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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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810. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 28. Juni 2012

 

 


Stenographisches Protokoll

810. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 28. Juni 2012

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 28. Juni 2012: 12.02 – 16.25 Uhr

*****

Tagesordnung

 

Ergänzung der Tagesordnung ........................................................................................ 16

 

1. Punkt: Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteien­ge­setz 2012 – PartG)

2. Punkt: Bundesgesetz über Förderungen des Bundes für politische Parteien (Par­teien-Förderungsgesetz 2012 – PartFörG)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unverein­barkeitsgesetz geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung der Transparenz bei der Wahrnehmung politischer und wirtschaftlicher Interessen (Lobbying- und Inter­es­senvertretungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG) erlassen und das Gerichtsgebühren­gesetz geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessord­nung 1975 zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung von Korruption geändert werden (Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 – KorrStrÄG 2012)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Paßgesetz 1992 geändert wird

8. Punkt: Änderung der Artikel 25 und 26 des Übereinkommens zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001 und das Waffengesetz 1996 geändert werden

10. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. Muna Duzdar, Günther Köberl, Efgani Dönmez, PMM, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Lage inhaf­tierter palästinensischer Abgeordneter


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11. Punkt: Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der Ord­nerInnen für das 2. Halbjahr 2012

12. Punkt: Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und von Ersatz­mitgliedern in den Ständigen gemeinsamen Ausschuss des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948

*****

Inhalt

Bundesrat

Schlussansprache des Präsidenten Gregor Hammerl .............................................. 7

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung:

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 10

Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ..... 11

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 12

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Staatsvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flugsicherung zur Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Luftraums durch den Herrn Bundespräsidenten ........................................................................................................ 13

Vorschlag des Präsidenten Gregor Hammerl gemäß § 41 Abs. 3 GO-BR, die Tagesordnung um die Beschlüsse des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betref­fend ein Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteien­gesetz 2012 – PartG) (1782 d.B. und 1844 d.B. sowie 8746/BR d.B. und 8751/BR d.B.), ein Bundesgesetz über Förderungen des Bundes für politische Parteien (Parteien-Förderungsgesetz 2012 – PartFörG) (1845 d.B. sowie 8752/BR d.B.), ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespräsidenten­wahlge­setz 1971 geändert wird (1846 d.B. sowie 8753/BR d.B.), ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden (1942/A und 1847 d.B. sowie 8748/BR d.B. und 8754/BR d.B.), ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung der Transparenz bei der Wahrnehmung politischer und wirtschaftlicher Interessen (Lobbying- und Interes­senvertretungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG) erlassen und das Gerichtsge­bühren­gesetz geändert wird (1465 d.B. und 1832 d.B. sowie 8747/BR d.B. und 8749/BR d.B.), sowie ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung von Korruption geändert werden (Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 – KorrStrÄG 2012) (1950/A, 1478/A und 1833 d.B. sowie 8750/BR d.B.), zu er­gänzen – Annahme ..................  16, 16

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 8751, 8752, 8753, 8754, 8749 und 8750/BR d.B. gemäß § 44 (3) GO-BR ................................................. 17

Einwendungen gegen die gemeinsame Beratung über die Tagesord­nungs­punkte 1 bis 6:

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 17

Mag. Gerald Klug ......................................................................................................... 18


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 3

Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................. 18

11. Punkt: Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das 2. Halbjahr 2012 .............................................................................................................. 76

12. Punkt: Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern in den Ständigen gemeinsamen Ausschuss des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948          ............................................................................................................................... 77

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Vizepräsidenten Mag. Harald Himmer ....................................................................... 78

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ................................. 80

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 7

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend seinen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ....................................................................................................... 15

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 17

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 13

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bun­desgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) (1782 d.B. und 1844 d.B. sowie 8746/BR d.B. und 8751/BR d.B.) ................................................................................................................. 18

Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 19

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bun­desgesetz über Förderungen des Bundes für politische Parteien (Parteien-Förderungsgesetz 2012 – PartFörG) (1845 d.B. sowie 8752/BR d.B.) ................................................................................................................. 18

Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 19

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird (1846 d.B. sowie 8753/BR d.B.)                       18

Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 19

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden (1942/A und 1847 d.B. sowie 8748/BR d.B. und 8754/BR d.B.) ................................................................................... 18

Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 19


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 4

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung der Transparenz bei der Wahrnehmung politischer und wirtschaftlicher Interessen (Lobbying- und Inter­essenvertretungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG) erlassen und das Gerichtsge­bührengesetz geändert wird (1465 d.B. und 1832 d.B. sowie 8747/BR d.B. und 8749/BR d.B.)         ............................................................................................................................... 18

Berichterstatter: Christian Füller .................................................................................. 19

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung von Korruption geändert werden (Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 – KorrStrÄG 2012) (1950/A, 1478/A und 1833 d.B. sowie 8750/BR d.B.) ................................................................... 19

Berichterstatter: Christian Füller .................................................................................. 19

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth ................................................................................................  20, 40

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 22

Mag. Gerald Klug ..................................................................................................  24, 43

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................. ..... 27

Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 31

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer .................................................................  34, 41

Georg Keuschnigg ................................................................................................. ..... 36

Reinhard Todt ......................................................................................................... ..... 37

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 39

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 42

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ...................... 44

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 44

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 44

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ...................... 44

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ...................... 45

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 45

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Paßgesetz 1992 geändert wird (1649 d.B. sowie 8741/BR d.B. und 8743/BR d.B.)                         45

Berichterstatter: Günther Köberl .................................................................................. 45


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 5

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 46

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 47

Monika Kemperle .................................................................................................... ..... 48

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 48

Christoph Kainz ...................................................................................................... ..... 49

Staatssekretär Sebastian Kurz .............................................................................. ..... 51

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 51

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2012 betreffend Änderung der Artikel 25 und 26 des Übereinkommens zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen (1740 d.B. und 1790 d.B. sowie 8744/BR d.B.) ............................................................. 52

Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig .............................................................................. 52

Redner/Rednerinnen:

Walter Temmel ........................................................................................................ ..... 52

Robert Zehentner .................................................................................................... ..... 53

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 53

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 54

Klaus Konrad .......................................................................................................... ..... 56

Staatssekretär Dr. Wolfgang Waldner .................................................................. ..... 56

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 57

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001 und das Waffengesetz 1996 geändert werden (1742 d.B. und 1794 d.B. sowie 8742/BR d.B.) ................................................................................................................. 57

Berichterstatter: Christian Füller .................................................................................. 57

Redner/Rednerinnen:

Hermann Brückl ....................................................................................................  58, 62

Ewald Lindinger ...................................................................................................... ..... 59

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 60

Friedrich Hensler .................................................................................................... ..... 60

Bundesminister Mag. Norbert Darabos ............................................................... ..... 61

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 63

10. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. Muna Duzdar, Günther Köberl, Efgani Dönmez, PMM, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Lage inhaftierter palästinensischer Abgeordneter (190/A(E)-BR/2012 sowie 8745/BR d.B.) ....................................................................................... 63

Berichterstatter: Günther Köberl .................................................................................. 63

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 63

Günther Köberl ....................................................................................................... ..... 66

Mag. Muna Duzdar .................................................................................................. ..... 68

Hans-Jörg Jenewein ............................................................................................... ..... 71

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 73

Staatssekretär Dr. Wolfgang Waldner .................................................................. ..... 74


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Annahme des Antrages des Berichterstatters, die dem schriftlichen Ausschuss­bericht 8745/BR d.B. beigedruckte Entschließung betreffend die aktuelle Lage inhaftierter palästinensischer Abgeordneter anzunehmen (E 237-BR/2012) ...................................................................................... 76

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Auswirkungen des Schweizer Steuerabkommens auf Österreich (2893/J-BR/2012)

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Problematik Hochwasserschutz Hagenbach, St. Andrä-Wördern (2894/J-BR/2012)

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Problematik Hochwas­serschutz Hagenbach, St. Andrä-Wördern (2895/J-BR/2012)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen betreffend WKR-Ball, Umgang mit der rechtsradikalen Szene (2674/AB-BR/2012 zu 2885/J-BR/2012)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend einseitige Beeinflussungsversuche der SPÖ bei Ermittlungen der Polizei im Zusammenhang mit dem Niederschlag des Albrecht Konecny am 27. Jänner 2012 (2675/AB-BR/2012 zu 2887/J-BR/2012)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend verschollene Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft (2676/AB-BR/2012 zu 2886/J-BR/2012)


 


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 7

12.02.25 Beginn der Sitzung: 12.02 Uhr

 


Präsident Gregor Hammerl: Grüß Gott, geschätzte Damen und Herren! Ich eröffne die 810. Sitzung des Bundesrates und darf herzlich Frau Justizministerin Dr. Karl und Herrn Staatssekretär Dr. Ostermayer begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 809. Sitzung des Bundesrates vom 31. Mai 2012 sind aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Notburga Astleitner, Ana Blatnik, Juliane Lugsteiner, Stefan Schennach, Martin Preineder, Kurt Strohmayer-Dangl, Peter Mitterer und Franz Pirolt.

12.03.09 Schlussansprache des Präsidenten

 


12.03.16

Präsident Gregor Hammerl: Meine geschätzten Damen und Herren! Hoher Bun­desrat! Heute ist mein letzter Tag als Präsident des Bundesrates hier im Sitzungssaal. Sechs Monate gehen schnell vorbei, vielleicht viel zu schnell – das haben auch meine AmtsvorgängerInnen, die Präsidenten und Präsidentinnen, gesagt –, um seine Vorha­ben durchführen zu können.

Ich glaube aber trotzdem, meine Damen und Herren, dass in dieser kurzen Zeit im Bereich des Bundesrates einige Reformen gelungen sind. Wenn wir uns erinnern: Der Beginn meiner Amtsperiode stand im Zeichen der Frage, ob die Zahl der Mandate im Bundesrat nicht verringert oder der Bundesrat gar ersatzlos abgeschafft werden sollte.

Mir ist es gelungen, die Diskussion von der Einsparung – so wichtig sie ist – auf in­haltliche Punkte und Aspekte der Reform zu bringen. Erst vor zwei Tagen fand im Parlament die Sitzung anlässlich 50 Jahre Gemeindebund mit Herrn Präsidenten Mödlhammer statt, der unter anderem gesagt hat, einer der wichtigsten Punkte für ihn sei die Länderkammer und er sei nicht dafür, dass in diesem Bereich irgendetwas geändert werde, also dass der Bundesrat abgeschafft werden sollte.

Heute, meine Damen und Herren, bin ich umso mehr davon überzeugt, dass der Bun­desrat unersetzlich ist, aber Reformen bedarf, um den neuen Umständen, den Heraus­forderungen besser gerecht werden zu können. Im Anschluss an die Landtagsprä­sidentenkonferenz am 22. Mai – ich war auch eingeladen – haben sich ja vier Eck­punkte der Reformen herauskristallisiert: ein verstärktes Mitwirkungsrecht des Bundes­rates bei Bundesgesetzen, die die Interessen der Länder, insbesondere auch in finanzieller Hinsicht, berühren; ein allgemeines Zustimmungsrecht des Bundesrates bei Verfas­sungsänderungen; die Einrichtung eines funktionsfähigen Vermittlungsverfahrens zwischen Nationalrat und Bundesrat, das eine Kompromissfindung erleichtert – das ist ein ganz wichtiger Punkt, wo wir in Zukunft auch diskutieren müssen –; und eine frühzeitige Befassung des Bundesrates mit Gesetzesvorschlägen samt Stellungnah­merecht.

Es ist uns in diesem Zusammenhang gelungen, auch in der Öffentlichkeit den Bun­desrat, die Aufgaben und die Wichtigkeit des Bundesrates positiv darzustellen. Es wird auch weiterhin viel Überzeugungsarbeit notwendig sein, vor allem in Zeiten der gerin­gen Mittel. Demnächst wird auch eine Landeshauptleutekonferenz stattfinden. Und es ist ganz wichtig, dass sich bei dieser Landeshauptleutekonferenz auch die Landes­hauptleute der neun Bundesländer mit den Aufgaben des Bundesrates und vor allem mit dem Verbleib der Länderkammer und mit den Reformen befassen.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 8

Zusätzlich zur Landtagspräsidentenkonferenz in Linz gab es verschiedene Zusam­menkünfte, in denen die Fragen der Reformen angesprochen wurden. Zudem habe ich auch in elf Pressekonferenzen, die ich einberufen hatte, meinen Standpunkt und jenen des Hauses klargemacht. Die Medien haben auch zum Teil – muss ich sagen; das wissen wir – recht positiv berichtet.

In diese Reformdebatten waren alle Fraktionen des Bundesrates einbezogen und konnten ihre Reformvorschläge einbringen. Es wird jetzt darum gehen, die Reformen wirklich auf die Beine zu stellen. Dazu, keine Frage, wird es harter Arbeit bedürfen – einer Arbeit, die im Sinne der Verwirklichung unserer Verfassung aber notwendig ist. Ich bitte Sie alle, in Zukunft auch bei dieser Arbeit mitzumachen.

Es konnte aber nicht nur in der Reformdebatte manches erreicht werden, auch inter­national konnte viel in die Wege geleitet werden. So konnte ich etwa bei der Senats­präsidentenkonferenz in Paris, in Brüssel oder in der Parlamentspräsidentenkonferenz in Warschau und beim Empfang vieler Botschafter hier im Haus in meinem Büro unsere Sicht des Parlamentarismus einbringen, wobei ich unter anderem den kroati­schen, den luxemburgischen, den deutschen und den ukrainischen Botschafter, aber auch die türkische Botschafterin bei mir empfangen durfte. Aussprachen mit einer Delegation aus Litauen und dem thailändischen Staatspräsidenten standen ebenfalls auf dem Programm. Eine große Ehre für mich war es auch, die Gedenkveranstaltung am 9. März betreffend die Katastrophe in Japan 2011 leiten zu dürfen.

Mit Stolz können wir gemeinsam sagen, wir stehen im internationalen Vergleich, meine Damen und Herren, nicht schlecht da. In diesem Zusammenhang ein großes Danke den Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates, die an der Europakonferenz am 9. Mai 2012 in Graz teilgenommen und die Anliegen, die ich dort vorgebracht habe, mitge­tragen haben. Von 62 Bundesrätinnen und Bundesräten waren 57 anwesend. Dafür schon allein ein großes Danke für unsere Gemeinschaft.

Besonders für die Steiermark, meine Damen und Herren, aber auch für ganz Öster­reich war das eine sehr wichtige Veranstaltung. Die Anwesenheit des kroatischen Staats­präsidenten Ivo Josipović, von EU-Kommissär Dr. Johannes Hahn und von Außenminister Dr. Michael Spindelegger war bedeutend. Auch der kroatische Parla­mentspräsident war anwesend. 

Keine Frage, meine Damen und Herren, wir haben auch in der Steiermark gezeigt, dass wir immer das Projekt Alpen-Adria vorangetrieben haben, dass wir auch mit Slowenien und mit Kroatien eine tiefgehende Verbindung aufgenommen haben. Und es zeigt sich auch, dass wir in der Steiermark mit Slowenien und Kroatien auch wirtschaftlich weiter Großartiges aufbauen können.

Vom bald neuen EU-Mitglied Kroatien wurde diese Konferenz äußerst positiv aufge­nommen, auch in den Medien. Das Wohlwollen, das die Vertreter Kroatiens spürten, aber auch die offenen Ansprachen, die Herausforderungen, sind wegweisend für die Zukunft. Kroatien wird mit 1. Juli 2013 EU-Mitglied.

Ich bin im September – das ist für mich eine große Freude – als Vertreter der Steiermark in Zagreb im Parlament eingeladen, kann dort auch weiter Schwerpunkte der Steiermark vortragen und weitere Kontakte knüpfen. Ich bin sehr stolz darauf, dass Staatspräsident Josipović persönlich diese Einladung ausgesprochen hat. Vor einigen Tagen war ich zudem mit einer Delegation in Rom, um ein Treffen mit der Vizepräsidentin des italienischen Senats, Emma Bonino, zu gestalten.

Die Länderkammer war auch Schwerpunkt in Diskussionen, die unter anderem mit meinen Kolleginnen und Kollegen geführt wurden, mit der Frau Kollegin Mühlwerth, dem Herrn Kollegen Klug und dem Herrn Kollegen Köberl. Da sind wir natürlich unter-


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 9

schiedlicher Auffassung, aber man spürt, dass es auch in Italien im Parlament, nämlich im Senat so geht, dass auch dort Reformen durchgeführt werden müssen.

Aussprachen innerhalb der EU und internationaler Austausch sind besonders in Zeiten der Globalisierung wichtig. Wir müssen laufend an der Entwicklung einer alle Men­schen fördernden Ordnung arbeiten, wenn wir die Zukunft gewinnen wollen.

Anlässlich des Gedenktages gegen Gewalt und Rassismus im Parlament konnte ich auf die notwendige und wichtige Basis der Menschenrechte hinweisen, die in unserer Politik notwendig sind, wenn sie dazu beitragen, dass der Mensch mehr Mensch werden soll.

Dieser unbedingte Menschenrechtsschutz kam auch am 19. Juni, vor ein paar Tagen, in der Vernissage „Bilder aus dem Sim-Art Atelier“ zur Sprache. Diese Bilder wurden im Salon des Bundesrates vom Integrationshaus „Simultania Liechtenstein“, einer Einrich­tung für Menschen mit Behinderung, präsentiert, wo ich auch ehrenamtlicher Vorsit­zender bin.

Meine Damen und Herren! Knapp hundert Kinder mit ihren Eltern waren hier, zum Großteil Kinder mit Down-Syndrom. Wenn Sie die Bilder dort und auch in meinem Büro anschauen, dann werden Sie feststellen, dass Kunst eigentlich das einzige Freie ist, was es auf dieser Welt gibt. Jeder Künstler ist frei und auch jeder Behinderte ist frei. Sie sehen da Arbeiten, wo viele Damen und Herren sagen, das kann nicht wahr sein, dass das ein behindertes Kind gemalt hat. Ich bitte Sie darum, sich das auch anzuschauen. Es ist eine herausfordernde Frage an die Politik, wie sie mit den Schwachen in unserer Gesellschaft umgeht. Es ist wichtig, dass wir diesen Heraus­forderungen hier nachgehen.

Hervorheben möchte ich besonders die Buchpräsentation zum Thema „Der Senat der Italienischen Republik und der Bundesrat der Republik Österreich“ am 2. Mai sowie die Buchpräsentation „Das Recht der Länder“ am 13. März mit hochrangigen Vertretern der obersten Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshöfe Österreichs im Parlament. Hier im Haus war alles voll, es waren über hundert Teilnehmer. Und genau diese beiden Bücher können uns auch helfen und sollen im Bereich der Reformen des Bundesrates mit einbezogen werden.

Besonders gefreut hat mich auch, dass ich das Rahmenprogramm, aber auch das Jugendparlament selbst am 24./25. Mai gestalten und auch leiten konnte. Das war für mich eine große Herausforderung. Ich habe gespürt, wie wichtig es ist, dass Jugend­liche hier ins Parlament eingeladen werden. Sie spüren und sehen, wie ein Gesetz zustande kommt. Sie können sich selbst präsentieren, diskutieren und feststellen, das hat sich ausgezahlt. Und sie haben vom Parlamentarismus hier eine Ahnung und können das draußen weitergeben.

Erwähnen möchte ich auch meine Teilnahme als Vertreter der Steiermark bei der Ehrung von Professor Nikolaus Harnoncourt in München, dem von der Katholischen Akademie in Bayern die höchste kulturelle Auszeichnung als Dirigent verliehen wurde. Mit dabei waren auch Vertreter der Bundesrepublik Deutschland, neun Minister und auch andere Persönlichkeiten. Ich konnte auch dort als Bundesratspräsident den österreichischen Bundesrat repräsentieren.

Große Freude hat es mir auch bereitet, bei der Veranstaltung „Jahr des Alters“ an der Grazer Universität mit dem Herrn Bundespräsidenten am 29. Februar meine Vorstel­lungen im Sozialbereich einbringen zu dürfen. Wie Sie wissen, bin ich auch ehren­amtlicher Vorsitzender des Hilfswerks Steiermark mit über 1 400 Angestellten. Das Soziale ist mir ein Anliegen. Es war wirklich eine hochrangige Veranstaltung.


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Das sind nur einige der Veranstaltungen, an denen ich teilgenommen habe und die ich mitgestalten durfte. Jetzt ein wichtiger Punkt: Ohne gute Mitarbeiter, meine Damen und Herren, können Sie auch als Präsident – oder ganz gleich, welche Funktion Sie hier im Hause haben – nichts machen. Es ist nicht möglich. Und diese guten Mitarbeiter gibt es hier. An dieser Stelle möchte ich der Frau Bundesratsdirektorin Dr. Susanne Bach­mann und der Frau Bundesratsdirektorin-Stellvertreterin Dr. Alice Alsch-Harant Danke sagen, an der Spitze Frau Doris Fritz mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und meinem Fahrer, Herrn Magyar. Wir sind knapp 40 000 Kilometer gemeinsam in Öster­reich unterwegs gewesen. Sie haben mir meine Arbeit sehr, sehr erleichtert. Ein großes Danke! (Allgemeiner Beifall.)

Auch den Fraktionsvorsitzenden Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug und Monika Mühlwerth möchte ich danken. Es zeigt sich wirklich, dass es hier im Bundesrat ein ganz anderes Niveau gibt als im Nationalrat. Hier wird anständig diskutiert, Meinungs­verschiedenheiten werden nicht öffentlich ausgetragen, sondern intern. Ich möchte auch den beiden Vizepräsidenten, der Frau Präsidentin Mag. Susanne Neuwirth und dem Herrn Präsidenten Mag. Harry Himmer ein großes Danke sagen. Ich denke, dass bei uns im Bundesrat die Chemie einfach stimmt. Aber ein Danke auch den Bun­desräten von den Grünen. Sie haben ja auch diese Arbeit mitgetragen, sonst würde es nicht gehen. Ebenfalls ein großes Danke! (Allgemeiner Beifall.)

Die Diskussionskultur habe ich erwähnt, meine Damen und Herren, und diese Ge­spräche sollten wir, diese müssen wir uns auch in Zukunft erhalten und ausbauen im Dienste unserer Republik, auch wenn wir über Reformen des Bundesrates diskutieren. Es ist wichtig, dass wir hier, alle Länder, ganz gleich, welcher Fraktion wir angehören, mitarbeiten, damit wir in Zukunft auch ein neues Reformpaket für den Bundesrat erhalten.

Wo ist der Kollege Keuschnigg? Lieber Georg! Ich als alter Präsident darf dir als neuem Präsidenten alles, alles Gute wünschen. Am Montag werden wir zusammen um 17 Uhr in der Säulenhalle sein. Es spielt die Schützenkompanie. Es wird großartig werden. Der Andreas Hofer und der Erzherzog Johann werden herunterschauen, gar keine Frage. Ich werde die steirische Fahne einholen, du wirst die Tiroler Fahne hissen. Lieber Georg! Ich darf dich meiner Unterstützung, unserer Unterstützung ver­sichern. Wir haben große Freude damit, dass du die Präsidentschaft übernimmst.

Meine Damen und Herren! Ein großes Danke! (Allgemeiner Beifall.)

12.16


Präsident Gregor Hammerl: Ich darf Herrn Bundesrat Mag. Klug das Wort erteilen.

 


12.17.15

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die ungewöhnliche Vorgehensweise, die Wortmeldung zur Geschäftsordnung, ergibt sich ganz einfach aus dem Umstand, dass mir keine andere Möglichkeit geboten wird, um mich am Ende einer steirischen Präsidentschaft – die ja durchaus unter ungewöhnlichen Vorzeichen gestanden ist – und vor Eingang in die Tagesordnung bei so ausreichender und, ich möchte nicht sagen, „dominanter“ steirischer Präsenz doch kurz zur Präsidentschaft von Gregor Hammerl zu äußern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Und das nicht nur deshalb, weil wir uns ja heute de facto in einem gewissen Trockentraining befinden. Der ORF ist im Plenarsaal des Nationalrates, und dies auf Basis eines gemeinsamen Konsenses, damit das Hearing


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 11

zum ESM, aber auch zum Fiskalpakt einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich wird. Insofern haben wir das natürlich auch gemeinsam unterstützt.

Die kurze Wortmeldung von mir hat einfach den Hintergrund, dass sich die steirische Präsidentschaft und die Präsidentschaft von Gregor Hammerl de facto auf einem SPÖ-Ticket abgespielt hat. Ich habe zu Beginn der Präsidentschaft einmal etwas schnip­pisch – Gegner mögen sagen, etwas schnoddrig – formuliert: Es ist schon eine beson­dere Kunst in der Politik, dass man die Eigenen überzeugt, aber dass man auch noch von den anderen gewählt wird, das ist dann die hohe Kunst.

Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir, darauf aufmerksam zu machen – Gregor hat es angesprochen –: Die steirische Reformpartnerschaft hat auch vor dem Bundesrat nicht Halt gemacht. Ich möchte aber trotzdem am Ende dieser Präsidentschaft dir, lieber Gregor, sehr herzlich im Namen der steirischen SPÖ, aber auch der SPÖ-Bundesratsfraktion zu einer sehr umsichtigen, einer sehr engagierten, aber auch einer sehr selbstbewussten – angeblich auch gegenüber der eigenen Partei – Präsidentschaft gratulieren, die von den schon von dir skizzierten Schwer­punkten geprägt war.

Insbesondere aber glaube ich, dass dies im Nachhinein eine Bestätigung für unsere politische Entscheidung in der Steiermark war. Wir kannten Gregor Hammerl natürlich schon von seinem politischen Engagement aus dem Steiermärkischen Landtag.

Lieber Gregor! Ein großes Kompliment für deine Präsidentschaft und in meinem Namen weiterhin alles Gute! – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

12.20


Präsident Gregor Hammerl: Danke. – Ich darf nun Herrn Kollegen Kneifel ans Rednerpult bitten.

 


12.20.14

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Kolle­ginnen und Kollegen! Im Gegensatz zum Nationalrat haben wir im Bundesrat halb­jährlich die Möglichkeit, die Bundesländer in den Mittelpunkt der politischen Betrach­tung zu stellen. Am Montag ist es ja wieder so weit. Nach dem Land Steiermark wird das Bundesland Tirol besonders in den Fokus der politischen Beachtung gestellt. Es ist gut so, dass in Österreich immer wieder an der Schnittstelle von einer Präsidentschaft zur anderen visualisiert und dokumentiert wird, dass dieses Land nicht nur eine Republik ist, sondern auch aus neun Bundesländern besteht.

Lieber Gregor Hammerl, du hast diese Intention der Verfassung in den vergangenen Monaten bestens repräsentiert, und wir möchten dir dafür wirklich ein herzliches Dankeschön sagen. (Allgemeiner Beifall.)

Natürlich hat deine große politische Erfahrung, die du im Steiermärkischen Landtag und auch im beruflichen Bereich als erster Mitarbeiter des legendären früheren Lan­desrates und steiermärkischen Landtagspräsidenten Wegart gesammelt hast, deine Präsidentschaft wesentlich erleichtert. Man hat gespürt, dass da ein Profi am Werk war, der das Handwerk der Politik wirklich bestens versteht.

Gregor, du hast soziale Akzente gesetzt, die natürlich von deiner Arbeit als Präsident des Steirischen Hilfswerkes herrühren, wo du mit vielen sozialen Fällen und Prob­lemlösungen betraut warst. Du hast aber auch europapolitische Akzente gesetzt, wenn ich an die Europakonferenz des Bundesrates zurückdenke. Du hast die Regionalpolitik auch sehr stark in den Fokus deiner Präsidentschaft gestellt. Du hast auch sehr gene­rationsbezogen gearbeitet, wenn ich an die große Enquete zum Jahr des Alterns


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 12

denke, und vieles andere mehr. Auch Kulturpolitik war dir in deiner Präsidentschaft ein Anliegen.

Das alles sind Akzente, die dazu angetan sind, den Bundesrat in seinem Ansehen zu bestärken. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass das in dieser Performance von dir erledigt wurde. Dafür danken wir dir alle sehr herzlich. (Allgemeiner Beifall.)

12.23


Präsident Gregor Hammerl: Frau Kollegin Mühlwerth, bitte.

 


12.23.26

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr ge­ehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Präsident, ich möchte dir auch namens meiner Fraktion für deine vorbildliche Vorsitzführung und auch für dein vehementes Eintreten nicht nur für eine Beibehaltung der Länderkammer, sondern auch für begleitende und entsprechende Reformen danken. Dir sei gedankt, weil du nicht eingeknickt bist so wie manch andere – nicht so sehr aus dem Bundesrat, aber vielleicht aus dem Nationalrat –, wenn der Ruf der Medien erschallt, dass der Bundesrat unnötig sei wie ein Kropf. Du hast dem heftigst widerstanden, und dafür danken wir dir sehr herzlich. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte aber auch nicht unerwähnt lassen, dass du immer versucht hast oder es auch getan hast, möglichst alle Fraktionen oder auch Nicht-Fraktionen tunlichst mit einzubinden. Beim Besuch des römischen Senats war ein Punkt für mich sehr interessant: Die Vizepräsidentin des römischen Senats hat nämlich gesagt, dass sie sich die Länderkammer in Österreich anschauen. Sie finden eigentlich unser System, die Art, wie die Länderkammer funktioniert, besser als ihr Senatssystem in Italien, das auf den Regionen aufgebaut ist. Sie würden gerne in diese Richtung Reformen weiterleiten.

Das heißt, andere Länder finden unser System gut. Daher glaube ich, wir können durchaus selbstbewusst durch das Parlament schreiten und sagen: Andere Länder nehmen sich uns zum Vorbild. Jene Länder, die die zweite Kammer abgeschafft haben, sind mittlerweile schon wieder am Nachdenken, ob sie sie nicht wieder ein­führen sollen, weil die Abschaffung eine Lücke hinterlassen hat, die bis jetzt nicht gleichwertig geschlossen werden konnte. Wir haben also, glaube ich, allen Grund, unseren Kopf durchaus hoch zu tragen, nötige Reformen einzuleiten und auch umzu­setzen und all jenen eine Absage zu erteilen, die uns ständig erklären, dass man uns nicht braucht.

Vielen herzlichen Dank für deine Amtszeit. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

12.25


Präsident Gregor Hammerl: Liebe geschätzte Fraktionsvorsitzende! Liebe beide Herren! Ein großes Danke für die lieben Worte.

