Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

885. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Donnerstag, 8. November 2018

 

 


Stenographisches Protokoll

885. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 8. November 2018

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 8. November 2018: 9.03 – 18.31 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eid­genossenschaft bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft

2. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Minis­terrat von Bosnien und Herzegowina über Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kul­tur, Bildung, Wissenschaft, der Jugend und des Sports

3. Punkt: Erklärung über die Zurückziehung der österreichischen Erklärung zu Art. 5 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder ernied­rigende Behandlung oder Strafe

4. Punkt: Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Eu­ropäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kuba anderer­seits

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2017/2402 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbrie­fungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung (STS-Verbriefungsvollzugsgesetz – STS-VVG) erlassen wird und mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsge­setz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Versicherungsauf­sichtsgesetz 2016, das Aktiengesetz, das Immobilieninvestmentfondsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird

7. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kosovo zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Ein­kommensteuergesetz 1988 und das Entwicklungshelfergesetz geändert werden

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

10. Punkt: Protokoll über eine Änderung des Artikels 50 lit. a des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016, und Proto-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 2

koll über eine Änderung des Artikels 56 des Abkommens über die Internationale Zivil­luftfahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016

11. Punkt: Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Europäischen Satellitennavigationsprogramme

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003, das Funkan­lagen-Marktüberwachungs-Gesetz, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Postmarktge­setz, das Gebäude- und Wohnungsregister-Gesetz und das KommAustria-Gesetz ge­ändert werden

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsge­setz geändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2018)

15. Punkt: Verkehrstelematikbericht 2018

16. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2017

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Immis­sionsschutzgesetz – Luft und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018)

18. Punkt: Bundesgesetz über nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen für be­stimmte Luftschadstoffe (Emissionsgesetz-Luft 2018 – EG-L 2018)

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Umwelthaftungsgesetz und das Um­weltinformationsgesetz geändert werden

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird

21. Punkt: Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948

*****

Inhalt

Bundesrat

Angelobung des Bundesrates Ing. Bruno Aschenbrenner ....................................... 11

Gedenkworte der Präsidentin Inge Posch-Gruska anlässlich der November­pogrome 1938                  11

Schreiben des Landtages Steiermark betreffend Mandatsverzicht des Bundes­rates Gregor Hammerl sowie eines Ersatzmitglieds des Bundesrates bezie­hungsweise Wahl eines Mitglieds und eines Ersatzmitglieds des Bundesrates .................................................................................................................... 35

Schreiben des Oberösterreichischen Landtages betreffend Wahl eines Ersatz­mitglieds des Bundesrates         ............................................................................................................................... 40

Unterstützungsfrage gemäß § 21 Abs. 3 GO-BR betreffend den Selbständigen Entschließungsantrag der BundesrätInnen David Stögmüller und Mag. Dr. Ewa Dziedzic betreffend „Ausbildung statt Abschiebung“ (255/A(E)-BR/2018) – genü­gend unterstützt – Zuweisung ...............................  46, 46, 46


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 3

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ................................. 162

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 162

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................. 11

Aktuelle Stunde (65.)

Thema: „UN-Generalversammlung: Schwerpunkt Jemen und Syrien“ ............... 12

RednerInnen:

Christoph Längle, BA .................................................................................................. 13

Ing. Eduard Köck .......................................................................................................... 15

Stefan Schennach ........................................................................................................ 16

Bundesministerin Dr. Karin Kneissl .................................................................... 19, 30

Monika Mühlwerth ........................................................................................................ 24

Mag. Christian Buchmann ........................................................................................... 25

Doris Hahn, MEd MA .................................................................................................... 26

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ................................................................................................. 28

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union                                                              43, 44, 45

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 46

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................................ 46

Ausschüsse

Zuweisungen ...........................................................................................................  31, 46

21. Punkt: Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Ständigen gemeinsa­men Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948                    163

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossen­schaft bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Si­cherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft (112 d.B. und 318 d.B. sowie 10033/BR d.B.) ............................................................................... 47

Berichterstatter: Christoph Längle, BA ....................................................................... 47

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat von Bosnien und Herzegowina über Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft, der Jugend und des Sports (114 d.B. und 319 d.B. sowie 10034/BR d.B.) ............................................................................................................... 47

Berichterstatter: Christoph Längle, BA ....................................................................... 47


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 4

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Erklä­rung über die Zurückziehung der österreichischen Erklärung zu Art. 5 des Überein­kommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigen­de Behandlung oder Strafe (145 d.B. und 320 d.B. sowie 10035/BR d.B.)         ............................................................................................................................... 47

Berichterstatter: Christoph Längle, BA ....................................................................... 47

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkom­men über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kuba andererseits (237 d.B. und 321 d.B. sowie 10036/BR d.B.) ................................. 47

Berichterstatter: Christoph Längle, BA ....................................................................... 47

RednerInnen:

Gottfried Sperl .............................................................................................................. 48

Klara Neurauter ............................................................................................................ 49

Stefan Schennach ........................................................................................................ 50

David Stögmüller .......................................................................................................... 52

Monika Mühlwerth ........................................................................................................ 53

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................................................... 54

Doris Hahn, MEd MA .................................................................................................... 55

Georg Schuster ............................................................................................................ 56

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 57

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ....... 57

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 57

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ....... 58

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verord­nung (EU) 2017/2402 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefun­gen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung (STS-Verbriefungsvollzugsgesetz – STS-VVG) erlassen wird und mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Invest­mentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, das Aktiengesetz, das Immobilieninvestment­fondsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (387/A und 323 d.B. sowie 10050/BR d.B.)   ............................................................................................................................... 58

Berichterstatterin: Marianne Hackl ................................................................................ 58

RednerInnen:

Bundesminister Hartwig Löger .................................................................................. 59

Ingo Appé ...................................................................................................................... 60

Robert Seeber ............................................................................................................... 60

Mag. Reinhard Pisec, BA M


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 5

A ...................................................................................... 62

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 64

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (206 d.B. und 324 d.B. sowie 10051/BR d.B.)                        64

Berichterstatterin: Marianne Hackl ................................................................................ 64

RednerInnen:

Ewald Lindinger ........................................................................................................... 64

Ing. Eduard Köck .......................................................................................................... 65

Christoph Längle, BA .................................................................................................. 66

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 66

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Republik Kosovo zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll (258 d.B. und 325 d.B. sowie 10052/BR d.B.) ...................................................................................... 66

Berichterstatterin: Marianne Hackl ................................................................................ 67

RednerInnen:

Ferdinand Tiefnig ......................................................................................................... 67

Ewald Lindinger ........................................................................................................... 68

Christoph Längle, BA .................................................................................................. 68

Bundesminister Hartwig Löger .................................................................................. 70

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmä­ßige Zustimmung zu erteilen ........................................................... 71

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommen­steuergesetz 1988 und das Entwicklungshelfergesetz geändert werden (111 d.B. und 290 d.B. sowie 10030/BR d.B. und 10041/BR d.B.)                        71

Berichterstatterin: Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA .................................................. 71

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (386/A und 292 d.B. sowie 10042/BR d.B.)              ............................................................................................................................... 71

Berichterstatterin: Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA .................................................. 71

RednerInnen:

Mag. Elisabeth Grossmann ......................................................................................... 72

Elisabeth Mattersberger .............................................................................................. 74

David Stögmüller .......................................................................................................... 76

Marlies Steiner-Wieser ................................................................................................. 78

Mag. Daniela Gruber-Pruner ....................................................................................... 80

Bundesministerin Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß ................................................. 81

Sandra Kern ............................................................................................................ ..... 83

Reinhard Todt ............................................................................................................... 85


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 6

Rosa Ecker, MBA ......................................................................................................... 85

Georg Schuster ............................................................................................................ 87

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Karl Bader, Monika Mühlwerth, Reinhard Todt (siehe S. 85), Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbeziehung von Behindertenorganisationen in die Erarbeitung des Einführungserlasses und Evaluierung der Neuregelung“ – Annahme (E 255-BR/2018)  85, 89

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 8, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 88

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 9, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 89

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend Proto­koll über eine Änderung des Artikels 50 lit. a des Abkommens über die Interna­tionale Zivilluftfahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016, und Protokoll über eine Änderung des Artikels 56 des Abkommens über die Internationale Zivil­luftfahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016 (255 d.B. und 313 d.B. sowie 10043/BR d.B.)                    89

Berichterstatter: Michael Bernard ................................................................................. 89

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend Ko­operationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitglied­staaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Europäischen Satellitennavigationsprogramme (276 d.B. und 314 d.B. sowie 10044/BR d.B.) ............................................................................................................... 89

Berichterstatter: Michael Bernard ................................................................................. 89

RednerInnen:

Gerd Krusche ............................................................................................................... 90

Marianne Hackl ............................................................................................................. 91

Hubert Koller, MA ......................................................................................................... 91

Peter Samt ..................................................................................................................... 92

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ........................................................................... 93

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 95

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 95

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003, das Funkanlagen-Marktüberwachungs-Gesetz, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Postmarktge­setz, das Gebäude- und Wohnungsregister-Gesetz und das KommAustria-Ge­setz geändert werden (257 d.B. und 315 d.B. sowie 10045/BR d.B.)                   95

Berichterstatter: Michael Bernard ........................................................................... ..... 95

RednerInnen:

Hubert Koller, MA ......................................................................................................... 96

Christoph Steiner ......................................................................................................... 98

Dr. Peter Raggl ........................................................................................................... 100

Andrea Wagner ........................................................................................................... 101


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 7

Ferdinand Tiefnig ....................................................................................................... 103

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ......................................................................... 104

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Hubert Koller, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Alarm-SMS im Katastrophenfall zum Schutz der Österrei­cherinnen und Österreicher!“ – Ablehnung     97, 106

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 106

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird (274 d.B. und 316 d.B. sowie 10046/BR d.B.) .... 106

Berichterstatter: Michael Bernard ............................................................................... 106

RednerInnen:

Gerd Krusche ............................................................................................................. 106

Dr. Peter Raggl ........................................................................................................... 107

Dominik Reisinger ...................................................................................................... 108

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ......................................................................... 109

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 110

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz ge­ändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2018) (273 d.B. und 317 d.B. sowie 10047/BR d.B.) ............................................................................. 110

Berichterstatter: Peter Samt ........................................................................................ 111

RednerInnen:

Michael Bernard ......................................................................................................... 111

Armin Forstner, MPA ................................................................................................. 112

Wolfgang Beer ............................................................................................................ 113

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ......................................................................... 113

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 114

15. Punkt: Verkehrstelematikbericht 2018 (III-656-BR/2018 d.B. sowie 10048/BR d.B.)                  114

Berichterstatter: Christoph Steiner ............................................................................ 114

RednerInnen:

Peter Samt ................................................................................................................... 114

Karl Bader ................................................................................................................... 116

Wolfgang Beer ............................................................................................................ 118

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ......................................................................... 119

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-656-BR/2018 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 120

16. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2017 (III-657-BR/2018 d.B. sowie 10049/BR d.B.)   ............................................................................................................................. 120

Berichterstatter: Christoph Steiner ............................................................................ 120

RednerInnen:

Gerd Krusche ............................................................................................................. 120

Armin Forstner, MPA ................................................................................................. 122


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 8

Günther Novak ........................................................................................................... 123

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ......................................................................... 125

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-657-BR/2018 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 126

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Immissionsschutzge­setz – Luft und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Aarhus-Beteili­gungsgesetz 2018) (270 d.B. und 279 d.B. sowie 10031/BR d.B. und 10037/BR d.B.)                                                                                                                                                                 127

Berichterstatter: Ing. Eduard Köck ............................................................................. 127

RednerInnen:

Andrea Kahofer .......................................................................................................... 127

Andrea Wagner ........................................................................................................... 128

Andreas Arthur Spanring .......................................................................................... 130

Sonja Zwazl ................................................................................................................. 132

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................... 133

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 134

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz über nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen für bestimmte Luftschadstoffe (Emissionsgesetz-Luft 2018 – EG-L 2018) (271 d.B. und 280 d.B. sowie 10038/BR d.B.) ............................................................. 134

Berichterstatter: Ing. Eduard Köck ............................................................................. 135

RednerInnen:

Dr. Gerhard Leitner .................................................................................................... 135

Silvester Gfrerer ......................................................................................................... 136

Thomas Schererbauer ............................................................................................... 138

David Stögmüller ........................................................................................................ 140

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................... 141

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 142

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Umwelthaftungsgesetz und das Umweltin­formationsgesetz geändert werden (272 d.B. und 281 d.B. sowie 10039/BR d.B.)                                                                                                                             142

Berichterstatter: Dr. Peter Raggl ................................................................................ 142

RednerInnen:

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ............................................................................................... 143

Martin Preineder ......................................................................................................... 143

Günther Novak ........................................................................................................... 144

Josef Ofner ................................................................................................................. 144

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................... 146

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 146

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geän­dert wird (275 d.B. und 282 d.B. sowie 10032/BR d.B. und 10040/BR d.B.) ............................................................................................................. 146

Berichterstatter: Dr. Peter Raggl ................................................................................ 147


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 9

RednerInnen:

Günther Novak ........................................................................................................... 147

Sonja Zwazl ................................................................................................................. 149

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ............................................................................................... 150

Michael Bernard ......................................................................................................... 152

Stefan Schennach ...................................................................................................... 154

Martin Preineder ......................................................................................................... 155

David Stögmüller ........................................................................................................ 157

Josef Ofner ................................................................................................................. 158

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................... 160

Antrag der BundesrätInnen Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (275 d.B. und 282 d.B. sowie 10032/BR d.B. und 10040/BR d.B.), Einspruch zu erheben – Ablehnung .........................................  148, 162

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (namentliche Abstim­mung) ...................................................... 162

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ..................................... 162

Eingebracht wurden

Anträge der BundesrätInnen

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbildung statt Abschie­bung“ (255/A(E)-BR/2018)

Anfragen der BundesrätInnen

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend häuslichem Unterricht und Externistenprüfung (3576/J-BR/2018)

Michael Wanner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend „Nahverkehrsmilliarde“ (3577/J-BR/2018)

Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Unterlaufen des eigenen Vorhabens auf Auflösung von Art 12 B-VG durch die Bundesregierung (3578/J-BR/2018)

Wolfgang Beer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend Bericht zur Zukunft der Luftraumüberwachung (3579/J-BR/2018)

Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Petition der FPÖ Oberösterreich ge­gen den Bildungsminister Dr. Faßmann (3580/J-BR/2018)

Wolfgang Beer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Re­formen, Deregulierung und Justiz betreffend die Aufklärung der österreichischen Be­völkerung über die Datenschutz-Grundverordnung (3581/J-BR/2018)

Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Kardinal Schönborn zum humanitären Bleiberecht“ (3582/J-BR/2018)

Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Sozialversicherungsreform (3583/J-BR/2018)


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 10

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend den Ernennungsvorschlag von Mag. Hubert Keyl zum Verwal­tungsrichter (3584/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Fortbewegungsmittel der Regierungsmitglieder (3585/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umgang mit LGBTIQ-Personen im Asylverfahren (3586/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend aktuellen Stand der nationalen Machbarkeitsstudie und den Aktionsplan zum Ausstieg von Glyphosat in Pflanzenschutzmittel (3587/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Bestellung der pädagogischen Leitung der Bil­dungsdirektionen (3588/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Atomtransporte (3589/J-BR/2018)

Anfragebeantwortung

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zivildiener“ (3294/AB-BR/2018 zu 3563/J-BR/2018)


 


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 11

09.03.48Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Inge Posch-Gruska, Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M., Vizepräsident Ewald Lindinger.

*****


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Ich eröffne die 885. Sitzung des Bundesrates.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 884. Sitzung des Bundesrates vom 11. Oktober 2018 sind aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung ist das Mitglied des Bundesrates Mag.a Doris Schulz.

09.04.13Mandatsverzicht und Angelobung


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Eingelangt sind Mitteilungen des Landtages Steier­mark und des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht beziehungs­weise Wahl eines Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern des Bundesrates. (siehe S. 35)

Das neue Mitglied des Bundesrates ist im Hause anwesend, ich werde daher sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche nun die Schriftführung – bitte, Marianne – um Verlesung der Gelöbnisformel.


9.04.50

Schriftführerin Marianne Hackl: Ich komme hiermit zur Gelöbnisformel für die Mitglie­der des Bundesrates: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Öster­reich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“


9.05.17

Bundesrat Ing. Bruno Aschenbrenner (ÖVP, Steiermark): Ich gelobe.


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich begrüße das neue Mitglied des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

*****

Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, möchte ich einige Gedanken zu den Novem­berpogromen mit euch teilen.

09.07.01Gedenkworte anlässlich der Novemberpogrome 1938


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Sehr geehrte Zuseherinnen! Sehr geehrte Zuseher! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir ein Anliegen, an die morgen 80 Jah­re zurückliegenden Novemberpogrome zu erinnern.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 waren die blühenden jüdischen Ge­meinden im Burgenland bereits zerstört. Im Burgenland wurde besonders rasch, aber ebenso grausam wie in anderen Regionen gegen die jüdische Bevölkerung vorgegangen.

Anfang Oktober 1938 hieß es in der Zeitung „Grenzmark Burgenland“:


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 12

„Am 29. und 30. September verließen die letzten Juden Mattersburg. Der Ort, der sei­ner 530 ansässigen Juden wegen Jahrhunderte hindurch berüchtigt war, ist somit gänz­lich judenfrei.“

Im November 1938 wurden die meisten Jüdinnen und Juden aus dem Burgenland be­reits vertrieben. Die Pogromangriffe richteten sich daher gegen alles, was von der jü­dischen Kultur noch übrig geblieben war. Synagogen wurden gesprengt, jüdische Bet­stuben, Versammlungsräume, Geschäfte, Wohnungen, aber auch Friedhöfe wurden verbrannt und verwüstet. In den Tagen vom 7. bis zum 13. November wurden im da­maligen Deutschen Reich mehrere Hundert jüdische Menschen grausam getötet, meh­rere Zigtausend wurden in Konzentrationslager gesperrt, wo viele von ihnen ermordet wurden oder an den Haftfolgen starben. Die Pogrome markieren damit den Übergang von der Diskriminierung der Jüdinnen und Juden zu ihrer systematischen Verfolgung im Nationalsozialismus.

Einen „spontanen Ausbruch des Volkszorns“ benannte Reichspropagandaminister Jo­seph Goebbels diese abscheulichen Verbrechen an der jüdischen Minderheit, als ob es eine Rechtfertigung für Enteignung, für Mord oder für Menschenverachtung gäbe. Die von ihm geprägte Bezeichnung „Reichskristallnacht“ sollte, die Gewalttaten und den Tod verharmlosend, auf die vielen zersplitterten Glasscherben von Synagogen und jü­dischen Geschäften hinweisen.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Erinnern heißt nicht nur nicht vergessen, erin­nern heißt auch kämpfen. Wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass wir niemals vergessen, wozu wir Menschen fähig sind, und zwar zu Hass, zu Gewalt, zu Verfol­gung mehrerer Millionen Menschen, aber auch zu Mord. Wir müssen dafür kämpfen, dass die Ermordeten und Verfolgten und dass ihr Tun oder ihre Worte niemals ver­gessen werden. Und wir müssen dafür kämpfen, dass unsere demokratische Republik, der Frieden, vor allem aber auch das friedliche Zusammenleben in unserem Land be­wahrt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Teil der österreichischen Politik, der österreichi­schen Gesetzgebung, aber auch als Zukunftskammer ist die Verantwortung, die wir hier tragen, sogar eine noch größere. Erinnern heißt, die Zeichen richtig zu deuten und aktiv Stellung zu beziehen, wenn Unrecht geschieht. Es liegt an uns, den Anfängen zu wehren.

09.10.50Aktuelle Stunde


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde zum Thema:

„UN-Generalversammlung: Schwerpunkt Jemen und Syrien“

Ich darf dazu die Frau Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Karin Kneissl sehr herzlich willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.)

In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Zunächst kommt je eine Rednerin/ein Redner pro Fraktion zu Wort, deren/dessen Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann folgt die Stellungnahme der Frau Bundesministerin, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wiederum je eine Red­nerin/ein Redner der Fraktionen sowie anschließend eine Wortmeldung der Bundes­räte ohne Fraktion mit jeweils einer 5-minütigen Redezeit. Zuletzt kann noch eine ab­schließende Stellungnahme der Frau Bundesministerin erfolgen, die nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. – Bitte, Christoph.



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9.12.12

Bundesrat Christoph Längle, BA (FPÖ, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich darf unsere Außenministerin, Frau Dr. Kneissl, hier im Bundesrat auf das Herzlichste begrüßen. Herzlich willkommen!

Das Thema der Aktuellen Stunde wurde bereits genannt: „UN-Generalversammlung: Schwerpunkt Jemen und Syrien“. – Grundsätzlich habe ich persönlich im Zusammen­hang mit Syrien schon auch positive Gedanken, speziell wenn ich an Syrien vor rund zehn Jahren denke, denn es hat dort in der Geschichte schon auch sehr gute Dinge gegeben. Zu nennen ist da unter anderem Palmyra, heute auch Tadmor genannt, in der Provinz Syria, ein damals blühendes Örtchen mitten in der Wüste, aber auch sehr bedeutend. Es war eine antike Oasenstadt mit einer Geschichte, die bereits mehrere Tausend Jahre zurückliegt, und wurde später auch Teil des Römischen Reiches. Die archäologischen Funde, die man dort gemacht hat, gehen bis in die Jungsteinzeit zu­rück.

Somit ist Palmyra viele Tausend Jahre alt, und es gab dort auch schon gute gesell­schaftliche Errungenschaften; zu nennen sind da Theater, Thermen, die Agora und auch das Tetrapylon. Die Ruinen sind bis heute vielfach noch erhalten. In diesem Zu­sammenhang ist auch der sogenannte Baaltempel zu nennen, der in der damaligen Zeit, im ersten Jahrhundert nach Christus, in dieser Region eines der wichtigsten Ge­bäude war. Eigentlich ist Palmyra ein historisch und kulturell wertvoller Schatz.

Im Zusammenhang mit Palmyra ist auch eine Frau zu nennen, eine der berühmtesten Frauen in der Antike, und zwar Septimia Zenobia. Sie war dort Herrscherin, sie war Staatsoberhaupt des palmyrenischen Reiches, ja, man kann sagen, eine sehr eman­zipierte Frau zu der damaligen Zeit, in der Antike. Ihr Kopf hat auch viele Goldmünzen geziert, und sie lehnte sich gegen das Römische Reich auf. Aber nicht nur in der Ver­gangenheit ist sie präsent, sondern auch noch heute. Wenn man sich die syrische Lira beziehungsweise das syrische Pfund anschaut und da die 500er-Banknote, so sieht man, dass auf dieser ebenfalls noch die damalige Herrscherin von Palmyra, Zenobia, drauf ist, sehr modern, sehr aufgeklärt, eine Frau auf einem Geldschein eines isla­misch geprägten Staates.

Warum habe ich all das gesagt? – Weil es in Syrien zu sehr, sehr schlimmen Dingen gekommen ist. Es gibt dort korrupte Machthaber, korrupte Systeme, unter anderen auch den Islamischen Staat, der dort alles zerstört hat. Dort gab es Tötungen, dort gab es Krieg, dort gab es den Einsatz von chemischen Waffen.

Mir geht es hier aber grundsätzlich nicht um die Zerstörung Palmyras, obwohl ich be­reits betont habe, dass dies schon ein sehr großer geschichtlich-kultureller Schaden ist, sondern mir geht es vor allem um die Menschen, um das dortige Leid, um das, was dort alles an Negativem passiert ist, um das, was dort eigentlich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit stattgefunden hat. Und diese Dinge – das möchte ich hier auch festhalten –, die dort passiert sind und nach wie vor leider passieren, sind auf das Schärfste zu verurteilen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Koller.)

Schauen wir ein Stück weiter, und zwar Richtung Jemen. Jemen hat auch eine sehr al­te Geschichte: Bereits vor 2 000 Jahren war der Jemen ein Dreh- und Angelpunkt, dort war vor allem der Handel sehr wichtig, speziell zwischen Afrika, dem Horn von Afrika, und der arabischen Welt und generell bis nach Indien.

Der Jemen hat dann auch in der Geschichte, in seiner mehr als tausendjährigen Ge­schichte, eine interessante Wandlung gemacht, so wurde der Jemen zum einen vom Osmanischen Reich besetzt und zum anderen auch von den Briten. Dann gab es die Teilung zwischen Nordjemen und der Volksrepublik Jemen. Es gab dort leider auch viele Bürgerkriege, Tötungen, Ermordungen, und die Auswirkungen spüren wir leider


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auch noch heute. So sind auch heute wieder diese kriegerischen Auseinandersetzun­gen aufgeflammt, und auch in dieser Region haben wir es mit Instabilität zu tun, mit Konflikten innerhalb des Jemen, aber auch mit den Nachbarstaaten.

Ein dortiger besonderer Negativpunkt ist schon auch zu nennen, und zwar bezüglich Handel, den ich angesprochen habe: Es wurden dort nicht nur Waren und Dinge aller Art gehandelt, sondern eben auch Menschen. Es gab dort viel Sklavenhandel, und, ja, erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts, 1962, wurde dort der Sklavenhandel abge­schafft. Wobei man auch sagen muss, dass das schon auch bis in die heutige Zeit reicht, weil dort nach wie vor viele Menschen unter sklavenähnlichen Zuständen leben. Es gibt dort keine Pressefreiheit, es gibt dort Beschneidungen von Genitalien, die so­genannte Genitalverstümmelung. Und es ist mir besonders wichtig, zu betonen, dass gerade unsere Ministerin sehr gezielt dagegen auftritt und versucht, dies zu verhindern. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Appé.)

Was eigentlich auch nicht sein dürfte, das muss man hier auch betonen: dass dort nach wie vor die Zwangsheirat stattfindet und dass dort junge Frauen gegen ihren Wil­len beziehungsweise gegen ihre Mitsprache schon im jugendlichen Alter verheiratet werden und die Menschenrechte dort generell mit Füßen getreten werden.

Ich meine, dass die Würde des Menschen unantastbar ist – das gilt auch für radikale Systeme und radikale Religionen, insbesondere auch den radikalen sowie politischen Islam. Es kann und darf einfach nicht sein, dass da die Menschenrechte derartig hin­tergangen werden und dass dort solche Systeme nach wie vor ihr Unwesen treiben.

Ich persönlich sage ganz klar, dass ich die UNO hier in der Pflicht sehe. Die UNO ist eine Weltbehörde, wenn man so will, und sie ist in diesem Zusammenhang generell gefordert, insbesondere der UN-Sicherheitsrat ist da gefordert und dort vor allem die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates.

Wir haben es anfangs gehört: Es hat die 73. UN-Generalversammlung stattgefunden. Diese war hochkarätig besetzt, mit 84 Staatschefs, 44 Regierungschefs und 193 Au­ßenministern. Österreich war ja auch sehr engagiert und unsere Beteiligung war sehr gut. Wie wir alle wissen, waren unser Bundespräsident, unser Bundeskanzler und eben auch unsere Außenministerin dort vertreten.

Zu UN-Generalsekretär António Guterrez ist zu sagen, dass ich mir schon einen Weck­ruf Richtung Weltgemeinschaft gewünscht hätte, dass gegen diese Dinge, die ich vor­hin angesprochen habe, gegen diese Missachtung der Menschenrechte vorgegangen wird. Es wurden zwar der Multilateralismus und auch andere Dinge angesprochen wie der Klimawandel, aber generell ist zu sagen, dass in diese Richtung gehend zu wenig passiert. Ich finde es sehr, sehr schade, dass, obwohl wir eine UNO haben, die schon seit 60, 70 Jahren besteht – es gibt die UN-Menschenrechte, es gibt grundsätzlich sehr viele gute Errungenschaften –, gerade in diesen Konfliktzonen und Konfliktherden der Erde nichts gemacht wird.

Ich hoffe inständig, dass hier bald eine Lösung gefunden wird und die internationale Gemeinschaft sich für Frieden und Stabilität auch in den angesprochenen Regionen wie Syrien und Jemen einsetzt.

Abschließend möchte ich noch einen Appell an die Menschlichkeit richten, und ich hoffe, dass hier endlich einmal Schluss ist mit diesen Dingen, die ich angesprochen ha­be, insbesondere mit dem radikalen Islam, mit radikalen Religionen und einer allge­mein radikalen politischen Auslegung. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 15

9.21


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. – Bitte.


9.21.19

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Zur UNO-Generalversammlung muss man sagen, dass wir uns dort sehr gut präsentiert haben, und dafür danke ich sehr herzlich. Es war ja ein sehr vielbeachteter Auftritt auch von Ihnen (in Richtung Bundesministerin Kneissl) bei dieser Generalver­sammlung, aber auch vor und nach diesem Auftritt sind sehr viele Gespräche geführt worden, mit verschiedensten Institutionen, mit Vertretern verschiedenster Länder, die auch aufgelistet wurden. Ich denke, wir sind damit auch unserem Auftrag als UNO-Amtssitzland gerecht geworden, mehr als gerecht geworden und auch wieder als Brü­ckenbauer in der Welt verstanden worden. Wir haben da sicherlich eine sehr gute Per­formance abgelegt, vor allem auch durch Ihre (in Richtung Bundesministerin Kneissl) Mitwirkung in diesen Tagen in New York.

Wenn man von Syrien und Jemen redet, muss man sagen, dass das Regionen sind, in denen es schon sehr lange sehr instabile Verhältnisse gibt. Im Nahen Osten hat es sehr lange stabile Verhältnisse gegeben, solange Diktaturen dort bestanden haben, Diktatoren an der Regierung waren – zum Teil sind sie es ja noch. Jetzt ist der Umsturz im Gange, der in Zukunft hoffentlich zu Demokratien führt. Das läuft nicht immer ganz einfach und konfliktfrei ab, aber die Menschen dort leben natürlich schon sehr lange mit Belastungen und haben sehr viele Belastungen hinter sich.

Wie kann man helfen? – Man kann immer wieder die Gespräche suchen, die Konflikt­parteien miteinbinden und versuchen, die Konflikte durch Verträge, durch Vereinbarun­gen zu beenden. Auf der anderen Seite müssen wir uns vor allem jenen zuwenden, die die Folgen dieser Konflikte tragen, jenen, die flüchten müssen, von zu Hause weg müs­sen, weil sie ihr Heim verlieren oder weil sie politisch verfolgt werden.

Da müssen wir die Dinge richtig angehen. Am besten ist es doch, dass jemand, der flüchten muss, in der Region aufgenommen wird, versorgt wird – da müssen wir auch mithelfen –, damit er dann, wenn der Konflikt zu Ende ist, zurückkehren kann und sich in seiner Heimat wieder ein Leben schaffen kann. Es kann doch nicht darum gehen, dass man bei einem Konflikt so weit wie möglich von zu Hause wegzieht – und das war doch in den vergangenen Jahren der Fall. Es haben sich sehr viele auf die Reise ge­macht, und leider haben das auch sehr viele ausgenutzt, haben sich unter diese Asyl­suchenden gemischt, sich falsche Pässe organisiert und versucht, auch in dieses Sys­tem der Asylsuchenden zu kommen, und haben letzten Endes damit unsere Hilfsorga­nisationen belastet und jenen, die tatsächlich Hilfe gebraucht hätten, die Plätze wegge­nommen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Deshalb ist das so früh wie möglich zu trennen. Jenen, die wirklich Hilfe brauchen, müssen wir unsere Hilfe zukommen lassen, auf diese müssen wir uns konzentrieren. Am besten geschieht das, wenn man sie in Lager vor Ort aufnimmt, denn niemand zieht durch die ganze Welt als Flüchtling, als Wirtschaftsflüchtling, um dann in einem Lager zu enden. Ich denke, wir haben das auch getan. Wir geben finanzielle Hilfe für diese Lager, die rund um Syrien entstehen. Das waren seit 2011 rund 100 Millionen Euro, allein im heurigen Jahr 18 Millionen Euro, für Jemen 1 Million Euro. Ich glaube, wir müssen weiter daran arbeiten, dass die Menschen in ihrer Region wieder eine Perspektive haben.

Das müssen wir auf alle diese Ströme umlegen. Deshalb ist es gut, dass bei der Gene­ralversammlung davon gesprochen worden ist und der Besuch des EU-Afrika-Forums organisiert worden ist, mit Einbindung des Nahen Ostens, Mitte Dezember hier bei uns in Wien. Es ist so, dass wir auch dort die richtigen Dinge tun müssen und jene, die Hilfe brauchen, von jenen trennen müssen, die sich ganz einfach ein schöneres Leben su­chen wollen.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 16

Ich glaube, es ist wichtig und wird auch in die Richtung gehen, dass der Außenschutz der Europäischen Union miteingeflochten wird, die Stärkung von Frontex, und dass vor allem mit afrikanischen Ländern Wirtschaftspartnerschaften gesucht werden, damit sich die Menschen vor Ort ein besseres Leben schaffen können, denn wir müssen auch sehen, dass durch diese Migration oft die besten Menschen aus Afrika wegge­hen, es gehen vor allem auch jene weg, die gut situiert sind, denn nur sie haben das Geld, um die Schlepperei zu bezahlen. Die Schlepperei ist heute das größte illegale Geschäft auf der ganzen Welt. (Bundesrat Weber: Waffenhandel!) Sie ist profitabler als Rauschgifthandel oder Prostitution. Und damit geht mehr Geld aus Afrika weg, als wir mit Entwicklungshilfegeldern hinbringen können. Das heißt, die größte Entwick­lungshilfe ist eigentlich das Unterbinden von Schlepperei, und das müssen wir ange­hen. Das heißt, wir müssen diesen Menschen die Perspektive nehmen, dass sie ganz einfach nach Europa kommen können, wir müssen unsere Außengrenzen schützen, und dann wird es auch nicht mehr den Ansporn geben, diesen Menschen so viel Geld in die Hand zu geben und damit eigentlich so viel Geld aus diesen Ländern abfließen zu lassen.

Zurück zu Syrien und Jemen und den Konflikten, die dort schwelen. Man müsste, den­ke ich, auch vonseiten der UNO einmal hinterfragen, wie diese Konflikte finanziert wer­den. Der Islamische Staat ist dort einer der größten Aggressoren, woher hat er das Geld? – Vom Ölverkauf. Wer kauft das Öl? Das sollte einmal näher betrachtet werden: Welche Länder finanzieren mit dem Ölkauf eigentlich den IS? Und dann müsste man sich vielleicht auch einmal Vorgangsweisen gegen solche Länder einfallen lassen.

Etwas, das auch in dieser Region gerade passiert und gerade aktuell ist, ist Saudi-Ara­bien und der Fall Khashoggi, der doch wieder einiges ans Licht gebracht hat, der ge­zeigt hat, wie diese Länder dort ticken. Ein Journalist hat das ja auf den Punkt ge­bracht, indem er gesagt hat, Saudi-Arabien ist ein IS-Staat, der es geschafft hat, und dass von dort möglicherweise auch sehr viele Aggressionen ausgehen. – Auch das sollte hinterfragt werden.

Wie gesagt, ich denke, Österreich hat auf der UNO-Generalversammlung in bilateralen Gesprächen sehr viel versucht, und wir versuchen auch, mit dem Afrika-Forum Ruhe in die Regionen zu bringen, diese Regionen finanziell zu unterstützen. Auch für Jemen gibt es ja wieder eine Zusage für finanzielle Unterstützung. Nur so können wir helfen und schauen, dass diese Regionen eine Perspektive bekommen, damit die Menschen in diesen Regionen verbleiben und es nicht als ihr oberstes Ziel sehen, irgendwohin, ganz weit weg von ihrem Zuhause, auszuwandern. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

9.29


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte.


9.29.46

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Außenministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Kollege Köck hat es gesagt: Die UN-Generalversammlung ist eines der wichtigsten Weltinstrumente – gemeinsam mit dem Weltsicherheitsrat, der Unicef, dem UN-Men­schenrechtsbeirat –, die wir in der Welt haben. Umso mehr ist es wichtig, dass Präsi­denten, Regierungschefs, Außenminister innerhalb dieser Weltgemeinschaft auch Er­klärungen abgeben, die das haben, was man Handschlagqualität nennt.

Kollege Köck hat gesagt, der Auftritt bei der letzten UN-Generalversammlung hätte große Beachtung gefunden. Ich würde sagen, die ist in den letzten Wochen restlos auf­gebraucht worden. Gegenüber der UN bedarf es nämlich Handschlagqualität und einer


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klaren Linie. Frau Außenministerin, Ihr Vorgänger – der heutige Bundeskanzler – hat eine solche Erklärung in der UN-Generalversammlung abgegeben, nämlich zum UN-Migrationspakt (Bundesrätin Mühlwerth: Jaja!):

„I welcome that the United Nations is developing a Global Compact on Migration as well as a Compact on Refugees.

They should ensure a more coordinated international approach to deal with these chal­lenges. (Bundesrat Steiner: Ein Englisch-Professor, schau!)

Das war die Stellungnahme Österreichs des damaligen Außenministers Kurz. Seither haben das Außenministerium und seine Beamten an diesem UN-Migrationspakt mitge­wirkt und keine Einsprüche gemacht. (Bundesrat Raml: Weil er auch überall dabei war! Weil er ja immer überall dabei ist!) Was ist jetzt passiert? – Das wird wahrscheinlich in die Geschichte eingehen als Beispiel dafür, wie Fake News eine Regierung zu einem falschen Handeln gebracht haben. Die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt: „Wie eine Kampagne rechter Propagandisten Österreichs Ausstieg aus dem Migrationspakt be­einflusste“.

Es ist keine Unterzeichnung vorgesehen; das ist eine Lüge. Solche Pakte werden per Akklamation angenommen. Migration ist kein Menschenrecht – das steht so nicht drin­nen. Es gibt keinerlei Souveränitätsverlust. Alles, was hier dargestellt wird, ist falsch. (Zwischenruf des Bundesrates Schuster. – Bundesrat Todt: Es spricht der Kollege Schennach, nicht du! – Bundesrätin Mühlwerth: Aber schwer am Thema vorbei! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die zuständige CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz meinte: Entweder hat Wien keine Fachleute oder man lässt sich von Stimmungen leiten. (Bundesrätin Mühlwerth: Was hat das mit dem Thema zu tun?) – Wir sind genau beim Thema, lesen Sie die Tages­ordnung: „UN-Generalversammlung“ sind die ersten Worte des Titels dieser Aktuellen Stunde.

Wir haben diese Fachleute, Frau Bundesministerin, Sie wissen das ganz genau. Ich glaube, die Völkerrechtsabteilung im Außenministerium rauft sich seit Wochen die Haare.

Worum geht es eigentlich dabei? (Abg. Mühlwerth: Das frage ich mich auch: Worum geht es bei dir? – Bundesrat Krusche: Themenverfehlung!) Was möchte die UNO, und warum hat es der damalige Außenminister eigentlich begrüßt? – Es geht um eine ge­meinsame Erhebung von Daten zur Migration, um die Zusammenarbeit bei der Grenz­sicherung, es geht darum, Push-Faktoren einzudämmen, das heißt, die Lebenssitua­tion – das ist genau das, was Herr Köck vorhin auch angesprochen hat – in besonders krisengebeutelten Herkunftsländern zu verbessern, und um Rückführungsabkommen. Dazu sagen wir Nein. Manche Dinge tut ein Vorsitzland des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission nicht. (Bundesrat Krusche: Was man tut, wirst du uns nicht sagen!)

Nun kommen wir zum Jemen. (Bundesrätin Mühlwerth: Na endlich!) – Nein, nicht „na endlich“! – Ich glaube, kein Land, das ich je bereist habe, hat mich in meinem Leben mehr beeindruckt als der Jemen. Ich habe mir heute in der Früh gedacht: Lebt das elf­jährige Mädchen noch, das es geschafft hat, im Jemen bei einer Verheiratung mit ei­nem über 40-jährigen Mann recht zu bekommen, sodass es nicht verheiratet wurde? Das ist eine Heldin gewesen und ich hoffe, sie lebt noch.

Die UNO-Menschenrechtsexperten haben jetzt im November 2018 festgehalten, dass im Jemen Verbrechen gegen das internationale Völkerrecht stattfinden: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Von den Menschen­rechtsexperten angeklagt ist vor allem die militärische Allianz rund um Saudi-Arabien. Wir hatten Vertreter hier und wir hatten ein parlamentarisches Gespräch, und ich muss sagen: Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass zivile Opfer in irgendeiner Weise ver-


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schont werden. Die UN-Menschenrechtsexperten verlangen, dass – so wie nach dem Bosnien-Krieg – die Verantwortlichen nachher zur Verantwortung gezogen werden. Wahr­scheinlich muss man ein Tribunal dazu einrichten.

Wenn man sich die Luftschläge anschaut, sieht man Luftschläge gegen Hochzeiten, Luftschläge gegen Trauergemeinschaften – so wie auch in Bosnien –, Luftschläge ge­gen Märkte, Luftschläge gegen Spitäler, gegen Schiffe mit Flüchtlingen. Dazu kommt, dass im ganzen Land Menschen willkürlich verhaftet und gefoltert werden, dass dafür rund um den früheren Chef von Blackwater sogar Söldner im Land sind, die diese grausamen Dinge verrichten.

Gestern wurde hier in diesem Haus viel über Kinder und Jugend gesprochen. Tatsache ist, dass wahrscheinlich beide Kriegsparteien achtjährige Kinder unter Waffen setzen. Achtjährige Kinder zu missbrauchen ist eine Katastrophe! Das Vereinigte Königreich – und die sehen im Augenblick eine Chance – fordert nun den UN-Sicherheitsrat zum sofortigen Handeln auf. Das heißt, es gibt keine militärische Lösung in diesem Konflikt. Es gibt zu viele verschiedene Mächte, die da von außen intervenieren. Leider ist die Administration Trump nicht dem gefolgt, was Obama gemacht hat. Obama hat ver­sucht, zu deeskalieren. Allerdings ist seit Trumps Amtsantritt hier noch eine Ver­schärfung eingetreten. Mittlerweile bezeichnet die UNO es – und das gilt mittlerweile, glaube ich, als gesichert – als die größte humanitäre Katastrophe dieses Jahrhunderts. 1,8 Millionen Kinder sind extrem unterernährt. Das ist die jüngste Information, die Unicef herausgegeben hat. Ärzte ohne Grenzen, die beeindruckende Hilfe im Jemen leisten, soweit das überhaupt möglich ist, unterstreichen das. Wir sprechen mittlerweile von einer Opferzahl von 28 Millionen, die von diesen kriegerischen Auseinanderset­zungen berührt sind.

