem SPÖ-Kurator, nämlich Brandstätter aus Kärnten. Wir alle haben uns gefreut, und alle haben ja gesagt.

Ich halte nichts von einem ausschließlichen Kulturkanal, denn dann würde die Kultur sagen: Uns wollt ihr jetzt dorthin abschieben. Wenn aber schon ein Spartenkanal erfun­den ist und das Unternehmenskonzept nicht nur Wetterkameras und Randsportarten umfasst, könnte man vielleicht doch auch im Kulturbereich wieder daran denken, dass der letzte, einstimmige, gemeinsame Beschluss des politisch zusammengesetzten – wir wissen es – ORF-Kuratoriums war: Wenn es einen Spartenkanal gibt, dann bitte Kultur. Es wäre schön, wenn das da in irgendeiner Weise mit dabei wäre. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

16.44


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Konecny, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend demokratiepolitisch bedenkliche Bestimmungen im ORF-Gesetz vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E 199-BR/05.)

16.46.0917. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert wird (1074 d.B. und 1251 d.B. sowie 7439/BR d.B. und 7445/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. Ich bitte um die Berichterstat­tung.

 


Berichterstatterin Martina Diesner-Wais: Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das


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Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert wird. Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich möchte Ihnen aber trotzdem aus dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft be­richten, der den gegenständlichen Gesetzesbeschluss in seiner Sitzung am 19. De­zember 2005 in Verhandlung genommen hat. Ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals für diesen Bericht.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


16.47.32

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf vorwegnehmen, dass unsere Fraktion dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung nicht erteilen wird. Ich muss daran erinnern, dass bereits im Jahr 2004 ein sehr ausführlicher Bericht des Rechnungshofes vorgelegt wurde, der eigentlich, was die Forschungs­förderung der Bundesregierung betrifft, eine ganz schlechte Position gezeigt hat. Es wurde damals bemängelt, dass es eigentlich in diesem Bereich kein funktionierendes Controlling gibt, dass die Vergabe der Forschungsförderungsmittel überhaupt nach ausgesprochen subjektiven Kriterien durchgeführt wurde und dass es größtenteils sogar zu einer Überschneidung kam, nämlich der Entscheidung jener, die die Beurtei­lung einzelner Förderungsprojekte durchgeführt haben, mit der Entscheidung derjeni­gen, die die Entscheidungsträger waren.

Damals war die Forschungsförderung in zwei verschiedene Fonds gepackt, von denen sich der eine mit der Grundlagenforschung beschäftigt hat, der zweite mit der ange­wandten Forschung. Was geschieht jetzt aktuell? Man dürfte hier wirklich wenig gelernt haben. Besonders bedauerlich ist, dass es, wie uns Professor Kratky erklärt hat, eigentlich nur mehr zu einer ganz geringen Realisierungsquote kommt. War es nämlich früher noch so, dass 70 Prozent der eingereichten Projekte realisiert wurden, so ist das in den Jahren 2004 und 2005 auf 37 Prozent abgesunken, meine Damen und Herren. Wenn man sich vorstellt, welche Bedeutung Forschung als Hebel für die Arbeitsplatz­schaffung in unserer Republik hat, dann weiß man, wie bedauerlich das ist.

Auch nach dieser neuen Gesetzesvorlage sehen wir keine ausreichende Evaluierung des gesamten Förderungsinstrumentariums. Wenn Sie sich das Organigramm der För­derinstitution ansehen, dann werden Sie feststellen, dass hier keine Klarheit der Ent­scheidungsmechanismen, aber auch der Mittelaufbringung gegeben ist. Wir sehen also hier, dass bedauerlicherweise Instrumente dieses Landes, aber auch Unternehmun­gen – ich denke da an Seibersdorf – nicht entsprechend genützt werden. Dass sich dort zudem offensichtlich ein früherer Angehöriger einer politischen Gruppierung aus der Regierungspartei, der in eine Führungsposition dort gewechselt ist, auch ein ent­sprechendes personelles Umfeld schafft, finde ich besonders bedauerlich.

Es ist natürlich auch nicht gut, Herr Staatssekretär, wenn die Entscheidungsmechanis­men für die Forschungsförderung in unserem Land auf verschiedene Ressorts aufge­teilt sind. Das ist sicher nicht effizient und wird nicht zu einer raschen Abwicklung füh­ren.

Eine ganz besondere Stätte der Forschungsförderung sind natürlich unsere Universi­täten, Herr Staatssekretär, und es ist daher nicht nachvollziehbar, wenn dort der Forschungs- und Technologiekuchen – ich darf da Rektor Schütz zitieren – wirklich die Schwindsucht bekommen hat. Sehen wir uns nur an: 2009 werden die Unis gemessen


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am Bruttoinlandsprodukt weniger Geld in diesem Bereich haben als 2004. Das hört sich sehr überraschend an, da man doch gehört hat, dass die Universitäten nunmehr reichlicher mit Mittel ausgestattet werden sollen. Im Jahr 2004 machte das Uni-Global­budget 0,79 Prozent des BIP aus, 2006 wird es auf 0,73 Prozent sinken, dann steigt es 2007 wieder auf 0,78 Prozent und sinkt 2009 auf 0,74 Prozent. Das erklärt Rektor Schütz.

Ich würde diese Bundesregierung dringend ersuchen, in diesem Bereich ganz rasch ein Umdenken herbeizuführen, denn, meine Damen und Herren, die Zukunft unseres Landes, die Zukunft von Innovation und damit auch das Bestehen unserer Unterneh­mungen, unserer Arbeitsplätze liegt sicherlich im Bereich der Forschung, der Entwick­lung, der Innovation. Ich ersuche diese Bundesregierung also um eine innovative Vor­gangsweise und ersuche auch um Verständnis, dass wir dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.51


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. – Bitte.

 


16.51.52

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen wir doch die Kirche im Dorf, was die Forschung, Entwicklung und was die Forschungsförderung in diesem Land überhaupt betrifft, denn da stehen wir, wenn ich das so sagen darf, bei Gott nicht schlecht da, sondern sehr gut.

Ich wollte noch zu einem anderen Punkt etwas sagen – vielleicht kann man das Stefan Schennach ausrichten –: Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass wir gemeinsam für etwas kämpfen, was sinnvoll ist. Gerade was den Publikumsrat und dessen Wahl betrifft, die mit modernen Mitteln zu erfolgen hat, bleibe ich bei meiner Meinung. Ich kämpfe da, wenn er will, mit ihm mit. Ich meine, da müsste man etwas verändern. – Das dazu.

Nun zum Bundesgesetz, mit dem das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert wird: Warum wird das geändert? – Genau auch ein Stück weit aus den bereits angesprochenen Gründen, weil sich nämlich die Struktur und die Komplexität verändert haben. Auf der einen Seite wurde eine österreichische Forschungsförde­rungsgesellschaft eingerichtet. Da braucht das Gesetz eine Anpassung. Auf der ande­ren Seite hat man ganz bewusst versucht, zu ermöglichen, dass mehrere Ministerien auf diese gesetzlichen Möglichkeiten mit ihren Kriterien und entsprechend ihren Maß­stäben zugreifen können. Das erfordert eine Veränderung, das erfordert eine Neuge­staltung.

In einem Punkt sind wir uns wohl einig, und das habe ich auch aus den Ausführungen meines Vorredners herausgehört, dass es nämlich gerade für unser Land sehr, sehr wesentlich ist, in Forschung und Entwicklung zu investieren, weil man damit nachhaltig in alles, was Arbeit, was Leben, was Wirtschaft betrifft, investiert.

Gerade als Steirer, der ich aus einem Land komme, das wohl Nummer eins ist, was die Forschung und die Forschungsförderung betrifft, kann ich sagen, dass dadurch über­durchschnittliche Wachstumspotentiale ermöglicht worden sind. Viele positive Impulse für die Produktionsentwicklung in vielen Wirtschaftsbereichen sind erfolgt. Wenn ich mir die Forschungsquote gemessen am BIP anschaue, zumal das auch angesprochen worden ist, dann muss ich sagen: 2005 ist sie auf 2,35 Prozent angehoben worden, 2006 wird sie 2,5 Prozent betragen und damit ist 2010 auch dieses Barcelona-Ziel von 3 Prozent zu erreichen. Ich meine, hier wurde wirklich qualitativ und quantitativ etwas


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gemacht, das eine Signalfunktion für diesen Standort hat. In diesem Zusammenhang darf ich an 2005 erinnern, als von der Regierung eine Forschungsmilliarde beschlos­sen wurde. Das ist nicht nichts, sondern das ist eine ganze Menge.

Wichtig ist aber, dass wir gerade mit den Anpassungen dieses Gesetzes eine höhere Effizienz erreichen wollen, sodass eine noch bessere Performance sich darauf stützen kann. Heute arbeiten immer mehr Forschungseinrichtungen innerhalb und außerhalb der Universitäten zusammen und kooperieren. Darauf muss Bedacht genommen wer­den, denn gerade da kommt es ja zum großen Technologie- und Wissenstransfer, und zwar sehr interdisziplinär und nicht nur auf einige wenige Fächer beschränkt. Die inter­nationalen Kooperationen nicht zu vergessen! Auch diese müssen stark beachtet wer­den.

Forschung und Entwicklung haben auch etwas mit Patenten zu tun. Wenn man sich die Patentanmeldungen anschaut, dann kann man sagen: Da liegen wir in Österreich über dem EU-Durchschnitt. Wenn wir uns an den Unis anschauen, wie dort in den letzten Jahren die Kooperationen ausgeschaut haben, dann werden wir feststellen: Die wer­den immer größer und auch besser. Da ist schon einiges getan worden, durchaus auch über die Universitätsreform und Forschungsinfrastrukturprogramme hinaus. Man kann also wirklich sagen, dass auf diesem Gebiet von dieser Regierung sehr, sehr viel ge­macht wird.

Es kommen auch immer wieder Kritikpunkte. Ja, ich verstehe das. Eine höhere Kom­plexität erfordert größere Koordinierung. Ich denke jedoch, wir haben gute Persönlich­keiten an den Schaltstellen in den Ministerien sitzen, die das sehr gut können. Der erste Punkt ist jetzt, dass es eine gesetzliche Anpassung gibt, die diese Koordinierung noch besser ermöglicht. Wenn ich mir all das anschaue, dann muss ich sagen: Wir können nur ja zu diesem Beschluss sagen!, und da es im Ausschuss zu keinem end­gültigen Beschluss gekommen ist, habe ich natürlich jetzt im Namen meiner Fraktion den Antrag einzubringen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungs- und Technologieförde­rungsgesetz geändert wird, keinen Einspruch zu erheben.

Antrag

des Bundesrates Dr. Andreas Schnider, Kolleginnen und Kollegen

„Der Bundesrat wolle beschließen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. De­zember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungs- und Technolo­gieförderungsgesetz geändert wird, keinen Einspruch zu erheben.“

*****

Ich übergebe das hiemit der Frau Präsidentin.

In diesem Sinne können wir nicht genug tun, so meine ich, um Forschung und Entwick­lung in unserem Land so weiter zu fördern und zu fordern, wie es diese Regierung in den letzten drei, vier Jahren getan hat. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Ing. Kampl.)

16.58


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Dr. Schnider, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand gemäß § 43 Abs. 1 der GO des Bundesrates, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio-


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nalrates keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Wir fahren in der Debatte weiter fort.

Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


16.58.56

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn ich den Enthusias­mus meines Vorredners über die Forschungsförderung unserer Bundesregierung nicht unbedingt so teilen kann, werden wir in diesem Punkt dennoch zustimmen. Es handelt sich nämlich im Wesentlichen um eine Anpassung des Forschungs- und Technologie­förderungsgesetztes, die durch eine Veränderung der Forschungsförderung, eben durch die Gründung der Forschungsförderungsgesellschaft bedingt ist. Auch dem ha­ben wir damals unsere Zustimmung erteilt. Es ist also nur stringent, auch jetzt bei die­ser nötigen Anpassung zuzustimmen.

Im Prinzip halten wir also diese Novellierung für gelungen. Ich widerstehe jetzt der Ver­suchung, über die finanzielle Situation der Universitäten zu reden. Das habe ich schon oft getan, da werde ich auch noch oft Gelegenheit dazu erhalten. Ich werde heute statt­dessen ein paar Gedanken zum Thema Forschung in Österreich generell vorbringen.

Die Forschungs- und Entwicklungsquote in Österreich liegt laut Schätzungen der Sta­tistik Austria für 2005 – wie mein Vorredner angeführt hat – bei 2,35 Prozent und damit inzwischen erfreulicherweise über dem EU-Durchschnitt.

Das Ziel ist aber, diese Quote auf 3 Prozent zu erhöhen, was eine ganz beträchtliche Wachstumsrate voraussetzt. Konkret müssen die F&E-Ausgaben in den nächsten sechs Jahren jährlich um durchschnittlich 8,9 Prozent wachsen. – Die Zunahme zwi­schen 1998 und 2004 lag bei rund 7,6 Prozent, das heißt, dieser Wachstumstrend der vergangenen Jahre müsste nochmals verstärkt werden, um diese 8,9 Prozent und dann in weiterer Folge generelle 3 Prozent zu erreichen.

Hinzu kommt noch, dass der EU-Aktionsplan zur Intensivierung der europäischen For­schungsmaßnahmen aus dem Jahr 2003 besagt, dass eine solche 3-prozentige F&E-Quote nur durch Investitionen in die Forschung erreicht werden kann, die zu zwei Drit­teln immerhin aus der Privatwirtschaft finanziert werden soll.

Sieht man sich jetzt die österreichische Industrie an, muss man aber feststellen, dass vor allem jene Sektoren mit hoher Forschungsintensität – also zum Beispiel Computer­erzeugung oder die Herstellung von Luftfahrzeugen – bei uns unterrepräsentiert sind. Das macht für Österreich das Erreichen der 3-Prozent-Quote noch um einiges schwie­riger.

So sehr es auch zu begrüßen ist, dass die Forschungsausgaben steigen, momentan konzentriert sich bei uns die Diskussion doch noch zu sehr auf die Input-Seite, sprich einfach auf eine Steigerung des Budgets. Die Frage nach der qualitativ sinnvollen und effizienten Verwendung der eingesetzten Mittel müsste allerdings noch viel stärker als bisher diskutiert werden. Momentan weisen nämlich die eingesetzten öffentlichen Mit­tel – und da möchte ich meinem Vorredner widersprechen – eine vergleichsweise ge­ringe Effektivität auf. – Da besteht noch einiger Nachholbedarf.

Weitere Probleme der österreichischen Forschungslandschaft sind der Mangel an qua­lifizierten Forscherinnen und Forschern, ein finanziell ungenügend ausgestattetes Uni­versitätssystem und eine Förderlandschaft, die trotz einiger Verbesserungen immer noch undurchsichtig ist und deren Mittel vor allem an große Unternehmen ausgeschüt­tet werden.


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Der OECD-Durchschnitt liegt bei annähernd sieben Forscherinnen und Forschern pro 1 000 Beschäftigten, der österreichische Durchschnitt liegt mit 6,1 pro 1 000 Beschäf­tigten deutlich darunter.

Erschreckend niedrig ist auch der Frauenanteil, der im Unternehmenssektor bei etwa 14 Prozent liegt – diese Zahl hat sich übrigens zwischen 1998 und 2002 so gut wie nicht verbessert. Der Anteil von Frauen im Forschungspersonal an Universitäten lag 2002 bei etwa 38,3 Prozent. – Frauen sind da also auch noch unterrepräsentiert.

Die Grünen setzen sich dafür ein, dass die österreichische Forschungs- und Entwick­lungspolitik verbindlich im Parlament diskutiert wird und dass es einen Ausschuss für Wissenschaft, Forschung, Technologie und Innovation geben soll.

Eine Bereinigung des Kompetenzwirrwarrs – das hat Kollege Schimböck schon ange­sprochen – der Ministerien im Bereich Forschungsförderung wäre dringend notwendig. Sinnvoll wäre eine Vereinigung sämtlicher Kompetenzen im Bereich Innovation und Technologie in zwei Ressorts, wie es auch international üblich ist.

Um die Zahl von Forscherinnen und Forschern zu steigern, braucht es außerdem eine ganze Reihe von Maßnahmen, um international vergleichbare Karriereperspektiven an den Universitäten zu schaffen, wie – um nur Beispiele zu nennen – die Einführung eines Tenure-Track-Systems oder auch den Abbau von institutionellen Barrieren zwi­schen Universität und Wirtschaft.

Das heute zu behandelnde Gesetz stellt jedenfalls eine Vereinheitlichung und Verein­fachung der Rechtsgrundlage der Forschungsförderung dar und findet daher unsere Zustimmung. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.03


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist der Herr Staatssek­retär. – Bitte.