Ein Schmankerl noch: Zu Beginn der Europakonferenz war es ja so: Wer zahlt das? Die Frau Bundesratsdirektorin ist sehr sparsam, und das ist auch richtig so. Wir müssen sparen. Herr Kollege Klug und meine Wenigkeit waren dann beim Herrn Landeshauptmann Voves: Europakonferenz, es läuft so. Dann sagt er: Wer zahlt das? Sage ich: Herr Landeshauptmann, das müssen Sie zahlen, wir haben kein Geld. Herr Kollege Klug hat das in der Reformpartnerschaft auch unterstützt. Der Herr Landes­hauptmann, das Land Steiermark, hat die Europakonferenz fast zu 90 Prozent mitgetragen. Das hätte sicherlich ein großes Loch in das Budget des Bunderates gemacht. Auch das muss man sagen. Da sieht man auch, dass die Reform­partner­schaft doch etwas Gutes hat. Noch einmal dir auch ein großes Danke. (Allgemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 13

12.26.48Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Gregor Hammerl: Meine Damen und Herren! Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2674/AB bis 2676/AB bezie­hungs­weise

jenes Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen mit Deutschland über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flugsicherung zur Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Luftraums sowie

des Schreibens des Bundeskanzlers betreffend seinen Aufenthalt am 28. und 29. Juni 2012 innerhalb eines Mitgliedstaates der EU

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 6)

*****

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

„Der Generalsekretär

für auswärtige Angelegenheiten

Dr. Johannes Kyrle

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Gregor Hammerl

Parlament, Dr. Karl Renner Ring 1-3

1017 Wien

12. Juni 2012

GZ: BMeiA-DE.8.33.02/0002-I.2a/2012

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 30. Mai 2012 (Pkt. 23 des Beschl.Prot. Nr. 145) der Herr Bundespräsident am 01. Juni 2012 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Staatsvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flug­sicherung zur Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Luftraums erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

„Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten

BMeiA-DE.3.19.28/0001-lll.6/2012


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 14

Staatsvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flugsicherung zur Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Luftraums; Verhandlungen

Vortrag an den Ministerrat

Am 10. April 2004 ist das erste Maßnahmenpaket zur Schaffung des „einheitlichen europäischen Luftraums - Single European Sky/SES" im Wege der Verordnungen (EG) 549/2004, ABI. L 96 vom 31.3.2004 S. 1, (EG) 550/2004, ABI. L 96 vom 31.3.2004 S. 10, (EG) 551/2004, ABI. L 96 vom 31.3.2004 S. 20 und (EG) 552/2004, ABI. L 96 vom 31.3.2004 S. 26 des Europäischen Parlaments und des Rates in Kraft getreten. Dabei wurden gemeinschaftliche Regeln über die Erbringung von Flugsicherungsdiensten, die Ordnung und Nutzung des Luftraums sowie die technische Interoperabilität von Flugsicherungssystemen festgelegt. Die bestehenden Verordnungen wurden im Zuge eines zweiten Maßnahmenpakets 2009 einer teilweisen Revision unterzogen und in der Verordnung (EG) 1070/2009, ABI. L 300 vom 14.11.2009 S. 34 verankert.

Als Grundsatz ist dabei festgelegt, dass die Erbringung von Flugverkehrsdiensten mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen zusammenhängt und es dabei Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, die sichere und effiziente Erbringung von Flugsiche­rungs­diensten zu überwachen sowie die Einhaltung der auf Gemeinschaftsebene festge­leg­ten gemeinsamen Anforderungen durch die Flugsicherungsorganisationen zu kontrol­lieren. Dabei wurden auch Vorkehrungen für die regelmäßige Überwachung der Erfül­lung dieser Anforderungen durch von den Flugsicherungsorganisationen unabhängige „nationale Aufsichtsbehörden" (Artikel 2 der Verordnung (EG) 550/2204) getroffen.

Insbesondere ist im Absatz (4) des Artikels 2 der Verordnung (EG) 550/2004 normiert, dass die nationalen Aufsichtsbehörden geeignete Vorkehrungen für eine enge Zusam­menarbeit untereinander treffen, um eine angemessene Beaufsichtigung von Flug­sicherungsorganisationen sicherzustellen, die im Besitz eines gültigen Zeugnisses eines Mitgliedstaats sind, jedoch auch Dienste in Bezug auf den Luftraum erbringen, für den ein anderer Mitgliedstaat zuständig ist.

Vor dem Hintergrund, dass die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Österreich den obenstehenden Gemeinschaftsregeln wie auch den Vorgaben des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt (BGBl. Nr. 97/1949) unterworfen sind, wie auch der Tatsache, dass die sichere und effiziente Erbringung von Flugsiche­rungsdiensten unbeschadet nationaler Grenzen erfolgen soll, besteht die Notwendig­keit, entsprechende Vorkehrungen sowohl über die Erbringung von Flugsicherungs­diensten als auch die Beaufsichtigung von entsprechend zertifizierten und benannten Flugsicherungsorganisationen im Wege eines Staatsvertrages zu treffen.

Österreich beabsichtigt, eine Delegation mit folgender Zusammensetzung zur Teil­nahme an den Verhandlungen eines Staatsvertrages mit der Bundesrepublik Deutsch­land über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flugsicherung zur Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Luftraums zu entsenden:

MinRat Dr. Karl Prachner                                                            Bundesministerium für Verkehr,

Delegationsleiter                                                                                      Innovation und Technologie

DI Dr. Franz Nirschl                                                                       Bundesministerium für Verkehr,

Stv. Delegationsleiter                                                                              Innovation und Technologie

Die mit der Verhandlung dieses Abkommens verbundenen Kosten finden ihre Be­deckung in den Budgetansätzen der jeweils entsendenden Ressorts. Das künftige Abkommen wird voraussichtlich keine finanziellen Auswirkungen haben; sofern es


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 15

dennoch zu solchen kommen sollte, werden sie aus den dem zuständigen Ressort zur Verfügung gestellten Mitteln bedeckt.

Der geplante Staatsvertrag wird gesetzesändernd bzw. gesetzesergänzend sein und daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 B-VG bedürfen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie stelle ich den

Antrag,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, MinRat Dr. Karl Prachner und im Fall seiner Verhinderung DI Dr. Franz Nirschl zur Leitung der Verhandlungen über einen Staatsvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flugsicherung zur Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Luftraums zu bevollmächtigen.

Wien, am 23. Mai 2012

SPINDELEGGER m.p.“

*****

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend dessen Aufenthalt in einem anderen Mit­gliedstaat der Europäischen Union:

„Bundeskanzleramt Österreich

Werner Faymann

Bundeskanzler

An den

Präsidenten des Bundesrates

Gregor HAMMERL

Parlament

1017 Wien

GZ 350.100/0006-1/4/2012

Wien, am 21. Juni 2012

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, dass ich mich am 28. und 29. Juni 2012 im Aus­land, aber innerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, aufhalten werde.

Mit den besten Grüßen“

*****

 


Präsident Gregor Hammerl: Eingelangt ist der Tätigkeitsbericht der Bundesanstalt für Verkehr 2011, vorgelegt von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Tech­nologie, der allerdings mit Schreiben der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 19. Juni 2012 gemäß § 22 der Geschäftsordnung des Bundes­rates zurückgezogen wurde.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 16

Weiters eingelangt ist der Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß § 44 UVP-G 2000 über die Vollziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich (5. UVP-Bericht), der dem Umweltaus­schuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Ebenso ist der Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2011) eingelangt, der dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Genauso eingelangt ist der Dritte Bericht des Biopatent Monitoring Komitees, vorgelegt von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, der dem Aus­schuss für Verkehr, Innovation und Technologie zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Darüber hinaus ist der Kulturbericht 2011 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur eingelangt, der dem Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur zur Vor­beratung zugewiesen wurde.

In weiterer Folge sind die Beschlüsse des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Parteiengesetz 2012 und ein Parteien-Förderungsgesetz 2012 sowie ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird, beziehungs­weise ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unverein­barkeitsgesetz geändert werden, eingelangt, die dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Vorberatung zugewiesen wurden, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem ein Lobbying- und ein Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz erlassen und das Gerichtsgebührengesetz geändert wird, beziehungsweise ein Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012, die dem Justizausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurden.

Die beiden genannten Ausschüsse haben ihre Beratungen abgeschlossen. Die gegen­ständlichen Vorlagen sollen in der heutigen Sitzung jeweils einen Tagesordnungspunkt bilden.

12.30.01Ergänzung der Tagesordnung und
Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Gregor Hammerl: Ich schlage daher vor, gemäß § 41 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Tagesordnung um die Beschlüsse des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Parteiengesetz 2012 als 1. Tagesord­nungspunkt, ein Parteien-Förderungsgesetz 2012 als 2. Tagesordnungspunkt, ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird, als 3. Tagesordnungspunkt, ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden, als 4. Tagesordnungspunkt, ein Bundesgesetz, mit dem ein Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz erlassen und das Gerichtsgebührengesetz geändert wird, als 5. Tagesordnungspunkt und ein Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 als 6. Tagesordnungspunkt zu ergänzen.

Eine Ergänzung der Tagesordnung kann nur vor Eingang in dieselbe vorgenommen werden und erfordert die Zustimmung der Mitglieder des Bundesrates mit einer Zweidrittelmehrheit.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Vorschlag auf Ergänzung der Tagesordnung um die zuvor genannten Tagesordnungspunkte 1 bis 6 ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 17

Der Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung um die Punkte 1 bis 6 ist somit mit der erforderlichen Mehrheit angenommen.

Die bisherigen Tagesordnungspunkte 1 bis 6 werden somit als Tagesordnungs­punkte 7 bis 12 in Verhandlung genommen.

*****

Es ist mir weiters der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte zu den Beschlüssen des Nationalrates vom 27. Juni 2012 Abstand zu nehmen.

Hiezu ist ebenfalls eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stim­men erforderlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstand­nahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist auch die Einstimmigkeit. Der Vorschlag ist angenommen.

*****

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates sowie jener Entschließungsantrag 190/A(E)-BR/2012 der Bundesräte Mag. Duzdar, Köberl, Dönmez, Kolleginnen und Kollegen, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorbera­tungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände beziehungsweise die Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das zweite Halbjahr 2012 und die Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitglieds und von Ersatzmitgliedern in den Ständigen gemeinsamen Ausschuss des National­rates und des Bundesrates gemäß § 9 F-VG 1948 sowie die Beschlüsse des National­rates vom 27. Juni 2012 betreffend das Transparenzpaket auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Gregor Hammerl: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 bis 6 unter einem durch­zuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Jawohl, Frau Kollegin Kerschbaum. – Bitte.

12.33.54Einwendungen gegen die Tagesordnung

 


12.33.56

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ich möchte nur anmerken, dass wir es für sinnvoll erachtet hätten, die Tagesordnungspunkte 1 bis 6 nicht in einer Diskussion zusammenzufassen, weil sich schon im Nationalrat gezeigt hat, dass da sehr viel vermischt wird. Es ist ja heute schon erwähnt worden, dass die Diskussionen im Bundesrat doch so viel besser sind. Wir hätten uns gewünscht, dass die Punkte einzeln verhandelt worden wären.

12.34



BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 18

Präsident Gregor Hammerl: Herr Kollege Klug hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.34.24

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum einen möchte ich darauf aufmerksam machen, dass sich die inhaltliche Verknüpfung in der politischen Debatte gestern im Nationalrat – nicht nur, weil Kollege Cap anwesend ist – sehr bewährt hat. Zum anderen haben wir heute eine durchaus anspruchsvolle Debatte in den beiden Ausschüssen gehabt. Zumindest in dem Ausschuss, in dem ich war, nämlich im Verfassungsausschuss, hätten die Grünen die Möglichkeit gehabt, sich ein bisschen intensiver einzubringen. Intensiv einbringen hätte aber schon bedeutet, dass zumindest eine Wortmeldung angemessen gewesen wäre. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.35


Präsident Gregor Hammerl: Sie haben die Einwendungen gegen die Tagesordnung gehört. Ich trete den Einwendungen gegen die Tagesordnung nicht bei.

Damit kommen wir zur Abstimmung.

Meine Damen und Herren! Ich bitte um ein Handzeichen, wenn Sie mit der Zusam­menziehung der Tagesordnungspunkte 1 bis 6 einverstanden sind. – Das ist die Mehr­heit. Wir gehen daher so vor.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

12.37.211. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) (1782 d.B. und 1844 d.B. sowie 8746/BR d.B. und 8751/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz über Förderungen des Bundes für politische Parteien (Parteien-Förderungs­gesetz 2012 – PartFörG) (1845 d.B. sowie 8752/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird (1846 d.B. sowie 8753/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden(1942/A und 1847 d.B. sowie 8748/BR d.B. und 8754/BR d.B.)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung der Transparenz bei der Wahrnehmung politischer und wirtschaftlicher Interessen (Lobbying- und Interessenvertre-


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 19

tungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG) erlassen und das Gerichtsgebührengesetz geändert wird (1465 d.B. und 1832 d.B. sowie 8747/BR d.B. und 8749/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung von Korruption geändert werden (Korrup­tionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 – KorrStrÄG 2012) (1950/A, 1478/A und 1833 d.B. sowie 8750/BR d.B.)

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir kommen nun zu den Punkten 1 bis 6 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 1 bis 4 ist Herr Bundesrat Dr. Brunner. Ich bitte um die Berichte.

 


12.37.23

Berichterstatter Dr. Magnus Brunner, LL.M: Ich darf vom Ausschuss für Verfassung und Föderalismus berichten, zuerst über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien, also das Parteien­gesetz 2012.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich stelle daher den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben und dem vorliegenden Beschluss gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfas­sungs­mäßige Zustimmung zu erteilen.

Zum zweiten Bericht vom Ausschuss für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz über die Förderungen des Bundes für politische Parteien, also das Parteien-Förderungsgesetz 2012:

Auch hier liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor; ich stelle den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der nächste Bericht vom Ausschuss für Föderalismus und Verfassung ist über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesprä­sidentenwahlgesetz geändert wird.

Auch hier liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor; ich stelle den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der letzte Bericht vom Ausschuss für Verfassung und Föderalismus ist jener über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezüge­begrenzungs-BVG und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden.

Auch hier liegt der Bericht in schriftlicher Form vor, und ich stelle den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und dem vorliegenden Beschluss des Nationalrats gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Präsident Gregor Hammerl: Danke für die Berichte.

Berichterstatter zu den Punkten 5 und 6 ist Herr Bundesrat Füller. Ich bitte um die Berichte.

12.39.13

 


Berichterstatter Christian Füller: Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung der Transparenz bei der Wahrnehmung politi-


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 20

scher und wirtschaftlicher Interessen (Lobbying- und Interessenvertretungs-Transpa­renz-Gesetz – LobbyG) erlassen und das Gerichtsgebührengesetz geändert wird.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 28. Juni den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfas­sungs­mäßige Zustimmung zu erteilen.

Zuletzt noch der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalra­tes vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung von Korruption geändert werden (Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 – KorrStrÄG 2012).

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 28. Juni 2012 in Verhandlung genommen.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 28. Juni 2012 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gregor Hammerl: Danke. – Meine Damen und Herren! Wir gehen in die Debatte ein. Redezeit 10 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


12.40.34

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Bevor ich auf das Trans­parenzpaket zu sprechen komme, eine kritische Anmerkung meinerseits – wir haben uns heute ja schon einmal über den Bundesrat unterhalten –:

Es ist nahezu wieder klassisch: Wir halten heute diese Bundesratssitzung zum Trans­parenzpaket ab, und gleichzeitig findet ein äußerst wichtiges Verfassungs-Hearing im Nationalratssitzungssaal statt, das auch für uns sehr interessant gewesen wäre. Einige von uns haben dieser Veranstaltung am Vormittag beigewohnt, weil wir nächste Woche das ESM-Gesetz zu beschließen haben werden, das sehr weitreichende Folgen auch für Österreich haben wird. Es ist wirklich eine Missachtung des Bundesrates, dass dieses Hearing wieder zur gleichen Zeit stattfindet. Niemand kann mir sagen, weshalb wir die Sitzung zum Transparenzpaket zum Beispiel nicht hätten morgen halten können, wenn es anders nicht gegangen wäre, denn über das Transparenzpaket wird nun schon seit einem Jahr geredet, ohne dass etwas passiert ist.

Ein altes Sprichwort sagt, am Abend wird der Faule fleißig – und so ist es auch hier. Plötzlich muss nämlich wieder alles sehr schnell gehen, wird das alles hineingepresst, kann es gar nicht schnell genug sein. Von einem Tag auf den anderen müssen die Bundesräte alles gelesen haben, darüber befunden haben, um darüber abstimmen zu können.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen! Das muss nicht sein, und so kann es auch nicht sein! Vielleicht können Sie sich einen etwas anderen Stil des Arbeitens angewöhnen, das wäre für uns alle und für den Bundesrat im Besonderen sehr gut. (Beifall bei FPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl. – Bundesrat Mag. Klug:  Rechenfehler der Opposition!) – Nein, nicht immer der Opposition die Schuld geben! Es ist natürlich immer leicht, mit dem Finger auf die


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 21

anderen zu zeigen, Herr Kollege Klug! Ich weiß: Schuld sind für Sie immer die anderen, Sie selbst sicher nicht! Das hat auch schon Methode, aber es verfängt nicht, es ist in den Wind gesprochen.

Es gibt in diesem Transparenzpaket eine Reihe ganz guter Dinge, die durchaus zu befürworten sind, so etwa das Bundespräsidentenwahlgesetz. Es ist absolut zu befür­worten, dass auch ein Bundespräsident sein Sponsoring und seine Wahlspenden offenlegen muss. Beim letzten Mal waren es über 2 Millionen, und keiner hat gewusst, wo das Geld herkommt. Es ist also höchst an der Zeit, dass auch ein Bundespräsident, der gewählt werden will, offenlegen muss, woher das Geld für seine Wahl kommt.

Ebenso zu befürworten sind das Unvereinbarkeitsgesetz, das Lobbying-Gesetz und das Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz, das gerade im Lichte der jüngsten Zeit notwendig geworden ist und eigentlich schon viel früher hätte kommen sollen (Bundesrat Mag. Klug: Ja eh!), weil es offensichtlich Menschen in diesem Lande gibt, für die Moral und Anstand nicht selbstverständlich sind. (Bundesrat Mag. Klug: Namen! Namen! Einen Namen!) – Da brauchen wir keinen einzigen Namen zu nennen, es sind auch viele von euch betroffen. Also so ist es nicht, es sind nicht – da ist es schon wieder! – immer nur die anderen, aber wir nicht, wir haben die weiße Weste. Herr Kollege Klug, es wird Sie nicht weiterbringen, immer so zu agieren, immer die Verantwortung von sich abzuschieben, auch wenn wir wissen, dass Sie das sehr gerne machen und in diesem Fall ein echter Wiederholungstäter sind. (Beifall bei der FPÖ.)

All diese guten Sachen werden aber natürlich überschattet von einer Parteien­förderung, die Sie jetzt kräftig erhöhen, die fast das Doppelte von dem, was wir bis jetzt haben, ausmachen wird. Das – und das sage ich Ihnen auch, es ist ja gestern im Nationalrat schon eine ähnliche Debatte abgelaufen, aber es ist einfach so – ist wirklich ein Schlag ins Gesicht der Bürger, die Sie in den letzten Jahren belastet haben bis zum Gehtnichtmehr! Sie ziehen ihnen das Geld aus der Tasche und sagen, das sei jetzt unbedingt notwendig.

Ich sage nicht generell etwas gegen Parteienförderung – im Grunde bekennen wir uns dazu, dass es Parteienförderung gibt, weil wir ja nicht wollen, dass es korrupte Politiker gibt, die dann glauben, sie müssen sich die Taschen anderswo füllen; daher ist in einer Demokratie eine Parteienförderung durchaus sinnvoll –, aber das hätte man auch so lassen können, wie es ist. Die ehrlichere Variante wäre gewesen, die Wahlkampf­kosten rückzuerstatten, anstatt großzügig auf die Wahlkampfkostenrückerstattung zu verzichten, dafür aber die Parteienförderung gleich einmal um fast das Doppelte zu erhöhen. (Bundesrat Mag. Klug: Nicht schon wieder! Das fangt schon wieder an! – Bundesrat Mayer: Wo bleibt eure Verzichtserklärung?)

Bei allem anderen sind Sie nicht so großzügig. Ich erinnere an die Belastungspakete der letzten Jahre: die Kürzung der Familienbeihilfe, die Streichung der Familienbeihilfe für Studenten ab dem Alter von 24 Jahren, die Aufhebung der kostenlosen Mitver­sicherung all jener, die keine Kinder mehr zu versorgen haben. Das habe ich immer schon als extrem ungerecht empfunden. Wenn jemand einmal Kinder großgezogen hat, dann muss man ihm, wenn die Kinder aus dem Haus sind, nicht sagen: So, jetzt zahlst du dir das gefälligst selbst!

Wir haben die Halbierung der Bausparprämie, wir haben gleichzeitig aber eine Erhöhung der Gerichtsgebühren hinnehmen müssen.

Das mich hierher entsendende Bundesland Wien hat mit einer Gebührenlawine so quasi das Schlagobershäubchen drübergestülpt. Es ist ja bekannt, dass Wien die Gebühren bei Müll, bei Gas, bei allem Möglichen, bei Abwasser erhöht hat – ohne Not eigentlich, die einzelnen Ressorts hätten das nicht gebraucht. Die Erhöhung hat


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stattgefunden, weil Wien ein derart marodes Budget hat, dass es solch einen Budget­brocken gebraucht hat, um die Kassen zu füllen. Es hat aber nichts genützt, Wien hat seit dem letzten Jahr eine weitere Milliarde Schulden gemacht. – So viel zum Wirtschaften eines SPÖ-geführten Bundeslandes.

Angesichts dessen ist es wirklich eine Frechheit, die Parteienförderung einfach zu verdoppeln.

Das Allerärgste dabei ist, das auch noch inflationsangepasst automatisch zu machen. Bei keinem einzigen anderen Punkt geschieht das! Immer sind Sie hier gestanden und haben gesagt: Das wird zu teuer, das kann man nicht machen! Keine automatische Inflationsanpassung bei der Familienbeihilfe, keine automatische Inflationsanpassung beim Familienlastenausgleichsfonds, der kracht wie eine Kaisersemmel, keine automatische Inflationsabgleichung bei den Pensionen – ganz im Gegenteil, den Pensionisten haben Sie bereits ausgerichtet, dass die nächste Erhöhung ganz sicher unter der Inflationsrate liegen wird –, aber für sich selbst ist einem natürlich nie irgendetwas zu teuer!

Das ist etwas, das die Bürger wirklich und auch zu Recht nachhaltig verärgert. Sie brauchen sich über Politikverdrossenheit überhaupt nicht mehr zu wundern, wenn Sie solch ein Schauspiel bieten und sagen: Das ist uns eigentlich alles wurscht, Hauptsache wir haben mehr Geld in den Kassen!

Wenn man den Medien Glauben schenken darf – ausnahmsweise einmal, sie schrei­ben ja auch viel Unfug –, wenn man ihnen ausnahmsweise Glauben schenken darf, dann geschieht das einzig und allein deshalb, weil SPÖ und ÖVP Ebbe in der Kasse haben. Damit das nicht so schlimm wird, weil ja nächstes Jahr ein Wahljahr ansteht, hat man sich flugs noch Geld gesichert, um die Wahlkämpfe auch bestreiten zu können. – Das ist wirklich ein heftiger Schlag gegen die Bürger, zu dem man Ihnen ironischerweise wirklich ganz herzlich gratulieren muss. Damit wird nämlich das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik kein bisschen besser. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Transparenzpaket hätte durchaus Punkte gehabt, die vielleicht dazu geführt hätten, dass der Bürger wieder ein wenig mehr Vertrauen in die Politik fasst, wenn die Politik bereit ist, Dinge transparent zu machen, zu schauen, welche Spenden eine Partei bekommt, welches Sponsoring es zusätzlich gibt, wie das mit den Lobbyisten ist, et cetera. Das wäre ein guter Schritt gewesen, den Sie vollkommen zunichte gemacht haben mit Ihrer überbordenden Erhöhung der Parteienförderung.

Ihnen, sehr geehrte Kollegen von den Grünen, muss man da leider den Vorwurf machen, dass Sie mit Ihrer Zustimmung zu der Verfassungsmaterie den Boden aufbe­reitet haben. Es nützt Ihnen wenig, wenn Sie dann sagen, wir stimmen der Erhöhung der Förderung ohnehin nicht zu. Der Boden ist mit der Zweidrittelmehrheit aufbereitet worden, denn man kann ja das eine Gesetz nicht ohne das andere sehen. (Bundesrat Schreuder: Blödsinn!) Daher sind Sie auch mit schuld an dieser Erhöhung, die die Regierungsparteien sich da selbst genehmigt haben.

Ich sage Ihnen, wir jedenfalls werden diesem unverschämten Griff in die Taschen der Bürger unsere Zustimmung nicht geben. Das heißt, diese beiden Parteiengesetze werden von uns abgelehnt, allen anderen Transparenzpaketen werden wir die Zustim­mung geben. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)

12.49


Präsident Gregor Hammerl: Nächste Wortmeldung: Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

 


12.50.03

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es


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gehört schon eine gewisse Überheblichkeit und fast Unverfrorenheit dazu, zu sagen, dass diese Beschlüsse schlecht sind, und dann trotzdem die Hand aufzuhalten und zu sagen: Wir kassieren das selbstverständlich auch. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Frau Kollegin, ich stimme mit Ihnen überein (Bundesrätin Mühlwerth: Wir hätten das nicht gebraucht! – ironische Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ), ich stimme im ersten Kapitel Ihrer Ausführungen mit Ihnen überein. Es ist ärgerlich, wenn Parallelveranstaltungen hier im Haus stattfinden, wenn eine wichtige Veranstaltung des Nationalrates gleich­zeitig mit einer Plenarsitzung des Bundesrates stattfindet. Das sollte vermieden wer­den, auch im Sinne dessen, was wir heute beschließen, nämlich dass der Bürger/die Bürgerin die Möglichkeit der Teilnahme am politischen Geschehen hat. Das ist heute nicht der Fall, denn heute wird, wie bekannt, die Plenarsitzung des Bundesrates nicht live übertragen. Das heißt, der Bürger/die Bürgerin hat keine Möglichkeit, sich ein Bild zu machen von unserer Arbeit, von der Länderkammer dieser Republik, sondern kann nur das Hearing verfolgen. In diesem Sinne, glaube ich, sollten wir uns alle an der Nase nehmen und Verantwortung übernehmen und all unsere Kontakte einsetzen, damit das in Zukunft nach Möglichkeit vermieden wird.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Stichwort „an der Nase nehmen“. – Wir sollten uns, glaube ich, alle, und da meine ich wirklich alle Parteien, an der Nase nehmen, niemand in dieser Republik, niemand hier in diesem Haus soll sich hier ausnehmen. Es gibt überall Menschen, die in der Politik wirken, und wo Menschen handeln, können auch Fehler passieren, kann es auch manchmal zu Korruptionsfällen und verschiedenen anderen unerquicklichen Ereignissen kommen. Deshalb sollten wir uns heute, wenn wir schon den Schritt setzen und uns vor die Bürgerinnen und Bürger hinstellen und um neues Vertrauen werben, nicht wieder gegenseitig mit dem Kübel anschütten. Das ist nämlich das, was die Leute am allerwenigsten wollen: dass wir uns gegenseitig schlechtmachen, herabsetzen. (Bundesrätin Mühlwerth: Wir wollen aber auch nicht, dass die Bürger sparen müssen!)  Das, Frau Kollegin, ist sicherlich kein Beitrag zur Förderung des Vertrauens in die Politik und in den politischen Prozess. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es hat auch wenig Sinn, Frau Kollegin Mühlwerth, einen Politikbereich gegen den an­deren auszuspielen, die Familienpolitik zum Beispiel gegen die demokratische Mitbe­stimmung der Parteien oder die Kulturpolitik gegen die Arbeit der politischen Parteien in diesem Haus. Demokratie hat auch einen Wert! Demokratie hat einen Wert, und ich wünsche mir keine Demokratie, in der politische Parteien von großen Geldgebern abhängig sind. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Die Ereignisse im Untersuchungs­ausschuss sind nicht die Ursache, aber sicherlich mit ein Anlass für diese Serie von Gesetzen, die wir zusammengefasst als Transparenzpaket beschließen, um endlich mutige Schritte zu setzen – mutige Schritte zu setzen, um gegen die Korruption aufzutreten, den Lobbyismus genau zu regeln und sichtbar zu machen, die Unver­einbarkeitsregeln zu schärfen und die Parteienfinanzierung auf eine klare und trans­parente Ebene zu heben.

All diese sattsam bekannten Ereignisse – ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich kann sagen, viele Bürgerinnen und Bürger sagen, sie können das schon gar nicht mehr hören. Tut endlich etwas dagegen, mit dem Rest sollen sich dann die ordentlichen Gerichte beschäftigen! Tut endlich etwas dagegen! – Dieser Ruf erschallt immer wieder. Ich glaube, dieses Transparenzpaket ist ein richtiger Schritt. Man kann sicher­lich noch mehr tun, aber es ist ein richtiger Schritt, es ist ein glaubwürdiger Schritt zu mehr Transparenz in dieser Republik.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Begriff „Amtsträger“ gilt in Zukunft auch für Politikerinnen und Politiker, damit auch die Regeln des Korruptionsstrafrechtes. Das Lobbying gegen Entgelt wird für Abgeordnete generell verboten. Die Meldepflichten werden verschärft. Vorbild dafür waren die Bestimmungen des Deutschen Bundes­tages, die sehr praktikabel sind.

Alles in allem kann man sagen, dass diese Bestimmungen systemgerecht sind, einem europäischen Vergleich standhalten, dass dieses Transparenzpaket auch demokratie­ge­recht ist – Demokratie kostet Geld, als Stichwort dazu –, dass dieses Transparenz­paket auch bürgergerecht ist, weil jeder mehr Einsicht in die Zusammenhänge hat, weil mehr Transparenz gewährt wird und weil sich jeder ein Bild machen kann. Ich sage ja nicht, dass dann jeder der ÖVP seine Stimme geben muss, aber jeder kann sich auf der Grundlage seiner Gesinnung ein Bild davon machen, inwieweit ein Politiker seinen persönlichen Ansprüchen als demokratischer Bürger in dieser Republik gerecht oder nicht gerecht wird. Das, glaube ich, sind wir dem mündigen Bürger schuldig: dass er in Zukunft sein Bild von der Politik besser zeichnen kann. Und dazu dient dieses Transparenzpaket sehr gut.

Meine Damen und Herren! Ich bin eigentlich zufrieden mit diesem Paket, weil es ein Beweis dafür ist, dass die politischen Parteien in dieser Republik lernfähig sind. Wir haben aus den Erfahrungen der jüngsten Zeit gelernt. Es kann immer wieder etwas passieren, aber es kommt immer darauf an, wie man mit diesen Fehlern, die dort, wo Menschen arbeiten, passieren können, umgeht.

Ich meine, mit diesem Paket sind die richtigen Konsequenzen gezogen worden, und das sind wir jenen Funktionärinnen und Funktionären, die sich immer wieder für diese Dinge rechtfertigten müssen, auch schuldig. Wenn am Stammtisch, wenn im Sport­verein, wenn in der Familie die Diskussion auf die Politik kommt, wenn es nur heißt: Schaut Sie euch doch an!, und man mit positiven Argumenten nie und nimmer durchkommt, dann sind wir das auch jenen schuldig, die auf unterster und auf mittlerer Ebene für die Politik eintreten und für die Politik arbeiten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Alles in allem, meine sehr geschätzten Damen und Herren, soll dieses Transparenz­paket mit all den detaillierten Maßnahmen, die wir heute beschließen, mithelfen, einen Beitrag dazu leisten, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Republik, in dieses Parlament und auch in die Arbeit der Regierung zu stärken und zu verbessern. Ich sage nicht, dass das das Allheilmittel ist, aber einen Schritt in diese Richtung setzen wir mit diesem Paket. Wir werden daher diesen Bestimmungen selbstver­ständ­lich die Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.59


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Klug. – Bitte.