Nehmen wir die Hafenstadt Hudaida her, das ist der wichtigste Knotenpunkt, um über­haupt noch Nahrung ins Land zu bringen. Hudaida steht unter Dauerbeschuss von Schiffen, von Kampfhubschraubern, von Drohnen. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate spielen hier ihr eigenes Spiel. Deshalb wäre Folgendes wichtig:

erstens: innerhalb der EU ein Waffenembargo gegenüber Saudi-Arabien und den Ver­einigten Arabischen Emiraten lückenlos durchzusetzen.

zweitens: dass die Weltgemeinschaft nachher ein Tribunal zu Kriegsverbrechen in die­sem Krieg errichtet,

drittens: dass wir – da spreche ich jetzt die Europäische Union und die Völkergemein­schaft an – aus Hudaida das machen, was man auch einmal aus Tanger in Marokko gemacht hat, nämlich eine internationale Stadt unter internationalem Schutz.

Lassen Sie mich noch ein letztes Wort zum Kollegen Längle sagen, der ja sehr aus­führlich über Palmyra gesprochen hat, mit einer gleichzeitigen Bitte an die Frau Außen­ministerin. Es liegt eine Konvention vor, eine Konvention gegen illegalen Kulturgüter­handel zur Terrorismusfinanzierung. Diese liegt in Ihrem Ministerium, Frau Bundesmi­nisterin. Geben Sie sie weiter an das Parlament. Erstens soll sie signiert und zweitens später ratifiziert werden. Ich habe an dieser Konvention sehr stark mitgearbeitet, Ös­terreich übrigens auch – in Form des Justizministeriums. Was Palmyra betrifft: Nicht al­les dort wurde zerstört. Wenn Sie nach Florenz in die Uffizien fahren, sehen Sie, was die italienischen Carabinieri sichergestellt haben. Diese Statuen wurden nämlich alle dekonstruiert und verkauft. Es gibt also Käufer dafür. So wird Terrorismus finanziert, leider Gottes. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

9.40


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Für eine erste Stellungnahme hat sich die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. – Bitte.



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9.40.34

Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Karin Kneissl: Schö­nen guten Morgen, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich freue mich sehr, dass ich bei Ihnen heute das erste Mal Rede und Antwort stehen darf. Ich darf mich auch für Ihre Nachsicht bedanken, dass ich einige Minuten verspätet war. Ich habe immer noch meine Stallarbeit, die ich mit Freude wahrnehme, und bin daher manchmal in der Früh etwas unter Druck. Aber es geht sich immer aus.

Frau Präsidentin! Vielen Dank für Ihre einführenden Worte, denen ich aufmerksam zu­gehört habe, ebenso wie den Ausführungen der drei Bundesräte. Ich darf ganz kurz auf Ihre Ausführungen eingehen, bevor ich dann zu meinem vorbereiteten Statement da­rüber komme, was wir bei der 73. Generalversammlung gemacht haben, und zu einem Ausblick vor allem auf die beiden Kriegsgebiete Syrien und Jemen. Ich darf mich bei allen drei Bundesräten, Herrn Bundesrat Längle, Herrn Bundesrat Köck und Herrn Bundesrat Schennach, dafür bedanken, dass Sie weiter ausgeholt haben, was diese Kriegsgebiete anlangt.

Sie haben Palmyra erwähnt, den Kulturgüterschutz, die Finanzierung des – jetzt an sich territorial sehr eingeschränkten – Islamischen Staates. Als Parenthese sei ange­merkt, dass der Islamische Staat bei allen territorialen Niederlagen, die diese Terror­organisation einstecken musste, fürchte ich, wieder zu ihrer eigentlichen Spezialität zu­rückkehren wird, nämlich zum digitalen Kalifat. Das territoriale Kalifat ist, wenn Sie so wollen, vorerst einmal – unter Anführungszeichen – „kontrolliert“, besiegt. Das digitale Kalifat ist aber – und das haben Sie wahrscheinlich in der einen oder anderen Debatte hier schon diskutiert – im Sinne der asymmetrischen Kriegsführung, im Sinne der Au­ßerkraftsetzung von strategisch verwundbarer Infrastruktur eine der wesentlichen He­rausforderungen. – Das sei aber nur als Parenthese angemerkt.

All Ihre Bemerkungen, Illustrationen sind berechtigt. Ich freue mich, dass Sie auch Kö­nigin Zenobia erwähnt haben und das, was Palmyra geleistet hat. Ich weise immer wie­der gerne darauf hin, dass Orient und Orientierung – wenn man das Wortspiel bedie­nen mag – ja zusammenhängen. Sie kennen den lateinischen Begriff ex oriente lux – aus dem Orient das Licht. Viele der zivilisatorischen Errungenschaften, von denen dann der Okzident profitierte, kamen aus dem Orient. Ich darf hier zusätzlich noch das Alphabet erwähnen, das wahrscheinlich als Abstrahierung von der Bildersprache zu einem abstrakten Alphabet aus dem heutigen syrischen Ugarit über phönizische Händ­ler über Byblos nach Europa kam. Wenn man der griechischen Mythologie vertrauen darf, dann war es Kadmos auf der Suche nach seiner entführten Schwester Europa – auf die Zeus ein besonderes Auge geworfen hatte –, der das Alphabet verbreitete. Der Name Europa selbst kommt aus der südlibanesischen Stadt Tyros.

Die Verbundenheit zwischen Orient und Okzident ist natürlich in dieser Mythologie zum Ausdruck gebracht. Es freut mich, dass Sie auch hier in Ihrem Gremium im Kopf be­halten, dass wir über die Region nicht immer nur unter dem Blickwinkel Terrorismus und Krieg sprechen, sondern bedenken, dass große Zivilisationen dort gewesen sind. Daraus schöpfe ich meine Zuversicht, auch die Menschen kennend, in dem Wissen, dass sie so viel Geschichte hinter sich haben. Ich selbst habe immer wieder gelernt – gerade auch als Europäerin in einer Region beheimatet, die viele geschichtliche Zäsu­ren über sich ergehen lassen musste –, dass man in der Geschichte auch immer wie­der Geborgenheit und Zuversicht finden kann, weil die Geschichte weitergeht. Gerade deswegen weiß ich, dass diese alten Zivilisationen Syriens, Jemens mit ihren ältesten urbanen Strukturen auch überleben werden. Die Menschen werden sich wieder auf­richten und weitermachen. Davon bin ich fest überzeugt. Von dort hole ich meine Zu­versicht.

Diese Zuversicht für die Menschen müssen wir natürlich begleiten, stärken. Die Tatsa­che, dass ich meine Rede vor der UNO-Generalversammlung auf Arabisch begonnen


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habe, war in erster Linie dadurch motiviert, dass ich die Zuhörerschaft, die nach einer Woche von vorgefertigten Satzstücken und Satzteilen, die sich natürlich immer wieder wiederholen, ein bisschen aufwecken wollte. Da kommt die österreichische Außenmi­nisterin, hoppala, die spricht Arabisch – wieso? Man muss sich die Kopfhörer aufset­zen. – Das hat natürlich für eine gewisse Aufmerksamkeit gesorgt und für eine sehr emotionale und positive Reaktion aus der arabischen Welt. Ich habe erst gestern Post aus Algerien bekommen, einen langen Brief, unterzeichnet von algerischen Intellek­tuellen, die sich einfach gefreut haben über diesen Ausdruck der Wertschätzung für die arabische Sprache, weil zum ersten Mal ein westlicher Politiker in arabischer Sprache vor der UNO-Generalversammlung gesprochen hat. Ich habe begonnen mit einem Brecht-Zitat, die Moritat von Mackie-Messer: „Und man siehet die im Lichte / Die im Dunkeln sieht man nicht.“ – Wir stehen hier in diesem Lichte, auch hier in diesem Gre­mium, auch in der UNO-Generalversammlung. Es ist eine Notwendigkeit, dass wir für die, die im Dunkeln sind – ob im Jemen, ob in Syrien, das waren die beiden Schwer­punkte meiner Rede –, Maßnahmen ergreifen und uns eben nicht in Semantik verlie­ren.

Gerade bei Syrien geht es derzeit um eine Wortklauberei – wenn ich das so formu­lieren darf – zwischen den Fragen, was noch humanitäre Assistenz ist, wo schon Sta­bilisierung in Richtung Wiederaufbau beginnt und inwieweit man sich daran beteiligen darf, beispielsweise mit Investitionen in Entminung, in Trinkwasser, in Baumaterialien, damit die Leute vielleicht selbst wieder das eine oder andere Dorf aufbauen können. Genau daran beteiligt sich das Flüchtlingshochkommissariat UNHCR. Auch wir betei­ligen uns daran im Rahmen unserer Mittel, die vor allem aus dem Auslandskatastro­phenfonds kommen, wo ich zu Beginn des Jahres 3 Millionen Euro für Syrien zur Ver­fügung gestellt habe. Es werden bis Jahresende noch weitere Gelder mobilisiert wer­den. Für den Jemen haben wir bislang nur – ich weiß, dass es nicht viel ist – 1 Mil­lion Euro mobilisiert. Wir dürfen aber den Jemen nicht ausschließlich – und das gilt auch für viele andere Krisengebiete – durch die humanitäre Brille betrachten, sondern letztendlich geht es darum, Verhandlungslösungen zu finden. Auch hier engagieren wir uns, den UNO-Sondergesandten für Jemen Martin Griffith zu unterstützen. Wie es sich eben jetzt anbahnt, versuchen wir einfach auch hier, österreichische gute Dienste zur Verfügung zu stellen, je nachdem, wie es sich dann ergibt. Das ist letztendlich eine Entscheidung, die auf UN-Ebene fällt – und natürlich auch unter den beteiligten Kon­fliktparteien.

Was aber beide Kriege kennzeichnet, ist, dass es sich um Stellvertreterkriege handelt. Ich vermeide den Begriff Bürgerkrieg in diesem Zusammenhang, weil wir, wie auch schon von den drei Vorrednern erwähnt wurde, hier eine ganze Reihe von Sponso­ren – wenn man so will – dieses Krieges haben. Es sind the same usual suspects, die üblichen Verdächtigen, die Regionalmächte des Nahen Ostens und auch die Russi­sche Föderation und die Vereinigten Staaten von Amerika, die hier ihre Stellvertreter­kriege natürlich mitgestalten, mitbegleiten. Angesichts der Erschöpfung aller Beteilig­ten – die Zivilgesellschaft ist erschöpft – spielen alle Beteiligten eine Rolle, damit es hoffentlich zu einer am Verhandlungstisch ausverhandelten Lösung kommen mag.

Ich darf jetzt kurz auf die Generalversammlung eingehen, die Sie schon erwähnt ha­ben, und deren hochrangige Besetzung. Es war meine erste UN-Generalversammlung. Ich habe sie insofern als etwas ganz Besonderes empfunden, weil man dort etwas verspürt, was ich in noch keinem anderen Gremium in den letzten elf Monaten meiner Arbeit als Außenministerin in diesem Umfang mit allen fünf Sinnen – haptisch, optisch und so weiter – empfand, nämlich die Gleichberechtigung aller Mitgliedstaaten.

Es ist wahrscheinlich vielen von uns entgangen, ich bin zufälligerweise darauf gekom­men, weil ich einen Gastkommentar zum Thema verfasst habe: Wir haben am 24. Ok­tober ein Jubiläum des Westfälischen Friedens gefeiert. Er wurde 1648 in Münster und


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Osnabrück ausverhandelt und beendete 30 Jahre des Mordens in Europa. Es war die Hälfte der Bevölkerung in den Kriegsgebieten von Pommern, Schlesien bis Böhmen, Österreich ermordet worden oder der Pest, der Cholera, was auch immer, zum Opfer gefallen. Krieg als Geschäft: Der Dreißigjährige Krieg steht vielleicht als Metapher auch für das, was wir heute im Nahen Osten, in Nordafrika und nicht nur dort erleben. Auch daran sei an dieser Stelle erinnert: vier Millionen, fünf Millionen, sechs Millionen Tote im Kongo. – Der Dritte Weltkrieg, wenn man so will, ist ein afrikanischer Krieg. Der Westfälische Friede hat seine letzte Unterschriftenreihe am 24. Oktober vor genau 370 Jahren bekommen. Der Westfälische Friede war der Aufbruch in die Moderne, nämlich hin zu Territorialstaaten, zur Trennung von Religion und Politik und zur Gleich­berechtigung der Souveräne.

Natürlich gibt es dabei – das wissen wir alle, das wissen Sie aus Ihrer Tätigkeit, das weiß jeder, der auch das Geschehen in der UNO, das Geschehen in der Europäischen Union verfolgt –, um es mit George Orwell zu sagen, die, die „more equal“ sind als die anderen, aufgrund ihrer wirtschaftlichen, militärischen Macht. Da hat sich nicht so viel verändert. Man kann aber dennoch in diesem Gremium der 193 UNO-Mitglieder seine Redezeit und seine Aufmerksamkeit erhalten. Das ist gelungen.

Ich habe, wie gesagt, versucht, in dieser Rede vor allem auf zwei Probleme einzuge­hen – Jemen und Syrien – und hier auch konkret zu werden. Wir werden uns in Syrien beispielsweise – das ist im Werden, letztendlich ist es dann Knochenarbeit, Stückwerk­arbeit, aber wir versuchen es – mit Entminung beteiligen, weil die Rückkehr in die Hei­matgemeinde ein Minimum an Sicherheit erfordert. Da ist natürlich das Räumen von Antipersonenminen etwas ganz, ganz Wesentliches. Sie erinnern sich an die Nach­kriegssituation in Bosnien-Herzegowina, wo Landwirtschaft viele Jahre gar nicht in dem Umfang möglich war, weil einfach die Antipersonenminen oftmals durch Regen, durch Schnee, Berge und so weiter weggeschwemmt wurden. Diese Nachkriegssituation – ob Kambodscha, ob Bosnien-Herzegowina – könnte aufgrund der geografischen und der geologischen Situation in Syrien vielleicht einfacher sein, weil wir dort relative Ebe­ne haben, aber wir haben starke Verminungen in der nordsyrischen Stadt Rakka, in Südsyrien – dorthin versuchen jetzt von jordanischer Seite her viele syrische Flücht­linge wieder zurückzukehren, um eben ihr Leben in irgendeiner Weise wieder aufzu­bauen.

Es ist keine perfekte Aussicht, wir dürfen uns keine Illusionen über den Charakter der syrischen Regierung machen, aber wir sind weiterhin daran interessiert, dass es zu einer Ausarbeitung eines Verfassungskomitees und damit auch zu einer Neugestaltung der Machtaufteilung in Syrien kommt. Das ist eine ganz wesentliche Voraussetzung, damit ein politischer Neuanfang und nicht nur ein Neuanfang für die Menschen in ihrem Alltag möglich ist.

Die Generalversammlung bietet, wie gesagt, diesen, ich muss sagen, sehr egalitären Austausch zwischen den Großen, den weniger Großen und Kleinen, oder, um es mit Schuman – ich glaube, es war Schuman – zu sagen: Letztendlich sind alle Staaten klein, einige wissen es, andere wissen es nicht. – Wir wissen es, haben damit keine Probleme.

Es ist aber sehr erfreulich, wenn eine österreichische Delegation, die aus Bundesprä­sident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz und mir sowie vielen sehr, sehr wichtigen Kollegen – einige sind auch hier –, ohne die das alles nicht mög­lich wäre, besteht, es dann schafft, ihre Termine, ihre Inhalte unterzubringen. Das ist eine sehr, sehr intensive Woche. Es gab Momente, da war fast surreal, was man er­lebt, aber es ist uns gelungen, viele Termine wahrzunehmen, die aufgrund von man­gelnder Reisezeit bisher nicht zustande gekommen waren. So war es uns möglich, den Außenminister von Brasilien zu treffen, den Außenminister von Mexiko – und das trotz dieser Übergangszeit, in der sich Mexiko zwischen zwei Regierungen befindet.


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Gerade im Hinblick auf das von Ihnen schon erwähnte EU-Afrika-Forum haben Bun­despräsident Van der Bellen und Sebastian Kurz viele Kontakte geknüpft, damit am 18. Dezember eine andere Art des miteinander Handelns, Verhandelns, aufeinander Zugehens auf gleicher Augenhöhe möglich ist.

Wir hatten auch einige gemeinsame Termine, dazu gehört vor allem die Vorsprache bei UN-Generalsekretär António Guterres. Ich selbst habe dann noch rund um die Mit­telmeer-Thematik meine Kollegen aus Libyen und Marokko getroffen und den Gene­ralsekretär der Union für die Mittelmeer-Partnerschaft, bei der ich dann eine Woche später auch war, beziehungsweise auch die neue UN-Hochkommissarin für Menschen­rechte Michelle Bachelet, die gerade ihr Amt angetreten hat. Ich habe ihr damals auch vorgeschlagen, dass ich sie im Zuge eines Besuches eines Untersuchungskomitees des Hochkommissariats für Menschenrechte, die immer wieder Staaten besuchen – wir haben das in Österreich regelmäßig, die Besuche vom Menschenrechtskomitee, vom Folterkomitee et cetera –, begleiten werde und habe sie dann unter anderem in die Sprach- und Wertekurse im österreichischen Integrationsfonds begleitet und bin ihnen dort Rede und Antwort gestanden.

Ich darf jetzt noch kurz auf Syrien eingehen, was einige aktuelle Entwicklungen an­langt. Wir haben einen Außenministerrat, das sogenannte Gymnich-Treffen, den inoffi­ziellen Rat, in Wien ausgerichtet. Sie wissen ja, dass die meisten Räte aufgrund des Vertrages von Lissabon nach Brüssel oder Luxemburg übersiedelt sind. Die inoffi­ziellen Treffen können aber weiterhin anderswo stattfinden. Es gab das inoffizielle Tref­fen der Staats- und Regierungschefs in Salzburg am 20. September, und am 30. und 31. August hatten wir die Außenminister in Wien. Wir haben uns damals sehr dafür en­gagiert, dass Syrien auf die Agenda der Generalversammlung gebracht wird, indem ein eigenes high level segment vorhanden war, mit Präsenz der wesentlichen Regional­mächte und auch Russlands und der USA durch die jeweiligen Sonderbeauftragten für Syrien.

Wir haben im UN-Prozess eine Veränderung erlebt: Staffan de Mistura, der die letzten viereinhalb Jahre diese wichtige Mission wahrgenommen hat, wird jetzt abgelöst von Botschafter Pedersen. Ich hatte mit Staffan de Mistura vor einigen Tagen noch ein Ge­spräch. Er rief mich in einer Art Debriefing zu seiner letzten Reise nach Syrien an. Da­raus geht das vorhin Beschriebene ganz klar hervor, nämlich die Notwendigkeit, sich weiterhin für politische Reformen in Syrien zu engagieren. Das ist einfach das Um und Auf für einen umfassenden Wiederaufbau.

Am 17. September kam es zur Vereinbarung zwischen Russland und der Türkei zu Id­lib. In den letzten drei, vier Jahren kam es zur Rückeroberung durch die syrische Ar­mee von Gebieten, die in die Hände sei es des Islamischen Staates, sei es diverser Oppositionsgruppen, Rebellengruppen, aber auch verschiedenster terroristischer Ver­einigungen – dazu gehört nicht nur der Islamische Staat, dazu gehört eine ganze Reihe von Splittergruppen der Al Kaida, die mittlerweile in die Hunderte gegangen sind – ge­fallen waren. Natürlich sind dabei die wesentlichen Kämpfe über die russische Luft­waffe, die iranischen, libanesischen und schiitischen Milizen erfolgt. Das ist also ein Stellvertreterkrieg im eigentlichen Sinne. Die Milizführer, die wesentlichen Kampfver­bände wurden dabei in den letzten Jahren Richtung Idlib evakuiert. In Idlib haben wir im Moment die prekäre Situation, dass dort die – wenn man so will – Schlimmsten der Schlimmen sind. Die türkischen Spezialkräfte sind im Einsatz – keiner weiß genau, wie sich das abspielt –, um zwischen den einzelnen Verbänden zu trennen und es zu er­möglichen, dass auch dort die aktuelle Feuerpause in irgendeiner Weise in einen grö­ßeren Verhandlungsprozess übergeführt wird.

Ich darf daran erinnern, dass auch in Idlib eine ganze Reihe von EU-Staatsbürgern ist. Das dürfen wir auch nicht vergessen. Das sind die foreign fighters, die Dschihadisten,


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die aus Europa – ob aus Dänemark, Belgien, Österreich oder Spanien – nach Syrien gezogen sind. Die höchste Zahl der foreign fighters kommt aus Tunesien, gefolgt von vielen chinesischen und indonesischen Staatsbürgern. Wir haben sozusagen Kampf­verbände aus der gesamten Welt, die sich in Syrien getroffen und Syrien zerstört haben.

Wir haben im Jahr 2018 für Syrien insgesamt humanitäre Hilfe im Umfang von 16 Mil­lionen Euro geleistet. Davon kamen, wie vorhin gesagt, 4 Millionen aus dem Auslands­katastrophenfonds und 10 Millionen im Rahmen der EU-Türkei-Flüchtlingsfazilität. 2 Mil­lionen wurden aus Mitteln der Austrian Development Agency für den Treuhandfonds für Syrien, auch Madad-Fonds genannt, zur Verfügung gestellt. Wir planen eine Mobilisie­rung von weiteren Mitteln für Entminung und Trinkwasseraufbereitung.

Zum Jemen noch einige genauere Daten: Ich habe unter anderem auch den UNO-Son­derbeauftragten Martin Griffith getroffen, der bedauerlicherweise hinsichtlich eines Treffens der Kriegsparteien in Genf erfolglos war. Wir bedauern das Scheitern dieser Gesprächsrunde und versuchen, Martin Griffith nach besten Möglichkeiten zu unter­stützen.

Der Konflikt im Jemen – Herr Bundesrat Schennach hat es bereits ausgeführt – ist die größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit. 22 Millionen Menschen sind auf humani­täre Hilfe angewiesen – 14 Millionen Menschen sind von einer Hungersnot bedroht.

Sie haben die Protagonistin des Films angesprochen – ich weiß nicht mehr, wie der ge­naue Filmtitel war –, das ist eine beeindruckende kleine Dame. Ich habe diesen Film vor Jahren einmal im Libanon gesehen, dieser Film ist mir auch nicht aus dem Kopf ge­gangen. Wenn man an diese Protagonistin und an einen Jemen denkt, der eigentlich noch „irgendwie“ – unter Anführungszeichen – funktioniert, auch wenn er immer das ärmste Land der arabischen Welt war, fragt man sich bei vielen Menschen, die man ir­gendwann einmal in Damaskus, in Palmyra und wo auch immer getroffen hat, was aus ihnen geworden ist.

Der Chefarchäologe von Palmyra, der gesagt hat, er verlasse seine Ausgrabungen, seine Statuetten nicht, wurde brutalst hingerichtet und seine Leiche wochenlang über dem großen Bogen von Palmyra aufgehängt – sozusagen als Essen für die Aasgeier. Das sind also archaischste, brutalste Methoden, wie man sie vielleicht aus dem einen oder anderen Bericht der römischen Antike kannte, beispielsweise aus dem Umgang mit dem Aufstand der Spartakus-Kämpfer, der Kreuzigung. Kreuzigung findet heute in Syrien wieder statt, und wie gesagt ist der IS zwar territorial besiegt, aber ich befürchte, er wird sich jedenfalls als digitales Kalifat weiter betätigen.

Für den Jemen haben wir einige Mittel vorgesehen, aber wir versuchen, uns auch zur Verfügung zu stellen, was die politischen Lösungen anbelangt.

Ich darf damit schließen, dass ich mich für Ihr Interesse an der Region und an der Ar­beit der UNO-Generalversammlung bedanke. Ich hoffe, dass ich Ihnen bei unserer nächsten Begegnung Konkreteres mitteilen darf, was die Verhandlungslösungen im Je­men und in Syrien anbelangt.

Meine kleine Zuversicht gründet sich darauf, dass Kriege bekanntlich aus Erschöpfung enden. Die Menschen sind erschöpft, aber auch die wesentlichen Financiers, die diese Stellvertreterkriege mittragen. Da ist ein kleiner Funke Realismus eingetreten. Es sind Zermürbungskriege auf dem Rücken der Zivilbevölkerung geworden. Die Menschen sind schon längst erschöpft, aber mögen auch die wesentlichen kriegsführenden Par­teien erschöpfen und sich damit eine gewisse Dynamik entwickeln. Ich habe eine leise Zuversicht, dass diese Dynamik für den Jemen erkennbar ist. Wir werden uns weiter bemühen, dass es zu einem Kriegsmaterialienverbot auf der Arabischen Halbinsel kommt.

Am kommenden Montag haben wir den Jemen als Tagesordnungspunkt im Rat für Auswärtige Angelegenheiten, den ich im Rahmen unserer Tätigkeit als EU-Vorsitzland


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eingefordert habe. Der Jemen war lange nicht auf unserem Radar, vielleicht zuletzt auch deswegen nicht, weil kein einziger Jemenite nach Europa geflohen ist, denn Je­meniten flüchten nach Somalia. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)

10.03


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke, Frau Ministerin.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minu­ten nicht übersteigen darf.

Als Erste gelangt Frau Kollegin Mühlwerth zu Wort. – Bitte.


10.03.59

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Sehr geehrte Gäste, die Sie von daheim per Livestream zuschauen! Danke, Frau Minister, für Ihre klaren Ausführungen, da Sie ja auch eine Kennerin der Region sind. Sie haben ja im­merhin – das können, glaube ich, die wenigsten von uns behaupten, falls es überhaupt jemand kann – auch in diesen Regionen gelebt. Daher weiß man dann auch, wie die Strömungen dort sind und wie die Menschen dort ticken.

Ich sehe das schon so: Das Problem sowohl in Syrien als auch im Jemen – aber das gilt auch für Libyen, das gilt für Algerien, das gilt auch für den Libanon – ist ja nicht, dass man sagen kann, da ist das Regime, das ist böse, dort ist die Opposition, das sind die Guten, sondern da verlaufen die Linien oft genug querdurch.

Man hat es in Syrien gesehen, man sieht es nun auch im Jemen – man hat es im Je­men schon vor Jahren gesehen, weil dieser Konflikt, mit dem wir uns nun beschäftigen, nicht erst seit gestern da ist, sondern schon seit viel längerer Zeit –, dass es Strö­mungen auch innerhalb der Opposition gibt, die zuerst zusammenarbeiten, dann ge­geneinander arbeiten, dann werden Zweckbündnisse geschmiedet und dann bilden sich Splittergruppen, wie es die Frau Minister ja gesagt hat. Die Fronten verlaufen quer durch alle Lager, was es sehr schwierig macht, zu sagen, wo die Guten und wo die Bösen sitzen, denn oft genug sind sie das alle in ein und derselben Person.

Es gibt auch eine Studie über die UN-Vermittlungen von der Stiftung Wissenschaft und Politik vom Juli 2018 unter dem Titel „Mission Impossible?“, die aufzeigt, wie schwierig das ist. In dieser Studie wird wirklich sehr gut beschrieben, wie schwierig es ist, die ein­zelnen Gegner an einen Verhandlungstisch zu bringen, weil eben die Interessenlage so unterschiedlich ist. Natürlich ist es nicht nur die interne Interessenlage, die unter­schiedlich ist, sondern da kommen, wie es die Frau Minister auch schon gesagt hat, noch die Mächte der Region hinzu – der Iran, Israel, die Vereinigten Arabischen Emi­rate oder Saudi-Arabien –, von denen jede wiederum ein eigenes Interesse hat.

Auch wir Europäer dürfen nicht immer so vermessen sein und sagen: So, ihr dort müsst nun Demokratien westlicher Prägung machen, und das muss von heute auf mor­gen passieren! – Wir wollen nicht vergessen, wie lange wir dazu gebraucht haben. Frau Minister Kneissl hat den Westfälischen Frieden von 1648 angesprochen: Wir ha­ben das Jahr 2018, wir haben lange gebraucht, bis wir dort waren, jene demokrati­schen Strukturen zu haben, die wir heute haben, die wir leben und die wir natürlich auch sehr schätzen.

Das heißt, man muss, so finde ich schon, mit einem gewissen Augenmaß an die Dinge herangehen, den Regionen, den Ländern dort helfen, zu dieser Demokratie zu kom­men, aber im Bewusstsein, dass das nur Schritt für Schritt geschehen kann. Zualler­erst – das ist das Wichtigste und das ist ja auch schon von allen angesprochen wor­den – muss dort einmal Frieden herrschen, die Menschen müssen sich sicher fühlen.


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Wir haben auch nichts davon, wenn wir all jene, die unsere Hilfe brauchen – denen wir selbstverständlich helfen –, hier behalten. Das gilt übrigens für Wirtschaftsmigration gleichermaßen, denn in den Ländern, aus denen sie herkommen, fehlen diese Kräfte. In Afrika fehlen über 20 000 Mediziner, 30 000 Pflegerinnen oder wahrscheinlich noch mehr. Das heißt, wir haben nichts davon, wenn diese Länder ausgehungert werden, sie dann keine Lehrer, keine Menschen aus dem Gesundheitsbereich – Ärzte oder Pfleger –, keine Handwerker, aber auch keine Philosophen und Kulturschaffenden mehr haben.

Die Frau Minister hat wirklich sehr gut ausgeführt, welche Anstrengungen das österrei­chische Außenministerium unternehmen wird, da zu einem guten Verhandlungserfolg zu kommen, denn das Wichtigste ist, dass die Menschen in ihre Heimat zurückkehren können, sich dort sicher fühlen und sich am Wiederaufbau des Landes beteiligen kön­nen, damit wir wieder von schönen kulturellen und sicheren Regionen oder Ländern in diesem Raum sprechen können.

Ich glaube, wir können unserer Außenministerin auch vertrauen, dass sie in dieser Hin­sicht alle Anstrengungen unternehmen wird, die nötig sind, damit das gelingen kann. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.09


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.09.43

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Hause und auch via Livestream! Es ist, glaube ich, über die vergangenen Jahrzehnte eine gute Tradition geworden, dass der österrei­chische Bundesrat seinen Blick über den engeren Tellerrand der eigenen Heimat hi­naus bringt, über diesen Tellerrand hinaus die europäischen Entwicklungen im Blick hat, aber natürlich auch auf die Welt nicht vergisst.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich möchte Ihnen ein Kompliment machen: Ihr Auftritt bei der UNO-Generalversammlung in New York hat Österreich großen Respekt auf der Weltbühne verschafft. Das tut Österreich gut, das ist gut für das österreichische Parlament, den Nationalrat und den Bundesrat und verdient, glaube ich, auch in die­sem Hause einen großen Applaus. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich möchte ganz kurz drei Schlaglichter werfen. Schlaglicht Nummer eins ist ein So­wohl-als-auch. Ich glaube, es ist wichtig, auf der Weltbühne den Fokus auf Krisenre­gionen zu richten – es wurde beleuchtet, was sich im Jemen abspielt, und es wurde beleuchtet, was sich in Syrien abspielt –, gleichzeitig aber auch nicht zu vergessen, was sich in unserer näheren Heimat abspielt, womit ich Europa und die Erweiterungs­länder der Europäischen Union meine. Das eine zu tun und das andere nicht zu lassen, ist, glaube ich, ein Handlungsprinzip der österreichischen Bundesregierung und auch dieses Hohen Hauses. Das sollten wir auch weiterhin so tun.

Das zweite Schlaglicht ist die Sicherheit. „A Europe that protects“ ist das Motto der ös­terreichischen Ratspräsidentschaft. Wir wollen in diesem gemeinsamen Europa Sicher­heit auf allen Ebenen schaffen. Wir treten aber auch auf der internationalen Ebene für Frieden in Freiheit ein. Wir treten dafür ein, dass die Menschenrechte berücksichtigt werden. Wir wollen der Rule of Law zum Durchbruch verhelfen. Wir wollen insgesamt diesen Perspektiven durch eine sehr offensive und, glaube ich, kompakte internatio­nale Vertretung durch den Herrn Bundespräsidenten, durch den Herrn Bundeskanzler und durch die gesamte Bundesregierung einen Fokus geben.


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Dazu gehört es, nicht nur Worte zu verwenden, sondern auch Taten zu setzen. Was meine ich ganz konkret damit? – Wir haben uns gestern in der Sitzung des Europa­ausschusses des Bundesrates auch sehr intensiv mit der Entwicklung in diesem ge­meinsamen Europa auseinandergesetzt. Wenn wir wollen, dass wir den Ländern in Südosteuropa, insbesondere am Westbalkan, eine besondere Perspektive geben, dann ist es auch zweckdienlich, da Übergangshilfen zu geben, diesen Entwicklungen zu folgen. Wir haben uns sehr für einen Vorschlag des Europäischen Rates und auch des Europäischen Parlaments ausgesprochen, dies am Beispiel Serbiens, Monte­negros, Mazedoniens und auch Albaniens ganz besonders zu tun und für potenzielle Beitrittskandidaten auch Mittel zur Verfügung zu stellen, was für uns insbesondere für Bosnien-Herzegowina und den Kosovo von Relevanz ist.

Wir haben das skeptischer gesehen – um es nur in einer Klammer zu verwenden –, was die Türkei betrifft, und haben da auch die Linie des österreichischen Kommissars Hahn, die er jüngst dieser Tage auch in Deutschland kundgetan hat, zumindest einver­nehmlich unterstützt.

Auf der anderen Seite aber – Sie haben darauf hingewiesen – gilt es, nicht nur in poli­tischen Verhandlungen auf der Weltbühne – Jemen, Syrien und andere betroffene Län­der – die Probleme anzusprechen, sondern auch konkrete Taten folgen zu lassen. Das hat die österreichische Bundesregierung nun dieser Tage mit dem internationalen Ka­tastrophenfonds getan und mehr als 6,5 Millionen Euro auch für diese Krisenregionen zur Verfügung gestellt. Diese Mittel werden gemeinsam mit den Vereinten Nationen und dem Internationalen Roten Kreuz mobilisiert und zielgerichtet vor Ort eingesetzt.

Das ist, glaube ich, in Summe eine schlüssige internationale Außenpolitik. Dazu möch­te ich der Bundesregierung und Ihnen, Frau Außenministerin, nochmals herzlich gratu­lieren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

10.14


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Doris Hahn zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.14.14

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Galerie! Wir haben ja heute schon sehr viel im Zu­sammenhang mit Syrien und dem Jemen gehört, auch schon auf historischer bezie­hungsweise fast schon auf philosophischer Ebene. Ich möchte aber trotzdem noch einmal in aller Kürze auf die aktuelle Situation vor Ort in beiden Ländern eingehen.

Wir sehen aus diversen Medienberichten, dass sich die Situation im Jemen gerade in den letzten Wochen massiv verschlechtert hat. In Wahrheit leidet das Land – wir haben es heute schon gehört – aktuell unter der schlimmsten humanitären Krise der Welt. Mil­lionen Menschen sind von einer ganz akuten Hungersnot betroffen, mehr als 21 Mil­lionen sind dringend auf Hilfe angewiesen, Zehntausende Menschen haben im Krieg im Jemen seit 2014 bereits ihr Leben verloren, mehr als zwei Millionen wurden vertrie­ben und sind derzeit noch auf der Flucht. Dass die Ermordung des Journalisten Kha­shoggi dann natürlich noch zusätzlich Öl ins Feuer gießt, brauche ich, glaube ich, nicht zusätzlich zu erwähnen.

Der Jemen und vor allem die Menschen im Jemen brauchen aus meiner Sicht dringend einen Waffenstillstand zwischen den schiitischen Huthi-Rebellen und der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition. Aus meiner Sicht könnte ein Waffenembargo für Saudi-Arabien einen wesentlichen Beitrag zur Beendigung des Krieges darstellen.

In Syrien spielt sich eine ganz ähnliche Katastrophe humanitärer Art ab. Der Konflikt, der dort bereits seit sieben Jahren schwelt, ist immer noch eine der zentralen Bedro-


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hungen für Frieden und Sicherheit auf der Welt. Es ist ein Konflikt, der im Grunde als Kampf um die Demokratie und die soziale Gerechtigkeit begonnen hat, der sich aber mit dem Erstarken des sogenannten Islamischen Staats zu einem sehr komplexen Stell­vertreterkrieg entwickelt hat.

400 000 Syrerinnen und Syrer haben in diesem Krieg bereits ihr Leben lassen müssen, über 13 Millionen Menschen – das ist mehr als die Hälfte der syrischen Bevölkerung – sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter – das macht mich ganz besonders be­troffen – alleine fünf Millionen Kinder und Jugendliche. Sechs Millionen Menschen sind in Syrien auf der Flucht, weil sie unter anderem von der Versorgung mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln, Medikamenten und vielen weiteren lebensnotwendigen Gütern ab­geschnitten sind. Beispielsweise können auch zwei Millionen Kinder nicht die Schule besuchen.

Die UNO – das ist ja Thema unserer heutigen Aktuellen Stunde – hat sich immer wie­der um Friedensverhandlungen bemüht. Wie wir wissen, sind aber alle Gespräche un­ter der Leitung der UNO gescheitert, zuletzt erst der Gipfel mit den vier Großen, näm­lich Deutschland, Russland, Frankreich und der Türkei, der ein neuerlicher Anlauf, ein neuerlicher Versuch auf diesem Weg war. Einhelliger Konsens des Gipfels ist zumin­dest, dass eine Voraussetzung die Stabilisierung der Waffenruhe in Idlib ist.

Aus meiner Sicht ist es daher von immenser Bedeutung, dass sich die Vereinten Na­tionen, aber auch die EU, verstärkt für eine langfristige, dauerhafte und eben auch nachhaltige Lösung im Syrienkonflikt einsetzen. Ich glaube, Österreich kann und soll gerade in Zeiten des EU-Ratsvorsitzes einen wesentlichen Teil dazu beitragen. Wann, wenn nicht jetzt, kann sich Österreich da einbringen?

Syrien braucht Hilfe für den Wiederaufbau des Landes – ganz klar –, damit eben ein Leben dort für die Menschen wieder möglich ist. Es geht darum, den Menschen auch wieder Chancen und Perspektiven zu ermöglichen und zu geben.

Ich möchte aber trotzdem noch einmal – wir haben es zwar heute auch schon vom Kollegen Schennach gehört – auf den Migrationspakt eingehen. Das kann ich Ihnen nicht ersparen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Wir haben gehört, dass es eine weltweite Vereinbarung – ein Akkordieren und eine Zielsetzung zu entsprechenden humanitären Hilfsmaßnahmen – ist, die dringend notwendig ist. (Zwischenruf des Bundesrates Kru­sche.– Ja, das hören Sie nicht gerne, aber da müssen Sie jetzt durch! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Ich empfinde nämlich die Haltung der Bundesregierung schlichtweg als heuchlerisch und einfach als unaufrichtig. Zuerst hat es ja auch vonseiten des Bundeskanzlers noch geheißen, dass die Migrationsproblematik von keinem Staat alleine bewältigt werden könne – das war auch seine Aussage. Zudem – wir haben es heute auch schon ge­hört – hat der Kanzler – damals noch als Außenminister – den Pakt selbst mitverhan­delt.

Ich frage mich nun schon, ob er sich dabei entweder nicht ausgekannt hat oder das vielleicht auch nur Scheinverhandlungen gewesen sind. Hat er sich vielleicht von der FPÖ in irgendeiner Form vereinnahmen lassen? War es ein Kniefall vor der FPÖ? – Man weiß es nicht. Fakt ist: Ein teurer, vom Steuerzahler finanzierter Urlaub wird es ja hoffentlich nicht gewesen sein. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Tatsache ist: Es wird da selbst von der Regierungsseite her mit Falschmeldungen ge­arbeitet. Kanzler und Vizekanzler haben beide betont, dass Österreich den Migrations­pakt nicht unterzeichnen wird. Na gut, das kann es auch gar nicht, denn es handelt sich dabei schlicht und einfach um eine Vereinbarung, die nicht unterzeichnet, sondern per Akklamation feierlich angenommen wird. (Bundesrat Köck – auf das rot leuchtende Lämpchen am Rednerpult deutend –: Redezeit ist aus!)


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Ich muss, glaube ich, jetzt gar nicht näher inhaltlich auf den Migrationspakt eingehen. Was ich mich in aller Kürze frage, ist - - (Zwischenrufe der BundesrätInnen Köck und Mühlwerth. – Bundesrat Brunner: Zeit ist aus!) – Eigentlich müsste das in Ihrem Inter­esse sein, denn im Migrationspakt steht genau das, was Sie immer wieder fordern, nämlich die Zusammenarbeit bei der Grenzsicherung, die Verbesserung der Lebenssi­tuation in diesen krisengebeutelten Ländern (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist aber nicht zum Thema!) – den Herkunftsländern –, das Schließen von Rückführungsabkom­men und vieles mehr. Wenn das also nicht in Ihrem Interesse ist, dann weiß ich es auch nicht. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Ich würde sagen, nur weil man die Augen schließt, bedeutet das nicht, dass ein Pro­blem nicht mehr da ist – nur weil man es dann nicht mehr sehen kann. (Weitere Zwi­schenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Wenn die Regierung da also eine Teilnahme verweigert (Bundesrat Köck: Themenverfehlung und Zeitüberschreitung!), so wird dadurch kein ein­ziger Grund für Migration gelöst. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

10.20


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Ewa Dziedzic zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.21.02

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Tatsächlich ist es so, dass es wichtig ist, dass sich der Bundesrat mit außenpolitischen Themen auseinandersetzt und wir heu­te hier darüber sprechen, wie die Situation in Syrien und im Jemen ist, aber auch darü­ber, welche Rolle in dieser Hinsicht Österreich gerade unter der EU-Ratspräsident­schaft einnimmt.