 


17.03.36

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mich sehr herzlich bei Kollegin Konrad für ihre, wie ich glaube, alles in allem doch sehr aus­gewogene und faire Darstellung der österreichischen Forschungssituation bedanken. Ich bedauere, dass sich die Sozialdemokraten nicht aufraffen konnten, diesem Gesetz zuzustimmen, denn man kann einfach objektiv nicht bestreiten, dass sich die Situation der Forschung insgesamt in den letzten Jahren klar und eindeutig verbessert hat.

Es gibt eine Steigerung der Gesamtausgaben für Forschung von 1999 bis 2005 – also durch diese Regierungskonstellation – um immerhin 53 Prozent, meine Damen und Herren! Die F&E-Quote konnte von 1,8 Prozent im Jahr 1999 auf 2,35 Prozent im Jahr 2005 angehoben werden und liegt damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von rund 2 Prozent. – Das sollte man nicht kleinreden, meine Damen und Herren!

Österreich ist also bei der Forschung und Entwicklung auf dem richtigen Weg und wird das Ziel – nämlich 3 Prozent bis 2010 – auch erreichen. Österreich hat damit unter den europäischen Forschungs-Top-Ländern die höchste Wachstumsdynamik, meine Da­men und Herren, und ich glaube, das sollte bei diesem Anlass durchaus auch erwähnt werden.

Das ist alles deshalb geschehen, weil diese Regierung auch eine Forschungsoffensive gestartet hat: durch die Errichtung des Rates für Forschung und Technologieentwick­lung, durch zwei Forschungsprogramme, durch zwei Offensivprogramme für F&E mit insgesamt 1,1 Milliarden €, einer zusätzlichen Forschungsmilliarde bis 2010, die wir beim Reformdialog am 1. Mai angekündigt haben und bereits am 7. Juli dieses Jahres


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im Nationalrat beschlossen haben, und indem wir auch eine Nationalstiftung für For­schung, Technologie und Entwicklung mit einem Jahresbudget von 125 Millionen € er­richtet haben.

Meine Damen und Herren! Darüber hinaus wurden aber auch entsprechende steuer­liche Anreize geschaffen, um auch im Wirtschafts- und Industriebereich Forschung zu gerieren und Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass auch von der privaten Wirt­schaft mehr Forschungsgelder ausgeschüttet werden.

Wir haben den Forschungsfreibetrag für Unternehmen von 15 Prozent auf 25 Prozent angehoben, wir haben die Forschungsprämie für Unternehmen von 5 auf 8 Prozent an­gehoben, und es gibt auch eine entsprechende steuerliche Begünstigung der Auftrags­forschung von Unternehmen.

Das zeigt sich auch darin, dass die Zahl der Forscher je 1 000 Beschäftigte in Öster­reich in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist: Im Jahr 1998 waren es rund 4,8 For­scher je 1 000 Beschäftigte, 2002 waren es 6,7 Forscher, und 2006 werden es 8 Pro­zent sein. Damit konnte Österreich auch in diesem Bereich deutlich aufholen und liegt jetzt im europäischen Spitzenfeld.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wenn man objektiv und gerecht ist, dann muss man sagen, dass wir in diesem Bereich eine gute Performance gebracht haben, dass wir selbstverständlich noch nicht am Ende der Fahnenstange sind, dass aber der Weg, den diese Regierung eingeschlagen hat, richtig und zukunftsorientiert ist. Deshalb sollten wir diese Bemühungen auch nicht schlechtreden, sondern dafür sorgen, dass durch ein entsprechend neues, modernes Gesetz auch in Zukunft die rechtlichen Rah­menbedingungen für einen weiteren Aufstieg der Forschung in Österreich gesichert bleiben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

17.08


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, und zwar über den Antrag der Bundesräte Dr. Schnider, Kolleginnen und Kollegen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.09.0818. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Tierversuchsgesetz geändert wird (993 d.B. und 1252 d.B. sowie 7440/BR d.B. und 7446/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

 


Die Berichterstattung übernimmt wieder Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Ich bitte um den Bericht.

17.09.37


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Berichterstatterin Martina Diesner-Wais: Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich komme sogleich zum Antrag.

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Da keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir sogleich zur Abstimmung, es sei denn, es wünscht noch jemand das Wort. – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung. (Bundesrat Schimböck steht bei Bundesrat Ko­necny und spricht mit ihm.) – Herr Bundesrat Schimböck! Nehmen Sie an der Abstim­mung teil oder nicht?

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.11.0319. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Volks­republik China über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (781 d.B. und 1253 d.B. sowie 7447/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Köberl übernommen. Ich bitte um den Be­richt.

 


17.11.29

Berichterstatter Günther Köberl: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 be­treffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung der Volksrepublik China über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertig­keiten im Hochschulbereich.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zum An­tragstext.

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 142

17.12.3020. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisen­bahn GmbH“, das Eisenbahngesetz 1957 und das Schieneninfrastrukturfinanzie­rungsgesetz geändert werden (1192 d.B. und 1230 d.B. sowie 7455/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangen wir zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Stadler übernommen. Ich bitte um den Be­richt.

 


17.13.01

Berichterstatter Werner Stadler: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Ba­sistunnel Aktiengesellschaft“, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisen­bahn GmbH“, das Eisenbahngesetz 1957 und das Schieneninfrastrukturfinanzierungs­gesetz geändert werden.

Da Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vorliegt, komme ich gleich zum Antrag.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 19. Dezember 2005 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte. (Bundesrat Dr. Kühnel: Sie ist gegen alles!)

 


17.14.02

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Kollege Kühnel! Wenn Sie aufgepasst haben: Wir haben vorher dem Antrag zugestimmt. Ich bin also nicht gegen alles, aber vielleicht hätten Sie auch einmal aufpassen sollen, so wie Sie es von uns immer erwarten. (Bundesrat Dr. Kühnel: Frau Kollegin! ... gegen Luft, ge­gen Eisenbahn, gegen ...!)

Es geht bei diesem Gesetzentwurf darum, dass 50 Prozent der Brenner Basistun­nel AG an das Land Tirol verkauft werden sollen und dass der Bundesminister ermäch­tigt wird, einen nicht näher definierten Anteil der Brenner Basistunnel SE – der BBTSE – an die ÖBB-Infrastruktur Bau AG zu verkaufen. (Staatssekretär Mag. Ku­kacka: Was ist das? Was ist die „Brenner Basistunnel SE“?) – Das ist die Gesellschaft, die wir gemeinsam mit den Italienern gegründet haben. Stimmt das? Haben Sie mich erfolgreich geprüft? – Wunderbar.

Letztendlich geht es darum, dass die Finanzierung für den Brenner-Basistunnel in die Wege geleitet werden soll – eine Finanzierung über Bund, Land und die ÖBB-Infra­struktur Bau AG.

Unser Problem bei der ganzen Geschichte ist die ÖBB-Infrastruktur Bau AG, die be­reits jetzt unter größeren Finanzierungslöchern leidet – ungefähr 20 Millionen € im Jahr. Die Fahrgäste merken das daran, dass die Bauarbeiten langsamer vorangehen, dass es Langsamfahrstellen gibt, dass es Baustellen gibt und dass es unpünktliche


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Züge gibt. Es gibt im österreichischen Netz noch viele Lücken zu schließen – nicht nur den Brenner-Basistunnel.

Diese ÖBB-Infrastruktur Bau AG soll aber jetzt Gesellschafterzuschüsse leisten, Geld in die Hand nehmen, und wir wissen auch nicht ganz genau, wie viel Geld das sein wird; das geht auch nicht aus dem Gesetz hervor. Es steht darin weder, wie groß der Anteil ist, den die ÖBB-Infrastruktur Bau AG übernehmen soll, noch, um wie viel Geld es insgesamt wirklich geht.

Das Geld ist aber gerade für die ÖBB derzeit doch sehr wichtig, weil die Mittel knapp werden, insbesondere seit die ÖBB zerstückelt worden ist und das öffentliche Interesse am öffentlichen Verkehr immer mehr ausgelagert und auf die Benutzer übergewälzt wird.

Der Brenner-Basistunnel ist ein Projekt, das auf sich allein gestellt kaum etwas bringen wird. Das geht auch aus einer Studie der ProgTrans hervor, die die BBTSE in Auftrag gegeben hat. Das sagen also nicht nur die Grünen, sondern das sagt auch eine Schweizer Beratungsfirma, die von der Brenner Basistunnel SE beauftragt worden ist: dass nämlich prinzipiell der Brenner-Basistunnel kein schlechtes Projekt ist, dass es aber allein dastehend in Wirklichkeit nichts bringt, also kaum eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene.

Es ist einfach notwendig – dringend notwendig! –, dass daneben auch noch andere Maßnahmen gesetzt werden, und genau diese anderen Maßnahmen fehlen uns. Es wäre wirklich wichtig, dass man sie möglichst bald setzt. Wie gesagt: Der Tunnel macht Sinn, aber nur, wenn dazu auch noch andere Maßnahmen gesetzt werden.

Wir haben vor kurzem eine neue EU-Wegekostenrichtlinie beschlossen – also nicht wir, sondern das EU-Parlament. (Bundesrat Mag. Himmer: „Wir“ im weiteren Sinn! Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Kukacka.– Der Rat auch. Wir hier nicht, wir haben es nicht beschlossen, aber das Europäische Parlament hat es be­schlossen. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Die Grünen im Europaparlament ...!) – Die Grünen im Europaparlament haben meines Wissens nicht zugestimmt, und zwar des­halb, weil es zu wenig weitgehend ist. Die Grünen im Europaparlament hätten sich nämlich vorgestellt, dass externe Kosten in die LKW-Maut mit eingerechnet werden können sollten, und das ist gescheitert meines Wissens nicht zuletzt auch an manchen Abgeordneten der ÖVP im EU-Parlament.

Es ist aber letztendlich extrem wichtig und notwendig, dass diese externen Kosten in die Maut mit eingerechnet werden, denn ansonsten wird gerade in dem Bereich, in Tirol, die Schiene gegen den LKW kaum eine Chance haben, wenn die Schiene durch diesen Basistunnel so enorm teuer wird.

Dass das Ganze in der Schweiz funktioniert, ist unbestritten, und zwar nicht nur, weil die Schweiz nicht in der EU ist, sondern ganz einfach auch deshalb, weil die Schweiz parteiübergreifend eine aktive Verkehrspolitik betreibt. Da stellt sich die Frage gar nicht, da sind alle einer Meinung, was das betrifft.

In der Schweiz gibt es einen Modal Split im grenzübergreifenden Güterverkehr von 25 zu 75, also 25 Straße/75 Schiene. Bei uns ist das genau umgekehrt. Wir haben ein am­bitioniertes Ziel, in dieselbe Lage zu kommen wie die Schweiz. Es ist nur offenbar nach wie vor nicht möglich, dass wir dazu noch weitere Maßnahmen außer diesem Brenner-Basistunnel anstreben; dieser wird einfach nicht ausreichen.

Es wäre sicher sinnvoller, wenn wir uns einiges von der Schweizer Verkehrspolitik ab­schauten, statt uns immer darüber zu beschweren, dass die Schweizer die LKW über unsere Alpen schicken, und über den Ausweichverkehr zu jammern. Es wäre geschei­ter, die vernünftige Verkehrspolitik der Schweizer zu übernehmen.


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Der Tunnel ist nicht von heute auf morgen fertig, das ist klar, und Maßnahmen können noch immer gesetzt werden. Es wäre aber wichtig und unumgänglich, dass die Maß­nahmen sehr bald gesetzt werden, denn mit und ohne Tunnel sind sie dringend erfor­derlich. Sie wären möglich – auch in der EU –, wenn man nicht immer alle möglichen Klauseln dazufügen würde, um die eigenen Frächter zu schützen. Dann könnte man auch schon Fahrverbote verhängen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Haben wir alles schon ...!) – Nachtfahrverbote, sektorale Fahrverbote, es gibt doch eine ganze Menge. (Staatssekretär Mag. Kukacka: ... Fahrverbote sind gerade vom EuGH aufgehoben worden!) – Ja, aber bei den TEN-Linien sollen sie aufgehoben werden. (Weitere Zwi­schenbemerkung von Staatssekretär Mag. Kukacka.– Ja, aber nur, wenn man die eigenen Frächterlobbies damit schützen will!

Das ist das Problem: dass es dann eben wirklich für alle gelten muss und nicht nur für die, die von woanders kommen. Das ist noch ein offenes Problem. Vielleicht sollten Sie sich die Entscheide genauer anschauen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Will man jedenfalls so ein milliardenschweres Eisenbahnprojekt wie diesen Brenner-Basistunnel leider auf Kosten der ohnehin knappen Mittel für die ÖBB-Infrastruktur Bau AG verwirklichen, dann muss man wirklich darauf schauen, dass das eine Erfolgs­geschichte wird und kein Flop, bei dem außer Spesen nichts gewesen sein könnte, denn so einen Flop kann sich die ÖBB sicherlich nicht leisten.

Damit dieser Brenner-Basistunnel kein Flop wird, braucht es viele Maßnahmen und eine gute Vorbereitung. Damit dieser Brenner-Basistunnel kein Flop wird, braucht es sicher keine spatenstichwütigen Politiker, die einen Tunnel umsetzen wollen, bevor sie wissen, wie sie ihn finanzieren und was für Wirkungen er wirklich auf die Verlagerung des Verkehrs haben wird.

Gerade Sie sind ja derjenige, der so super gerne ... (Zwischenbemerkung von Staats­sekretär Mag. Kukacka.– Ich bin an sich dafür, dass man eine Eisenbahn-Infrastruk­tur zur Verfügung stellt, aber man muss sich auch überlegen, was nebenbei noch zu tun ist. Wenn Sie diese ProgTrans-Studie angeschaut haben, dann werden Sie ja auch herausgelesen haben, dass der Tunnel allein nichts bringt, dass man sehr wohl noch andere Maßnahmen setzen muss, um den LKW auf die Schiene zu bekommen.

Gerade Sie sind ja derjenige, der liebend gerne immer die Kosten der ÖBB für jeden von uns – egal, ob er mit dem Zug fährt oder nicht – aufrechnet. Ich würde Sie bitten, dass Sie einmal die Kosten des LKW für jeden von uns – egal, ob er den LKW braucht oder nicht – aufrechnen und dass Sie dieses Geld dann in Schieneninfrastrukturpro­jekte stecken. Vielleicht geht sich dann ein Brenner-Basistunnel besser aus! (Beifall bei den Grünen.)

17.22


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wiesenegg. – Bitte.

 


17.22.20

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Im Tiroler Verkehrsbericht 2004 wird das Projekt Brenner-Basistunnel als ein umfangreiches dargestellt, und es wird ihm auch ein breiter Raum gewidmet. Somit zeigt sich also, dass für uns Tiroler dieses Projekt von ganz besonderer Bedeutung ist, handelt es sich doch dabei um das Verkehrspro­jekt des Jahrtausends mit Auswirkungen auf den gesamten – wer die örtlichen Verhält­nisse ein wenig kennt, kann das bestätigen – Nord-Süd-Verkehr, aber auch auf den West-Ost-Verkehr. Die einzige Kritik, die ich anbringen könnte, ist, dass dieses Projekt viel zu spät begonnen wird.


Bundesrat
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Mit der Aufnahme des Brenner-Basistunnels in die Essener Liste, geschätzte Damen und Herren, die sich nicht mit der Materie befasst haben, wurde von der EU 1996 die gemeinschaftsweite Bedeutung des Ausbaus des Schienenverkehrs auch bei uns in Tirol dokumentiert. Diese Dokumentation ist wichtig, beinhaltet aber auch die Mitfinan­zierung seitens der Europäischen Gemeinschaft, und diese ist einzufordern und wird auch eingefordert.

Geschätzte Damen und Herren! Somit ist aus Tiroler Sicht die Errichtung der dafür not­wendigen Gesellschaften ein Teil der Umsetzung dieses wirklich gigantischen Ver­kehrsprojektes in Tirol. So sieht die Phase 2 ein Gesamtausgabenvolumen von 90 Mil­lionen € vor, wovon sich das Land Tirol in der letzten Sitzung bereit erklärt hat, einen 25-prozentigen Anteil in der Höhe von 22,5 Millionen € im Budget zur Verfügung zu stellen.

Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Mit diesem Bekenntnis wird auch die positive Haltung Tirols zur Reduzierung des Transitverkehrs hervorgehoben. Uns ist es somit ein großes Anliegen, dieses Projekt zum Schutze der Menschen und zum Schutze unserer Umwelt und Natur so rasch wie möglich umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

17.24


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


17.24.53

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Verkehrsbelastung ist – und das dürfte ja allen bekannt sein – sicher eines der größten Probleme, die wir in Tirol momentan haben. Dabei handelt es sich nicht „nur“ – unter Anführungszeichen – um eine Lärmbelastung, sondern es gibt auch ganz massive gesundheitliche Auswirkun­gen, die sich daraus ergeben. So ist zum Beispiel die Anzahl von Kindern mit Atem­wegserkrankungen entlang der Hauptverkehrsrouten in Tirol massiv höher, als es im Durchschnitt der Fall ist.