 


12.59.34

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt versuchen, nach der sehr emotionalen Rede unseres Kollegen Kneifel die Dinge wieder ein bisschen entspannter anzugehen. Schauen wir einmal, wie lange die Stimmung halten kann!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil das abschließend der Punkt war, darf ich ganz kurz etwas zu den neuen Regelungen im Bereich des Korruptionsstrafrechtes anmer­ken.

Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Es war natürlich die Sorge der Kolleginnen und Kollegen, wie weit diese Regelungen de facto in das praktische politische Leben


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eingreifen. In diesem Zusammenhang möchte ich mich ganz herzlich dafür bedanken, dass Ihre Experten – sehr geehrter Herr Sektionschef, Grüß Gott! – uns auch bei den politischen Diskussionen zur Verfügung gestanden sind und viele, viele Einzelsorgen bereits im Vorfeld weitestgehend ausgeräumt werden konnten, denn wir wollen natür­lich heute – und wollten das auch damals nicht – sehenden Auges nichts beschließen, keine korruptionsstrafrechtlichen Bestimmungen, durch die das Teilnehmen der Politikerinnen und Politiker am realen gesellschaftlichen Leben zum Teil verunmöglicht wird, aber doch erheblich erschwert wird. Ich danke für all diese konstruktiven Gespräche im Vorhinein, weil ich glaube, dass bereits diese Beratungen viele, viele Sorgen ausräumen konnten.

In einem weiteren Zusammenhang, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, beschließen wir heute mit der grundlegenden Änderung der Parteienförderung ein neues System in Richtung eines deutlichen Bekenntnisses zum Funktionieren einer österreichischen Parteiendemokratie. (Bundesrätin Mühlwerth:  auch funktioniert!)

Ich verstehe natürlich, dass eine Parteiendemokratie für Teile aus der Opposition vielleicht etwas ist, das von vornherein ein bisschen etwas Fremdartiges darstellt (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Für uns von der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion sage ich ganz deutlich: Wir geben ein klares Bekenntnis zu einer funktionierenden Parteiendemokratie ab. Wir unterstützen diesen neuen Weg, der auch weiterhin die Dualität in der österreichischen Parteienförderung ermöglicht, eine Dualität der öffentlichen Förderung und der privaten Spenden zum Funktionieren der Parteienlandschaft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Ein Alternativ­modell, in dem sich – eventuell wie in Amerika – Konzerne einzelne Abgeordnete finan­zieren und in ein Abhängigkeitsverhältnis bringen und das Gemeinwohl weit hinter den einzelnen Partikularinteressen hintansteht, ein derartiges System lehnt die SPÖ ab. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Bundesräte Dönmez und Mühlwerth.)

Jenen, die sich mit diesen zum Teil – das gebe ich schon zu – staatswissen­schaft­lichen Ausführungen grundsätzlich schwertun, kann man natürlich gerade am heutigen Tag – vor rund 300 Jahren ist der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau geboren – einiges an Literatur zum Gesellschaftsvertrag und zum Gemeinwohl emp­fehlen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Man muss da aber natürlich aufpas­sen, denn er war ein Wegbereiter der französischen Revolution; also wenn man auch damit wieder einen Stress hat, dann darf man sich natürlich nicht zu weit vertiefen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein deutliches Interesse am Funktionieren einer öster­reichischen Parteiendemokratie mit diesem neuen System! Ich möchte auch ganz bewusst mit der Mär der Verdoppelung aufräumen. (Bundesrätin Mühlwerth: „Fast“ habe ich gesagt!)

Frau Kollegin Mühlwerth, Sie haben angesprochen, dass man grundsätzlich sehr vorsichtig beim Aufnehmen der medialen Berichterstattung sein soll. – Das ist gerade in diesem Fall natürlich ein Treffer; dann darf man aber mit der Fast-Verdoppelung auch nicht hausieren gehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines ist schon klar und in diesem Zusammenhang, glaube ich, besonders hervorzuheben: Sie wissen, dass wir im Bereich der Bundes­parteienförderung vom Grundbetrag ausgehen und den Entfall der Wahlkostenrücker­stattung einrechnen.

Wenn wir die ganze Nummer seriös angehen, dann haben wir – hochgerechnet seit etwa 1970 – eine durchschnittliche Legislaturperiode von rund drei Jahren. Wenn wir 2,21 € – das ist der Ist-Stand bisher – durch drei Jahre rechnen, dann liegen wir bei


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74 Cent, und wenn wir diese 74 Cent hochrechnen, dann wären wir bei einem fiktiven Betrag von 3,90 € pro Wahlberechtigten. 3,90 €! (Bundesrätin mühlwerth: Ist schon schlimm genug !)

Tatsächlich – ich mache jetzt kein Geheimnis daraus – beschließen wir 4,60 €. Die Differenz ist natürlich eine Erhöhung. Ich sage im selben Atemzug aber dazu: Zum einen können wir alle hier im Saal noch nicht abschätzen, wie sich die neuen Trans­parenzregeln im Bereich der Spendenpolitik – Dualität der Parteienfinanzierung – tatsächlich auswirken. Ich traue mir eine Einschätzung nicht zu. (Bundesrätin mühlwerth: Also muss man rechtzeitig vorsorgen!) – Nein, Frau Kollegin Mühlwerth.

Zum Zweiten – Stichwort: Einbeziehung der Gemeinden – haben wir auch keine Kenntnis, wie sich die Parteienfinanzierung tatsächlich auf der kommunalen Ebene darstellt. Mir persönlich fehlen quantitativ berechenbare Unterlagen dazu, und insofern sage ich nur noch einmal: Die Ist-Situation ist 3,90 €, und wir beschließen 4,60 €. Vor dem Hintergrund der beiden Unsicherheitsfaktoren lade ich alle ein, darüber nachzudenken, wie wir nach außen gemeinsam mit dem Ansehen der Parteien umgehen. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Ich bin schon gefragt worden, warum ich Kollegen Brückl heute im Ausschuss so strapaziert habe. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen Vorteil haben wir natürlich im Bundesrat: Wir diskutieren eine bundesgesetzliche Veränderung nach dem Nationalrat. Und ich lade heute, hier im Bundesrat, die FPÖ-Vertreterinnen und -Vertreter sehr herzlich ein (Zwischenruf des Bundesrates Brückl), einige Dinge zu erklären, damit sich für uns alle erhellt, warum Sie gegen bestimmte Maßnahmen eintreten. (Ruf bei der FPÖ: Sie werden es nicht verstehen!) – Kollege Jenewein, als Parteisekretär wäre ich sehr schaumgebremst. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Es hat sich für uns auch im Ausschuss nicht erschlossen. Können Sie erklären (Bundesrat Jenewein: Sie werden es nicht verstehen!), warum Sie bei der Bundespräsidentenwahl für die Wahlkampf­kostenbe­gren­zung auf 7 Millionen € sind, nicht aber für die andere Wahlkampfkosten­begren­zung auf 7 Millionen €? (Bundesrätin Mühlwerth:  ist nicht das Thema!) Können Sie das erklären? (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Ich lade Sie ein: Kommen Sie heraus und erklären Sie, warum Sie einmal dafür sind und einmal dagegen! (Bundesrätin Mühlwerth: Den Leuten Sparpakete zu verordnen und sich selber !)

Frau Kollegin Mühlwerth, können Sie erklären (Bundesrätin Mühlwerth: Das hab’ ich auch schon erklärt, aber !), warum die FPÖ versucht hat, bei der Frage der Auslands­spenden zu intervenieren? Grenze 2 500 €, Verbotsaufnahme!? Kollege Jenewein, können Sie das erklären? (Ruf bei der FPÖ: Wer behauptet das?) Können Sie das erklären, dass Sie angefangen haben, da zu intervenieren? Ihre Partei­kollegen  (Zwischenruf des Bundesrates Jenewein.)

Es drängt sich der Verdacht auf, dass man bei der einen oder anderen Auslandsreise – Saddam Hussein, Gaddafi – spontan irgendwie am Geldsammeln gewesen ist – oder wo liegen die Probleme? Als Parteisekretär können Sie das aufklären. Kommen Sie heraus, erklären Sie das!

Zu guter Letzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, sei noch mit einem Schmäh der FPÖ aufgeräumt: die Verzichtsnummer. (Zwischenruf des Bundesrates Brückl.) Kollege Perhab hat das in einem Zwischenruf bereits deutlich angesprochen. Wissen Sie, warum ich das heute noch einmal strapaziere? – Das kann ich Ihnen schon sagen: weil ich im Nationalratsausschuss zugehört habe; weil ich mir die Live-Debatte in der Plenarsitzung des Nationalrats gegeben habe; weil ich heute im Verfassungsaus­schuss des Bundesrates den Kollegen Brückl ausdrücklich darauf angesprochen


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habe – und jetzt noch einmal: Wenn Sie die Differenz zwischen 3,90 € und 4,60 € ablehnen und nicht haben wollen, dann kritisieren Sie nicht und kassieren Sie, sondern kommen Sie heraus und sagen Sie, wir verzichten! (Zwischenrufe der Bundesräte Brückl und Mühlwerth.)

Kommen Sie nicht mit dem Schmäh oder mit den Halbwahrheiten Ihres Bundes­parteivorsitzenden, der gesagt hat: Na das würde den Parteien passen, denn dann wird dieser Betrag auf die anderen aufgeteilt. – Völlig falsch! (Bundesrat Jenewein: Sie wollen ein  System!) Mehrfach ist der Vorschlag vorgebracht worden, die Textierung so zu gestalten, dass dieser Betrag nicht zur Auszahlung gelangt. (Zwischenruf des Bundesrates Ertl.)

Nicht kritisieren und kassieren, diese Schmähs gehen nicht! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

13.09


Präsident Gregor Hammerl: Nun gelangt Frau Bundesminister Dr. Karl zu Wort. – Bitte.

 


13.10.07

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ich möchte den Fokus auf zwei Gesetzesmaterien legen, die in meinen Kompetenzbereich fallen, nämlich das Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz und das Korrup­tionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012. Beide Materien sind eigentlich Zeichen eines gesellschaftspolitischen Wandels in Österreich, und beide Materien sind auch Meilensteine auf dem Weg zu einer neuen politischen Kultur, weil sie nämlich Entscheidungsabläufe transparenter gestalten und damit auch für mehr Akzeptanz der Ergebnisse sorgen.

Demokratiepolitisch vorbildlich war aber auch ihr Zustandekommen, weil es tatsächlich gelungen ist, eine wirklich sachgerechte, eine sehr sachorientierte Diskussion zu führen, sehr sachorientierte Verhandlungen zu führen und nicht nur auf einen lauen Kompromiss abzuzielen, sondern wirklich auch darauf abzuzielen, Verbesserungen im Vergleich zum ursprünglich vorgelegten Entwurf zu erzielen. Damit haben auch alle Parteien gezeigt, dass die österreichische Politik tatsächlich in der Lage ist, gemeinsam nach guten Lösungen zu suchen, und zwar nach Lösungen, die diesem Land dienen und die vor allem auch dazu dienen, den Ruf und das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und in ihre Repräsentanten wieder zu verbessern.

Ich möchte nun aber ganz konkret noch einiges zum Lobbying-Gesetz sagen – wie gesagt, der Langtitel lautet wenig geschmeidig Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz, der Kurztitel Lobbying-Gesetz. Mit diesem Lobbying-Gesetz haben wir tatsächlich Neuland betreten. Es gab hier im Inland noch keine Vorlagen. Es gibt auch wenige Vorlagen im internationalen und europäischen Bereich. Dort, wo es solche Transparenzregister gibt – wie etwa auf Ebene der Europäischen Union –, sind sie meistens auf Freiwilligkeit basierend eingerichtet. Wir haben uns für eine verpflichtende Registrierung entschieden.

Ich will aber eines auch ganz klar sagen: Bei diesem Lobbying-Gesetz geht es nicht darum, Lobbying zu verbieten oder Lobbying zu verhindern; nein, es geht darum, Lobbying und Interessenvertretung zu regulieren. Ich bin davon überzeugt, dass es für Politik und Verwaltung ganz, ganz wichtig ist, dass wir auch die Meinungen von Außenstehenden hören, dass die Meinungen von Außenstehenden, Interessen von Außenstehenden auch in die politischen Entscheidungsprozesse eingebracht werden können. Das wollen wir natürlich beibehalten. Allerdings soll das in Zukunft ganz


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einfach transparenter geschehen, und darum geht es beim Lobbying-Gesetz. Es soll für mehr Transparenz und für entsprechende Rahmenbedingungen bei der Tätigkeit des Lobbying gesorgt werden.

Wie gesagt, die erste Herausforderung war, dass wir da wirklich Neuland betreten haben. Die zweite Herausforderung war, dass es natürlich auch ganz verschiedene Interessen zu berücksichtigen gab, dass es galt, teilweise sehr gegenläufige Interessen zu berücksichtigen. Ich glaube, wir haben wirklich einen guten Weg gefunden; einen guten Weg und das richtige Maß etwa hinsichtlich der Interessen der Lobbyisten und der Interessen der Sozialpartner und kollektiven Interessenvertretungen; oder etwa auch hinsichtlich des verständlichen Wunsches nach mehr Transparenz und Offenheit und dem grundrechtlich verbürgten Geheimhaltungsschutz; und natürlich auch hinsichtlich der Frage, wie die reellen Gegebenheiten in Politik und Verwaltung tatsächlich ausschauen und welche Erwartungen und Bedürfnisse Wirtschaft und Bevölkerung haben.

All das musste irgendwie auf einen Nenner gebracht werden. Wie gesagt, es hat ein sehr breiter Interessenausgleich bei der Gesetzwerdung stattgefunden. Ich bin über­zeugt davon, dass wir einen guten Weg gefunden haben, um im Bereich des Lobbying wirklich für mehr Transparenz zu sorgen.

Damit möchte ich gleich zum Korruptionsstrafrecht kommen. Die Verschärfung und Präzisierung des Korruptionsstrafrechtes ist mir ein ganz, ganz wichtiges Anliegen. Ich habe das von Anfang an, als ich mein Amt als Justizministerin angetreten habe, betont, dass es mir wirklich wichtig ist, die Korruptionsstrafrechtsbestimmungen zu verschärfen und zu präzisieren.

Ich bin immer mit Vehemenz dafür eingetreten, dass wir Regelungen schaffen, die für größtmögliche Transparenz sorgen, aber natürlich auch den Missbrauch von öffent­lichen Befugnissen verhindern. Darum muss es ja gehen. Gleichzeitig – und das war dabei die Herausforderung – mussten wir uns auf einen Text einigen, der wirklich keinen Zweifel daran lässt, was ein erlaubtes Verhalten und was ein strafrechtlich verpöntes Verhalten ist.

Es war natürlich teilweise schwierig, da wirklich diese Grenze zu ziehen – was soll wirklich strafrechtlich verpönt sein, und was soll noch erlaubt sein? –, und vor allem, diese Grenze auch so zu ziehen, dass es für den Rechtsanwender auch verständlich ist, dass für den Rechtsanwender auch klar ist, was er noch tun darf und wann er strafrechtliche Sanktionen zu befürchten hat.

Ich möchte auch noch betonen, dass das Strafrecht natürlich ein besonders heikler Bereich ist. Ich glaube, das müssen wir uns immer vor Augen halten, und das müssen wir uns auch bei den Verschärfungen des Korruptionsstrafrechtes vor Augen halten, weil das Strafrecht als Fundament natürlich einen sehr breiten gesellschaftlichen Konsens braucht.

Strafrecht braucht als Fundament wirklich eine allgemeine Akzeptanz dessen, was in einer Gesellschaft nicht mehr toleriert wird und wo dann eben auch quasi die härteste Strafe einsetzen soll, nämlich der Entzug der persönlichen Freiheit. Da muss man wirklich das richtige Augenmaß finden und sich immer auch vor Augen halten, dass Strafrecht natürlich eine Ultima-Ratio-Funktion hat und – wie gesagt – auch sehr stark in der Gesellschaft verankert sein muss, was man tun darf und was man nicht tun darf.

Diese Grenze – ich habe es bereits angesprochen – zwischen erlaubtem Verhalten und strafrechtlich verpöntem Verhalten muss natürlich möglichst klar gezogen werden, und ich bin der Meinung, dass wir es sehr gut geschafft haben, diese Grenze zu ziehen. Denn: Was ist die große Gefahr, wenn diese Grenze zwischen erlaubtem


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Verhalten und strafrechtlich verpöntem Verhalten nicht richtig gezogen wird, nicht kon­kret genug gezogen wird? – Dann entsteht etwas, das gerade im Bereich der Korrup­tion besonders gefährlich ist, dann entsteht nämlich der Nährboden dessen, wo dieses Achselzucken oder Augenzwinkern stattfindet; und das dann noch verbunden mit einem fehlenden Gespür für Moral, Anstand und Ethik im Bereich der öffentlichen Amtsausübung, gerade das ist fatal in unserer Demokratie, in unserer Gesellschaft.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber schon auch darauf hinweisen, dass Strafrecht natürlich nicht alle Probleme lösen kann. Auch in unserer Gesellschaft kann Strafrecht nicht alle Probleme lösen, aber dennoch vertraue ich darauf, dass klare und strenge Sanktionen eine abschreckende Wirkung haben. Und – ich möchte das noch einmal betonen –: Klare und verständliche Strafrechtsnormen sind natürlich unbedingt notwendig, um Korruption zu unterbinden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jänner dieses Jahres haben wir den sogenannten GRECO-Bericht veröffentlicht; das ist der Bericht der Staatengruppe zur Verfolgung von Korruption, angesiedelt beim Europarat. GRECO hat eine Empfehlung zum österreichischen Korruptionsstrafrecht abgegeben, und wir haben diese Empfehlungen im Jänner veröffentlicht.

Dieser Bericht von GRECO enthält zehn Empfehlungen betreffend Verschärfung des österreichischen Korruptionsstrafrechtes. Damals habe ich schon verkündet, dass ich die GRECO-Empfehlungen umsetzen möchte. Mir war von Anfang an klar, dass es ein sehr ehrgeiziges Ziel ist, diese zehn Empfehlungen umzusetzen, und ich hätte damals wirklich nicht gedacht, dass es so schnell gehen wird und dass wir es so schnell schaffen werden, nämlich gleich mit einem Schlag acht dieser zehn GRECO-Empfeh­lungen umzusetzen. Also mit dem nun vorliegenden Korruptionsstrafrechtsände­rungs­ge­setz 2012 werden tatsächlich mit einem Schlag acht von zehn GRECO-Emp­fehlungen umgesetzt.

An dieser Stelle möchte ich wirklich ein großes Lob an alle Justizsprecher der fünf Parlamentsfraktionen aussprechen, weil sie natürlich sehr, sehr stark in die Entstehung dieses Korruptionsstrafrechtes eingebunden waren. Es hat wirklich ein vorbildlicher Prozess auf parlamentarischer Ebene stattgefunden.

Das Justizministerium hat gemeinsam mit den fünf Justizsprechern den ursprünglichen Entwurf noch verfeinert, quasi ausgefeilt, sodass er heute so vorliegt, wie Sie ihn sehen. Es ist tatsächlich gelungen, zwischen allen fünf Fraktionen ein Arbeitsklima zu schaffen, das tatsächlich als vorbildlich bezeichnet werden kann. Es war ein sehr konstruktives Arbeitsklima, und dadurch ist es auch gelungen, Lösungen zu finden, die auf einem sehr breiten Konsens beruhen.

Es wurde ja gestern im Nationalrat das Korruptionsstrafrecht mit den Stimmen aller fünf Fraktionen beschlossen. Wie gesagt, das fußt natürlich auch auf den sehr umfang­reichen gemeinsamen Vorarbeiten, wobei wir auch unabhängige Experten eingebun­den und auf ihren Rat gehört haben.

Dass wir diesen breiten Konsens zwischen allen fünf Parlamentsfraktionen finden konnten, ist, glaube ich, auch deshalb wichtig, weil hier eine Basis geschaffen wurde, damit nicht gleich, wenn das Gesetz beschlossen ist, die Streitereien beginnen, wie einzelne Gesetzesbegriffe auszulegen sind. Das ist natürlich schon ein wichtiger Punkt. Wir brauchen eine klare Textierung im Bereich des Korruptionsstrafrechtes, um für eine möglichst einheitliche Auslegung zu sorgen.

Dies liegt natürlich auch daran, wie wir nun im Ministerium einen Einführungserlass ausarbeiten, in dem eben wirklich darauf hingearbeitet wird, für die Staatsan­walt­schaf­ten und die Gerichte klarere Regelungen vorzugeben, wie die einzelnen Bestim­mun-


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gen zu interpretieren sind, und ich halte das für sehr, sehr wichtig. Wir haben bis zum Inkrafttreten, nämlich bis 1. Jänner 2013, Zeit, diesen Einführungserlass auszuar­beiten, um eben auch dadurch für eine einheitliche und klare Rechtsanwendung zu sorgen.

Hinzu kommt natürlich auch, dass wir im Bereich der Korruption eine zentrale Staats­anwaltschaft haben, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, und diese zen­trale Staatsanwaltschaft eine wichtige Funktion bei der einheitlichen Rechtsan­wendung im Bereich des Korruptionsstrafrechtes hat.

Abschließend möchte ich noch kurz auf die wesentlichen Eckpunkte des neuen Korruptionsstrafrechtes eingehen: Besonders wichtig ist die vollständige Einbeziehung der Abgeordneten in den Begriff der Amtsträger, was auch zu deren vollständiger Einbeziehung in die Bestechungsdelikte führt. Das entspricht einerseits einer Verpflich­tung aus der UNO-Konvention gegen Korruption und andererseits den bereits von mir angesprochenen GRECO-Empfehlungen.

Auch im Bereich der öffentlichen Unternehmen werden Verschärfungen vorgenommen, das entspricht wiederum einer Kritik der OECD. So wird eben der Amtsträgerbegriff auch auf Organe und Mitarbeiter aller Rechtsträger des öffentlichen Rechts und der öffentlichen Unternehmen ausgeweitet, wobei öffentliche Unternehmen so definiert werden, dass es sich da um Unternehmen handelt, an denen die öffentliche Hand mehr als 50 Prozent hält beziehungsweise die der Rechnungshofkontrolle unterliegen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch der Entfall der Dienstrechtsakzessorietät, auch das basiert auf internationalen Empfehlungen. Da geht es um die Vorteilsannahme durch Amtsträger. Bei dieser Vorteilsannahme durch Amtsträger soll nun nicht mehr rein auf das Dienstrecht abgestellt werden, weil wir nämlich Gruppen von Amtsträgern haben, für die kein Dienstrecht gilt. Das ist etwa bei Ministern, Landeshauptleuten oder Bürgermeistern der Fall. Und weil es für sie kein Dienstrecht gibt, ist diese Regelung nie zur Anwendung gelangt, und diese Lücke wollen wir nun schließen.

Es soll nunmehr einerseits hervorgehoben werden, dass für ein Amtsgeschäft niemals ein Vorteil gefordert werden darf und dass darüber hinaus für ein pflichtgemäßes Amtsgeschäft kein ungebührlicher Vorteil angenommen werden darf. Keine ungebühr­lichen Vorteile sind solche, deren Annahme gesetzlich erlaubt ist, die im Rahmen der Verpflichtung zur Repräsentation angenommen werden, die gemeinnüt­zigen Zwecken gewidmet sind oder die ganz einfach orts- und landesübliche Aufmerk­samkeiten geringen Werts darstellen, soweit die Tat nicht gewerbsmäßig begangen wird. Weiters gibt es auch in Bezug auf die Korruption im privaten Bereich Verschär­fungen, da haben wir Präzisierungen vorgenommen, und die Strafdrohungen werden erhöht.

Ein weiterer Bereich, der in den Diskussionen sehr stark im Vordergrund gestanden ist, betrifft das sogenannte Anfüttern. Das ist deshalb interessant, weil es eigentlich keine internationale Empfehlung gibt, das sogenannte Anfüttern strafbar zu machen. Trotz­dem hat es in Österreich immer wieder eine heftige Diskussion gegeben, und wir haben natürlich gesehen, dass es im Bereich des Anfütterns einer Präzisierung und Verschärfung bedarf, und diese Präzisierung und Verschärfung wurde vorgenommen. Es wird nunmehr auf den Zusammenhang mit einem konkreten Amtsgeschäft verzichtet, und es soll wirklich das verpönt werden, worauf das Anfüttern wirklich abzie­len soll, und zwar die Beeinflussung der Amtstätigkeit. Künftig soll eben keine Beeinflussung der Amtstätigkeit mehr stattfinden. Das Kriterium für die Strafbarkeit des Anfütterns ist damit das Abstellen auf eine wohlwollende Behandlung.

Das heißt, wenn der Amtsträger also mit dem Vorsatz der sogenannten Klimapflege einen ungebührlichen Vorteil annimmt oder sich versprechen lässt, ist eine Freiheits­strafe von bis zu zwei Jahren vorgesehen. Die Annahme geringfügiger Vorteile soll


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aber grundsätzlich straflos sein, außer es liegt wieder Gewerbsmäßigkeit vor. Wobei man auch eines sagen muss: Wie bei jedem strafrechtlichen Tatbestand müssen natürlich auch in solchen Fällen die Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden. Wir haben bei den vorgenommenen Verschärfungen auch das berücksichtigt, was von Herrn Bundesrat Klug angesprochen worden ist, nämlich die politische Tätigkeit nicht zu verunmöglichen.

Wenn Sie sich zurückerinnern, war damals die sehr große Kritik im Jahr 2008, als das Anfüttern verschärft wurde, und die sehr große Unsicherheit: Was darf ich als Politiker, als Politikerin überhaupt noch tun, darf ich noch zu kulturellen Veranstaltungen gehen, zu Sportveranstaltungen gehen et cetera? Deswegen haben wir auch ausdrücklich im Gesetzestext hervorgehoben, dass natürlich die Wahrnehmung von Repräsentations­verpflichtungen sehr wohl möglich sein muss – klarerweise –, denn das ist ja Teil unserer politischen Tätigkeit. Ich halte es auch für ganz, ganz wichtig, dass klargestellt ist, dass das natürlich nicht unter den Tatbestand des Anfütterns fällt, denn das gehört zur politischen Arbeit, und das soll auch weiter möglich sein, und das wollten wir mit diesem Gesetz auch wirklich zweifelsfrei hervorheben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man muss immer eines sehen: Korruption schadet dem Rechtsstaat, und der Rechtsstaat ist ein Fundament unserer Demokratie. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik, in ihre Repräsentanten und natürlich auch in die öffentliche Verwaltung ist von ganz essenzieller Bedeutung, denn wenn dieses Vertrauen nicht mehr gegeben ist, dann steht auch die Demokratie auf dem Spiel. Und deshalb bin ich der Meinung, dass wir in dem Bereich wirklich diese Ultima-Ratio-Funktion des Strafrechtes, die ich bereits angesprochen habe, völlig richtig eingeschätzt und zum Einsatz gebracht haben.

Ich denke, dass wir im internationalen Vergleich auch wirklich ein vorbildliches Regel­werk erarbeitet haben, und dieses Zustandekommen kann und wird auch ein wichtiger Beitrag für die Rückgewinnung von Moral und Anstand im Geflecht öffentlicher Aufga­ben und öffentlicher Wirtschaft sein.

Wir haben mit diesen beiden Gesetzen, auf die ich hingewiesen habe, den Grundstein für mehr Ehrlichkeit und Transparenz in Politik und Wirtschaft gelegt. Nun müssen natürlich diese Werte in Politik und Wirtschaft auch gelebt werden, und abschließend möchte ich wirklich noch allen, die daran beteiligt waren, für die konstruktive Zusam­menarbeit danken, und ich würde mir wünschen, dass diese konstruktive Zusammen­arbeit, wie sie in diesem Fall stattgefunden hat, auch beispielgebend für weitere justiz­politische Vorhaben und Diskussionen ist. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.26


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesminister! Hoher Bundesrat! Ich darf Frau Nationalratsabgeordnete Marek und die russischen Waisenkinder, die in Wien auf Besuch sind, herzlich begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen in der Tagesordnung weiter.

Ich darf Herrn Bundesrat Schreuder um seinen Redebeitrag bitten.

 


13.26.53

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte BesucherInnen, die uns jetzt schon wieder verlassen – schade! Frau Marek, ich grüße Sie! Sechs Gesetze in zehn Minuten zu diskutieren ist natürlich ein bisschen schwierig, aber ich werde jetzt mein Bestes tun. Zum einen möchte ich natürlich schon die Kollegin Mühlwerth und den Herrn Kollegen Kneifel insofern unterstützen, als Parallelveranstaltungen in die­sem Fall eine äußerst schwierige Angelegenheit sind und wir das auch für problema-


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tisch halten. Das Tempo – Frau Mühlwerth ist jetzt allerdings leider gerade rausge­gangen – der schnellen Entscheidungen halte ich in der Politik aber durchaus einmal für angemessen und auch in Ordnung, und da darf auch einmal ein Transparenzpaket zu einem politischen Transpiranzpaket werden. Dann hat man es halt ein bisschen eilig, dann hat man etwas zu tun, das finde ich in Ordnung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit 1987 kämpfen die Grünen für Transparenz in der Parteienfinanzierung, und man kann am heutigen Tag durchaus sagen, dass sich Geduld, Zähigkeit und Unerbittlichkeit mitunter auch lohnen. Es war noch die Kollegin Petrovic, die das damals eingebracht hat. Jahre später – sie wird sich hoffentlich freuen – wird etwas Realität, was wir uns schon seit Langem wünschen. (Zwischenruf des Bundesrates Hensler.) – Ja, bitte, mit schönen Grüßen.

Es ist allerdings kein Tag, an dem man jubeln soll, und wir werden jetzt auch nicht jubeln. Es ist ein Tag, an dem man als Staatsbürger, Staatsbürgerin, nicht nur unbe­dingt als Abgeordnete oder Abgeordneter, erleichtert sein muss, weil man nach all den Skandalen, die wir in den letzten Monaten und eigentlich schon seit über einem Jahr erleben müssen und die im Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden, geschockt gewesen ist – das zum einen.

Zum anderen hat sich zu Recht jeder und jede gefragt: Wie geht das mit dieser Par­teiendemokratie weiter? Und dieses Gesetz ist natürlich eine Antwort darauf, und wir halten es für ganz wichtig. Dass Sponsoring, Spenden und Inserate jetzt offengelegt werden müssen, das wollten wir schon lange, und endlich ist es so weit.

Ich möchte mich auch bei all den grünen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die sich bei den Verhandlungen eingesetzt haben, denn ohne die Zähigkeit der Grünen wäre wohl dieses Transparenzpaket nicht in dieser Form zustande gekommen.

Da uns Frau Kollegin Mühlwerth hier unterstellt hat, wir würden den Boden bereiten für die – wie haben Sie das ausgedrückt? –, wir würden bei einem Gesetz zustimmen, das eine Verfassungsmehrheit braucht, und deswegen würden wir den Boden bereiten, damit wir bei einem anderen Gesetz, wo es um die Erhöhung der Parteienförderung geht  – oder irgendwie so –:

Zu Ihrer Beruhigung – und auch zur Klarstellung nach den vielen Unwahrheiten, die gestern im Nationalrat vonseiten der FPÖ gesagt worden sind –: Wir Grünen werden die Erhöhung der Parteienförderung ablehnen, und wir werden der Parteien­finan­zierungs-Transparenz zustimmen, und das mit großer Überzeugung.