Tatsache ist aber, ich orte schon, dass es seitens der österreichischen Bundesregie­rung eine organisierte Verantwortungslosigkeit gibt, auch wenn die Ministerin uns ver­sichert, dass sie eine gute Rede gehalten hat – sie diese auch noch auf Arabisch be­gonnen hat – und die Stellung Österreichs unter den UNO-Mitgliedstaaten eine sehr hohe ist. Wenn dann auch noch die griechische Mythologie in Bezug auf Syrien be­müht wird, ist alles schön und gut, Tatsache aber ist – auch wenn Sie sich wieder empören –: Das hängt natürlich alles auch mit dem UN-Migrationspakt zusammen. Die internationale Empörung kommt nicht von ungefähr, denn da hat sich Österreich aus der politischen Verantwortung rausgenommen. Das ist einmal Fakt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Wenn wir uns die Zahlen zur Situation in Syrien anschauen: Wir wissen, der Konflikt ist enorm und komplex, er ist nicht nur lokal, sondern auch inter- und transnational. Die­sen zu lösen, wird nicht einfach sein. Wir wissen auch, auf der einen Seite müssen wir mit dem Assad-Regime verhandeln, auf der anderen Seite gibt es keine Zukunft mit diesem Regime dort vor Ort. Für den Jemen gilt etwas Ähnliches, auch dort ist der Konflikt nicht nur enorm komplex – es gibt sehr viele Konfliktparteien, die daran be­teiligt sind –, sondern es handelt sich auch um eine der größten humanitären Katastro­phen – das haben wir schon gehört und darüber sind wir uns einig –, mit der wir aktuell konfrontiert sind.

Sie, Frau Ministerin, haben auch gesagt, bei Syrien waren es 16 Millionen Euro und beim Jemen ist es nun 1 Million. Es ist natürlich gut und wichtig, dass es diese Hilfs­leistungen gibt, aber wenn man das umrechnet, bedeutet das im Fall des Jemen bei­spielsweise nur 7 Cent pro hungernder Person. Wir wissen aber, dass dort mittlerweile alle 10 Minuten ein Kind unter fünf Jahren stirbt. Das heißt, diese Relation kann so auch nicht stimmen.


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Deswegen sind es nicht nur die Hilfsleistungen, die man sich verstärkt anschauen muss, sondern unsere Forderung muss sein – diese deckt sich auch mit dem, was bis­her gesagt worden ist –, ein totales Waffenembargo einzufordern, und zwar wirklich ein totales. Es sollen beispielsweise nicht nur Kriegsmaterialien nicht mehr geliefert wer­den – wie es beispielsweise seit 2016 bei Saudi-Arabien der Fall ist –, sondern es sol­len alle Waffen und alle Materialen, die womöglich nicht unter das Kriegsmaterialge­setz fallen, mit einem Embargo belegt werden. Da könnte man schon noch genauer hinschauen, weil wir wissen, dass nach wie vor genau diese Waffen aus Europa in die­sen kriegerischen Konflikten zum Einsatz kommen. Das heißt, auch dieser Verantwor­tung kommen wir als Europa, als Österreich noch nicht gänzlich nach.

Zurück zum UN-Migrationspakt, weil dieser heute ein paar Mal zitiert worden ist (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth) und dann doch so getan wird, als hätte das alles nichts miteinander zu tun. Ich habe letztens mit einem FPÖ-EU-Abgeordneten disku­tiert, der meinte, wir müssen ja die Symptome bekämpfen. Es ging um das Mittelmeer, es ging um die knapp 2 000 Personen, die heuer, 2018, im Mittelmeer ertrunken sind, und er meinte, wir müssen eben das bekämpfen, dass diese Personen dort noch mehr von Schleppern, von NGOs gerettet werden, weil das natürlich Tür und Tor für weitere Fluchtbewegungen öffnet.

Anstatt sich anzuschauen – da wird sichtbar, wie Ihre Politik ausgelegt wird –, was die Ursachen sind, die die Menschen ins Mittelmeer treiben, anstatt sich anzuschauen, was die Ursachen sind, die zu diesen kriegerischen Konflikten führen und anstatt sich anzuschauen, mit welchen Waffen diese kriegerischen Konflikte unter unserer Mithilfe geführt werden, sagen Sie als österreichische Bundesregierung immer: Wir wollen mit dem insofern nichts zu tun haben, als wir vor Ort nichts ausrichten können, also müs­sen wir einfach nur die Flüchtlinge an den Außengrenzen abhalten, nach Europa zu kommen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat überhaupt keiner gesagt! Das sagt nie­mand!)

Das ist sehr verkürzt, Frau Mühlwerth, das ist allerdings sehr verkürzt. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist einfach falsch!) Sie wissen, dass die Herausforderungen in den nächsten Jahren nicht weniger, sondern mehr werden.

Ein Waffenembargo ist das eine, Hilfsleistungen sind das andere, aber das Dritte ist aktuell tatsächlich die Frage, inwiefern sich die österreichische Bundesregierung aus diesen Konsultationen, aus den Gesprächen mit den UN-Mitgliedstaaten herausnimmt, gerade bei dieser wichtigen Frage der Migration, der Fluchtbewegungen und natürlich auch der Frage der kriegerischen Auseinandersetzungen, die im Kontext dieser Flucht­bewegungen stehen.

Ich glaube, solange die österreichische Bundesregierung diese Wechselwirkung nicht zum Thema macht und solange sie immer nur versucht, die Symptome zu bekämp­fen und sie auch noch für ein bisschen politisches Kleingeld populistisch zu nutzen, kommen wir in dieser Causa überhaupt nicht weiter. Nein, ich unterstelle nicht, dass Sie damit womöglich auch noch bewusst Politik machen. (Zwischenruf der Bundesrä­tin Mühlwerth.)

Tatsache aber ist, wenn Sie sich der Ursachen nicht annehmen, sondern immer nur über die Symptome reden und sich gleichzeitig aber aus wichtigen internationalen Ver­handlungen rausnehmen, die diese Ursachen zum Thema machen und diese bekämp­fen wollen, dann ist es ein bisschen scheinheilig (Bundesrätin Mühlwerth: Ja!), dann ist das ein bisschen verkürzt und dann müssen Sie sich auch gefallen lassen, dass es von der Opposition auch diese Kritik gibt (Bundesrat Krusche: Welche Opposition?), dass es nur halbherzig angegangen wird. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sosehr ich mich wie gesagt freue, dass Sie die griechische Mythologie bemühen oder Brecht zitieren oder die UN-Vollversammlung auf Arabisch begrüßen (Zwischenruf des


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Bundesrates Bader), so wichtig wäre es tatsächlich (Bundesrätin Ecker – auf das rot leuchtende Lämpchen am Rednerpult deutend –: 5 Minuten!), konkrete Maßnahmen zu präsentieren und sich nicht aus diesen internationalen Verhandlungen rauszunehmen.

Ich kann nur wiederholen und vergessen Sie es nicht (Bundesrat Krusche: Und aus!): Die Symptome haben immer eine Ursache, und wenn Sie nur erstere bekämpfen, wer­den Sie zweitere immer dazu nutzen, Politik auf dem Rücken jener Menschen zu ma­chen, die davon betroffen sind. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

In diesem Sinne: Ich freue mich, Frau Ministerin, dass Sie heute im Bundesrat sind. Ich hoffe, Sie kommen öfter. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir auch ein wenig von konkreten Maßnahmen erfahren und nicht nur von Beteuerungen auf der Metaebene. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

10.28


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme hat sich noch einmal die Frau Bun­desministerin zu Wort gemeldet. Ich darf Sie bitten, die 5 Minuten Redezeit nicht zu überschreiten. – Bitte.


10.28.50

Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Karin Kneissl: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ganz konkret und nicht auf der Metaebene: Ich habe vorhin auch schon versucht, darzustellen, was wir im Rah­men unserer Möglichkeiten machen können. Ich darf auf zwei konkrete Punkte einge­hen, zum einen auf jenen von Herrn Bundesrat Schennach, und zwar auf das von Ih­nen angesprochene Kulturgüterschutz-Abkommen. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe jetzt mit meinem Kollegen, dem Leiter des Völkerrechtsbüros, Rücksprache gehalten, und er informiert mich wie folgt: Wir haben die UN-Konvention zum Kulturgü­terschutz, wo also auch Palmyra darunterfallen würde – Sie haben diese auch ange­sprochen. Es gibt die Unesco-Konvention zur Bekämpfung von illegalem Handel mit Kulturgütern, da war Österreich lange nicht mit dabei, ist aber 2015 beigetreten. – Ha­ben Sie auf diese hingewiesen? (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) – Nicht? Dann meinen Sie vielleicht die Unidroit-Konvention über den illegalen Export von Kul­turgütern? Geht es um die? (Bundesrat Schennach: Europarat!) – Europaratskonven­tion?

Die Europäische Kommission hat eine Verordnung zum Verbot der illegalen Einfuhr; aber eine Europaratskonvention? – Vielleicht können Sie da noch einmal eine Anfrage stellen, und ich werde Sie Ihnen dann gerne schriftlich beantworten. Es war jetzt nicht ganz klar, von welcher Konvention genau die Rede ist, weil sich unter diesem breiten Titel sehr viele Rechtsakte finden, und bei einigen sind wir aktiv dabei, eben gerade auch, was das Verbot des Handels mit illegalen Kulturgütern auf europäischer Ebene anbelangt – da sind wir federführend mit dabei.

Ich darf zum bereits mehrfach angesprochenen Global Compact for Migration Stellung nehmen: Am 13. Juli nahm die europäische Delegation bei den Vereinten Nationen in New York zum technisch verhandelten Text – es waren auf Beamtenebene jeweils verschiedene Ressorts der damals mitverhandelnden Staaten eingebunden – wie folgt Stellung: Wir haben einen nicht perfekten Text, den wir nun nach den technischen Ver­handlungen unseren Regierungen vorlegen. – Das heißt, es war klar, dass im Laufe des Spätsommers/Herbstes eine politische Debatte beginnen würde.

Diese politische Debatte haben wir in Österreich seit Mitte August – so war ich zumin­dest involviert – geführt, und diese politische Debatte hat zum Ministerratsvortrag von


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letzter Woche geführt, wo wir im Einvernehmen mit den zuständigen Ressorts Folgen­des vorgetragen haben: Österreich enthält sich im Votum bei der UNO-Generalver­sammlung, wenn über diesen Pakt abgestimmt wird.

Warum? – Wir sind mit 17 von 23 Punkten nicht einverstanden, weil sie im Wider­spruch zum österreichischen Regierungsübereinkommen stehen. Sie haben zu Recht erwähnt, es gibt Aspekte, hinter denen wir stehen – es sind 23 Punkte –, aber es gibt viele Aspekte, zu denen wir nicht stehen können.

Ich hatte erst letzte Nacht bis 22 Uhr eine Livedebatte auf Al Jazeera, und auch bei dieser musste ich feststellen, dass Begriffe wie Flüchtling im Sinne der UN-Flücht­lingskonvention und Migrant verwechselt werden. Wir haben einen UN Global Compact on Refugees, also für Flüchtlinge, und wir haben einen UN Global Compact für Migra­tion. Mir ist gestern in dieser Debatte – es war ein Liveinterview bis 22 Uhr – sehr wohl bewusst geworden, dass der Moderator – der mit einem riesigen Team gekommen ist, nämlich 20 Leute, die für so eine Sendung von Doha nach Wien fliegen; was für eine Investition – die wesentlichen Begrifflichkeiten verwechselt.

Wir sind mit vielen Punkten dieses Compact nicht einverstanden. Es ist nicht öster­reichspezifisch, dass darüber eine Debatte geführt wurde. Wir haben diese Debatte mit dem Ministerratsvortrag abgeschlossen. Im Moment wird in der Schweiz eine sehr in­tensive Debatte darüber geführt; es findet auch in Deutschland, wenn Sie das verfol­gen – es wurden CSU, CDU und so weiter erwähnt –, eine öffentliche Debatte statt und sie wird wahrscheinlich auch in den Deutschen Bundestag getragen werden.

Daher: Im Sinne unserer aktiven Beteiligung in der UNO können wir uns letztendlich über andere Konventionen bei vielen dieser Themen einbringen, aber eben nicht in die­sem Fall, bei dem es einfach in die Richtung einer Fortentwicklung des Völkerrechts geht, die wir nicht mittragen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.33


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank, Frau Bundesminister, ein Danke auch für Rede und Antwort in der Aktuellen Stunde.

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

10.33.50Einlauf und Zuweisungen


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfäl­tigten und verteilten Anfragebeantwortungen,

der Mitteilungen des Landtages Steiermark und des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht beziehungsweise Wahl eines Mitglieds und von Ersatzmit­gliedern des Bundesrates,

der Schreiben des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Auf­enthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Euro­päischen Union

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sit­zung angeschlossen werden.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und de­ren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen, die dem Steno­graphischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:


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(siehe auch S. 10)


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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Eingelangt sind Schreiben des Verbin­dungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Bundesminister für Inneres Herbert Kickl vom 7. bis 10. November in den USA bei gleichzeitiger Be­auftragung von Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Kneissl mit seiner Vertretung, wobei er seine Angelegenheiten im Bundesrat am 8. November von Staatssekretärin Mag. Edtstadler wahrnehmen lässt, und den Aufenthalt von Bundes­minister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Moser in den USA bei gleichzeitiger Beauftragung am 6. beziehungsweise von 8. bis 13. November von Bun­desministerin für Frauen, Familien und Jugend Dr. Bogner-Strauß und am 7. Novem­ber von Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer mit seiner Vertretung.

*****

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die Gegenstand der heuti­gen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

*****

Ich gebe bekannt, dass der von den Bundesräten David Stögmüller und Dr. Ewa Dziedzic gestellte Entschließungsantrag betreffend „Ausbildung statt Abschiebung“ nur zwei Unterschriften trägt und somit nicht genügend unterstützt ist.

Ich stelle daher die Unterstützungsfrage und bitte jene Bundesrätinnen und Bundes­räte, die diesen Antrag zusätzlich unterstützen wollen, dies also nicht bereits mit ihrer Unterschrift zum Ausdruck gebracht haben, um ein Handzeichen. – Durch die zusätz­liche Unterstützung ist der gegenständliche Antrag als genügend unterstützt anzuse­hen und wird dem Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zugewie­sen. (Bundesrat Todt: Es genügt einer!)

*****

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Wahl von Mitglie­dern und Ersatzmitgliedern des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalra­tes und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Aufgrund eines mir zugekommenen Vor­schlages beabsichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4 sowie 8 und 9 und 10 und 11 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt jemand dagegen Einspruch? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die Tagesordnung ein.


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10.36.591. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft be­züglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft (112 d.B. und 318 d.B. sowie 10033/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat von Bosnien und Herzegowina über Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wis­senschaft, der Jugend und des Sports (114 d.B. und 319 d.B. sowie 10034/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Erklärung über die Zurückziehung der österreichischen Erklärung zu Art. 5 des Übereinkommens ge­gen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behand­lung oder Strafe (145 d.B. und 320 d.B. sowie 10035/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kuba andererseits (237 d.B. und 321 d.B. sowie 10036/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu den Tagesord­nungspunkten 1 bis 4, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter ist Bundesrat Christoph Längle. – Ich bitte um die Berichte.


10.38.16

Berichterstatter Christoph Längle, BA: Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizeri­schen Eidgenossenschaft bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüber­schreitenden Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich darf daher zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Dann komme ich zum Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat von Bosnien und Herzegowina über Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissen­schaft, der Jugend und des Sports.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich darf daher zur Antragstellung kommen.


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Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich komme weiters zum Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Erklärung über die Zurückziehung der österreichischen Erklärung zu Art. 5 des Übereinkommens ge­gen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich darf daher gleich zur Antragstel­lung kommen.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme nun zum Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kuba andererseits.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenso schriftlich vor, ich komme daher auch diesbezüglich gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben sowie

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gottfried Sperl. Ich erteile es ihm.


10.41.33

Bundesrat Gottfried Sperl (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause vor dem Livestream! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich auf das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidge­nossenschaft bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft.

So ein Abkommen hat es bereits 2008 gegeben, aber dieses Abkommen beschränkte sich im Wesentlichen auf den Austausch von Informationen. Ein Einflug eines Militär­luftfahrzeugs in das jeweils andere Hoheitsgebiet war damals nicht vorgesehen und verboten. Dieses Abkommen wurde nun vertieft und erweitert. Zuständig ist das Bun­desministerium für Europa, Integration und Äußeres. Für die Umsetzung des Abkom­mens ist das Bundesministerium für Landesverteidigung zuständig.

Diese Maßnahmen umfassen natürlich auch wieder den Austausch von Informationen, aber auch die Identifikation. Identifikation heißt, dass ein Luftfahrzeug, das unberech-


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tigt oder ohne Anmeldung unterwegs ist, auch entsprechend überwacht, verfolgt, visu­ell identifiziert und begleitet wird und eventuell ein Nachweis erstellt werden muss.

Diese Verfolgung hätte bis jetzt vor der Grenze frühzeitig abgebrochen werden müs­sen, weil ein Einflug in das andere Staatsgebiet nicht möglich war. Das ist jetzt mög­lich, wie auch Maßnahmen zur Intervention im jeweils anderen Staatsgebiet möglich sind, wie die Aufforderung zur Änderung der Flugroute oder ein Landezwang auf einem bestimmten Flugplatz.

Ein Waffeneinsatz im jeweils anderen Land ist nicht vorgesehen und verboten. Was aber zum Beispiel in der Nacht eingesetzt werden kann, sind sogenannte Infrarotlock­ziele zur Kenntlichmachung. Allerdings können wir das in der Nacht nicht einsetzen, weil wir ja unsere Luftraumüberwachungsflugzeuge dank des Darabos-Deals so aus­gerüstet haben, dass wir das nicht können.

Den Einsatz führt grundsätzlich die jeweilige Einsatzzentrale. Das heißt, die Flugzeu­ge – auch unsere, wenn sie in das schweizerische Hoheitsgebiet einfliegen – werden durch die österreichische Einsatzzentrale geführt, bis sie eben entweder an die dorti­ge militärische Organisation übergeben werden oder bis der Einsatz vor Ort beendet wurde.

Vorgesehen sind auch temporäre Flugbeschränkungen und Luftsperrgebiete, die eben zeitweise notwendig sind. Besonders beim World Economic Forum in Davos, beim G-8-Gipfel oder – wie es auch letztens in Innsbruck der Fall war – bei europäischen Gipfeln werden sogenannte temporäre Flugbeschränkungs- und Luftsperrgebiete eingerichtet.

Natürlich werden diese auch überwacht, wozu man dann auch die entsprechenden Mit­tel benötigt. Die Schweiz zum Beispiel steckt in nächster Zeit in etwa 8 Milliarden Fran­ken in die Luftraumüberwachung. Wir werden sehen, was bei uns noch kommt. Ich bin guter Hoffnung und überzeugt davon, dass unser Herr Bundesminister Kunasek die entsprechenden Mittel für die Verbesserung und Nachbesserung der Luftraumüberwa­chung erhält. (Ruf bei der SPÖ: Das ist kein Vorsprechen!)

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es ein sehr gutes Abkommen ist, das zur Förderung der Zusammenarbeit in Europa, insbesondere zwischen neutralen Staa­ten, geeignet ist. Es gibt bereits solche Abkommen. Die Schweiz hat schon mit Italien und Frankreich solche Abkommen. Es ist auch geplant, dass Österreich zu weiteren solchen Abkommen Verhandlungen aufnimmt, beziehungsweise hat Österreich sie schon aufgenommen, wie zum Beispiel mit Deutschland.

Abschließend möchte ich mich bei meinen Kameraden der Militärluftfahrt bedanken, die immer für unsere Luftfahrtsicherheit, für die Sicherung unserer Lufthoheit, für die Sicherheit unseres Staates im Einsatz sind. Sie wissen ja auch, diese und nächste Woche werden wieder Übungen mit den Eurofightern – auch im Überschallbereich – durchgeführt. Ich möchte mich daher einmal bei meinen Kameraden sehr herzlich für ihren Einsatz bedanken! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.46


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.


10.46.45

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer! Mein Vor­redner, Bundesrat Sperl, hat dankenswerterweise die Einzelheiten des Abkommens mit der Schweiz schon dargelegt; so möchte ich mich auf den Satz beschränken, dass ich dieses Abkommen auch deswegen für besonders halte, weil es zwischen zwei neutra-


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len Staaten abgeschlossen worden ist, wobei einer ein Nicht-EU-Land ist und einer – wir – ein EU-Mitglied. Das war in den Verhandlungen eine vielleicht doch nicht ganz einfache Sache.

Ich möchte mit dieser Regelung auch die Hoffnung verbinden, dass die Luftraumüber­wachung Zentral- und Südosteuropas vielleicht in absehbarer Zeit ebenfalls einer ver­trauensvollen Regelung zugeführt werden kann. Damit wäre dem Sicherheitsbedürfnis für den Luftraum in jeder Weise entsprochen.

Ich darf zum Tagesordnungspunkt 4, der ja hier auch mitdebattiert wird, kommen, dem Abkommen über den politischen Dialog und die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit Kuba. Dieser Vertrag wurde bereits 2016 in Brüssel unterzeichnet. Es ist das erste Abkommen dieser Art. Es soll die Konsolidierung und die Stärkung der Ver­bindungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten mit Kuba bringen und in mannigfachen Be­reichen dem politischen Dialog, der Zusammenarbeit und dem Handel dienen.

Die Modernisierung der kubanischen Wirtschaft und Gesellschaft soll unterstützt wer­den, wobei bilateral und in internationalen Gremien zusammengearbeitet werden soll, um die Menschenrechte und die Demokratie zu stärken. Weiters sollen damit auch die nachhaltige Entwicklung und die Bekämpfung der Diskriminierung verbessert werden.

Nach der kommunistischen Machtübernahme seinerzeit wurde das Land ja weitgehend isoliert. Wir haben im Laufe der vergangenen Jahrzehnte gesehen, dass diese inter­nationale Isolierung dem Land und seinen Menschen geschadet hat. Jede Entwicklung in Kuba wurde durch Fidel Castro und Co unterbunden. Nun spürt man den Aufwind im Land, deshalb ist dieser Dialog in jeder Weise zu begrüßen.

Betreffend den Beschluss des Nationalrates zur Zurückziehung der vor mehr als 30 Jah­ren abgegebenen österreichischen Erklärung zu Artikel 5 des UNO-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe darf ich darauf hinweisen, dass Österreich natürlich nach wie vor an seinen diesbezüglichen Grundsätzen festhält, dass aber aufgrund von Bestimmungen im ös­terreichischen Strafgesetzbuch diese Erklärung überholt beziehungsweise überflüssig geworden ist, denn in den Strafgesetznovellen 2012 und 2014 haben wir sichergestellt, dass in Österreich Folter auch dann strafbar ist, wenn sie in einem anderen Land be­gangen worden ist. Es handelt sich dabei um eine Formalität, der der Nationalrat ent­sprochen hat. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

10.50


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank. – Als Nächster ist Herr Bun­desrat Stefan Schennach zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.


10.50.39

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Frau Bundesministerin! Kollege Sperl, ich muss Sie ganz kurz korrigieren. Sie waren ein bisschen zu euphorisch. Dieses Abkommen hat nämlich gar nichts mit mili­tärischer Bedrohung zu tun, das ist eine rein polizeiliche Maßnahme. Dieses Abkom­men umfasst keine Abwehr in militärischer Hinsicht.

Es ist ein luftpolizeiliches Abkommen, so wie wir es im Rahmen der Europäischen Uni­on im Grunde mit allen Nachbarstaaten vereinbart haben: Zum Beispiel kann die slo­wenische Polizei natürlich nach Kärnten einreisen, um einen Tatverdächtigen zu verfol­gen; die österreichische Polizei kann nach Tschechien einreisen, um einen Tatver­dächtigen zu verfolgen. Das gehört alles zum Bereich der polizeilichen Zusammenar­beit. Insofern begleitet Österreich ein verdächtiges Flugzeug in die Schweiz oder die Schweiz nach Österreich und übergibt sozusagen die Beobachtung, die luftpolizeiliche


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Aufgabe, dem jeweils anderen Staat, aber begleitet sozusagen das verdächtige Objekt über die Grenze hinweg.

Wir werden heute allen vier Vorlagen zustimmen – kommen wir gleich zur zweiten. Wie Sie ja alle wissen, ist Bosnien eine Herzensangelegenheit von mir. Dass wir nun ein ei­genständiges Abkommen auf dem Gebiet der Kultur, Bildung und Wissenschaft haben, das das alte jugoslawische Abkommen ablöst, halte ich für besonders wichtig, vor al­lem, wenn der Versöhnungsgedanke und die Versöhnungskultur darin mitberücksich­tigt werden. Es ist gut, dass Österreich geholfen hat, die im Krieg völlig zerstörte Bib­liothek wieder zu errichten.

Es gibt aber auch andere Möglichkeiten der intensiven Zusammenarbeit. In der Aus­schusssitzung habe ich auch etwas angeregt, was sich ja Bosnien ganz stark wünscht, nämlich eine Zusammenarbeit mit dem ORF. Bosnien will nicht nur mit der BBC, son­dern auch mit dem ORF vor allem in der Ausbildung und der Frage, wie man in einem Land, in dem der Krieg so viele Menschen getötet und Ethnien entzweit hat, das ent­sprechend aufarbeiten kann, zusammenarbeiten.

Ich glaube, aus österreichischer Sicht wäre es, was die Versöhnungskultur betrifft, viel­leicht noch ganz interessant, ein spezielles Augenmerk auf Mostar zu legen. Mostar ist nämlich sozusagen die Stadt, in der nichts funktioniert – nicht einmal im komplizierten System Bosniens. Es musste auch der Stadtrat aufgelöst und das Budget von föderaler Seite her gemacht werden. Das Einzige, das in Mostar existiert und funktioniert, ist ei­ne Schule, und diese Schule wurde zufälligerweise – oder nicht zufälligerweise – vom Europarat hingestellt, um dieses multiethnische Element zu bewahren.

Kommen wir zur uneingeschränkten Akzeptierung und Annahme der UN-Antifolterkon­vention nach über 30 Jahren. Das ist wirklich ein berührender Augenblick, weil es so­zusagen auch unsere Möglichkeit vergrößert, international zu agieren. Auf europäi­scher Ebene haben wir das CPT, das Komitee zur Verhütung von Folter und un­menschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. Das CPT-Komitee hat Ös­terreich zuletzt 2014 und davor 2009 kontrolliert. Da geht es nicht nur um polizeilichen Gewahrsam oder um Gefängnisse, sondern unter diese Kontrolle fallen zum Beispiel auch psychiatrische Anstalten oder Pflegeheime.

Vor zwei Jahren ist das österreichische Mitglied im CPT wiedergewählt worden. Diese CPT-Berichte gehen an die Regierung, und die Regierung kann dazu Stellung nehmen. Sie sollten dann – was Österreich auch tut – tunlichst veröffentlicht werden. Wir gehö­ren also nun zu den 146 Staaten, die die UN-Antifolterkonvention vollinhaltlich ratifiziert haben.

Frau Bundesministerin, Sie haben vorhin in Ihrer Replik über das Entminen gespro­chen. Das kann man auch bei Bosnien oder dem Kosovo anwenden. Sie haben aber recht, das betrifft jeden Konflikt. Ich komme gerade aus dem Krisengebiet der Ost­ukraine, wo ich mir die Entminungskommandos angesehen habe. Ich war ein bisschen nachdenklich und traurig, dass Österreich nicht unter jenen vielen ist, die das unter­stützen. Da ist die Schweiz, da ist Deutschland, da ist das ferne Korea, da ist das Ver­einigte Königreich, da ist Japan. Sehr bemerkenswert ist, dass es zu zwei Dritteln Frauen sind, die das machen – die Verfassung der Ukraine musste geändert werden, damit Frauen entminen dürfen –, und zu einem Drittel Männer. Ich denke, Österreich sollte da auch einen Beitrag leisten, denn es ist ja nicht sehr weit von Österreich ent­fernt.

Was Bosnien betrifft – und auch im Kosovo ist es so –, war das Problem immer das, dass die österreichischen Soldaten sagen, sie wären zwar super ausgerüstet zum Ent­minen, aber sie haben keinen Auftrag, sie dürfen nicht. Sie haben super Entminungs­roboter zum Beispiel in Prizren, aber sie dürfen sie nicht einsetzen.


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Was die Ostukraine betrifft, möchte ich nur daran erinnern, dass zwei OSZE-Beob­achter an so einer Falle gestorben sind, denn Minen töten, wenn die Waffen schwei­gen – das haben wir gerade am Westbalkan gesehen, das passiert aber auch in allen anderen Konfliktgebieten. Deshalb ist es so wichtig, sich – wo auch immer – an Entmi­nungsprogrammen zu beteiligen, denn diese Minen treffen in erster Linie spielende Kinder oder jene, die der Landwirtschaft nachgehen. Das ist etwas, das ich nur unters­treichen kann. Ich freue mich daher, dass die Außenministerin das Wort Entminen ex­tra betont hat.

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen, Frau Bundesministerin: Sie haben in Ihrem Ministerratsvortrag etwas, glaube ich, ein bisschen zu positiv gesehen, denn Sie haben gesagt, Ägypten bemühe sich als Gastland, die Flüchtlinge bestmöglich zu integrieren und zu unterstützen, die Kinder aus Syrien und dem Sudan nehmen am Unterricht in den öffentlichen Schulen teil. – Ich wage zu behaupten: Das kann so nicht ganz stim­men.

Angesichts der Bevölkerungsentwicklung braucht Ägypten selbst schon 44 000 neue Schulklassen pro Jahr, sie haben aber nicht einmal den Grundstock an Schulklassen. Dass noch zusätzlich jedes Jahr 44 000 Schulklassen eingerichtet werden und noch dazu die Flüchtlinge aus dem Jemen und aus Syrien betreut werden, glaube ich schlichtweg nicht, weil nicht einmal die Kinder von Ägyptern beziehungsweise die, die in Ägypten aufwachsen, diese Möglichkeit haben. 44 000 Schulklassen pro Jahr: Man stelle sich das nur in Österreich vor – das ist unmöglich! Insofern glaube ich, das war etwas zu positiv dargestellt.

In diesem Sinne: Wir werden allen vier Vorlagen zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

10.59


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke. – Als Nächster ist Herr Bundesrat David Stögmüller zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.


10.59.37

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr geehr­te Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde es kurz zusam­menfassen, weil sich doch noch einige Rednerinnen und Redner zu diesem Punkt ge­meldet haben.

Wir Grüne werden dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schwei­zerischen Eidgenossenschaft zustimmen. Es geht um eine Verbesserung der Luftüber­wachung – der Kollege hat es schon erwähnt –, es geht um nichts Militärisches. Das kann man begrüßen, das ist gut.

Das bilaterale Abkommen mit dem Ministerrat von Bosnien und Herzegowina in den Bereichen der Kultur, Bildung, Wissenschaft, der Jugend und des Sports kann man ebenso begrüßen. Es ist ein gutes Abkommen, gerade weil es in Zukunft auch einen Fokus auf Bildung, auf den Ausbau von Bibliotheken, Museen und Ausstellungen ge­ben soll. Ich glaube, das ist sehr positiv.

Die UN-Antifolterkonvention ist zweifelsohne ein wichtiger Vertrag, hier hat sich Öster­reich bereits vollinhaltlich verpflichtet. Das hat natürlich auch unsere volle Unterstüt­zung. Es ist auch gut und wichtig, dass wir ab jetzt mit Ländern diplomatische Gesprä­che führen, Verhandlungen führen, reden, gerade dort, wo es noch immer menschen­rechtliche Bedenken gibt.

Das bringt mich zum letzten Punkt dieser Abkommensreihe, nämlich zum Abkommen über den politischen Dialog und die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Uni­on und Kuba. Es ist natürlich großartig, wenn der Dialog zwischen den Vertragspart-


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nern ausgebaut werden soll. Ich finde das natürlich auch von der grünen Seite her großartig, wenn in Kuba erneuerbare Energie ausgebaut wird, wie es gemacht worden ist, und die Europäische Union dafür Gelder zur Verfügung stellt. Das ist natürlich groß­artig. Dennoch – das muss man schon unterstreichen – hat Kuba, auch wenn es jetzt den Weg Richtung „Kapitalismus“ – überspitzt gesagt, unter Anführungszeichen – geht, worin aktuell sicher der Anreiz für die Regierung liegt, einen ganz weiten Weg hin zu einer Demokratisierung. Ich glaube, das ist allen, die sich damit auseinandergesetzt haben, klar. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat die Grünen doch bisher nicht gestört!)

Wir werden heute diesem Abkommen natürlich zustimmen, dennoch soll es uns bei solchen Verträgen nicht nur um Handelsverträge gehen und darum, dass wirtschaftli­che Angleichung stattfinden soll, sondern um den Dialog, damit wir demokratische Strukturen in den Ländern etablieren, damit die Menschenrechte, die Grundrechte wie die Pressefreiheit etabliert werden und Gewerkschaften und politische Parteien dort entstehen und etabliert werden können. Diese Punkte sind nämlich nach wie vor in Ku­ba noch nicht möglich, noch nicht vorhanden.

Trotz der neuen Verfassung – die wurde erst vor ein paar Wochen, ich glaube, im Juli/August, im Sommer beschlossen – sind diese Punkte in Kuba weiterhin tabu. Den­noch ist Kuba in einigen Punkte aber – das muss man anmerken, wenn man sich die Verfassung durchliest – weiter als Österreich, zum Beispiel bei der Ehe für alle. Dort ist das bereits in der Verfassung enthalten, in Österreich tritt es sehr wahrscheinlich oder ganz sicher nächstes Jahr in Kraft.

Die einzige legale Partei – und das muss man schon kritisieren – in Kuba ist die Kom­munistische Partei Kubas. Sie behält auch weiterhin die führende Rolle in der Staats­wirtschaft. Das muss man auch bedenken, wenn wir von Handelsabkommen und Han­delsverträgen mit diesen Ländern reden. Wir finden es gut, dass die Europäische Uni­on und Österreich wirklich versuchen, Kuba etwas zu öffnen. Mein Appell: Es muss sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch bei der Demokratisierung des Landes etwas bewegen.

Wir werden heute allen Abkommen zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrä­tInnen von ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

11.03


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile es ihr.


11.03.47

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das waren jetzt schon in­teressante Aussagen zu Kuba von Kollegen Stögmüller. (Bundesrat Stögmüller: Was?) Che Guevara war doch immer das Idol der Grünen, und dass dort der Kommunismus geherrscht hat, war den Grünen gar nicht einmal unrecht. (Bundesrat Stögmüller: Soll ich jetzt deine Idole aufzählen?) Und jetzt gibt es diese Distanzierung von sich selbst? – Sehr interessant!

Herr Kollege Stögmüller, vielleicht können wir dann einen gemeinsamen Antrag schaf­fen, dass wir in Wien das Che-Guevara-Denkmal entfernen. Uns ist das ja schon im­mer ein Dorn im Auge gewesen, aber da Sie ja jetzt auch auf diesen Spuren wandeln, könnten wir vielleicht einen gemeinsamen Antrag machen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Eigentlich wollte ich zu Bosnien-Herzegowina sprechen, weil das Thema heute in der Aktuellen Stunde ja auch schon gezeigt hat, dass es – nicht ganz so schlimm wie in


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Syrien, Jemen oder im Irak, in Afghanistan oder Libyen – solche Dinge auch in Europa gibt, und zwar vor unserer Haustüre.

Der Jugoslawienkrieg ist Gott sei Dank schon lange vorbei, dennoch ziehen sich dort immer noch Sprünge durch die Ethnien. Wir haben die Republika Srpska, wir haben da die Kroaten, wir haben dort die Serben. Das ist immer noch eine sehr heikle und diffi­zile Angelegenheit. Die freiheitlichen Bundesräte haben vor drei Jahren Bosnien und Herzegowina besucht, um sich das dort einmal anzuschauen. Es war eine sehr inter­essante Reise, sehr gut begleitet auch von einem Vortrag zum Jugoslawienkrieg von Verteidigungsattaché Pesendorfer. Das war wirklich hochinteressant, und man hat schon auch gesehen – auch wenn die Stadt, wenn man durchgeht, ein friedliches Bild zeigt –: Man hat da den europäischen Teil, man hat dort den muslimischen Teil, es trennt sich immer mehr. Man hat immer gesagt: Wie toll, da können die Minderheiten und auch die Religionen ganz gut miteinander leben!, doch das ist oft nur ein Schein­bild, das da gezeigt oder geboten wird.

Daher finde ich dieses Abkommen mit Bosnien und Herzegowina ganz besonders wichtig, gerade auf dem Gebiet der Kultur und der Wissenschaft einen Austausch mit Schulen und Übungsfirmen zu haben, damit ihnen die Möglichkeit gegeben wird, in ihrer Demokratie voranzukommen, in der Bildung ihres Staates, im gemeinsamen Zu­sammenleben und auch bei der Bekämpfung von Korruption – denn diese gibt es na­türlich nach wie vor –, auch was die Rechtsstaatlichkeit anbelangt und so weiter.

Das sind immer noch Baustellen, die übrigens am ganzen Balkan zu finden sind. Wir haben ja erst gestern im EU-Ausschuss des Bundesrates über die Rolle des Balkans gesprochen, und da ist halt Bosnien und Herzegowina eine spezielle und heiklere Re­gion als manch andere. Es verbindet uns natürlich auch noch eine viel engere Ge­schichte als mit dem restlichen Balkan, weil ja Bosnien-Herzegowina zwar annektiert, aber trotzdem einmal Teil des Habsburgerreiches war und auch wir ein Teil dieses Rei­ches waren. Das heißt, auch diese Geschichte verbindet uns, und daher finde ich ne­ben allen anderen Abkommen, wie es meine Vorredner ja schon gesagt haben, auch dieses Abkommen besonders wichtig für beide Seiten. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

11.07


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile es ihr.


11.07.52

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir haben heute schon sehr viel über diese vier Abkommen gehört. Auch unsere Frak­tion wird vorbehaltlos zustimmen, da wir alle vier Abkommen wichtig und notwendig für die Zusammenarbeit und für das gedeihliche Miteinander in unserem Europa finden.

Auch mir war neben dem Abkommen von Österreich und der Schweiz dieses Abkom­men mit Bosnien und Herzegowina ein wichtiges. Monika Mühlwerth hat schon einiges vorweggenommen. Ich glaube, dass nur dieses Miteinander gerade in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Jugend und Sport dazu führt, dass, wie Kollege Schennach schon gesagt hat, eine Versöhnungskultur stattfinden kann und wird.

Wenn man sich vor Augen führt, dass wir hier in Österreich ungefähr 95 000 bosnische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger haben und in etwa 160 000 Menschen, die aus dieser Region kommen, wissen wir schon, dass das keine kleine Minderheit ist.

Hier geht es jetzt konkret um die Zusammenarbeit auf hochschulischer und auf schuli­scher Ebene, aber auch auf dem Gebiet der Frauenangelegenheiten und Gleichstel-


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lung, was mir natürlich auch ganz speziell wichtig ist. Das Abkommen ermöglicht eine verstärkte Zusammenarbeit von Bibliotheken, Archiven, Museen und Einrichtungen des Denkmalschutzes und bei künstlerischen Auftritten und Ausstellungen.

Da geht es natürlich wieder um das geeinte und friedliche Europa. Es ist ja Gott sei Dank schon einiges geschehen. Wir hatten 2016 das Kulturjahr Österreich und Bos­nien-Herzegowina, wo es verschiedenste geförderte Veranstaltungen gegeben hat, bei denen kultureller Austausch und Dialog erfolgten.

Wie Bundesrätin Monika Mühlwerth ja schon gesagt hat: Wir haben eine lange und tie­fe Vergangenheit mit diesen Staaten in Südosteuropa. Das kann man ja nicht einfach so wegwischen. Darum haben gerade wir als Österreicherinnen und Österreicher eine besondere Aufgabe, aktiv zu werden.

Mir ist noch wichtig, anzuführen, dass die Europäische Union ein Friedensprojekt ist. Ich glaube, das können wir nicht oft genug betonen. Gerade jetzt während der Präsi­dentschaft Österreichs zeigt sich, dass ein starker Fokus darauf gelegt wird. Es gibt verschiedenste Veranstaltungen. Wir hatten ja zuletzt auch eine sehr interessante Ver­anstaltung – Kollege Buchmann war auch dabei – hier im Parlament: „Die Erweite­rungsperspektive für den Westbalkan – die Rolle der Parlamente“. Präsident Wolfgang Sobotka hat eingeladen, Norbert Lammert war hier. Wir hatten Abgeordnete der fran­zösischen Nationalversammlung, Mitglieder des Europäischen Parlaments, auch einen Professor für südosteuropäische Geschichte hier. Da wurde schon sehr intensiv disku­tiert. Es kam heraus, dass es keinen raschen EU-Beitritt geben wird, wir aber diesen Ländern Perspektiven für eine Annäherung geben müssen. Da geht es ja wieder um Zusammenarbeit und Dialog. Ich glaube, da können wir alle nur gemeinsam schauen, dass wir das gut weiterbringen.

Das zu diesem zweiten Abkommen zu betonen war mir besonders wichtig. Die ande­ren zwei sind ohnehin schon kurz erklärt worden. Es freut mich, dass wir hier im Haus einen gemeinsamen Konsens haben. Das zeigt, dass der Bundesrat wirklich geschlos­sen vorgeht, wenn es um diese wichtigen Themen des nationalen und internationalen Miteinanders geht. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.12


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile es ihr.


11.12.19

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Ge­schätzte Herren und Damen Minister! Ich darf mich kurz zum Tagesordnungspunkt 4 äußern, also zum Beschluss des Nationalrates bezüglich des Abkommens mit Kuba.

Wie mein Kollege auch schon ausgeführt hat, werden wir natürlich auch diesem Ab­kommen unsere Zustimmung erteilen. Wir sehen das Abkommen, das ja im Wesentli­chen auf den drei zentralen Säulen beruht, nämlich Stärkung des politischen Dialogs, der Kooperation und der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen, sehr positiv und als er­freulich. Aus unserer Sicht stellt dieses Abkommen und damit eben auch die bewusste Entscheidung für den Dialog und die Zusammenarbeit mit der Republik Kuba einen ganz zentralen Teil der europäischen Antwort auf den fast schon restriktiven und de­struktiven Kurs von US-Präsident Trump dar.

Wir alle wissen, während unter Präsident Obama noch wesentliche und wichtige Schrit­te zu einer Annäherung der USA und Kubas nach einer sehr langen Zeit des Handels­embargos gesetzt wurden, unterliegt Kuba nun unter Trump neuerlich einem – wahr­scheinlich sogar noch wesentlich strengeren – Embargo. Somit setzt aus meiner Sicht die EU und damit natürlich auch Österreich mit diesem Abkommen ein wichtiges au­ßenpolitisches Zeichen gegenüber den USA.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 56

Im Zentrum des Dialogs sollen unter anderen ja auch Themen wie die Menschen­rechte, Nahrungsmittelsicherheit, die Bekämpfung von Produktion, Handel und Kon­sum illegaler Drogen, die Terrorismusbekämpfung und auch die Nichtverbreitung von Waffen stehen. Es soll um eine nachhaltige Entwicklung gehen, auch um ökologische Nachhaltigkeit, um eine Stärkung der Handelsbeziehungen und somit um eine Stär­kung der gesamten Wirtschaft Kubas.