Dass eine Entlastung notwendig ist, darüber besteht kein Zweifel. Durch den Bau des Brenner-Basistunnels wird diese nötige Entlastung allerdings nicht eintreten. Einer­seits ist es bereits jetzt schon notwendig, Schritte zu unternehmen, um eine Verlage­rung vom Güterverkehr auf die Schiene zu Wege zu bringen, denn selbst wenn der Brenner-Basistunnel etwas bewirken würde, dann dauert es Jahre, bis dieser Tunnel fertig gestellt ist.

Andererseits – und das werde ich jetzt gleich belegen – bedeutet es noch lange nicht, dass der Güterverkehr automatisch auf die Schiene geht, nur weil da ein Tunnel ge­baut wird. Die Tiroler Grünen haben im Tiroler Landtag sehr viele Schritte mitgetragen, die zur Planung und Vorbereitung des Brenner-Basistunnels notwendig waren, aller­dings immer unter der Voraussetzung, dass die Rahmenbedingungen auch eine Verla­gerung auf die Schiene garantieren.

Der Tiroler Landtag hat im März 2003 die Bundesregierung einstimmig aufgefordert, einen Maßnahmenkatalog zur Steigerung der Attraktivität der Schiene auszuarbeiten und umzusetzen, der auch Nachbarländer miteinbezieht. Tatsächlich ist aber seit dem Wegfall des Ökopunktesystems der Schienengüterverkehr auf der Brenner-Achse spürbar eingebrochen. Im Jahr 2003 waren es 71 Prozent auf der Straße zu 29 Pro­zent auf der Schiene; im Jahr 2004 – also innerhalb von nur einem Jahr – hat sich das Verhältnis auf 76 Prozent auf der Straße zu 24 Prozent auf der Schiene verschlechtert. Im Vergleich dazu nur eine Zahl: In der Schweiz werden heute schon rund zwei Drittel


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aller Güter auf der Schiene transportiert. – Das hat meine Vorrednerin Kerschbaum schon gesagt.

Es wäre ja schön, wenn der Bau des Brenner-Basistunnels allein zu einer Entlastung führen würde, aber so einfach ist die Sache leider nicht. Meine Vorrednerin Kersch­baum hat schon die Prognose eines Schweizer Unternehmens erwähnt, wo mehrere Szenarien durchgespielt wurden.

Erstens das so genannte Trendszenario: Der Brenner Basistunnel wird gebaut, aber die derzeitige Verkehrspolitik wird fortgeschrieben. Für dieses Szenario wird von ProgTrans eine Zunahme des LKW-Verkehrs von 4 313 pro 24 Stunden im Jahr 2003 auf 5 698 bis zum Jahr 2015 und auf 6 483 bis zum Jahr 2025 prognostiziert.

Dann gibt es zweitens die Minimumvariante: Eine Realisierung der geplanten Alpen­achse ohne den Brenner-Basistunnel. Auch in diesem Fall käme es zu einem Zuwachs in etwas höherem Ausmaß als bei der Variante 1.

Drittens das so genannte Konsensszenario: Der Brenner-Basistunnel wird gebaut, und zusätzlich gibt es eine schienenverkehrsfreundlichere Verkehrspolitik auf Basis des EU-Weißbuchs. Sogar in diesem Fall würde der LKW-Gesamtverkehr von 4 313 im Jahr 2003 auf 4 661 im Jahr 2025 ansteigen.

Diese Zahlen belegen, dass der Bau des Brenner-Basistunnels keine Entlastung bringt, wenn nicht zusätzlich die Maßnahmen des EU-Weißbuchs umgesetzt werden, und noch mehr: dass sogar mit dem Bau des Brenner-Basistunnels und einer Umsetzung der EU-Weißbuch-Maßnahmen eine Zunahme des LKW-Verkehrs stattfinden wird.

Es ist also unehrlich, der Tiroler Bevölkerung einreden zu wollen, dass der Bau des Brenner-Basistunnels alle Verkehrsprobleme des Landes lösen könnte. Die Entlastung durch den Brenner-Basistunnel steht in den Sternen. Kurz gesagt: Kein einziger LKW wird freiwillig durch einen teuren Bahntunnel fahren, wenn er stattdessen über eine viel billigere Autobahn fahren kann.

Die von der Politik versprochene Entlastungswirkung ist aber nicht die einzige leere Versprechung in diesem Zusammenhang. Der Aktionsplan „Brenner 2005“ ist ein wei­terer klarer Hinweis für den fehlenden politischen Willen, die Verlagerung des Güter­verkehrs auf die Schiene voranzutreiben. Dieser Aktionsplan wurde im Jahr 2002 von Experten aus Österreich, Italien und Deutschland in Berlin beschlossen, und er enthält ein umfangreiches Maßnahmenbündel, wie der alpenquerende Schienengüterverkehr gesteigert werden kann.

Ich möchte Ihnen nur ganz kurz Maßnahmen aus diesem Aktionsbündel vorstellen – für die, die sie noch nicht gelesen haben. Es gibt drei Maßnahmenpakete:

Das erste behandelt Maßnahmen zur Erreichung und Sicherstellung einer marktfähi­gen Leistungsqualität im kombinierten Verkehr – insbesondere im unbegleiteten kombi­nierten Verkehr –, mit deren Umsetzung sofort begonnen wird. – „Sofort“ heißt in die­sem Fall 2002.

Das zweite Maßnahmenpaket behandelt kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung der Angebotsqualität und zur Effizienzsteigerung in der Produktion mit einer einherge­henden schrittweisen Erweiterung des Angebots für den kombinierten Verkehr – Pla­nung 2002, Umsetzung bis Herbst 2004.

Das dritte Maßnahmenpaket behandelt erforderliche Maßnahmen zum mittelfristigen Ausbau und zur Bereitstellung weiterer Kapazitäten im Bereich Trasse, Traktion und Umschlag zur Erzielung des angestrebten Verlagerungseffektes bis 2005 und darüber hinaus.


Bundesrat
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Dieser Aktionsplan wurde, wie gesagt, im Jahr 2002 beschlossen, doch ein Großteil der Maßnahmen wurde bisher nicht umgesetzt. Für mich heißt das, es liegen hand­feste Vorschläge auf dem Tisch, wie eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene forciert werden kann, aber den politisch Verantwortlichen fehlt der Wille, diese Vor­schläge auch in die Tat umzusetzen. Gleichzeitig werden Unsummen für den Brenner-Basistunnel ausgegeben, der dann als Allheilmittel funktionieren soll, obwohl klare Zah­len vorliegen, dass sogar mit Begleitmaßnahmen keine Reduktion des LKW-Verkehrs zu erwarten ist, ohne Begleitmaßnahmen aber eine massive Zunahme, dass der Tun­nel allein also kein Problem lösen wird.

Im Tiroler Landtag haben die Grünen dazu einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, von dem ich Ihnen jetzt nur auszugsweise ein paar Forderungen vorstellen möchte. Hier geht es einerseits um Maßnahmen zur Eindämmung des Straßengütertransits, Verhän­gung eines Fahrverbots für Euro 0 und Euro I bis Ende 2005 sowie schrittweise bis Ende 2006 für Euro II auf der Inntal-Brenner-Achse, Zurücknahme der Ausnahmebe­stimmungen beim Nachtfahrverbot für Euro-IV-LKW bis Ende 2006, Erarbeitung eines Aktionsplans beziehungsweise Programms auf Grund der Richtlinie 96/62 zur Senkung der Luftschadstoffbelastung im Bereich Verkehr, Hausbrand und Gewerbe/Industrie bis Juli 2006, die sofortige Ausarbeitung eines neuen sektoralen Fahrverbots unter Be­rücksichtigung der vom Generalanwalt vorgebrachten Kritik, die Ausdehnung der Kon­trolltätigkeit an den Kontrollstellen Kundl und Radfeld auf 24 Stunden und noch eine Reihe von weiteren Maßnahmen.

Zweitens: Im Bereich Schiene ist der Aktionsplan „Brenner“ binnen fünf Jahren von den zuständigen Stellen umzusetzen. Damit soll ein wichtiger Schritt in Richtung der vom Tiroler Landtag vorgegebenen Zielsetzung gesetzt werden, nämlich nach Vorbild der Schweizer 75 Prozent Güteranteil auf der Schiene.

Das sind Maßnahmen, die die Belastung der Bevölkerung durch den LKW-Verkehr senken könnten. Und was ist passiert? – Sie dürfen raten. Dieser Antrag wurde damals von ÖVP und SPÖ im Tiroler Landtag ausgesetzt, und zwar ohne Fristsetzung, wird also höchstwahrscheinlich versauern.

Im Moment ist der Brenner-Basistunnel keine Erfolg versprechende verkehrspolitische Maßnahme, sondern eine teure Beruhigungspille, die nur leider nicht wirken wird. Den Grünen dann eine Antibahnpolitik vorzuwerfen, wie es leider die Tiroler Nationalräte der ÖVP in einer Aussendung gemacht haben, ist in Anbetracht solcher Tatsachen pu­rer Zynismus. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.33


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet: Herr Bundesrat Ager, bitte.

 


17.33.11

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Der Punkt 20 der heuti­gen Tagesordnung betrifft ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errich­tung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Eisenbahngesetz 1957 und das Schieneninfra­strukturfinanzierungsgesetz geändert werden.

Also, liebe Frau Kollegin Konrad, allein die Überschrift hätte schon einige Fragen be­antwortet. Es geht dabei heute nicht um das Verkehrskonzept in Tirol, sondern aus­schließlich um diese Dinge. Ich gebe dir aber Recht, dass wir selbstverständlich viele Sachen im Verkehrskonzept in Tirol machen müssen, aber ich glaube, wir sollten die Sachen nicht vermischen, sondern einfach dort beginnen, wo wir die Chancen haben.


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Das ist die bürokratische Bezeichnung dieser Materie, dieser Gesetze. Dieser Sondie­rungsstollen und die Zulaufstrecke im Unterinntal sind zwei Dinge, die begleitend dazu gemacht werden. Ich gebe dir vollkommen Recht, nur oben einen Brenner-Basistunnel zu bauen und sonst nichts, das wäre wirklich hinausgeschmissenes Geld, aber darüber ist man sich auch einig.

Und schlussendlich dann den Brenner-Basistunnel zu bauen ist die größte und wich­tigste Baustelle für das Land Tirol, aber wer glaubt, das hat mit den anderen nichts zu tun, der täuscht sich da gewaltig. Dieser Tunnel ist auch sehr, sehr wichtig für ganz Ös­terreich, und zwar deshalb, weil er drei wichtige Staaten in der EU, nämlich Deutsch­land, Österreich und Italien, von Norden nach Süden und umgekehrt verbindet.

Die Planung des Brenner-Basistunnels erfolgt auf Grund seines Charakters als ein im gemeinsamen europäischen Interesse geborenes Vorhaben durch eine europäische Aktiengesellschaft gemäß Verordnung des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft. Gesellschafter, wie auch schon erwähnt wurde, sind von österreichischer Seite der Bund und das Bundesland Tirol, von italienischer Seite eine unmittelbar im Eigentum der Republik Italien stehende Gesellschaft.

Und da sind wir auch schon wieder bei einem Punkt, liebe Frau Konrad. Ich habe das genau verfolgt im Tiroler Landtag, und ich kenne mich in der Materie sehr gut aus, weil ich mich schon sehr lange damit beschäftige. Ich versuche immer, objektiv zu sein, und ich unterstelle niemand irgendetwas, sondern ich unterstelle allen politischen Gruppie­rungen, dass sie das Beste wollen, denn das ist einmal Voraussetzung für mich, dass niemand aus Jux und Tollerei irgendetwas verhindert. Aber ich habe so das Gefühl gehabt, die Grünen hinken da ein bisschen hintennach, denn jetzt zu sagen, machen wir das oder machen wir das Zweite oder machen wir zwei Sachen zuerst und dann das, das ist alles schon vorbei. Du weißt ja ganz genau, wenn wir den Termin für das Bauende und die Eröffnung dieses Tunnels 2015 einhalten wollen, können wir nicht jetzt erst anfangen zu schauen, was wir machen, denn dann sind wir wahrscheinlich bei 2025. (Bundesrätin Konrad: Aber wir machen die Vorschläge nicht erst jetzt, son­dern schon seit Jahren!) Da hast du auch wieder Recht, jawohl.

Der Ministerpräsident Stoiber – das stimmt mich auch optimistisch – hat seine Re­gierung zur Mitfinanzierung aufgefordert, weil dieser Brenner-Basistunnel auch für Deutschland sehr wichtig ist.

Und das, was du auch erwähnt hast, die Unterinntaltrasse, die bereits massiv überlas­tet ist, darüber, glaube ich, gibt es keine Diskussion. Da haben wir Flaschenhälse, wo es zweigleisige Strecken gibt, in die viergleisige einmünden. Das muss man sich ein­mal vorstellen, da brauchst du kein Eisenbahnfachmann zu sein, da ist dann Sende­pause. Deshalb müssen wir schrittweise, aber wirklich rasch – ohne zu sagen, ja, wir überlegen uns das noch – diese Flaschenhälse beseitigen.

Wichtig ist auch generell: Ob wir wollen oder nicht – und da, glaube ich, müssen wir miteinander eine klarere Aussage finden –, wir müssen mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen. Das, glaube ich, ist einmal die Grundgeschichte. Da können wir uns alle miteinander einfallen lassen, was wir wollen, letztendlich wird das aber dar­in münden müssen. (Bundesrat Boden: Das müssen Sie dem Staatssekretär sagen! Der ist ja zuständig dafür!)

Wenn wir alle LKWs auf die Schiene bringen wollen, dann hat das aber auch wieder wenig Sinn momentan, weil wir diese Schienenkapazität gar nicht haben, Herr Staats­sekretär.


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Den nächsten Flaschenhals zu beseitigen ist auch wieder wichtig: Die Wegekosten­richtlinie wird gemäß den Zusagen von Präsident Barroso und den Verhandlungen im Parlament im nächsten Jahr umgesetzt. Das ist auch wichtig.

Jetzt darf ich nur ganz kurz noch einige Dinge aufzählen, denn ich glaube, über den Brenner-Basistunnel zu reden und die Zahlen auszulassen ist irgendwo fahrlässig, weil sich der Großteil im Osten Österreichs nicht genau vorstellen kann, wo der Brenner-Basistunnel ist. Er weiß schon, wo der Brenner ist und wie das läuft, aber folgende In­halte – und da steht ein klares Konzept dahinter – kann man auch nicht verschweigen. Denn ab und zu tun die Grünen in Tirol so, dass da ein Wahnsinnshaufen Geld verbaut wird, aber niemand hat ein Konzept und niemand weiß, wo das Loch hineingeht und wo es hinausgeht. Nur die wahnsinnigen Tiroler brauchen ein paar Milliarden Euro da­für, damit sie zufrieden sind. So soll es ja auch nicht sein.

Wenn ich da nur kurz eine Chronologie machen darf:

Am 12. Dezember 2003 hat unser Landeshauptmann Herwig van Staa mit dem Vize­kanzler Gorbach die Vereinbarung für das Projekt Brenner-Basistunnel unterzeichnet. Dann haben sie eine Vorgesellschaft gegründet im Hinblick auf die spätere Gründung einer europäischen Aktiengesellschaft; Beteiligung des Landes Tirol an dieser, Beteili­gung des Landes Tirol an den Kosten der Planung.

Das ist dann wieder das, stelle ich fest, was euch Grüne nicht interessiert, liebe Kolle­gin Konrad. Aber auf der anderen Seite muss das Geld in Tirol auch verdient werden, mit allen Sparten, die wir haben. Zuerst habe ich so das Gefühl gehabt bei meinem Vorredner, den Brenner-Basistunnel zahlt allein die ÖBB. Das ist auch nicht ganz rich­tig, da muss man sich auch noch ein paar Zahlen anschauen.

Dann ist es Schlag auf Schlag gegangen: Mit dem Abkommen vom 30. April 2004 haben die Verkehrsminister von Italien und Österreich festgelegt, dass der Brenner-Ba­sistunnel 2015 in Betrieb gehen soll und kann. Und im Juli 2004 wurde die Brenner Ba­sistunnel AG gegründet und diese im Dezember 2004 mit der italienischen Gesell­schaft verschmolzen.