Das ist überhaupt der Unterschied zwischen dem Abstimmungsverhalten der Frei­heitlichen Partei und jenem der Grünen: Wo es um Transparenz und Offenlegung geht, stimmen wir heute zu. Wo es um Verschleiern und Vertuschen geht, stimmt die FPÖ zu. (Bundesrat Mag. Klug: Genau!) – So einfach ist das. Und das sollten die Staats­bürgerinnen und Staatsbürger auch wissen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Denn es ist wichtig, dass der Staatsbürger und die Staatsbürgerin das Grundrecht haben, zu erfahren: Wer hat sich für welche Gesetze starkgemacht? Wer hat wo Einfluss genommen? Wer hat wen angefüttert?, was ja zum Glück jetzt auch straf­rechtlich verfolgt werden kann. Wie wird die Demokratie finanziert?, eine ganz ent­scheidende Frage für jede Demokratie. Und wie werden die Parteien – wenn es eine Parteiendemokratie ist – finanziert? Und mit welchem Zweck gibt es welche Spenden? Das ist ja immer ganz wichtig. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Haben die Grünen im Transparenzpaket 100 Prozent von dem, was sie wollten, er­reicht? – Nein.


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Hätten wir, weil wir 100 Prozent nicht bekommen, nicht verhandeln sollen, so wie es andere Parteien machen, und zu 90 Prozent Nein sagen sollen? – Nein, denn wir finden 90 Prozent auch gut. Deswegen stimmen wir vielen Teilen heute zu – aber eben nicht allen.

Die Grünen – und das hier zu sagen, halte ich auch für wichtig – bekennen sich auch zu einer öffentlichen Parteienfinanzierung. Die Grünen bekennen sich zu einer Demokratie, die auch etwas kosten darf. Die Grünen bekennen sich auch zu einer Demokratie, die nicht davon abhängig gemacht werden darf, welche Interessen durch welche Spenden wie auf die Politik Einfluss nehmen. Das halten wir für ganz, ganz wichtig. Die Summe allerdings, wie gesagt, die Erhöhung der Parteienförderungen, die heute beschlossen wird, die lehnen wir ab.

Was die FPÖ betrifft, so schließe ich mich übrigens den Fragen von meinem Kollegen Klug an und hätte auch ganz gerne, dass eine Rednerin oder ein Redner der FPÖ noch hier herauskommt und uns erklärt, warum sie in den Verhandlungen – das ist ja nicht nur ein Gerücht, das von der SPÖ verbreitet wurde, sondern das wissen wir ja alle – gegen Spenden an Parteien aus dem Ausland war. Mich würde das nach wie vor interessieren. Vielleicht würden Sie das gerne einmal offenlegen, wer die Tsche­tschenien-Reise Ihrer Kollegen finanziert hat, und zu welchem Zweck. Das würde ich sehr gerne erfahren. (Ja-Rufe bei der SPÖ.) Vielleicht legen Sie das endlich auch einmal offen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Wir sind allerdings nicht für alle Gesetze, wie gesagt. Die Regelung bezüglich der Nebeneinkünfte werden wir ablehnen, weil uns das immer noch zu sehr verschleiert, zu viel Unklarheit bestehen lässt. Man weiß zwar, wer wie viel verdient, das kann dann aber zum Beispiel ein Berater sein – ich bin ja auch ein Berater, ich mache Kom­muni­kationsberatung –, es kann aber auch ein Angestellter sein. Veröffentlicht wird dann nur eine Gesamtsumme, was man verdient hat. Das ist zu wenig. Ich würde da viel mehr machen.

Und das Lobbyistengesetz, das Sie vorhin angesprochen haben, das werden wir auch ablehnen – Sie wissen es ohnehin –, denn aus unserer Sicht müsste, im Idealfall, ein Lobbyistengesetz wie aussehen? – Im Idealfall müsste jeder Bürger und jede Bürgerin auf elektronischem Weg und zeitnah, in dem Augenblick, wo politische Entscheidungen fallen, wissen: auf welches Gesetz und welche Verordnung hat welches Unternehmen oder welcher Lobbyist – oder welcher Auftraggeber oder welche Auftraggeberin steckt hinter diesem Lobbyisten und so weiter – mit wie viel Geld Einfluss genommen, und wer hat wie auf die Gesetzgebung Einfluss genommen.

Es gibt allerdings zwei Register – das wissen wir, und es ist wichtig, das zu sagen –: Es gibt ein Register A2, das ist öffentlich, und ein Register A1, das ist nicht öffentlich. (Ruf: Umgekehrt!) Umgekehrt. Ja, richtig.

Das Lobbying-Gesetz sieht aber nur vor, dass die unmittelbar beteiligten Funk­tions­träger und -trägerinnen, die Lobbyingunternehmer und -unternehmerinnen und die Auftraggeberinnen und Auftraggeber selbst Einsicht haben in wesentliche Dinge, die mit dem Lobbyismus zu tun haben. Und das reicht uns nicht.

Das Korruptionsstrafrecht wiederum begrüßen wir, da stimmen wir gerne zu. Das Verbot des Anfütterns ist ja auch schon seit Langem eine Forderung der Grünen gewesen. Dass das Privileg für Abgeordnete fällt, finden wir richtig. Und dass die Ein­bindung staatsnaher Unternehmen jetzt auch gewährleistet ist, begrüßen wir auch.

In diesem Sinne: Ein interessanter Tag heute, ein wichtiger Tag heute. Wir werden dranbleiben müssen. 90 Prozent sind noch immer keine 100 Prozent, und unsere


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Zähigkeit geht weiter. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.35


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer. – Bitte schön.

 


13.35.10

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Ich bin froh, dass Frau Bundesrätin Mühlwerth wieder zurück in den Saal gekommen ist. Ich weiß nicht, Frau Bundesrätin, ob Sie sich noch erinnern können: Wir haben uns einmal auf der Straße getroffen. Ich habe gerade mit meiner Frau den Familieneinkauf erledigt, Sie haben Zettel verteilt. Und wir haben ein ganz normales, vernünftiges – wie es zwischen Menschen halt ab und zu stattfindet – Gespräch geführt. Was ich nicht verstehe, ist: Fühlen Sie sich wohl, wenn Sie dann hier herausgehen und mit Unterstellungen und mit Beleidigungen arbeiten? (Bundesrätin Mühlwerth: Wo habe ich Sie beleidigt?)

Ich sage es Ihnen. Sie haben zwei Dinge gesagt: „Wenn man Medien aus­nahmsweise Glauben schenken darf“. – Falls Sie das ernst meinen, beleidigen Sie damit eine Unzahl von Journalistinnen und Journalisten. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Und das Zweite, was Sie gesagt haben: „Am Abend wird der Faule fleißig.“ (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Ich kann es nicht akzeptieren, dass Sie all die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch die Abgeordneten, die da Stunden, Tage, Abende lang, manchmal auch in der Nacht gearbeitet haben, um das wohl beste Parteiengesetz, das Österreich je hatte, nach 37 Jahren, zu schaffen, ein Gesetz, das von Experten, die in diesem Bereich tatsächlich Experten sind, als großer Wurf bezeichnet wurde, dass Sie die alle beleidigen.

Ihre Fraktion – Ihre Fraktion! – war es, die mitten in den Verhandlungen einen Termin abgesagt hat. Ihre Fraktion war es, die immer wieder am Abend gefragt hat, wie lange es noch dauert und ob wir open end verhandeln. Mein Vorschlag war, open end zu verhandeln, um früher fertig zu werden. Was Ihre Fraktion betrifft, so hat Klubobmann Strache dann eine Aussendung gemacht, nachdem Herr Kickl oder sein Büro einen Abendtermin abgesagt hat, dass sie die Verhandlungen einstellen. – Ich finde, dann haben Sie nicht das Recht, all die, die da intensiv daran gearbeitet haben, zu beleidigen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Und ich kann Ihnen sagen – und das ist der Vorteil, den ich habe: ich war dabei; ich war dabei, als wir es auf der Ebene der Koalitionsparteien in der Sechser-Runde verhandelt haben, und ich war dabei, als wir danach zuerst mit allen parlamentarischen Fraktionen verhandelt haben –, wo Ihre Partei nicht mitgehen wollte, nämlich bei Wahlkampfkostenbegrenzung und bei Strafen, Verwaltungsstrafen.

Und was die Frage der Spenden betrifft – damit das auch klar gesagt ist, weil jetzt irgendwie auch Klubobmann Strache in der Diskussion, die ich mit ihm im Radio hatte, gesagt hat, ihr seid gegen Spenden –: Bis vor zwei Wochen wart ihr noch nicht gegen Spenden. Und als im Jahr 2010 die Bundesgeschäftsführer verhandelt haben – darüber gibt es schriftliche Protokolle –, so war damals Kickl dabei und mit einer 7 000 €-Grenze einverstanden. – Ich kann es Ihnen, wenn Sie wollen, vorlesen. Ich kann es Ihnen nachher auch zeigen.

Wir haben uns jetzt verständigt auf 3 500 € als Bagatellgrenze. Und all diese Bestim­mungen, die wir einführen und die wir mit den Grünen dann verhandelt haben, sind ein


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derartiger Quantensprung an Transparenz, dass es für mich völlig unverständlich ist, da nicht mitzugehen, wenn man Transparenz haben will.

Denn: Das zweite Thema, also die Frage der Parteienförderung – Gerald Klug hat schon ausführlich dazu Stellung genommen –, ist in einem eigenen Gesetz geregelt. Das heißt, Sie können beim Transparenzgesetz mitgehen, ohne dass Sie beim anderen sozusagen mit dabei sind.

Wobei ich Ihnen noch etwas sage: In den Verhandlungen, die wir geführt haben, hat damals Kollege Petzner vom BZÖ gegen Parteienförderung argumentiert. Und wissen Sie, was Kickl sagte? – Er sagte: Wenn die es nicht wollen, dann machen wir ein eigenes Gesetz, dass sie darauf verzichten können. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Das ist völlig falsch, was Sie sagen. (Bundesrätin Mühlwerth: Wir haben nie gesagt, !) – Lassen Sie mich ausreden!

Im Verfassungsausschuss hat Klubobmann Kopf den Vorschlag gemacht, dass ihr einen Antrag einbringen könnt, wir euch bei der Formulierung helfen, damit nicht das passiert, was Sie befürchten, nämlich wenn Sie darauf verzichten, dass es auf die anderen aufgeteilt wird. Wir hätten eine Formulierung gefunden, dass Sie verzichten können und es im Steuertopf bleibt, vielleicht hätten wir sogar eine Zweckwidmung vereinbaren können.

Seien Sie doch ehrlich: Sie wollen nicht mitstimmen, aber Sie wollen mitkassieren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Stadler: So ist es!) Ich kann schon irgendwie nachvollziehen, dass Sie diese Position einnehmen, nur: ehrlich ist sie nicht! Ehrlich wäre es gewesen, wenn Sie einen Antrag im Nationalrat oder vielleicht schon im Verfassungsausschuss eingebracht hätten, wo eine Verzichts­möglichkeit vorgesehen ist und wo klargestellt wird, dass Verzicht nicht heißt, dass es auf die anderen aufgeteilt wird. (Bundesrätin Mühlwerth: Wieso sollten wir einen Antrag einbringen, wenn ? Sie vermischen da Äpfel mit Birnen, Herr Staatssekretär!)

Sie widersprechen sich auch insgesamt, weil Sie sagen, Sie wollen jetzt gar keine Spenden mehr haben, und weil Sie sagen, Sie wollen gar keine Wahlkampf­kosten­be­schränkung haben, aber gleichzeitig haben Sie bei der Novelle des Bundesprä­sidentenwahlgesetzes mitgestimmt, wo es sehr wohl eine Wahlkampfkosten­begren­zung gibt und wo es eine Spendengrenze mit 3 500 € gibt. Also im einen Fall sagen Sie ja, im anderen Fall sagen Sie nein. Ob das eine Linie ist, die irgendwer nachvoll­ziehen kann, weiß ich nicht, ich kann es jedenfalls nicht.

Außerdem möchte ich Ihnen noch sagen: Sie verpassen die Chance, einem inter­national herzeigbaren, wahrscheinlich sogar europaweit führenden Parteiengesetz zuzustimmen, wo wir nicht nur alle Vorschläge, die von den Experten gekommen sind, berücksichtigt haben, sondern wo wir alle Punkte, teilweise sogar über das hinaus­gehend, was GRECO gemacht hat – GRECO hat einerseits zum Korruptions­strafrecht, Justizministerium, und andererseits zum Parteiengesetz, uns betreffend, viele Vor­schläge gemacht –, eingebaut haben. Und das führt dazu, dass die Experten sagen: Es ist ein hervorragender Wurf! – Sie verpassen jetzt diese Chance!

Ich möchte hier heute diese Gelegenheit nutzen, allen zu danken, die da ganz intensiv und sehr konstruktiv mitgearbeitet haben. Wir haben viel daran gearbeitet: die Kollegen aus dem Bundeskanzleramt, aus dem Verfassungsdienst, aus dem Büro – Herr Alexan­der Klingenbrunner ist schon wieder der, der gelobt werden muss, auch Herr Patrick Segalla; im Zusammenhang mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit habe ich auch diese beiden erwähnt, aber sie haben auch da ganz intensiv mitgearbeitet –, die Mitarbeiter der Klubs von ÖVP, SPÖ und den Grünen und ganz besonders Klubob­mann Josef Cap, Klubobmann Karlheinz Kopf, Werner Kogler und Dieter Brosz. Es


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waren anstrengende, intensive, aber konstruktive Gespräche mit einem hervorra­genden Ergebnis. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

13.43


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Keuschnigg zu Wort. – Bitte.

 


13.43.12

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In zwei großen Schritten versuchen wir, der Nationalrat und auch der Bundesrat, Regelungen zu schaffen, um Sauberkeit und Transparenz in allen öffentlichen Belan­gen zu sichern – das ist hier heute schon ausreichend besprochen worden –, aber auch, um die Erfüllung des zeitgemäßen Anspruchs der Bürgerinnen und Bürger auf Information und auf Transparenz zu gewährleisten, und zwar im Sinne einer Demo­kratie auf hohem Niveau.

Wir machen das auf europäischem Spitzenniveau, und ich glaube, wir können auf diese Gesetze stolz sein. Wir schaffen damit eine neue Basis für das Vertrauen in die Politik, in die politischen Abläufe, in die Systeme der Politik. Ich meine, das ist die Grundlage aller unserer Politik.

Ich nehme in der Argumentation zu dieser großen Zahl von Gesetzen auch das Medientransparenzgesetz dazu, weil man sieht, wie groß die Vielfalt ist, die es hier zu regeln gilt.

Ich möchte nun schon zum wiederholten Male – und es ist im Grunde eigentlich hier schon sehr viel gesagt worden – auf die Parteienförderung, auf die Parteienfinan­zierung eingehen, weil sich die FPÖ darauf so einschießt, insbesondere aber deshalb, weil es wirklich eine ganz, ganz grundsätzliche Frage ist.

Das Funktionieren der Demokratie basiert auf der Sachinformation der Bürgerinnen und Bürger, und das Niveau der Sachinformation der Bürgerinnen und Bürger ist in vielen Bereichen das Zählwerk des Funktionierens dieser Demokratie. Ich möchte als Beispiel dafür den ESM, den Europäischen Schutzschirm, heranziehen, den wir in wenigen Tagen auch hier im Bundesrat zu behandeln haben werden. Es geht da um viele verschiedene Dinge, auf jeden Fall um ganz große Summen von Geld. Es geht da naturgemäß um internationale Zusammenhänge, die auch eines hohen Maßes an Transparenz und an Sachinformation bedürfen. Aber es gibt diesbezüglich leider ein hohes Maß an Uninformiertheit in weiten Teilen der Bevölkerung, und es herrscht da – wir verfolgen das in den Internetforen – ein hohes Maß an Verzerrtheit und an Falschinformation in der Diskussion.

Es ist die Aufgabe der politischen Parteien und ihrer Gliederungen, ihrer Vorfeldor­gani­sationen und ihrer Zielgruppenorganisationen, diese Sachdiskussion zu führen, aber wir brauchen dafür Personal, Drucksorten, Veranstaltungen, Internetversorgung. Und für all das brauchen wir natürlich auch Geld.

Nun zu einem anderen Thema, das in den letzten Tagen ganz an die Oberfläche der Diskussion gedrungen ist, nämlich zur Zukunft Europas: Wir erleben da derzeit einen unglaublichen Veränderungsdruck und einen unglaublichen Zeitdruck. Wir wissen nicht, wo wir in fünf Jahren stehen werden. Und da müssen wir alle gemeinsam, alle politi­schen Parteien, wo immer wir stehen, die österreichische Bevölkerung, unsere Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Und da haben wir einen ganz hohen Bedarf an Sachdiskussion, die ganz entscheidend ist. Und wer sonst als wir sollte das machen?

Wenn du, liebe Monika – wir haben ja in vielen Bereichen auch an sich gute Dis­kussionen –, hier von einem unverschämten Griff in die Taschen der Bürgerinnen


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und Bürger sprichst, dann gehen wir davon aus, dass du unter Parteidisziplin stehst und das so sagen musst, denn wir glauben dir alle nicht, dass du das so glaubst, denn wer bei der Demokratie und bei den finanziellen Mitteln zu sehr spart – natürlich muss man darauf achten, wo die Latte zu legen ist, das ist schon klar; das ist immer wieder neu festzulegen –, wer hier zu sehr spart, leistet der Verluderung, der Verschluderung der Demokratie, auf die wir alle stolz sind, Vorschub. Und ich habe schon gesagt: Die Qualität der Demokratie misst sich am Informationsstand der Bürgerinnen und Bürger! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir betreten mit diesen neuen Regelungen natürlich auch Neuland, das wissen wir alle. Es war bei uns bisher immer üblich und Tradition – vielleicht hat sich das wirklich in einer gewissen Weise überholt –, dass wir, wenn wir etwas publiziert haben oder Veranstaltungen organisiert haben, wenn wir Öffentlichkeitsarbeit gemacht haben – ich sage: im besten Wollen, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und diese Sach­arbeit zu leisten! –, an die Wirtschaft und an Sponsoren herangetreten sind und um Mittel angefragt haben.

Wir alle wissen nicht, wie das in der Zukunft sein wird, wie die alle darauf reagieren werden. Wir betreten hier Neuland. Es wird manches nicht mehr so gehen wie bisher. Es wird sich manches verändern, aber wir hoffen, dass sich diese Regelungen, so wie wir sie hier festgelegt haben, bewähren. Ich denke, sie sind mit einem vernünftigen Augenmaß aufgestellt worden, und wir wünschen uns alle offene politische Parteien, die ihrer demokratischen Aufgabe in moderner, nachhaltiger, transparenter Form nachkommen. Dafür, meine ich, haben wir jetzt die Grundlagen geschaffen.

Jetzt geht es um den Praxistest, jetzt müssen wir das in der Praxis leben. In Summe haben wir dafür eine gute Grundlage geschaffen, die wir wirklich unterstützen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.49


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Todt zu Wort. – Bitte.

 


13.49.13

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wenn wir heute dieses um­fassende Transparenzpaket beschließen, schaffen wir die besten Voraussetzungen für Sauberkeit in der Politik. Das Transparenzpaket enthält strenge Regeln und Rechen­schaftspflichten für Parteien und politische Mandatare auf allen Ebenen. Es sorgt aber auch für klare Kontrollen und Sanktionen, damit diese Einhaltung garantiert wird.

Ich möchte nur ein paar Punkte des Parteiengesetzes in Erinnerung rufen. Einiges davon wurde schon gesagt.

Erstens: Es wird eine einheitliche Rechenschaftspflicht für politische Parteien geben. Das heißt nichts anderes, als dass diese Rechenschaftspflicht bewirken wird, dass Parteien vergleichbarer werden. Warum nicht? Öffentlicher, transparenter! Und es erstreckt sich auf alle Gliederungen der Partei, auf Bund, Land, Bezirke und Gemein­den. All das wird um einiges transparenter werden.

Zweitens: Es gibt eine Absicherung gegen Umgehung. Auch nahestehende Organi­sationen – und das betrifft ja einige; gerade in der Sozialdemokratie betrifft es einige nahestehende Organisationen – werden miteinbezogen, aber auch wahlwerbende Gruppen und Abgeordnete.

Drittens: Es gibt klare Regelungen zur Offenlegung von Spenden sowie Spenden­verbote. Diese sind klar definiert. Erfasst sind Geld-, Sach- und Personalspenden. Spenden ab einer Jahressumme von 3 500 € sind in einer Anlage zum Rechenschafts-


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bericht (Liste) samt Identität der Spender auszuweisen. Das bedeutet also, klar zu definieren. Das heißt, es geht dann nicht, dass man das splittet, in der Gemeinde alles gibt, was darunter liegt, sondern es wird zusammengezählt und veröffentlicht. Und Spenden ab 50 000 € sind überhaupt unverzüglich zu melden. – Ich könnte jetzt pole­misch werden und sagen, vielleicht stimmen einige deswegen auch nicht zu.

Viertens: Erfasst sind auch Sponsoring ab einer Jahreshöhe von 12 000 € sowie Inse­rate ab einer Einzelhöhe von 3 500 €.

Dies muss in einer Anlage zum Rechenschaftsbericht jährlich in Form einer Liste aus­gewiesen werden. Spenden und Sponsoring an Bundes-, Landes- und Bezirksorgani­sationen sind zusammenzurechnen. Also, es gibt eine ganz neue Regelung für diese Bereiche.

Verboten sind auch Spenden von Parlamentsklub und politischen Bildungsein­rich­tungen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mit mindestens einem Viertel beteiligt ist – das trifft hier besonders einen Betrieb, an dem die öffentliche Hand mit 25 Prozent beteiligt ist, der heißt Telekom, soweit ich das weiß –, von spendenbegünstigten Einrichtungen, Spenden, die in Erwartung einer Gegenleistung gegeben werden, Auslandsspenden über 2 500 € – ich habe im Hinterkopf und im Gedächtnis, dass manche Parteien hier um einiges mehr von ausländischen Magnaten bekommen haben; vielleicht war das auch mit ein Grund dafür, hier nicht zuzustimmen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Nein? Hat der Bundesparteiobmann nicht damals Jörg Haider geheißen? (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Weiß ich nicht mehr. Oder war das nicht mehr einer von euch? War der immer woanders? (Bundesrätin Mühlwerth: Man kann immer irgend­welche !)

Aber, schauen Sie, es ist ganz einfach: Zählt man eins und eins zusammen, dann merkt man, dass man eigentlich dann nicht zustimmen kann, denn das könnte ja wieder so sein, und vielleicht kriegt man ja wieder von irgendwem etwas und findet jemand anderen. (Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Noch einmal! Ich habe Sie nicht verstanden, Frau Mühlwerth. (Bundesrätin Mühlwerth: Dafür habt ihr euch jetzt die Parteienförderung erhöht, weil ihr sonst ganz verarmt!)

Ich glaube nicht, dass die Parteien, die diesem Gesetz zustimmen, keine Spenden mehr bekommen. Es wird nur ein bisschen mehr Arbeit werden, die Spenden aufzu­listen, zusammenzuzählen und darzustellen. Das wird die Arbeit sein. Und die Arbeit wird man sich machen müssen, weil es schlicht und einfach der Transparenz dient. Ich glaube nicht, dass es weniger Spenden geben wird, sondern es wird eine andere Moral einziehen und es wird auch eine andere Spendenmoral geben. Und diejenigen, die Spenden geben, werden sich auch daran gewöhnen müssen, dass diese Spenden auch veröffentlicht werden.

Es ist überhaupt nichts dabei! Im Deutschen Bundestag geben große Firmen wie BMW, wie Mercedes und viele andere mehr an Parteien öffentliche Spenden und dekla­rieren das auch, und es wird auch dargestellt. Also, was ist da dabei? Was ist da dabei, dass das auch in Österreich passiert? Was spricht da dagegen? (Bundesrätin Mühlwerth: Gar nichts, aber dass es weniger !) Ja warum stimmen Sie dann nicht zu? Wenn nichts dagegen spricht, dann können Sie diesem Gesetz ja zustimmen. Das ist doch überhaupt kein Problem.

Wesentlich ist noch, dass es unabhängige Wirtschaftsprüfer geben wird, die genau diese Unterlagen überprüfen. Das ist auch ein wesentlicher Fortschritt!

Warum gibt es Parteien, die Angst davor haben, dass öffentliche Wirtschaftsprüfer ihre Finanzen überprüfen? Ich habe damit überhaupt kein Problem! Ich komme aus einer


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Organisation, wo schon jahrelang Wirtschaftsprüfer die Bilanz prüfen und auch einen Prüfvermerk abgeben. Es spricht überhaupt nichts dagegen! Im Gegenteil: Es gibt mir ein gutes Gefühl und ich kann gut schlafen, weil meine Bilanz und alle diese Dinge in Ordnung sind. Und auch den Funktionären gibt es ein gutes Gefühl.

Es gibt viele, die dem auch kritisch gegenüberstehen. Und ich verhehle nicht, dass es in meiner Partei ebenfalls Menschen gibt, die dem kritisch gegenüberstehen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Selbstverständlich, weil man es nicht gewöhnt ist.

Kollege Keuschnigg hat ja ein paar Punkte angesprochen. Zum Beispiel Öffentlich­keitsarbeit: Da braucht man bestimmte Unterlagen. Da braucht man Folder, Flugzettel und vieles andere mehr. Bisher war es üblich, das halt irgendwo zu kopieren oder es von Wirtschaftstreibenden bezahlen zu lassen. Das ist ab jetzt transparent darzu­stellen. Und das dient auch jenen Funktionärinnen und Funktionären, die bei ihren Wählerinnen und Wählern ständig diese Korruptionsfälle, die es gegeben hat, haben verteidigen müssen, nämlich den kleinen Gemeindefunktionären, den kleinen Funktio­nären der Parteien, die gelaufen sind, um beim Dienst am Bürger mitzuarbeiten.

Ich möchte mich gerne bei all jenen Funktionärinnen und Funktionären, bei all jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Parteien, in allen Organisationen, die Parteien nahestehen, für ihre Arbeit bedanken, denn sie verdienen diesen Dank – und sie verdienen vor allen Dingen etwas: Transparenz! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

Wie der Herr Staatssekretär es schon gesagt hat, so bin auch ich davon überzeugt, dass es mit diesem Transparenzgesetz und mit diesen Transparenzbestimmungen gelungen ist, europaweit Standards zu setzen. Und auf diese Standards sollten wir stolz sein und sie auch mit Freude beschließen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

13.58


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Dönmez zu Wort. – Bitte.

 


13.58.29

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Geschätztes Präsidium! Geschätzte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dass eine funktionierende Parteiendemokratie auch mit entsprechenden Finanzmitteln ausgestattet gehört, steht, glaube ich, außer Zweifel. Da pflichte ich dir vollkommen bei, geschätzter Kollege Klug. Ich pflichte dir auch in dem Punkt bei, dass wir sicher nicht wie in Amerika den Weg dahin beschreiten möchten, dass finanzstarke Institutionen – Firmen, Oligarchen, was auch immer – die Parteienlandschaft beein­flussen.

Aber ich möchte schon anmerken, dass, sieht man sich die Besetzung des National­rates an, in unserem Nationalrat Vertreter von Kammern, Institutionen und großen Banken sitzen, die auch einen massiven Einfluss auf die Politik nehmen. Und meines Erachtens ist es schon bedenklich, wenn finanzstarke Banken im Bereich der Politik, im Bereich der Medien, im Bereich der Wirtschaft Einfluss haben und dann sozusagen der Blick auf das Ganze verloren geht. Wenn man nur mehr versucht, seine eigenen Interessen auf Kosten der anderen durchzusetzen, dann kippt diese Demokratie und dann wird es bedenklich.

Wir haben leider Gottes derartige Konstellationen, das darf man auch nicht außer Acht lassen. Am besten wird es deutlich, wenn wir uns die Bildungspolitik anschauen. (Bundesrat Todt: Welche Konstellationen waren das?)


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 40

Ich bin auch wie viele andere hier herinnen im Besonderen Ausschuss zum Bildungs­volksbegehren gesessen. Ich habe mir gedacht, da ist völlige Harmonie, wir sind uns da einig über die Fraktionen hinweg, dass hier einige Änderungen, gravierende Systemänderungen vorgenommen werden müssen. Am nächsten Tag lese ich in der Zeitung, wie betoniert, wie blockiert, wie taktiert wird, und das auf Kosten unserer Kinder und Jugendlichen. Da würde ich wirklich alle ersuchen, den Blick auf das Ganze zu richten.

Im internationalen Ranking kann man die Parteienförderung derzeit eigentlich gar nicht einordnen, denn es gibt keine vergleichbaren Daten. Weder die EU noch die OECD haben diese Daten. Von der Antikorruptionsgruppe des Europarates gibt es erhobene Daten, die bieten aber keinen verlässlichen vergleichbaren Überblick. Das, was es aber gibt, ist eine britische Studie, die von Wissenschaftlern zusammengetragen wird, wo die GRECO-Evaluierungen, die Daten, die da zusammenlaufen, angeschaut werden, und die Ergebnisse legen nahe, dass Österreich bereits vor dieser geplanten Erhöhung der Parteienförderung im Spitzenfeld gelegen ist.

Wenn man alle Förderungen zusammenrechnet – Parteienförderung von Bund, Land, Gemeinden, Klubförderung, Gelder an die Parteiakademien und Wahlkampf­kosten­rückerstattung –, dann hat bisher schon jeder Wahlberechtigte 30 € bezahlt, und künftig werden es 32 € werden.

Die Details wurden schon genannt: Es gibt quasi eine Verdoppelung der Parteienför­derung. Die Wahlkampfkostenrückerstattung findet jetzt zwar nur mehr in Jahren der Nationalratswahl statt, aber trotzdem bleibt den Parteien doch sehr viel Geld, und man muss sich die Frage stellen: Warum ist das so? – Wir wissen, dass die Großparteien viele ihrer Wahlkämpfe bis vor Kurzem immer auf Pump finanziert haben und die Kas­sen ein dementsprechend großes Loch aufweisen. Deshalb möchte man noch Geld lukrieren für 2013, für den bevorstehenden Wahlkampf, wie es auch die Kollegin Mühlwerth in ihrer Rede schon hat durchklingen lassen.

Da ist es dann schon unverständlich für die Bürger und Bürgerinnen, wenn landauf, landab gepredigt wird, wir müssen sparen, wir müssen harmonisieren, wir müssen konsolidieren, und wir uns dann de facto eine Erhöhung genehmigen. Das macht sicher keine gute Optik, und darum lehnen wir diesen Punkt der Parteienförderung ab. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.03


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Kollegin Mühlwerth.

 


14.03.20

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Offensichtlich kann man auch als Staatssekretär auf der Regierungsbank nicht ganz der Versuchung widerstehen, ein wenig Polemik zu verbreiten. (Bundesrat Stadler: Na geh!)