Auch wir treten dafür ein, die Beziehungen zwischen der EU und Kuba zu intensivie­ren. Ganz besonders auf der Handelsebene gibt es aus unserer Sicht viel Potenzial auf beiden Seiten, wie wir es auch in den Gesprächen im Rahmen der parlamentarischen bilateralen Gruppe schon gehört und bestätigt bekommen haben. Kuba hat in den letz­ten Jahren, wie ich glaube, eine ganz enorme Entwicklung auf den Weg gebracht. Wir haben heute schon von Kollegen Stögmüller von dieser neuen Verfassung, die be­schlossen wurde, gehört, die aber in einem weiteren Prozess, in dem die Bevölkerung eingebunden werden soll, noch in diesem Jahr verabschiedet werden wird. Es wird nämlich im Dezember darüber eine Volksabstimmung geben. Insofern können wir hier positiv anmerken, dass Kuba auf einem sehr guten Weg zu noch mehr Demokratisie­rung ist.

Zentral in dieser neuen Verfassung ist unter anderem auch die soziale Gerechtigkeit, eine kostenlose Bildung bis zur Uni. Es gibt weiters auch Neuerungen im Bereich der Beschäftigung. Es ist eine Gehaltsreform für Ärztinnen und Ärzte sowie auch für Pä­dagoginnen und Pädagogen in Ausarbeitung, um diese Berufe auch besonders attrak­tiv zu machen. Außerdem werden naturwissenschaftliche Studien gefördert, weil auch Kuba inzwischen eine ganz starke pharmazeutische Industrie hat. Es soll außerdem der Direktvertrieb von landwirtschaftlichen Produkten gefördert werden – und vieles mehr. Der Bereich der Digitalisierung, der sich natürlich aufgrund des US-Embargos bis dato kaum entwickelt hat, soll nun ebenfalls forciert werden; unter anderem soll das mit Projekten mit Großkonzernen wie zum Beispiel Google geschehen.

Alles in allem ist das eine Entwicklung, die aus unserer Sicht sehr zu begrüßen ist und die mit dem gegenständlichen Abkommen entsprechend unterstützt werden kann. Da­her gibt es auch unsere eindeutige Zustimmung dazu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

11.16


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Georg Schuster. Ich erteile es ihm.


11.16.13

Bundesrat Georg Schuster (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren am Livestream und auf der Galerie! Ich möchte nur ganz kurz auch auf das Übereinkom­men gegen Folter und das Abkommen mit Kuba eingehen. Ich muss aber gleich, wenn ich mit dem Antifolterabkommen anfangen darf, unserem Herrn Professor Schennach noch etwas mitgeben. Sie haben gesagt, endlich schaffen wir es jetzt nach so langer Zeit, das zu unterschreiben. Ich möchte den Kollegen von der SPÖ-Fraktion schon Fol­gendes mitgeben: Sie waren ja in der Vorgängerregierung. Das hätte man auch schon viel früher machen können. Wir von der jetzigen Regierung müssen halt jetzt nachräu­men, was Sie versäumt haben. (Beifall bei der FPÖ sowie bei BundesrätInnen der ÖVP. – Zwischenrufe der Budesrätinnen Hahn und Grimling.) – Es ist so.

Beim Abkommen gegen Folter handelt es sich ja, wie schon meine Vorredner gesagt haben, um einen Formalakt, um die Rücknahme einer Bestimmung, die durch eine Ab­änderung des österreichischen Strafgesetzbuches überflüssig geworden ist. – Ich habe mir ein bisschen mehr dazu aufgeschrieben gehabt, brauche das aber jetzt nicht noch einmal zu wiederholen. – Deshalb ist diese spezielle Erklärung nicht mehr notwendig.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 57

Zum Tagesordnungspunkt 4, dem Abkommen mit Kuba: Kuba hat ja in den letzten Jahrzehnten, wie wir wissen, sehr viele Entbehrungen hinnehmen müssen, hat durch eine linke Militärdiktatur, aber auch durch die darauf folgende Isolation durch die USA wirtschaftlich sehr gelitten. Mittlerweile haben sich aber zum Glück die Zeiten auf Kuba wieder, sage ich einmal, zum Positiven geändert, fast normalisiert. Österreich setzt hier auf den neuen kubanischen Präsidenten, dass hier ein nachhaltiger Reformprozess der Wirtschaft, aber auch – ebenfalls ganz wichtig – der Menschenrechtssituation einge­leitet wird.

Die Beziehungen zwischen Kuba als größtem Staat in der Karibik und der EU sollen mit diesem Abkommen vor allem in den Bereichen politischer Dialog, Zusammenarbeit im Handel und auch in dem wichtigen Bereich der Menschenrechte noch stärker ge­fördert werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

11.18

11.18.35


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmungen erfolgen getrennt.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat von Bosnien und Herzegowina über Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft, der Jugend und des Sports.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbe­reichs der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober betreffend Erklärung über die Zurückziehung der österreichischen Erklärung zu Art. 5 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder ernied­rigende Behandlung oder Strafe.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 58

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober betreffend Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwi­schen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kuba andererseits.

Da auch hier der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wir­kungsbereichs der Länder regelt, bedarf auch dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertei­len.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit an­genommen.

11.21.455. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verord­nung (EU) 2017/2402 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbrie­fungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, trans­parente und standardisierte Verbriefung (STS-Verbriefungsvollzugsgesetz – STS-VVG) erlassen wird und mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, das Aktiengesetz, das Immobilienin­vestmentfondsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (387/A und 323 d.B. sowie 10050/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Ta­gesordnung.

Ich darf dazu Herrn Bundesminister Hartwig Löger ganz herzlich bei uns begrüßen. – Herzlich willkommen im Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Marianne Hackl. – Ich bitte um den Bericht.


11.22.25

Berichterstatterin Marianne Hackl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanz­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verord­nung (EU) 2017/2402 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und stan­dardisierte Verbriefung erlassen wird und mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehörden­gesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, das Aktiengesetz, das Immobilienin­vestmentfondsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich sogleich zur Antrag­stellung.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 59

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Hartwig Löger. – Bitte, Herr Bundesminister.


11.24.00

Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich entschuldige mich, dass ich mich jetzt vorgedrängt habe, aber aufgrund der Situation erlaube ich mir, auch am Beginn der Debatte ein kurzes Statement abzugeben.

Ich habe jetzt eine sehr positive Erwartungshaltung bekommen, da ich hier Stimmen­einhelligkeit wahrgenommen habe, und erhoffe diese natürlich auch bei den wichtigen Themen meines Ressorts.

Der Tagesordnungspunkt, den wir jetzt in diesem Rahmen diskutieren, bezieht sich auf eine Verordnung der Europäischen Union, die bereits im Dezember 2017 verabschie­det wurde, de facto durch die Veröffentlichung in Kraft getreten ist und mit 1. Jänner 2019 sozusagen auch in die Umsetzung gelangen wird. Es geht in erster Linie – viel­leicht auch schon von der Begrifflichkeit her: ich bin in der Steiermark geboren, STS könnte man historisch falsch interpretieren, wenn man mit Musik zu tun hat – um eine simple, also einfache, transparente und standardisierte Grundlage. Es gilt auch sicher­zustellen, dass wir eine bessere Grundlage für aufsichtsrechtliche Möglichkeiten haben und auch die Sicherheit für Konsumentinnen und Konsumenten in Europa im Umgang mit finanztechnischen Themen, die dann in der Spezialisierung liegen, erhöhen.

In Verbindung damit – darauf möchte ich meinen Redebeitrag konzentrieren – geht es auch darum, dass wir im Rahmen dieser Gesetzgebung die Möglichkeit wahrnehmen wollen, einen zusätzlichen Impuls für den österreichischen Wirtschaftsraum zu geben. Wir schaffen damit eine Voraussetzung, dass im Rahmen der Kapitalisierung über die Börse nicht nur die ganz großen Unternehmungen, sondern vor allem auch kleinere und mittlere Unternehmen, von denen es in Österreich durchaus zahlreiche gibt – sie sind oft noch in einer familiären Struktur gewachsen, über Generationen übergeben worden und durchaus österreichische Vorzeigeunternehmen –, die Möglichkeit haben, auch in Form eines Drittmarkts den Zugang zur Börse zu erhalten.

Mir ist aus der Vergangenheit heraus gesehen durchaus bewusst, dass es bis jetzt ei­ne schwierige Voraussetzung gab, gerade im Bereich dieses Themas der Inhaberaktie Lösungen zu treffen. Wir haben aber auch aufgrund geänderter gesetzlicher Rahmen­bedingungen auf europäischer Ebene durchaus auch dem Beispiel Deutschlands fol­gend die Chance genutzt, einen gesetzlichen Rahmen für eine solche Lösung zu schaffen. Damit geben wir jenen Unternehmen aus Österreich, die diesen Weg suchen, die Chance, ihn auch in Österreich an der österreichischen Börse zu finden.

Wir wissen, konkret gab es über ein Dutzend Anfragen und Anforderungen in Richtung der Börse Wien, um die Möglichkeit eines solchen Zugangs zu haben. Mit dieser ge­setzlichen Grundlage schaffen wir die Voraussetzung dafür, sichern damit auch Investi­tionen und geben neue Impulse für zusätzliches Wachstum. Das werden wir brauchen.

Wir wissen, dass wir derzeit auf einer sehr hohen Welle des Wachstums unterwegs sind, die sich aber im Laufe des heurigen Jahres schon einschleift. Wir wissen aus den internationalen Rahmenbedingungen, dass es hier durchaus kritische Faktoren auf glo­baler Ebene, auf europäischer Ebene gibt, die uns in den nächsten Jahren wachstums-


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mäßig dämpfen werden. Umso wichtiger ist es, dass wir heute gemeinsam geschlos­sen eine Grundlage festlegen, die es uns möglich macht, diese positive Entwicklung in Österreich zu fördern und unseren Unternehmungen in Österreich auch diese Chance zu eröffnen.

Das war mein Einstiegsstatement, und ich freue mich auf die Debatte. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

11.27


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile es ihm.


11.28.08

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Bezug nehmend auf das angesprochene Bundesgesetz zum Wirksamwerden der EU-Verordnung 2402 aus dem Jahr 2017 kann prinzipiell festgehalten werden, dass es richtig und wichtig ist, dass hier das österreichische Recht an eine EU-Richtlinie an­gepasst wird. Da ja der Herr Bundesminister so nett war und schon einige Einzelheiten dazu einleitend erklärt hat und die Mandatare alle fraktionell bestens informiert sind, er­spare ich mir weitere Aufzählungen zu dieser Gesetzesvorlage.

So möchte ich gleich zu jenen Punkten kommen, die aus Sicht von uns Sozialdemokra­tinnen und Sozialdemokraten gegen die Zustimmung sprechen. In der Begutachtung wurde bereits von der FMA kritisch bemerkt, dass Konsumentenschutzbestimmungen nicht eingearbeitet wurden, die Novellen des Aktiengesetzes nichts mit der angespro­chenen EU-Verordnung zu tun haben und es nicht ausreichend erklärt wurde, warum dieser Liberalisierungsschritt notwendig ist, vor allem unter dem Aspekt, dass seiner­zeit von der FATF, der internationalen finanzbehördlichen Eingreiftruppe gegen Geld­wäsche und Terrorismusfinanzierung, Maßnahmen gefordert wurden, um Geldwäsche zu bekämpfen. 2011 wurden die entsprechenden notwendigen Maßnahmen bereits gesetzt, und diese werden nun wieder aufgeweicht.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben sich ja bereits über die Statements der SPÖ-Mandatare im Nationalrat irritiert gezeigt. Sie argumentierten auch jetzt eingangs in Ihrem Statement damit, dass es notwendig ist, weltweit erfolgreiche österreichische Familienunternehmen nicht zu zwingen, ihre Kapitalisierung im Ausland vorzunehmen, sondern ihnen diese in Österreich zu ermöglichen. Dadurch wird wieder ein Akt der Klientelpolitik dieser Regierung vollzogen: Es ist Politik für die Reichen und die Konzer­ne und keine gerechte Verteilung des Wohlstandes. (Beifall bei der SPÖ.)

Aufgrund der angeführten Aspekte gibt es daher von unserer Seite keine Zustimmung zu dieser Gesetzesvorlage. (Beifall bei der SPÖ.)

11.30


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Robert Seeber. – Bitte.


11.30.47

Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich stehe hier als ein Mann der mit­telständischen Wirtschaft, Sie alle wissen das. Mit diesem Gesetz – der Herr Minister hat es vorhin angesprochen, es klingt ein bisschen sperrig –, diesem Verbriefungsvoll­zugsgesetz wird einfach europäisches Recht in unser Rechtssystem implementiert. Es betrifft und verbessert aber die Situation von mittelständischen Unternehmungen, Klein- und Mittelbetrieben, unseren viel zitierten KMUs. Es geht einfach um eine leichtere und bessere Kapitalfindung am Markt.


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Was für ein Problem haben denn unsere Firmen, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Wir haben einen sehr stark bankenlastigen Kapitalisierungsmarkt. Es ist für einen klei­nen und einen mittelständischen Betrieb – und da rede ich immerhin von zwei Dritteln der Betriebe, die auch zwei Drittel der Arbeitsplätze in Österreich schaffen – sehr schwierig, zu geeigneten Instrumenten zu kommen, um den Betrieb entsprechend zu finanzieren.

Es geht darum, dass wir in Österreich einmal einen richtigen Schritt setzen – das macht diese Regierung –, um mehr Dynamik in diesem Kapitalmarkt zu erzeugen. Das ist also ein sehr offensiver Schritt, den ich auch aus strategischen Überlegungen sehr gut finde, denn wir stehen ja nicht nur mit der Bundesrepublik Deutschland und mit an­deren EU-Staaten, sondern auch mit vielen Institutionen im angloamerikanischen Raum in einem Wettbewerb. Das muss man sich immer vor Augen führen.

Es mag schon sein, dass das 2008 nicht ganz stimmig war und Fehler im Verbrie­fungsrecht passiert sind. Das wird aber jetzt mit diesem Gesetz korrigiert, und es wird auch ein sicherer Handel in einem multilateralen Handelssystem ermöglicht. Ich habe mir auch sehr gut den kritischen Einwurf der SPÖ angeschaut und muss sagen, das ist mir schon ein bisschen wie Angst- und Panikmache vorgekommen. Das kann ich nicht ganz nachvollziehen, denn es ist eine sehr schlüssige Vorgangsweise, die hier von unserer Regierung gewählt wird. Was ist schlecht daran, wenn ein sicherer Handel ermöglicht wird? Auch unser Finanzminister hat das irritierend gefunden, denn wenn ich mehr Sicherheit im Handel erzeuge, kann ich daran einmal a priori nichts Negatives erkennen.

Verdeutlichen wir uns doch die Situation, liebe Kolleginnen und Kollegen: Unsere Fir­men mussten sich in Deutschland Kapital aufnehmen! In Deutschland gibt es eine Ka­pitalisierungsquote von 62 Prozent, in Österreich sind es gerade einmal 34. Das ist ja direkt schon beschämend und rückschrittlich. Dann kommt noch die Verschärfung da­zu – wir alle hier in diesem Haus wissen das, und diejenigen, die in der Wirtschaft tätig sind, wissen, glaube ich, wovon ich spreche –: Wir haben zusätzlich noch Basel III und Basel IV. Das macht es auch nicht gerade sehr einfach, an zusätzliches Kapital zu ge­langen und zusätzliche Kapitalisierungsinstrumente zu finden.

Ja, es ist sehr erfreulich, wir haben in Österreich eine sehr gute, positive Stimmung und eine gute Konjunktur. Keine Frage, das haben wir tüchtigen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, aber auch tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verdanken. In diesem Zusammenspiel spielen wir wirtschaftlich auch weltweit in der Champions League, und gerade da brauchen wir entsprechende Instrumente für die Kapitalisie­rung.

Für mich als Unternehmer zählt immer nur eines: Wenn ich Investitionen in die Wirt­schaft mache, wenn ich entsprechende Möglichkeiten finde, leichter an Kapital zu kom­men – na ja, ich glaube, das sichert schon auch ein bisschen Arbeitsplätze und sorgt für ein Wachstum und sichert letztendlich auch den sozialen Frieden. Das dürfen wir nie vergessen. Daher ist dieser Schritt auch in Abgrenzung zum angloamerikanischen Raum und auch um im Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu gelangen, äußerst zwin­gend.

Ich habe in meiner beruflichen Tätigkeit sehr viele Kontakte mit Familienbetrieben. Wir haben viele Hidden Champions, ich erwähne nur in Oberösterreich die Firma Kreisel oder wie sie alle heißen. Es gibt quer über das Bundesgebiet verstreut sehr tüchtige Familienunternehmen, die für einen Wohlstand und für gesicherte Arbeitsplätze sor­gen. Das sollte man nicht vergessen. Wir sollten ganz im Gegenteil stolz auf diese Fa­milienbetriebe, auf diese KMUs sein. Wir sollten auch stolz darauf sein, dass die Bundesregierung mit unserem Minister Löger hier einen entsprechenden Schritt setzt. Ich kann das nur unterstützen.


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Bitte seien wir so vernünftig und unterstützen wir dieses Gesetz, denn es sichert Ar­beitsplätze und es ist auch für den Wirtschaftsstandort wichtig, damit wir nicht ins Hin­tertreffen gelangen! – Danke für die Initiative, Herr Minister. Ich bitte um Unterstützung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.36


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Reinhard Pisec. – Ich erteile es ihm.


11.37.13

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Es ist schön, wenn man einmal eine geraume Zeit die Möglichkeit hat, sich vom ORF – obwohl die­ser in der letzten Zeit ein bisschen objektiver geworden ist – zu absentieren und einmal anderes Fernsehen zu sehen, wie zum Beispiel BBC News, das britische Broadcas­ting. Man sieht, wie dort über Amerika und die USA berichtet wird und die Fakten dar­gelegt und analysiert werden. Da stellt sich heraus, dass gerade die Steuerreform von Präsident Trump zu Beginn dieses Jahres die Ursache dafür war, dass das Wirt­schaftswachstum in den USA allein um fast 2 Prozent gestiegen ist. (Bundesrat We­ber: Der Trump, dein Vorbild? – Na gute Nacht!) Die haben einen unheimlichen Boom, die haben einen unheimlich starken Binnenmarkt, davon können wir uns in Europa noch etwas abschauen. (Ruf bei der SPÖ: Eine andere Frisur brauchst du noch!)

Nicht umsonst haben es auch seine Wähler goutiert, was hier im ORF oft „vergessen“ worden ist, dass dies offensichtlich Rückkoppelungseffekte für das gesamte Volksein­kommen eines Landes hat. Und das habt ihr, liebe SPÖ, „vergessen“ – unter Anfüh­rungszeichen –, denn die Rückkoppelungseffekte für alle Menschen in Österreich sind das Entscheidende. Wer schafft die Arbeitsplätze? – Für euch das System Staat, für uns das System Mensch. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Daher, sehr geehrter Herr Finanzminister, ist das ein sehr gutes Gesetz, und die Ana­lyse dieses Gesetzes bedarf auch einer gewissen Aufmerksamkeit. Wenn ich mich er­innere, hat es ja im Sommer 2017 mit dem Antrag in der Wirtschaftskammer Wien über den dritten Markt begonnen, der jetzt direct market plus heißt, der jetzt am 1. Jänner 2019 an der Wiener Börse implementiert wird. Alle Parteien haben dem zugestimmt. Der gleiche Antrag ist im Herbst 2017 in die Wirtschaftskammer Österreich gekommen, und wieder haben alle Parteien einheitlich zugestimmt, weil es offensichtlich hier doch eine gewisse Nachdenkphase in der SPÖ gibt und man sagt: Das ist ja vielleicht doch nicht so schlecht für die österreichische Wirtschaft! – Aber offensichtlich weiß in der SPÖ die linke Hand nicht, was die rechte macht. (Bundesrätin Hahn: Das wissen wir schon! – Bundesrätin Mühlwerth: Nicht zum ersten Mal!)

Dieses Gesetz dient der Unternehmensfinanzierung. Es ist ein Mosaikstein – es ist kein großer Mosaikstein, aber es ist ein Mosaikstein –, um den Unternehmen, den Klein- und Mittelbetrieben, dem Rückgrat der österreichischen Wirtschaft, die Akquisi­tion, die Thesaurierung von Eigenkapital oder Fremdkapital zu ermöglichen, denn die Unternehmen schaffen die Arbeitsplätze.

Ein Teil sind die Verbriefungen, ein ganz wichtiges Thema, denn Kredite werden be­kanntlich von Banken gegeben und diese Kredite müssen seitens der Bank mit Kapital hinterlegt werden. Damit sind sie blockiert, weitere Kredite an andere Unternehmen, an andere KMU-Betriebe zu vergeben. Mit diesem Gesetz, ausgehend von einer EU-Ver­ordnung vom Dezember 2017 – wie vom Herrn Finanzminister eingangs schon er­wähnt –, werden diese nun handelbar gemacht. Diese können seitens der Banken ver­kauft werden, können von Zweckgesellschaften, die errichtet werden, gekauft werden,


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 63

wodurch für die Banken Spielräume geschaffen werden, weitere Kredite für andere KMUs zu vergeben.

Bekanntlich leben wir in einer Niedrigzinsphase. Die Zinssätze im Euroraum liegen bei null, in der Refinanzierung beim Interbankensatz sind wir sogar bei minus 0,4 Prozent angekommen, aber die Kredite sind nicht in Umlauf gekommen. Der Geldmarkt ist nicht und nicht in Schwung gekommen. Ein Grund war, dass aufgrund der Finanzkrise die asset-backed securities, diese toxischen Papiere, zu 100 Prozent verboten wurden. Jetzt wurde hier praktisch aufgeräumt, das Ganze durchdacht, besser vermarktbar ge­macht, mit einem Qualitätssiegel behaftet und nach EU-Normen handelbar gemacht, um diesen Verbriefungsmarkt wieder in Schwung zu bringen, natürlich auf geringerem Niveau, auf stabilisiertem und transparentem Niveau. Das ist sicherlich eine gute Sa­che.

Das Zweite ist die Wiener Börse: Die Wiener Börse feiert in zwei Jahren ihr 250-jäh­riges Bestehen, eine uralte österreichische Institution, auf die wir in Österreich stolz sein können. Sie ist transparent, sie ist in jedem Sinn liquid, sie ist öffentlich und für je­dermann zugänglich, nicht so wie die ganzen Kryptowährungen à la Bitcoins, die he­rumschwirren, die gut bei Verbrecherorganisationen ankommen. Das ist ein Thema für euch, liebe SPÖ, die Kryptowährungen sind ein Thema! Diese passen zu dem Punkt, der von euch genannt worden ist, aber nicht eine ganz offizielle, transparente 250 Jah­re alte Börse.

Die Wiener Börse hat 100 000 Nutzer pro Monat und circa 2,5 Millionen Seitenaufrufe pro Monat. Das ist ein Markt! Da können sich Unternehmen präsentieren, und das ist für die österreichische Wirtschaft wichtig, das ist für eine Standortoffensive wichtig, das ist für Wirtschaftswachstum wichtig, was wiederum als Volkseinkommen jedermann zu­gutekommt.

Wir brauchen eine Landschaft, eine unternehmerische Landschaft, eine wirtschaftliche Landschaft, in der sich unsere Unternehmer präsentieren können, ihre Leistungen zei­gen können. Wie schon vom Herrn Finanzminister erwähnt, gibt es für den dritten Markt, für den direct market, viele Anfragen von Unternehmen, die hier teilnehmen wol­len. Einer ist zum Beispiel unser Skiidol Hermann Maier, der mit seinem Wirtschafts­modell, mit seinem investiven Geschäftsmodell auch Interesse hat, dieses Segment zu nutzen. Vor allem gibt es das ja schon, das ist ja nichts Neues! Das gibt es in Deutsch­land, das gibt es in Schweden, das gibt es in Amsterdam.

Wir haben in Österreich folgendes Problem: Die Gründungsoffensiven funktionieren schon, die digitalen Gründungen, die berühmten Start-ups, die greifen schon, aber die expansive Phase, die Wachstumsphase findet leider nicht hier in Österreich statt, weil es an der Finanzierung mangelt. Erst vor Kurzem hat ein Wiener Biotechunternehmen, ein ganz tolles Gründungsunternehmen mit schon vielen Mitarbeitern, beschließen müssen, nach Amsterdam an die Börse zu gehen, weil hier in Österreich die Liquidi­tätsströme eben nicht so fließen, wie sie fließen sollten.

Die Marktkapitalisierung wurde schon angesprochen, sie liegt bei 30 Prozent, weit, weit unter dem internationalen Durchschnitt. In den USA liegt sie in etwa bei 120 Prozent. Das ist die Funktion einer Börse. Diese ganzen Unternehmen wie Tesla, Microsoft, Google, Facebook, Twitter und Co wären ohne Börse nicht möglich, weil sie kein einzi­ges Prozent Gewinn gemacht haben, bevor sie überhaupt auf den Markt gekommen sind. Daher ist die Finanzierung einer Börse das Um und Auf für eine Wirtschaft. Dass es von der SPÖ dafür kein Verständnis gibt, ist nichts Neues.

Ich gratuliere unserem Finanzminister und seinem Staatssekretär für die tolle Arbeit, mit diesem Gesetz eine neue Basis für die österreichische Wirtschaft zu legen. – Vie­len Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.44

11.44.34



BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 64

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.44.596. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (206 d.B. und 324 d.B. sowie 10051/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Ta­gesordnung.

Berichterstatterin ist wiederum Frau Bundesrätin Marianne Hackl. – Ich bitte um den Bericht.


11.45.12

Berichterstatterin Marianne Hackl: Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Okto­ber 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ewald Lindinger. – Bitte.


11.46.07

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht noch eine Anmerkung: Herr Kollege Pisec, im Ausschuss hast du gefehlt, denn es hat wirklich keine Anmerkungen deiner Kollegen gegeben. (Bundesrätin Mühlwerth: Das kann vorkommen!) Es freut mich, dass deine Anmerkungen oder Ausführungen zu Finanzpunkten wieder wenigstens hier im Plenum erfolgen, wenn das schon im Ausschuss gefehlt hat. (Bundesrat Pisec: Ich bin kein Berufspolitiker! – Bundesrat Längle: Ihr habt ja auch nichts gesagt im Aus­schuss!)

Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrem Einleitungsstatement beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt erwähnt, dass Sie aus der Steiermark sind. Sie sind ja aus mei­nem Nachbarbezirk, aus Selzthal, wie ich weiß. Aus Selzthal kommend würde man ja einen Verkehrsminister vermuten, weil Selzthal ein Eisenbahnknoten ist, aber ich weiß, dass Sie Kompetenz im Finanzbereich haben, und schätze diese auch.

Deshalb wundert es mich, dass man beim Pensionskassengesetz nicht weiter gegan­gen ist, als es die europäische Richtlinie ermöglicht. Weiter gehen und weiterentwi­ckeln, das wäre möglich gewesen, indem man dem Begünstigten die Rechte einräumt,


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 65

dass er sich die Pensionskasse aussuchen kann, dass er informiert wird, ob und wie und bei wem die Pensionskasse das Geld veranlagt. Diesbezüglich erfährt der Berech­tigte nichts.

Es ist auch eine negative Entwicklung, dass man zu Beginn der Umsetzung dieser Richtlinie, 2003, die Rücklagen, also die Pensionsgelder, nur zu 30 Prozent in Aktien anlegen durfte, später dann zu 70 Prozent – und jetzt diese Begrenzung aufhebt. Das heißt, das Risiko steigt, und das ist auch jener Punkt, warum die Sozialdemokraten hier die Zustimmung zu diesem Pensionskassengesetz nicht geben. Ein steigendes Risiko und eine Liberalisierung der Veranlagungsvorschriften werden von uns abgelehnt. Man hat keine Lehren aus dem Finanzcrash im Jahr 2008 gezogen, und der Begünstigte hat in Zukunft keine Chance, dem zu entgehen oder darauf Einfluss zu nehmen. Das Ri­siko trägt jener, der einmal eine Pension erhalten soll, das heißt, der Begünstigte be­kommt in Zukunft vielleicht, wie es schon einmal war, weniger Pension oder hat gar keine Pensionszukunft mehr. Darum lehnen wir das Gesetz ab, weil zukünftige Ent­scheidungen hier zu wenig beachtet wurden und das Risiko beim Begünstigten bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

11.49


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. – Ich erteile es ihm.


11.49.54

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher! Ich sehe das naturgemäß ein bisschen anders, Herr Kollege.

Das vorliegende Gesetz zur Anpassung der Bestimmungen zur privaten Pensionsvor­sorge bringt sehr viele Verbesserungen. Zum einen wird die Mitnahme erleichtert, wenn man in andere Länder wechselt, damit es hier keine Unsicherheiten mehr gibt, es wird aber auch der Umstieg erleichtert, wenn man das selbst will. Es werden mehr Zu­stimmungserklärungen für den Begünstigten eingeführt, es gibt ein verbessertes Risi­komanagement, es gibt für den Begünstigten auch mehr Anlegeroptionen, er kann ein­mal in fünf Jahren umsteigen, und es gibt mehr Optionen bei der Auszahlung für den Begünstigten. Insgesamt, muss ich dann schon sagen, hat sich das doch sehr, sehr ver­bessert.

Es gibt aber auch mehr Sicherheit, denn für die Manager in diesen Pools ist vorge­schrieben, dass es höhere Anforderungen an die Qualifikation der Vorstände oder von Personen in Schlüsselfunktionen gibt und diese einzuhalten sind. Es sind in diesem Gesetz eine Ausweitung des Risikomanagements auch auf die Pensionskasse selbst samt einer eigenen Risikobeurteilung, die Ausweitung der Zuständigkeit der Depotbank auch auf nicht verwahrbare Vermögenswerte und eine Informationspflicht der Pen­sionskassen gegenüber den Anwartschafts- und Leistungsberechtigten enthalten.

Ich denke also, hier gibt es sehr viele Verbesserungen. Das soll auch dazu beitragen, dass diese Anbieter mehr in Konkurrenz stehen und dadurch die Angebote für unsere Bürger besser werden. Ich glaube, das ist wichtig, und das sieht auch die EU-Kommis­sion so, weil es derzeit nur 27 Prozent unserer Bürger sind, die private Pensionsvor­sorge machen. Dieser Anteil soll erhöht werden, und ich denke, dass die Anpassung des österreichischen Gesetzes an diese EU-Verordnung im Hinblick darauf sehr gut ist. Wir stimmen daher diesem Gesetz natürlich zu. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.52


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. – Bitte, Herr Bundesrat.



BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 66

11.53.04

Bundesrat Christoph Längle, BA (FPÖ, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Es geht um die Änderung der Ein­richtung der betrieblichen Altersversorgung, wesentliche Änderungen sowie Verbesse­rungen, um die Anpassung an die Vorgaben der EU-Richtlinien, die Anpassung der Befugnisse und Pflichten der Finanzmarktaufsicht, eine bessere Risikobeurteilung so­wie ein besseres Risikomanagement, mehr Sicherheit, mehr Anlegeroptionen, grenz­überschreitende Übertragung von bereits bestehenden Altersvorsorgezusagen und an­dere Punkte. Ich denke, dass wir hier eine sehr gute Gesetzesänderung haben und dass es da in die richtige Richtung geht.

Was mir auch noch wichtig ist, ist, dass wir hier unsere Arbeitgeber loben, die für die österreichische Wirtschaft, für die österreichische Gesellschaft, aber auch für das Zu­sammenleben von uns allen sehr viel leisten und eine große Wertschöpfung betreiben, auf der anderen Seite aber selbstverständlich auch die vielen fleißigen Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer. Das muss natürlich immer ein Zusammenspiel von Geben und Nehmen sein, und ich denke, dass das durchaus sehr gut funktioniert.

Bezüglich der Altersversorgung ist hier auch noch zu sagen, dass die Regierung sehr bemüht ist, eine Verbesserung herbeizuführen. Wir von den Freiheitlichen und selbst­verständlich auch die Kollegen von der Österreichischen Volkspartei werden auch im Bereich der Mindestpension Verbesserungen herbeiführen und eine Mindestpension von 1 200 Euro monatlich für all jene einführen, die 40 Jahre lang gearbeitet haben. Aber auch für jene Menschen, die über 30 Jahre gearbeitet haben, wird es eine we­sentliche Verbesserung geben. Ich meine, das ist schon etwas sehr Gutes und in die­sem Staat, in dieser Republik schon längst überfällig.

Noch ein, zwei Worte zum Kollegen Lindinger: Sie haben vorhin gesagt, dass wir uns im Ausschuss nicht zu Wort gemeldet haben. Ja, aber im Gegensatz zu Ihnen haben wir von den Regierungsparteien dieses Gesetz beziehungsweise diese Änderung auch befürwortet. Sie waren ja mit Ihrer Fraktion im Ausschuss dagegen, und wenn Sie jetzt negativ anmerken, dass wir uns dort nicht in der Debatte zu Wort gemeldet haben, dann möchte ich euch schon auch folgenden Wink geben: Wenn ihr dagegen seid, dann wäre es schon auch gut, wenn ihr euch in der Debatte zu Wort melden würdet. Ihr solltet nämlich einmal gut begründen, warum ihr dagegen seid. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Abschließend noch einmal: Die Vorteile liegen auf der Hand. Wir schaffen mit dieser Gesetzesänderung eine deutliche Verbesserung und werden selbstverständlich dieser Gesetzesänderung gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.55

11.56.01


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.56.267. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Kosovo zur Beseitigung der


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 67

Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und zur Ver­hinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll (258 d.B. und 325 d.B. sowie 10052/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 7 der Ta­gesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Marianne Hackl. – Ich bitte um den Bericht.


11.56.52

Berichterstatterin Marianne Hackl: Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Okto­ber 2018 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kosovo zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig. – Bitte schön.


11.58.07

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Jene, die fairen Handel betreiben, brauchen sich um Steuern nicht zu streiten. Mit diesem Dop­pelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und dem Kosovo wird dementspre­chend die Steueraufteilung gerechtfertigt. Es ist ein gutes Abkommen, denn Österreich hat in den letzten Jahren das Exportvolumen fast verdoppelt. Wir liefern zur Zeit Güter im Wert von rund 49 Millionen Euro in den Kosovo und importieren im Wert von circa 10 Millionen Euro aus dem Kosovo. Die meisten Produkte befinden sich im Bereich der Lebensmittel, im Maschinenbereich. Es ist für den Kosovo auch ein Zeichen seitens Österreichs, dass wir es mit den Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union ernst meinen.

Dieses Land braucht noch viele Schritte, um an die Europäische Union herangeführt zu werden. Wir haben es ja heute schon bei einem anderen Tagesordnungspunkt gehört: Österreich hat großes Interesse daran, Stabilität in die Balkanländer zu bringen, auch die Korruption einzudämmen. Dazu ist es wichtig, dementsprechende Steuerabkom­men voranzutreiben, um den fairen Handel zwischen den Ländern auch weiterhin zu gewährleisten oder weiterzuentwickeln.

Wir haben beim Handelsabkommen Ceta gesehen, dass Handelsabkommen auch ein Thema sind, das von vielen kritisch gesehen wird. Es ist wichtig gewesen, dass man niederschreibt, welche Importe, welche Exporte, welche Steuern dort auch zu belasten sind. Ich glaube, die Zahlen haben gezeigt, dass Ceta auch für Österreich ein gutes Abkommen gewesen ist. Wir haben die Exporte nach Kanada, glaube ich, schon um 10 Prozent steigern können.

Genauso wichtig wird es sein, dass auch dieses Abkommen zwischen dem Kosovo und Österreich rasch abgewickelt wird. In diesem Sinne werden wir, wird unsere Frak­tion diesem Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Kosovo gerne zustimmen.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 68

Hinsichtlich der Digitalsteuer bleibt noch die Frage, wie sich die Situation weiterent­wickeln wird, da Österreich doch großes Interesse daran hat, dass diese Konzerne über eine Digitalsteuer endlich einmal besteuert werden, um die Gelder, die Österreich zustehen, in den österreichischen Finanztopf zu bekommen.

In diesem Sinne ein herzliches Danke, Herr Bundesminister, und alles Gute! Wir stim­men diesem Steuerabkommen gerne zu. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.00


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Vizepräsident Ewald Lindinger. – Bitte.


12.01.05

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Herr Präsi­dent! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Jahrzehnten wurden sehr viele Doppelbesteuerungsabkommen mit sehr vielen Ländern hier in diesem Haus be­schlossen. Es sind über 100, die ähnlich wie die heute zu beschließende Vereinbarung mit der Republik Kosovo sind.

Ich kann mich erinnern, dass die FPÖ bei der Doppelbesteuerung grundsätzlich immer dagegen war, egal was in einer solchen Vereinbarung über die Doppelbesteuerung ge­standen ist und wie immer sie auch gelautet hat, ob sie für Österreich ein Vorteil oder ein Nachteil war. Liebe Kollegen, ihr könnt euch ja erinnern: Das war einmal so. Ich weiß nicht, hat sich da etwas verändert? Entweder wurden die Berater im Klub ausge­wechselt, oder es hat sich etwas in der Ideologie verändert. (Bundesrätin Mühlwerth: Wie ist das bei euch?!) Wir haben immer für Doppelbesteuerungsabkommen mit ande­ren Staaten gestimmt und waren immer dafür.

Österreich hat ja auch – das zeigen eine Schätzung des Finanzministeriums und die wirkungsorientierte Folgenabschätzung – einen Gewinn von circa 160 Millionen Euro, der im Zusammenhang mit diesem Doppelbesteuerungsabkommen zu sehen ist, der im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen und der Einkommen- und Körper­schaftsteuer und anderer betroffener Steuern im Austausch mit der Republik Kosovo hereinkommt.

Ich möchte anmerken, dass wir dafür stimmen werden, dass dieses Übereinkommen geschlossen wird. Gerade das aber wäre ein Anstoß, dass wir auf internationaler Ebe­ne mit der Besteuerung der Gewinne digitaler Betriebsstätten, die es zunehmend in der Finanzwelt und in den Konzernen gibt, wie auch der Gewinne von Internetkonzernen beginnen, sodass Gewinne dort versteuert werden, wo sie auch entstehen. Wir wissen, dass sehr viele Gewinne anderswo versteuert werden.

Herr Finanzminister, ich ersuche Sie, international, im Bereich der OECD und auch im Bereich der Europäischen Union mehr Druck in die Richtung zu machen, dass die Ge­winne dort versteuert werden, wo sie entstehen, um auch in diesem Bereich die Steu­ergerechtigkeit weiterzuentwickeln.

In diesem Sinne werden wir diesem Übereinkommen mit der Republik Kosovo zu­stimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

12.04


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Christoph Längle zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.


12.04.09

Bundesrat Christoph Längle, BA (FPÖ, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Es ist sicherlich erfreulich, dass wir


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 69

hier ein derartiges Abkommen mit dem Kosovo beschließen können. Es ist nicht der erste Schritt des Kosovo in eine richtige Richtung, aber sicherlich ein weiterer. Es hat schon vorher Schritte gegeben. Zu nennen ist, dass es bereits seit rund 20 Jahren Frieden gibt. Es ist aber auch deutlich anzumerken, dass der Kosovo noch sehr, sehr viele Schritte braucht, um sich der Gesellschaft und einem adäquaten Leben auf Au­genhöhe, wie es in Mittel- und Westeuropa stattfindet, anzunähern. Da wird es noch sehr, sehr viele Schritte geben müssen.

Ein wesentlicher Baustein dahin gehend sind sicherlich die wirtschaftliche Situation und die wirtschaftlichen Verhältnisse. Es wäre an der Zeit, dass diese Region auf dem Bal­kan einmal auf die Füße kommt und dort auch die Wirtschaft angekurbelt wird. Da müssen die Leute, die dort wohnen, auch einmal selbst etwas dafür tun, nicht immer nur die Hände aufhalten, wenn es um EU-Förderungen geht, sondern eben auch ein­mal zusehen, dass die Betriebe funktionieren und dort Wertschöpfung stattfindet.

Bezüglich des OECD-Standards, der mit diesem Doppelbesteuerungsabkommen ein­geführt wird, müssen noch die notwendigen Grundlagen geschaffen werden. Es geht um IT-Plattformen und rechtliche Grundlagen. Dahin sind wir jetzt mit diesem Abkom­men unterwegs, denn es muss auch funktionieren, indem wir die nötigen technischen Hilfsmittel haben, um den Austausch von Finanzinformationen in Steuersachen zu ge­währleisten.

Als etwas sehr, sehr Negatives sind die Korruption und generell die Verbrechen in der Region des Kosovo, aber auch am südlichen Balkan anzusprechen. Dort wird sehr, sehr viel kaputt gemacht. Wir haben gestern im EU-Ausschuss darüber gesprochen, dass dort die Gerichte sehr korrupt sind und die einzelnen Richter durchleuchtet wer­den müssen. Manche entziehen sich aber auch dieser Durchleuchtung. Das macht es natürlich schon sehr schwierig, wenn auch bei den Gerichten, die ja quasi Recht und Ordnung sprechen, Korruption und dergleichen herrschen.

Hoffen wir, dass es dort zu einer Verbesserung kommt, Verbrechen und kriminelle Handlungen eingedämmt werden und der Kosovo und die ganze Region selbst auch einmal auf die Beine kommen.

Ich möchte einmal mehr ein paar sehr interessante Dinge bezüglich der Ausführungen des Kollegen Lindinger ansprechen: Herr Kollege Lindinger, ich sage Ihnen langsam wirklich auf das Schärfste: Passen Sie mit Ihren komischen Äußerungen hier vorne am Rednerpult auf, vor allem wenn es aus der Luft gegriffene und unpassende Äußerun­gen sind!

Beim vorhergegangenen Tagesordnungspunkt haben Sie gesagt, dass die Geschichte mit den Ausschüssen nicht passt, selbst aber melden Sie sich gar nicht zu Wort. Das habe ich Ihnen schon vorhin gesagt. Beim jetzigen Tagesordnungspunkt sagen Sie vom Rednerpult aus, dass wir Freiheitliche bezüglich dieses Doppelbesteuerungsab­kommens auf einmal einen Paradigmenwechsel leben und diesem Abkommen zu­stimmen.