Im Oktober 2004 hat die Europäische Kommission Mittel für die Planungsmaßnahmen im Pilotstollen freigegeben. Das muss man jetzt auch wieder wissen, was der Pilotstol­len ist, denn die narrischen Tiroler kommen da mit drei, vier, fünf Ausdrücken daher, alles kostet Milliarden, und niemand weiß, was das ist.

Dann hat es da noch einen Ausdruck gegeben, den Quickstart. Das ist nichts Sexuel­les (Heiterkeit), sondern der Quickstart bedeutet, dass das schneller vonstatten geht. Damit wir 2015 den Tunnel haben können, hat das Land Tirol sehr viel Geld in die Hand genommen, dass das früher möglich ist.

Im Juni 2005 hat die EU-Kommission im Rahmen einer so genannten Koordinierungs­sitzung klar zu erkennen gegeben, dass sie zu den Mitteln für den Quickstart bis zu 50 Prozent dazuzahlt. Das sind immerhin 430 Millionen €. Davon zahlen – die Zahlen haben wir auch schon gehört – jeweils 107,5 Millionen € Italien und Österreich, und vom österreichischen Anteil zahlt Tirol die Hälfte. Daher bitte auch nicht immer zu sagen, dass Tirol den Bund und das restliche Österreich aussaugt. Wir haben da sehr, sehr viel Geld unterwegs.

Die budgetäre Bedeckung hat das Land Tirol in seinem Regierungsbeschluss vom 5. Juli 2005 gesichert. Also es ist wirklich ein klares Konzept dahinter.

Weitere Zahlen erspare ich euch jetzt, denn da gäbe es noch sehr viele, nur eines er­spare ich euch nicht, denn da schwirren ja Zahlen herum, was der ganze Brenner-Ba­sistunnel kostet. Wenn die, die nicht ganz dafür sind, uns freundlich gesinnt sind, kos-


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tet er 8 Milliarden €, und wenn sie nicht gut aufgelegt sind, kostet er 14 Milliarden €. – Das ist natürlich auch ein Mittel, das weiß jeder von sich zu Hause, das geht schon mit den Kindern los: Wenn ein Kind ein Spielzeug haben will, dann sagst du ihm halt einen Preis, was das kostet, und zwar so überhöht, dass es sagt: Ja, das ist wirklich zu teuer, das kaufen wir nicht. (Heiterkeit.)

Nur um drei Zahlen zu nennen: Laut Planungsstand von 2004 mit 15 Prozent Rohbau und 5 Prozent Ausrüstung – das ist immer die Berechnung – kostet er 4,5 Milliarden €. Bei einer Verschlechterung der Geologie – und bitte, das mit einzubeziehen; wir sind alle keine Geologen und keine Fachleute, aber so ein Brenner-Basistunnel oder so ein Tunnelprojekt, das ist kein Einfamilienhaus, das du genau berechnen kannst: das ist der Aushub, das sind drei Lastwagen voll, und dann kostet es das und das –, wenn sich da etwas „wescht“, wie wir in Tirol sagen, etwas wehrt, etwas schlecht hergeht, dann kostet er mit 30 Prozent Rohbau und 10 Prozent Ausrüstung 4,955 Milliarden €. Bei der schlechtesten Annahme, bei 50 Prozent Rohbau und 10 Prozent Ausrüstung, sind es 5,355 Milliarden €. Und mehr Geld dürfen wir einfach nicht brauchen, weil wir nicht mehr haben. (Heiterkeit.)

Ich darf aber schon dazusagen, dass das eine Menge Geld ist und dass wir da viel Verständnis vom Rest von Österreich brauchen, aber eines muss ich auch immer wie­der sagen: Es wäre vielleicht auch einmal mit einzubeziehen, gerade für die Grünen, liebe Kollegen aus der Ecke, weil ihr da sonst immer sehr kritisch seid (Bundesrat Schennach: Aus welcher Ecke?) – nein, nein, ich habe auch „Ecke“ nicht bösartig ge­meint, lieber Kollege –, weil ihr immer sehr kritisch seid, und das zu Recht, was Um­weltgeschichten betrifft, aber wem das wirklich als zu viel Geld vorkommt, den muss man einmal fragen: Was ist ein kaputtes Land wert, oder was kostet es, ein kaputtes Land wieder zu reparieren? Und jeder, der Tirol halbwegs kennt, weiß, dass das Land sehr schmal ist und dass wir da nicht noch eine zusätzliche Autobahn und zwei Gleise hineinbauen können. Es ist irgendwo kein Platz mehr da.

Ich habe das Privileg, dass ich ein bisschen weg von der ganzen Geschichte bin. Ich bin in Itter oben, ich bin ein Privilegierter, aber das hindert mich nicht daran, Solidarität mit denen zu haben, die das ganze Jahr den Nord-Süd-Verkehr ertragen müssen, und der ist gewaltig, wie ihr euch vorstellen könnt.

Jetzt höre ich schon auf, liebe Freunde. Ich möchte nur noch sagen, was mich optimis­tisch stimmt, nicht nur weil Weihnachten ist oder Advent, sondern das sind ein paar Dinge, das sind ein paar gemeinsame Dinge, die da jetzt passiert sind. Unsere Vorfah­ren haben immer gesagt, es ist selten ein Nachteil, wo nicht auch ein Vorteil ist. Wir haben ein bisschen ein Fuhrwerk gehabt, uns sind kurzzeitig ein paar Landesräte ab­handen gekommen, wir haben uns neue eingefangen (Heiterkeit), aber was mich sehr positiv stimmt, ist, dass unser Landeshauptmann wirklich mit dem ganzen Herzblut dahinter steht. Er hat es zu seiner Lebensaufgabe gemacht, gemeinsam mit der kom­pletten Landesregierung dieses Projekt zu vollenden.

Auch den Koalitionspartner muss ich da loben, lieber Freund aus dem Außerfern. Dass ich das vor Weihnachten noch erleben darf, dass wir solche Gemeinsamkeiten haben, das ist sowieso ein Traum. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Wiesen­egg: Die haben wir doch immer!)

Aber ich bin auch positiv gestimmt, was die Grünen betrifft, muss ich sagen, denn ich habe heute eher Befürchtungen gehabt, dass ihr viel weiter weg seid von dem Projekt. Das seid ihr aber nicht, das muss ich auch sagen, und das stimmt mich auch sehr positiv.

Einen darf ich jetzt ganz besonders erwähnen, und das wird mir wahrscheinlich in mei­ner Partei nicht unmittelbar ein Lob einbringen: Der neue Landesrat für Verkehr in Tirol,


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das ist ein brauchbarer Bursche in der Geschichte. Der Hans Lindenberger, der kommt nämlich genau aus dem Stall, und genau den brauchen wir da momentan. Er hat uns letzthin das Projekt im ÖVP-Klub vorgestellt, und der hat mich, auch wenn er euch zu­zurechnen ist, überzeugt. (Bundesrätin Bachner: Es ist ein Wahnsinn, was wir für gute Leute haben!) Richtig, und das sagen wir auch. Es wäre natürlich schön, wenn wir das auch einmal hören könnten. (Heiterkeit. – Bundesrat Schennach: Ich sage immer, der Hans Ager ist ein klasser Bursch!) Das ist fein. (Bundesrat Boden: Wir täten es auch sagen, aber ...)

Jetzt versuche ich wirklich zum Ende zu kommen. Der Professor Konecny ist ja nicht mehr da, aber heute hätte ich normal keine Eile, damit ich euch das auch sage, weil ich heute mit dem Auto da bin. (Lebhafte Heiterkeit.) Ich habe wegen euch, muss ich sa­gen, ungefähr fünfzigmal meinen Flieger versäumt im heurigen Jahr. Aber ich bin euch nicht bös. (Ruf bei den Grünen: Wegen uns?) Nein, wegen ihm hauptsächlich (der Redner deutet auf den leeren Platz des Bundesrates Konecny), muss ich sagen. (Leb­hafte Heiterkeit.) Aber es ist Weihnachten und alles kein Problem. Deswegen mag ich ihn trotzdem, das ist kein Problem. (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Und jetzt höre ich wirklich auf. Ich möchte aber sagen, Tirol ist durch seine geo­graphische Lage im Schnittpunkt zwischen Nord und Süd einfach eine besondere Ge­schichte. Ich sage das nicht, weil ich ein Tiroler bin, ich hänge da auch mit meinem vollen Herzen drinnen.

Und vielleicht darf ich jetzt zum Abschluss noch den Andreas Hofer zitieren. (Lebhafte Heiterkeit und zahlreiche Zwischenrufe aus allen Fraktionen.) Also eines darf ich euch jetzt gleich einmal sagen, was für mich in Erfüllung gegangen ist: Vor einer halben Stunde war es eher langweilig da herinnen. Da habe ich mir gedacht, das kann nicht so sein, dass wir uns da fadisieren und dann so auseinander gehen. Es freut mich, dass ich das ein bissel aufgelockert habe.

Aber ich zitiere sowieso nur den Andreas Hofer, der damals gesagt hat: Mander, ’s ischt Zeit! Heute muss ich sagen: Mander und Weiberleit, ’s ischt Zeit, schauen wir, dass wir das Jahrhundert- oder Jahrtausendprojekt umsetzen, wie auch du gesagt hast, lieber Kollege Wiesenegg, und zwar gemeinsam! Und ein jeder soll ein bisschen kritisieren, wenn er glaubt, dass er das muss, aber letztendlich sollen wirklich alle in die Hände spucken und schauen, dass wir dieses Projekt umsetzen. – Danke schön. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ sowie den Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

17.50


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Krit­zinger. – Bitte. (Bundesrat Wiesenegg: Was? – Oje-Rufe bei der SPÖ.)

 


17.51.00

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die weihnachtliche Stimmung, die der Hans Ager hereingebracht hat, die möchte ich nicht verderben. Er wohnt ja hoch oben über dem Schloss Itter, das weithin sichtbar ist, und er hat eine gute Aussicht. Er hat etwas gesagt, was den Kern der Sa­che trifft. Ob wir wollen oder nicht, wir müssen eine Lösung finden, hat er gesagt. Und das stimmt. Das geht so nicht weiter. Fast 40 Millionen Tonnen passieren den Brenner.

Der Verkehr brachte Tirol immer Vorteile, wir können ihn nicht absperren, dessen sind wir uns bewusst. Ich erinnere nur – es sind ja ein paar Tiroler da – an Nassereith. Jah­relang haben die Nassereither gejammert und gesagt, wir wollen den Verkehr weg­haben, heute jammern sie, dass sie „austrocknen“, dass nichts mehr da ist. Ich meine, Verkehr ist lebenswichtig, wenn Menschen dort Betriebe, Gaststätten haben und davon


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leben wollen. Ein Bauer auf dem Berg oben kann sich weitestgehend selbst versorgen, aber auch er kommt ohne Straße nicht mehr aus.

Dieses Gesetz schafft zumindest die Finanzierungsmöglichkeit für die Gründung einer Gesellschaft. Italien hat diesen Schritt schon vorgenommen. Im Vergleich zum Brenner spielen alle anderen Verkehrswege nach Italien eine nebensächliche Rolle, genauso wie die Schweizer und die französischen Verkehrstransferstraßen. Die Schweizer aber haben für den St. Gotthard-Tunnel 7 Milliarden € zur Verfügung gestellt. Das dürfte ausreichen. Wenn wir imstande sind, diese Summe zu beschaffen, dann wird der Bau des Brenner-Basistunnels auch kein Flop werden, Frau Kerschbaum. Aber dahinter stehen müssen da alle, denn für diesen wichtigen Verkehrsweg müssen wir eine Lö­sung finden.

Ich glaube auch, dass sich die österreichische Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 positiv auswirken wird. Wolfgang Schüssel, das muss selbst die Opposition anerken­nen, ist ein redegewandter und hoch intelligenter Mann. (Bundesrat Boden: Der bringt uns das Geld für den Brenner-Basistunnel!) Er versteht wirklich auch etwas von der Wirtschaft, und ich traue ihm zu, dass er in diesen sechs Monaten, auch was die Lösung des Brenner-Basistunnels anbelangt, einen Schritt nach vorne, einen großen Schritt zuwege bringt. (Bundesrat Boden: Er bringt das Geld aus Brüssel mit!) Jeden­falls hat uns Brüssel seine Unterstützung zugesagt. Das ist schon einmal eine ganz wichtige Sache.

Natürlich, jeder macht sich Gedanken: Wie kann man da eine Lösung finden? Sie wis­sen, dass die gesamten Mauteinnahmen in die ASFINAG hineinfließen. Das sind Milliarden. Es wäre eine Lösung meiner Ansicht nach, wenn man herginge und eine ASFINAG-West bildete, die den Arlbergtunnel und den Brennertunnel umfasst. Aus. Diese zwei. (Bundesrat Boden: Den Semmeringtunnel brauchen wir auch noch!) Damit wäre auch die Finanzierung gesichert. Das wäre eine Lösung. Vielleicht sollte sich da Vorarlberg auch einmal stark machen, denn eine Lösung müssen wir finden. Es geht nicht anders. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Mehr will ich darüber nicht sagen, es haben ja meine Vorredner das ausführlich besprochen.

Hohes Haus! Verzeihen Sie, wenn ich die Gelegenheit benütze, daran zu erinnern, dass wir heuer eine Hochwasserkatastrophe in Tirol erlebt haben, die viele Menschen obdachlos gemacht hat. Wir haben aber Unterstützung von überallher gekriegt, und dafür möchte ich danken. Es hat die Bundesregierung Geld gegeben, es hat das Land Tirol Geld gegeben, es hat Südtirol Geld gegeben. Es haben gerade vorige Woche wieder die Südtiroler Schützen zum zweiten Mal eine Spende von 250 000 € nach Nordtirol gebracht. Ich sage das, weil es in keiner Zeitung wiedergegeben worden ist. Deswegen soll das Hohe Haus das auch erfahren.

Ein anderes Anliegen: Es gab in Südtirol einen Mann, dessen Todestag sich im April zum fünfzigsten Mal jährt. Ich meine Kanonikus Michael Gamper, der damals für diese Volksgruppe ein ganz entscheidender Vorkämpfer und Vertreter war. In einer völlig aussichtslosen Lage hat dieser Mann immer wieder das Wort ergriffen. Es wäre rich­tig – und da bitte ich das Hohe Haus und auch den Herrn Staatssekretär um Unterstüt­zung –, dass man so einem Menschen, der für die österreichische Minderheit im süd­lichen Teil Tirols wirklich Entscheidendes geleistet hat, in Österreich eine Briefmarke widmet. Mindestens eine Briefmarke. (Bundesrat Schennach: Das kann man kaufen! – Bundesrätin Konrad: Das kann man kaufen bei der Post!) Es wäre eine Ehrung, die er sich verdienen würde.

Meine Damen und Herren! Damit will ich zum Schluss zur Stimmung, die Hans Ager hier in das Hohe Haus brachte, zurückkehren und auch meinerseits sagen: Ich wün­sche Ihnen ein schönes Fest und alles Gute für das kommende Jahr! (Beifall bei der


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ÖVP sowie des Bundesrates Schennach und der Bundesräte ohne Fraktionszuge­hörigkeit.)

17.58


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Herr Staatssekretär, Sie wollten als Letzter sprechen.

 


17.58.36

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Lieber Herr Kollege Ager! Es geht nicht darum, dass wir uns nicht solidarisch zeigen wollen mit den Tirolern, und ich verstehe auch das Be­dürfnis, dass die Tiroler dieses Problem lösen wollen. Das, was wir hier anmerken, und das, worum es uns geht, ist, dass der Tunnel allein nicht die Problemlösung ist, dass sich durch den Tunnel allein nicht sehr viel ändern wird, sondern dass es vieler Maß­nahmen bedarf. Und diese vielen Maßnahmen gehören vorher oder zumindest gleich­zeitig umgesetzt. Derzeit hören wir nur vom Tunnel. Das ist unser Kritikpunkt.

Zweiter Kritikpunkt: Wenn die Schieneninfrastruktur AG mitfinanzieren muss, dann wird die Schieneninfrastruktur AG für viele andere Projekte kein Geld haben oder weniger Geld haben, oder es werden diese Projekte verschleppt werden. Das ist das Problem, das wir mit diesem Projekt haben.