Herr Staatssekretär! Das, was der Kollege Petzner vom BZÖ gesagt hat, dass er gegen die staatliche Parteienförderung ist, kann doch wohl nicht dazu führen, an die FPÖ die Aufforderung zu richten, einen Antrag zu stellen, dass wir auf die Parteien­förderung verzichten wollen. Die FPÖ hat nie gesagt, dass wir gegen staatliche Parteienförderung sind. Da sind wir uns ja, wie ich jetzt auch in der Diskussion gemerkt habe, in den Grundzügen einig. (Staatssekretär Dr. Ostermayer: Es geht um die Erhöhung!) – Sie haben gesagt, der Kollege Petzner hat gesagt, die Parteienförderung brauchen wir überhaupt nicht. Das ist ein völlig anderer Ansatz! (Staatssekretär


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 41

Dr. Ostermayer: Nein, nein, das habe ich nicht gesagt! – Bundesrat Mag. Klug: Nein, das hat er nicht gesagt!) So habe ich es aber verstanden. (Staatssekretär Dr. Oster­mayer: Ich rede von der Erhöhung! – Bundesrat Stadler: Wieder einmal falsch verstanden!) Okay.

Aber grundsätzlich sind wir uns, glaube ich, einig – das ist aus der Diskussion jetzt hervorgegangen –, wir sind alle für eine staatliche Parteienförderung, wir wollen nicht ein ähnliches System wie in den USA haben, wo die Abgeordneten gekauft werden.

Wir haben gesagt, das System könnte aber so bleiben, auch mit der Wahlkampf­kostenrückerstattung. Ich war nicht bei den Verhandlungen dabei, daher können Sie mir jetzt viel erzählen, was meine Kollegen dort gesagt oder auch nicht gesagt haben. Ich kann es glauben oder auch nicht – ich weiß es einfach nicht. Aber grundsätzlich hätte man das System, glaube ich, so belassen können.

Wir haben uns wirklich, wie die Grünen übrigens auch – das hat ja der Kollege Dönmez jetzt auch gesagt –, gegen diese Erhöhung der Parteienförderung ausgesprochen, und dabei bleiben wir auch! Aber Sie wissen so gut wie ich, die Rechtsgrundlage derzeit ist so, wir können entweder sagen, wir wollen gar keine Parteienförderung, oder wir neh­men das, wie es jetzt beschlossen wird. (Bundesrat Mag. Klug: Das stimmt aber nicht!) Nein, das ist einfach falsch! Bitte, Kollege Klug, behaupte nicht immer irgendwas und glaube, weil du es behauptest, es ist richtig! (Bundesrat Mag. Klug: Das stimmt nicht!) Es gibt keine Rechtsgrundlage, wo ich sagen kann, die Erhöhung will ich nicht haben! Es gibt ein Entweder-oder. (Staatssekretär Dr. Ostermayer: O ja! Das ist ein eigenes Gesetz!) Nein, es gibt keine Rechtsgrundlage dafür! Daher ist es schon polemisch zu sagen: Na dann stellt halt einen Antrag, dass ihr das überhaupt nicht braucht!

Zum Zweiten – das hat jetzt mit dem ersten Teil nichts zu tun – möchte ich schon aus­drücklich betonen, dass es nicht meine Absicht war, all jene, die an dem Paket gearbeitet haben, seien es Abgeordnete, Mitarbeiter der Klubs, von welcher Partei auch immer, Mitarbeiter des Ministeriums, Staatssekretariats et cetera, zu beleidigen mit meinem Ausspruch: „Am Abend wird der Faule fleißig“. Die waren ja überhaupt nicht gemeint. Die haben meinen höchsten Respekt, dass sie unter diesem Druck etwas zustande gebracht haben, ob ich es jetzt befürworte oder nicht. Das ist etwas völlig anderes.

Mein Ausspruch hat sich wirklich auf die Politik bezogen, auf die Politik der Regie­rungsparteien, denn: Seit einem Jahr reden wir über dieses Transparenzpaket; dazwi­schen herrschte absoluter Stillstand, wo wir schon gemeint haben, das kommt über­haupt nie mehr – und auf einmal wird der Motor angeworfen, und dann muss es sehr schnell gehen. Das war der Gegenstand meiner Kritik – nicht eine von mir beab­sichtigte Beleidigung all jener, die daran mitgearbeitet haben. Wie gesagt, die haben meinen höchsten Respekt, dass sie das unter diesem Druck zustande gebracht haben.

Also bitte nicht einfach Sachen unterstellen, die so nicht gemeint waren! Sollte es aber so von mir gesagt worden sein, dass man das tatsächlich hat missverstehen können, entschuldige ich mich dafür, denn das war nicht beabsichtigt. (Beifall bei der FPÖ.)

14.07


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer. – Bitte.

 


14.07.06

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Lieber Kollege Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz. Ich gehe jetzt auf die anderen Punkte gar nicht mehr ein. Ob Sie mir glauben oder nicht, es gibt Zeugen dafür. (Bundesrätin Mühlwerth: Das habe ich


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 42

eh offengelassen!) Ja, eh, ich sage nur, es gibt Zeugen dafür. Es gibt die Abgeord­ne­ten Kogler, Brosz, Cap, Kopf, Petzner, die alle dabei waren, und einen Haufen Mitar­beiter auch noch. Also wenn Sie den Wahrheitsbeweis haben wollen, den kann man antreten, dass die Dinge, die ich gesagt habe, stimmen. (Bundesrat Stadler: Offen­sichtlich reden sie in der Fraktion nicht miteinander!)

Das Zweite ist, ich will das nur klarstellen: Wir haben bewusst in drei Gesetze aufge­spalten. – Das eine ist das Parteiengesetz, wo von Spendenverbot bis zu Spenden­ober­grenze, die Rechnungslegungspflichten, all das, was jetzt unter anderem von Hubert Sickinger als großer Wurf bezeichnet wurde, drinnen steht, auch der Korridor für Länder und Gemeinden.

Es gibt ein zweites Gesetz, das ist die Novelle des Bundespräsidentenwahlgesetzes aus 1971, wo zwei Bereiche drinnen sind: Spenden, Spendenverbote, Spenden­transparenz auf der einen Seite, Wahlkampfkostenbegrenzung auf der anderen Seite.

Und es gibt ein drittes Gesetz. Das dritte Gesetz ist das, wo es um die Parteien­förderung geht. Die Grünen haben den Weg gewählt, dass sie gesagt haben, sie wollen das nicht mit schultern – auch partizipieren, muss man ehrlicherweise sagen, aber nicht mit schultern –, aber das andere tragen sie mit. Deshalb kommt es über­haupt zu einer Zweidrittelmehrheit, die notwendig ist, weil wir aufgrund mehrerer verfassungsrechtlicher Regelungen, etwa des Korridors für Länder und Gemeinden, aber auch der neuen Aufgaben, die wir dem Rechnungshof übertragen, eine Zweidrittelmehrheit brauchen.

Also das eine Gesetz könnten Sie mittragen, wenn Sie Spendentransparenz wollen, wenn Sie Spendenverbote wollen, wenn Sie klare Rechenschaftspflichten wollen, und das Ganze nicht nur für den Bund, sondern auch für Länder, Bezirksorganisationen und Gemeinden. Und das andere ist ein separates Gesetz. Nur damit es noch einmal klargestellt ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und Grünen.)

14.09

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte schön, Herr Kollege Krusche.

 


14.09.38

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): In aller Kürze möchte ich nur auf die Vorredner eingehen, die faktisch die Gefahr für die österreichische Demokratie und die Parteiendemokratie gesehen und an die Wand gemalt haben.

Kollege Dönmez hat es ja bereits angesprochen: Wir in Österreich sind jetzt mit den Parteienförderungen Europameister und Vizeweltmeister. Wenn wir im Fußball auch so agieren würden, dann müssten wir die Fußballmannschaft abschaffen.

Wenn wir schon beim Beleidigen sind, Herr Staatssekretär, dann muss ich schon sagen, eigentlich werden mit dieser Argumentation alle anderen europäischen Demo­kratien, die sich weniger Geld für die Parteienlandschaft gönnen, beleidigt. Oder wollen Sie behaupten, dass die Schweiz ein schlechterer demokratischer Staat als Österreich ist? (Bundesrat Todt: Sie regeln das selber, und wir regeln es auch selber!)

Wie unwohl Sie sich in Ihrer Haut fühlen, beweist ja auch Ihre widersprüchliche Argumentation. Herr Kollege Klug, Sie haben ein Argument geliefert, warum diese Erhöhung notwendig ist, nämlich weil die Parteispenden aufgrund der Transparenz­bestimmungen geringer würden. Der Kollege Todt hat genau das Gegenteil gesagt: Er ist überzeugt, dass die Parteispenden gleich bleiben.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 43

Eines muss ich auch noch sagen, weil Sie gesagt haben, dass man das nicht auf­rechnen könnte: Sehr wohl! In Zeiten allgemeinen Sparens kann man sehr wohl sagen: Wenn bei den Familien gespart wird und die Leistungen nicht indexiert erhöht werden, warum soll das dann bei den Parteien möglich sein? – Geben Sie doch ein­fach zu, dass Sie pleite sind und Geld brauchen und das deswegen jetzt so schnell beschließen wollten!

Dieser wunderschöne Appell, Herr Kollege Kneifel, dass wir die Bevölkerung nicht gegen die Parteiendemokratie aufhetzen sollten, der geht völlig ins Leere! (Bundesrat Kneifel: Eines gegen das andere ausspielen, habe ich gesagt!) Der Herr Fiedler hat nämlich bereits vor zwei Tagen in der „ZIB 2“ gesagt, dass mit dieser Erhöhung der Parteienförderung eigentlich alles, was sonst gut ist in diesem Paket und was wir auch mitbeschließen, konterkariert wird und in der öffentlichen Meinung untergeht.

Ich habe hier eine brandaktuelle Umfrage mit einem immerhin österreichweiten Sample von 850 Personen (Wow-Rufe bei der SPÖ), und da sagen 75 Prozent der Öster­reicher, dass die Erhöhung der Parteienförderung aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigt ist. Dazu braucht es also nicht die FPÖ, das den Bürgern erst zu sagen, das wissen sie schon! (Bundesrat Kneifel: Aber Sie wissen schon, dass Demokratie Geld kostet?)

Wir sind ja nicht gegen die Parteienförderung! Das hat die Frau Kollegin Mühlwerth bereits mehrmals betont. Aber wir sind gegen diese Erhöhung, noch dazu indexiert, in Zeiten allgemeinen Sparens! Wir sparen beim kleinen Bürger, aber wir sparen nicht bei uns selbst. Und da geht so ein Placebo-Antrag wie die Verkleinerung des Nationalrates oder des Bundesrates dann völlig unter. (Beifall bei der FPÖ.)

14.13


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Fraktionsvorsitzender Klug. – Bitte.

 


14.13.50

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann das ebenso kurz machen.

Zum einen, Kollege Krusche, haben Sie sowohl den Kollegen Todt als auch mich inhaltlich falsch zitiert im Zusammenhang mit unseren Ausführungen zur Spenden­thematik bei der Parteienfinanzierung. Und zum anderen sage ich ganz offen, nach dieser Debatte sind wir eigentlich davon ausgegangen, dass der letzte Redner der FPÖ herauskommt und einen Verzichtsantrag stellt. Mit dieser Hoffnung werden wir allerdings zurückbleiben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

14.14


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nun nicht mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Ich darf nun, bevor wir zu den Abstimmungen kommen, Herrn Staatssekretär Sebastian Kurz ganz herzlich bei uns im Bundesrat begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Parteiengesetz 2012.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 44

Der gegenständliche Beschluss bedarf nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungs­gesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit unter Berück­sichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Parteien-Förderungsgesetz 2012.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespräsidenten­wahl­gesetz 1971 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden.

Der gegenständliche Beschluss bedarf nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungs­gesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 45

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Lobbying- und Interessen­ver­tretungs-Transparenz-Gesetz erlassen und das Gerichtsgebührengesetz geändert wird.

Der gegenständliche Beschluss bedarf nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungs­gesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

14.19.117. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Paßgesetz 1992 geändert wird (1649 d.B. sowie 8741/BR d.B. und 8743/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun gelangen wir zum 7. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Köberl. – Bitte um den Bericht.

14.19.32

 


Berichterstatter Günther Köberl: Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Be-


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 46

richt des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des National­rates vom 13. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Paßgesetz 1992 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zum Antragstext.

 Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2012 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.

 


14.20.29

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Entstehungsgeschichte dieser Vorlage zeigt wieder eine neue Facette der Gesetzeswerdung, eine ganz besondere Form der Anlass­gesetzgebung. Weil die Medien draufgekommen sind, dass ihre Lieblingszielscheiben und Lieblingsopfer teilweise Diplomatenpässe besitzen, ist das Ganze hochgespült worden. Und man muss auch – der Herr Staatssekretär Ostermayer ist jetzt leider nicht mehr hier – zur journalistischen Wahrheit sagen, dass das Ganze mit sehr viel unwahren Behauptungen gespickt worden ist, um damit sozusagen den Neid weiter Kreise der Bevölkerung zu wecken.

Es ist hier von kostenlosen Upgrades in Hotels und bei Flügen gesprochen worden. Völliger Nonsens! Ich selber bin auch schon mehrmals auf einem Flug kostenlos upge­gradet worden, aber nicht in meiner „immens bedeutenden“ Funktion als Leobener Gemeinderat, sondern schlicht und einfach deswegen, weil die gebuchte Klasse hoffnungslos überbucht war und die Fluglinien dann schauen: Wen haben wir denn, der einen gewissen Status hat, und wie viele Meilen hat der?, und den graden wir dann halt in die nächsthöhere Stufe auf.

Auch irgendwelche Privilegien beim Zoll gibt es in Wirklichkeit nicht, weil die ja nicht den Diplomatenstatus haben, und der Zollbeamte, der dann in Schwechat dort steht, schaut sich den Pass gar nicht an, sondern der beurteilt nach der Destination, wo der Betreffende herkommt, wie er ausschaut und ob er sich irgendwie verdächtig benimmt, ob er ihn jetzt filzt oder nicht. Das hat mit Diplomatenpässen überhaupt nichts zu tun.

In Wirklichkeit herrschte offensichtlich ein großer Schlendrian im zuständigen Minis­terium, indem einfach die Diplomatenpässe mehr oder weniger nach dem Gießkannen­prinzip ausgegeben und verlängert worden sind, denn auch diese Pässe haben ja, so wie auch unsere Dienstpässe, eine fünfjährige Gültigkeitsdauer. Und da wäre es ein Einfaches gewesen, auch ohne Gesetzesänderung diesen Gummi­paragraphen ordnungsgemäß zu handhaben, den man jetzt faktisch abschafft, dass Personen, wenn dies den internationalen Gepflogenheiten entspricht, einen Diplomatenpass bekom­men. Diese hätten bei einer ordnungsgemäßen Handhabung im Ministerium auch in der Vergangenheit keinen gehabt.

Und wie hat das Ministerium reagiert, statt diese Missstände auf Zuruf der Medien sozusagen abzuschaffen? – Dort ist es gegangen. Bei der Erhöhung der Parteien­finanzierung ist der Zuruf der Medien egal. Das ist zu wichtig. – Man hat daher diese Gesetzesvorlage geboren. Und im Zuge der Diskussion wurde dann auch noch ver­sucht, die Regierung gegen die Parlamentarier auszuspielen, indem man in den Raum


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 47

gestellt hat, dass ein Abgeordneter, wenn er verreist, eigentlich nur deswegen verreist, weil er Parteiinteressen vertritt und nicht im Dienste der Republik unterwegs sei.

Für uns, meine Damen und Herren, hätte es hier eigentlich zwei Möglichkeiten gege­ben, nämlich entweder diese Diplomatenpässe wirklich zu beschränken auf die Diplo­maten im eigentlichen Sinne oder eine entsprechende Transparenz herzustellen, indem man beispielsweise dem Außenpolitischen Bericht jährlich beilegt, wer solche Diplomatenpässe hat und warum.

Mit diesem Gesetz und vor allem mit dessen Zustandekommen erklären wir uns nicht einverstanden. (Beifall bei der FPÖ.)

14.24


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


14.24.48

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur ein Wort noch zum Kollegen Krusche. Das (der Redner hält die aktuelle Ausgabe der „Kleine Zeitung“ in die Höhe) ist die Titelseite der „Kleinen Zeitung“ heute – und man schaue, höre und staune: Es ist auch die blaue Parteikassa oben beim Füllhorn-Ausschütten. Also die Blauen sind auch dabei, natürlich sind sie dabei!

Wir haben in der Steiermark die Parteienförderung um 17 Prozent gesenkt. Wer hat nicht mitgestimmt? – Die FPÖ im Landtag. Also bitte: Dort senken wir – aber es passt nicht. Da erhöhen wir – aber es passt nicht. Ihr nehmt es zwar, aber es passt trotzdem nicht.

Und so ähnlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch die Begründung gewesen, warum die FPÖ jetzt beim neuen Passgesetz auch wieder nicht mitgeht, wo ich persönlich glaube, dass wirklich einmal rasch und rechtzeitig auf einen Missstand hingewiesen wurde und dieser sofort von den zuständigen Ministerien repariert wurde. Heute liegt der Gesetzentwurf da, und er hat an und für sich aus unserer Sicht keine Schwächen mehr. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber das sagt ihr ja immer!) Es ist taxativ aufgezählt, wer Anspruch auf einen Diplomatenpass hat, und Punkt. Basta. Ende. Was sollen wir sonst noch hineinschreiben?!

Ich denke, die Begehrlichkeit bezüglich eines Diplomatenpasses ist ja zurzeit ohne­hin – das haben wir im Ausschuss schon diskutiert – enden wollend. Bitte zeigen Sie am Flughafen heute einmal einen Diplomatenpass her, und Sie sind Politiker: Ich glaube, da haben Sie sicher gleich drei österreichische Mitbürger hinter Ihnen am Hals, die sagen: Schon wieder Privilegien! Stellen Sie sich hinten an!

Wir stellen uns ohnehin immer hinten an bei unseren EU-Meetings. Wir stellen uns immer hinten an, denn der berühmte blaue Dienstpass ist, wenn Sie nach Brüssel fliegen oder sonst irgendwohin, in Wirklichkeit auch zum Krenreiben. Den bräuchten wir in Wirklichkeit auch nicht. Also bitte keine große Aufregung!

Die Gesetzesvorlage ist konstruktiv, sie ist präzise. Ich brauche gar nicht alle 14 Punkte aufzuzählen, warum wer anspruchsberechtigt ist. Wenn die betreffende Person die Funktion verliert, muss sie binnen drei Monaten ihren Pass zurückgeben. Das wird in Zukunft verstärkt kontrolliert.

Was mich im Ausschuss auch wieder nicht erfreut hat, das war, dass unsere Kollegen im Nationalrat wieder einmal das gemacht haben, was sie immer tun, nämlich den Bundesrat negieren. Den Mitgliedern des Außenpolitischen Ausschusses im Bundesrat


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 48

steht in Zukunft auch kein Diplomatenpass zu. Das ist das einzige Manko – ich stelle das nur fest, aber ich brauche selber keinen.

Meine Fraktion wird natürlich zustimmen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

14.27


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kemperle. – Bitte.

 


14.27.22

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Geschätztes Präsidium! Werte Kollegin­nen und Kollegen im Bundesrat! Herr Staatssekretär! Ich glaube, dass es im neuen Passgesetz nun einige Regelungen gibt, die klarer formuliert worden sind. Es gibt aber auch manche Dinge, die aufgezeigt wurden und die manchen nicht ganz in den Kram passen. Die vergangenen Diskussionen haben gezeigt, dass sich gerade diejenigen aufgeregt haben und sich im Vorfeld bereits kräftig über Änderungen mokiert haben, für die es unter Umständen vielleicht auch eng werden könnte.

Wenn ich – und das hat ja auch mein Vorredner bereits angesprochen – an die De­batte im Nationalrat anknüpfen darf: Ich denke, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird. Das eine Mal wünscht man sich weniger Privilegien, weniger Kriterien, unter denen man sichtbar ist, das andere Mal sagt man, wir haben zu wenige Privilegien, und verknüpft das dann mit dem diplomatischen Bereich anhand von Diplomaten­pässen. Das heißt, es sind letztendlich zumeist auch dieselben Kritiker, die gerne einen pauschalen – und ich betone das hier auch ausdrücklich: einen pauschalen – Missbrauchsverdacht in den Vordergrund stellen und von Privilegien sprechen, diese aber selbst sehr gerne in Anspruch nehmen.

Unsere Partei begrüßt daher diese Klarstellung im Bereich des Passgesetzes, und ich glaube, dass die Regelung jetzt klar und für alle tragbar ist. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.29


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


14.29.30

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Geschätztes Präsidium! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Warum wir dieses Gesetz heute hier diskutieren, hat mehrere Gründe.

In den „Genuss“ dieses Diplomatenpasses sind ja über 3 000 Personen gekommen. Es steht, glaube ich, außer Frage, dass die Vergabe sehr inflationär gehandhabt wurde. Von ehemaligen Politikern, Ministern angefangen über Wirtschaftstreibende, Vertreter der Kirche bis hin zu Lobbyisten und Jägern hat jeder diesen Pass bekommen, und auch deren Ehegatten und Ehegattinnen.

Es ist zu begrüßen – und auch wir werden diesem Gesetz unsere Zustimmung er­teilen –, wenn hier sozusagen der Sack etwas zugeschnürt wird und es ganz klar ersichtlich ist, wer ab jetzt Zugang zu einem Diplomatenpass hat und wer nicht.

Aber ganz klar ist es auch nicht geregelt – und das haben wir im Ausschuss, jene, die dabei waren, ja auch erfragt –, und zwar wird es auch in Zukunft nicht ersichtlich sein, wer einen Diplomatenpass ausgehändigt bekommt und wie lange die Gültigkeitsdauer ist. Es gibt zwar beim Ministerium für auswärtige Angelegenheiten eine Kommission, die eingerichtet wird und darüber entscheidet, wer einen derartigen Status bekommt, aber wie diese Kommission zusammengesetzt worden ist, wie die Entscheidungs-


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 49

findung ist, wer einen Diplomatenpass über die Genannten hinaus erhält, ist nach wie vor nicht transparent und ist für uns dann auch nicht nachvollziehbar.

Es ist sozusagen eine typisch österreichische, nämlich halbe Lösung: Wir machen halt ein bisschen etwas, und dann tun wir wieder so weiter, wie wir es gewöhnt waren.

Am besten ist das an dem Beispiel ersichtlich, dass etwa auch Mitglieder dieses „Inter­religiösen Dialogzentrums“ aus Saudi-Arabien einen derartigen Pass erhalten werden. Und da stellt sich für mich wieder die Frage: Wo fängt es an? Und: Wo hört es auf?

Wenn Personen mit einem derartigen geistigen Background dann auch noch de facto diplomatische Immunität erhalten oder man aufgrund völkerrechtlicher Verträge überhaupt keine Einsicht hat, was dort abläuft, dann ist das ein Schritt, den ich wirklich sehr kritisiere.

Insgesamt aber ist diesem Gesetz beizupflichten, wiewohl ich die Kritik des Kollegen Perhab unterstreichen möchte. Es ist mir auch sofort ins Auge gestochen, dass der Bundesrat sozusagen „übersehen“ wurde. Und hier mein Appell an die Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat, auch uns gleichwertig zu behandeln. Entweder sollen ihn auch wir erhalten – oder auch sie nicht, aber diese unterschiedliche Handhabung ist aus unserer Perspektive nicht nachvollziehbar und die Kritik des Kollegen Perhab durchaus berechtigt.

Dem Gesetz insgesamt werden wir natürlich unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

14.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kainz. – Bitte.

 


14.32.45

Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir ändern heute das Passgesetz – wieder einmal. Wir haben es in den letzten Jahren einige Male zu gewissen Themen verändert: Wir haben den einheitlichen EU-Pass eingeführt. Wir haben beschlossen, dass man für die Kinder einen eigenen Pass beantragen muss. Und wir haben auch große Schritte in Richtung mehr Bürgernähe gesetzt. Wenn man denkt, wie schnell der Pass ausgestellt wird: Zu beantragen in der Bezirkshauptmannschaft oder in den Magistraten – und innerhalb von zwei Tagen ist er bei den Bürgern! Und es gibt auch die Form des Notpasses.

Das Passgesetz ist etwas, was sich in den letzten Jahren ständig verändert hat. Es ist auch die Aufgabe der Politik, letztendlich auf Veränderungen zu reagieren und ent­sprechende Beschlüsse zu fassen und die notwendigen Rahmenbedingungen zu setzen. (Bei den Grünen, offensichtlich neben Bundesrat Schreuder, kommt es zu einem lauten Knall.) – Ich hoffe, es ist nichts passiert! (Ruf bei der ÖVP: Die haben den Sessel in die Luft gesprengt!) Also das Passgesetz wird auch mit einem Salut-Schuss begrüßt!

Die Änderung, die wir heute beschließen werden, ist letztendlich auch auf eine Dis­kussion zurückzuführen, die ausgelöst wurde im Jänner 2012, im Jänner des heurigen Jahres, wo an die Öffentlichkeit gelangt ist, wie viele Diplomatenpässe in Österreich im Umlauf sind. Dieses Thema wurde natürlich sehr prominent diskutiert und auch medial sehr prominent vertreten – teilweise, wie ich meine, auch zu Recht medial prominent vertreten, weil klar herausgearbeitet und dargestellt wurde, dass insgesamt über 3 000 Diplomatenpässe in Umlauf sind, und aufgezeigt wurde, wer einen solchen Diplo­maten­pass besitzt.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 50

Deswegen bin ich auch Herrn Vizekanzler Spindelegger dankbar dafür, dass er dieses Thema aufgegriffen und gesagt hat: Das ist zwar nicht ein Thema, das die Zukunft nachhaltig und massiv beeinflusst, aber es ist ein Thema, wo sich etwas verändert hat, und wir werden die Gesetzeslage relativ rasch, relativ unspektakulär sachlich und fachlich verändern.

Und das ist geschehen. Der Prozess hat im Jänner begonnen, und nicht einmal sechs Monate später werden wir diese wichtige Veränderung heute auch beschließen.

Ich glaube, dass das Passgesetz, so wie es heute zur Beschlussfassung vorliegt, einen sehr vernünftigen Gesetzestext hat, nämlich weil es eine klare taxative Aufzählung enthält, wer automatisch den Diplomatenpass bekommt. Ich glaube auch, dass der Diplo­matenpass ein bisschen als „Allheilausweis“ gesehen wird. Das ist er in Wahrheit nicht. In Wahrheit ist er ein Dokument wie der normale Reisepass für jeden öster­reichi­schen Staatsbürger. Wenn man im diplomatischen Dienst ist und als Diplomat aner­kannt wird, kann man genauso kontrolliert werden.

All die Dinge, die auch medial dargestellt wurden, wie etwa, dass man sozusagen mit dem Koffer unkontrolliert Grenzen passieren kann, stimmen ja in Wahrheit nicht. Das ist auch etwas, was in der Öffentlichkeit, glaube ich, auch anders dargestellt wurde, womit vielleicht die Privilegien-Diskussion bewusst in eine gewisse unsachliche Richtung gelenkt wurde.

Es ist für mich vollkommen klar, dass die Passinhaber nach Beendigung der Funk­tionsperiode diesen Pass auch zurückgeben. Trotzdem, muss ich ehrlich sagen, gab es schon einige Leckerbissen, wenn man da so sagen darf, die natürlich im Rahmen der Diskussion auch ans Licht der Öffentlichkeit gelangt sind.

Ich verstehe überhaupt nicht, warum ein Herr Alfons Mensdorff-Pouilly einen Diplo­matenpass hat. Das verstehe ich überhaupt nicht! Ich verstehe auch, sage ich ganz ehrlich, die Argumentation der Frau Maria Rauch-Kallat nicht: Weil man sich beim Anstellen leichter tut. – Verstehe ich nicht, gehört abgestellt, überhaupt keine Frage.

Ich verstehe aber auch den Herrn Altbundeskanzler Vranitzky nicht, der sagt, ein Diplomatenpass ist ein Symbol der Wertschätzung. Das verstehe ich auch nicht ganz. Und ich verstehe auch den Herrn Altbundeskanzler Vranitzky nicht, der in der „Kleinen Zeitung“ vom 13. Jänner wie folgt zitiert wird: „Als Insignium der einstigen Kanzler­schaft sei ihm nur der Diplomatenpass geblieben, ‘damit man im Hotel wenigstens weiß, wer ich bin.’“

Der Bundesgeschäftsführer Kräuter kritisiert das, und er sagt darauf: „Kräuter gehört ja auch zum Klub der Ahnungslosen.“ – Ich verstehe nicht ganz, warum man das so sieht.

Ich verstehe aber auch nicht, warum die FPÖ heute dagegen ist. Das verstehe ich auch nicht. Die FPÖ ist eine Partei, die sich immer plakativ an die Fahnen heftet, gegen jegliche Privilegien zu sein. Dass Klubobmann Strache gerne einen Diplomaten­pass hätte, aus welchen Gründen auch immer – vielleicht, weil er glaubt, damit leichter nach Libyen einreisen zu können, oder was auch immer, ich weiß es nicht, warum er unbedingt einen Diplomatenpass möchte –, und ihr daher heute dagegen stimmt, auch das verstehe ich nicht.

Insgesamt, glaube ich, lösen wir durch die heutige Beschlussfassung dieses Thema sehr sachlich, es kommt mit diesem Gesetz zu einer Verbesserung der Qualität, und deswegen werden wir dieser Gesetzesänderung natürlich gerne zustimmen. Wir hof­fen, dass wir damit dazu beitragen, dass das Ganze transparenter wird, dass das Ansehen der Politik nicht von Privilegien-Diskussionen geprägt ist, sondern dass der Diplomatenpass ein Dokument ist, das man braucht, das auch international anerkannt


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 51

ist und das letztendlich auch in anderen Staaten zur Anwendung kommt. Daher soll es natürlich auch Teil unserer Passgesetzgebung sein.

Wir stimmen dem gerne zu. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.38


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Kurz. – Bitte.

 


14.38.31

Staatssekretär im Bundesministerium für Inneres Sebastian Kurz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Es ist dem eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen. Ich glaube, es hat Kritik gegeben – das ist uns allen nicht verborgen geblieben – an der Vergabe der Diplomatenpässe in der Vergangenheit. Es ist eigentlich keineswegs kritisiert worden, dass etwas Unrechtmäßiges passiert ist, es ist nur kritisiert worden, dass wahr­scheinlich die Überlegung des Gesetzes nicht mehr ganz der Realität entsprochen hat.

Es ist nun gehandelt worden in diesem Bereich, und ich darf noch einmal drei Punkte ansprechen, die auch schon erwähnt worden sind, drei, wie ich glaube, sehr sinnvolle und richtige Punkte.

Zum Ersten ist festgelegt worden, dass Diplomatenpässe nur noch an Personen vergeben werden, die aktiv tätig sind für die Republik, was die Vertretung im Ausland betrifft. Es ist taxativ aufgezählt worden, welche Personen das sind, und für Familien­angehörige oder Familienmitglieder wird nur noch sehr restriktiv ein weiterer Diplo­matenpass vergeben.

Zweiter Punkt, der, glaube ich, auch sehr sinnvoll ist: Das Ende der ausgeübten Funk­tion bedeutet auch das Ende des Diplomatenpasses. Das heißt, die Diplomatenpässe müssen zurückgegeben werden.

Und der dritte Punkt ist, dass auch all jene, die jetzt noch einen Diplomatenpass haben, innerhalb von drei Monaten nach Beschluss des Gesetzes diesen zurückgeben müssen. Andernfalls werden sie eine Verwaltungsstrafe zu entrichten haben.