Es freut mich, Sie jetzt in der Parlamentsgeschichte unterweisen zu dürfen: Ich ver­weise auf die Stenographischen Protokolle der letzten Jahre, und zwar auf jenes vom 1.6.2017, als hier ein Doppelbesteuerungsabkommen bezüglich der Republik Öster­reich und Indien verhandelt wurde. Damals haben wir Freiheitliche auch zugestimmt. Hört! Hört! Wir waren noch in der Opposition, nicht einmal in der Regierung, haben aber diesem Doppelbesteuerungsabkommen zugestimmt.

Ein zweites Beispiel – ich könnte Ihnen noch mehrere nennen, Herr Kollege – findet sich am 21.12.2016, also noch ein Jahr vorher. Damals behandelten wir hier ein Dop­pelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Island, dem wir Freiheitliche


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 70

ebenfalls zugestimmt haben. Das können Sie gerne nachlesen, ich kann Ihnen die Un­terlagen auch gerne schicken, wenn Sie nicht in der Lage sind, nachzuschauen.

Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit, Herr Kollege Lindinger: Wenn Sie hier am Redner­pult etwas äußern, dann sollte das stimmen, dann sollte das nicht die Unwahrheit sein. In Ihrem Fall stimmt es leider nie. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.08


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Hartwig Löger. Ich erteile es ihm.


12.09.05

Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Nur eine kurze Antwort, denn ich glaube, es gehört sich, wenn man gefragt wird, auch eine Antwort zu geben – ich bitte um Ver­ständnis dafür, dass es nicht hundertprozentig den Tagesordnungspunkt betrifft.

Wir haben jetzt im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Kosovo für uns alle erkennbar – und, wenn ich es so erwarten darf, auch erfreulicherweise – eine breite geschlossene Meinung, dass Doppelbesteuerungsabkommen eine gute Grund­lage zur Sicherung und Sicherheit des Handels sowie der Zusammenarbeit mit den Ländern auf globaler Ebene sind.

Digitalsteuer: Ich komme relativ „frisch“ – unter Anführungszeichen –, was die Zeit be­trifft, aus drei Tagen Verhandlungen in Brüssel. Wir haben im Ecofin-Rat am Dienstag eine sehr intensive Diskussion geführt. Ich darf Ihnen versichern, wie auch Ihrerseits angesprochen – für manche wird schon zu viel Energie unsererseits in das Thema ge­legt –, wir bleiben während unserer Ratspräsidentschaft voll dran.

Ich habe auch gestern schon mit dem Ratssekretariat fixiert, dass wir am 3. oder 4. De­zember im nächsten Ecofin-Rat eine Beschlussgrundlage zu einer Digitalbesteuerung in Form einer kurzfristigen europäischen Lösung präsentieren werden.

Wir sind uns aber auch dessen bewusst – und das passt schon ein bisschen in die Dis­kussion zu diesem Tagesordnungspunkt –, dass eine langfristige Lösung für die Digi­talsteuer eine Basis auf einer globalen Ebene braucht. Das heißt, wir haben die Not­wendigkeit, diese Diskussion in Europa mit dem, was auf OECD-Ebene, auf globaler Ebene in Diskussion steht, zu verbinden.

Ich habe bilateral auch direkten Kontakt mit meinem – unter Anführungszeichen – „Amts­kollegen“ in Amerika, mit dem Kollegen Mnuchin. Wir versuchen, diese Thematik auf allen Ebenen in Gang zu halten. Es ist eine konstruktive, aber sehr harte und intensive Diskussion.

Wir wissen, dass wir auf europäischer Ebene unter den 27 Mitgliedstaaten keine hun­dertprozentige Zusagesicherheit für die Dezemberentscheidung haben. Ich werde in den nächsten Wochen intensiv auf technischer Ebene, auch in bilateralen Gesprächen versuchen, diese Grundlage zu sichern.

In der Formulierung ist mir dazu auch wichtig, dass es dabei nicht darum geht, die digi­tale Wirtschaft zu bashen, negativ darzustellen oder mit Steuern bestrafen zu wollen – nein, es geht darum, dass wir Fairness schaffen.

In der traditionellen Wirtschaft in Europa haben wir, wie wir wissen, im Schnitt rund 23 Prozent an Unternehmensbesteuerung, in der digitalen Wirtschaft sind es im Schnitt zwischen 8 und 9 Prozent. Die ganz Großen – Google, Amazon und Sonstige – dieser Welt schaffen es derzeit sehr schlau und den rechtlichen Rahmenbedingungen teilwei­se durchaus entsprechend, noch deutlich darunter zu liegen. Das ist die Basis.


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Wir müssen unsere Systeme, auch unsere staatlichen Sicherheitssysteme und unse­ren Wohlstand für die Zukunft sichern, indem wir das Niveau der Besteuerung dieses Wirtschaftszweiges sichern. Wir tun alles dafür. Das ist, wie gesagt, der aktuelle Stand.

Wir bleiben dran, im wahrsten Sinne des Wortes, ich gestehe aber vorweg: Ich bin trotz der angesprochenen steirischen Herkunft nicht in der Lage, in der Glaskugel zu erken­nen, wie die Abstimmung Anfang Dezember im Ecofin tatsächlich ausgehen wird. Wir tun unser Bestes und bauen darauf, dass es gelingen kann. – Das als Antwort auf Ihre Frage. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

12.12

12.12.52


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsberei­ches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu er­heben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit an­genommen.

12.13.428. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuerge­setz 1988 und das Entwicklungshelfergesetz geändert werden (111 d.B. und 290 d.B. sowie 10030/BR d.B. und 10041/BR d.B.)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (386/A und 292 d.B. sowie 10042/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu den Tagesord­nungspunkten 8 und 9, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich darf dazu ganz herzlich Frau Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß bei uns be­grüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck. – Ich bitte um die Berichte.


12.14.20

Berichterstatterin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Be-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 72

richt des Ausschusses für Familie und Jugend über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenaus­gleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Entwicklungshelferge­setz geändert werden. (Vizepräsident Lindinger übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zur Antrags­stellung.

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage am 6. Novem­ber 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Des Weiteren komme ich zum Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, und ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage am 6. No­vember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr die­ses.


12.15.42

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worum geht es? – Ab 2019 soll ja die Familienbeihilfe einschließlich des Kinderabsetzbetrages für Kinder, die ständig in einem anderen EU- oder EWR-Staat oder auch in der Schweiz leben, an die Kaufkraft jenes Landes angepasst werden, in dem sie wohnen. Das heißt, Unionsbür­gerinnen und -bürger aus Ländern mit niedrigerem Preisniveau erhalten dann weniger, und Personen aus Ländern mit einem höheren Preisniveau sollen mehr erhalten. Das ist kurz zusammengefasst – auch für die Zuseherinnen und Zuseher via Livestream – das, worum es hier geht.

Dieses Vorhaben ist aus mehrerlei Hinsicht zu kritisieren, zum einen politisch-mora­lisch, zum anderen europapolitisch und ökonomisch sowie auch dahin gehend, dass es um die Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit wichtigen Dienstleistungen geht.

Kritisch zu betrachten ist vor allem die dahinterstehende Intention, denn es geht Ihnen, den Regierungsparteien, offensichtlich darum, Menschen, die in Österreich arbeiten und hier ihre Arbeitsleistung erbringen, einfach gegeneinander auszuspielen.

Menschen werden natürlich auch gezielt angeworben, hergeholt, um Dienstleistungen, Arbeitsleistungen zu erbringen (Bundesrätin Mühlwerth: Die kriegen ja auch bezahlt für ihre Arbeit!), für die in Österreich ein dringender Bedarf besteht, aber zu wenige Ar­beitskräfte zur Verfügung stehen.

Ich möchte nur einige Beispiele nennen. (Bundesrätin Mühlwerth: Die sind froh, dass sie hier einen Job kriegen!) Die Pflegekräfte, Handwerker, Handwerkerinnen, IT-Fach­kräfte leisten hochwertige und wertvolle Arbeit. Und was machen Sie? – Sie schüren Neidkomplexe, um politisches Kleingeld zu wechseln. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, Frau Grossmann wie immer voll daneben!) Liebe Frau Kollegin Mühlwerth, schauen


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 73

Sie sich an, wie postwendend die Parteizentralen aktiv geworden sind, gerade Ihre! Es wurden Plakatsujets entworfen, durch die den Menschen vorgegaukelt wurde, dass die Familienbeihilfe in Länder fließe, die muslimisch geprägt seien, was absolut nicht stimmt. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, das gibt’s auch!)

Ihr Parteiobmann, Vizekanzler Strache, musste sich ja auch in der „ZIB“ dahin gehend verteidigen, dass er solche Unwahrheiten plakativ verbreitet hat, er hat sich da ohnehin nicht verteidigen können. (Ruf bei der FPÖ: Das ist eine Unwahrheit! Das ist Unsinn!) Schauen Sie sich diese Sendung on-demand an, da können Sie das alles nachsehen! Er konnte das nicht rechtfertigen. Sie haben wider besseres Wissen den Menschen vorgaukeln wollen, dass die Empfänger anscheinend hauptsächlich Familien in Län­dern muslimischen Glaubens sind, und den Menschen nicht gesagt, dass hauptsäch­lich Bürgerinnen und Bürger aus den Nachbarstaaten, aus den Visegrád-Staaten hier bei uns tätig sind, um Menschen zu pflegen, um diese wichtigen Arbeiten zu erfüllen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Die bekommen ja dafür bezahlt!)

Natürlich bekommen sie dafür bezahlt, und ich sage auch: teilweise zu wenig. Gerade im Pflegebereich besteht ein großer Bedarf, die Qualitätsstandards nach oben zu jus­tieren und natürlich auch die Arbeitsbedingungen zu verbessern. (Zwischenruf der Bun­desrätin Mühlwerth.– Das nur am Rande bemerkt.

Sie wollen mit dieser Maßnahme offensichtlich politisch punkten, nehmen aber in Kauf, dass Österreich immenser Schaden zugefügt wird. (Rufe bei der FPÖ: Dass Steuer­geld verschenkt wird! Das ist Angstmache!)

Wir haben 50 000 PersonenbetreuerInnen und Pflegekräfte, hauptsächlich Frauen, auf selbstständiger Basis, aber auch in den Pflegeheimen als HeimbetreuerInnen in den verschiedensten Bereichen. Sie pflegen unsere Eltern und Großeltern (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), leisten großartige Arbeit, weil es auf diesem Gebiet auch zu wenige österreichische Fachkräfte gibt. In anderen Ländern besteht der Bedarf genau­so. (Ruf bei der FPÖ: Für die Missstände in Wien ist die SPÖ zuständig!) Das heißt, es ist auch damit zu rechnen, dass da eine Abwanderungsbewegung eintritt. (Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Abgesehen davon droht noch weiterer Schaden, denn Sie treiben Österreich sehenden Auges in ein Vertragsverletzungsverfahren. Wir haben im Ausschuss auch die europa­politischen Grundlagen diskutiert. Es liegt auf der Hand, dass ein Vertragsverletzungs­verfahren zu erwarten ist. Das hat uns auch der Experte im Ausschuss durchaus in Aussicht gestellt, natürlich mit der gebotenen Vorsicht.

Ich kann Ihnen einige Bestimmungen zitieren, die sicherlich nicht zu ignorieren sein werden, zum Beispiel Artikel 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union: Verbot jeglicher Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.

Es gibt jede Menge Verordnungen, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb der Union betreffen, das Beschäftigungsprinzip, oder eine wei­tere Verordnung aus dem Jahr 2004, die besagt, dass Geldleistungen nicht gekürzt werden dürfen, weil Berechtigte oder Familienangehörige in einem anderen Mitglied­staat wohnen. Hier werden also jede Menge Bestimmungen einfach ignoriert.

Ebenso gilt das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Es wurde erst jüngst wieder durch die Entsenderichtlinie bestätigt und gilt natürlich auch für Beitrags­zahlungen und Beihilfen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen in gleicher Höhe zu Steuern, Abgaben und Sozialversicherung bei, erhalten künftig aber nicht die gleichen Beiträge, nicht die gleiche Leistung. – Das ist unionswidrig!

Dies kommt von jenen Parteien, die sich immer wieder, insbesondere im Zuge der Ratspräsidentschaft, als glühende Europäer, glühende Europäerinnen in die Öffentlich-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 74

keit stellen. Die Liebe zu Europa scheint jedoch zu verglühen, wenn es um das Wech­seln politischen Kleingeldes geht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Ja, Sie haben sich auch jüngst durchaus dazu bekannt. Wo ist denn da die Liebe zu Europa, zu den gemeinsamen Werten, auch zur Freizügigkeit der Menschen, dazu, dass man auch wirklich seinen Arbeitsort, seinen Wohnort innerhalb der Europäischen Union frei wählen kann? Hier wird es sehr große europapolitische Probleme geben. Dazu haben Sie nicht Stellung genommen.

Sie – also die Regierungsfraktionen beziehungsweise das Ministerium – haben ein Gutachten beauftragt, das von Professor Mazal erstellt wurde, der bisher eher im Be­reich der Sozialpolitik tätig war. Warum haben Sie zum Beispiel nicht gleich ein Eu­roparechtsinstitut beauftragt, ein Gutachten zu erstellen? Das wäre wahrscheinlich günstiger gewesen. Und noch günstiger, zum Nulltarif, hätten Sie es haben können, wenn Sie eine Anfrage direkt an die Kommission gestellt hätten.

Die Kommission, Hüterin der Verträge – Sie wissen das –, hätte Ihnen gleich authen­tisch und zum Nulltarif sagen können, wie es europarechtlich aussieht. Aber das woll­ten Sie offensichtlich gar nicht wissen, nein, Sie wollen politisches Kleingeld machen und treiben Österreich sehenden Auges in ein teures Vertragsverletzungsverfahren, das immens viel kostet. Aber das scheint Ihnen alles völlig wurscht zu sein.

Sie stellen Einsparungen in den Raum und haben überhaupt noch nicht kalkuliert, wel­cher Verwaltungsaufwand letztendlich die Folge sein wird. Man muss sich einmal vor­stellen, wie das in der Praxis abläuft; aber auch das scheint Ihnen völlig egal zu sein. Sie wollen nur Emotionen schüren. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt haben wir das eh schon sieben Mal gehört!) Sie wollen Neidkomplexe schüren, Sie wollen politisches Kleingeld schlagen, und das ist politisch-moralisch einfach zutiefst abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Ja, aber das, was Sie machen, auch!)

12.25


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. Ich erteile ihr dieses.


12.25.12

Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute die Ehre, als in der letzten Sitzung neu angelobtes Mit­glied des Bundesrates meine erste Rede hier im Plenum zu halten.

Bei den Tagesordnungspunkten 8 und 9 geht es um mehrere in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit intensiv und durchaus auch kontroversiell diskutierte Änderungen der Gesetzesmaterien im Bereich Familienlastenausgleich, Einkommensteuer und Ent­wicklungshilfe. Darüber hinaus wird das Familienlastenausgleichsgesetz dahin gehend geändert, dass Menschen mit Behinderung mit Eigenanspruch weiterhin die erhöhte Familienbeihilfe beziehen können.

Ab 1. Jänner 2019 sollen die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag an das Preisniveau der jeweiligen Staaten angepasst werden, wobei als Referenzwert die Leistungshöhe in Österreich herangezogen wird. Es geht also darum, die Familienbei­hilfe künftig nach der Kaufkraft jenes Landes zu indexieren, in dem das Kind wohnt. Das ist ebenso fair wie gerecht, da die österreichische Familienbeihilfe den Eltern Teile der Lebenshaltungskosten für ihre Kinder ersetzen soll, und diese Kosten variieren nun einmal zwischen fast allen Mitgliedstaaten der EU. Dies kann sowohl eine gewisse Re­duktion für Kinder, die etwa in osteuropäischen Ländern leben, bedeuten, aber durch­aus auch eine erhöhte Leistung für Kinder in nordischen Staaten oder in der Schweiz.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 75

Nicht nur ich als selbstständige Bilanzbuchhalterin weiß, dass Familienbeihilfe eine fa­milienrelevante Leistung und kein Lohnbestandteil ist. Familienbeihilfe ist somit keine Leistung, die durch ein Ansparen oder Einzahlen erworben wird, sondern stellt eine Sonderleistung dar. Die Familienbeihilfe finanziert sich bekanntlich aus Arbeitgeberbei­trägen und ein paar anderen Beiträgen. Das könnte in einem möglichen EU-Vertrags­verletzungsverfahren durchaus von entscheidender Bedeutung sein, wobei Österreich sowohl vor der EU-Kommission als auch vor dem Europäischen Gerichtshof mit guten Argumenten dasteht.

Anerkannte EU-Rechtsexperten, darunter auch der unter anderem auf Familienfor­schung, Arbeits- und Sozialrecht spezialisierte Professor Mazal, haben gutachterlich festgestellt, dass Österreich mit der Familienbeihilfe zwar Werte exportiert, aber keine Gehaltsbestandteile. Damit verstoßen wir meiner Meinung nach auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach Staatsangehörigkeit, sondern richten uns nach dem Wohnort, egal welcher Nationalität. Da könnte man jetzt viele Berechnungsbeispiele anführen, wie zum Beispiel jenes, dass österreichische Kinder, die in der Slowakei leben, diese Indexierung so treffen wird wie slowakische Kinder, die in der Slowakei leben.

Wenn man nun davon ausgeht, dass die Familienbeihilfe keine Leistung ist, die durch ein Ansparen oder Einzahlen erworben wird, sondern eine Sonderleistung darstellt, dann verstoßen wir auch nicht gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit als eine der Grund­freiheiten in der Europäischen Union. Nach dieser wäre es ja nicht erlaubt, dass bei gleichen geleisteten Beiträgen unterschiedliche Leistungsansprüche bestehen – aber das ist ja nicht der Fall.

Ein weiteres Argument könnte auch darin liegen, dass gerade im Vorfeld des Brexit die Europäische Kommission den Briten eine Indexierung von Familienleistungen angebo­ten hat und alle Mitgliedstaaten dem zugestimmt haben. Warum sollte das, was für die Briten gelten hätte sollen, nicht auch für uns Österreicher gelten? Die Kommission hat beim betreffenden Gesetzesvorschlag sogar selbst erklärt, dass es grundsätzlich mög­lich sein müsse, Familienleistungen national anzupassen.

Ich kann auch jene Befürchtungen nicht teilen, in denen infolge dieser Neuregelung der Familienbeihilfe jetzt plötzlich ein Pflegenotstand prophezeit wird. Fast drei Viertel der Pflegerinnen und Pfleger, die in Österreich tätig sind, befinden sich in einem Alter über 50. Es geht also um rund ein Viertel aller in Österreich tätigen PflegerInnen, die vor al­lem aus unseren östlichen Nachbarstaaten kommen.

Aber selbst mit der Indexierung würden wir zum Beispiel in Rumänien oder in der Slo­wakei noch deutlich über den dortigen Werten liegen. Das naheliegendste Beispiel stellt wohl Ungarn dar. Unser befreundeter Nachbarstaat aus der gemeinsamen Mo­narchiegeschichte zahlt aktuell rund 39 Euro Familienbeihilfe an die eigenen Familien. Wir zahlen derzeit rund 170 Euro, womit wir fast das Fünffache exportieren. Auch nach der Indexierung zahlen wir noch rund 100 Euro nach Ungarn, also immer noch das Zweieinhalbfache von dem, was Ungarn selbst bezahlt. In Lettland würde es zum Bei­spiel nach der Eurostatindexierung noch immer das Zehnfache sein.

Wie soll dieses umgeschichtete – also nicht: eingesparte – Geld in Zukunft eingesetzt werden? – Die daraus gewonnenen rund 100 Millionen Euro werden zukünftig für an­dere Familienleistungen in Österreich verwendet werden, was gegenüber unseren Bür­gerinnen und Bürgern wohl durchaus auch positiv gesehen werden kann.

Somit darf ich im Namen meiner Fraktion empfehlen, keinen Einspruch gegen die vor­liegenden Beschlüsse des Nationalrates betreffend Familienlastenausgleichsgesetz, Einkommensteuergesetz und Entwicklungshelfergesetz zu erheben. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.31



BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 76

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stög­müller. Ich erteile ihm dieses.


12.32.27

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte ZuseherInnen via Live­stream! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist wirklich ein Tag, an dem Sie, Frau Familienministerin, eigentlich den Zusatz „Familien“ aus dem Namen herausstreichen müssen, denn Sie agieren heute ganz bewusst gegen die Familien, gegen Menschen, die im Niedriglohnsektor und in der Pflege arbeiten. Es ist zum Schämen, was wir heu­te machen!

Die Regierung setzt auf kurzfristigen Populismus statt auf Rechtsstaatlichkeit. Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, die Sie jetzt gleich so gejammert haben, wissen ganz genau, dass die EU-Kommission bereits mehrmals ganz deutlich klargestellt hat, dass die Indexierung der Familienbeihilfe nach den Plänen dieser Regierung das EU-Recht verletzt. Sie wissen, dass wir ein Vertragsverletzungsverfahren nicht nur riskieren, son­dern bekommen werden. Das wissen Sie ganz genau, und das haben wir auch im Aus­schuss gehört. Sie wissen, dass das kommen wird.

Die Rechtsstaatlichkeit und die EU sind Ihnen komplett egal. Es ist eine Schande, dass die schwarz-blaue Regierung dieses rechtswidrige Vorhaben genau während des Rats­vorsitzes umsetzt. Es zeigt auch, wie antieuropäisch diese Regierung in diesem Fall handelt. Es kommt Ihnen sehr wahrscheinlich nicht einmal ganz ungelegen, dass Se­bastian Kurz mit diesem Vorhaben ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich riskiert, weil Sie dann diese Bundesregierung als angebliches Opfer der Europäischen Union, der EU, inszenieren können. Das kommt Ihnen nicht ungelegen. – Das Ganze ist zum Schämen!

Man muss sich einmal überlegen, worüber wir überhaupt diskutieren. Jeder und jede hier im Plenarsaal kennt die angespannte Situation in der Pflege älterer Menschen. Die Pflegeheime sind voll. Es gibt zu wenige Fachkräfte und schon seit geraumer Zeit ei­nen Ansturm auf die 24-Stunden-Pflege. (Ruf bei der ÖVP: Betreuung!) – Oder Betreu­ung, ja, wenn wir ganz korrekt sind.

Jetzt wäre es eigentlich super, wenn sich die Regierung dazu einmal die Qualitätskri­terien, die Ausbildungsqualität, die Scheinselbstständigkeit, die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung für diese 24-Stunden-Betreuungshilfen genau anschauen und end­lich Maßnahmen, wie wir Grüne sie schon lange fordern und es, seit die Problematik aufgekommen ist, auch immer wieder mit Entschließungsanträgen versuchen, setzen würde.

Aber nein, das tut die Regierung nicht, sondern sie verschärft massiv die Situation für die Menschen, die Pflege brauchen und gerne die letzten Jahre zu Hause, dort, wo sie sich wohlfühlen und die Umgebung kennen, verbringen möchten.

Durch die Indexierung der Familienbeihilfe wird sich die Situation nicht entspannen, im Gegenteil. Vier Fünftel der 45 000 Betreuungsfälle – vier Fünftel! – werden durch 24-Stunden-Betreuungskräfte aus Rumänien und der Slowakei betreut, und nur 96 Menschen von Pflegerinnen und Pflegern aus Österreich. Ich möchte auch nicht den Teufel an die Wand malen. Es wird jetzt nicht der gesamte Pflegebereich zusam­menbrechen; das glaube ich trotzdem nach wie vor nicht, nein. Dennoch: Ein Drittel der knapp 87 000 nicht-österreichischen 24-Stunden-BetreuerInnen, die unsere älteste Ge­neration pflegen, haben Kinder, ein Drittel, und das sind dann 29 000 Menschen, die mit weniger Geld nach Hause gehen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen auch, unter welchen Arbeitsbedingungen diese Menschen arbeiten und wie viel sie für ihre Arbeit bekommen. Das ist ein Nied-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 77

riglohnsektor, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Ihnen neidet man jetzt ir­gendwie auch noch das bisschen moralischen Anstand gegenüber ihren Kindern, die zu Hause sind und zwei Wochen auf ihre Mutter verzichten müssen, nämlich auch noch das letzte Geld. Das ist für mich moralisch nicht vertretbar. Das ist peinlich und verwerflich. Wofür machen wir das Ganze? – Für rechtswidrigen Populismus auf den Schultern von Menschen, die sich nicht wehren können.

Österreich wird verklagt werden, weil es gegen geltendes EU-Recht verstößt. Das ist Faktum. Sie riskieren nicht nur ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, Frau Ministerin, sondern es besteht auch die Gefahr, dass die Mehrheit der TrägerIn­nen der 24-Stunden-Pflege oder -Betreuung vergrault wird und ins Ausland, zum Bei­spiel nach Deutschland, gehen wird, und das ist ein schwerer Fehler zum Nachteil für die pflegenden Angehörigen, die noch mehr belastet werden, und auch für die Bundes­länder, die dann finanziell noch mehr belastet werden und die Herausforderungen zu tragen haben.

Auch das Einsparungspotenzial, auf das Sie ja so pochen, ist zu hinterfragen, Frau Mi­nisterin, das wissen Sie doch. Im Ministerialentwurf, der vorgelegt worden ist, war noch die Einsparung bei den Auslandsbeamten beinhaltet. Ihre Beamten haben dazu in den Erläuterungen für die Sinnhaftigkeit der Streichung für die Auslandsbeamten geworben und darauf hingewiesen, wie wichtig das auch im Hinblick auf den Gleichbehand­lungsgrundsatz wäre. Man hat im Ministerium nicht versucht, mit allen Mitteln jede Ungleichbehandlung auszuschöpfen, immer mit dem Auge auf das Vertragsverlet­zungsverfahren, das wissen Sie ganz genau, aber natürlich wurde es auf Druck an­derer Ministerien gestrichen. Nicht dass ich den Auslandsbeamten irgendetwas nicht gönnen würde – wir können gerne ein anderes Mal diskutieren, was sie bekommen und so weiter und so fort –, aber es entsteht eine massive Ungleichbehandlung.

Zum Einsparungspotenzial habe ich vor ein paar Monaten eine Anfrage an alle Minis­terien gestartet und abgefragt, wie viel Geld diese Auslandsbeamten überhaupt für ihre 1 073 Kinder bekommen. Mit Geld meine ich die Kostenerstattung beziehungsweise die Sonderleistungen für Auslandsbedienstete, die im dienstrechtlichen Zusammen­hang mit der Familienbeihilfe stehen und hätten gestrichen werden sollen. Es waren im Jahr 2017 knapp 31,6 Millionen Euro.

Das heißt, wenn man den Ministerialentwurf ernst genommen hätte, wären 31,6 Millio­nen Euro nicht mehr ausbezahlt worden. Das hat man jetzt gestrichen. Das heißt, das Einsparungspotenzial ist jetzt gegenüber jenem aus der Kostenabschätzung viel ge­ringer. Das heißt, 31,6 Millionen für die Auslandsbeamten – das wäre ein Drittel des Einsparungspotenzials – werden nicht gestrichen, aber sehr wohl das Geld für die Pfle­gerInnen. Das zeigt das soziale Gewissen dieser Bundesregierung, das ist die Fair­ness, von der wir immer wieder hören. – Ja, das ist es.

Das bringt mich noch zum letzten Punkt, zur Änderung des Familienlastenausgleichs­gesetzes. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass es aufgrund einer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Problematik für Menschen mit Beeinträchtigung kommt beziehungsweise gekommen ist. Das ist der nächste Punkt.

Dazu hat es einen Initiativantrag im Nationalrat gegeben, der sehr plötzlich eingebracht wurde. Und da ich nicht nur schimpfen möchte, sage ich – das wissen vielleicht auch die Kollegen – auch etwas Positives, wenn es etwas Positives gibt; daher tue ich das auch nun gerne: Man hat hier doch relativ rasch gehandelt, wozu es aber massiven Druck vonseiten der Behindertenverbände und -organisationen gebraucht hat, damit ei­ne Lösung gefunden wurde, die nun auch gemacht wurde.

Leider viel zu spät sind die Behindertenorganisationen eingebunden worden, was von ihnen, glaube ich, immer wieder bekrittelt wurde. Es hat einen Round Table gegeben,


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das werden Sie sicher dann auch noch erzählen, dennoch hat eine größere Einbe­ziehung und Einbindung der wichtigen Behindertenorganisation gefehlt, was zu mas­siver Verunsicherung in den ExpertInnenkreisen geführt hat. So haben zum Beispiel der Österreichische Behindertenrat, die Lebenshilfe, die Ombudsstelle für Menschen mit Behinderung, die Behindertenanwaltschaft, Bizeps und so weiter uns Abgeordne­te – Sie werden das sicher ebenso erhalten haben – gewarnt, diesen Entschließungs­antrag ohne weitere Beratung und Abklärung, was es eigentlich bedeutet, wenn er in Kraft tritt, zu unterschreiben oder zu unterstützen.

Die Behindertenorganisationen warnen vor weiteren Streichungen der erhöhten Fami­lienbeihilfe. Die Message Control der Bundesregierung wird uns nachher wieder erzäh­len, es sei keine Verschlechterung, sondern – ganz im Gegenteil – eine Besserstel­lung. Das werden wir dann hören.

Was trotzdem aufseiten der ExpertInnen und Betroffenen übrig bleibt, sind massive Unsicherheit, massive Unsicherheit der Betroffenen – das ist klar –, sowie das Nicht­einbeziehen von Behindertenorganisationen und das Vergraulen dieser Behindertenor­ganisationen und -expertInnen.

Wenn es auch heute einen Entschließungsantrag gibt, auf den ich mich nun beziehe und den wir natürlich unterstützen werden, in welchem das sogenannte Monitoring an­gesprochen ist, möchte ich doch pragmatisch an Sie appellieren, Frau Ministerin: Neh­men Sie das Wort Monitoring wirklich ernst! Es soll keine Evaluierung sein, wie wir sie kennen, es soll nicht ein Jahr lang gewartet werden, bis wir, die Behindertenorganisa­tionen und das Parlament, Zahlen vorgelegt bekommen.

Nehmen Sie das Wort Monitoring wirklich ernst! Es bedeutet laufende Kontrolle der Umsetzung und Transparenz auch gegenüber dem Parlament. So steht es auch im Entschließungsantrag und das ist mir ganz wichtig, um die Zahlen vorliegen zu haben und entsprechend eingreifen zu können, wenn es Probleme gibt. Ich glaube, dies wäre auch für die Behindertenorganisationen und die Menschen, die es betrifft, sinnvoll, denn wie so oft geht es um Menschen, die oftmals keine Möglichkeit haben, sich zu wehren. Für sie werden wir uns auch weiterhin, auch hier im Bundesrat, einsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42


Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich begrüße Herrn Bundesminister Ing. Norbert Ho­fer. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich erteile ihr dieses.


12.42.41

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Werte KollegInnen! Hohes Haus! Mein Vorredner hat recht sprudelnd hier am Rednerpult geredet, ich habe schon Angst gehabt, dass er keine Luft mehr kriegt, dennoch weise ich die Worte Schande, schämen, moralischer An­stand für diese Bundesregierung auf das Schärfste zurück! (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenrufe des Bundesrates Stögmüller sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Die Familienbeihilfe in Österreich ist ein wichtiges Instrument zur Entlastung von Fami­lien mit Kindern. Ich würde sogar sagen, es ist das zentrale Instrument in der Fami­lienpolitik. Genau dieses gilt es für die Zukunft zu erhalten.

Österreich nimmt derzeit circa 10 Prozent seines Budgets für Familienleistungen in die Hand, ein Großteil davon ist für die Familienbeihilfe. Wenn diese an die Lebenshal­tungskosten im EU-Ausland angepasst wird, dann sollte das doch wohl gerecht sein. Das ist völlig in Ordnung.


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Darum geht es bei der Indexierung. Sie ist eine Anpassung an die Lebenshaltungs­kosten, an die Kaufkraft in den jeweiligen Ländern. Der Euro ist ja, obwohl wir in einer Europäischen Union leben, leider nicht überall gleich viel wert. Die Familienbeihilfe dient dazu, die Lebenshaltungskosten für Kinder zum Teil abzudecken. Wenn aber in den Ländern Europas die Lebenshaltungskosten unterschiedlich hoch sind, dann ist es ja wohl gerecht, damit anzufangen, die Familienbeihilfe anzupassen. Dort, wo das Le­ben teurer ist, bekommen die Menschen in Zukunft mehr Familienbeihilfe, dort, wo es günstiger ist, wird sie an das Niveau angepasst. Genau darum geht es bei der In­dexierung, bei der Anpassung der Familienbeihilfe. Das bedeutet Fairness und Ge­rechtigkeit.

Diese Bundesregierung hat sich für Fairness und Gerechtigkeit ausgesprochen. Sie wird die Familienbeihilfe Neu nicht einfach über einen Kamm scheren oder Daumen mal Pi rechnen. Nein, die Familienbeihilfe wird nach dem Eurostatindex angepasst. Was ist daran schlimm, bitte? Es kommt zu keiner Streichung der Familienbeihilfe, son­dern es kommt zur Anpassung an die jeweiligen Lebenshaltungskosten in den Län­dern, und das ist gerecht. – Oder wollen Sie etwa österreichische Kinder benachteili­gen? Die können nichts dafür, dass sie in einem Land aufwachsen, in dem das Leben extrem teuer ist, in dem man vielleicht für einen Euro nur die Hälfte oder gar nur ein Drittel dessen bekommt, was man in anderen europäischen Ländern bekommt. Daher muss die Familienbeihilfe zukünftig eben an die Kaufkraft des jeweiligen Aufenthalts­staates des Kindes angepasst werden.

Mit dieser Indexierung können wir über 100 Millionen Euro sparen, Geld, das wir drin­gend für weitere Familieninitiativen benötigen, vor allem wenn man weiß, dass der Re­servefonds der Familienbeihilfe im Minus ist. Es wäre fahrlässig, anders zu handeln. Ich sage sogar, das wäre mit Vorsatz gedacht. Das haben wir unter der Vorgängerre­gierung, also jener mit roter Beteiligung, ja zur Genüge gehabt, dass Geld hinausge­schmissen worden ist. (Ruf bei der SPÖ: Na geh ...!) Es wäre fahrlässig – und ich sage, mit Vorsatz –, dann, wenn dieser Fonds im Minus ist, nicht zu sparen zu begin­nen für die österreichischen Kinder, für Kinder, die in Österreich leben, für Kinder, für die das Leben sehr teuer ist.

Schauen wir uns die Zahlen weiter an: Im Jahr 2002 haben wir nur für 1 500 Kinder die Familienbeihilfe ins EU-Ausland exportiert. Jetzt sind wir bei 130 000 Kindern, für die wir die Familienbeihilfe ins EU-Ausland exportieren. Das ist eine Summe von circa 250 Millionen Euro. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Diese 250 Millionen Euro sind eine Sozialleistung. Es ist eine Sozialleistung und kein Lohnbestandteil! Es ist keine Ver­sicherungsleistung, sondern eine Sozialleistung der Republik Österreich, wobei aber das Geld nicht wieder in dieser Republik ausgegeben wird, sondern in den jeweiligen Ländern. Somit hat der Wirtschaftskreislauf in Österreich keinen Vorteil davon.

Haben Sie sich schon einmal die Höhe der Familienbeihilfe in den einzelnen europäi­schen Ländern angeschaut? – Da sind teilweise erschreckende Zahlen dabei: 11 Euro, 23 Euro, 39 Euro, 40 Euro. Auch indiziert und angepasst bekommen diese Menschen noch ein Vielfaches von dem, was die eigenen Länder für ihre Kinder auszahlen. Dem aber noch nicht genug. Haben Sie schon gesehen, dass in Europa die Familienbeihilfe auch einkommensabhängig gemacht wird? Das alles gibt es in Österreich nicht. Uns und dieser Bundesregierung ist wirklich jedes Kind gleich viel wert, nur muss die Bei­hilfe eben an die jeweiligen Lebenshaltungskosten angepasst werden.

Jetzt noch ein persönliches Wort von mir: Was mir immer wieder sehr wehtut, ist, wenn junge Menschen zu mir sagen: Ich kann mir keine Kinder leisten! – Mir tut das wirklich weh. Ich kann mir ein Paar Schuhe leisten, ich kann mir eine neue Handtasche leisten, aber wenn ich anfangen muss zu überlegen: Kann ich mir ein Menschenleben leisten, kann ich mir ein oder vielleicht gar mehrere Kinder leisten?, dann stimmt doch im Sys-


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tem irgendetwas nicht. Das tut mir elendig weh. (Ruf bei der SPÖ: Wird jetzt irgend­etwas besser dadurch? Haben wir jetzt mehr Kinder?!) Es tut mir elendig weh, wenn sich junge Menschen nicht mehr über eine Familiengründung drübertrauen, weil alles so teuer ist.

Deshalb freut es mich, dass diese Bundesregierung den Mut hat, Geld für Familien in die Hand zu nehmen, jungen Menschen unter die Arme zu greifen, ihnen die finanzielle Last von den Schultern zu nehmen. Es freut mich, dass mehr Fairness und Gerech­tigkeit in diesem Land angekommen sind. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.48


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses.


12.49.16

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich jetzt dem Themenkomplex der Familienbeihilfe für Personen mit Behin­derung widmen. Bei der Beschäftigung mit diesem Thema wurde mir wieder einmal be­wusst, wie komplex diese Materie eigentlich ist. Ich zolle allen betroffenen Personen, die sich hier zurechtfinden und herausfinden müssen, worauf sie Anspruch haben oder auch nicht, großen Respekt. Das ist schon ganz schön kompliziert und komplex.

Zur vorliegenden Gesetzesnovelle hat meine Fraktion einerseits inhaltliche Kritik, aber auch Kritik, was die Vorgehensweise betrifft, anzubringen.

Zuerst zur Vorgehensweise: Die Art und Weise, wie diese Gesetzesnovelle oder Ge­setzeskorrektur zustande gekommen ist, ist ein Musterbeispiel dafür, wie von dieser Regierung aktuell öfter Politik gemacht wird, nämlich dass plötzlich ein Entwurf fast ein bisschen nach dem Motto: Schau’n wir mal, was passiert, schau’n wir mal, wie groß die Kritik daran ist, ob überhaupt jemand merkt, was passiert, ob es einen Aufschrei gibt!, in die Öffentlichkeit kommt. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – In diesem Fall kann man sagen, der Aufschrei war zu Recht sehr groß.

Es gab die große Angst der betroffenen Personen, dass durch diese Korrektur auch ei­ne Verschlechterung ihrer Situation zustande kommt. Dann ist der übliche Reflex der, dass eine Korrektur angekündigt wird, die mehr oder weniger tiefgreifend ist. In diesem Fall hat sich am Gesetz dann nichts geändert. Schlussendlich wird behauptet, es ist ja alles nicht so schlimm, wie wir es ursprünglich einmal vorgesehen oder angedacht hatten.

Ich denke, wir alle erinnern uns an den Aufschrei im Sommer. Die Korrektur, die dann in Aussicht gestellt wurde, wurde von den Betroffenen und den Behindertenverbänden erneut kritisiert, weil die angekündigte Korrektur nicht weit genug gegangen wäre.

Dann hat begrüßenswerterweise ein Round-Table-Gespräch, ein runder Tisch mit Ver­tretern und Vertreterinnen der Behindertenverbände stattgefunden – leider eben relativ zum Schluss dieses ganzen Prozesses. Immerhin aber wurde zugesichert, dass die ExpertInnen und Betroffenen in die Erarbeitung zumindest eines Einführungserlasses für die Finanzämter eingebunden werden. Das wurde zugesichert, und ein laufendes Monitoring – mein Kollege David Stögmüller hat es vorhin erwähnt – sowie eine Eva­luierung ein Jahr nach Inkrafttreten, die auch ins Parlament kommen soll, wurden an­gekündigt.

All das begrüßen wir natürlich. Dennoch hatten wir Kontakt mit dem Österreichischen Behindertenrat und haben gefragt, was sozusagen nach diesem Round Table an Kritik und Verunsicherung offenbleibt. Es sind im Wesentlichen – zusammengefasst – vier


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Punkte, die nach wie vor kritisiert werden: Diese Reparatur des Gesetzes – ich habe es vorhin schon erwähnt – geht nicht weit genug und passt sich vor allem nicht an die Wirklichkeit und die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung an. Sie leben mittler­weile in verschiedensten Lebensformen, und dem wird das nicht gerecht. Es wird von diesen Organisationen nach wie vor kritisiert, dass nicht wirklich Rechtssicherheit be­steht, dass also nach wie vor Dinge unklar sind, wie sie wohl ausgelegt werden und wie sie zum Zuge kommen. Es wird auch befürchtet, dass es in manchen Punkten tat­sächlich zu einer Verschlechterung gegenüber dem Jetztstand kommen könnte. Das spielt wieder auf die Rechtsunsicherheit an, da mit manchen Begriffen nicht ganz klar gearbeitet wurde. Letzter Punkt, der uns als Kritik genannt wurde: Es ist nach wie vor nicht wirklich gewiss, wie sich die rückwirkende Einführung dieser Novelle tatsächlich auswirken wird.

Auf gut Deutsch: Die Behindertenvertreter und -vertreterinnen befürchten, dass es möglicherweise für viele, viele Betroffene zu Kürzungen, zu einer Verschlechterung kommen könnte. Diese Bedenken sind für uns Grund genug, das ernst zu nehmen, sodass wir, auf diese Kritik und auf diese Befürchtungen hörend, leider nicht zustim­men können.

Für uns ist es ein Prinzip, als Politikerinnen und Politiker skeptisch zu bleiben, solange ein Zweifel besteht und nicht auszuschließen ist, dass es für Menschen, die sowieso schon eine relativ schwierige Ausgangslage haben, eventuell zu Verschlechterungen kommen könnte. Meine Fraktion kann daher dieser Gesetzesnovelle nicht zustim­men. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

12.54


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß. – Bitte.


12.55.08

Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß: Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesräte! Sehr ge­ehrte Österreicherinnen und Österreicher zu Hause! Ich bin Frauenministerin, Familien­ministerin und Jugendministerin, und ich mache das alles sehr, sehr gerne, und gerade als Familienministerin bin ich wirklich stolz darauf, dass Österreich 10 Prozent des Bundesbudgets für Familien ausgibt. Seit wir in dieser Regierung zusammenarbeiten, haben wir uns auch für den Familienbonus entschieden, mit dem wir Familien mit bis zu 1 500 Euro pro Kind und Jahr von der Steuer entlasten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Novak: Nicht alle!)