Der Herr Kollege Kritzinger hat vorhin gemeint, die Opposition müsse zugeben, dass der Herr Bundeskanzler Schüssel redegewandt und intelligent ist. Ich würde dem Herrn Bundeskanzler niemals die Intelligenz absprechen, aber ich glaube, in die Geschichte wird er doch eher eingehen als Schweigekanzler und nicht als der Redegewandte. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Bundesrat Mayer: Bei vielen wäre es besser, sie würden schweigen! – Präsident Mitterer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Dass der Verkehr lebenswichtig ist, das stimmt schon, ganz ohne Verkehr geht es nicht, aber das Problem in Tirol ist ... – Bitte, da jetzt nicht komisch zu grinsen, Herr Kollege Himmer. Mein Gott na! (Bundesrat Kritzinger: Lieber ein Schweigekanzler als ein Schwätzer genannt!) Es geht in Tirol in erster Linie um den Verkehr, der durch­braust und der nicht wirklich notwendig, der eher überflüssig ist. Es geht um die be­rühmten Erdäpfel, die zum Waschen nach Italien gebracht werden, es geht um zahl­reiche Leerfahrten und, und, und. Gerade in diesem Bereich muss man Maßnahmen setzen, damit diese Fahrten weniger werden, damit sich so etwas nicht mehr auszahlt und viel Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird. (Beifall bei den Grü­nen.)

Kollege Ager, dass du fünfzigmal wegen uns den Flieger versäumt hast, kann ich mir nicht vorstellen, denn 50 Sitzungen hat, glaube ich, noch nicht einmal Kollege Schenn­ach hinter sich gebracht, oder? Es gibt, darauf wollte ich nur hinweisen, auf jeden Fall auch einen Zug Richtung Innsbruck, den man nehmen kann. Der letzte fährt um 2 Uhr Früh, das wäre sich immer noch ausgegangen. (Zwischenruf des Bundesrates Ager.) Frag dann vielleicht die Frau Konrad, die weiß das ganz genau, die fährt nämlich öfter mit dem Zug!

Ich kann jetzt ein Zitat von Andreas Hofer natürlich nicht auf Tirolerisch rüberbringen, aber ich wäre der Meinung: Mander und Weiber, ’s ischt Zeit, dass man die Röhre ein­mal füllt und sie nicht nur baut! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.02


Präsident Peter Mitterer: Als Letzter zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. Ich darf ihm das Wort erteilen.

 



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18.02.10

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mich kurz fassen, denn ich bin noch ganz ergriffen von den Weihnachtsworten der Tiroler Bundesräte (Heiterkeit), aber einige Dinge nur kurz zur Klarstellung.

Frau Kollegin Kerschbaumer (Bundesrätin Kerschbaum: Ohne „er“!) und Frau Kollegin Konrad! Ich werfe Ihnen keine Anti-Bahnpolitik vor, sondern was ich Ihnen vorwerfe, ist, dass Sie irgendwo in einem verkehrspolitischen Wolkenkuckucksheim wohnen und eigentlich den Bezug zur Realität verloren haben. Sie lehnen zwar alles ab, den LKW-Verkehr genauso wie den Tunnel, waren aber eigentlich bisher nicht in der Lage, sinn­volle, zielführende und praktikable Alternativen, die auch machbar sind, zu präsentie­ren. (Bundesrätin Konrad: Ach so? Sie haben nicht zugehört, oder?) Das ist das, was wir Ihnen vorwerfen.

Ebenso wenig beziehen Sie jetzt zum Thema „Brenner-Basistunnel“ eine klare Posi­tion. Im Nationalrat ist der Brenner-Basistunnel lange Jahre von den Grünen immer wieder gefordert worden, und seit den letzten Monaten, seitdem die Tiroler Grünen hier dagegen sind, weiß man einfach nicht mehr, welche Position man dazu beziehen soll – ohne dass man klare Alternativen hat!

Sind Sie wirklich der Meinung, dass man weiterhin so wie bisher auf der Straße fahren soll? (Rufe bei den Grünen: Nein!) Also! Warum sind Sie dann gegen den Brenner-Basistunnel? (Ruf bei den Grünen: Der Tunnel reicht nicht!) Warum ist das bei uns schlecht, was die Schweizer mit dem Lötschberg- und mit dem Gotthard-Tunnel machen? Sie haben hier keine klare konsistente Linie (Beifall bei der ÖVP), und das ist das Problem, das Sie in der Frage haben. Ich würde Ihnen wirklich empfehlen, in dieser Frage die Linie der Regierung zu übernehmen, weil es dazu keine vernünftige Alternative gibt.

Wenn Sie sagen, die Schweizer Verkehrspolitik sei vorbildlich, dann sage ich Ihnen: Man kann in der Politik nur Gleiches mit Gleichem vergleichen, und die Schweizer Situ­ation ist nun einmal eine ganz andere als in Österreich. Wir sind bei der Europäischen Union, wir haben gemeinsam mit der Europäischen Union Rahmenrichtlinien beschlos­sen, die für alle Staaten in gleicher Weise gelten, und wir können uns keine Sonderbe­stimmungen schaffen, wie das in der Schweiz der Fall ist.

Wenn Sie sagen, die Schweizer Bahn sei so gut – jawohl, sie ist gut, das möchte ich gar nicht bestreiten –, dann sagen Sie aber auch dazu, dass die Schweizer Bahn eine Produktivität hat, die um ein Drittel höher ist als bei uns, dass die Schweizer Eisen­bahner mit 65 Jahren in Pension gehen und nicht wie bei uns mit 54 Jahren im Durch­schnitt. (Bundesrat Stadler: Weit weg von der Realität! Weihnachtsmärchen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nein, das ist nicht weit weg von der Realität! Im Jahr 2004 – und das wird sich 2005 nicht viel ändern – lag das durchschnittliche Pensi­onsantrittsalter bei den ÖBB bei 54,5 Jahren. (Bundesrat Stadler: Das ist gar nicht wahr!) Das sind lauter offizielle Statistiken, die niemand bestreiten kann, sie sind nach­gewiesen. (Bundesrat Gruber: Weil die Leute in Frühpension geschickt werden!) Ich kritisiere das gar nicht, ich halte das nur fest, weil Sie sagen, in der Schweiz sei alles anders und besser. (Bundesrat Stadler: Machts eine g’scheite Verkehrspolitik!)

Wenn Sie sagen, die Schweizer Bahn sei besser – jawohl! –, dann sagen Sie bitte auch dazu, dass die Schweizer um ein Drittel höhere Bahntarife zahlen als wir in Öster­reich. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Dafür verdienen sie auch das Doppelte!) Auch das, glaube ich, muss man dazusagen. Wenn Sie sich dazu bekennen, dann sagen Sie auch in aller Öffentlichkeit, dass Sie dafür sind, dass bei uns höhere Bahntarife


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eingeführt werden sollen. (Bundesrätin Kerschbaum: Wenn wir das Einkommen von den Schweizern haben, können wir uns das auch leisten!)

Ich würde sagen, eine klare konsistente Linie in all diesen Fragen wäre angebracht, dann würde auch Ihre Verkehrspolitik glaubwürdiger werden.

Selbstverständlich brauchen wir auch neue und zusätzliche Rahmenbedingungen. Das ist schon klar, dass wir mit den jetzigen Rahmenbedingungen, also mit der jetzigen Wegekostenrichtlinie, den Brenner-Basistunnel sozusagen nicht füllen können in dem Sinn, dass er ausreichend ausgelastet ist. Aber dieser Brenner-Basistunnel wird frü­hestens irgendwann in den Jahren 2015 bis 2018 in Betrieb genommen, und genau bis dahin haben wir auch Zeit, um die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass der LKW-Verkehr tatsächlich über die Schiene geführt wird.

Daran arbeiten wir, und mit der neuen Wegekostenrichtlinie ist immerhin ein erster Schritt gelungen. Das ist noch nicht ausreichend, aber es ist ein erster Schritt – das werden Sie nicht bestreiten können, meine Damen und Herren –, und es ändern sich auch die Rahmenbedingungen zugunsten einer stärker ökologisch orientierten Ver­kehrspolitik in der Europäischen Union.

Es ist möglich, dass in Zukunft auch die Ausweichstrecken entsprechend bemautet werden. Die Richtlinie ist bereits auf LKW mit 3,5 Tonnen anzuwenden, und es gibt die Möglichkeit, LKW mit höherem Schadstoffausstoß in Zukunft eine höhere Maut aufzu­erlegen. Was die externen Kosten betrifft, so muss die Kommission zwei Jahre nach In-Kraft-Treten der Richtlinie ein entsprechendes Modell für die Berechnung dieser Kosten vorlegen, das dann integriert wird in die entsprechende Mautkosten-Richtlinie. Und wir schaffen das erste Mal die Möglichkeit der Querfinanzierung der Maut von der Straße auf die Schiene. Das ist ein Quantensprung in der Verkehrspolitik der Europäi­schen Union. (Bundesrat Boden: Ja, das ist das Kleinste, was es gibt, ein Quanten­sprung!)

Wir haben das im Wesentlichen im Europäischen Parlament durchgesetzt – durch unser Lobbying, auch durch die Unterstützung der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament und auch der Grünen. Das will ich gar nicht bestreiten, deshalb, meine ich, sollten wir das auch nicht zu einem nationalen Streitthema machen, sondern wir sollten hier gemeinsam und im Konsens vorgehen, damit wir eben das europäische Bewusst­sein in diesen Fragen ändern.

Meine Damen und Herren! Wir sind hier in der vollkommen richtigen Richtung unter­wegs. Wir schaffen die Voraussetzungen dafür, die Rahmenbedingungen zu ändern. Wir schaffen aber auch die Voraussetzung dafür, den Brenner-Basistunnel so rasch wie möglich entsprechend umzusetzen, ihn zu finanzieren und dafür zu sorgen, dass der Alpen querende Verkehr in Zukunft umweltfreundlicher und ökologischer wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

18.10


Präsident Peter Mitterer: Es gibt noch eine weitere Wortmeldung, nämlich die von Frau Bundesrätin Konrad. – Ich darf Ihnen das Wort erteilen.

 


18.10.46

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Es tut mir jetzt fast Leid, zumal Kollege Ager so eine vorweihnachtliche Stimmung hier hereinge­bracht hat, aber ich muss Ihnen wirklich vorwerfen, dass Sie bestenfalls selektiv zuhö­ren. (Bundesrat Bieringer: Dass was?) Bestenfalls selektiv zuhören!

Wenn Sie behaupten, die Tiroler Grünen seien gegen den Brenner-Basistunnel und seither habe sich auch die Bundeslinie der Grünen geändert, dann muss ich Ihnen Fol­gendes sagen: Die Tiroler Grünen haben im Landtag bei jedem Vorbereitungsschritt,


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der notwendig war, zugestimmt, jeweils unter der Voraussetzung, dass es begleitend Maßnahmen gibt, die jetzt schon sicherstellen, dass eine Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene auch tatsächlich passiert. – Umgesetzt worden ist bisher nichts! Das hat den Glauben der Tiroler Grünen an die Versprechungen verständlicherweise er­schüttert, deshalb hat es beim letzten Punkt, der beschlossen wurde, keine Zustim­mung seitens der Grünen gegeben.

Wir sagen aber nicht: Baut keinen Tunnel!, sondern wir sagen: Einen Tunnel zu bauen, ohne dafür zu sorgen, dass auch jemand durchfährt, ist relativ sinnlos! Und wir sind nicht die Einzigen, die bezweifeln, dass, nur weil der Tunnel da ist, die LKW automa­tisch durchfahren werden. Auch eine Firma, die von der Brenner Basistunnel SE per­sönlich beauftragt worden ist, ist zu diesem Ergebnis gekommen.

Diese Studie hat konkret Folgendes festgestellt: Der Bau eines Brenner-Basistunnels unter Fortführung der jetzigen Verkehrspolitik würde im Vergleich dazu, wenn kein Brenner-Basistunnel gebaut wird, im Jahr 2025 einen Unterschied von in etwa 30 LKW weniger ergeben. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Kukacka.) Das sind nicht meine Zahlen, das müssen Sie der Firma sagen, die diese Studie im Auftrag der Brenner Basistunnel SE erstellt hat. Wenn Sie diesen Zahlen nicht glauben, werfen Sie das nicht den Grünen vor! Das sind nicht unsere Zahlen, wir haben sie nicht ausge­rechnet, wir haben sie auch nicht in Auftrag gegeben. Aber ich verlasse mich darauf, dass eine Studie, die im Auftrag der Errichterfirma erstellt wird, auch zuverlässig ist. (Bundesrat Bieringer: Na ja!)

Unsere Aussage ist: Wir sind nicht dafür, einen Tunnel zu bauen, wenn dann niemand durchfährt. Sorgen Sie dafür, dass es Maßnahmen gibt, die diese Verlagerung garan­tieren! Bisher haben weder die Bundesregierung noch die Landesregierung in Tirol solche Maßnahmen gesetzt, und das erschüttert unseren Glauben an das Gute natür­lich sehr. (Beifall bei den Grünen.)

18.13


Präsident Peter Mitterer: Es hat sich noch einmal Herr Staatssekretär Mag. Kukacka zu Wort gemeldet. Ich darf es ihm erteilen.

 


18.13.19

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Hohes Haus! Ich möchte nur ganz kurz darauf eingehen. Frau Kollegin Konrad! Sie wissen so gut wie ich, dass diese ProgTrans-Studie Alternativ­szenarien unter bestimmten Voraussetzungen entwickelt hat. Sie nennen immer jene Voraussetzungen, die Ihnen gerade passen.

Ich sage, und dazu habe ich mich auch bekannt, dass wir daran arbeiten, dass sich natürlich auch die Rahmenbedingungen auf der Straße ändern werden. Aber das kön­nen wir nicht einseitig, nehmen Sie das doch zur Kenntnis! Wir schöpfen derzeit die EU-Richtlinie vollkommen aus, an die wir gebunden sind. Wir verlangen innerhalb der Europäischen Union die höchsten Mauten in Europa. Sie sind so hoch, dass wir sogar vor den EuGH zitiert und verurteilt worden sind.

Wir tun alles, was im Rahmen dieser Bedingungen möglich ist, meine Damen und Her­ren! Wir verhängen – Tiroler Landesregierung – sogar selektive Fahrverbote. Was pas­siert? Sie werden von der Europäischen Union aufgehoben.

Das, was möglich ist, machen wir, aber das heißt noch lange nicht, dass in 15 Jahren die Situation genauso ist wie heute. Natürlich wird sie sich ändern. Sie hat sich schon mit dieser Wegekostenrichtlinie geändert, und sie wird sich durch unsere kontinuier­liche Arbeit und Bewusstseinssituation, die wir schaffen wollen und womit wir auch in


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Europa eine Änderung der verkehrspolitischen Szenarien entwickeln wollen, auch wei­terhin ändern.

Wir alle wissen, dass in Tirol ein weiterer Straßengüterverkehr nicht möglich ist, dass die Kapazitäten der Autobahnen ausgeschöpft werden, dass wir dort nicht dreispurig ausbauen können. Also ergibt sich schon von daher eine Verknappung der Situation. Das wird dazu führen, dass selbstverständlich mehr LKW auf die Schiene kommen, weil es gar keine andere Möglichkeit mehr gibt, den Nord-Süd-Transit sicherzustellen, als auf der Schiene.

Also: Wir arbeiten hier konsequent, wir haben ein klares Konzept. Nur dieses Konzept, das wir vertreten, ist realistisch, ist machbar, ist praktikabel. Das Konzept, das Sie ver­treten, ist jedenfalls unter den derzeitigen Bedingungen und Voraussetzungen nicht umsetzbar. Wir brauchen aber eine machbare Politik und nicht irgendwelche Verspre­chungen und Illusionen, wir brauchen das, was konkret der Bevölkerung hilft und was auch umgesetzt werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

18.16


Präsident Peter Mitterer: Es liegt mir keine weitere Wortmeldung mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist mit Stimmenmehrheit beschlossen. Der Antrag ist somit an­genommen.

18.16.5221. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (1170 d.B. und 1233 d.B. sowie 7456/BR d.B.)

 


Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Haller. – Ich bitte um den Bericht.

 


18.17.14

Berichterstatter Ing. Hermann Haller: Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie hat den gegenständlichen Be­schluss des Nationalrates am 19. Dezember 2005 in Verhandlung genommen.

Ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekom­men.

 


Präsident Peter Mitterer: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.


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Als Erste ist Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort gemeldet. Ich darf ihr das Wort erteilen.

 


18.18.02

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Somit stehe ich hier vorne und muss begründen, war­um wir diesem Antrag, dem Antrag, der noch nicht gestellt ist, zustimmen, warum wir diesem Gesetzentwurf zustimmen, obwohl wir im Nationalrat nicht zugestimmt haben.

Es verhält sich folgendermaßen: Wenn wir heute unsere Hand heben, dann ist das so eine Art Notoperation, denn es ist letztendlich so, dass bereits ein EU-Vertragsverlet­zungsverfahren läuft und die nächsten möglicherweise oder höchstwahrscheinlich auf uns zukommen. Deshalb ist es dringend notwendig, dass sich da in der Vergabepraxis sofort etwas ändert. Das ist der Grund dafür, dass wir zustimmen.