Ich glaube, dass das jetzt sehr sinnvoll geregelt ist. Ich finde es gut, dass es in dem Bereich eine klare Regelung gibt und dass sich jetzt auch die Republik und die Medien wieder anderen, vielleicht mindestens genauso wichtigen Themen widmen können.  Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.40


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Ich begrüße Herrn Staatssekretär Dr. Waldner ganz herzlich bei uns im Bundesrat. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 52

14.41.078. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2012 betreffend Änderung der Arti­kel 25 und 26 des Übereinkommens zum Schutz und zur Nutzung grenz­über­schreitender Wasserläufe und internationaler Seen (1740 d.B. und 1790 d.B. sowie 8744/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Tiefnig. Ich bitte um den Bericht.

 


14.41.25

Berichterstatter Ferdinand Tiefnig: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2012 betreffend Änderung der Artikel 25 und 26 des Übereinkommens zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Velesung.

Ich komme sogleich Antragstellung.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich danke für den Bericht. – Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zur Wort gelangt Herr Bundesrat Temmel. – Bitte.

 


14.42.04

Bundesrat Walter Temmel (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Zusammen­arbeit der Anrainerstaaten von grenzüberschreitenden Wasserläufen und internatio­nalen Seen soll zu Frieden und Sicherheit und einer nachhaltigen Wasserwirtschaft zum Wohle aller beitragen.

Österreich ist seit 1992 Vertragspartei des im Rahmen der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen, UNECE, beschlossenen Übereinkommens zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen. Das Übereinkommen wurde im Jahr 2003 für Beitritte von Staaten, die außerhalb der UNECE-Region liegen, geöffnet.

Bei dieser Änderung der Artikel 25 und 26 des Übereinkommens geht es darum, auch Staaten von außerhalb den Beitritt zur UNECE-Region zu ermöglichen. Alle Staaten, die zu diesem Zeitpunkt Vertragspartei des Übereinkommens waren, müssen diese Änderung annehmen, damit sie in Kraft treten kann. Österreichs Flüsse und Seen sind in einem sehr guten Zustand. Viele Maßnahmen wurden in den letzten Jahrzehnten ergriffen, um die hervorragende Wasserqualität zu verbessern beziehungsweise zu sichern.

Gerade für uns im Burgenland sind solche Vereinbarungen wichtig, da wir als schma­les Bundesland an mehreren Landes- und Bundesgrenzen liegen und so mit vielen grenzüberschreitenden Wasserläufen konfrontiert sind. Die Natur und die Belastungen des Wassers kennen keine Grenzen. Es gilt, immer wieder Probleme anzusprechen und zu lösen. Die Zusammenarbeit und das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen funktioniert bestens, auch – zumindest auf unterer Ebene – in der Zeit des Kalten Krieges mit den ehemaligen Ostblockstaaten.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 53

Als Beispiel erwähne ich den Neusiedler See, der mit seiner Fläche auf österreichi­schem Gebiet der größte See Österreichs ist. Die einzigartige Fauna und Flora wird durch die beiden Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel und Fertö-Hanság und die Ernennung zum UNESCO Welterbe mit der Bezeichnung „Kulturlandschaft Fertö/Neu­siedler See“ hervorgehoben. Für das Burgenland hat die Region eine große touris­tische Bedeutung, da sich zwei Drittel dort konzentrieren. Hauptsächlich profitiert der Fremdenverkehr durch diverse Sportveranstaltungen wie Segeln, Surfen, Reiten und Radfahren am See. Bekannt sind auch die jährlich aufgeführten Opern und Operetten in Mörbisch und in St. Margarethen.

Aufgrund dieser aufgezeigten Beispiele zeigt sich, wie vielfältig die Nutzung von grenz­überschreitenden Seen sein kann. Als weiteres Beispiel einer guten grenzüber­schrei­ten­den Zusammenarbeit sei der Fluss Pinka erwähnt. Es ist ein Fluss im Südbur­genland, der mehrmals die Grenze Ungarn/Österreich überquert. In den letzten Jahren wurde dort ein naturnaher Hochwasserschutz vorgenommen so wie alle angrenzenden Ortschaften mit Abwassertechnik, die auf dem letzten Stand ist, versorgt.

Als positives Beispiel für andere Regionen sei das Übereinkommen der drei Nach­bargemeinden Eberau und Deutsch Schützen aus Österreich und Szentpéterfa aus Ungarn erwähnt. Die Gemeindevertreter haben Ende März 2012 ein Überein­kommen abgeschlossen, das die Entsorgung und Reinigung der anfallenden Abwässer gemein­sam über Staatsgrenzen regelt.

Aufgrund der guten Erfahrung der letzten Jahrzehnte ist es eine Selbstverständlichkeit, auch anderen Staaten diese Vorteile zukommen zu lassen, um die Wasserqualität zum Wohle aller zu sichern. Unsere Fraktion wird deshalb dem Antrag gerne zustimmen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.45


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Zehentner. – Bitte.

 


14.45.49

Bundesrat Robert Zehentner (SPÖ, Salzburg): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beschluss des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, der uns vorliegt, umfasst ein Übereinkommen, wie mein Vorredner ja schon ausgeführt hat, zum Schutz und zur Nutzung von grenzüberschreitenden Wasserläufen und internationalen Seen.

Meine Fraktion kann diesem Abkommen zustimmen, vor allem auch deshalb, weil die Liste jener Länder, die daran teilnehmen können, erweitert wird und es darum geht, dass grenzüberschreitende Gewässer nicht nur besser geschützt, sondern auch, was die Wasserverschmutzung betrifft, besser kontrolliert und eingeschränkt werden können. Mit diesem Abkommen können nun auch Staaten von außerhalb der EU beitreten. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.46


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bun­desrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


14.46.52

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ja, natürlich werden auch wir dieser Änderung des Übereinkommens zustimmen. Es geht ja in erster Linie nur darum, dass auch Nicht-Anrainerstaaten und auch Nicht-EU-Staaten teilnehmen können.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 54

Ich möchte mich auch bedanken beim Vertreter im Ausschuss, beim Herrn Dipl.-Ing. Überreiter, der mir auf Nachfrage dann den Kommissionsbericht zugeschickt hat. Da wurde 2011 auf, ich glaube, über 400 Seiten beschrieben, welche Probleme bei grenzüberschreitenden Gewässern auftreten, et cetera, et cetera. Es ist ein sehr spannender Bericht, ich gebe zu, ich habe ihn nicht ganz durchgelesen in den letzten beiden Tagen. Aber ich denke, es wäre wirklich interessant, wenn man solche Berichte automatisch als Abgeordnete kriegen würde, denn immerhin sind wir auch diesem Übereinkommen beigetreten, und es ist schon eine aussagekräftige Sache.

Ein Problem, das auch in diesem Bericht angeschnitten wurde, ist die Belastung unserer Gewässer durch Chemikalien, in erster Linie durch die Landwirtschaft. Es hat schon Kollege Pirklhuber im Nationalrat nachgefragt – Sie werden mir jetzt wahr­scheinlich auch keine Antwort geben können –, denn an und für sich müssten die Pes­tizidreduktionspläne der Länder inzwischen vorliegen. Seit April sollten sie vorliegen, aber offiziell ist noch nichts bekannt. Es wäre natürlich spannend, wenn wir die auch bald einmal zu Gesicht bekämen, denn gerade da ist einfach ein großes Potential zum Gewässerschutz in Österreich und grenzüberschreitend vorhanden.

Noch eine kleine Anmerkung am Rande: Die Unterzeichnung der Vertragsparteien, wie auch in den Unterlagen steht, ist bereits 2003 vorgenommen worden. Warum wir das jetzt erst hier beschließen, ist mir noch immer nicht ganz verständlich gemacht worden. Aber vielleicht klärt sich ja das auch noch auf, woran das wirklich gelegen ist. Ansons­ten, wie gesagt, dem Übereinkommen beziehungsweise der Änderung des Überein­kommens werden wir gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

14.48


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Mayer. – Bitte.

 


14.49.02

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Kersch­baum, eingangs möchte ich sagen, es ist, glaube ich, gut, dass wir diesem Abkommen beitreten, dass wir ihm zustimmen. Der internationale Gewässerschutz und Schutz für die internationalen Seen ist ein wichtiger Punkt, und wir haben es ja im EU-Ausschuss vor zwei, drei Monaten auch entsprechend diskutiert. Ich komme deshalb darauf auch kurz zu sprechen.

Ich darf vielleicht zu Beginn, auch was internationale Gewässer betrifft, in Bezug auf Rhein und Bodensee eine Anmerkung machen. Der Rhein fließt, also der Alpenrhein, durch die Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Vorarlberg in den Bodensee, und der Bodensee ist dann eines der drittgrößten Gewässer in Europa und vom Inhalt, vom Volumen her das zweitgrößte Gewässer, und er hat beste Trinkwasserqualität. Das sei hier auch als besonderes Beispiel hervorgehoben, in diesem Zusammenhang. Früher hatte der See eine starke Phosphatbelastung und war, was die Trinkwasserqualität anbelangte, eher im unteren Segment.

Heute ist es so, dass kaum mehr Phosphate vorhanden sind und deshalb erkennbar ist, dass auch mit der Fischpopulation einiges nicht mehr stimmt. Das heißt, die Fische sind inzwischen so schmächtig, dass man von Zwergenwuchs sprechen kann. Das ist vielleicht eine andere Problematik, die man hier auch erwähnen kann.

Das hängt aber ursächlich auch damit zusammen, dass es einen hohen Grad der Wasserqualität, der Kanalisierung gibt. In unserem Bereich, also im Bereich des Drei-Länder-, Vier-Länder-Ecks gibt es fast zu 100 Prozent Abwasserreinigungsanlagen, zu


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 55

100 Prozent ist dieser Kanalisierungsgrad erreicht. So wie in meiner Stadt Feldkirch, die immerhin die dreizehntgrößte Österreichs ist, und die hat einen wirklich hundert­prozentigen Grad der Kanalisierung erreicht, und das ist auch eine Besonderheit.

Vielleicht zurück zum Bodensee: Der Bodensee ist natürlich nicht nur ein Riesen-Naherholungsgebiet, sondern er ist auch einer der größten Trinkwasserspeicher, die wir kennen. Baden-Württemberg bezieht zum Beispiel aus dem Bodensee jährlich etwa 125 Millionen Kubikmeter Wasser, versorgt 147 Städte, 34 Wasserzweckverbände, Trink­wasserorganisationen und leistet natürlich einen wesentlichen Beitrag. Ganz Stuttgart wird mit Bodenseewasser versorgt. Das ist auch eine besondere Qualität, und das geht natürlich nur dann, wenn man grenzüberschreitende Projekte hat, wenn man grenzüberschreitende Gesetze hat, die dies auch gewährleisten, damit da auch eine entsprechende Trinkwasserqualität entsteht.

Nun zu dem Bereich, mit dem der EU-Ausschuss befasst war: Das Ganze ist bei uns also in hohem Maße geregelt, geordnet. Auch im restlichen Österreich – ich habe die Region Bodensee beispielgebend erwähnt – ist es so, dass wir einen hohen Grad an Abwasserreinigung, an Kanalisierung erreicht haben. Deshalb hat der Bundesrat in Zusammenarbeit mit dem niederösterreichischen Landtag  da gab es auch einen einstimmigen Beschluss  gegen eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes sozusagen nach Art. 23f Abs. 4 B-VG eine Mitteilung nach Brüssel geschickt.

Daraus möchte ich zitieren, nämlich, dass der Bundesrat selbstverständlich für eine Verbesserung der Wasserqualität und für eine Modernisierung des dafür erforderlichen Rahmens ist, aber mit dem gegenständlichen Vorschlag hat die EU auch Schad­stoffgruppen mit hineingenommen, die ohnehin von einer Verschärfung der Grenzwerte auch ausgehen.

 „Laut Vorschlag der Europäischen Kommission sollen 15 neue Stoffe in die Liste der prioritären Stoffe aufgenommen werden, weiters soll es nach Vorschlag der Kom­mission auch eine Änderung von Umweltqualitätsnormen für sieben Stoffe geben. Hin­sicht­lich einiger gefährlicher, prioritärer Stoffe ist anzumerken, dass es sich zum Teil um Stoffe handelt, die schon seit langem verboten sind, aber dennoch in der Umwelt immer noch nachweisbar sind. Dadurch werden gewisse, vor allem besonders niedrig angesetzte Grenzwerte, ohne dass diese Stoffe heute noch verwendet werden, über­schritten.“

Der Bundesrat hat deshalb festgestellt und befürchtet  mit Unterstützung des niederösterreichischen Landtages, dafür sind wir auch sehr dankbar , „dass die Kosten für die Untersuchung, die Verwaltung sowie das Monitoring der Daten massiv ansteigen werden, nicht zuletzt auch durch die erhöhte Frequenz von Untersuchungen. Zahlreiche zusätzliche Reinigungsmaßnahmen und Adaptierungen von Anlagen könnten notwendig werden, um den Anforderungen des Vorschlags überhaupt entsprechen zu können, sollte er in dieser Form beschlossen werden.

Inwieweit dieser Mehraufwand berechtigt ist und tatsächlich auch zu einer Verbes­serung dieser Werte führt, ist aus heutiger Sicht mehr als fraglich. Die Kommission sollte daher deutlich darlegen und mit wissenschaftlichen Erkenntnissen untermauern, welche Maßnahmen sie für geeignet hält, um die entsprechenden Ziele des Vor­schlages zu erreichen und insbesondere zu belegen, dass der Aufwand nicht unver­hältnismäßig zum Output ist.“

Dies ist die Mitteilung des EU-Ausschusses des Bundesrates vom 27. März 2012. Wir sind also insgesamt natürlich für eine Verbesserung der Wasserqualität, der Abwasserreinigungsanlagen. Das steht, denke ich, außer Diskussion. Wir haben aber, wie erwähnt, einen hohen Standard in Österreich, den gilt es zu halten, den gilt es auszubauen, aber natürlich mit entsprechendem Maß und Ziel.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 56

Wir werden aber dennoch selbstverständlich dieser wichtigen Regelung für die grenz­überschreitenden Wasserläufe und internationalen Seen gerne unsere Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.55


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Konrad. – Bitte. (Bundesrat Ertl: Die Mur ist gesundheitsgefährdend! – Bundesrat Konrad – auf dem Weg zum Rednerpult –: Na, die Mur ist schon längst nicht mehr gesundheitsgefährdend!)

 


14.55.36

Bundesrat Klaus Konrad (SPÖ, Steiermark): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Zwischenruf war: Die Mur ist gesundheitsgefährdend oder gefährlich. (Zwischenruf des Bundesrates Ertl.) – Das war einmal so!

Sehr geehrte Damen und Herren, es tut uns als Staat Österreich durchaus gut, wenn wir darüber reden und auch bestimmen, auch was andere Staaten betrifft, wenn es um Wasserqualität geht, wenn es um grenzüberschreitende Flüsse, Flussverläufe geht, wenn wir da handeln. Es ist vollkommen richtig, Herr Kollege, es waren viele Gewässer in Österreich von ihrer Wassergüte her alles andere als ein Geschenk an die Nachbarstaaten. Wir haben sozusagen Schmutzwasser exportiert, das war so.

Tatsache ist, dass es nach wie vor viele Staaten auf der Welt gibt, die den Nach­barstaaten das Wasser nicht ganz so überlassen, wie Sie es selbst bekommen haben. Wir sind als Staat Österreich in der hervorragenden Lage, dass wir durch unseren Alpenraum im Grunde genommen über ausgezeichnete Wasserqualität verfügen, haben aber auch die Verpflichtung, unseren Nachbarstaaten dieses entsprechend hohe Gut auch gut weiterzugeben.

Ich kann mich gut daran erinnern, wir haben bei uns in der Steiermark einige Dis­kussionen gehabt, der letzte Grenzstreit, wo es um die Wasserqualität gegangen ist, ist noch nicht lange her. Vor zwei, drei Jahren haben wir mit einem kleinen Fluss in der Steiermark auch für Aufsehen gesorgt bei unseren Nachbarn, bei Ungarn, weil die Wasserqualität nicht in Ordnung war. Sehr geehrte Damen und Herren, das Ver­ständnis muss man schon haben, wenn man einen Bach über die Grenze bekommt, dass das Wasser dann in Ordnung sein sollte.

Ich glaube, es ist die hohe Verantwortung, auch dieses Gremiums, dass wir dem Ganzen zustimmen, da es ein weiterer Schritt ist, Lebensqualität in anderen Ländern zu sichern. Wir können nicht nur Zäune aufbauen und Barrikaden errichten, um Men­schen daran zu hindern, zu uns zu kommen, weil sie daheim keine Lebenschance haben, sondern wir sollten wirklich auch einen Beitrag dazu leisten, ihnen eine Lebens­möglichkeit zu bieten. Wasser ist dazu ein wichtiger Beitrag. In diesem Sinn stimmen wir natürlich gerne zu. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.58


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Waldner. – Bitte.

 


14.58.07

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Wolfgang Waldner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Meine Damen und Herren! Die österreichische Bundes­regierung befürwortet natürlich die Ausweitung dieses UNECE-Übereinkommens zum Schutz und zur Nutzung der grenzüberschreitenden Wasserläufe und internationalen Seen auf Drittstaaten.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 57

In Europa beruhen ja die internationalen Gewässerschutzkommissionen in den großen Flussgebieten Rhein, Donau, Elbe und so weiter, auch die EU-Wasserrahmenrichtlinie, auf den Prinzipien dieses Übereinkommens. Derzeit gibt es – ich habe gerade nachge­schaut – 56 Mitglieder der UNECE, also auch Mitglieder dieses Übereinkommens. Durch die vorliegenden Änderungen dieses Übereinkommens können nun natürlich auch Länder außerhalb der UNECE, die von dringenden Problemen im Wasserbereich betroffen sind, in Zukunft dieses bewährte Instrument nutzen. Es hat sich in der Praxis tatsächlich sehr bewährt, das wurde vom Herrn Bundesrat Temmel auch erwähnt. So können also die wasserwirtschaftliche Zusammenarbeit in den internationalen Fluss­gebieten erweitert und diese Drittstaaten eingebunden werden. Das kommt letztlich unserer gemeinsamen Umwelt zugute, kommt letztlich auch Österreich zugute, und ich ersuche Sie daher um Ihre Zustimmung.

Nun möchte ich auf die zwei konkreten Fragen eingehen, die Bundesrätin Kerschbaum gestellt hat. Die Pestizidreduktionspläne der Länder sind mir im Moment nicht bekannt. Da möchte ich vielleicht auf die Kollegen im Landwirtschaftsministerium verweisen, die das sicher nachbringen werden.

Zur Frage, warum das Abkommen erst jetzt von uns behandelt wird: Ich nehme an beziehungsweise ich bin mir ziemlich sicher, das hat damit zu tun – seit 2003 sind ja diese Änderungen schon beschlossen oder verhandelt –, dass in den letzten Jahren das Interesse gestiegen ist. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Das Abkommen kann erst in Kraft treten, wenn es sämtliche Mitgliedstaaten ratifiziert haben. Und jetzt ist das Interesse offensichtlich virulenter geworden. Ich nehme an, das hat mit Staaten in Zentralasien oder auch in Lateinamerika und in Afrika zu tun, die sich jetzt für diese internationale Zusammenarbeit interessieren.

Noch einmal: Die Regierung befürwortet natürlich, dass diese Änderungen ratifiziert werden und dass andere Staaten beitreten. Wir befürworten die Zustimmung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

15.00


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.01.069. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001 und das Waffengesetz 1996 geändert werden (1742 d.B. und 1794 d.B. sowie 8742/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tages­ord­nung.

Zur Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt darf ich Herrn Bundesminister Darabos sehr herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Füller. Ich bitte um den Bericht.

 


15.01.35

Berichterstatter Christian Füller: Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzter Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsaus-


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 58

schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001 und das Waffengesetz 1996 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Verle­sung.

Ich komme sogleich zur Antragstellung.

Der Landesverteidigungsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 26. Juni 2012 in Verhandlung genommen und stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Brückl. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.02.22

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Bun­desrates! In aller Kürze: Wir werden diesem Gesetzesvorschlag hier nicht zustimmen – nicht, dass alles schlecht wäre (Bundesrat Stadler: Aber trotzdem!), wie halt so oft –, denn dieses Gesetzesvorhaben bringt aus unserer Sicht nicht erforderliche Verwaltungskosten und einen Arbeitsaufwand mit sich, der nicht zu rechtfertigen ist.

Denn: Was will man ändern? Was soll sicherer, was soll besser gemacht werden? – Zahllose Bürger bei uns im Land besitzen aus unterschiedlichsten Gründen – weil sie Sammler sind, zu musealen Zwecken oder als Ziergegenstände – funktionsunfähig gemachtes Kriegsmaterial, das aus historischen und zeitgeschichtlichen Gründen unbestritten von hohem wissenschaftlichem und technisch-geschichtlichem Wert ist. Diese Gegenstände wurden vor ihrer Veräußerung durch das Heer unbrauchbar gemacht, und ihre Funktionsfähigkeit kann auch gar nicht wieder hergestellt werden. Und dass von solchen Gegenständen keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, liegt auf der Hand.

Seit 2003 hat man im Bundesministerium für Landesverteidigung die Verwal­tungs­praxis geändert und ist dazu übergegangen, dass man deaktiviertes Kriegsmaterial sozusagen auf Dauer als Kriegsmaterial behandelt, auch wenn das vielleicht nur ein durchgesägter Lauf ist; das heißt, es sind in Wirklichkeit nur zwei Stück Alteisen.

Das Bundesministerium selbst hat in einer Stellungnahme im Vorjahr meiner Ansicht nach richtigerweise erkannt, dass, wenn man solch demilitarisiertes Kriegsmaterial funktionsunfähig gemacht hat, dieses in Zukunft seine Eigenschaft als Kriegsmaterial verlieren soll.

Aber mit diesem Gesetz geschieht jetzt leider etwas, was für uns nicht nachvollziehbar ist: Deaktiviertes Kriegsmaterial, bei dem zum Beispiel der Lauf verschweißt ist, bei dem der Verschluss unbrauchbar gemacht wurde und das jetzt bereits gekennzeichnet ist, und zwar durch das Heer selbst, soll jetzt noch einmal verpflichtend überprüft und gekennzeichnet werden.

Insofern birgt das Ganze auch eine gewisse Ironie in sich, denn das Heer hat das selbst deaktiviert und ein dazu befugter Gewerbsmann soll das künftig noch einmal überprüfen und bestätigen, dass das wirklich deaktiviert ist. Offensichtlich glaubt man da dem eigenen Heer nicht. Das ist so, wie wenn ich mit meinem Fahrzeug beim ÖAMTC vorfahre und sage: Macht mir das Pickerl!, dann das Auto, wenn es fertig ist,


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 59

abhole und in die nächste Werkstatt fahre und sage: Überprüft bitte, ob das ordentlich gemacht ist! – Das macht niemand!

Die Vorgehensweise, die hier geplant ist, ist aus unserer Sicht nicht bürgerfreundlich. Sie verursacht einen Verwaltungsaufwand, der vermieden werden könnte. Sie verur­sacht wieder einmal unnotwendige Kosten für die Bürger. Und sie dient ja letztlich nicht einmal der Erhöhung der öffentlichen Sicherheit, das weiß man ja auch. Im Zusam­menhang mit solch deaktivierten Gegenständen ist bislang nie eine kriminelle oder sonst missbräuchliche Verwendung bekannt geworden.

Herr Kollege Klug ist gerade nicht im Saal, aber er war heute schon sehr großzügig mit Einladungen, auch an mich und an uns, und ich möchte ihn gerne einladen, hier mit uns zu stimmen und dieses Gesetz abzulehnen beziehungsweise an den Nationalrat zurückzuschicken, um die notwendigen Änderungen durchzuführen. (Beifall des Bundesrates Jenewein.)

15.06


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Lindinger. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.06.15

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Kollege Brückl, wir haben heute ein Gesetz beschlossen, das heißt Lobbyistengesetz. Und wenn man ein wenig im Netz recherchiert, dann sieht man, dass die FPÖ eigentlich Lobbyisten sind der Waffenlobby, der Waffenindustrie.

In deutlichen Stellungnahmen, in Blogs, überall dort sieht man ganz klar, gerade auch im Zusammenhang mit dieser Änderung des Waffengesetzes und des Wehrgesetzes, dass die FPÖ gegen eine Einschränkung der Waffen ist. Man sagt auch, jeder Bürger soll auf der Straße eine Waffe tragen können – da gibt es schriftliche Stellungnahmen im Netz! (Bundesrat Brückl: Aber sicher nicht von uns!) Da gibt es Stellungnahmen im Netz, ich habe sie gesehen. Es gibt auch Organisationen, die sich darauf berufen, dass sie die einzigen Interessenvertreter der Freunde der Waffen sind, dass sie dafür sind, dass die Waffen offen getragen werden können.

Da wir hier im Bundesrat gerade Besuch von jungen Menschen haben, die das Parla­ment besuchen, möchte ich schon darauf hinweisen, dass Waffen etwas Gefährliches sind. Und Kriegswaffen, die nicht vom Bundesheer in Gebrauch sind, müssen unbrauch­bar gemacht werden und gehören zum Alteisen. (Bundesrat Brückl: Ja!) Man kann sie vielleicht in Museen geben, wo man darauf hinweisen kann, welch großes Unheil damit angerichtet wurde. (Zwischenruf des Bundesrates Kneifel.) – Es gibt auch Angstzustände im Wiener Gemeinderat, wenn jemand einen Karton aufschneidet, das soll auch schon Waffengebrauch sein. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Dazu gibt es auch schon interessante Meldungen.

Ich denke, es ist ganz gut, dass diesbezüglich endlich einmal Klarheit geschaffen wurde und registriert wird. (Bundesrat Brückl: Die sind ja gekennzeichnet!) Und wenn diese Waffen gekennzeichnet werden müssen, dass sie unbrauchbar und deaktiviert sind und auch in Zukunft nicht mehr aktiviert werden können, weil sie gekennzeichnet sind, dann ist das ein guter Schritt in die richtige Richtung, dass Waffen, die einmal unbrauchbar sind, auch nicht mehr brauchbar gemacht werden können.

Dieses Gesetz bringt auch klare Regelungen fürs sogenannte Sonnwendschießen und für Tage der offen Tür in den Kasernen, sodass dort unter fachkundiger Anleitung Besucher, Zivilisten die Möglichkeit haben, diese Waffen einmal handzuhaben, damit sie sehen, wie gefährlich sie sein können.


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In diesem Sinne werden wir diesem Gesetz zustimmen und haben kein Verständnis dafür, dass die Freiheitlichen heute wieder einem sehr, sehr guten Gesetz, das da vorbereitet wurde, nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.09


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.10.01

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Minister! Wir stimmen auch gegen diese Geset­zesvorlage, allerdings aus den entgegengesetzten Gründen.

Ich gebe Kollegen Lindinger wirklich von Herzen recht, wenn er sagt, diese alten, nicht mehr gebrauchten Waffen gehören zum Alteisen. Das wäre meiner Meinung nach die bessere Lösung. Sie funktionsunfähig zu machen – funktionsunfähig gemacht sind jene, die Sie angesprochen haben – und zu registrieren ist auch eine Lösung. Wie gesagt, mir hätte die Lösung des Alteisens bei Weitem besser gefallen, weil ich auch nicht ganz verstehe, warum man altes Kriegsmaterial unbedingt bei sich zu Hause lagern muss – das ist Geschmackssache –, aber die jetzige Lösung bringt auch eine Verbesserung.

Der Grund dafür, dass wir dagegen stimmen, liegt im zweiten Teil der Regelung und betrifft die Bundesheerveranstaltungen, bei denen auch Zivilisten und Zivilistinnen – welchen Alters auch immer, haben wir im Ausschuss gehört – Waffen handhaben können. Es ist ja wichtig, dass auch kleine Kinder eine Waffe angreifen und auspro­bieren können. – Das verstehen wir nicht, dass es da keine Altersbeschränkung gibt!

Ich habe immer dafür gesorgt, dass meine Kinder nicht schon in jüngsten Jahren irgendwie mit der Spielzeugpistole raufen, aber beim Bundesheer müssen sie die Waf­fen angreifen können.

Was uns aber vor allem daran stört, ist, dass die genauen Regelungen fehlen. Kollege Lindinger hat gesagt, es gibt jetzt eine klare Regelung – so ist es nicht. Die klare Regelung kommt erst in der Verordnung, und diese gibt es noch nicht! Und solange es sie nicht gibt, können wir auch nicht sagen, ob sie klar und deutlich ist und dem entspricht, was wir uns vorstellen.

Wie gesagt, meiner Meinung nach ist es nicht notwendig, dass ZivilistInnen bei Bun­desheerveranstaltungen – bei welchen auch immer – unbedingt alle Waffen auspro­bieren können müssen. Außerdem gehört da unbedingt eine Altersgrenze eingezogen, weil diese Regelung nicht kinder- und nicht jugendfreundlich ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.11


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nun gelangt Herr Bundesrat Hensler zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.12.05

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute das Waffengesetz auf der Tagesordnung. Erlauben Sie mir eingangs zum Kollegen Brückl eine Bemerkung: Ich habe mir sehr, sehr bewusst das Protokoll und die Aufzeichnungen der freiheitlichen Argumente im Nationalrat durchgelesen. Sie waren punktgenau ziemlich identisch.

Ich möchte Folgendes sagen: Wenn es ein Gesetz gibt, wenn es Rahmenbedingungen gibt, wenn man überdenkt, geschätzter Herr Bundesminister, was man besser organi-


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sieren und gestalten kann, ist es auf einmal selbstverständlich: Die FPÖ ist dagegen! – Für mein Grundverständnis ist es nicht der richtige Weg in der Politik, immer dagegen zu sein.

Und hier ein klares Bekenntnis in diese Richtung, Herr Bundesminister: Ich denke, der eingeschlagene Weg ist ein guter Weg!

Es sind ja nur zwei gravierende Punkte, meine sehr geehrten Damen und Herren, die geändert wurden.

Erstens – das wurde von der Kollegin bereits sehr treffend erörtert –: Bei Schieß­veranstaltungen des Bundesheeres können die Gäste die Waffen und die Ausrüstung – natürlich unter Anleitung der unmittelbar Betroffenen, der Fachleute, von geschultem Personal – bedienen.

Diesbezüglich gab es immer wieder einen Widerspruch, gab es, ich glaube, da bin ich richtig informiert, immer wieder Diskussionen: Ist das möglich? Ist das rechtlich verankert?, und vieles mehr. In Zukunft gibt es da durch die Änderung des Wehr­gesetzes eine klare Linie. – Der erste Punkt.

Der zweite Punkt, darauf möchte ich ebenfalls eingehen, betrifft das Waffengesetz. Durch die Änderung wird ein rechtlicher Rahmen für die Deaktivierung der Schuss­waffen geschaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Geschätzter Herr Bundes­minister! Abschließend: Ich denke, das ist, wie ich bereits erwähnt habe, der richtige Weg in die richtige Richtung. Das neue Gesetz ist bürgernah und dient der Rechts­sicherheit bei Schießveranstaltungen, gleichzeitig wird eine gesetzliche Grundlage in diesem Bereich des Bundesheeres geschaffen.

Wir werden sehr gerne zustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.14


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Mag. Darabos. – Bitte, Herr Minister.