Wir haben uns hier ganz bewusst für eine Steuerentlastung entschieden, weil wir sa­gen, jene, die arbeiten gehen, das Sozialsystem stützen, Lohnsteuer bezahlen und ne­benbei Kinder erziehen – und diese Arbeit wertschätzen wir sehr –, sollen auch von der Steuer entlastet werden. Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen, denn wir werden vor allem Mittelverdiener und Geringverdiener entlasten. Wenn Sie 1 700 Euro brutto verdienen und ein Kind haben, werden Ihnen am Ende des Jahres 1 500 Euro mehr zum Leben bleiben. Ich danke dafür, das ist eine wunderschöne Entlastung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Das ist eine wunderschöne Entlastung für die Familien in Österreich, und ich bin stolz darauf, in dieser Regierung Familienministerin sein zu dürfen.

Aber ich sagte es schon, wir wenden 10 Prozent des Bundesbudgets für Familien auf, und unsere Leistungen sind sehr treffsicher. Die Familienbeihilfe ist nur ein Teil davon. Wir zahlen Kinderbetreuungsgeld, damit sich Eltern zu Hause nach der Geburt ihren Kindern widmen können. Wir zahlen Fahrtenbeihilfe für alle Kinder in Österreich. Wir zahlen die Schulbücher. Ich glaube, es gibt wirklich ganz tolle Familienleistungen. Wir


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zahlen den Härteausgleich, wenn es Familien wirklich schlecht geht. Wie gesagt, ich bin wirklich stolz darauf.

Um zur Familienbeihilfe zu kommen: Die Familienbeihilfe soll, wie heute schon einige Male erwähnt wurde, einen Teil der Lebenshaltungskosten ersetzen. Ich glaube, die Österreicher und Österreicherinnen wissen sehr wohl, dass die Lebenshaltungskosten in den europäischen Mitgliedstaaten unterschiedlich hoch sind und es daher der Bun­desregierung um Gerechtigkeit und Fairness geht, denn sonst wären wir ja ungerecht den Kindern gegenüber, die in Österreich leben, weil hier die Lebenshaltungskosten sehr hoch sind.

Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen – Ungarn wurde schon genannt – und darf auf Lett­land eingehen: Lettland zahlt 11 Euro – ich möchte es wiederholen: 11 Euro! – Fami­lienbeihilfe. Wenn wir die österreichische Familienbeihilfe dorthin exportieren, zahlen wir derzeit die 15-fache Leistung. Mit der Eurostatindexierung werden wir noch immer die zehnfache Leistung dessen zahlen, was dieses Land als Familienbeihilfe hergibt. Ich glaube, das ist noch immer wesentlich mehr, und zwar in allen Ländern, in denen wir die Familienbeihilfe indexieren, als diese Länder selbst zahlen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Um auf die Rechtslage zurückzukommen: Ich glaube, Sie alle wissen, die Europäische Kommission hat seinerzeit Großbritannien vorgeschlagen, die Familienbeihilfe zu inde­xieren. Und ich möchte es auf den Punkt bringen: Wenn die Europäische Kommission einem Mitgliedstaat etwas vorschlägt und alle Mitgliedstaaten des Europäischen Rates dabei sind, warum soll dann etwas, das für ein Mitgliedsland gilt, nicht für alle Mit­gliedstaaten gelten? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das entspricht genau dem, was sich unsere Bundesregierung vorgenommen hat, näm­lich für mehr Gerechtigkeit und Fairness zu arbeiten, für mehr Gerechtigkeit und Fair­ness zu sorgen, und das machen wir auch mit der Indexierung der Familienbeihilfe.

Ich darf dennoch auch kurz auf die Pflegerinnen eingehen, die von Ihnen erwähnt wur­den. Wir brauchen diese Pflegerinnen, sie sind sehr wichtig für uns, und wir wertschät­zen die Tätigkeiten, die sie in Österreich leisten. Natürlich kann man darüber auch dis­kutieren, dass ihre Gehälter, ihre Löhne anzupassen sind, aber die Familienbeihilfe ist kein Lohnbestandteil. Es ist eine Vortäuschung falscher Tatsachen, wenn man das als Lohnbestandteil in dem Inserat angibt. (Bundesrätin Mühlwerth: Wie immer bei der SPÖ: gezielte Falschmeldung, das kennen wir schon!) Ich möchte auch sagen, dass das durchschnittliche Alter der Pflegerinnen über 50 Jahre ist und – Sie haben es ja selbst bereits erwähnt – nur ein Viertel der Pflegerinnen überhaupt Kinder im Alter un­ter 18 hat.

Lassen Sie uns den Tatsachen ins Auge sehen: Die Pflegerinnen verdienen in den Ländern, aus denen sie kommen (Ruf bei der FPÖ: Noch weniger!), wesentlich we­niger als bei uns, die Lebenshaltungskosten sind dort wesentlich geringer und die Durchschnittsgehälter machen oft nur ein Drittel oder 50 Prozent von dem aus, was sie bei uns bekommen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Dennoch möchte ich mich bei allen, die zu uns als Pflegerinnen kommen und diese Arbeit in Österreich leisten, bedanken.

Ich möchte auch auf das zweite Thema eingehen, das Sie erwähnt haben, zwar nur wenige von Ihnen, aber doch einige: Es geht um die erhöhte Familienbeihilfe für Behin­derte mit Eigenbezug. Ich habe schon im Nationalratsplenum betont, dass man den Wert einer Gesellschaft daran erkennt, wie sie mit den Schwächsten umgeht. Sie ha­ben es selbst erwähnt: Es gab ein Urteil, ich habe von diesem Urteil gehört und sofort gesagt: Lassen Sie uns das reparieren! Es geht nicht an, dass Behinderte mit Eigen­bezug in Zukunft weniger erhöhte Familienbeihilfe bekommen. Deswegen haben wir das sofort in Angriff genommen.


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Ich glaube, dass es für die Behinderten mit Eigenbezug nur gut ist, dass wir da sofort, schnell und umgehend eine Gesetzeskorrektur gemacht haben, die in Zukunft den Status quo wieder herstellen wird. Es wird kein Behinderter, keine Behinderte mit Ei­genbezug in Zukunft weniger bekommen als bisher. Das ist mir ganz wichtig zu beto­nen, und das haben wir ganz schnell erledigt. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass diese Gesetzeskorrektur sofort stattgefunden hat. Es wurden auch keine Be­scheide eingemahnt, es wurden keine Bescheide exekutiert. Es gab bis jetzt noch kei­ne Reduktion und es wird keine geben. Darauf bin ich stolz, dass wir das so schnell ge­meinsam umsetzen konnten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Nur eines irritiert mich, und das finde ich den Behinderten gegenüber total unfair: Sie schüren Unsicherheit, einige von Ihnen sorgen für Verunsicherung. Großartig (in Rich­tung SPÖ), Sie sind offensichtlich nicht dafür, das Gesetz zu korrigieren. Ja wofür sind Sie denn dann?

Wir hatten die Behindertenorganisationen bei uns. Wir haben alle Fallbeispiele, die Sie gebracht haben, widerlegen können. Alle Beispiele, die Sie eingebracht haben, sind mit unserem Gesetz korrigiert, und wir machen ein Monitoring – Sie haben es selbst ge­sagt –, damit wir selbst sehen, ob wir wirklich alles damit korrigiert haben. – Und Sie (in Richtung SPÖ) schüren Verunsicherung auf dem Rücken der Schwächsten?! Wollen Sie das wirklich? (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nein, ich möchte das nicht! Deshalb haben wir dieses Gesetz sofort korrigiert. Ich möchte mich bei allen bedanken, die dazu einen Beitrag geleistet haben (Zwischenruf des Bundesrates Beer), damit es da eine Unterstützung gibt. Herzlichen Dank. (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ. Bundesrat Beer: Wo macht man denn so etwas? Jetzt krieg’ ich einen Grant!)

13.05


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Kern. Ich erteile ihr dieses.


13.05.35

Bundesrätin Sandra Kern (ÖVP, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Geschätzte Frau Minister! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Juliane, ich bin dir wirklich dankbar für deine Wortmeldung. Es ist jetzt ein bisschen schwierig, da hintennach noch etwas zu sagen, aber ich möchte der Bundesregierung Danke sagen. Danke für den Mut, den sie hat, heiße Themen nicht nur anzusprechen, sondern auch umzusetzen! Ich danke dieser Regierung, dass sie die Dinge, die sie in einer Regie­rungsvereinbarung ausgehandelt hat, auch umsetzt. Und ich danke unserer Ministerin, dass sie eine starke Partnerin von Familien, Jugendlichen und Kindern ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Bedanken möchte ich mich auch in eigener Sache, weil diese Initiative von Niederös­terreich ausgegangen ist. Unser Sozialsprecher Landtagsabgeordneter Toni Erber (Bun­desrätin Grimling: Das ist genau der Richtige!) hat schon 2014 im Landtag einen Re­solutionsantrag zum Thema Leistungsanpassung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder gestellt. Nach weiteren fünf Initiativen und vielen Gesprächen und viel Arbeit hat sein Engagement, das Engagement eines niederösterreichischen Fraktions­vorsitzenden, jetzt Wirkung gezeigt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich darf die Fakten noch einmal zusammenfassen. Liebe Elisabeth (in Richtung Bun­desrätin Grimling), ich könnte jetzt natürlich mit Zitaten von Faymann, Kern und Stöger kommen, die alle einmal eine Indexierung der Familienbeihilfe gefordert haben. Das mache ich aber nicht, weil ich euch gerne davon überzeugen würde, dass es richtig ist, bei diesem Antrag mitzugehen. (Bundesrätin Grimling: Das wird nicht gelingen!)


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Die Familienbeihilfe soll einen Teil von erhöhten Lebenshaltungskosten abdecken. – Ich bleibe einmal bei den Dingen, worin wir uns einig sind. Ich glaube, wir sind uns da­rin einig, dass die Familienbeihilfe eine Sozialleistung und kein Gehaltsbestandteil ist. Und ich glaube, wir sind uns darin einig, dass der Hausverstand sagt, dass 100 Euro in Ungarn einen anderen Wert haben als 100 Euro in Österreich und 100 Euro in Belgien und dass man 100 Euro für Kinder in Ungarn ganz anders einsetzen kann. Ich bleibe beim Beispiel meiner Kollegin: Die Ungarn bezahlen 39 Euro, wir zahlen jetzt dann 100 Euro – das ist noch immer das Zweieinhalbfache! Wir zahlen nach Belgien mehr, denn in Belgien sind die Lebenshaltungskosten höher. Ich glaube, dass das ein euro­päisches Thema ist, dass das eine neue Gerechtigkeit in Europa zustande bringen wird.

Ich darf auch noch zum Thema Pflegenotstand, Betreuungsnotstand – wie auch immer es genannt wird – vielleicht ein, zwei Aspekte anführen. Unsere Familienministerin hat es gesagt: 75 Prozent der Pflegerinnen sind über 50 Jahre alt. Man kann sich auch wieder mit ein bisschen Hausverstand ausrechnen, wie viele davon Familienbeihilfe er­halten, nämlich an die 25 Prozent. Ich möchte aber auch anmerken, dass eine Pfle­gerin in Ungarn 700 Euro und eine Pflegerin in Österreich um die 2 000 Euro verdient. Dafür gibt es Lohndumpinggesetze, dafür gibt es ganz andere gesetzliche Richtlinien, die das regeln. Da geht es nicht um eine Sozialleistung.

Ich möchte schon anführen – und schließe mich da unserer Familienministerin an, die ist mir da zuvorgekommen –, dass es mir wirklich immer ein großes Anliegen ist, dass wir als Politikerinnen und als Politiker die Verantwortung haben, Bürgerinnen und Bür­ger zu begleiten, sie zu unterstützen, ihre Rechte zu stärken, sich für ihre Anliegen ein­zusetzen. Unser Job ist es nicht, Angst zu machen! Unser Job ist es doch nicht, Panik vor der Zukunft zu machen, unser Job ist es doch nicht, alles schlechtzureden, was ak­tuell passiert!

Der letzte Punkt: die Europarechtswidrigkeit dieses Gesetzes. Auch dazu darf ich kurz noch etwas sagen, auch wenn es eine Wiederholung ist; ich verstehe nicht, was so schwer daran zu verstehen ist. David, du kannst schon den Kopf schütteln, aber was ist so schwer daran zu verstehen? (Bundesrat Stögmüller: Du warst im Ausschuss gar nicht dabei!) – Lass mich doch einmal ausreden!

Die Europäische Kommission war es – das wurde heute schon zwei Mal angespro­chen, einmal von Juliane und einmal von Elisabeth –, die Europäische Kommission war es, die den Briten eine Indexierung der Familienbeihilfe vorgeschlagen hat. Alle Regie­rungsspitzen von allen EU-Ländern haben damals zugestimmt. Innerhalb der EU wer­den auch die Beamtengehälter an das ortsübliche Niveau angepasst. Diäten bei Dienstreisen werden aufgrund der Herkunftsländer nach verschiedenen Kriterien be­rechnet. Wenn selbst innerhalb von Europa solche Regelungen gelten, dann kann man doch jetzt nicht sagen – wie hast du gesagt? –, das ist eine Schande, wie die öster­reichische Politik da vorgeht! (Bundesrat Stögmüller: Ist es!)

Wenn es in Europa diese Indexierung schon gibt, dann, bitte, seien wir uns doch einig darin – ich sage es noch einmal –, dass 100 Euro in Ungarn und 100 Euro in Belgien und 100 Euro in Österreich einen unterschiedlichen Wert haben und dass diese Sozial­leistung an die jeweiligen Lebenshaltungskosten angepasst werden soll.

Abschließend: Ich darf die Kolleginnen und Kollegen wirklich bitten und dazu einladen, die Parteibrille abzunehmen (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling) und dem Haus­verstand mit der Zustimmung zu diesem Gesetz eine Chance zu geben. Wir werden diese Initiative selbstverständlich unterstützen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Ich darf jetzt noch folgenden Entschließungsantrag einbringen:


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Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Karl Bader, Monika Mühlwerth, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbeziehung von Behindertenorganisationen in die Erarbeitung des Einführungserlasses und Evaluierung der Neuregelung“

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 9: Beschluss des Nationalrates vom 24. Ok­tober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 geändert wird (386/A und 292 d.B.)

Die unterfertigten Bundesräte stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend wird ersucht,

-        Behindertenorganisationen in die Erarbeitung des an die Finanzämter adres­sierten Einführungserlasses zur Vollziehung der gegenständlichen Sicherstel­lung der erhöhten Familienbeihilfe für alle Menschen mit Behinderung, die bis­her einen Eigenanspruch hatten, einzubeziehen und

-        die Vollziehung dieser Bestimmungen auf Basis eines laufenden Monitorings im Hinblick auf Einzelfälle und Gesamtvolumen ein Jahr nach Inkrafttreten einer Evaluierung zu unterziehen und diese in Form eines Berichts dem Parlament zuzuleiten.“

*****

(Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.12


Vizepräsident Ewald Lindinger: Der von den BundesrätInnen Bader, Mühlwerth, Todt, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Einbe­ziehung von Behindertenorganisationen in die Erarbeitung des Einführungserlasses und Evaluierung der Neuregelung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist jetzt Bundesrat Reinhard Todt. Ich erteile ihm dieses.


13.13.11

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Ich werde meine Unterstützung dieses Ent­schließungsantrages jetzt zurückziehen, und ich bitte, das jetzt tun zu können. Ich begründe das wie folgt: Die Frau Bundesministerin hat hier großartig erklärt, und zwar mit Polemik von der Regierungsbank, was eigentlich im parlamentarischen Geschehen nicht üblich ist, Frau Bundesministerin (Bundesrat Weber: Das ist der neue Stil!), Sie haben uns erklärt, es sei alles erledigt, somit brauche ich auch diesen Antrag nicht mehr zu unterstützen. Wenn von Ihrer Seite her alles erledigt ist und das Gesetz das alles erledigt, dann ist es erledigt, dann brauche ich diesen Antrag nicht mehr zu unter­stützen. Ich ziehe hiermit meine Unterschrift zurück! (Beifall bei der SPÖ.)

13.14


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Rosa Ecker. Ich erteile ihr dieses.


13.14.32

Bundesrätin Rosa Ecker, MBA (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geschätzte Damen und Herren hier, zu Hause und via


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Livestream! Ja kurioserweise könnte man ja bei den Argumenten und Echauffierungen, muss ich schon sagen, von der Opposition glauben, die Regierung sei schuld daran, dass man das Gesetz in Bezug auf die erhöhte Familienbeihilfe ändern müsste. Es ist heute so noch nicht gesagt worden, aber ich möchte es schon einmal auf den Punkt bringen: Der Verwaltungsgerichtshof hat die Grundvoraussetzungen für dieses Gesetz gekippt. Jahrelang ist es so vollzogen worden. – Also wenn man jemanden beschuldi­gen will, dann sollte man sich an diese Adresse wenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist müßig zu betonen, dass wir diese Entscheidung nicht nachvollziehen können, und die betroffenen Familien draußen schon gar nicht. Diese Gesetzesänderung jetzt bewirkt, dass weiterhin Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe besteht, wenn Kinder und Jugendliche – und zwar ohne Altersbeschränkung – erheblich beeinträchtigt sind und sich daher selbst nicht erhalten können.

Ich komme auch auf die angesprochene Verunsicherung zu sprechen, die die Frau Mi­nister schon vehement zurückgewiesen hat, denn es muss wirklich betont werden, dass die Entscheide nicht eingefordert wurden. Das heißt, die Betroffenen haben in dieser Zeit das Geld weiterhin erhalten, und für diese schnelle Reaktion ist Dank aus­zusprechen. Wir sprechen hier ja immerhin von 380 Euro pro Monat und Kind oder Ju­gendlichen. Das ist ja nicht gerade wenig Geld. (Bundesrat Stögmüller: ... sogar lo­bend erwähnt!)

Für Familien mit einem beeinträchtigten Kind ist das Leben in vielen Bereichen müh­samer und finanziell aufwendiger. Und warum? – Weil eben Therapien nicht zur Gänze von Krankenkassen gewährt werden, weil Selbstkosten anfallen, vom Mehraufwand in der Pflege und Erziehung brauchen wir gar nicht zu reden.

Wir haben es gestern auch gehört, gerade im Bereich der Pflege und Erziehung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch in vielen Familien ist man mit Beein­trächtigungen konfrontiert. Es ergibt sich da und dort eben mehr Betreuungsbedarf oder auch ein Wohnortwechsel während der Woche oder überhaupt für die weitere Zu­kunft, weil zum Beispiel ein Nachreifen und eine Kompetenzvermittlung für ein ange­strebtes Arbeitsleben erfolgen müssen.

In einer Einrichtung nach dem Chancengleichheitsgesetz zum Beispiel müssen die El­tern die erhöhte Familienbeihilfe als Eigenleistung einbezahlen, dafür bekommen die Jugendlichen ein Taschengeld in etwa der gleichen Höhe ausbezahlt. Wir haben in Oberösterreich ein sehr gutes Beispiel für eine sehr gute Einrichtung. Das ist der Joker Hof Tollet, wo tolle Leistung erbracht wird, die Jugendlichen sehr davon profitieren und wirklich dazu befähigt werden, später viel besser als vorher selbständig – hoffentlich – zu leben. Die erhöhte Familienbeihilfe ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sie diese Leistung und dieses Angebot und natürlich auch andere in Anspruch nehmen können. Das unerwartete Urteil vom Verwaltungsgerichtshof hätte diese Form der Integration und Partizipation stark gefährdet.

Kollege Stögmüller! Ja, es ist eine Verbesserung, denn zusätzlich haben auch diejeni­gen Ansprüche, welche dauerhaft nicht arbeitsfähig sind, jedoch allein wohnen und Gott sei Dank selbständig ihren Haushalt führen können.

Im Ausschuss wurde zu den Bedenken der SPÖ ganz klar festgehalten, dass alle Menschen mit Beeinträchtigung, welche bisher die erhöhte Familienbeihilfe bezogen haben, diese auch in Zukunft beziehen werden. Die Auskunftsperson im Ausschuss hat dezidiert festgestellt, dass alle zugetragenen Fälle durchgespielt wurden. Es war kein Fall dabei, wo herausgekommen wäre, dass nach dieser Gesetzesreparatur kein An­spruch mehr besteht. Und es wurde festgehalten, sollte uns ein Fall bekannt werden, sollte irgendwo etwas auftreten, werden wir sofort darauf reagieren, da überhaupt kein Interesse daran besteht, dass so etwas vorkommt.


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Ich verstehe ja – ich bemühe mich auch immer, sehr tolerant zu sein – die Bedenken der SPÖ und der Grünen bei der Indexierung der Familienbeihilfe und denke mir: Ja, gut, ideologisch kann man nicht dafür sein. Aber dass man auch nicht dafür sein kann, dass nach dieser Reparatur 18 000 Personen Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe haben, das ist für mich absolut nicht nachvollziehbar. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.19


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Georg Schuster. –Bitte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


13.19.23

Bundesrat Georg Schuster (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! (Bundesrat Todt: ... Das wäre gesichert! Alles gemacht!) – Herr Kollege Todt, ich bin am Wort, wenn es recht ist! – Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesrat, sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und via Livestream! Künftig, ab 1.1.2019, wird die Familienbeihilfe nach der Kaufkraft des Landes, in dem das Kind wohnt, indexiert werden; das haben wir heute schon einige Male gehört. Warum ist das jetzt aber notwendig? – Jetzt bitte zuhören, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

2002 wurde für 1 500 im Ausland befindliche Kinder Familienbeihilfe in Anspruch ge­nommen. 2017, 15 Jahre später, hat sich die Zahl der Kinder, für die im Ausland Fami­lienbeihilfe in Anspruch genommen wird – Achtung, jetzt Ohren spitzen! –, mittlerweile fast verhundertfacht! Nicht verfünfzehnfacht – wenn man sagt, 15 Jahre später –, sondern verhundertfacht! Derzeit werden sage und schreibe 253 Millionen Euro an 130 000 ausländische Kinder exportiert. – Das muss man sich doch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Da läuft doch etwas falsch, oder? (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Das versteht kein Bürger draußen. Erklären Sie das denen einmal, wo das Geld hin­fließt! (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Die Lebenshaltungskosten sind in Europa bekanntlich extrem unterschiedlich. Leider Gottes, muss man sagen, hat es die EU noch immer nicht geschafft, dass wir in allen Ländern gleich viel verdienen, denn dann hätten wir dieses Problem sicherlich nicht so. Wir leben in einem Land, in dem das Leben relativ kostspielig ist, dafür haben wir auch ein hohes Bruttoeinkommen. Es gibt aber andere Länder – wie zum Beispiel Rumänien oder Ungarn, das wurde heute schon erwähnt –, die viel geringere Unterhaltskosten, aber natürlich auch viel geringere Bruttolöhne haben. (Zwischenruf des Bundesrates Beer.)

Ich habe mir jetzt einmal angeschaut, wie die derzeitige Höhe der Familienbeihilfe in diesen zwei Ländern – Ungarn und Rumänien – ist. In Ungarn, die Vorrednerin hat es schon erzählt, sind es 39 Euro im Monat, in Rumänien gerade einmal 20 Euro. Und wie hoch ist die Familienbeihilfe in Österreich? – 172,40 Euro; das ist etwas komplett ande­res! Die Frau Ministerin hat es auch schon erwähnt: Selbst wenn wir jetzt die Indexie­rung haben, bekommt man dann in diesen zwei Ländern, die ich speziell erwähnt habe, um das Zigfache mehr als im eigenen Herkunftsland. – Das kann nicht sein! Der Ös­terreicher versteht das zu Recht nicht, warum wir 253 Millionen Euro an Familienbei­hilfe in das Ausland exportieren. Und das ist kein Gehaltsbestandteil, so wie Sie von der SPÖ es fälschlicherweise immer behaupten! (Bundesrätin Grimling: Wer hat das behauptet?)

Dann möchte ich noch auf meine Vorrednerinnen eingehen, die jetzt wieder einen Pfle­genotstand herbeizitieren, den es überhaupt nicht gibt. Das ist nämlich, wie die Frau Ministerin auch schon gesagt hat, ein absoluter Unsinn und eine reine Panikmache. Sehr sozial ist das nicht, was Sie da machen!

Ich habe mir auch angeschaut, wie hoch das Bruttodurchschnittseinkommen in Ru­mänien ist. Wissen Sie das überhaupt? Haben Sie sich da schon informiert? Wer kann


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es mir sagen? Keiner von der SPÖ. – Es sind circa 700 Euro im Monat. In Ungarn ist es wie hoch? Wissen Sie auch nicht? – Dort sind es 900 Euro. Wenn ich mir jetzt die Ihnen nahestehende Gewerkschaft Vida und den Mindestkollektivvertragslohn für Pfle­gepersonal in Österreich ansehe: Wissen Sie, wie hoch der ist? Die Kollegin von der Gewerkschaft ist leider gerade nicht da, die würde es sicher wissen. Er liegt zwischen 1 718,50 und 2 677 Euro brutto, ist also um ein Vielfaches höher als im eigenen Hei­matland.

Sie sehen, dass das Pflegepersonal nach dem österreichischen Mindestkollektivver­tragslohn hier noch immer um mehr als das Doppelte als im eigenen Land verdient. Ich bin mir auch 100-prozentig sicher, dass kein einziger vom Pflegepersonal wegen einer Indexierung der Familienbeihilfe nach Hause fährt (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller) und Österreich den Rücken kehrt, um im eigenen Heimatland eine viel schlechtere Bezahlung auf sich zu nehmen, wie Sie es fälschlicherweise behaupten. Das ist ein absoluter Unsinn, den Sie hier verzapfen! Es tut mir leid, aber so muss ich es sagen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Da einen Pflegenotstand zu konstruieren ist ein durchschaubares Ablenkungsmanöver, um von Ihrer glücklosen roten Truppe abzulenken, welche momentan im internen Par­teichaos versinkt. Übrigens: Ich trage keine Rolex-Uhr und ich habe auch keine wert­vollen Gemälde wie Ihr derzeitiger Bundesgeschäftsführer. (Zwischenruf des Bundes­rates Beer.)

Dieser Indexierungsentwurf ist meiner Meinung nach 100-prozentig europarechtskon­form. Wissen Sie, warum? – Schauen wir einmal in die EU, meine Damen und Herren: Selbst die EU passt die Gehälter ihrer Beamten an das ortsübliche Niveau an. Da habe ich von Ihnen noch keinen Aufschrei gehört, vor allem nicht von Ihrem SPÖ-Dele­gationsleiter, von Herrn Eugen Freund. Von ihm habe ich schon lange nichts mehr ge­hört. (Beifall bei der FPÖ.) Aber der Herr Kollege kennt sich ja auch beim Durch­schnittseinkommen der Österreicher nicht so gut aus; das haben wir schon erfahren, als er gewählt wurde.

Ich möchte jetzt aber nicht weiter darauf eingehen, sondern ich möchte kurz zusam­menfassen: Die Auszahlung der Familienbeihilfe darf zu keiner Verzerrung am Arbeits­markt führen, denn sie ist kein Gehaltsbestandteil, sondern eine Sozialleistung. (Bun­desrätin Grimling: Ja, das haben wir jetzt eh schon gehört!) – Ja, man muss es den KollegInnen leider öfter sagen, denn je öfter man es sagt, umso mehr werdet ihr es vielleicht verstehen, tut mir leid. (Zwischenruf des Bundesrates Novak. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Dieses Geld soll den Familien und den Kin­dern dort zugutekommen, wo sie wohnen. Deshalb ist die Anpassung an die Lebens­haltungskosten aus Sicht der Regierung absolut nachvollziehbar, sozial und gerecht. Die 114 Millionen Euro, die wir dadurch einsparen werden (Bundesrätin Grimling: Da bin ich neugierig!), werden nämlich im Inland für soziale Zwecke dringend gebraucht und auch dementsprechend eingesetzt werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksam­keit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.25

13.25.53


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt getrennt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Okto­ber 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 und weitere Gesetze geändert werden.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 89

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Bader, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Einbeziehung von Behindertenorganisa­tionen in die Erarbeitung des Einführungserlasses und Evaluierung der Neuregelung“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegen­ständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E 255-BR/2018)

13.27.3810. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend Protokoll über eine Änderung des Artikels 50 lit. a des Abkommens über die Internationale Zi­villuftfahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016, und Protokoll über eine Änderung des Artikels 56 des Abkommens über die Internationale Zivilluft­fahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016 (255 d.B. und 313 d.B. sowie 10043/BR d.B.)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend Kooperationsab­kommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Europäischen Satellitennavigationsprogramme (276 d.B. und 314 d.B. sowie 10044/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter ist Bundesrat Michael Bernard. – Ich bitte um die Berichte.


13.28.33

Berichterstatter Michael Bernard: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Aus­schusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 be­treffend Protokoll über eine Änderung des Artikels 50 lit. a des Abkommens über die In­ternationale Zivilluftfahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016, und Protokoll über eine Änderung des Artikels 56 des Abkommens über die Internationale Zivilluft­fahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragsstel­lung kommen:

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 90

Weiters erstatte ich den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eid­genossenschaft andererseits über die Europäischen Satellitennavigationsprogramme. (Präsidentin Posch-Gruska übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen:

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gerd Krusche. – Bitte.


13.30.27

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause, falls es welche gibt! Ich gehe davon aus, dass die Debatte zu diesem Punkt jetzt etwas emotionsbe­freiter sein wird als jene zum vorangegangenen Tagesordnungspunkt. Das Timing ist auch perfekt, ich bin gerade vom Präsidium heruntergekommen und kann jetzt sozusa­gen nahtlos ans Rednerpult treten.

Es handelt sich, wie bereits vom Berichterstatter genannt, um die Ratifikation einer Än­derung des Protokolls über das Abkommen der ICAO. Die International Civil Aviation Organization, auf Deutsch: Internationale Zivilluftfahrtorganisation, ist eine Teilorgani­sation der Vereinten Nationen und hat eigentlich ganz wesentliche Aufgaben zu erfül­len. Sie legt beispielsweise verbindliche Standards für die Luftfahrt fest, sie regelt inter­nationale Verkehrsrechte, also die Freiheiten der Luft, die Entwicklung von Infrastruk­turen. Sie legt auch die sogenannten ICAO-Codes fest, die nicht mit dem IATA-Code zu verwechseln sind. Während die ICAO-Codes der Flugsicherung, der Flugplanung und dem Betrieb dienen, sind die IATA-Codes – die IATA ist faktisch die Organisation der Luftfahrtunternehmen – uns allen geläufig, wenn wir einmal geflogen sind: Wien ist VIE, und die AUA ist OS. Der ICAO-Code für Wien ist LOWW und jener für die AUA ist AUA.

Es geht nun um die Aufstockung des Rates dieser Organisation von 36 auf 40 Mitglie­der und der sogenannten Luftfahrtkommission von 19 auf 21 Mitglieder. Österreich ist bereits seit 1948 Mitglied dieser Organisation, und es hat in der Vergangenheit bereits mehrfach Aufstockungen der Mitgliederanzahl in diesen Gremien gegeben. Dieses Mal ist die Initiative von den Europäern ausgegangen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Anzahl der Mitglieder steigt und vor allem auch der internationale Luftverkehr ganz we­sentlich zunimmt – von 2014 auf 2016 ist eine Steigerung von 7,1 Prozent zu verzeich­nen gewesen; insgesamt wurden 2017 4,1 Milliarden Passagiere befördert, das sind mehr als 50 Prozent der gesamten Weltbevölkerung –, im Sinne der Ausgewogenheit, ist es also sehr begrüßenswert, dass diese Maßnahme erfolgt.

Wir werden dieser Aufstockung der Gremien selbstverständlich gerne zustimmen und die Ratifikation befürworten. – Ich danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 91

13.34


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Marianne Hackl. – Bitte.


13.34.13

Bundesrätin Marianne Hackl (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Krusche hat ja jetzt schon einiges erklärt und wichtige Zahlen genannt. Seit 1948 ist Österreich Mitglied der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation, und daher ist es mittlerweile an der Zeit, dass einiges geändert und angepasst wird. Ein Punkt – das hat der Herr Kol­lege auch schon gesagt – ist die Aufstockung des Rates von 36 auf 40 Mitglieder. Gründe für diese Maßnahme sind die gestiegenen Mitgliederzahlen, die Ausweitung und die Zunahme des Luftverkehrs sowie die Sicherstellung von mehr Ausgewogenheit durch eine stärkere Vertretung der Mitgliedsländer.

Weltraumtechnologien und Forschung in diesem Bereich sind für Österreich und für die Europäische Union ein wichtiges Thema, um zum einen österreichische Unternehmen und Forschungseinrichtungen bei der Innovationstätigkeit, bei der Forschungstätigkeit zu unterstützen und gleichzeitig auch konkrete Anwendungen zu fördern. Wir wissen, und das zeigt uns die Vergangenheit, dass genau aus diesen Forschungsergebnissen Bauteile entstehen, die für Weltraumtechnologie und für den Einsatz im Weltraum ge­nutzt werden, die von vielen tollen Unternehmen in Österreich eingesetzt werden. Auch das ist eine Zielsetzung der österreichischen Forschungsförderung im Bereich der Luft- und Raumfahrt, die sich auch bei Forschungsfördergesellschaften wiederfindet.

Eines der bekanntesten Systeme ist natürlich das Navigationssystem, das wir alle uns, wie ich glaube, nicht mehr wegdenken können. Für alle Transportarbeiten ist es wichti­ge und notwendig geworden, um von A nach B zu kommen. Satellitentechnologie ist je­doch noch viel mehr; sie unterstützt zum Beispiel im Bereich Monitoring des Klima­wandels, im Bereich des Katastrophenschutzes durch Erdbeobachtungen und hilft, Be­drohungsszenarien bestmöglich herauszufiltern und entsprechende Schutzmaßnah­men zu treffen.

Es ist daher sinnvoll, die Zusammenarbeit mit der Schweiz weiterhin fortzusetzen; es hat schon in der Vergangenheit Zusammenarbeit gegeben. Es ist fruchtbar, wenn ne­ben den Mitgliedstaaten der EU auch Drittländer beispielsweise aus dem Europäischen Wirtschaftsraum tätig sind, finanziell, aber natürlich auch hinsichtlich der Wissensbasis, um gemeinsam arbeiten zu können. Mit dem Nachbarland Schweiz ist eine entspre­chende Partnerschaft einzugehen, wir können das nur begrüßen. Ich bin überzeugt, das sind die richtigen Schritte, die in die richtige Richtung weisen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

13.37


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hubert Koller. – Bitte.


13.37.46

Bundesrat Hubert Koller, MA (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren via Livestream! Die Sozialdemokratie wird der Ratifizierung des Änderungsprotokolls zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt von Montreal, unterzeichnet am 6. Oktober 2016, ihre Zustimmung erteilen. Ebenso begrüßen wir ausdrücklich das Kooperationsabkom­men in Bezug auf die Europäischen Satellitennavigationsprogramme zwischen der Eu­ropäischen Union, ihren Mitgliedern und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, da wir sehr an einer geordneten internationalen Zusammenarbeit in diesem Bereich inter­essiert sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Abkommen über die Internationale Zi­villuftfahrt vom 7.12.1944 regelt den zivilen Luftverkehr zwischen den Vertragspartnern und bildet die rechtliche Grundlage für die Arbeitsweise der Internationalen Zivilluft-


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fahrtorganisation, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Es war der Wunsch mehrerer Vertragsstaaten, die Anzahl der Mitglieder des Rates zu erhöhen, um eine bessere Ausgewogenheit durch eine stärkere Vertretung der Vertragsstaaten zu sichern. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Mitgliederzahl und auch der Zahlen, die mein Kollege aus der Steiermark schon erwähnt hat, sowie der Ausweitung des in­ternationalen Luftverkehrsbetriebes und dessen zunehmender Bedeutung auch für die Volkswirtschaften in zahlreichen Ländern scheint eine Aufstockung mehr als gerecht­fertigt zu sein. Das Protokoll erlaubt nun eine Aufstockung des Rates von 36 auf 40 Mitglieder und die Aufstockung der Luftfahrtkommission von 19 auf 21 Mitglieder.

Die Regierungsvorlage über das Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossen­schaft andererseits soll die Teilnahme der Schweiz an den Europäischen Satellitenna­vigationsprogrammen ermöglichen. Die Grundsätze wurden in Artikel 3 niedergeschrie­ben und sind ein wesentlicher Bestandteil. Es geht dabei um die Bereiche Funkfre­quenzspektrum, wissenschaftliche Forschung und Ausbildung, Beschaffungswesen, in­dustrielle Kooperation, Rechte an geistigem Eigentum, Ausfuhrkontrolle, Handel und Marktentwicklung, Normung, Zertifizierung und Regelungsmaßnahmen, Sicherheit, Aus­tausch von Verschlusssachen, Austausch von Personal und Zugang zu Diensten.

Durch das Abkommen werden weder die nach dem Recht der EU geschaffene insti­tutionelle Struktur des Galileo-Programms noch die geltenden Rechtsvorschriften be­züglich Ausfuhrkontrolle und Nichtverbreitung, die Kontrolle immateriellen Technologie­transfers oder die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Sicherheit be­rührt. Die SPÖ wird deshalb zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

13.41


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Peter Samt. – Bitte.


13.41.25

Bundesrat Peter Samt (FPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher auf der Galerie und zu Hause via Livestream! Da ich in den letzten Monaten wegen Verspätungen zu oft auf Flughäfen herumgesessen bin, werde ich mich über die Zivilluftfahrt nicht sehr stark verbreiten; die Kolleginnen und Kollegen haben ohnedies schon einiges darüber erzählt.

Meiner Meinung nach nicht ganz unwichtig ist das Kooperationsabkommen zwischen der EU und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Satellitennavigationspro­gramme. Kollege Koller aus der Steiermark hat bereits vorweg die Aspekte dieses Ab­kommens dargestellt. Was für die EU im Zuge dieser Verhandlungen wahrscheinlich auch nicht ganz unwichtig ist, ist, dass es einen finanziellen Beitrag der Schweiz zu diesem Satellitenprogramm geben wird. Österreich hat in den entsprechenden Gre­mien die Verhandlungsergebnisse immer schon anerkannt und die Inhalte dieser Ko­operation unterstützt.

Um bei diesem Thema und bei Österreich zu bleiben: Österreich hat sich mittlerweile wirklich einen sehr, sehr guten internationalen Namen im Weltraumsektor gemacht. Österreich wirkt seit einigen Jahren bei ESA-Missionen mit. Beispiele sind die Rosetta-Mission, ExoMars, aber vor allem das Satellitennavigationssystem Galileo. Dieses ist ein ganz großes und wichtiges Thema für Europa, auch für Österreich, vor allem wenn wir an die derzeit immer noch vorhandene Abhängigkeit vom amerikanischen GPS-System denken. Es ist ganz wichtig, eine Unabhängigkeit von diesen zum Teil ja doch sehr stark militärisch basierten Systemen sicherzustellen.


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Rund 120 österreichische Unternehmen und Organisationen sind in der Weltraumin­dustrie tätig. Es sind dort über 1 000 Mitarbeiter beschäftigt, und die Umsätze liegen in etwa bei 125 Millionen Euro. Es ist also schon festzustellen, dass dieser Bereich auch für Österreich ein Wirtschaftsfaktor geworden ist. Das kennen wir vor allem aus der Steiermark, die ja auch in diesem Bereich ein sehr starker Forschungsstandort ist. Ich erinnere nur an das Institut für Weltraumforschung, das allein 100 Mitarbeiter aus 20 Nationen beschäftigt und da wirklich sehr stark mitmischt.

Auch die Schweiz ist sehr umtriebig. In der Schweiz wurden zwischen 2014 und 2017 rund 240 Millionen Euro in die Forschung investiert, vor allem im Sektor der Atom­uhren. Atomuhren sind – wenn wir das Wort einmal von der Atomkraft abkoppeln – von der Versorgungsseite her für die Satelliten ganz wichtig, da damit die entsprechenden zeitlich exakten Eintaktungen stattfinden. Auch deshalb ist die Schweiz ein wichtiger und verlässlicher Partner innerhalb dieser Vereinigung und innerhalb dieses Koopera­tionspaktes.

Die Realisierung von europäischen Satellitennavigationssystemen und des Projekts Galileo ist also für uns, für die Europäische Gemeinschaft verkehrstechnologisch und sicherheitspolitisch ein ganz wichtiger Bereich, und wir haben großes Interesse daran, dass das auch entsprechend aktiv weitergeführt wird. Aus österreichischer Sicht ist da­her die Zusammenarbeit mit Drittländern und deren Einbindung in die Forschungs- und Entwicklungsprogramme ganz wichtig und daher: volle Zustimmung auch von unserer Seite zu diesem Abkommen! – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

13.45


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Ing. Norbert Hofer. – Bitte.


13.45.33

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst herzlich dafür bedanken, dass es einen breiten Konsens zu diesen beiden Maßnahmen, zur Änderung der Artikel 50 und 56 und zur Kooperation zwischen der Europäischen Union und der Schweiz im Bereich der Weltraumtechnik, gibt.

Zu ICAO wurde alles gesagt. Ich möchte, wenn Sie erlauben, ein bisschen darstellen, was im Bereich der Luftfahrt in den nächsten Monaten und Jahren auf uns zukommen wird.

Es wurde jetzt eine persönliche Erfahrung erwähnt, nämlich eine Verspätung auf einem Flughafen. Ich denke, fast jeder von Ihnen, der in den letzten ein, zwei Jahren unter­wegs war, hat irgendwann einmal eine Verspätung erlebt. Das letzte Jahr war das Re­kordjahr, es gab noch nie so viele Verspätungen. Wir haben uns angesehen, ob das vor allem bei den Billigfluglinien oder auch bei den renommierten Fluglinien, die einen sehr hohen Qualitätsanspruch haben, vorkommt. – In beiden Bereichen haben wir ähn­liche Werte erhoben. Es gibt extreme Engpässe personeller Natur bei der Flugsiche­rung, Engpässe bei den Piloten, beim Kabinenpersonal und bei den Kapazitäten. Das heißt, wir müssen damit rechnen, dass das nächste Jahr wieder ein Rekordjahr sein wird, was Verspätungen anbelangt; in etwa jeder dritte Flug könnte betroffen sein.