Unter Notoperation verstehe ich jetzt aber eher die Verarztung einer blutenden Wunde als eine Schönheitsoperation. Ich hoffe, die Schönheitsoperation wird noch folgen, denn spätestens mit dem In-Kraft-Treten der neuen EU-Nahverkehrsverordnung, von der Sie ja sagen, dass sie in der EU-Präsidentschaft Österreichs entscheidend voran­gebracht wird, wird eine echte Novelle unumgänglich sein. Es ist nämlich auch die vorliegende Gesetzesnovelle wieder EU-rechtlich fragwürdig und inhaltlich nicht ganz aufrechtzuerhalten bei der Unterscheidung zwischen eigenwirtschaftlich und gemein­wirtschaftlich.

Es gibt aber auch noch einige andere Punkte, warum wir diese Novelle im Nationalrat abgelehnt haben.

Im Gesamten ist sie kein besonderes Ruhmesblatt für die Bundesregierung, zumal erst gehandelt wird, nachdem es ein Vertragsverletzungsverfahren gegeben hat, nachdem es Höchstgerichtserkenntnisse gegeben hat und nachdem es vernichtende Rech­nungshofkritiken zu diesem Thema gegeben hat.

Die Umsetzung wird trotz all dieser Kritiken nur halbherzig und unvollständig vorge­nommen.

Im Zusammenhang mit dieser Gesetzesvorlage von Transparenz zu reden, ist gewagt. Es sei dahingestellt, wie weit daran irgendetwas transparent ist. Es gibt nämlich sehr wohl viele undurchsichtige Lücken in diesem Gesetz, und die sollte man auch nicht verschweigen.

Es fehlt ein Konzessionskataster, der ist in diesem Gesetz nicht vorgesehen, und es gibt auch keine andere Alternative wie zum Beispiel ein Veröffentlichungsgebot. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof erst in einem Erkenntnis im September die geltende Praxis der Nicht-Beauskunftung von Konzessionswerbern für rechtswidrig erklärt. Das BMVIT hat nämlich tatsächlich behauptet, dass man einem Interessenten nicht mittei­len kann, wann eine Konzession abläuft, denn das würde zu einer Wettbewerbsverzer­rung führen. – Da frage ich mich wirklich, was Sie unter Wettbewerb verstehen. Die ÖVP verteidigt ja immer den freien Wettbewerb, insbesondere Herr Kollege Himmer verteidigt ihn gegen die Angriffe der kommunistischen Planwirtschaft. Mich würde in­teressieren, wie Sie uns erklären, dass das BMVIT meint, man dürfe keine Auskunft darüber geben, wann eine Konzession abläuft, damit sich auch ein anderer bewerben kann.

Ein weiterer Punkt zu den Konzessionen: Laut § 3 kann sich das Unternehmen aussu­chen, in welchem Bundesland es bei innerösterreichischen Mehrländerlinien die Kon­zession beantragen möchte. – Wie auch immer, es sei dahingestellt, ob es sinnvoll ist, dass man für eine Linie Burgenland – Wien, die hauptsächlich durch Niederösterreich


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führt, wahlweise in Wien oder im Burgenland die Konzession beantragen kann. Die Sinnhaftigkeit dieser Regelung muss in Frage gestellt werden.

Mich würde auf jeden Fall interessieren, wer da dann den Überblick behält und weiß, wer wo welche Konzession angemeldet hat. Das würde mich interessieren.

Für einen wirklich zweckmäßigen Genehmigungswettbewerb wäre eine größere Re­form des Konzessionsrechts notwendig, eine solche ist aber auch aufgeschoben.

Es gibt nach wie vor zahlreiche wettbewerbsfeindliche und wohl auch nicht ganz zufäl­lige Unschärfen in diesem Gesetz, zum Beispiel die Definition des Verkehrsbereichs nach § 14 oder die fehlende Fahrplan-Pflicht.

Für einen wirklich fairen Wettbewerb fehlt auch jegliche Rahmensetzung, wie Fristen und Auswahlkriterien.

Inwieweit eine Novellierung des Kraftfahrliniengesetzes unabhängig vom österreichi­schen Personennahverkehrsgesetz Sinn macht, sei dahingestellt. Inhaltlich gibt es zahlreiche Bezugnahmen, und ich hoffe, dass auch das irgendjemand dann unter Kon­trolle behält.

Der Rechnungshof hat in seiner Kritik auch angeführt, dass die straßenverkehrsför­dernde Grundhaltung des BMVIT zu kritisieren wäre. Diese Kritik haben Sie bei der Er­stellung der Novelle auf jeden Fall ausgeblendet.

Einer anderen Kritik des Rechnungshofes, die wir allerdings nicht teilen, folgen Sie aber durch die Stärkung der Verbundorganisationsgesellschaften. Das ist in unseren Augen bedauerlich, weil eine Verankerung des öffentlichen Interesses in diesem Ge­setz fehlt. Öffentlicher Verkehr ist aber öffentliches Interesse, und Aufgabenträger sind die Gebietskörperschaften, also Bund, Länder und Gemeinden. Die Verbünde sind le­diglich Dienstleister. Die Verbünde sind keine politischen Organe, die gewählt werden und dann bestimmen sollen, wann wo welcher Bus fährt, sondern das sollten die Auf­traggeber machen, die Gebietskörperschaften. Wir wollen nicht, dass irgendwelche GesmbHs in der Verkehrspolitik das Sagen haben, es muss nach wie vor Einfluss­möglichkeiten der Gemeinden und der Bürgerinnen und Bürger geben.

Auch die Verlagerung der Strafandrohungen von den Unternehmungen auf die Lenker, wie in § 47 vorgesehen, sehen wir kritisch – so wie in manch anderen Gesetzen, die in letzter Zeit beschlossen worden sind. Wo auch immer Wettbewerb zwischen Unterneh­mungen stattfindet und verstärkt wird – oder zumindest verstärkt stattfinden soll, denn in diesem Bereich ist der Wettbewerb, wie schon erwähnt, noch nicht so ausgebaut –, ist eine Verlagerung von Verantwortung und Strafen auf die Arbeitnehmer unserer Mei­nung nach besonders heikel. Die Arbeitnehmer befolgen nämlich üblicherweise die Anordnungen ihrer Arbeitgeber, auch aus Angst um ihren Arbeitsplatz.

Letztendlich übertragen Sie mit diesem Gesetz auch die Zuständigkeit an die Länder. Damit sind Sie zwar in der Radetzkystraße jetzt dieses Problem los, die heiße Kartoffel ist aber bei weitem nicht abgekühlt.

Das Problem, dass derzeitige Konzessionsinhaber durch offensichtlich absichtliche In­transparenz nach wie vor bevorzugt sind, ist nicht gelöst, und das ist zutiefst wettbe­werbs-, qualitäts- und kostenfeindlich.

Dass Sie damit ausländische Mitbewerber vom Markt fernhalten wollen, ist europa­rechtlich fragwürdig. Den Erfordernissen des europarechtlichen Nichtdiskriminierungs- und Transparenzgebotes wird damit jedenfalls nicht entsprochen.

Länder und Städte erben durch diese halbe Novelle auf jeden Fall die derzeitige An­wendungspraxis und sämtliche Rechtsunsicherheiten. Daraus ergeben sich Planungs-


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729. Sitzung / Seite 160

und Investitionsunsicherheiten, die eine offensive Politik im Nahverkehrsbereich leider verhindern werden – zum Nachteil der Länder, zum Nachteil der Fahrgäste und zum Nachteil der Umwelt.

Für wirklich zielführende Reformen sind die Grünen jederzeit zu haben, für zielfüh­rende Reformen in Richtung Angebots- und Qualitätsoffensive, aber diese sehen wir in dieser Gesetzesnovelle nicht. Eine ernst zu nehmende Zielformulierung wie die Veran­kerung des öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit dem öffentlichen Verkehr fehlt völlig.

Dass ÖVP und BZÖ nicht unbedingt die großen Verfechter des öffentlichen Verkehrs sind, ist ja kein Geheimnis, es ist aber trotzdem sehr bedauerlich, dass sich der Bund immer mehr aus seiner Verpflichtung für ein Grundangebot an öffentlichem Nahverkehr davonstehlen möchte – auch bei der Personennahverkehrs-Gesetzgebung.

Trotz all dieser Fehler, die ich jetzt in meiner Pro-Rede aufgezählt habe, werden wir dieser Novelle heute zustimmen – wie gesagt, allein aus dem Grund, dass wir weitere Vertragsverletzungsverfahren möglichst hintanhalten wollen und möglichst rasch die gröbsten Fehler der derzeitigen Vergabepraxis ausräumen möchten.

Wir hoffen, appellieren gleichzeitig aber auch an Sie, dass Sie im Bereich der Kraftfahr­linien endlich einen wirklich freien und fairen Wettbewerb zulassen und dieses Gesetz möglichst bald noch einmal verbessern. (Beifall bei den Grünen.)

18.26


Präsident Peter Mitterer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich darf ihm das Wort erteilen.

 


18.27.13

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das zur Diskussion stehende Gesetz befasst sich mit einer Änderung der Güterbeförderung, einer Änderung des Gelegenheitsverkehrs und einer Anpassung der Gewerbeordnung und betrifft sehr stark, Herr Staatssekretär, den ländlichen Raum.

Die europäische Verkehrsentwicklung braucht klare Strukturen, um dem künftigen Ver­kehrsaufkommen Rechnung zu tragen.

Wenn die Grünen in Sonntagsreden die PKW-Maut fordern, dann beweist diese ihre Politik, wie wenig ernst die Lösung von Seiten der Grünen eigentlich ist. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Überhaupt nicht!)

Eine der zielführenden Maßnahmen für die Zukunft sind und bleiben die Österreichi­schen Bundesbahnen. Auch die große Anstrengung der österreichischen Bundesregie­rung bei der Modernisierung der Österreichischen Bundesbahnen befindet sich auf dem richtigen Weg. (Bundesrätin Kerschbaum: Gefahren sind wir mit der Schnell­bahn!)

Eine zukunftsorientierte Lösung ist auch der Brenner Basistunnel.

Nun zum Nahverkehr: Mit dem neuen Gesetz sollte auch die Nahverkehrsreform für den öffentlichen Verkehr mit den Ländern und Gemeinden abgestimmt werden. Es geht um den ländlichen Raum. Mehr als 50 Prozent der österreichischen Bürger leben im ländlichen Raum.

Es geht bei diesem Gesetz vor allem um die Pendler und Schüler, die in entlegenen ländlichen Gebieten wohnen und diesen Nahverkehr brauchen. Herr Staatssekretär! Die Menschen werden auch im ländlichen Raum immer älter, und das muss auch Be-


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 161

rücksichtigung finden. Dieses gesellschaftliche Problem müssen die Länder gemein­sam mit den Gemeinden und dem Bund noch einer Lösung zuführen.

Viele Änderungen sind nicht Gegenstand des Gemeinschaftsrechtes und sind kompe­tenzmäßig dem jeweiligen Landeshauptmann zugeordnet, wie zum Beispiel der natio­nale Linienverkehr, die Feststellung der Straßeneignung für den Linienverkehr. Weiters gibt es einen Verweis auf die Gewerbeordnung betreffend einen Leiter des Betriebes. Enthalten sind außerdem die Kürzung der Konzessionsdauer von zehn auf acht Jahre, die Pflichten des Fahrzeuglenkers, Änderung der Strafbestimmungen, Sanktionsmög­lichkeit gegen den Berechtigungsinhaber, Sanktionsmöglichkeiten gegen den Fahr­zeuglenker.

Herr Staatssekretär! Abschließend möchte ich sagen, dass man sich mit diesem Ge­setz sicher auf dem richtigen Weg befindet. Nur: Wir Bürgermeister im ländlichen Raum müssen feststellen, dass die Reduzierung des öffentlichen Verkehrs den Men­schen im ländlichen Raum weiterhin Probleme verursacht, und wir bitten Sie daher, alles zu tun, um die Abwanderung hintanzuhalten, die im ländlichen Raum in Zukunft noch stärker als heute stattfinden wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.30


Präsident Peter Mitterer: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. – Bitte.

 


18.30.50

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann zur weihnachtlichen Stimmung so viel beitragen, dass ich mich bemühen werde, meine Ausführungen sehr kurz zu hal­ten. (Beifall der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.)

Kollegin Kerschbaum hat nach profunder Kritik erklärt, hier zuzustimmen, wenngleich dies sozusagen eine Notoperation ist – oder wie auch immer sie gesagt hat. Wir ope­rieren hier gemeinsam.

Die Änderungen der §§ 23 und 30 des Kraftfahrliniengesetzes bringen mehr Wettbe­werb. Es ist erfreulich, dass du, Kollegin Kerschbaum, es auch unterstützt, wenn zu­sätzliche Kurse zu konzessionierten Kraftfahrlinien nicht immer automatisch der Inha­ber bekommt und die Verlängerung der Konzessionsdauer ersatzlos gestrichen wird. Einige andere Änderungen sind bereits angesprochen worden.

Wir halten das summa summarum für eine sehr sinnvolle Gesetzesmaterie, und ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Antrag

gemäß § 43 GO-BR

der Bundesräte Mag. Himmer, Kolleginnen und Kollegen

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (1170 d.B. und 1233 d.B. sowie 7456/BR d.B.), wird kein Einspruch erhoben.

*****

(Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

18.32



Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 162

Präsident Peter Mitterer: Der von den Bundesräten Mag. Himmer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Eine weitere Wortmeldung liegt mir von Herrn Staatssekretär Mag. Kukacka vor. Ich erteile ihm das Wort.

 


18.33.24

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Ganz kurz: Dieses Kraftfahr­liniengesetz beziehungsweise die Novelle, die wir heute hier beschließen, soll der erste Teil unserer Nahverkehrsreform sein. Es geht dabei um jenen Teil der Reform, der den Wettbewerb betrifft.

Diese Reform soll im Wesentlichen Wettbewerbselemente im Bereich der Buskonzes­sionen einführen. Es sollen Konzessionen und Fahrrechte für Busse für einzelne Linien verstärkt im Wege von Ausschreibungen vergeben werden können – das erhöht den Wettbewerb und spart Finanzmittel. Das Geld, das hier lukriert wird, kann dann zusätz­lich in höhere Qualität im öffentlichen Verkehr investiert werden.

Diese unsere Reform geht auch zurück auf Kritik, die sowohl im Rahmen der Europäi­schen Union als auch vom Verfassungsgerichtshof und vom Rechnungshof geübt wurde. Die Bundesregierung nimmt diese Kritikpunkte ernst und versucht, hier ein neues, modernes Konzept zu entwickeln.

Es geht darum, dass der fehlende Wettbewerb bei der Konzessionsvergabe beseitigt wird, dass es in Zukunft keine automatische Verlängerung von Konzessionen mehr gibt, dass die mangelnde Transparenz im Vergabeverfahren beseitigt wird, dass die zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zersplitterten Kompetenzen bereinigt werden und dass die unübersichtliche Finanzierung des Nahverkehrs auf klare, fundierte und übersichtliche Grundlagen gestellt wird. – Das sind die Intentionen dieses Gesetzes. Wir sind hier auf einem guten Weg.

Der zweite Teil dieses Gesetzes wird in der ersten Jänner-Woche in Begutachtung gehen, also das ÖPNRVG. Dieses ÖPNRVG wird dann eine umfassende Aufgaben­reform und eine Finanzierungsreform im Nahverkehr bringen. Letztlich geht es aber vor allem darum, den öffentlichen Verkehr insgesamt attraktiver zu machen, seine Qualität zu verbessern, seine Angebote zu steigern, um so eine wirkliche Alternative zum Indi­vidualverkehr zu werden und damit einen wichtigen Beitrag auch zur Lösung unserer Verkehrsprobleme zu leisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.36


Präsident Peter Mitterer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Himmer, Kolleginnen und Kollegen vor, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 163

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit, damit ist der Antrag angenommen.

18.37.1322. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend Kooperations­abkommen über ein Globales Ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) – GALILEO zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Volksrepublik China (1117 d.B. und 1234 d.B. sowie 7457/BR d.B.)

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend Kooperations­abkommen über ein Globales Ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) – GALILEO zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und dem Staat Israel (1118 d.B. und 1235 d.B. sowie 7458/BR d.B.)

 


Präsident Peter Mitterer: Nun gelangen wir zu den Punkten 22 und 23 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Stadler. Ich bitte um die Be­richte.

 


18.37.56

Berichterstatter Werner Stadler: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Wenn es erlaubt ist, fasse ich die beiden Berichte zusammen, da sie wortgleich sind, nur die Abkommenspartner sind unterschiedlich.

Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über die Beschlüsse des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend Kooperationsab­kommen über ein Globales Ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) – GALILEO zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und – im ersten Fall – der Volksrepublik China und – im zweiten Fall – dem Staat Israel.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorla­gen am 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen die vorliegen­den Beschlüsse des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.