 


15.14.43

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine werten Damen und Herren Bundesräte! Der letzte Redner hat es angedeutet: Es geht da um einen technischen Bereich, aber um einen wichtigen Bereich, der Rechtssicherheit in Österreich in zwei Punkten schafft, im Waffengesetz und im Bereich des Wehrgesetzes. Ich halte beide Punkte für wichtig und freue mich, dass dieses Gesetz durch den Nationalrat gegangen ist, und hoffe, dass es heute im Bundesrat positiv beschieden und auch verabschiedet wird.

Ich möchte auch hervorstreichen, dass diese Novelle in enger Zusammenarbeit auch mit dem Innenministerium zustande gekommen ist, was für mich sehr, sehr wichtig ist, denn wir sind die Sicherheitsressorts in der Republik Österreich und haben hier gemeinsam, Schulter an Schulter die Gesetzesvorhaben durchzudenken, durch­zu­führen.

Zum ersten Bereich, zur gesicherten Rechtsgrundlage für Schießveranstaltungen im Bundesheer: Ich finde es richtig, Frau Bundesrätin, dass das im Bundesheer bleibt. Das wird jetzt rechtsstaatlich abgesichert, besser abgesichert als bisher, dass nämlich Schießveranstaltungen so ausgeformt sind, dass sie ausschließlich auf Bundesheer­schießplätzen, mit Waffen des Bundesheeres, unter fachkundiger Anleitung und Auf­sicht des Bundesheeres durchgeführt werden. Ich glaube, das ist ja im Sinne jedes Einzelnen in der Republik, der sich mit Waffen beschäftigt. Man muss das ja nicht


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machen, aber wenn man es macht, dann soll man es eben in diesem Rahmen machen. Das halte ich für gut so.

Die Märchen, die da erzählt werden, dass Kinder da mit Sturmgewehren schießen können, sind, wie gesagt, Märchen. Ich kann Ihnen versichern, dass das mit diesem Gesetz nicht möglich ist; ganz im Gegenteil.

Es besteht – und damit bin ich beim zweiten Bereich – unmittelbarer Bedarf und privates Interesse – auch da ist die Frage, ob man das möchte oder nicht; da bin ich ganz bei Ihnen – am rechtmäßigen Erwerb und Besitz von unbrauchbar gemachten Schusswaffen und bestimmten Arten von Kriegsmaterialien; wenn man es in Neudeutsch sagt: small arms and light weapons, also leichte Waffen.

Ich kann Ihnen auch versichern – das möchte ich heute noch einmal tun, wie ich es auch im Nationalrat getan habe –, dass schwere Waffen nicht darunterfallen, wie Kampfpanzer oder Geschütze. Für diese Kriegsmaterialien gelten natürlich weiterhin die restriktiven Normen, und das ist auch gut so.

Ich bin der Meinung, dass mit der vorliegenden Novelle die dauernde Unbrauch­barmachung, Kennzeichnung und Registrierung von leichten Waffen gut geregelt ist, und zwar dadurch, dass sie in einer Datenbank sichergestellt ist. Künftig gelten Schuss­waffen erst dann als deaktiviert, wenn alle wesentlichen Bestandteile dauernd unbrauchbar und auch als deaktiviert gekennzeichnet sind, und auch das ist gut so. Auch das trägt zur Sicherheit der österreichischen Bevölkerung bei.

Ich halte es für gut – im Gegensatz zum Kollegen von der FPÖ –, dass Gewerbe­treibende hier eingebunden werden, und diese Gewerbetreibenden, soweit sie ermächtigt sind, diese Deaktivierung und Kennzeichnung vornehmen können.

Abschließend: Wir schaffen damit in einem wichtigen Bereich Rechtssicherheit, einerseits für Sammler andererseits für die Bevölkerung. Und ich bin davon überzeugt, dass diese Novelle, was mein Ressort betrifft, in den Bereichen Deaktivierung von Waffen, Deaktivierung von Kriegsmaterial und Abhaltung von Schießveranstaltungen nunmehr jene Klarheit schafft, die lange Zeit nicht in ausreichendem Maße bestanden hat. Und ich hoffe auf die Zustimmung im Bundesrat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.18


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Bun­desrat Brückl. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.18.51

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Ich möchte nur noch klarstellen: Die gesetzliche Regelung betreffend Schieß­veranstaltungen, Herr Bundesminister, finden wir durchaus in Ordnung. Das darf ja auch geregelt sein.

Ich möchte hier aber schon auch festhalten: Waffenbesitz ist grundsätzlich kein Verbrechen. Ich bin seit meinem 19. Lebensjahr Jäger und fühle mich nicht als Verbrecher. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich habe die Waffen selbst zu Hause.

Aber was mir zu denken gibt, ist – ich kann Ihnen das anhand eines Beispiels sagen, Herr Minister –: Wir haben einem Unteroffizier, der vor Kurzem in Pension gegangen ist, anlässlich seiner Pensionierung ein STG 58, ein Sturmgewehr, geschenkt – deak­tiviert vom Militär selbst. (Bundesrat Lindinger: Was tut der mit einem Sturmgewehr zu Hause?) Das hat er zu Hause. Warum sammelt einer Briefmarken? – Das ist die gleiche Frage. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auf jeden Fall hat er das zu Hause, und jetzt muss er mit dieser Waffe wieder zu einem Gewerbsmann, muss die Kosten und den Aufwand dafür tragen. Und das ist das, Herr


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Minister, was wir kritisieren und was wir nicht verstehen. (Bundesrat Lindinger: Deak­tivieren und aufhängen zu Hause! – Bundesrat Ertl: Hat er ja gesagt, dass es deaktiviert ist!) Und deshalb unsere Ablehnung!

15.19


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Es liegen mir hiezu keine weiteren Wort­mel­dungen vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.20.3110. Punkt

Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. Muna Duzdar, Günther Köberl, Efgani Dönmez, PMM, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Lage inhaftierter palästinensischer Abgeordneter (190/A(E)-BR/2012 sowie 8745/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Da der gewählte Berichterstatter, Herr Bundesrat Kainz, verhindert ist, ersuche ich den Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Herrn Bundesrat Köberl, um die Berichterstattung.

 


15.21.02

Berichterstatter Günther Köberl: Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe, wie bereits erwähnt, stellvertretend den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angele­genheiten über den Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. Muna Duzdar, Günther Köberl, Efgani Dönmez, PMM, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Lage inhaftierter palästinensischer Abgeordneter.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zum Antragstext kommen.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2012 den Antrag, die angeschlossene Entschließung anzunehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.21.55

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich habe mir diesen Antrag ziemlich lange und genau durchgelesen, und ich glaube, ich bin wahrscheinlich – oder vermutlich – heute das einzige Mitglied in diesem Bundesrat, das diesen Antrag nicht unterstützen kann. Ich möchte schon auch kurz in aller Seriosität erklären, warum ich – auch als einziger der Grünen hier in diesem Hause – diesen Antrag nicht unterstützen kann, auch wenn es mir nicht leicht fällt.

Als ich vor einigen Jahren in Jerusalem war, habe ich einen Familienvater kennen­gelernt mit damals zwei Töchtern – es werden heute hoffentlich auch noch zwei Töchter sein. Die Töchter waren damals neun und zehn Jahre alt, und der Familien­vater hat mir erzählt, dass er seine zwei Töchter immer mit zwei verschiedenen Schul-


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bussen in dieselbe Schule schickt. – Ich glaube, besser kann man die Situation, wie Menschen in Israel leben müssen, nicht beschreiben.

Das war natürlich in einer Zeit, in der es Terroranschläge noch in einem erhöhten Ausmaß gab. Ich kann mich erinnern, ich war damals auch in Tel Aviv und war dort in einer Diskothek – das ist eine ganz gute Stadt, auch einmal zum Ausgehen –, und eine Woche später sehe ich dann dieselbe Diskothek in den Nachrichten, weil junge Menschen, die dort in der Schlange gestanden sind, in die Luft gesprengt worden sind.

Gleichzeitig wird in diesem Antrag die Administrativhaft kritisiert, die Israel über palästinensische Abgeordnete verhängt hat. Ich will diese Art von Verhaftung jetzt hier nicht gutheißen, damit ich hier nicht missverstanden werde (Ruf bei der ÖVP: Sehr gut!) – damit ich hier nicht missverstanden werde –, allerdings halte ich es in einer außenpolitischen Diskussion, wenn es um den Nahen Osten geht, für ausgesprochen wichtig, vor allem, wenn man beispielsweise auch Menschenrechte in diesem Antrag als Begründung einfügt, dass man dann genauer hinschaut und Menschenrechte eben auch wirklich universell begreift.

Es sind die verhafteten Abgeordneten nicht Abgeordnete einer demokratischen, fried­lichen Partei, es sind Abgeordnete der Hamas. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man das hier auch festhält. Die Hamas hat 2006 (Ruf bei der ÖVP: Aber demokratisch gewählt!) – ja tatsächlich – in einer demokratischen Wahl die Wahlen im Gazastreifen gewonnen und hat 2007 in einem Bürgerkrieg gegen die Fatah die Macht im Gaza­streifen übernommen.

Jetzt kann man darüber diskutieren, ob das demokratisch ist, und dann kann man darüber nachdenken, ob die Charta der Hamas, also quasi das Parteistatut, unseren Menschenrechten entspricht. Ich zitiere aus der Charta der Hamas; Artikel 7 der Hamas-Charta:

„Der Prophet – Andacht und Frieden Allahs sei mit ihm, – erklärte: Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten; bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt; komm und töte ihn!“

Aus Artikel 13 der Hamas-Charta:

„Ansätze zum Frieden, die sogenannten friedlichen Lösungen und die internationalen Konferenzen zur Lösung der Palästinafrage stehen sämtlichst im Widerspruch zu den Auffassungen der Islamischen Widerstandsbewegung. Denn auf irgendeinen Teil Palästinas zu verzichten bedeutet, auf einen Teil der Religion zu verzichten; der Nationalismus der Islamischen Widerstandsbewegung ist Bestandteil ihres Glaubens. Für die Palästina-Frage gibt es keine andere Lösung als den Djihad. Die Initiativen, Vorschläge und Internationalen Konferenzen sind reine Zeitverschwendung und eine Praxis der Sinnlosigkeit.“

Das steht in der Charta der Hamas. Und außerdem finden sich in der Charta der Hamas immer noch die sogenannten Protokolle der Weisen von Zion. Die Protokolle der Weisen von Zion sind ein antisemitisches Pamphlet, das im frühen 20. Jahrhundert im damaligen zaristischen Russland geschrieben worden ist, von dem längst bewiesen ist, dass es eine Fälschung ist, und diese werden nach wie vor leider auch im Gaza­streifen gedruckt und verkauft und sind nichts anderes als pure antisemitische Hetze.

Jetzt kann man sagen, Israel geht nicht gut mit den Arabern um. – Das kann man sagen. Kann man sagen, dass man deswegen Israel einseitig verurteilen muss, oder kann man in einem Antrag, der einerseits Israel kritisiert, nicht auch sagen, dass man auch gleichzeitig die Hamas zum Beispiel auffordert, den Staat Israel anzuerkennen, sein Existenzrecht überhaupt einmal anzuerkennen? – Diese Fragen stelle ich mir.


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Und deshalb halte ich einen Antrag, der einseitig ist, in diesem Fall für falsch. Ich halte es für falsch, auch wenn ich der Einzige in diesem Haus sein mag – vielleicht ändert sich das ja jetzt, ich weiß es nicht (Bundesrat Mag. Klug: Eher nicht!) –, ich halte es also für falsch, dass wir als Mitglieder des Bundesrates die antisemitische und gewalttätige Hamas verteidigen (Bundesrätin Mag. Duzdar: Das ist nicht der Antrag!), denn so würde es interpretiert werden (Bundesrätin Mag. Duzdar: Das interpretieren Sie!), solange nicht alle Facetten der Menschenrechte in der gesamten Region berücksichtigt werden.

Und jetzt erlauben Sie mir, auch als offen schwul lebender Mann hier einen Satz zu sagen. Wenn wir Menschenrechte universell begreifen, dann schaue ich mir gerne auch die Menschenrechte – zum Beispiel Frauenrechte, das sind auch Menschen­rechte, oder Lesben- und Schwulenrechte – an und dann stelle ich fest, dass es in Israel ein Antidiskriminierungsgesetz gibt, Schutz gibt, eine Gay-Pride-Parade gibt – auch umstritten, aber gut, das ist ja nicht anders als hierzulande, wenn in Tel Aviv die Lesben und Schwulen auf eine Parade gehen –, die Schwulen und Lesben in den palästinensischen Gebieten aber wohin fliehen? – Nach Israel, weil es der einzige sichere Hafen für sie ist!

Deswegen sage ich: Achtung! Wenn wir schon Menschenrechte als Argument ver­wenden, dann beachten wir bitte die Menschenrechte als universelles Thema und verurteilen hier nicht einseitig. Und wenn wir schon – und ich halte das für richtig – hier in diesem Haus über Außenpolitik sprechen, dann finde ich es schon bemerkenswert, dass wir in einer Zeit, in der wir eigentlich über Syrien sprechen müssten, über Israel reden. (Bundesrat Mag. Klug: Es kann sich jeder einbringen!)

Und ich bin sehr traurig darüber, dass die Außenpolitik Österreichs nicht mehr so konsequent ist, wie sie es einmal war. Als im Iran Salman Rushdie durch eine Fatwa verfolgt worden ist, war es damals Rudolf Scholten, liebe Sozialdemokratie, der für Schutz und für ein Versteck gesorgt hat. Jetzt gibt es wieder eine Fatwa im Iran gegen Shahin Najafi, einen Rapper. Eigentlich könnte doch Österreich dasselbe wieder tun, aber wir tun es nicht mehr. (Bundesrätin Mag. Duzdar: Macht es ja!) Und ich frage mich, warum wir mittlerweile so einseitig geworden sind in dieser Wahrnehmung.

Und ich empfinde auch die mediale – ich mache jetzt auch Medienkritik, ich gebe es zu –, ich empfinde also auch die mediale Berichterstattung über den Nahostkonflikt in diesem Land zu einem erheblichen Teil einseitig. (Bundesrätin Mag. Duzdar: Wieso?)

Wenn 150 Raketen auf Südisrael niederregnen, so wie in den letzten Tagen, erfahren wir darüber in unseren Medien nichts. Wenn dann das israelische Militär eine Aktion dagegen ausführt, wird ganz groß in den Medien berichtet (Zwischenruf des Bun­desrates Mayer), dass Israel jetzt wieder eine Attacke gegen Gaza durchführt. Ich halte das für eine Einseitigkeit, ich halte das für eine einseitige Sicht, mit der ich zunehmend ein Problem habe. Und ich bitte um Verständnis, ich kann diesem Antrag, auch wenn er inhaltlich in vielen Punkten stimmen mag, nicht zustimmen.

Nebenbei bemerkt, zur Administrativhaft: Wir könnten hier auch eine Resolution machen, dass wir die Administrativhaft generell ablehnen – dann würde ich sogar zu­stim­men –, dann würden wir die Administrativhaft ablehnen, die es zum Beispiel in Großbritannien gibt, in den USA, in Australien oder in Irland. In Australien und in Irland wird diese Administrativhaft übrigens sogar gegen Asylwerber und Asylwerberinnen eingesetzt. Das halte ich für mindestens genauso verachtenswert wie alles andere. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

15.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Köberl. – Bitte, Herr Kollege.

 



BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 66

15.31.48

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schreuder, Sie haben jetzt Ihre Sicht der Dinge dargelegt. Ich habe Ihnen aufmerksam zugehört; ich nehme mir das Recht heraus, das Gleiche auch von Ihnen betreffend meinen Debat­tenbeitrag zu fordern.

Wenn wir hier heraußen stehen und über einen Antrag und über eine Thematik reden, dann sollten wir zumindest den Antrag genau gelesen haben. Ich werde darauf zurückkommen, was ich damit meine.

Worum geht es eigentlich, meine Damen und Herren, und was steht in dieser Ent­schließung? – Lassen Sie mich hier ein Stück fast wörtlich zitieren. Es heißt hier:

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird

unter Hinweis auf die Schlussfolgerung des Rates der Europäischen Union zum Nahost-Friedensprozess vom 23.7.2007, 2817. Tagung des Rates“ – ersucht, zu agieren.

Der Kollege Mayer hat mir von seiner Tätigkeit im Europarat berichtet, nämlich dass es derzeit und gerade aktuell auch im Europarat eine Überprüfung der Lage hinsichtlich der Einhaltung der Menschenrechte in Palästina gibt. Ebenso wurde in der Re­solution 1700 des Europarates im Artikel 25.5 betreffend die Situation der inhaftierten palästinensischen Abgeordneten und anderer politischer Gefangener in Anlehnung an die sogenannte Annapolis-Vereinbarung deren sofortige Freilassung gefordert.

Das heißt, nicht nur der Bundesrat in Österreich beschäftigt sich damit, sondern auch der Europarat, auch das europäische Parlament – wir haben das auch in der Begründung gelesen. Und auch eine Resolution des Belgischen Senates aus diesem Jahr beschäftigt sich mit dieser Thematik.

Worum wird nun der Bundesminister ersucht?

„Darauf zu drängen, dass alle internationalen Mindeststandards für Festgenommene und Häftlinge eingehalten werden,“ – ich hoffe, da sind wir uns einig – „insbesondere das Recht auf ein Verfahren vor einem Gericht, damit dieses unverzüglich über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet, sowie dass von dem Gebrauch der Verwaltungshaft abgesehen wird“ – zweitens,

„sich für die unverzügliche Freilassung demokratisch gewählter palästinensischer Abge­ordneter, sofern sie“ – und das möchte ich schon festhalten – „nicht einer strafbaren Handlung angeklagt und unter Wahrung internationaler Standards in einem fairen Prozess vor Gericht gestellt werden“ – also wir unterscheiden ganz klar zwi­schen einer strafbaren Handlung und einer Verwaltungshaft ohne Angabe von Grün­den, und

„sich grundsätzlich bei der Palästinensischen Behörde dafür einzusetzen, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um Gewalt- oder Terrorakte zu verhindern.“

Wir haben gemeinsam diesen Punkt noch einmal hineingenommen, um uns nicht den Vorwurf der Einseitigkeit gefallen lassen zu müssen. So weit der Kernpunkt der Entschließung, die im zuständigen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten einstim­mig angenommen wurde.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei Frau Kollegin Muna Duzdar für ihre Initiative, für ihre Vorarbeiten zu diesem Antrag sehr, sehr herzlich bedanken. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 67

Nach Abstimmung mit dem Ministerium für europäische und internationale Angele­genheiten haben wir diesen Entschließungsantrag gemeinsam eingebracht, und un­se­re Fraktion steht geschlossen hinter diesem Antrag, da es vor allem um die Einhaltung der Menschenrechte und auch der Bestimmungen des IV. Genfer Abkommens, das Sie bestimmt kennen werden, geht. Nur zur Verdeutlichung: Beim IV. Genfer Abkommen geht es um den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten.

Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass alle Mitglieder dieses Hauses für die weltweite Achtung und Einhaltung menschenrechtlicher und rechtsstaatlicher Prinzi­pien eintreten. Gerade das Recht auf persönliche Freiheit und auf ein faires Verfahren sind grundlegende Menschenrechte.

Demokratisch gewählte Abgeordnete sind vom Volk in eine Versammlung beziehungs­weise ins Parlament gewählte Volksvertreter. In den meisten Staaten genießen sie funktionelle Immunität, das heißt, sie unterliegen nicht der Strafverfolgung in Bezug auf Handlungen in Ausübung ihrer Funktion, soweit das nicht vom Parlament aufgehoben wird – was ja gelegentlich auch in Österreich vorkommen soll.

Seit dem 1. Februar 2012 befinden sich 27 palästinensische Abgeordnete, Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates, in israelischer Haft, 24 dieser Abgeordneten befinden sich in israelischer Verwaltungshaft – ohne Anklage, ohne Gerichts­verfah­ren –, darunter seit 19. Jänner 2012 auch der Parlamentspräsident Aziz Dweik. Gerade gegen diese Verwaltungshaft richtet sich auch die internationale Kritik.

Wir haben im Ausschuss vom Vertreter des Bundesministeriums, Herrn Dr. Friedrich Stift, dem Leiter der Abteilung II.4, Naher Osten, zur Praxis der Verwaltungshaft nähere Auskünfte erhalten. Verwaltungshaft basiert auf einem Punkt der israelischen Militär­gesetzgebung. Es heißt zwar zur Dauer, maximal sechs Monate mit einmaliger Verlän­gerung, wir wissen aber aus der Praxis, dass es zu einer mehrmaligen Verlängerung kommt.

Keine Bekanntgabe der Beweismittel. Ich wiederhole noch einmal: Keine Bekanntgabe der Beweismittel! Um die Gründe für die Inhaftierung zu erfahren, bleibt den Verwal­tungshäftlingen nur die Möglichkeit einer Berufungsverhandlung. Bei solchen Verhand­lun­gen geht es um den Termin, das Finden eines solchen kann Wochen oder meist Monate dauern.

Die Beweislage wird in einer nichtöffentlichen Sitzung geprüft und weder dem Gefangenen selbst noch einem Verteidiger zur Kenntnis gebracht. Somit gibt es auch keine Möglichkeit, Beweise anzufechten.

Keine Anklage, kein Gerichtsverfahren.

Einige Mitglieder des Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrates und Bundes­rates sind vor wenigen Wochen mit Nabeel Shaath, dem Beauftragten für inter­nationale Beziehungen der palästinensischen Fatah, zusammengekommen. Im Mittel­punkt des fast zweistündigen Referats – es war eigentlich eine Diskussion; einige der Anwesenden waren auch dabei, ich glaube, die Frau Kollegin Mühlwerth und die Frau Kollegin Duzdar – ist es um die Lage der Menschen in den palästinensischen Autono­miegebieten gegangen und um die Perspektiven der Entwicklung zur Eigenstaatlichkeit im Rahmen einer Zweistaatenlösung. – Da ist uns eine andere Sicht der Dinge geschildert worden. Aber man sollte immer beide Seiten hören und sich die Wahrheit aus einem Zweiperspektivenprinzip herausholen.

Ich betone hier auch noch einmal: Es geht uns in diesem Entschließungsantrag nicht um die Einmischung in innerstaatliche oder bilaterale Angelegenheiten von Ländern in einer sehr sensiblen Region – das wissen wir –, uns geht es um die Einhaltung von


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Menschenrechten und den Verzicht auf Gewalt auf beiden – ich betone: auf beiden! – Seiten.

Wir gehen davon aus, dass unser Außenminister Dr. Michael Spindelegger, dem die Einhaltung der Menschenrechte ein ganz besonderes Anliegen immer war und ist, bereits bei der nächsten EU-Assoziationssitzung des Rates mit Israel die Gelegenheit nutzen wird, um diese Entschließung zum Thema zu machen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.40

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Mag. Duzdar. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.40.17

Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Ich möchte mich vorweg dafür bedanken, dass es möglich war, hier einen parteiübergreifenden Entschließungsantrag zusammenzu-bringen, und möchte mich eben auch ganz herzlich beim Kollegen Köberl, beim Kollegen Dönmez dafür bedanken, dass dies möglich war.

Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich habe dem Kollegen Schreuder sehr ruhig und sehr aufmerksam zugehört, auch wenn ich mich jetzt kurz ein bisschen aufgeregt habe. Aber eigentlich waren deine Argumente für mich nicht überraschend, weil es meistens dieselben Argumente sind, wenn man hier gewisse Problematiken aufzeigt.

Zum einen möchte ich sagen, dass es hier nicht um eine Pauschalkritik geht. Ich glaube, dass das dieser Antrag sehr klar und deutlich zum Vorschein bringt: Es geht hier nicht um eine einseitige Verurteilung! Uns war es sehr wichtig, sehr sachlich zu bleiben, frei von Polemik, frei von Emotionen, und vor allem auch die Fakten zu bringen.

Mir ist es vor allem darum gegangen, für diese Leute einzutreten, hier für Volksver-treter einzutreten, die seit Monaten – manche auch seit Jahren – im Gefängnis sitzen und nicht wissen, warum sie dort sitzen, weil ihnen die Gründe ihrer Haft nicht bekannt-gegeben werden. Es werden ihnen auch die Beweismittel nicht bekanntgegeben, und dementsprechend können sie sich auch nicht verteidigen. Ich bin der Meinung, dass es eines demokratischen Staates mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht würdig ist, so mit Menschen umzugehen.

Wenn du sagst, dass es die Administrativhaft nicht nur in Israel gibt, muss ich dir natürlich beipflichten. Die Überlegung war ja prinzipiell, ursprünglich auch in diesem Antrag, zum Beispiel nicht nur auf die palästinensischen Abgeordneten in Haft hinzu-weisen, sondern generell auch auf andere Abgeordnete in Haft. Nur sind wir letzt­endlich zu dem Schluss gekommen, dass es natürlich sehr schwierig wird, Konflikte mit unterschiedlichem Hintergrund in einem zu verpacken, und wir haben uns für die klare Trennung entschieden.

Wenn du weiter sagst, dass es sehr viel Unrecht auch in anderen Teilen der Welt gibt und jetzt vor allem auch die Situation in Syrien eine sehr aktuelle ist, dann sehe ich das genauso wie du. Es ist ja nicht so, dass das österreichische Parlament sich zu internationalen Themen politisch nicht äußern würde. Ganz im Gegenteil, es hat der Nationalrat – bitte, weil du auch den Iran angesprochen hast – vor, glaube ich, zwei Wochen einen Entschließungsantrag beschlossen, in dem es um die Menschen-rechts-situation im Iran geht. Meines Wissens gab es auch einen Antrag von den Grünen zur Situation in Syrien.


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Es so darzustellen, nach dem Motto „Wir reden nie über Außenpolitik und nie über Internationales, nur dann, wenn es um Israel geht“ – es tut mir leid, das kann ich so nicht im Raum stehen lassen, weil es einfach nicht stimmt! Es ist meines Erachtens eher das Gegenteil der Fall: dass, seitdem ich Bundesrätin bin, die Situation der politischen Gefangenen dort eigentlich nie zur Sprache gekommen ist. Ich sehe, ehrlich gesagt, nicht ein, warum man das nicht ansprechen darf, ohne in den Ruf zu kommen, hier einseitige Kritik an Israel zu üben. Das tue ich ganz und gar nicht, das tun wir ganz und gar nicht mit dem Antrag!

Es geht eben um Menschenrechte, und der Punkt ist: Tun wir es hier nicht, versuchen wir hier nicht, für diese Problematik öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen, und geschehen diese Dinge unter Ausschluss der Öffentlichkeit, dann werden diese Betrof­fenen auch weiterhin in Haft bleiben. Kein Mensch wird erfahren, wie es diesen Per­sonen geht und wie es mit der rechtlichen Situation ausschaut. Es macht eben Sinn, hier politische Entschließungsanträge zu stellen.

Weiteres Argument: Die palästinensischen Abgeordneten gehören der Hamas-Partei an. – Das stimmt erstens einmal nicht. Ich habe hier die Liste, ich kann sie dir geben. Es sind 27 Abgeordnete; zwei davon gehören der Fatah an, nämlich der regierenden Fatah, und einer ist sogar der Vorsitzende der Palästinensischen Volksfront, einer anderen Partei, dessen Vor-Vorgänger der palästinensische Christ Georges Habasch war. – So viel dazu, nur zu sagen, dass das alles Hamas-Leute sind.

Ich sage dir auch eines: Selbst wenn der Großteil der Abgeordneten der Hamas-Partei angehört, was bedeutet das letztendlich? Was möchtest du damit sagen? Bedeutet das, dass diese Leute im Gefängnis sitzen dürfen, ohne zu erfahren, warum sie seit Monaten im Gefängnis sitzen? – Das entspricht nicht meinen Vorstellungen von rechtsstaatlichen Prinzipien! Es tut mir leid, wenn ich dir das so sagen muss. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

Es ist für mich insofern enttäuschend, dass das gerade von dir kommt, weil du eben von einer Partei kommst, die nie aufhört, Menschenrechtsverletzungen in der Welt aufzu­zeigen. Gerade wenn es um Themen wie Terror und Terrorismus geht – oftmals Begriffe, die im letzten Jahrzehnt dazu verwendet wurden, nämlich vor allem auch von der Bush-Administration, internationale und menschenrechtliche Konventionen aus­zuhöhlen und aufzuweichen; die haben versucht, in den letzten zehn Jahren Folter mit den verschiedensten Rechtsgutachten zu legalisieren (Ruf bei der ÖVP: Nicht nur Folter!), das haben sie versucht, Folter zu legalisieren, und sie haben auch im Bereich der Grundrechte massive Einschnitte gemacht –, dann bin ich mit diesen Schlag­wörtern natürlich sehr vorsichtig.

Wie gesagt, es war wichtig, sachlich und neutral zu bleiben. Der Antrag hat im Wesent­lichen zwei Punkte im Fokus, das ist vom Kollegen Köberl schon gesagt worden. Es geht um die Abgeordneten, das heißt, es geht um ein ganz konkretes Anliegen und nicht darum, den Nahostkonflikt in seiner gesamten Dimension der letzten Jahrzehnte aufzurollen, weil das natürlich den Rahmen sprengen würde.

Erstens geht es um die Abgeordneten, und man muss sich hier schon vor Augen führen, dass diese Abgeordneten in israelischen Gefängnissen sitzen. Was bedeutet das genau? – Das bedeutet, dass Abgeordnete eines anderen Staates, und für all jene, die der Meinung sind, dass Palästina noch kein Staat ist, sagen wir einmal: einer territorialen Einheit in ein anderes Land überführt und dort gefangen gehalten werden.

Egal, in welchem Staat Menschen gefangen gehalten werden, werden aber die Men­schen­rechte durch die universale Menschenrechtserklärung, durch die Genfer Kon­vention, durch den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte garan-


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tiert. 1990 haben die Vereinten Nationen in einer Resolution unmissverständlich dargelegt, dass auch Gefangenen diese Menschenrechte zukommen.

Die Verletzung internationalen Rechts, wenn palästinensische Abgeordnete in israe­lischen Gefängnissen sitzen, fängt bereits dort an, wo Art. 76 der IV. Genfer Kon­ven­tion besagt, dass es für Besatzer verboten ist, Gefangene außerhalb ihres Territoriums zu überführen. Aber genau das geschieht! Und was bedeutet das weiters? – Dass diese Abgeordneten ein Besuchsverbot haben, weil es eben unmöglich ist, von den Familien besucht zu werden.

Das Besondere an dieser Geschichte ist schon genannt worden. Ich möchte aber wiederholen, dass es nicht nur wie eine Anmaßung klingt, wenn Volksvertreter in Gefängnissen sitzen, sondern dass diese nicht einmal wissen, weshalb sie in Haft sitzen und wie lange sie in Haft sitzen, weil es keine Anklage, kein Gerichtsverfahren und keine Verurteilung gibt. Diese Form der Haft nennt sich eben Verwaltungshaft.

Sie widerspricht internationalen rechtlichen Standards, weil Menschen ohne Prozess inhaftiert werden. Sie ist in Israel ein historisches Relikt aus der britischen Mandatszeit und wurde, bevor Israel 1948 gegründet wurde, gegen Araber und Araberinnen, Juden und Jüdinnen eingesetzt, nämlich von den Briten. Selbst später führende israelische Politiker wie Mosche Dajan und Golda Meir saßen in Verwaltungshaft, als Palästina noch unter britischer Verwaltung stand – Quelle: der Bericht von Amnesty International.