Das heißt, wir müssen jetzt intensiv danach trachten, diese Kapazitäten zu erhöhen, auch die technischen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Flugsicherung und die Flugüberwachung noch besser funktionieren. Wir haben in Österreich zum Beispiel mit der Firma Frequentis ein Unternehmen, das an der Weltmarktspitze ist und großartige Leistungen erbringt. Eine Leistung aus Österreich, die man verkaufen kann, ist zum Beispiel: Wenn man einen Flughafen überwacht, muss man nicht mehr selbst am To-


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wer sitzen. Frequentis ermöglicht, dass man sogar in einem anderen Land sitzen kann. Es gibt eine Auflösung, mit der der gesamte Luftraum überwacht werden kann. Man kann in hoher Auflösung sehen, welches Flugzeug reinkommt, mit Kennung, mit Ge­schwindigkeit, mit welcher Höhe, und zwar auch in der Nacht. Wir haben, wie gesagt, Unternehmen hier in Österreich, die sehr zur Flugsicherheit beitragen.

Was das Personal anlangt, so bin ich fest davon überzeugt, dass wir es jungen Men­schen einfacher machen müssen, im Bereich der Luftfahrt Fuß zu fassen. Es sind oft die ganz kleinen Vereine, die in allen Bundesländern vertreten sind, die kleinen Klubs mit den vielen Ehrenamtlichen, die dafür Sorge tragen, dass junge Menschen zur Se­gelfliegerei kommen, einen Motorseglerschein machen, eine Privatpilotenlizenz erhal­ten, eine Multi-Engine-Lizenz, Schleppberechtigungen, irgendwann den Berufspiloten­schein, den Linienpilotenschein. Das ist der Weg. Wir brauchen ganz, ganz dringend Personal – und das ist jetzt auch mein Aufruf an alle, die zuhören: sich zu trauen, sich in der Luftfahrt zu bewerben, vor allem auch Frauen. Wir haben einen sehr geringen Frauenanteil bei den PilotInnen, und wir wissen aus eigener Erfahrung, dass Frauen beim Fliegen oft noch viel mehr Fingerspitzengefühl haben, als das bei uns Männern der Fall ist. Also wir brauchen dringend Personal.

Im Bereich der Weltraumtechnik hatten wir erst vor wenigen Tagen eine sehr, sehr interessante Konferenz in Graz. Österreich investiert direkt und über Umwege, auch über die Europäische Union fast 100 Millionen Euro jährlich in den Bereich der Welt­raumtechnik. Was wir im Rahmen der Programme der Europäischen Union investieren, kommt fast punktgenau Cent für Cent wieder nach Österreich zurück. Das heißt, wir profitieren direkt von den Mitteln, die wir dort einsetzen.

Erst jetzt haben wir, ein Team der TU Graz rund um Professor Koudelka, einen Rie­senerfolg erzielt. Es wurde ein Nanosatellit gebaut – das sind Satelliten, die nicht viel größer sind als dieses Mikrofon hier, die aber großartige Leistung erbringen –, und dieser Nanosatellit made in Austria hat eine Nova beobachten können, und zwar in einer noch nie dagewesenen zeitlichen Auflösung. Dieser Satellit wurde eigentlich ge­baut, um zwei Jahre, glaube ich, zu senden, und arbeitet jetzt schon mehr als die dop­pelte Zeit. Das ist eine großartige Leistung aus Österreich. Wir haben sehr viele Fir­men, die da wirklich auch Tolles leisten.

Eines habe ich noch zu sagen vergessen, das wollte ich beim ersten Punkt erwähnen. Es gab im Bereich der Luftfahrt immer so zeitliche Spannen, in denen es disruptive Entwicklungen gegeben hat: Lilienthal war der Erste, der mit einem Gleiter geflogen ist; dann der erste Flug mit Motor der Gebrüder Wright; dann eine sehr rasche Entwicklung bei der Motorentechnik; und dann plötzlich das Jetzeitalter mit den Strahlturbinen, die die Luftfahrt, die Geschwindigkeiten völlig verändert haben – und dann war eigentlich lange Zeit nichts. Sieht man sich die Boeing 747 aus den Sechzigerjahren an, so muss man sagen, sie ist nicht viel anders als Flugzeuge, die wir heute kennen – ja, bessere Triebwerke, weniger Verbrauch.

Aber jetzt kommen die Drohnen, elektrisch betriebene Luftfahrzeuge, und diese Droh­nen ändern wieder alles. Sie alle kennen diese ganz kleinen Drohnen. Ich bin diese Woche mit einer manntragenden Drohne geflogen, in der man drinnen sitzt, die vom Boden aus gesteuert wird. Man glaubt, das ist alles Zukunftsmusik. Wir haben in Wien einen Testflug in einem Stadion gemacht – es funktioniert. Reichweite: 40 Kilometer, man gibt das Ziel ein, den Waypoint, wo man hinwill, und man wird transportiert. Die Firma FACC – diese Drohnen werden in Österreich gebaut werden – sagt, mit den neuen Batterien wird man 100 Kilometer fliegen können. Das heißt, das wird die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen, völlig verändern, vor allem im urbanen Raum, we­niger Stau. Ein Immobilienentwickler hat mir erzählt, er baut seine Gebäude bereits so, dass er Drohnenlandeplätze am Dach miteinplant. In wenigen Jahren sind wir tatsäch-


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lich so weit, da das autonome Fliegen bei den Drohnen viel einfacher umzusetzen ist, als das bei den Autos der Fall ist.

Ich sehe das als riesige Chance. Österreich ist mit den tollen Unternehmen, die wir ha­ben, mit dabei. Wir sichern damit Arbeitsplätze im sehr hochwertigen Bereich, und ich bedanke mich bei allen, die an diesen Entwicklungen mitarbeiten, bei den tollen Unter­nehmen, bei den Forschungsförderungsgesellschaften, aber auch bei der Politik, quer durch alle Lager, auf Bundesebene, Landesebene, die diese Entwicklung auch erst möglich gemacht haben. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

13.51

13.51.45


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt getrennt.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend Protokoll über eine Änderung des Artikels 50 lit. a des Ab­kommens über die Internationale Zivilluftfahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016, und Protokoll über eine Änderung des Artikels 56 des Abkommens über die In­ternationale Zivilluftfahrt, unterzeichnet in Montreal am 6. Oktober 2016.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Ok­tober 2018 betreffend Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Europäischen Satellitennavigationsprogramme.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit an­genommen.

13.53.1412. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003, das Funkanlagen-Marktüberwa­chungs-Gesetz, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Postmarktgesetz, das Ge­bäude- und Wohnungsregister-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (257 d.B. und 315 d.B. sowie 10045/BR d.B.)


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesord­nung.

Als Berichterstatter ist Herr Bundesrat Michael Bernard genannt. – Ich bitte um den Be­richt.


13.53.33

Berichterstatter Michael Bernard: Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tele­kommunikationsgesetz 2003, das Funkanlagen-Marktüberwachungs-Gesetz, das Fun­ker-Zeugnisgesetz 1998, das Postmarktgesetz, das Gebäude- und Wohnungsregister-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden.


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Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen:

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hubert Koller. – Bitte.


13.54.38

Bundesrat Hubert Koller, MA (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lie­ber Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt muss ich einmal dagegen reden, nicht immer dafür. (Bundesrat Krusche: Endlich einmal!) Meine Da­men und Herren! Die Sozialdemokratie tritt für eine öffentliche Daseinsvorsorge im Be­reich der Telefon- und Internetinfrastruktur ein. Diese kann nur durch staatliche Inter­vention erreicht werden, da bei der Versorgung des ländlichen Raums, und aus dem komme ich, regelmäßig ein Marktversagen eintritt.

Ebenso stehen wir dazu, die Rechte der Konsumentinnen und Konsumenten im Tele­kommunikationsbereich zu stärken. Wir sind aber auch für die Aufnahme der gemein­samen Länderstellungnahme mit dem Begehren, bei der zukünftigen Vergabe von Mo­bilfunkfrequenzen für alle neuen und bestehenden Impulsfunksysteme die Netzbetrei­ber dahin gehend zu verpflichten, diesen Dienst den jeweiligen Behörden unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grund werden wir dem Telekommunikationsge­setz nicht zustimmen und einen Entschließungsantrag einbringen, der die Umsetzung des Anliegens der Verbindungsstelle der Bundesländer einfordert.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eine flächendeckende Breitbandversorgung ist in einer Zeit der im Eiltempo zunehmenden Digitalisierung für alle Menschen in Ös­terreich von zentraler Bedeutung. Unsere Bevölkerung und die Unternehmerinnen und Unternehmer müssen so rasch wie möglich an die digitale Autobahn angeschlossen werden; dem stimmen Sie sicherlich alle zu.

Trotz guter Initiativen, und die Breitbandmilliarde des Bundes hat viele davon ermög­licht, geht der flächendeckende Ausbau nur schleppend voran. Im OECD-Vergleich liegt Österreich beim Anteil an Glasfaserinternetzugängen im hinteren Drittel. Die Stei­ermark geht dabei, und darauf können wir Steirer stolz sein, über die Regionalmanage­ments wirklich mit gutem Beispiel voran. So wird bei uns in der Region Südweststei­ermark, in den Bezirken Deutschlandsberg und Leibnitz, gerade ein Breitbandmaster­plan erstellt. Dabei wird regionsübergreifend in Abstimmung mit allen relevanten Stake­holdern ein Plan initiiert, um langfristig eine optimale, optimierte Breitbandversorgung zu ermöglichen. Durch das Projekt sollen alle Synergiepotenziale und mögliche Lü­ckenschlüsse im Breitbandausbau ausfindig gemacht und den Gemeinden eine Unter­stützung bei der Akquirierung von weiteren Breitbandförderungen geboten werden. Da zeigen sich noch Mängel, etwa das die Mobilfunkbetreiber diese Infrastruktur nicht be­kannt geben. Da könnte man auch etwas machen.

Damit wird vielleicht die Versorgung der Gemeindezentren möglich gemacht, aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte des ländlichen Raums und der finanziellen Lage die­ser ländlichen Gemeinden wird aber das Ziel der Regierung, wie es festgeschrieben ist, Österreich bis 2025 flächendeckend zu versorgen, nicht erreicht werden können. Dabei wäre gerade eine optimale Versorgung des ländlichen Raums die Chance, im di­gitalen Zeitalter die Abwanderung zu stoppen und die Städte vor unmöglichen Heraus­forderungen aufgrund der großen Landflucht zu bewahren. Es gilt daher für uns, auch für die Regierung, Projekte und Instrumente zu starten, die die finanzschwachen Ge-


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meinden beim Finalisieren des Ausbaus in Österreich, bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützen.

Die Breitbandmilliarde war ein solcher erster großer Wurf, damals ermöglicht durch das geschickte Versteigern der Frequenzen unter Technologieministerin Doris Bures. Lei­der will nun diese Regierung, Herr Bundesminister, die 5G-Frequenzen den Unterneh­men mit dem sehr geringen Mindestgebot von 30 Millionen Euro in der ersten Verstei­gerung zu einem Spottpreis zuspielen. Herr Bundesminister, auch wenn von Ihnen im Nationalrat ausgeführt wurde, dass dies nur die erste Versteigerung ist und bei der nächsten großen Versteigerung diese Frequenzen schon etwas mehr kosten werden: Die niederschwellige Vergabe der Frequenzen wird im ländlichen Raum mit geringer Bevölkerungsdichte keine wesentliche Verbesserung bewirken!

Dieses Gesetz löst aber auch Unmut aus, etwa unter den Amateurfunkern. Die spärlich erzielten Erleichterungen wurden anscheinend zwar in den Gesetzentwurf eingearbei­tet, eine Zustimmung seitens der Community gab es aber nicht. Ebenso überrascht zei­gen werden sich sicher auch die Gemeinden, da sie aufgrund dieses Gesetzes ihr öf­fentliches Eigentum zur Anbringung der 5G-Antennen zur Verfügung stellen müssen. Das gilt übrigens auch für das Eigentum des Bundes. (Bundesrat Steiner: Gegen fi­nanzielle Entschädigung!) – Ja, gegen Entschädigung, stimmt, aber das gilt auch für das Eigentum von Bund und Land.

Auch die Konsumentinnen und Konsumenten, deren Schutz Sie im Gesetz anschei­nend vergessen haben, werden Unmut darüber zeigen. Wir treten für einen verstärkten Konsumentenschutz ein. Schlussendlich hat auch die Stellungnahme der Vertreter der Bundesländer im Gesetz leider keine Berücksichtigung gefunden.

Aus diesem Grund bringe ich nun seitens der SPÖ-Fraktion einen Unselbständigen Entschließungsantrag betreffend „Alarm-SMS im Katastrophenfall zum Schutz der Ös­terreicherinnen und Österreicher!“ ein. Es geht dabei, wie bereits angedeutet, um die rasche Warnung und Information der Bevölkerung bei Katastrophenfällen. Eine effi­ziente Möglichkeit dafür bietet die Implementierung eines Cell Broadcast Service, eines SMS-Alarmsystems. Durch die bevorstehende Ausschreibung des neuen 5G-Netzes bietet sich die einmalige Gelegenheit, die Netzbetreiber zur unentgeltlichen Zurverfü­gungstellung dieses Dienstes zu verpflichten. Die Bundesregierung wurde bereits durch eine einheitliche Länderstellungnahme zu dieser Maßnahme aufgefordert.

Ich verlese daher den Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Hubert Koller, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Alarm-SMS im Katastrophenfall zum Schutz der Österreicherinnen und Österreicher!“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben im Zuge der zukünftigen Vergabe von Mobilfunkfrequenzen (5G) für alle neuen und bereits bestehenden Mobilfunksysteme die Netzbetreiber dahingehend zu verpflichten, den für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden die Möglichkeit einer zellbezo­genen Informationsaussendung (‚Cell Broadcast Service‘) unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01



BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 98

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Der von den Bundesräten Koller, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Alarm-SMS im Katastrophen­fall zum Schutz der Österreicherinnen und Österreicher!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte.


14.02.27

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minis­ter! Kollegen Bundesräte! Geschätzte Zuschauer auf der Galerie – es sind doch noch ein paar da – und via Livestream! Als man begann, dieses Gesetz auszuarbeiten, wur­de sehr schnell klar, dies wird ein großer Schritt, ja sogar ein großer Wurf für die tech­nologische Zukunft und für die künftige Ausrichtung Österreichs werden. Österreich wird damit zur führenden 5G-Nation Europas, wenn man so will sogar ein 5G-Muster­land. Bis 2020 werden alle Landeshauptstädte mit 5G versorgt sein. Weiteres Ziel ist, bis 2023 alle Hauptverkehrsverbindungen zu versorgen sowie bis 2025 Österreich flä­chendeckend als 5G-Nation präsentieren zu können.

All dies sind ehrgeizige Ziele, und deshalb müssen wir nun schnell beginnen und end­lich starten, um die schon angesprochenen Versäumnisse von Bures und Stöger in die­sem Bereich aufzuholen und so schnell wie möglich die 5G-Ausrollung in Österreich si­cherzustellen. Ich bin mir sicher, dass unser Minister mit seiner visionären Herange­hensweise an diese ehrgeizigen Ziele für diese Herausforderungen bestens gewappnet ist, Herr Minister Hofer. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich nur daran denke, was sich in der digitalen Zukunft alles verändern wird und was sie vor allem für uns junge Menschen bieten wird, so freut es mich umso mehr, dass ich heute als junger Bundesrat bei dieser Gesetzwerdung mitstimmen kann. Und eines kann ich Ihnen versprechen: Ich tue dies aus voller Überzeugung.

Eigentlich stellen sich diese Fragen gar nicht, aber vielleicht ist es eine kleine Hilfestel­lung und für die SPÖ nicht ganz unwichtig: Wollen wir in den Bereichen Wirtschafts­standort, Bildung, Gesundheit, altersgerechtes Arbeiten vorne mit dabei sein? Wollen wir in den Bereichen sozialer Wohnbau, Industrie 4.0, Smart-City-Konzepte vorne mit dabei sein? Wollen wir bei der Entwicklung des ländlichen Raums, beim autonomen Fahren vorne mit dabei sein? Wollen wir im Bereich Güterverkehr und Logistik vorne mit dabei sein? Vor allem: Wollen wir im Bereich Sicherheit vorne mit dabei sein? (Bun­desrätin Mühlwerth: Wir schon!) Betreffend all das stellt sich für uns die Frage nicht, für die SPÖ anscheinend schon. Da frage ich mich: Wollen Sie nicht vorne mit dabei sein? Wollen wir Österreich nicht gemeinsam nach vorne bringen? (Bundesrätin Grim­ling: Na dann!) All dies sind Bereiche, in denen es unaufhaltsam in die Zeit der neuen Technologien gehen wird, und das völlig unabhängig davon, ob die SPÖ diesem Ge­setz zustimmt oder nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich mir die Möglichkeiten im ländlichen Raum ansehe, ergibt sich ein wesentli­ches Bild von vielen Vorteilen, die das schnelle Internet bringen wird: Man kann von zu Hause aus arbeiten. Welchen Vorteil wird das im ländlichen Raum bieten? – Natürlich fällt viel an Pendlerei weg. Die Standortattraktivierung wird durch schnelles Internet we­sentlich verstärkt, dadurch erzielen wir eine Eindämmung der Abwanderung. Was be­deuten schnelles Internet und neue Technologien für niedergelassene Ärzte? Ich den­ke an Zahnärzte, welche neue Techniken diese dann mit schnellem Internet haben werden. 5G ist die Zukunft und die einzige Überlebenschance im ländlichen Raum.

Zur Finanzierung, Herr Kollege Koller, da Sie das angesprochen haben: Ich glaube, Sie waren auch im Ausschuss, und da ist uns klar dargelegt worden, wie die Finanzierung funktioniert. Alle Versteigerungserlöse gehen wieder in den Breitbandausbau – alle Versteigerungen, die 30 Millionen Euro sind ja nur die erste Versteigerung; Sie müssen


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das ja fertig rechnen, nicht immer nur einen Teil herauspicken. Die Breitbandmilliarde wird weiterverwendet und zusätzlich kommt es noch zu einer Kostensenkung bei der Ausrollung durch gemeinsame Grabungsarbeiten sowie engere Kooperationen mit den Providern. Auch bei der Breitbandmilliarde werden nun endlich die richtigen Zugänge geschaffen und Hürden zur Abrufung abgebaut. Die Gebäude in öffentlicher Hand wer­den – natürlich gegen Entschädigung – verpflichtend ihre Dächer zur Installation der Antennen zur Verfügung stellen. Wir verstehen nicht, was daran schlecht ist.

Neu wird auch sein: Es wird eine Breitbandinformationsstelle im Ministerium geben. Die Behördenstrukturen werden gestrafft und im Sinne einer Effizienzsteigerung von derzeit fünf auf künftig eine zentrale Stelle verkleinert.

Zu den Amateurfunkern: Es wurde leider gezielt versucht, die Amateurfunker mit Fehl­informationen gegen diese Gesetzesnovelle aufzubringen. Die Wahrheit allerdings ist, dass es gelungen ist, ein modernes, besseres sowie praktikableres Gesetz für die Ama­teurfunker auf den Weg zu bringen.

Zur Sorge betreffend die Papierrechnung: Die Papierrechnung wird es auch weiterhin geben, nur gehen wir auch da mit der Zeit und stellen langsam auf die digitale Rech­nung um.

Alle Stakeholder sind mit diesem Gesetz zufrieden und freuen sich über diese Geset­zesnovelle. In der APA-Aussendung der Internetoffensive Österreich werden die CEOs von A1 Telekom, Drei Austria und T-Mobile Austria zitiert. Ich darf kurz Marcus Grau­sam, CEO von A1 Telekom Austria, zitieren: „Mit diesen überarbeiteten rechtlichen Rah­menbedingungen wurde ein bedeutender, erster Schritt in der Umsetzung der 5G Stra­tegie in Österreich gesetzt. Jeden ersparten Euro Bürokratieabbau werden wir in die modernste Infrastruktur des Landes investieren und damit unseren Beitrag für den di­gitalen Wandel der Gesellschaft und Industrie leisten.“

Jan Trionow von Hutchison Drei Austria sagt: „Damit haben wir die einmalige Möglich­keit, uns als starken Player im internationalen Umfeld zu positionieren.“ (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Andreas Bierwirth, CEO von T-Mobile Austria, sagt: „Das neue TKG ist eine wichtige Weichenstellung, damit die Telekomunternehmen den 5G Ausbau rasch umsetzen können. Damit erhält Österreich die Chance, auch eine internationale Rolle [...] zu spie­len.“

Die drei großen Provider haben auch zugesagt, entsprechend der Prioritätensetzung unseres Ministers 5G im ganzen Land auszurollen. Auch die Ausschreibung wird nun nicht mehr wie noch unter Bures und Stöger aus dem Ruder laufen; der Ausbau von LTE ist damals ja sehr schleppend verlaufen und hatte dann eine Preiserhöhung zur Folge.

Wenn die Opposition heute gegen dieses Gesetz stimmt, stimmt sie in Wahrheit gegen die Zukunft Österreichs. (Bundesrat Weber: Das ist eine reine Märchenstunde!) Wer sich der Digitalisierung, dem Fortschritt und dem Vorankommen Österreichs ver­schließt, wird wohl oder übel seine letzte politische Relevanz auch noch verspielen. Die liebe SPÖ versucht halt nun krampfhaft, dieses Gesetz schlechtzureden und irgendwo doch noch ein Haar in der Suppe zu finden. Ich verstehe euch sogar ein bisschen, denn es ist halt wahnsinnig unangenehm, dass dieser innovative Minister ausgerech­net von den Freiheitlichen kommt – das passt euch überhaupt nicht, aber es ist halt so. (Beifall bei der FPÖ.)

Vorsicht noch, liebe SPÖ, ein guter Spruch, der wirklich gut zu euch passt: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Weber: Ganz was Neues!)


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Für uns gilt: mit voller Kraft in die digitale Zukunft – und mit diesem Minister mache ich mir keine Sorgen. Herzlichen Dank, Herr Minister. (Beifall bei der FPÖ und bei Bundes­rätInnen der ÖVP.)

14.12


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Raggl. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)


14.12.20

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Ähnlich wie Kol­lege Steiner habe ich wesentlich mehr Vertrauen in das Programm der Bundesregie­rung, in dem das hehre Ziel festgeschrieben wurde, bis 2025 sämtliche Haushalte mit ultraschnellen Gigabitanschlüssen zu versorgen und auch das 5G-Mobilnetz bis zu die­sem Zeitpunkt auszurollen. Also ich vertraue darauf.

Wenn der Minister vorhin von futuristischen Transportmöglichkeiten via Drohnen ge­sprochen hat: Denken wir daran, was man noch vor 15 Jahren von den Möglichkeiten gehalten hat, die uns das schnelle Internet heute ermöglicht. Ich bin sehr zuversicht­lich, dass wir das machen, und ich bin auch absolut überzeugt davon, dass wir das brauchen, weil das ultraschnelle Internet in der heutigen Zeit einfach die entscheidende Wettbewerbsfrage darstellt, und das nicht nur im urbanen Raum, sondern insbesonde­re auch im ländlichen Raum.

So wie es unseren politischen Vorfahren mit der Schaffung von adäquaten Infrastruk­turen – Verkehrsverbindungen, Energieversorgung – gelungen ist, dass die Leute auch in entlegenen Talschaften geblieben und nicht alle abgewandert sind, so ist es heute unsere Aufgabe, die Aufgabe der Politik, dass wir diese digitalen Infrastrukturen auf­bauen, aufrechterhalten und damit die Besiedelung des ländlichen Raumes und die At­traktivität des ländlichen Raumes erhalten.

Es geht dabei aber nicht nur darum, die Attraktivität für die Bewohner zu erhalten, ins­besondere geht es darum, Arbeitgeber an den Standorten zu halten beziehungsweise vielleicht auch neue Arbeitgeber hinzubringen. Wenn ich als Tiroler daran denke, dass ein Hotel in Ischgl oder Sölden keinen schnellen Internetzugang hat: Da hat das Hotel schon verloren. Nicht nur bei der Buchung ist es wichtig, sondern auch in der Hotel­lobby, denn jeder Gast fragt – das kennt ihr vielleicht selbst –, wenn er ankommt, heute nicht mehr, wo die Wellnessanlage ist, sondern wie er schnell ins WLAN kommt. Das ist also die entscheidende Frage, um diesen Fortschritt auch weiterzuführen.

Es ist davon gesprochen wurden, welche Fortschritte das Telekommunikationsgesetz bringt, aber es muss natürlich auch darauf geschaut werden, dass die Kosten in Gren­zen gehalten werden. Im Telekommunikationsgesetz gibt es insbesondere betreffend die Verlegung von Infrastrukturen Vorgaben, wonach sich die Kommunen, aber auch die Netzbetreiber verpflichten müssen, ihre Verrohrungen, die dazugehörenden Geo­daten, der zentralen Regulierungsbehörde bekannt zu geben, damit man da auch bes­ser planen kann. Da sind in der Vergangenheit wirklich Dinge passiert, wo viel, viel Geld vergraben worden ist, Doppelt- und Dreifachinfrastrukturen, weil man voneinan­der nichts gewusst hat oder auch nichts wissen wollte.

In Tirol, muss ich sagen, war man da schon sehr vorausschauend. So hat beispiels­weise das Land Tirol bereits im Jahr 2014 mit dem Tiroler Energieversorger eine Ver­einbarung abgeschlossen, wonach sämtliche vorhandenen Leerverrohrungen des Energieversorgers von Netzbetreibern mitbenützt werden dürfen – natürlich gegen Ent­gelt, aber man braucht nicht mehr neu zu graben. Und da konnte man im Jahr 2014 bereits auf 1 600 Kilometer Leerverrohrungen zurückgreifen; die waren einfach schon da. Wenn man darauf nicht achtet, dann wird das alles doppelt und dreifach gegraben.


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Vielleicht darf ich noch einen Aspekt ansprechen, der mir jetzt im Gesetz aufgefallen ist. Wir waren etwas zu spät dran, aber ich bin ja absolut davon überzeugt, dass dieses Gesetz aufgrund der Schnelligkeit der Entwicklung durchaus wieder einmal angepasst werden muss. Es geht da um die Situation des Grundeigentümers, da natürlich nicht nur die Gemeinden oder der Bund und die Länder es dulden müssen, dass notwendige Antennen und Leitungen auf ihrem Grund verlegt werden, im Endeffekt muss das jeder private Grundeigentümer dulden.

Wenn die Leitungsverlegung im öffentlichen Interesse ist, dann muss man die Lei­tungsverlegung auch dulden. Das ist, wenn wir wissen, wie wichtig das schnelle Inter­net für uns alle ist, durchaus auch irgendwie zu rechtfertigen, aber der Grundeigen­tümer kommt da schon in eine schwierige Situation. Er erhält eine relativ geringe Ent­schädigung – diese ist abhängig vom Verkehrswert –, hat diese Belastung der Leitung, hat dann Nutzungsbeschränkungen, kann dort nichts mehr draufbauen, muss aber als Landwirt bei der Bewirtschaftung durchaus auch aufpassen und muss mit dieser Lei­tung eben auskommen.

Es kann durchaus sein, dass eine Leitung im täglichen Betrieb bei irgendwelchen Wirt­schaftshandlungen verletzt wird. Das passiert ja auch, wenn man eine Wasserleitung gräbt. Ich kenne das, das ist in meiner eigenen Gemeinde passiert, da ist dann plötz­lich das Licht aus – und da kann eine ganze Firma dranhängen und es können in kür­zester Zeit große Schäden entstehen. Zur Leistung des Schadenersatzes wird natürlich derjenige gebeten, der diese Leitung beschädigt hat; daher wäre es unser Ansatz – aus Sicht des Grundeigentümers, und da würde ich wirklich darum bitten, dass wir auf das achten –, dass die Leistung von Schadenersatz auf Schäden beschränkt wird, die mit Vorsatz oder mit grober Fahrlässigkeit zugefügt werden, dass es also bei einer leichten Art des Verschuldens, einer leichten Fahrlässigkeit keine Entschädigung gibt. Und wenn es eine Entschädigung gibt, darf diese aus unserer Sicht nie höher sein als die Entschädigung, die der jeweilige Grundeigentümer für die Einräumung des Lei­tungsrechts erhalten hat.

Abschließend darf ich zum Entschließungsantrag des Kollegen Koller nur sagen: Ich glaube, das zuständige Ministerium, aber auch wir alle, wir Bundesräte, sind uns dieser Problematik, die von dir angesprochen wurde, sehr bewusst – ich habe das gerade vor wenigen Wochen auch in meinem Bundesland, in Osttirol, wieder gesehen, eine Rie­senproblematik aufgrund eines Unwetterereignisses. Trotzdem werden wir diesem Ent­schließungsantrag nicht zustimmen, weil ich weiß – und vielleicht wird der Minister dazu noch etwas sagen –, dass genau an dieser Problematik, die ja eine sehr kom­plexe ist, sowohl rechtlich als auch technisch, mit Hochdruck gearbeitet wird, damit man auch diese Thematik einer Lösung zuführt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.19


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin An­drea Wagner. – Bitte.


14.20.02

Bundesrätin Andrea Wagner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuhörer! Wenn du mich am Handy nicht erreichst, dann bin ich da­heim, denn da habe ich keinen Empfang! – Diesen Satz habe ich erst kürzlich wieder gehört.

Fehlender Handyempfang ist bei uns im Waldviertel leider noch in vielen Dörfern gang und gäbe; angesichts dieser Tatsache ist es verständlich, dass die Bevölkerung eine rasche Verbesserung fordert. Die Gemeinden kommen dieser Forderung nach und wollen zukünftige Netzbauprojekte unterstützen, daher die Bitte an Sie, Herr Minister,


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die Gemeinden in den Koordinierungsprozess miteinzubinden, damit die Synergien bei den Infrastrukturprojekten gehoben werden können. Die Regulierungsbehörde ist im Zusammenhang mit der Datenlage ja schon angesprochen worden.

Mit dem heute zu beschließenden Gesetz werden gute Rahmenbedingungen für den Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur geschaffen. Das sehr ehrgeizige Ziel die­ser Regierung, das schon erwähnt worden ist, nämlich die Erreichung einer landeswei­ten Versorgung mit Gigabitanschlüssen und mit 5G-Mobilfunk bis zum Jahr 2025 wird von der Bevölkerung sehr begrüßt. Es ist aber auch eine gewisse Skepsis vorhanden, weil die bisherigen Fortschritte nur sehr schleppend und teilweise eben nicht zufrieden­stellend waren.

Die Vorredner haben schon etliche Punkte angesprochen, und da ich die einzige Bäue­rin im Bundesrat bin und dieses Thema für uns Bäuerinnen und Frauen am Land von enormer Wichtigkeit ist, möchte ich es aus unserer Sicht aufzeigen und unterstreichen: Frauen am Land brauchen schnelles Internet, das meint auch unsere Bundesbäuerin Andrea Schwarzmann aus Vorarlberg. Digitale Anwendungen und ein zügiger Ausbau des schnellen Internets sind eine wichtige Grundvoraussetzung für Frauen am Land. Vor allem wir Bäuerinnen brauchen gut funktionierende und leistungsfähige digitale Verbindungen, um unsere bäuerlichen Angebote wie Urlaub am Bauernhof, Direktver­marktung, Schule am Bauernhof, das Angebot der Seminarbäuerinnen, Green Care und vieles mehr umsetzen zu können.

Der Begriff Green Care ist vielleicht nicht allen bekannt, daher möchte dazusagen, was damit gemeint ist. Unter dem Sammelbegriff Green Care werden allgemein Aktivitäten und Interaktionen zwischen Mensch, Tier und Natur zusammengefasst, die je nach Kontext gesundheitsfördernde, pädagogische oder soziale Ziele für unterschiedliche Zielgruppen verfolgen. Die Orte, an denen Green-Care-Aktivitäten umgesetzt werden, sind sehr vielfältig; das reicht von der Gartentherapie im Pflegeheim bis zur tierge­stützten Intervention am Bauernhof. Der Bauernhof wird dabei, vielfach in Kooperation mit Sozialträgern und Institutionen, zum Arbeits-, Bildungs-, Gesundheits- und Lebens­ort und ermöglicht eine Vielzahl an Angeboten und Dienstleistungen für unterschiedli­che Zielgruppen. Für bäuerliche Unternehmerinnen und Unternehmer sowie für Sozial­träger und Institutionen stellt Green Care eine neue Möglichkeit der Angebotsdiversifi­zierung dar. Green Care bildet die ideale Brücke zwischen Land- und Forstwirtschaft und der Bevölkerung und stärkt somit den Zusammenhalt im ländlichen Raum. Da ist zum Beispiel auch, wie heute schon angesprochen, die Pflege älterer Personen am Bauernhof ein Thema.

Mir persönlich ist dieser Bereich ein Herzensanliegen, denn darin sehe ich eine wert­volle Zukunftsperspektive für die ländlichen Regionen. Da ist der Breitbandausbau auch für viele junge, gut ausgebildete Frauen ein Anreiz, in der Gemeinde zu bleiben beziehungsweise nach Abschluss der Ausbildung in der Stadt wieder auf das Land zurückzukehren. Voraussetzung dafür ist eine moderne Infrastruktur mit schnellem In­ternet in jeder Landgemeinde. Die Digitalisierung hat auch bei uns Bäuerinnen schon längst Einzug gehalten. Das Interesse an Onlineberatungsangeboten, Onlinesemina­ren ist groß, aber auch die Einrichtung von Onlineshops zur Vermarktung bäuerlicher Produkte wird immer wichtiger.

Der Breitbandinternetausbau ist im ländlichen Raum voranzutreiben, um die Chancen und die Lebensqualität vor allem der Frauen am Land zu sichern beziehungsweise zu verbessern. Ohne Anschluss an die digitalen Welten können engagierte Frauen und Bäuerinnen all die digitalen Errungenschaften weder für ihren Hof noch für ihren Beruf noch privat nutzen. Frauen am Land brauchen gleiche Lebens- und Arbeitsbedingun­gen wie in der Stadt, um im Wettbewerb mithalten zu können und Chancengleichheit zu erreichen.


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Speziell für Frauen in der Landwirtschaft und künftige Hofübernehmerinnen und ‑über­nehmer gehören leistungsfähige Digitalnetze zur Grundausstattung in Haus und Hof. Und die Breitbandversorgung ist für alle Menschen in Österreich von hoher Bedeutung. Wie gesagt, mit ihr haben wir große Chancen, den ländlichen Raum vielfältig und le­benswert zu gestalten. Daher: ein Danke an Sie, Herr Minister Hofer, ein Danke an die Bundesregierung und an alle, die sich dieses sehr, sehr wichtigen Themas annehmen und intensiv daran arbeiten, um diese Versorgung flächendeckend sicherzustellen! Bleiben wir also dran! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.26


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig. – Bitte.


14.26.09

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Österreich ist hinsichtlich Breitbandaus­bau in Europa leider an letzter Stelle. Das liegt nicht an dieser Regierung, das liegt wei­ter zurück.

Man muss sagen, wenn wir den Breitbandausbau nicht vorantreiben, dann werden wir große Probleme haben. Jeder kennt den Verkehr, wenn man in die Städte hineinfährt, den Stau und die langen Wartezeiten im Straßenverkehr, aber im Endeffekt haben wir die gleichen Wartezeiten in der Infrastruktur, beim Breitband, wenn man ins Netz hi­neinmöchte.

Es wird wichtig sein, dass dieser Ausbau so rasch wie möglich vorangeht. Wir hatten vorhin das Thema Pflege: Nicht das indexierte Kindergeld ist die Ursache, sondern es ist teilweise das Problem, dass die Menschen aus Osteuropa weder skypen noch tele­fonieren können, noch sonst irgendwie Kontakt mit den Familien zu Hause halten kön­nen; daher wird es auch hinsichtlich Pflegebereich wichtig sein, den Breitbandausbau entsprechend voranzutreiben.

Wir im Bezirk Braunau wollen jetzt gemeindeüberschreitend, alle Gemeinden zusam­men die Leerverrohrung ausbauen. Es ist uns wichtig, dass die Gemeinden quasi die Daseinsvorsorge übernehmen, und wer dann diese Verrohrung nutzt, der soll bezah­len. Wir haben im Breitbandausbau leider das Problem, dass dieser Ausbau für die Un­ternehmungen nach sieben Jahren wirtschaftlich sein soll, denn die Aktionäre fordern dann Dividenden. Ich sehe das so wie bei der Wasserversorgung, bei der Stromver­sorgung, dass Breitbandausbau in Zukunft einfach Daseinsvorsorge ist, bei der man nicht schon nach sieben Jahren Gewinne abschöpfen sollte, und die Gemeinden vielleicht in 20 Jahren dann wirklich diese Wirtschaftlichkeit erleben. Es ist auch früher so gewesen: Man hat Genossenschaften gegründet, um die Telefonleitungen auszu­bauen, die Telefongenossenschaften, und es ist flächendeckend erschlossen worden. Wir brauchen diese Erschließung natürlich in Verbindung mit 5G und mit Glasfaser, aber man braucht auch die Glasfaserleitung zu 5G-Masten, denn sonst wird dieser 5G-Mast die Leistung, mit der er überflutet wird, nicht erbringen.

Die jungen Menschen laden Videos herunter, es wird digital kommuniziert. Ich kenne einen Turbinenbauunternehmer aus Jeging, bei uns im Bezirk Braunau, der muss sei­nen Computer nach Salzburg mitnehmen, dort speist er in seinem Privathaus seine Pläne ein, um dann diese Turbinenprojekte in die Welt hinaus zu kommunizieren. Wenn wir wollen, dass die Städte nicht noch mehr im Verkehrschaos ersticken, dann ist es wichtig, dass Telekommunikationsleitungen in jeden Ort, in jede Gemeinde kom­men.

In diesem Sinne danke ich für die ersten Schritte, die vom Ministerium schon gemacht worden sind, denn die 1 Milliarde Euro, die in der letzten Periode auf den Tisch ge-


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kommen ist, ist in den Städten versickert, und jetzt brauchen wir auch im ländlichen Raum diese Unterstützung. Danke schön, Herr Minister! Ich bitte um weitere Unterstüt­zung. Wir werden dem Telekommunikationsgesetz natürlich gerne zustimmen. – Dan­ke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.29


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desminister Hofer. – Bitte.


14.29.46

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja von allen Vorrednern betont und gesagt worden, wie wichtig diese Maßnahmen sind, die in den nächsten Jahren für eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet in ganz Österreich gesetzt werden müssen. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, es gibt noch viele Gebiete in Österreich, in denen es mit der Versorgung nicht gut aussieht, in denen man einen sehr schlechten Telefonempfang hat. Ich wohne im südlichen Burgenland und kenne Gegenden, etwa in der Buckligen Welt, wo es mit dem Empfang wirklich sehr, sehr schlecht aussieht. Das heißt, wir sind gefordert, so viel wie möglich umzusetzen.

Ich habe im Rahmen der Erarbeitung des Entwurfs der TKG-Novelle mit den Spitzen der drei großen Unternehmen in Österreich sehr, sehr viele Gespräche geführt, um zu schauen, wie wir das Gesetz so gestalten können, dass wir so schnell wie möglich in die Ausrollung kommen, damit so schnell wie möglich ausgebaut wird. Eine dieser Maßnahmen – die natürlich nicht unumstritten ist, das muss man offen sagen – ist die Verpflichtung der öffentlichen Hand, Eigentum zur Verfügung zu stellen. Das betrifft die Gemeinden – jedes Gemeindehaus –, das betrifft die Bundesländer – alle Gebäude der Bundesländer, Grundstücke der Bundesländer –, das betrifft die Bundesforste, die ÖBB und die Asfinag. Ich glaube aber, dass es nur so möglich ist, die 5G-Versorgung rasch auszurollen. Das Ziel, das wir uns gesetzt haben, nämlich bis 2020 alle Landes­hauptstädte mit 5G zu versorgen, bis 2023 alle Hauptverkehrsrouten und bis 2025 das gesamte Land, ist schon sehr ambitioniert. Es wird nicht einfach, das muss ich völlig of­fen sagen; deswegen auch diese Verpflichtung.

Bei den Hauptverkehrsrouten gibt es die Asfinag und die ÖBB, und wir können dort diese Kleinantennen anbringen. Die 5G-Antennen brauchen nämlich eine wesentlich höhere Abdeckungsrate, man braucht viel mehr Antennen. Diese Kleinstantennen ha­ben ein Raumvolumen von 0,03 Kubikmetern, sind also sehr klein. Sie haben eine ge­ringere Reichweite, eine höhere Frequenz und damit auch einen geringeren Energie­freisatz, das bedeutet auch eine geringere Belastung für den Menschen. Ich sage das dazu, weil es ja auch ein bisschen Kritik gibt, dass das eine Gesundheitsgefährdung sein könnte. Die 5G-Antennen werden im Vergleich zum jetzigen 4G-Netz nicht zu Mehr­belastungen führen, das kann ich ausschließen.

Es sind die Kosten für den Tiefbau erwähnt worden. Die Hauptkosten, die wir im Rah­men der Breitbandstrategie zu tragen haben, sind jene, die im Tiefbau anfallen, deswe­gen werden Maßnahmen in Richtung Baukoordination gesetzt, damit man eben nicht mehrfach aufgraben muss und Bund, Länder und Gemeinden nicht mehrfach Kosten tragen müssen.

Zu den Frequenzauktionen: Jetzt, bei der ersten Auktion, in der es um Frequenzen zwi­schen 3,4 und 3,8 Gigahertz geht, liegt das Mindestgebot bei 30 Millionen Euro. Das ist tatsächlich möglichst niedrig angesetzt. Bei der nächsten Auktion, die wir machen, werden die Einnahmen für den Staat schon wesentlich höher sein. Wir haben gesagt, wir wollen keine Gewinnmaximierung betreiben, denn der Ansatz, den wir verfolgen, ist, alles zu tun, damit die Unternehmen die Mittel, die sie haben, auch in die Ausrol­lung investieren. Das heißt nicht, dass es keine staatliche Intervention gibt. Es muss in


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diesem Bereich staatliche Intervention geben, sonst hätten wir 5G und Breitband nur im städtischen Bereich, denn dort gibt es eine hohe Bevölkerungsdichte, dort ist es ein Geschäft. Im ländlichen Raum ist es kein Geschäft. Das ist genau so wie bei der Müll­abfuhr: Wenn man da nicht sagt, dass es eine einheitliche Zugangsweise gibt, dann hat man beim Haus am Land eben keine Müllentsorgung – oder nur zu sehr, sehr ho­hen Kosten. In gewissen Bereichen müssen wir also staatlich intervenieren.