 


Präsident Peter Mitterer: Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Volksrepublik China.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das scheint Stimmeneinhelligkeit zu sein. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den zweiten Antrag, nämlich das Koopera­tionsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und dem Staat Israel.

Auch da ersuche ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für den Antrag sind, ge­gen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 164

ein Handzeichen. – Auch in diesem Fall ist Stimmeneinhelligkeit festzustellen. Der Antrag ist somit angenommen.

18.40.0024. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend das Protokoll Nr. 14 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention (996 d.B. und 1255 d.B. sowie 7463/BR d.B.)

 


Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Karl Bader. Ich darf um den Bericht bitten.

 


18.40.15

Berichterstatter Karl Bader: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine beiden Herren Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Aus­schusses für auswärtige Angelegenheiten zum gegenständlichen Tagesordnungs­punkt. Da auch dieser schriftlich vorliegt, darf ich zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Peter Mitterer: Ich danke für den Bericht.

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Debatte ge­schlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

18.41.1725. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 85. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (1145 d.B. und 1212 d.B. sowie 7464/BR d.B.)

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Boden­schätzungsgesetz 1970, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, die Bundesabga­benordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alko­holsteuergesetz, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Zollrechts-Durchfüh­rungsgesetz geändert werden – Abgabenänderungsgesetz 2005 (AbgÄG 2005) (1187 d.B., 705/A und 1213 d.B. sowie 7441/BR d.B. und 7465/BR d.B.)

 


Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zu den Punkten 25 und 26 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


Bundesrat
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Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Todt. Ich darf ihn um die Be­richte bitten.

 


18.41.49

Berichterstatter Reinhard Todt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewäh­rung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 85. Wieder­kehr des Jahrestages der Volksabstimmung.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich stelle den Antrag:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkom­mensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuergesetz, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Bodenschätzungsgesetz 1970, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutions­ordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Tabakmonopolge­setz 1996 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden – Abgabenände­rungsgesetz 2005.

Der Bericht des Ausschusses liegt Ihnen vor. Ich stelle den Antrag:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Peter Mitterer: Ich danke dem Berichterstatter.

Wir gehen in die Debatte über beide Tagesordnungspunkte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. Ich darf ihr das Wort erteilen.

 


18.43.52

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 85. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung ist über weite Strecken und von der Summe und vom Ansatz her richtig. Was wir Grünen allerdings vermissen, ist, dass es zwar auf Antrag der SPÖ eine Zweckwidmung gibt, diese aber nicht so ausfor­muliert und so präzise ist, wie wir es uns wünschen würden.

Wenn wieder 2 Millionen € nach Kärnten gehen, dann stellt sich natürlich schon die Frage, ob denn das tatsächlich in guten und bewährten Händen ist, wenn man sich die Agitationen von Landeshauptmann Haider in manchen Bereichen anschaut, so beim aktuellen Landesbudget 2006, bei diesen ganzen Geschichten um die Seebühne und so weiter. Da wäre es doch angebracht gewesen, wenn jetzt auf Grund der Initiative der SPÖ erreicht würde, dass es eine Zweckbindung für Jugendprojekte gibt, dies auch genauer auszuformulieren.

Es hat ja einen Grund für diese 2 Millionen € gegeben, wo es auch darum geht, einen Beitrag in Richtung Völkerverständigung zu leisten. Und genau das hätte in dieser Form auch detailliert ausformuliert werden sollen in ganz konkreten Projekten. Das ist etwas, was wir vermissen. Wir bedauern, dass wir auf Grund der mangelnden Ausfor-


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 166

mulierung der vorhandenen Zweckbindung unsere Zustimmung nicht erteilen können. (Beifall bei den Grünen.)

18.45


Präsident Peter Mitterer: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schimböck. Ich darf ihn an das Rednerpult bitten.

 


18.45.41

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Unsere Fraktion wird beiden Tagesordnungs­punkten zustimmen. Ich glaube aber, dass es wirklich angezeigt ist, hier zur Fiskalpoli­tik der Bundesregierung zu sprechen, und zwar ist es schon sehr bedenklich, wenn im Jahr 2006, Herr Staatssekretär, nach der Studie der Creditreform nur mehr 50 Prozent der Betriebe Bereitschaft zeigen, überhaupt Investitionen vorzunehmen. Ich denke, das ist ein sehr bedauerliches Ergebnis Ihrer Fiskalpolitik, und das ist immerhin der nied­rigste Wert seit sechs Jahren.

Und dazu kommt – das geht aus einer Untersuchung der Firma Manpower hervor –, dass eigentlich ein Zehntel der österreichischen Personalchefs befürchtet, in den Mo­naten Jänner, Februar, März, also im ersten Quartal des nächsten Jahres, Mitarbeiter entlassen zu müssen. Das ist auch eine sehr traurige Geschichte.

Wenn ich mir insgesamt anschaue, zu welcher Wachstumsrate diese Regierungspolitik in den letzten Jahren geführt hat, dann ist das eigentlich auch eine Dokumentation Ihrer Fiskalpolitik. Standen wir im Jahr 2000 noch bei einer Wachstumsrate von 3,4 Prozent, dann ist es eigentlich 2001 mit 0,7 Prozent, 2002 mit 1,2 Prozent, 2003 mit 0,8 Prozent sehr steil bergab gegangen. Und der Wert für 2004 mit 2,2 Prozent und die jetzt aktuellen Schätzungen von 1,8 Prozent und für 2006 von 1,9 Prozent sind ja auch alles andere als erfreulich. Ähnlich ist unsere Situation im Bereich der Arbeits­losigkeit verglichen mit den anderen EU-Staaten.

Vielleicht noch eines, Herr Staatssekretär, ich glaube, dass diese Fiskalpolitik sicher­lich auch ihren sehr negativen Niederschlag in der Insolvenzstatistik findet, siehe heu­tige Ausgabe des „Standard“, darüber hat heute sogar Ihr Regierungskollege Bundes­minister Bartenstein berichtet. Es sieht so aus, als ob wir in diesem Jahr einen ganz traurigen Rekord haben würden. Und ich glaube, da bedürfte es wirklich einer Fiskalpo­litik, die ganz einfach wieder Investitionen fördert, die Arbeitsplätze schafft, die Betriebe sichert und erhält.

Wenn ich mir vorstelle, dass dieser Anstieg von Unternehmenspleiten um 15,3 Prozent in diesem Jahr, Herr Staatssekretär, 25 000 Arbeitsplätze gefährdet beziehungsweise überhaupt auslöscht, dann, muss ich sagen, ist das eine ganz schlimme Sache. Und die wahre Tragik, Herr Staatssekretär, ist wohl, dass die Hälfte der Firmeninsolvenzen in dieser Republik inzwischen bereits mangels Masse abgewiesen wird. Das ist vor allen Dingen für jene vielen kleinen Selbständigen sehr dramatisch, die oft nur zwei, drei mögliche Kundenbeziehungen haben, wenn es zu solchen Insolvenzfällen kommt. Ich vermisse ganz einfach in Ihrem Steuerpaket wirklich Maßnahmen, die nachhaltig die Existenz von Betrieben und damit auch von Arbeitsplätzen in dieser Republik sichern.

Wir werden aber, da sich in diesem Konvolut von Finanzgesetzen einige Bereiche, die durchaus positiv sind und unerwünschte Gestaltungsmöglichkeiten ausräumen, befin­den, dem zustimmen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.49


Präsident Peter Mitterer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. Ich darf ihm das Wort erteilen.

 



Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 167

18.49.15

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kollegen! Herr Kollege Schimböck! Gerade die Steuerbegünstigungserneuerung im Abgabenänderungsgesetz für Insol­venzfälle, Sanierungsgewinnbegünstigung nicht nur bei Betriebsfortführung, sondern auch bei Betriebsstilllegung versetzt gescheiterte Unternehmer vielleicht doch in die Lage, einen Neustart zu wagen und dadurch auch wieder Arbeitsplätze und Wert­schöpfung für dieses Land zu schaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl ich ein Branchenkollege meines Freundes Hans Ager bin, kann ich nicht mit seinem kabarettistischen Talent aufwarten, daher muss ich mich ein wenig mit der trockenen Materie des Umgründungssteuer­gesetzes beschäftigen.

Dieses Umgründungsänderungsgesetz bringt doch zwei Folgeerscheinungen für die Wirtschaft. Einerseits müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir 5 000 Anlassfälle in Österreich hatten, wo vor allem große Firmen, große Konzerne Umgründungen vor­genommen haben, um steuerschonende Modelle zu entwickeln. Da verstehe ich voll unseren Finanzminister, unseren Fiskus; dadurch sind ihm wesentliche Einnahmen entgangen, die unser Gemeinwesen natürlich dringend notwendig hat. (Bundesrat Schimböck: Viel zu lange zugeschaut!)

Zweitens ist es so, dass es für Einzelunternehmen in Zukunft natürlich schwieriger wird, Umgründungen in eine GmbH vorzunehmen. Wir haben in meiner Branche, in der österreichischen Hotellerie vor allem das Problem, dass wir große Anlagevermögen haben, große Liegenschaften, aber ganz wenig Eigenkapital, in den meisten Fällen so­gar ein negatives Eigenkapital, wie aus der Statistik der Wirtschaftskammer der Fach­gruppe Hotellerie hervorgeht. Daher müssen wir auch in Zukunft gegensteuern und eigenkapitalstärkende Maßnahmen setzen. Aber ich gestehe zu, aus Gründen der Steuergerechtigkeit muss man einfach hier eine Lösung finden und eine Änderung vornehmen. Daher bin ich sehr froh darüber, dass im Ausschuss einhellig beschlossen wurde, keinen Einspruch gegen dieses Abgabenänderungsgesetz zu erheben.

Da vorher die Grünen von der Bemautung in Österreich gesprochen haben und ich schon am Wort bin, möchte ich noch auf Folgendes hinweisen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Situation der österreichischen Frächter ist inzwischen so ge­worden, dass wir Gefahr laufen, in Österreich 70 000 Arbeitsplätze durch das Ausflag­gen durch die Frächter zu verlieren. Und ich frage Sie von den Grünen: Ist Ihnen diese Situation bewusst, wollen Sie das so hinnehmen oder sind Ihnen 70 000 Arbeitsplätze in der österreichischen Wirtschaft egal, wo Sie bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass wir eine der höchsten Arbeitslosenraten haben?

Spediteure und Frächter sind keine Feinde der Österreicher, sondern sie bringen wert­volle Güter just in time für jeden österreichischen Bewohner und leisten einen wesent­lichen Beitrag zur österreichischen Wertschöpfung. Ich glaube, wir Politiker und Vertre­ter der gesetzgebenden Körperschaften sind verpflichtet, für entsprechende Rahmen­bedingungen für die österreichische Wirtschaft zu sorgen, damit sie wettbewerbsfähig bleibt. Das ist das höchste Gebot, das wir haben, denn nur eine gesunde Wirtschaft sichert Arbeitsplätze und sorgt weiterhin für Wohlstand und Existenzgrundlage in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP.)

18.52


Präsident Peter Mitterer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Ing. Kampl zu Wort.

 


18.52.55

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­schätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 168

Herren! Liebe Kollegen! Frau Kollegin Dr. Lichtenecker! Sie haben Zweifel an der ord­nungsgemäßen Verwendung der Mittel, die aus Anlass des Jahrestages der Volks­abstimmung gewährt werden. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Effizienter Einsatz!) Ich kann Ihnen versichern, die Aufteilung der Mittel wird im Einvernehmen mit den betroffe­nen Gemeinden im Kärntner Unterland erfolgen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Auch mit den betroffenen Volksgruppen?) – Auch mit den betroffenen Volksgruppen, selbst­verständlich. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Was ist mit den Ortstafeln?) – Lassen wir die einmal beiseite! Unterhalten wir uns jetzt einmal über die Abstimmungsspende.

Es geht dabei schwerpunktmäßig um Folgendes: Jugendmaßnahmen, Stärkung der Infrastruktur, Schule und Kindergarten und allgemeine Grenzlandförderung. Es wird der jeweiligen Gemeinde überlassen, zu entscheiden, wie sie schwerpunktmäßig ihren Anteil verwendet. Das war immer sehr positiv, und ich glaube, das hat sich in Kärnten bewährt.

Ich würde Sie und Ihre Fraktion bitten, dass Sie heute da mitgehen, denn Ihr Kollege Holub in Kärnten ist selbstverständlich mit der Vorgangsweise, die in der Kärntner Lan­desregierung einstimmig festgelegt wurde, einverstanden. Er würde Ihr Verhalten dies­bezüglich nicht ganz verstehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch den lieben Kolleginnen und Kollegen aus Tirol meinen Respekt dafür zollen, wie sie heute als Tiroler für ihre Hei­mat auftreten, für diesen Patriotismus und die Heimatliebe. Natürlich wird das große Vorbild der Tiroler immer der Andreas Hofer sein. Wir Kärntner haben auch Persönlich­keiten. Aber, liebe Freunde, herzliche Gratulation! (Bundesrat Boden: Aber sag nicht, der Jörg!) – Auch der Jörg gehört dazu.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, unser gemeinsames Europa umfasst 25 Staa­ten und 89 Regionen, und Kärnten ist ein Teil europäischer Geschichte. Ich glaube, das sollten wir gemeinsam einmal zur Kenntnis nehmen. Der Kärntner Abwehrkampf und der Erfolg sind der Grund dafür, dass wir Kärntner jährlich den 10. Oktober als Landesfeiertag für Kärnten, als Festtag, als Kärntens Tag der Freiheit, Tag der Einigkeit feiern. Kärnten hat sich immer zu Österreich bekannt und auch die Treue zu Österreich mit Blutzoll für die Freiheit unter Beweis gestellt.

Entscheidende Abschnitte für Kärntens Einheit waren: Kämpfe in Kärnten gegen die „S.H.S-Soldaten“ aus Jugoslawien 1919. Die Gefahr für Kärnten war sogar so groß, dass der Sitz der Kärntner Landesregierung nach Spittal verlegt wurde. Klagenfurt wurde vom 6. Juni bis 31. Juli 1919 von Jugoslawien besetzt. Österreichische Frie­densdelegation am 13. Mai 1919 unter Staatskanzler Dr. Renner in Paris, begleitet von Landesrat Vinzenz Schumy und Martin Wutte als Kärntner Vertreter. Das Selbstbe­stimmungsrecht wurde den Kärntnern zugestanden. Für den 10. Oktober 1920 wurde durch zähes Verhandeln die Volksabstimmung erreicht. Am 10. Oktober 1920 betrug die Wahlbeteiligung bei der Volksabstimmung über 95 Prozent, mit dem Ergebnis: 59,04 Prozent für Österreich, 40,96 Prozent für Jugoslawien. Wien hatte damals die Kärntner Kampfhandlungen nicht gutgeheißen.

Es gab auch einige Verstimmungen zwischen Kärnten und Wien, bei den offiziell han­delnden Personen zwischen Bundesregierung und Kärntner Landesregierung. Das Spannungsfeld zwischen Kärnten und Wien war mit der Aussage von Staatskanzler Dr. Renner bei der St. Veiter Konferenz gebrochen. Damals sagte der wortkarge Staatskanzler Dr. Renner nach der St. Veiter Konferenz – das ist mein Heimatbezirk –: Glück auf, meine Herren! Ich hoffe, wir werden dieses Land retten.

Er hieß zwar der Schweigekanzler, aber er war, wie ich meine, ein großer Mann Öster­reichs. Die Kärntner erinnern sich gerne an große Österreicher, die auch für die Heimat Kärnten ihren Beitrag leisten.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 169

Bei den Kampfhandlungen im Kärntner Abwehrkampf hatte Österreich 270 Tote zu be­klagen, Jugoslawien 150. Für Kärnten haben folgende Personen besondere Verdienste in dieser Zeit erworben: Landeshauptmann Dr. Arthur Lemisch, Oberst Hans Stein­acher, General Ludwig Hülgerth, Oberstleutnant Viktor Arneitz und Dr. Albert Peter-Pirkham. Kärnten dankt noch immer jährlich der damaligen internationalen Miles-Kom­mission.

Die Kärntner Landesregierung hat geschlossen und einstimmig am 11. Oktober 2005 folgenden Antrag an die Bundesregierung mit der Bitte gerichtet, die Verdoppelung der Abstimmungsspende für 2005 auf 4 Millionen € zu unterstützen. Die Resolution, meine sehr geehrten Damen und Herren, lautet:

„,Resolution der Kärntner Landesregierung zur Erhöhung der Abstimmungsspende‘

Das Kollegium der Kärntner Landesregierung fordert von der Österreichischen Bundes­regierung eine Erhöhung der Abstimmungsspende und bezeichnet diese Maßnahme als wichtig für die Kärntner Abstimmungsgemeinden, weil dadurch deren wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig verbessert würde.