Sie ist eine Maßnahme, die im internationalen humanitären Völkerrecht nur in Ausnah­me­fällen angewendet werden darf, also dann, wenn eine extreme und akute Gefahr für die Sicherheit gegeben ist. Obwohl auch nach israelischem Recht die Verwaltungshaft nur in Ausnahmefällen verhängt werden darf, benutzt Israel dieses System extensiv. Menschenrechte von Gefangenen werden hierdurch nicht respektiert, der Sicher­heitsbegriff wird da extrem weit ausgelegt – das erinnert mich schon an die Bush-Administration.

Es gilt daher, die Abschaffung dieser Administrativhaft zu fordern. Mir ist es prinzipiell egal, wo diese Administrativhaft angewendet wird: Sie widerspricht einfach inter­nationalen Konventionen! Deshalb fordern wir in diesem Entschließungsantrag, dass sich der österreichische Bundesrat einmal mehr für die Einhaltung von Menschen­rechten und rechtsstaatlichen Mindeststandards einsetzt.

Kollegen und Kolleginnen! Von den 4 400 palästinensischen Gefangenen befinden sich derzeit 308 in Verwaltungshaft. Damit wird eben das Recht auf ein faires Verfahren verwehrt und so weiter, das habe ich alles schon gesagt.

Seit Jahrzehnten wird gegen PalästinenserInnen Administrativhaft verhängt. Die Ge­schichte der israelischen Besatzung ist auch eine Geschichte der palästinensischen Gefangenen. Seit 1967 sind über 650 000 Palästinenserinnen und Palästinenser aus den palästinensischen Gebieten, sprich Westbank und Gaza, inhaftiert worden, darun­ter Zehntausende palästinensische Frauen. Man sagt, dass 40 Prozent der paläs­tinensischen Männer aus den palästinensischen Gebieten einmal in ihrem Leben in Gefangenschaft gestanden sind. Im Durchschnitt werden neun Palästinenser pro Tag festgenommen.

Aufgrund des illegalen Umstandes, dass sie eben aus den palästinensischen Gebieten nach Israel gebracht werden, besteht für 3 000 Gefangene auch die Situation, dass sie nicht von Familie und Verwandten besucht werden können. Aus diesem Grund sind im Frühjahr 2012 Gefangene in Verwaltungshaft in den Hungerstreik getreten. Eine davon ist eine Frau namens Hana Shalabi, welche 43 Tage im Hungerstreik stand, nachdem sie drei Jahre lang in Verwaltungshaft gewesen war. Zu den ersten Forderungen der Hungerstreikenden gehörte die Abschaffung der Verwaltungshaft, ein Ende der


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Isolationshaft; sie waren natürlich gegen die Misshandlungen in Haft und die Ver­weigerung von Familienbesuchen.

Auf diesen Hungerstreik hin folgte ein Massen-Hungerstreik von 2 000 palästinen­si­schen Gefangenen am 17. April. Einen Monat darauf wurde durch ägyptische Ver­mittlung ein Abkommen zwischen den Gefangenenvertretern und den israelischen Behörden geschlossen. An dieses Abkommen hat sich Israel nur zum Teil gehalten, weshalb ehemalige Hungerstreikende wieder in den Hungerstreik getreten sind.

All diese Dinge passieren weitgehend – und ich glaube, ich irre mich nicht, wenn ich das so sage – mit einer geringen Beachtung der österreichischen Öffentlichkeit. Jetzt kann man natürlich sagen ... (Bundesrat Schreuder: Genauso wenig wie ...! – Bun­desrat Kneifel: ... nicht die Redezeit!) Nein, jetzt kann man natürlich sagen, dass viel Unrecht auf der Welt passiert und man nicht über alles berichten kann. Aber wenn 2 000 Gefangene in den Hungerstreik treten, wenn fast ein Drittel der Abgeordneten im Parlament in Haft sitzt (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder), dann ist das, finde ich, keine Nebensächlichkeit! Lediglich ein Fußballspieler der palästinensischen Na­tional­mannschaft konnte mediale Aufmerksamkeit erringen – der im Übrigen mit 22 Jahren vor drei Jahren in Verwaltungshaft genommen wurde –, weil die UEFA und die FIFA sich weltweit für seine Freilassung eingesetzt haben.

Ich muss zum Ende kommen, aber man könnte noch sehr lange dazu reden. Ich möchte zum Schluss nur Folgendes sagen: Es ist nicht so, dass wir als öster­reichischer Bundesrat oder österreichisches Parlament uns als einziges Parlament mit diesen Fragen auseinandersetzen. Der Entschließungsantrag verweist auf Resolu­tionen des Rates der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments, diese haben sich nämlich schon viel früher mit dem Thema beschäftigt. 2008, als die Anzahl der inhaftierten Abgeordneten mit 48 gefangenen Abgeordneten die Höchstzahl er­reicht hatte, gab es eine Aktion des Europäischen Parlaments: Da haben 48 Europa-Abgeordnete eine Aktion für ebendiese 48 inhaftierten Abgeordneten gemacht. Ich glaube nicht, dass sich all diese Abgeordneten nichts dabei gedacht haben und nur einseitig irgendwen verurteilen wollten.

Ich denke mir, es ist eben unsere Aufgabe – letzter Satz –, uns solidarisch mit Abge­ordneten dieser Welt zu deklarieren. Ich möchte es noch einmal betonen: Es geht um die inhaftierten Abgeordneten! Denn Abgeordneter zu sein bedeutet, ein Volk zu vertreten, und man nimmt natürlich eine klare und wichtige Rolle ein. Aber zugleich zeigt es auch, dass man immer wieder Gefahr läuft, politisch zur Zielscheibe zu werden.

Daher ist es, denke ich, ein wichtiges Signal, das wir heute mit diesem Entschließungs­antrag setzen. Ich bedanke mich noch einmal bei allen dafür – und es tut mir leid, dass ich die Redezeit überschritten habe. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

15.54


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Jenewein. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.55.13

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Herr Vorsitzender! Ganz kurz in Bezug auf die Vor­rednerin: Ich denke, bei einer Debatte, wo es um solche Fragen geht, sollten Rede­zeiten nicht unbedingt eine Rolle spielen. In so einem Fall muss man nicht unbedingt ganz genau auf die Geschäftsordnung achten, weil es eine notwendige Debatte ist.


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Ich sage es vorweg: Wir werden diesem Antrag zustimmen. Ich möchte aber Grund­sätzliches dazu sagen. Es verbindet mich mit Herrn Kollegen Schreuder im Normalfall politisch nicht sehr viel. (Ruf bei der ÖVP: Muss es nicht! – Bundesrat Schreuder: Nein!) Nein, muss es nicht – ich nehme an, er sieht das ähnlich. Heute, muss ich ganz ehrlich sagen, hat mich seine Rede hier berührt, das gebe ich offen zu.

Es ist auch kein Geheimnis, dass ich innerhalb meiner Fraktion kein großer Befür­worter einer Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag war. Wobei ich festhalten möchte, dass ich nunmehr ebenfalls mit Überzeugung dafür stimme, weil es eben um den Punkt – und das ist für mich das Ausschlaggebende, warum ich zustimme – der Verwaltungshaft auch geht. Ich denke, dass diese in einem Rechtsstaat nichts verloren haben darf.

Aber  da bin ich jetzt wieder beim Kollegen Schreuder und seinen Ausführungen, gerade zur Hamas : Ich kann nicht auf solche persönlichen Erfahrungswerte zurück­greifen wie er, ich habe keine persönlichen Bekanntschaften in Tel Aviv ge­macht. Aber ich habe persönliche Bekanntschaften in Wien gemacht mit Juden, die lange Jahre auch in Tel Aviv gelebt haben, und diese haben mir im Prinzip unisono Ähnliches berichtet: dass es ganz einfach in manchen Teilen in Israel so ist, dass man tagtäglich damit rechnen muss, dass es auf einmal einen riesigen Knall macht – ähnlich wie zuerst beim Herrn Schreuder unten, nur dass es kein Kurzschluss beim Stromkabel ist, sondern dass eine Rakete einschlägt!

Ich denke, man muss hier gerade bei so einem Antrag sehr vorsichtig sein, dass man sich eben nicht durch die Debatte – aber heute habe ich hier keinen Zweifel, dass das so funktioniert – der Gefahr der Einseitigkeit aussetzt. Ich denke, das Haus ist sich so weit darüber einig, und ich denke auch, dass es quer durch alle Parteien geht, dass Terror, dass Gewalt kein Stilmittel der Politik sein darf. Wenn wir das ernst nehmen – und ich nehme an, dass das einer der unumstößlichen Punkte aller hier im Haus vertretenen Parteien ist –, dann muss man natürlich gerade bei solchen Debatten sehr differenziert vorgehen. Wie gesagt, die Verwaltungshaft ist für mich und für uns als Fraktion der wesentliche Punkt, warum wir für diesen Antrag stimmen.

Kollege Köberl hat das vorweg auch angesprochen, weil er gesagt hat, man muss sich diesen Entschließungsantrag natürlich genau durchlesen. Das haben wir auch getan. Da wird expressis verbis, explizit der Herr Parlamentspräsident Aziz Dweik ange­sprochen: dass er ebenfalls inhaftiert ist, schon zum zweiten Mal. Manchmal genügt es auch, wenn man ein bisschen recherchiert, wenn man zum Beispiel die „Jerusalem Post“ liest. Da kommt man dann durchaus drauf, dass es gerade beim Parlaments­präsidenten Dweik eben nicht ganz so hundertprozentig klar ist, auf welcher Seite er schlussendlich wirklich steht. Da sind sehr wohl die Punkte bekannt, warum er in Haft sitzt, warum er in einer Verwaltungshaft sitzt – die allerdings von uns abgelehnt wird, weil es eben kein rechtsstaatliches Verfahren ist; denn ein rechtsstaatliches Verfahren heißt eben auch, dass man Einsichtnahme in jene Aktenteile bekommt, wo die Anklagen drinstehen, dass es eine ordentliche Verteidigung gibt. Da sind wir so weit d’accord.

Nur: Gerade der Herr Parlamentspräsident Aziz Dweik hat sich in der Vergangenheit dadurch hervorgetan – und das ist jederzeit nachzulesen –, dass er nicht nur Kontakt mit dem militärischen Flügel der Hamas gepflogen hat, sondern beim Aufbau von Terrorzellen mitgeholfen hat. Und es besteht ein dringender Verdacht gegen ihn, worüber auch die Staatsanwaltschaft sagt: Es gibt hieb- und stichfeste Beweise dafür. Das kann ich von hier aus nicht überprüfen, aber gehen wir jetzt einmal davon aus, dass die Staatsanwaltschaft das nicht sagt, weil es ihr gerade in den Kram passt, sondern weil wirklich Unterlagen vorhanden sind, nämlich für den Verdacht der Beschaffung und Verwaltung von Geldern für Hamas-Zellen.


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Das ist ja im Prinzip eine durchaus gängige Praxis. Das haben wir auch in einem euro­päischen Staat vor rund eineinhalb Jahrzehnten erlebt, nämlich in Irland, dass es einen militärischen Flügel gibt, dass einen politischen Flügel gibt und dass man hier eines nicht immer hundertprozentig unterscheiden kann: Arbeitet der militärische Flügel dem politischen in die Hände oder umgekehrt? – Das dürfte in diesem Fall eben ähnlich gelagert sein.

Faktum ist, dass Anklagepunkte vorhanden sind. Faktum ist auch, dass es dringende Verdachtsmomente gibt, und da muss man natürlich schon dazusagen: Sollte Herr Aziz Dweik verurteilt werden, wird es natürlich auch gute Gründe dafür geben, denn so weit ist die Rechtsstaatlichkeit in Israel schon gegeben, und ich denke, auch da sind wir uns einig, dass ein ordentliches Gericht ordentliche Urteile fällen wird. (Bundesrat Mayer: Das ist genau der springende Punkt!)

Ich gehe eigentlich schon davon aus, aber es ist natürlich problematisch gerade in einer Region, in der, erlauben Sie mir den Ausdruck, die politische Schizophrenie manches Mal durchaus die Oberhand hat. Wenn man sich die Informationen über diesen Herrn Aziz Dweik genauer anschaut, dann kommt man nämlich drauf, dass er jüdischer Herkunft ist, dass der Urgroßvater Jude war, dass die Familie erst später zum muslimischen Glauben übergetreten ist. Und jetzt steht er wiederum unter dringendem Verdacht, militärische Akte gegen Israel, gegen Juden zu setzen.

Darum meine ich, eine gewisse Schizophrenie ist dort natürlich schon auch behei­matet. Man muss sich die Frage stellen: Kann man von Österreich aus, kann man von einem europäischen Parlament, von einem österreichischen Parlament aus wirklich durchschauen, wo die Guten, wo die Bösen sind, oder wer es wirklich ehrlich meint? Wenn man sich den Nahostkonflikt vor Augen führt, hat man oftmals schon auch ein bisschen das Gefühl, dass da nicht immer sehr fair gespielt wird.

Eines ist auch klar, und auch da teile ich wieder die Meinung des Herrn Kollegen Schreuder: Die Anerkennung des Staates Israel wird natürlich die Grundvoraussetzung sein, dass man überhaupt an so etwas wie Frieden in der Region denken kann, denn es ist, bitte, schon seit 50 Jahren gelebte arabische Praxis, seit 50 Jahren arabische Rhetorik, dass Israel vernichtet werden muss. Wenn das Herr Ahmadinejad im Iran sagt, dann schreit die Welt auf, dann gibt es großes Geschrei. Das haben, bitte, in den 1950er-, in den 1960er-, in den 1970er-, 80er-, 90er-Jahren, bis vor Kurzem noch sämtliche arabischen Staatsführer ähnlich gesehen. Es gibt ganz wenige Ausnahmen in der Region, von denen nicht derart brachial über Israel geurteilt und gesprochen wird. Das dürfen wir dabei auch nicht vergessen.

Das heißt: Differenzieren tut gerade in diesem Fall not. Wir werden diesem Antrag zustimmen, aber ich bin auch sehr froh, dass sich gerade auch in dieser Debatte eine sehr differenzierte Sichtweise gezeigt hat. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrats Dönmez.)

16.02


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


16.03.05

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Geschätztes Präsidium! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Diesem Entschließungsantrag ist eine sehr intensive und von Wertschätzung geprägte und getragene parteiinterne Diskussion vorausgegangen. Das ist auch eine Stärke unserer Partei, dass wir, obwohl wir, Kollege Schreuder und ich, uns für die gleiche Partei engagieren, nebeneinander sitzen und in vielen Bereichen kein Blatt zwischen uns


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passt, in gewissen Punkten doch auch verschiedene Meinungen haben können und dürfen. Das ist keine Selbstverständlichkeit und entspricht auch einer politischen Kultur, die, so glaube ich, fast nur bei den Grünen anzutreffen ist. (Beifall bei den Grünen. – Die Bundesrätinnen Grimling und Mag. Neuwirth: Na, na!)

Zum Entschließungsantrag: Ich möchte Kollegin Duzdar recht herzlich danken, dass sie die Initiative ergriffen hat, denn auch für mich ist es ein ganz, ganz wichtiger Punkt, und zwar darum, weil es in diesem Antrag um Menschen geht, die in Verwaltungshaft angehalten werden, insbesondere um Abgeordnete. Mir ist es ehrlich gesagt egal, von wem wem gegenüber Unrecht begangen wird. Man darf und muss das thematisieren dürfen, ohne dass man in ein bestimmtes Eck gestellt wird, ob es einem gefällt oder auch nicht.

Wenn Menschen ohne Anklage, ohne nachvollziehbare Gründe bis zu sechs Monate in Verwaltungshaft angehalten werden oder sogar über diesen Zeitraum hinaus, und wenn diese Haft nicht einmal von einem Gericht, sondern von einem Militärgericht verhängt wird, dann ist das ein Vorenthalten von Grundrechten – von Grundrechten, die meiner persönlichen Überzeugung nach universal gültige Grundrechte für alle sind, unabhängig davon, ob es sich um Menschen handelt, die einer bestimmen Ideologie anhängen oder einer bestimmten religiösen Gruppierung angehören oder nicht. Diese Grundrechte sind universal gültige Menschenrechte und Grundrechte und haben für alle Gültigkeit, egal, ob es sich um Menschen einer politischen oder religiösen Strömung handelt, die einem sympathisch ist oder auch nicht.

Mich persönlich braucht diesbezüglich wirklich niemand in ein bestimmtes Eck zu stellen, denn jeder von Ihnen/von euch, der auch nur oberflächlich meine Arbeit ver­folgt, weiß, welchen Zugang ich zu Islamisten und zu Extremisten habe. Das möchte ich hier auch klarstellen und festhalten.

Dieser Antrag ist nicht gegen etwas, richtet sich nicht gegen Israel oder was auch immer, sondern es ist ein Eintreten für die Rechte von Menschen, welche unrecht­mäßig behandelt werden. Nicht weniger und auch nicht mehr! Und dazu stehe ich, und dazu stehen wir alle, und das ist gut und schön so.

Dass wir in unserer Partei auch unterschiedliche Meinungen haben können und dürfen, stellt für mich auch einen sehr großen Wert dar. Es ist für mich auch kein Widerspruch, dass Kollege Schreuder kontra und ich pro stimmen werde. Ich stehe zu diesem Antrag, und ich danke allen, die diesen Antrag unterstützt haben, insbesondere Kollegin Duzdar. – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

16.06


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Waldner. – Bitte.

 


16.06.41

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Wolfgang Waldner: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich bei dieser sehr niveauvollen und konstruktiven Debatte dabei sein darf. Uns eint in diesem Fall die gemeinsame Sorge um die Menschenrechte. Wir in der Bundesregierung und auch ich persönlich sind ebenso besorgt wie der Bundesrat über die Verhängung der Verwaltungshaft gegen Palästinenser durch Israel. Dass darüber hinaus auch gewählte Vertreter zum Palästinensischen Legislativrat in Haft sind, wirft noch zusätzlich demokratiepolitische Fragen auf. Ich denke, da sind wir uns auch alle einig.


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Die Fakten wurden schon erwähnt: Die Verwaltungshaft ist durch die israelische Militärgesetzgebung in den besetzten Gebieten möglich. Eine Anordnung aus dem Jahr 2007 ermöglicht es eben, dass jeder Militärkommandant Personen bis zu sechs Monate in Verwaltungshaft nehmen kann, falls es die Sicherheit erfordert, die Sicherheit der Region und die öffentliche Sicherheit.

Auf der anderen Seite hat Israel beim seinerzeitigen Beitritt zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte unter Berufung auf Artikel 4 dieses Pakts erklärt, dass es sich seit der Staatsgründung in einem Ausnahmezustand befindet und einen Vorbehalt erklärt gegen den Artikel 9 dieses Pakts, und der Artikel 9 beinhaltet genau diese Praxis und diese Rechte, die Herr Bundesrat Köberl zitiert hat. Seither wird dieser Artikel nicht angewendet, und das ist der Grund für unsere gemeinsame Sorge, die sich übrigens nicht nur auf Israel bezieht in meinem Fall oder auch in unse­rem Fall, sondern auch auf andere Staaten, in denen diese Praxis herrscht. Und wir wissen alle, dass dieses Institut der Verwaltungshaft zum Beispiel auch auf der paläs­tinensischen Seite besteht.

Was heißt das? – Das Thema wird, und das wurde auch schon angeschnitten von uns, von Österreich, von der Regierung, im europäischen Rahmen, im Rahmen des europäischen politischen Dialogs mit der israelischen Regierung regelmäßig angesprochen, und zwar auf Verwaltungsseite in den sogenannten Assoziationsaus­schüssen und auf Regierungsseite in den Assoziationsräten. Der nächste Rat wird im Herbst stattfinden, und ich weiß nicht, ob der Herr Bundesminister und Vizekanzler bei diesem Rat dabei sein wird. Möglicherweise bin ich es selbst, und Sie können sicher sein, und ich deponiere das hier, wenn ich dabei bin, werde ich das sicher aktiv ansprechen. Diese Haltung ist natürlich den Israelis bekannt. Es ist ja schon öfter angesprochen worden im Rahmen der EU, und wir werden diese Frage in Zukunft sicher auch verstärkt und aktiv auch auf Regierungsebene ansprechen. Das heißt, wenn Israelis zu uns kommen oder wenn wir zu den Israelis zu Besuchen auf Regie­rungsebene kommen, wird das Thema der Verwaltungshaft sicher auf der Tagesordnung stehen.

Zum letzten Absatz des Entschließungsantrages, dem Appell an die palästinensische Seite zum Verzicht auf Gewalt: Das entspricht natürlich dem Konsens, der in den sogenannten Quartett-Prinzipien zum Ausdruck kommt, wonach die internationale Gemeinschaft und natürlich auch Österreich seit Jahr und Tag von der paläs­tinensischen Seite, von jeder palästinensischen Regierung die Anerkennung des Existenzrechts Israels fordern, die Anerkennung bestehender Abkommen und eben diesen Gewaltverzicht, von dem wir sprechen, was auch im heutigen Entschließungs­antrag zum Ausdruck kommt.

Zum Schluss vielleicht noch auf das Thema Menschenrechte eingehend, das Herr Bundesrat Schreuder erwähnt hat, aber auch Herr Bundesrat Köberl und Frau Bun­desrätin Duzdar; ich glaube, dieses Thema haben fast alle angesprochen. Nur zur Klarstellung: Österreich tritt natürlich überall und immer für die Menschenrechte ein, nicht erst seit wir Mitglied des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen sind, aber seither ganz besonders, und speziell im Fall Iran. Wir sind so oft „on the record“, Sie können Presseaussendungen nachlesen, Sie können Statements vom Minister, von mir nachlesen, in denen wir gerade auf die Menschenrechtssituation im Iran immer wieder eingehen, und das ist uns wirklich ein Anliegen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

16.11


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 76

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die der Annahme des Ent­schließungs­antrages 190/A(E)-BR/2012 der Bundesräte Mag. Duzdar, Köberl und Dönmez betreffend die aktuelle Lage inhaftierter palästinensischer Abgeordneter ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der gegen­ständliche Entschließungsantrag 190/A(E)-BR/2012 ist somit angenommen. (E 237-BR/2012.)

16.11.5111. Punkt

Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das 2. Halbjahr 2012

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Da mit 1. Juli 2012 der Vorsitz im Bundesrat auf das Bundesland Tirol übergeht und gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der an erster Stelle entsendete Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Georg Keuschnigg, zum Vorsitz berufen ist, sind die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Wahl der Vizepräsidentin und des Vizepräsidenten

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich werde die Wahl der Vizepräsidentin beziehungsweise des Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl der ersten zu wählenden Vizepräsidentin des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt mir ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth lautet.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustim­men, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahl­vorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt. (Bundesrätin Mag. Neuwirth bedankt sich für das Vertrauen und nimmt die Wahl an. – Allgemeiner Beifall.)

Wir gelangen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der ÖVP-Faktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt mir ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Mag. Harald Himmer lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahl­vor­schlag ist angenommen.

Ich nehme die Wahl an und bedanke mich sehr herzlich für Ihr Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 77

Wahl der SchriftführerInnen

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftfüh­rerinnen und Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Ana Blatnik, Josef Saller, Ewald Lindinger und Martina Diesner-Wais für das zweite Halbjahr 2012 zu Schriftführerinnen beziehungsweise Schriftführern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. – Kein Einwand.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag die Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahl­vorschlag ist angenommen.

Ich frage die Gewählten, Frau Ana Blatnik, Herrn Josef Saller, Herrn Ewald Lindinger und Frau Martina Diesner-Wais, ob sie die Wahl annehmen. (Die Bundesräte Blatnik, Saller, Lindinger und Diesner-Wais danken für das Vertrauen und nehmen die Wahl an. – Allgemeiner Beifall.)

Ich bedanke mich ebenfalls.

Wahl der OrdnerInnen

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ord­nerIn­nen.

Es liegt mir ein Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Ferdinand Tiefnig, Karl Boden und Cornelia Michalke für das zweite Halbjahr 2012 zur Ordnerin bezie­hungs­weise Ordnern für den Bundesrat zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvor­schlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, Herrn Ferdinand Tiefnig, Herrn Karl Boden und Frau Cornelia Michalke, ob sie die Wahl annehmen. (Die Bundesräte Tiefnig, Boden und Michalke danken für das Vertrauen und nehmen die Wahl an. – Allgemeiner Beifall.)

Ich gratuliere den Gewählten.

16.15.4312. Punkt

Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und von Ersatz­mit­gliedern in den Ständigen gemeinsamen Ausschuss des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tages­ordnung.

Aufgrund des Ausscheidens eines Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern des Bundes­rates sind ein Mitglied und zwei Ersatzmitglieder neu zu wählen, wobei ein Mitglied und ein Ersatzmitglied von der SPÖ und ein Ersatzmitglied von der ÖVP für die ent­sprechende Wahl vorzuschlagen sind.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 78

Nach § 9 F-VG 1948 sind das Mitglied und die Ersatzmitglieder vom Bundesrat direkt zu wählen, wobei sowohl bei den Mitgliedern als auch bei den Ersatzmitgliedern jedes Bundesland vertreten sein muss.

Der entsprechende Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion liegt mir vor. Dieser lautet auf Mitglied: Robert Zehentner (Salzburg), Ersatzmitglied: Elisabeth Reich (Oberöster­reich).

Der entsprechende Wahlvorschlag der ÖVP-Fraktion liegt mir ebenfalls vor und lautet auf Ersatzmitglied: Mag. Christian Jachs (Oberösterreich).

Sofern sich kein Einwand erhebt, werde ich die Abstimmung über diesen Wahl­vorschlag unter einem vornehmen und mit Handzeichen abstimmen lassen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Wahlvor­schlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Ich stelle Stimmenein­hellig­keit fest. Das genannte Mitglied beziehungsweise die genannten Ersatzmitglieder sind somit mit Stimmeneinhelligkeit gewählt worden.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

16.17.18Verlesung eines Teils des Amtlichen Protokolls

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Tagesord­nungspunkte 1 bis 6 über die Beschlüsse des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betref­fend Parteiengesetz 2012 und ein Parteien-Förderungsgesetz 2012 sowie ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird bezie­hungsweise ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unver­einbarkeitsgesetz geändert werden, und ein Bundesgesetz, mit dem das Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz erlassen und das Gerichts­gebüh­rengesetz geändert wird, beziehungsweise ein Korruptionsstrafrechtsände­rungsgesetz 2012 zu verlesen, damit dieser entsprechende Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. Dadurch soll die umgehende Be­schlussausfertigung er­möglicht werden.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr den entsprechenden Teil des Amt­lichen Protokolls:

Der Präsident gibt das Einlagen eines Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG sowie das Einlangen eines Schreibens des Bundeskanzlers betreffend dessen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union bekannt.

Der Wortlaut dieses Schreibens wird als Mitteilung des Präsidenten gemäß § 41 Abs. 1 GO-BR dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen.

Der Präsident schlägt vor, die Tagesordnung gemäß § 41 Abs. 3 GO-BR um die Be­schlüsse des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend

ein Parteiengesetz 2012 als 1. Tagesordnungspunkt,

ein Parteien-Förderungsgesetz 2012 als 2. Tagesordnungspunkt,


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 79

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird, als 3. Tagesordnungspunkt,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unvereinbar­keitsgesetz geändert werden, als 4. Tagesordnungspunkt,

ein Bundesgesetz, mit dem ein Lobbying- und ein Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz erlassen und das Gerichtsgebührengesetz geändert wird, als 5. Tagesord­nungs­punkt,

und ein Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 als 6. Tagesordnungspunkt,

zu ergänzen.

Dieser Vorschlag wird mit Stimmeneinhelligkeit (d.h. mit der erforderlichen Zwei­drittel­mehrheit angenommen. Die bisherigen Tagesordnungspunkte 1 bis 6 werden somit als Tagesordnungspunkte 7 bis 12 in Verhandlung genommen.

Der Vorschlag des Präsidenten auf Abstandnahme von der 24stündigen Auflagefrist der gegenständlichen Ausschussberichte zu den Beschlüssen des Nationalrates vom 27. Juni 2012 wird gemäß § 44 Abs. 3 GO-BR mit Stimmeneinhelligkeit (d.h. mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit) angenommen.

Gegen den Vorschlag des Präsidenten, die Tagesordnungspunkte 1 bis 6 unter einem zu verhandeln, wird eine Einwendung erhoben. Der Präsident ist der Einwendung nicht beigetreten.

Bei der Abstimmung hat sich der Bundesrat mit Stimmenmehrheit für die Beibehaltung der bisherigen Tagesordnung ausgesprochen.

Tagesordnungspunkt 1: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Parteiengesetz 2012 (1782 d.B. und 1844 d.B. sowie 8746/BR d.B. und 8751/BR d.B.)

Tagesordnungspunkt 2: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Parteien-Förderungsgesetz 2012 (1845 d.B. sowie 8752/BR d.B.)

Tagesordnungspunkt 3: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird (1846 d.B. sowie 8753/BR d.B.)

Tagesordnungspunkt 4: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügebegrenzungs-BVG und das Unvereinbar­keits­gesetz geändert werden (1942/A und 1847 d.B. sowie 8748/BR d.B. und 8754/BR d.B.)

Tagesordnungspunkt 5: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Ge­setz – LobbyG erlassen und das Gerichtsgebührengesetz geändert wird (1465 d.B. und 1832 d.B. sowie 8747/BR d.B. und 8749/BR d.B.)

Tagesordnungspunkt 6: Beschluss des Nationalrates vom 27. Juni 2012 betreffend ein Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 (1950/A, 1478/A und 1833 d.B. sowie 8750/BR d.B.)

Abstimmungen:

Zu Tagesordnungspunkt 1: Berichterstattung: Antrag,


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 80

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen mit Stimmenmehrheit,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates mit Stimmenmehrheit (das heißt mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit) angenommen.

Zu Tagesordnungspunkt 2: Berichterstattung: Antrag,

keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen mit Stimmenmehrheit.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Berichterstattung: Antrag,

keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen mit Stimmeneinhelligkeit.

Zu Tagesordnungspunkt 4: Berichterstattung: Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen mit Stimmeneinhelligkeit,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates mit Stimmenmehrheit (das heißt mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit) angenommen.

Zu Tagesordnungspunkt 5: Berichterstattung: Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen mit Stimmenmehrheit,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates mit Stimmenmehrheit (das heißt mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit) angenommen.

Zu Tagesordnungspunkt 6: Berichterstattung: Antrag,

keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen mit Stimmeneinhelligkeit.“

*****

Erheben sich gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teiles des Amtlichen Proto­kolls Einwendungen? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäfts­ordnung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

16.24.07 Einlauf

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt drei Anfragen, 2893/J-BR/2012 bis 2895/J-BR/2012, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Freitag, 6. Juli 2012, in Aussicht genommen.


BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 81

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse des Nationalrates in Betracht, die von der Präsidialkonferenz am 26. Juni 2012 zur Beratung in Aussicht genommen wurden, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustim­mungs­recht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Donnerstag, den 5. Juli 2012, ab 18 Uhr vor­gesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

16.24.56Schluss der Sitzung: 16.25 Uhr

 

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1017 Wien