Das Kollegium der Kärntner Landesregierung fordert daher die Österreichische Bun­desregierung auf, die anlässlich des 85-Jahr-Jubliläums der Kärntner Volksabstim­mung zugesagten zwei Millionen Euro auf vier Millionen Euro aufzustocken.

Das Kollegium der Kärntner Landesregierung fordert außerdem alle Kärntner Abgeord­neten des Nationalrates und Bundesrates auf, für eine derartige Erhöhung noch im Jahr 2005 einzutreten.‘

Diese Resolution wird sodann mit Stimmeneinheit angenommen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin heuer wahrscheinlich das letzte Mal am Rednerpult gewesen und möchte Ihnen auf diesem Wege auch ein frohes Weih­nachtsfest mit Ihren Familien und alles Gute für das kommende Jahr wünschen. – Ich danke. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

19.00


Präsident Peter Mitterer: Frau Bundesrätin Blatnik hat sich als Nächste zu Wort ge­meldet. Ich darf ihr das Wort erteilen.

 


19.00.41

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Herr Staatssekretär! Gospod državni sekretár! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Das Land Kärnten feiert im Jahr 2005 die 85. Wiederkehr der Volks­abstimmung, ein Gedenken an eine Abstimmung im Südkärntner Raum. Etwas hat mein Vorredner vergessen. Er hat zwar die Kärntner Geschichte wiedergegeben, aber etwas, was für mich sehr wichtig ist, hat er vergessen: 1920 hat sich die überwiegende Mehrheit, 59,4 Prozent der dort lebenden Kärntnerinnen und Kärntner, sowohl slowe­nisch sprechende als auch deutsch sprechende Kärntnerinnen und Kärntner, für den Verbleib bei Österreich ausgesprochen.

Aus diesem Anlass soll dem Land Kärnten für besondere Vorhaben ein Zuschuss gewährt werden. Dieser Zuschuss, meine Damen und Herren, ist selbstverständlich positiv zu werten, er hat nur einen Wermutstropfen: Obwohl die Kärntner Landesre­gierung, und dies einstimmig, eine Resolution verfasst und eine Verdoppelung dieser Spende gefordert hat, wurde dies von Bundesminister Grasser leider abgelehnt. Ein Minister, der früher Landesrat der damaligen FPÖ in Kärnten war, ein Minister, der Landeshauptmannstellvertreter von Kärnten war, der die Kärntner Interessen leider nicht vertritt.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 170

Dieses Geld, diese Spende soll für die wirtschaftliche Entwicklung im Südkärntner Raum, für Jugendprojekte im zweisprachigen Gebiet, in den Abstimmungsgemeinden verwendet werden.

Wenn Kollegin Ruperta Lichtenecker gesagt hat, dass das zwar positiv ist, aber sie wegen der Zweckbindung dem nicht zustimmen kann, dann muss ich sagen, dass die Wirtschaft eigentlich unteilbar ist, dass die Wirtschaft keine volksgruppenspezifische Sache ist, dass eine positive und gute Wirtschaft sowohl die Kärntner Slowenen als auch die deutsch sprechenden Kärntnerinnen und Kärntner betrifft und dass eine gute, positive Wirtschaft, die viele Arbeitsplätze sichert, ein Anliegen aller Kärntnerinnen und Kärntner ist.

Bezüglich der Verteilung des Geldes für Jugendprojekte braucht der Herr Landes­hauptmann selbstverständlich einen Regierungsbeschluss der Kärntner Landesregie­rung. Und da bin ich schon optimistisch, optimistisch deswegen, weil im Jahre 2000 von diesem Geld der Abstimmungsspende ein Großteil an die slowenischen und zwei­sprachigen Kulturorganisationen gegangen ist. Diese Kulturorganisationen haben die­ses Geld für den Bildungsbereich, für Sportaktivitäten und auch für Kindergärten aufge­wendet.

Ein Wermutstropfen, den ich am Anfang schon erwähnt habe, ist die Tatsache, dass in der Kärntner Landesregierung einstimmig beschlossen wurde, an die Bundesregierung mit der Bitte heranzutreten, diese Spende zu verdoppeln, und dass dies leider vom Herrn Bundesminister für Finanzen abgelehnt wurde.

Ich habe im Ausschuss gefragt, warum, und die Ablehnung wurde damit begründet, dass bei diesem Jubiläumsgeld das Gleichheitsprinzip gilt. Burgenland und Kärnten – das sind die zwei Bundesländer, denen dieses Jubiläumsgeld zusteht – sollen die glei­che Summe bekommen.

Faktum ist aber, dass sich der Herr Landeshauptmann von Kärnten bezüglich der Ver­doppelung dieser Spende bei der Bundesregierung nicht durchgesetzt und damit ver­sagt hat, und dies, obwohl seine Partei Regierungspartei ist. Anscheinend liegt ihm diese Verdoppelung der Abstimmungsspende nicht so am Herzen.

Weiters ist für mich unverständlich, dass in der letzten „Pressestunde“ der Herr Bun­deskanzler gesagt hat, dass er sich dessen bewusst ist, wie wichtig ein positives Klima zwischen den beiden Volksgruppen in Kärnten ist, und dass es Bundeszuschüsse geben wird, um in Kärnten vertrauensbildende Maßnahmen in den zweisprachigen Ge­meinden starten zu können. Er hat auch betont, dass vertrauensbildende Maßnahmen vor allem in der Ortstafelfrage bedeutend und wichtig sind. In diesem Falle gebe ich dem Bundeskanzler Recht. Doch dafür, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist sehr viel Geld notwendig.

Herr Staatssekretär! Wenn der Herr Bundeskanzler das wirklich ernst gemeint hat, dann hätte er die Möglichkeit, diese Abstimmungsspende zu verdoppeln. Ich appelliere an Sie: Reden allein ist zu wenig, handeln ist angesagt! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ. – Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)

Und jetzt folgt die deutsche Übersetzung der letzten zwei Sätze, die ich auf Slowenisch gesagt habe: Da ich die letzte Rednerin bin, wünsche ich euch frohe und besinnliche Weihnachten und ein glückliches neues Jahr. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

19.08


Präsident Peter Mitterer: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. Ich darf ihm das Wort erteilen.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
729. Sitzung / Seite 171

19.08.09

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte nochmals auf die Kritik eingehen, dass die Zweckbindung zu vage war. Wir haben selbstverständlich in den Vorverhandlungen über die Verwendung dieses Sonderzuschusses mit den Kärntner Regierungsvertre­tern gesprochen, wobei es sehr schwer ist für den Bund, wenn er einen Zuschuss, einen Jubiläumszuschuss gewährt, dass er dann im Detail festlegt, wie das Geld zu verwenden ist. Wir kontrollieren den Verwendungszweck, aber wir können schwer die Verwendung im Detail festschreiben, denn dann ist es kein eigener Zuschuss mehr, den die Kärntner selbst verwenden können. Die Mittel sind nahezu verbraucht, es lässt sich auch nichts mehr ändern, es sind die Mittel zu 98 Prozent verbraucht.

Zur Forderung nach einer Verdoppelung möchte ich eines feststellen: Wir haben nur zwei Bundesländer, die derartige Jubiläumszweckzuschüsse erhalten. Hier müssen wir unbedingt nach dem Prinzip der Gleichheit vorgehen. Wir haben mit 2 Millionen € für ein Zwischenjubiläum den bisher höchsten Betrag. Vor zehn Jahren waren es 1,82 Mil­lionen €, es ist also ein Fortschritt. Und wir müssen mit diesen Jubiläumszweckzu­schüssen auch ein Maß treffen, das auch andere Bundesländer mittragen können, denn beim Finanzausgleich herrscht ja das Prinzip der Gleichbehandlung aller Bundes­länder. Für sieben Bundesländer gibt es keinen derartigen Zuschuss, und wir holen auch von diesen quasi die Zustimmung ein. Und wenn wir da eine Grenze überschrei­ten, dann gäbe es von anderen Bundesländern natürlich auch ein Verlangen auf Grund ihrer historischen Bindungen; ich denke etwa an die Tiroler. Daher mussten wir auch in dieser Hinsicht das Maß wahren und konnten nicht diesen Wünschen begegnen, nachdem im Jahr 2000 mit 4 Millionen € ohnehin der bisher höchste Zuschuss für das 80-jährige Jubiläum gewährt wurde.

Herr Bundesrat Schimböck, Sie haben unsere Wirtschaftspolitik kritisiert. Man muss doch in diesem Zusammenhang sehen, wie sich Europa schlägt, wie es Europa geht. Und da fahren wir relativ gut. Wir haben in der Arbeitslosenstatistik relativ gute Werte. Wir haben auf die jeweilige Wirtschaftslage mit Konjunkturpaketen und letztlich mit einer Steuerreform reagiert. Die Maßnahme, dass, wenn der Gewinn nicht entnommen wird, nur die halbe Besteuerung erfolgt, wurde gerade für die KMUs getroffen. Wir müssen natürlich auch sehen, dass die Ölpreisentwicklung, die jetzt hoffentlich rück­läufig ist, die zarten Konjunkturpflanzen zunichte gemacht hat. Hier muss man ja das Gesamtbild sehen und nicht allein Österreich. Aber in der Relation zu anderen von der Defizitentwicklung her et cetera – Sie wissen ja, was sich in Deutschland abspielt und welche bitteren Maßnahmen dort getroffen werden müssen – schlägt sich Österreich sehr gut. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.12


Präsident Peter Mitterer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch je­mand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszu­schusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 85. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung.


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 172

Ich ersuche nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, ge­gen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. De­zember 2005 betreffend ein Abgabenänderungsgesetz 2005.

Auch hier ersuche ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für den Antrag sind, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dieser Beschluss ist einhellig, der Antrag ist somit angenommen.

19.12.5727. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 1. Halbjahr 2006

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zum 27. und letzten Punkt der Tagesord­nung.

Da mit 1. Jänner 2006 der Vorsitz im Bundesrat auf das Bundesland Niederösterreich übergeht und gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die an erster Stelle entsandte Vertreterin dieses Bundeslandes, Frau Bundesrätin Sissy Roth-Halvax, zum Vorsitz berufen ist, sind die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Wahl der Vizepräsidenten

 


Präsident Peter Mitterer: Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erhe­ben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wäh­lenden Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf die bis­herige Vizepräsidentin, Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach, lautet.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustim­men, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahl­vorschlag ist somit angenommen.

Ich frage nun die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt.

19.14.25

 


Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl gerne an (allgemeiner Beifall) und hoffe, dass ich Sie auch im kommenden Halbjahr nicht enttäuschen werde mit meiner Arbeit.

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur Wahl des zweiten Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Auch hier liegt mir ein Wahlvorschlag vor, der auf den bisherigen Vizepräsidenten, Bundesrat Jürgen Weiss, lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

 


Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.

19.15.20


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 173

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Ich danke für das nicht selbstverständ­liche Vertrauen und nehme die Wahl gerne an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsident Peter Mitterer: Ich darf auch von dieser Stelle aus den Wiedergewählten herzlich gratulieren und bin überzeugt davon, dass sie gemeinsam mit dem neuen Prä­sidenten eine gute Führungsmannschaft für den Bundesrat in der ersten Hälfte des Jahres 2006 abgeben werden.

Wahl der Schriftführer

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Mag. Susanne Neu­wirth, Martina Diesner-Wais, Ernst Winter und Josef Saller für das erste Halb­jahr 2006 zu Schriftführern beziehungsweise Schriftführerinnen des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. – Das wird so akzeptiert.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zu­stimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvor­schlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen:

Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth, bitte.

 


19.16.30

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Ich bedanke mich und nehme die Wahl an.

 


Präsident Peter Mitterer: Frau Bundesrätin Diesner-Wais.

 


19.16.33

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Ich danke für das Ver­trauen und nehme die Wahl an.

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesrat Winter.

 


19.16.38

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Ich danke und nehme die Wahl an.

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesrat Saller.

19.16.40

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Ich danke und nehme die Wahl an. (Allge­meiner Beifall.)

Wahl der Ordner

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordner.

Es liegt mir auch hier ein Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Karl Boden, Dr. Franz Eduard Kühnel und Elisabeth Kerschbaum für das erste Halbjahr 2006 zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch hier eine gemeinsame Abstimmung vor. – Es wird kein Einwand erhoben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Auch das ist Stimmeneinhelligkeit.

Es hätte eigentlich den ganzen Tag so gehen können, dann wäre Weihnachten noch schöner gewesen. (Heiterkeit.)


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 174

Ich frage auch hier die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Herr Bundesrat Boden, bitte.

 


19.17.34

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Danke, ich nehme die Wahl an.

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesrat Dr. Kühnel.

 


19.17.38

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an.

 


Präsident Peter Mitterer: Frau Bundesrätin Kerschbaum.

 


19.17.43

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsident Peter Mitterer: Ich darf allen Gewählten gratulieren und festhalten, dass damit die Tagesordnung erschöpft ist, aber wir sind es noch nicht.

Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur Abstimmung der eingebrachten Frist­setzungsanträge. Hier wird wahrscheinlich wieder kein einstimmiges Stimmverhalten festzustellen sein, denke ich.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Stefan Schennach, dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volkszählungsgesetz 1950 geändert wird, eine Frist bis 24. Jänner zu set­zen.

Ich ersuche nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist nicht die Stimmeneinhelligkeit, aber die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Konecny und Schennach, dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz über die Durchfüh­rung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundesge­setz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungsdokumen­tationsgesetz geändert werden, eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Konecny und Schennach, dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nie­derlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird, eine Frist bis 24. Jänner zu setzen.

Auch hier ersuche ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustim­men, um ein Zeichen mit der Hand. – Auch dieser Antrag ist mehrheitlich angenom­men.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Konecny und Schennach, dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsver­tragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz und das Landar­beitsgesetz 1984 geändert werden, eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen.


Bundesrat
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729. Sitzung / Seite 175

Ich ersuche auch hier jene Bundesräte, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mit Mehrheit beschlossen. Somit ist dieser Antrag angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Konecny und Schennach, dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestellten­gesetz geändert wird, eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen.

Ich ersuche auch hier jene Bundesräte, die für den Antrag sind, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mehrheitlich so beschlossen. Damit ist der Antrag angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Konecny und Schennach, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 eine Frist bis 24. Jänner zu setzen.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein Zeichen mit der Hand geben. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Konecny und Schenn­ach, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend eine Urheberrechtsgesetz-Novelle eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein Zeichen mit der Hand geben. – Auch hier ist es die Mehrheit, somit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Konecny und Schenn­ach, dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend das 2. Schulrechtspaket 2005 eine Frist bis 24. Jänner 2006 zu setzen.

Auch hier ersuche ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist die Mehrheit. Somit ist dieser Antrag ange­nommen.

Zuletzt gelangt der Antrag der Bundesräte Konecny und Schennach zur Abstimmung, dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zur Berichterstattung über den Be­schluss des Nationalrates betreffend ein Hochschulgesetz 2005 eine Frist bis 24. Jän­ner 2006 zu setzen.

Jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für diesen Fristsetzungsantrag stimmen, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit an­genommen.

19.22.56Einlauf

 


Präsident Peter Mitterer: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungs­weise in der heutigen Sitzung insgesamt drei Anfragen – 2374/J bis 2376/J – einge­bracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen.

Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 9. Februar 2006, 9 Uhr in Aussicht genom­men. Das ist der alte Stand, bevor Fristsetzungsanträge mehrheitlich beschlossen wur­den. Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die


Bundesrat
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der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 7. Februar 2006, ab 14 Uhr vorge­sehen.

Ich darf Ihnen noch mitteilen, dass auf Grund der Einstellung des Telegrammdienstes durch die Telekom Austria mit 1. Jänner 2006 im Falle einer sofortigen Einberufung des Bundesrates gemäß § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung dessen Mitglieder hiervon nicht mehr mittels Telegramm, sondern in Hinkunft in geeigneter elektronischer Weise, insbesondere mittels E-Mail mit Lesebestätigung, in Kenntnis gesetzt werden. „Insbe­sondere“ schließt nicht aus, dass diese Verständigung natürlich auch mit SMS erfolgen kann.

Bevor ich die heutige Sitzung schließe, möchte ich Ihnen allen herzlich danke schön sagen für die heutigen Debattenbeiträge, die trotz unterschiedlicher Auffassungen – und auch wenn sie manchmal ein bisschen heftig waren – vorweihnachtlich waren.

Ich darf auch Ihnen noch ein paar vorweihnachtliche Tage wünschen, ein gesegnetes Weihnachtsfest und viel Erfolg und vor allem Gesundheit für das Jahr 2006. (Allgemei­ner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

19.24.46Schluss der Sitzung: 19.24 Uhr

 

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