Daher ist es auch notwendig, bei einer neuen Breitbandstrategie erst auf die 5G-Ver­netzung, die jetzt kommt, einzugehen, denn man muss, wie schon gesagt wurde, dafür Sorge tragen, dass Glasfaser zu den Antennen kommt, sonst hat man zwar 5G-An­tennen, aber keine schnelle Versorgung. Diese neue Breitbandstrategie wird im Früh­ling vorliegen, soll dann neu beschlossen werden, und es werden alle Förderungspro­gramme, die Erfolge sind, zu Connect, Backhaul, vor allem die Leerrohrförderung, in­tensiviert und fortgesetzt. Ich begrüße auch die Aktivitäten in den Bundesländern sehr, zum Beispiel jene in Braunau oder in anderen Bezirken – ich glaube, in Weiz gibt es ähnliche Maßnahmen –, mit denen die Bundesländer das, was der Bund tut, durch ei­gene Maßnahmen noch weiter unterstützen, weil es dann dort noch schneller geht als in jenen Bereichen, in denen man sich nur auf das verlässt, was der Markt und der Bund umsetzen können.

Zum Thema Alarm-SMS: Das ist eine Maßnahme, von der ich sehr viel halte. Ich habe meine Mitarbeiter beauftragt, die Umsetzung zu prüfen, den datenschutzrechtlichen Aspekt zu prüfen. Ich glaube, es wäre für die Hilfsorganisationen und die Katastro­phenschutzorganisationen sehr wichtig, wenn wir Alarm-SMS in Österreich umsetzen könnten. Das ist mein Ziel, und ich kann Ihnen zustimmen, das wäre eine tolle Maß­nahme für Österreich. Ich schaue, dass das auch in die Gänge kommt.

Es ist das Problem rund um den Amateurfunk angesprochen worden. Da sind die Ge­spräche nicht ganz so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt hätte. Wir hatten einen Ver­treter der Amateurfunkergemeinde bei uns im Ministerium, und dort wurden jene Maß­nahmen und Ziele gemeinsam vereinbart, die wir ins Gesetz einbringen. Es war aber dann so, dass der Vertreter gekommen ist und gesagt hat, er kann nicht weiter zu die­sen Vorschlägen stehen, es gibt jetzt andere Ideen und Pläne aus der Gemeinde selbst. Wir haben dann überlegt: Was machen wir jetzt mit dem, was wir schon ver­einbart hatten, nehmen wir es trotzdem mit rein oder nicht? Wir haben einfach das, was bis zu diesem Zeitpunkt vereinbart war, in dieses Gesetz mithineingenommen.

Es sind im TKG alle Maßnahmen, Bewilligungen zeitlich befristet. Das dient der Rechts­sicherheit im Umgang mit Frequenzen, die leichter verwaltet werden können – keine Karteileichen –; das heißt aber für die Amateurfunker auch, dass man einmal in zehn Jahren die Bewilligung erneuern muss. Die Rufzeichen bleiben erhalten; ich glaube, das war das wichtigste Anliegen der Amateurfunker.

Insgesamt hoffe ich, dass wir die Ziele, die wir uns gesetzt haben, auch erreichen können. Ich sage noch einmal: Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um die­ses große Ziel 2025 auch wirklich erreichen zu können. Wir hätten mit der ersten Fre­quenzauktion schon früher dran sein können, aber es kam der Wunsch aus der Wirt­schaft, das erst im Frühling zu machen, weil die Technik noch nicht da ist. 5G geht erst jetzt richtig los, mit allen Dingen, die wir ja schon kennen. Wir werden beim autonomen Fahren, beim Fliegen und auch im Bereich Gesundheit große Veränderungen erleben. Es wird ein Chirurg, der Hunderte Kilometer entfernt ist, eine Operation durchführen können, ein Spezialist, zu dem man normalerweise nicht kommt. Ich glaube, es ist eine tolle Entwicklung, die uns das Leben wesentlich erleichtern wird, die auch Arbeitsplätze schaffen wird – freilich zum Teil auch andere Arbeitsplätze als jene, die wir heute ken­nen.


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Ich bedanke mich bei allen, die hier mitgewirkt und mitgearbeitet haben, und freue mich sehr auf diese kommenden Jahre, die uns eine große Chance geben. Es ist auch für den ländlichen Raum eine große Chance, weil damit die Anbindung von Gebieten, die bisher schlecht angebunden waren, zumindest was Telearbeitsplätze betrifft, was die Bauernhöfe anbelangt, verbessert werden kann. Freilich müssen wir auch weiterhin in Bahnanschlüsse, in Straßen, in Energieversorgung und in erneuerbare Energie in­vestieren, aber das 5G-Netz und Breitband werden eine ganz wichtige Säule dieser Zukunft sein, und zwar nicht nur im städtischen Bereich, sondern auch im ländlichen Raum. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.37

14.37.20


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Koller, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Alarm-SMS im Katastrophenfall zum Schutz der Österrei­cherinnen und Österreicher!“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

14.38.2013. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird (274 d.B. und 316 d.B. sowie 10046/BR d.B.)


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatter ist abermals Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.


14.38.35

Berichterstatter Michael Bernard: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen:

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Gerd Krusche. – Bitte.


14.39.22

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Diese Novellierung des Seilbahngesetzes 2003 hat einer-


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seits Anpassungen infolge einer EU-Verordnung zum Inhalt, andererseits wird die Ge­legenheit genützt, zusätzliche Anpassungen sozusagen in Eigenverantwortung umzu­setzen.

Eine dieser Änderungen ist ein in Zukunft reduzierter Inhalt des Sicherheitsberichts, eine andere ist eine einheitliche Konzessionsdauer für Seilbahnanlagen – ausgenom­men sind Schlepplifte –; bisher waren es 30, 40, 50 Jahre, in Zukunft wird das generell 50 Jahre betragen. Außerdem wird eine sogenannte Grundrevision eingeführt, die 40 Jahre nach der Konzessionserteilung und dann alle weiteren 30 Jahre durchzufüh­ren ist. Das heißt, es kommt zu einer Entkoppelung von Technik, was die Revision be­trifft, und Verwaltung, was die Konzessionserteilung betrifft.

Ein mir ganz wesentlich erscheinender Punkt ist der Entfall der aufschiebenden Wir­kung von Beschwerden gegen Baubewilligungen und Betriebsbewilligungen. Dadurch wird es möglich, die Wirkung von mutwilligen Beschwerden, die wir ja alle zur Genüge kennen, hintanzuhalten. Das ist insbesondere von Bedeutung für wichtige Zubringer­bahnen und ‑Anlagen oder Umbauten und Erneuerungen, die zur Erhaltung der Kon­kurrenzfähigkeit wesentlich sind. Wir wissen, dass gerade im hochalpinen Gelände auf­grund der Witterungsverhältnisse das Zeitfenster für die Umsetzung von Baumaßnah­men oft sehr kurz ist; da kann sehr schnell eine ganze Saison verloren gehen, wenn es zu solchen Einsprüchen kommt, die aufschiebende Wirkung hätten.

Es gibt auch weitere Anpassungen, diese betreffen die Betriebsleiterstellvertreter, Zu­ständigkeiten für Marktüberwachungen, Strafbestimmungen, Statistik und vieles mehr.

Summa summarum liegt hier eine Novellierung vor, die ganz im Sinne der Effizienz­steigerung und Verwaltungsvereinfachung ist; damit ist dieser durchaus positiven No­vellierung zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

14.42


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächster ist Bundesrat Peter Raggl zu Wort gemeldet. – Bitte.


14.42.22

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt sehr froh, dass ich auch zu diesem Punkt noch einmal kurz reden darf, weil gerade in meinem Bundesland die Seilbahnwirtschaft eine extrem wichtige Rolle einnimmt und man auf sie eigentlich nicht verzichten könnte.

Die Inhalte des Gesetzes hat Herr Kollege Krusche schon umfassend behandelt, da­rauf brauche ich jetzt nicht mehr einzugehen. Insgesamt möchte ich nur zusammen­fassen, dass das Gesetz durchaus eine allseits gewünschte Entbürokratisierung, aber auch Kosteneinsparungen für die Seilbahnunternehmen bringt, und zwar, was mir ganz, ganz wichtig ist, nicht zulasten der so wichtigen Sicherheitsaspekte, die beim Seilbahnbetrieb natürlich ganz, ganz vorne stehen.

Den Inhalt des Gesetz möchte ich nicht mehr breittreten, möchte aber noch ein paar Kennzahlen der Seilbahnwirtschaft hervorheben, weil es, glaube ich, vielleicht auch ein kleines Dankeschön des Gesetzgebers ist, dass man der Seilbahnwirtschaft mit die­sem Gesetz ein bisschen entgegenkommt, indem man jetzt diese Entbürokratisie­rungsschritte vornimmt.

Ich komme aus dem Tiroler Oberland. Wer schon einmal dort gewesen ist, weiß, wie sehr unsere Region touristisch geprägt ist. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie unsere Talschaften aussehen würden, zum Beispiel das Paznauntal, das Ötztal oder vielleicht


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sogar das Zillertal – Kollege Steiner ist gerade nicht da –, wenn wir den Tourismus nicht hätten. Der Tourismus hängt untrennbar mit der Seilbahnwirtschaft zusammen. Es ist unvorstellbar, wie unsere Täler ausschauen würden, wenn man nicht schon so früh angefangen hätte, in die Seilbahnen zu investieren, und wenn da nicht so fleißige und innovative Leute am Werk gewesen wären. Ich denke, da wären viele Regionen nicht einmal mehr besiedelt.

Das Gegenteil ist der Fall: pulsierende Talschaften, und das inzwischen nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer. Wir können unsere Gäste, aber auch die Einheimi­schen mit modernsten Seilbahnanlagen, mit höchstem Komfort, aber auch höchsten Sicherheitsstandards bedienen und können eigentlich jedem, auch wenn es irgendein Handicap gibt, die Möglichkeit erschließen, bis auf den höchsten Gipfel zu fahren. So wird niemand von dem Genuss schönster Pisten oder auch schönster Berge ausge­schlossen.

Allein Tirols Seilbahnen haben in der letzten Saison, 2017/2018, 300 Millionen Euro in die Sicherheit der Anlagen, in den Komfort, in Beschneiungsanlagen, in Pisten, in Park­plätze, in Pistengeräte, in die Gastronomie und so weiter investiert. Österreichweit wa­ren das nicht weniger als 600 Millionen Euro. Die Nutzer der Seilbahnen generieren ei­nen Bruttoumsatz von 8 Milliarden Euro, das ist immerhin das doppelte Jahresbudget des Landes Tirol. Die Seilbahnen sorgen auch beim Bund dafür, dass die Kassen klin­geln. Es ist immerhin ein Umsatzsteueraufkommen von 1 Milliarde Euro, das durch die­se Branche generiert wird.

Österreichs Seilbahner beschäftigen direkt 17 300 Mitarbeiter und indirekt in anderen Branchen noch einmal 82 000 Mitarbeiter. In meiner Heimatregion – das kann ich wirk­lich aus persönlicher Erfahrung berichten – sichern die Seilbahner und die Tourismus­orte die Existenz zahlreicher Handwerksbetriebe – Elektriker, Spengler, Installateure, Baumeister und viele andere – und damit auch Tausende Arbeitsplätze in der Region; all diese Menschen müssten sich sonst im städtischen Bereich Arbeitsplätze suchen.

Was mir als bäuerlichem Interessenvertreter auch ganz wichtig ist: Die Zusammenar­beit zwischen Landwirtschaft und Tourismus ist nicht wegzudenken. In der Landwirt­schaft Beschäftigte finden in der Seilbahn- beziehungsweise in der Tourismusbranche oft Arbeitsplätze, die sich mit der Landwirtschaft kombinieren lassen. Umgekehrt schät­zen natürlich der Tourismus und die Seilbahnwirtschaft die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern, die ja hochwertigste Lebensmittel erzeugen und der Gastronomie liefern und darüber hinaus in alpinen Regionen die Almen bewirtschaften, die eben, wie schon gesagt, den Einheimischen und Gästen gleich zugutekommen.

Abschließend darf ich zusammenfassen: Mit dem neuen Seilbahngesetz hat die Seil­bahnbranche, glaube ich, weiterhin einen sinnvollen gesetzlichen Rahmen, der eine sicher notwendige Weiterentwicklung dieses in unserem Land sehr wichtigen Wirt­schaftszweiges möglich macht. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

14.47


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächster gelangt Bundesrat Dominik Reisinger zu Wort. – Bitte.


14.48.05

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie und zu Hause! Ich wiederhole, wenn ich sage, dass es, basie­rend auf einer neuen EU-Verordnung, notwendig sein wird, das Seilbahngesetz 2003 zu novellieren. Diese Novelle wird Widersprüche und Doppelregelungen korrigieren und


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Lücken beseitigen, um für die Zukunft ein reibungsloses Genehmigungs- und Aufsichts­system für die heimischen Seilbahnbetreiber sicherzustellen.

Tendenziell könnte man diese neue Rechtsgrundlage eher auch als unternehmer­freundlich bewerten, sieht man aber genauer hin, so sind durch diese Änderungen in wesentlichen Bereichen vor allem Verbesserungen in arbeitsmarkt-, arbeitszeit- und si­cherheitsrelevanten Bereichen zu verzeichnen.

Was sind nun diese Verbesserungen, die sich positiv auswirken? – Ein wesentlicher Punkt ist, dass die Seilbahnbetreiber hinkünftig zusätzliche Betriebsleiter und auch Be­triebsleiterstellvertreter einstellen können. Das schafft gerade in ländlichen Regionen, wir haben es gehört, mit großen Skigebieten zum Beispiel, wichtige Arbeitsplätze und vor allem qualitativ hochwertige Arbeitsplätze. Wir sind uns einig, es ist kein Geheim­nis, dass jeder einzelne Job in den Regionen einen sehr hohen Stellenwert für die Ge­meinden und die dort lebenden Menschen darstellt. Ich sehe darin auch eine Chance, dass sich gut ausgebildete junge Menschen in ihrer Heimat beruflich orientieren kön­nen und nicht aus Ermangelung einer Berufschance in die Zentren abwandern müs­sen.

Punkt zwei: Zusätzliche Führungsjobs in einem Betrieb bewirken auch eine, wenn man so will, Verteilung der Belastung, der Verantwortung und letztendlich auch der Arbeits­zeit. Das bedeutet Entlastung und Unterstützung für den einzelnen Mitarbeiter – ein Umstand, der nicht außer Acht zu lassen ist und den auch die Gewerkschaften sehr positiv bewertet haben.

Ein letzter Aspekt, den ich erwähnen möchte, ist jener, der zu mehr Sicherheit bei den Seilbahnanlagen führt. Im neuen Seilbahngesetz werden nämlich die Intervalle für die Hauptrevision verkürzt. Das erste Mal ist eine Hauptrevision nach 40 Jahren vorge­schrieben, dann nach 30 Jahren, auch das wurde erwähnt. Meiner Meinung nach hätte man hier auch einen größeren, ambitionierteren Schritt machen können, aber es ist jedenfalls ein Schritt in Richtung mehr Sicherheit, und das ist auch gut so.

Alles in allem sind die angesprochenen Verbesserungen aufgrund des neuen Gesetzes in puncto Sicherheit und Arbeitsbedingungen unterstützenswert, daher wird die SPÖ-Fraktion diesem Gesetz auch zustimmen.

Da bekanntlich das Beste immer zum Schluss kommt, möchte ich auch in seiner Abwe­senheit – das ist nicht das Gremium, in dem er sitzt – Herrn Klubobmann Wöginger für sein mutiges Vorpreschen bei der Anrechnung der Karenzzeiten danken und ihm auch volle Unterstützung zusichern.

Zu hoffen bleibt aber, dass sich diese Linie auch bei den bevorstehenden Seilbahnkol­lektivvertragsverhandlungen auf Wirtschaftskammerseite durchsetzen wird. Vonseiten der Wirtschaftskammer wird das nämlich seit Jahren abgelehnt, die Gewerkschaft for­dert das seit Jahren, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der heimischen Seilbahn­betreiber hätten sich das redlich verdient. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bun­desräte Längle und Stögmüller.)

14.51


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächster gelangt Herr Bundesminister Norbert Hofer zu Wort. – Bitte.


14.52.02

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, inhaltlich ist alles gesagt worden. Ich möchte nur noch anführen, dass es für mich irgendwie eine Art Rückkehr zu meinen Wurzeln ist. Ich war nämlich als junger Mann in einem Regie-


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rungsbüro beschäftigt, das für das Seilbahnwesen verantwortlich war – allerdings war es das burgenländische Seilbahnwesen und wir sind dort nicht in Arbeit erstickt (allge­meine Heiterkeit); zwei Transportseilbahnen hat es dort gegeben.


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Skilift!


Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer (fort­setzend): Ja, es gibt auch einen kleinen Skilift.

Man muss sagen, dass es da nicht nur um den alpinen Raum geht. Wenn man sich die Zukunft ansieht, dann werden Seilbahnen möglicherweise auch im städtischen Raum eine Rolle spielen. Es gibt ja städtische Regionen in Österreich, in denen man schon konkrete Pläne hat, Stadtseilbahnen zu bauen.

Ich begrüße das, weil ich glaube, dass es eine Maßnahme sein kann, um den städti­schen Verkehr massiv zu entlasten. Das ist günstiger als eine Straßenbahn, es sind im Vergleich nur etwa 50 Prozent der Kosten, halbe Bauzeit, geringere Betriebskosten – und wir haben Weltmarktführer im Bereich dieser Technik in Österreich.

Worauf man aufpassen muss, ist, dass man das nicht überall machen kann. Also wenn man die Seilbahn so führt, dass man in Wohngebiete sehen kann, sodass sich die Leu­te dort beobachtet fühlen, dann geht es eben nicht.

Wie kann man das finanzieren? – Wir sind gerade dabei, eine Nahverkehrsmilliarde aufzustellen; ich hoffe, dass das gelingt. Bisher konnten wir in vielen Bereichen der Ballungszentren gar nicht mitfinanzieren. Jetzt wollen wir das tun, damit abseits von Wien auch andere Ballungszentren wie Graz, Linz, Innsbruck und so weiter, die auch große Probleme haben, von Bundesmitteln profitieren können; bisher ist es vor allem Wien, weil Wien die U-Bahn hat, die ja finanziert wird, und die anderen Städte keine
U-Bahn haben.

Es werden zwei Kriterien maßgeblich sein, damit man mitfinanziert: Es muss erstens eine dekarbonisierte Maßnahme sein, und zweitens muss die Maßnahme über die Stadtgrenzen hinaus wirken, dass man also leichter in die Stadt hinein- und aus der Stadt herauskommt. Dafür werden diese Mittel fließen, wenn das gelingt. Ich glaube, dass wir damit auch für den städtischen Raum und das gesamte Umfeld sehr viel errei­chen können – und möglicherweise werden mit diesen Mitteln auch Stadtseilbahnen gefördert werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

14.54

14.54.25


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.54.49 14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz geändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2018) (273 d.B. und 317 d.B. sowie 10047/BR d.B.)


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Samt. – Ich bitte um den


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Bericht.


14.55.00

Berichterstatter Peter Samt: Frau Präsident! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz geändert werden, Schifffahrtsrechtsnovelle 2018.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.


14.56.04

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Als freiheitlicher Bundesrat begrüße ich den Beschluss des Nationalrates vom 24. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz geändert werden.

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates trägt zum Beispiel dem Umstand Rech­nung, dass es in der Vergangenheit auch beim Lenken von Booten und Schiffen zu Un­fällen gekommen ist, bei denen durch Beeinträchtigung durch Alkohol Menschen ver­letzt oder – so wie bei dem wahrscheinlich uns allen noch in Erinnerung gebliebenen Unfall vom 2. Juni 2017 am Wörthersee – getötet wurden.

Bei dieser Bootsfahrt waren vier Freunde aus Niederösterreich an Bord, dazu ein 32 Jah­re alter Kärntner als Vertreter des Bootseigentümers. Laut Polizei hatte der 44-jährige Lenker, bei dem 1,2 Promille festgestellt wurden, das Boot in eine scharfe Kurve ge­lenkt. Dabei ging das Opfer, ein Kremser Baumeister, über Bord. Anschließend wurde, offensichtlich durch den Alkohol benebelt und in der Entscheidungskraft stark einge­schränkt, vom Lenker der Rückwärtsgang eingelegt und der über Bord Gegangene von der Schiffsschraube tödlich verletzt. Die Leiche wurde erst am nächsten Tag von Tau­chern in 30 Meter Tiefe entdeckt.

Die Änderung, die zum Beispiel die Maßnahme beinhaltet, dass Personen, die ein Boot oder Schiff führen, genauso wie im Straßenverkehr routinemäßig mit einfachen Mess­geräten, sogenannten Alkovortestern, auf Alkoholkonsum kontrolliert werden sollen, wird sicher dazu beitragen, dass der Alkoholkonsum in Summe geringer wird. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Erhöhung der Sicherheit.

Weiters beinhaltet die Novelle Klarstellungen zum Erwerb der Befähigungsnachweise, zum Führen von Jachten auf See, zur Anwendbarkeit des österreichischen Schifffahrts­rechts, die Zumessung von Bescheidqualität für die Urkunde Seebrief, die Einführung des Seebriefs für Schlauchboote und eine an die heutige Zeit angepasste Veröffent­lichung von Verkehrsinformationen auf elektronischem Wege.

Ein wesentlicher weiterer Punkt ist die Verwaltungsvereinfachung. Erstreckt sich eine Veranstaltung an und auf Gewässern auf zwei oder mehrere Bezirksverwaltungsbe­hörden, so war bis jetzt zur Erteilung der Bewilligung eine Genehmigung von allen ein­zuholen. Ab jetzt ist jene Bezirks- oder Landesverwaltungsbehörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich die Veranstaltung beginnt.

Da die Schifffahrtsrechtsnovelle 2018 im Zeichen der Verwaltungsvereinfachung, der Harmonisierung mit internationalen Vorschriften und der Verkehrssicherheit steht, wer-


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den wir Freiheitliche keinen Einspruch gegen den Beschluss des Nationalrates erhe­ben. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

14.58


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich danke recht herzlich.

Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Armin Forstner zu Wort. – Bitte.


14.59.06

Bundesrat Armin Forstner, MPA (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, jetzt sind wir beim Schifffahrtswesen. Da wird Ihre Erfahrung aus dem Burgenland vom Neusiedler See größer sein als im Bereich Seilbahnen.


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Da kennt er sich auch aus!


Bundesrat Armin Forstner, MPA (fortsetzend): Ja, da kennt er sich aus.

Die Änderungen im Schifffahrtsgesetz und im Seeschifffahrtsgesetz sind Teile der um­fangreichen Schifffahrtsrechtsnovelle 2018, die im Zeichen der Verwaltungsvereinfa­chung, der Verkehrssicherheit sowie der internationalen Harmonisierung steht.

Was ändert sich beim Schifffahrtsgesetz? – Erstens: die Ermöglichung von verdachts­freien Alkoholkontrollen; zweitens: die Umsetzung von EU-Richtlinien zu technischen Vorschriften für Schiffe; drittens: die Digitalisierung und viertens: die Verfahrenskon­zentration bei länderübergreifenden Veranstaltungen.

Kommen wir kurz noch einmal zum Thema Alkohol! Alkohol war 2017 bei über 10 Pro­zent der Unfälle in der Großschifffahrt auf der Donau zumindest mitverursachend, mit im Spiel. Mit der Novelle wird die verdachtsfreie Verwendung von Alkoholvortestern er­möglicht, nämlich analog zu Kontrollen im Straßenverkehr, die uns allen sehr bekannt sind.

Nächster Punkt wäre die aktualisierte EU-Richtlinie zu technischen Vorschriften für die Binnenschiffe. Sie schafft gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen sowie Umwelt- und Si­cherheitsniveaus auf der internationalen Wasserstraße Donau. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Nächster Punkt, Digitalisierung: Die Veröffentlichung von Verkehrsinformationen findet ausschließlich auf elektronischem Weg statt anstatt wie bisher auf Amtstafeln. Auch das ist ein ganz wichtiger Schritt.

Was ändert sich beim Seeschifffahrtsgesetz? – Erstens: der Seebrief für Schlauch­boote. Das ist eine Erleichterung für Hunderte Bootsbesitzer, nämlich durch den Weg­fall von schifffahrtstechnischen Überprüfungen von Booten mit Maschinenantrieb.

Zweitens: die Mindestanzahl an Prüfungen je Prüfungsorganisation für den Erhalt inter­nationaler Zertifikate für die Führung von Jachten auf See. Das ist eine gewisse Quali­tätssicherung und auch eine wesentliche Verbesserung.

Drittens: die Änderung bei der Verwaltungsvereinfachung. Da gibt es Verfahrenskon­zentrationen bei jedenfalls einer Bezirksverwaltungsbehörde, wie es auch Kollege Mi­chael Bernard schon angesprochen hat. Auch das ist eine wesentliche Verbesserung.

Bei dieser Novelle kann man die Verwaltungsvereinfachung, die Hebung der Verkehrs­sicherheit und die Harmonisierung internationaler Vorschriften erkennen. Deshalb stim­men wir diesem Gesetz gerne zu. – Ich danke allen Beteiligten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

15.01


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke.

Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Wolfgang Beer zu Wort. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 113

15.02.06

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher und Zuhörer! Über das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz, deren Novelle wir heute hier be­schließen wollen, gibt es nicht mehr viel zu sagen. Die vorangegangenen Redner ha­ben dieses Thema sehr ausführlich behandelt. Es gibt von den Veränderungen her nicht sehr viel, aber man muss schon sagen, dass es in diesem Bereich wirklich viele Verwaltungsvereinfachungen gibt, was sehr zu begrüßen ist.

Es ist auch sehr zu begrüßen, dass in diesem Gesetz auf Freiwilligkeit Rücksicht ge­nommen wird, denn der Seebrief für Schlauchboote – und wir reden da nicht von Schlauchruderbooten, da gibt es auch schon wesentlich größere – beinhaltet eine Ver­einfachung für die Besitzer dieser Schlauchboote, wobei das auf freiwilliger Basis pas­siert. Man muss sich diesen Seebrief nicht holen, es bringt aber sehr viele Vorteile, wenn man ihn hat.

Da wir im Sommer all die Vorkommnisse mit den Alkoholisierungen miterlebt haben, ist es, glaube ich, eines der wesentlichsten Dinge, dass hier analog zum Kfz-Bereich Planquadratkontrollen durchgeführt werden können. Ohne hinreichenden Verdacht ist es dann möglich, einen Alkotest durchzuführen.

Ich glaube, dass dieses Gesetz eine Verwaltungsvereinfachung, eine Erleichterung für die Bootsbesitzer und ein Mehr an Sicherheit mit sich bringt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

15.04


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Ing. Norbert Hofer. – Bitte.


15.04.20

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde mich nur sehr, sehr kurz melden. Ich möchte anführen, dass es mir Sorge bereitet, dass wir auf der Donau, bei der Großschifffahrt, bei der Berufsschifffahrt festgestellt haben, dass bei zumindest 10 Prozent der Unfälle Alkohol mit im Spiel war.

Nun muss man sich die Frage stellen: Was ist denn eigentlich im Freizeitbereich der Fall? Wir können uns alle gut vorstellen: Urlaubsstimmung, Sonnenschein, ein See, man ist mit guten Freunden irgendwo unterwegs. Ich gehe davon aus, dass die Pro­zentzahl in diesem Bereich noch größer ist. Deswegen ist es wichtig, dass wir mit Alko­vortestern verdachtsfrei prüfen können, ob Alkohol konsumiert wurde oder nicht. Allein die Tatsache, dass wir das tun, wird nicht dazu führen, dass am Strand weniger ge­feiert wird, das ist alles in Ordnung, aber dass jene, die feiern, nicht nachher ein Boot lenken. Das ist das Ziel, das wir gemeinsam umsetzen müssen.

Das Lenken eines Bootes ist nämlich mit großer Verantwortung verbunden. Es werden hohe Geschwindigkeiten erreicht, oft sind auch hohe PS-Zahlen im Spiel, es sind viele Menschen am Wasser unterwegs. Deswegen darf es hier keinen Unterschied zwischen dem geben, was am Wasser passiert, und dem, was wir auf der Straße tun, und es wird da auch eine enge Zusammenarbeit mit dem BMI geben.

Am Ende meiner Themen möchte ich mich dafür bedanken, dass bei allen Themen­schwerpunkten, die heute behandelt worden sind, die Debattenbeiträge mit sehr viel Sachverstand abgehandelt worden sind. (Bundesrätin Mühlwerth: Es kommt ja noch was! – Allgemeine Heiterkeit.) – Kommt noch was? Ich wäre jetzt schon gegangen, meine Damen und Herren.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 114

Na gut. Ich bedanke mich dafür, dass bei den bisher behandelten Punkten sehr viel Sachverstand im Spiel war, und ich gehe davon aus, dass das bei den nächsten Punk­ten genauso der Fall sein wird. – Besten Dank. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

15.06

15.06.20


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Ein bisschen etwas haben wir noch, Herr Minister, nämlich den Verkehrstelematik­bericht und den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH. Also bitte bleiben Sie noch ein bisschen bei uns!

Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.06.4815. Punkt

Verkehrstelematikbericht 2018 (III-656-BR/2018 d.B. sowie 10048/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 15 der Ta­gesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. – Ich bitte um den Bericht.


15.07.05

Berichterstatter Christoph Steiner: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Verkehrstelematikbe­richt 2018.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 den Antrag, den Verkehrstelematikbericht 2018 zur Kenntnis zu nehmen.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Samt. Ich erteile es ihm.


15.07.42

Bundesrat Peter Samt (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister, wir versuchen, das mit dem Sachverstand aufrechtzuerhalten, auch bei diesem Tagesord­nungspunkt, und freuen uns, dass du noch da bist. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe noch verbliebene Zuschauer auf der Galerie und am Livestream! Der Verkehrs­telematikbericht ist ein sehr, sehr umfangreicher Bericht. Ich werde mich deswegen jetzt auf gewisse Punkte beschränken. Es wird sicher von meinen Folgerednern noch einiges erwähnt und erklärt werden.

Was ganz wichtig ist und was aus diesem Bericht sehr stark hervorgeht, ist, dass das Verkehrswesen in Österreich – wahrscheinlich nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa – massiv im technologischen Umbruch ist. Es ist ein Umbruch nicht nur im Hinblick auf das sogenannte automatisierte Fahren, sondern auch dann, wenn es um Verkehrsinformationen für Reisende geht.

Da muss von unterschiedlichsten Stellen aus über verschiedene Schnittstellen zu den unterschiedlichsten Endgeräten hin kommuniziert werden, es müssen Daten übertra-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 115

gen werden, und dabei treten eben gewisse Probleme in der Datenstruktur auf, wenn man etwa an die unterschiedlichen Smartphones und an die unterschiedlichen Naviga­tionssysteme und Navigationsgeräte in den Autos denkt. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie versucht, hier sämtliche Bestrebungen zu bündeln, sowohl in der Forschung als auch in der Umsetzung.

Auch wenn es für Menschen meiner Generation schon ein sehr spannender Umstieg sein wird, nämlich vom Selber-Fahren, das man seit frühester Jugend kennt, hin zu ei­nem teilautonomen oder überhaupt autonomen Fahren, wird man doch feststellen, dass aufgrund der schnellen Reaktionszeiten von elektronischen Geräten und digitali­sierten Datenübermittlungen in Zukunft weniger Menschen im Verkehr zu Schaden kommen werden, als es bisher der Fall ist, weil die Geräte nun einmal wesentlich re­aktionsschneller sein werden.

Es wird momentan auch sehr viel Geld in die Forschung beim automatisierten Fahren investiert. Im urbanen Bereich werden natürlich immer weniger Menschen ein Auto haben beziehungsweise selbst mit dem Auto fahren. Viele Leitprojekte, die es da in den Städten gibt, sind ja schon eine Vorankündigung dessen, was in Zukunft noch kommen wird.

Andererseits dürfen wir gerade als Bundesländervertreter den nicht urbanen Bereich nicht vergessen. In der Peripherie sind wir, wie wir gehört haben, mit dem digitalen Ausbau noch hinten nach, auch wenn wir in fast jedem Eck Österreichs bereits irgend­welche Masterpläne verfolgen, um die Digitalisierung und den Ausbau des 5G-Netzes voranzutreiben.

Da ist aber natürlich sehr viel Geld im Spiel, auch für die Gemeinden. Deswegen wer­den wir noch eine gewisse Zeit mit Hochdruck daran arbeiten müssen, bis wir tatsäch­lich an dem Ziel angelangt sind, dass bis in den letzten Winkel, auch in den hintersten Tälern, eine Volldigitalisierung erfolgt, die wir ja im privaten Bereich genauso wie im Berufsleben und im industriellen Bereich brauchen werden.

Der grenzüberschreitende Datenaustausch wird, auch wenn es um Verkehrsdaten geht, bezüglich des Datenschutzes eine Herausforderung sein. Es ist hier immer wie­der darüber nachzudenken, wie wir seit Aufschlagen der Datenschutz-Grundverord­nung in Österreich erkennen, dass sich die Datenübertragung, die wir momentan noch als selbstverständlich sehen, verkomplizieren wird. Wir können jeden Autofahrer an je­der Stelle in irgendeiner Form erreichen. In vielen Bereichen senden wir ja bereits, oh­ne es bewusst wahrzunehmen, Daten von uns, sodass wir praktisch jederzeit identifi­zierbar und auffindbar sind. Denken wir nur an die Smartphones!

Ein weitere wichtige Sache, die dieser Verkehrstelematikbericht bringt, ist das System der digitalen Karte. Die Basiskarte Basemap ist, wenn man sich das anschaut, eine ganz interessante Gesichte. Das gibt es seit Anfang 2014, dass man da nämlich auf ei­ne amtliche Basiskarte zugreifen kann, und zwar kostenlos und jederzeit und auch so, dass man sich nicht anmelden muss und damit auch nicht irgendwo aufscheint.

Die Zahlen sind beeindruckend. An Spitzentagen, steht da, verzeichnet basemap.at mehr als 40 Millionen Zugriffe, an durchschnittlichen Tagen sind es zwischen 15 Millio­nen und 20 Millionen.

Diese Basemap ist ein Zugang, der natürlich auch für alle weiteren Informationen, die in einem Auto, in einem Navigationssystem auftauchen können, von Nutzen ist. Sie können damit Verkehrsdaten wie Verkehrszeichen, Geschwindigkeitsbeschränkungen und dergleichen mehr übertragen. Wer ein modernes Auto hat, weiß, dass das Auto mehr weiß als man selbst.

Über Geschwindigkeitsbeschränkungen weiß das Auto Bescheid, auch wenn man als Fahrer die Verkehrszeichen übersehen hat. In Zukunft wird das natürlich Einfluss auf


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das Auto haben. Das heißt, das Ding wird einfach nicht schneller fahren, was natürlich Menschen meiner Generation stören wird, denn manchmal wollen wir doch schneller vorwärtskommen, als es dann für uns gut ist.

Grenzüberschreitende Routenplaner: Das ist ein ganz wichtiges Thema für alle, die zu uns nach Österreich kommen wollen, für jene, die durchwollen, oder für jene, die von Österreich aus in andere europäische Länder oder weiter reisen wollen. Es gibt natür­lich sehr, sehr viele Netze beziehungsweise Systeme, die aber meistens regional und ländergebunden sind. Auch da wird es eine große Herausforderung sein, diese unter­schiedlichen Reiseinformationssysteme zu bündeln und für jeden innerhalb des euro­päischen Raumes oder darüber hinaus nutzbar zu machen. Österreich ist an einem solchen Teilvernetzungsprojekt bereits beteiligt. Das Projekt LinkingDanube zum Bei­spiel ist so ein Pilotprojekt.

Was ganz wichtig sein wird: Verkehrsteilnehmer jeder Art sind grenzüberschreitend in Echtzeit zu informieren. Auch dazu gibt es Projekte, die laufen. In diesem Zusammen­hang wird im Bericht Evis, Echtzeit-Verkehrsinformationssystem, genannt. Es wird in der nächsten Zeit eines der wichtigsten Systeme und Projekte in diesem Bereich sein. Bis 2020 wird hier ein integriertes Verkehrsmanagement umgesetzt und über ein um­fangreiches Verkehrslagebild über die VAO, die Verkehrsauskunft Österreich, dann zur Verfügung stehen.

eCall-ready, ein harmloser Begriff, der sehr weitreichend ist: In den Autos der heurigen Generation, also seit 2018, werden diese Dinge serienmäßig eingesetzt. Damit wird man im Notfall einen Notruf über 112 abgeben können und es wird weitreichend gehol­fen werden. Man wird wissen, wo derjenige ist, und man wird auch rechtzeitig an Ort und Stelle sein.

Es gibt 8 000 Verkehrskameras auf der Autobahn, vor allem an neuralgischen Stellen. Das ist ein ganz interessanter Aspekt. Die Asfinag weiß sehr viel, hat sehr viele Daten, sehr viel Bildmaterial. Wir werden hier in vielen Bereichen – ich will jetzt nicht sagen überwacht, aber es wird so sein, dass wir durch die Unterstützung für die Exekutive, für Rettungskräfte, für Feuerwehren und dergleichen und auch für die Medien immer schnell Informationen und Bilder bekommen können.

Ein wichtiger Bereich, den ich jetzt gegen Ende meines Beitrags erwähnen möchte, sind die selbstfahrenden Fahrzeuge. Die Steiermark ist sehr stark an diesen Systemen beteiligt. Darum geht es im Projekt Alp.Lab, einem Gemeinschaftsprojekt von steiri­schen Stakeholdern wie Magna Steyr, AVL List, Virtual Vehicle, Joanneum Research und TU Graz, und die sind da schon sehr, sehr weit.

Es gibt auch Projekte und Testergebnisse in diesem Bereich und wir werden hier noch das eine oder andere erleben. Es wird schon sehr spannend werden, wenn man sich einfach in ein Nahverkehrsmittel setzen wird können, wo es keinen Fahrer mehr geben wird.

Am Ende möchte ich mich für die Erstellung dieses sehr, sehr umfangreichen und zu­kunftsweisenden Berichtes bedanken, das ist er durchaus. Bedanken möchte ich mich dabei vor allem bei allen Beteiligten und Mitarbeitern des BMVIT. Unsere Fraktion wird diesem Bericht sehr gerne zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP so­wie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

15.17


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Karl Bader zu Wort. – Bitte.


15.17.20

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Verkehrstelema-


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tikbericht darf ich anmerken, dass der vorliegende Bericht auf Basis des IVS-Gesetzes zu erstellen und dem Parlament auch entsprechend vorzulegen ist und dass er Infor­mationen über organisatorische, rechtliche, technische Rahmenbedingungen, über ein­zelne nationale und internationale Aktivitäten im privaten oder auch im öffentlichen Be­reich, und was die Forschungs- und Entwicklungsarbeit betrifft, beinhaltet.

Da wir heuer das Jahr 2018 schreiben, ein ganz besonderes Gedenkjahr der Republik Österreich, möchte ich ein bisschen auf die Geschichte zurückblicken. Wenn man den Verkehrstelematikbericht 2018 vor 20, 30 Jahren mit den Inhalten, die wir jetzt drinnen haben, hier vorgelegt hätte, dann wäre das wahrscheinlich ein ganz toller Science-Fic­tion-Roman gewesen, der hier vorgelegt worden wäre; und heute ist das Realität, mei­ne lieben Kolleginnen und Kollegen.

Auch ich möchte vorweg Danke an alle sagen, die daran mitgearbeitet haben, diesen Bericht zu erstellen. Noch mehr gilt dieser Dank aber allen, die dafür Sorge getragen haben, dass ein Bericht erstellt werden konnte, die nämlich die dahinter erforderliche Arbeit geleistet haben. Ich bitte dich, Herr Bundesminister, diesen Dank auch entspre­chend weiterzugeben.

Wie wir gehört haben, ist das Verkehrswesen Österreichs technologisch gewaltig im Umbruch. Diese sechste Ausgabe des Verkehrstelematikberichtes zeigt, dass im BMVIT entsprechend Bündelungen stattfinden.

Als ich mich in diesen Bericht ein bisschen eingelesen habe, ist mir etwas aufgefallen, das mich noch einmal an die letzte Bundesratssitzung erinnert. Wir hatten eine Aktuelle Stunde mit der Frau Wirtschaftsministerin. Kollegin Marlene Zeidler-Beck hat eine Re­de gehalten und darauf aufmerksam gemacht, dass die Digitalisierung in Hinkunft nie wieder so langsam voranschreiten wird wie bisher.

Das ist etwas, das wir, glaube ich, auch in diesem Bereich der Verkehrstelematik haben. Auch diese Thematik wird immer schneller werden, und es werden immer mehr Möglichkeiten vorhanden sein, um da entsprechende Sicherheiten zu erhöhen, um neue Chancen beziehungsweise neue Arbeitsplätze zu schaffen, wie der Herr Bundes­minister schon angeführt hat. Also die Geschwindigkeit ist sehr, sehr hoch.

Einige Punkte wurden schon von meinem Kollegen angesprochen. Ich möchte zum Thema eCall-ready noch ansprechen, dass wir in Österreich schon seit 1. Okto­ber 2017 eCall-ready waren. Ich verwende ein solches System in meinem Fahrzeug schon seit mehreren Jahren; und ich kann schon sagen, dass es eine Erhöhung des Sicherheitsgefühls im Auto ist, wenn man auf solche Sicherheiten zurückgreifen kann, gerade wenn man oft im ländlichen Raum unterwegs ist, auch im Winter. Wenn wirklich etwas passiert, wird schnell reagiert und es wird Hilfe angeboten.

Auch da wird aber schon an einer Weiterentwicklung gearbeitet. Es soll nächstes Jahr bis zum Sommer eine Ausrollung geben, dass die Polizei beziehungsweise die Notruf­beamten mit dem Fahrer direkt in Kontakt treten und Rücksprache halten können, was natürlich das Sicherheitsgefühl und die Sicherheit insgesamt erhöhen wird.

Das Fahren ohne Fahrer und Basemap wurden schon angesprochen. Die Kameras auf den Autobahnen bilden natürlich ein gutes Asset zur Beobachtung und Steuerung des Verkehrs, für den Winterdienst und zur Beobachtung der verschiedensten Ereignisse, die spontan auftreten, damit Staus und so weiter reduziert beziehungsweise minimiert werden können.

Im öffentlichen Verkehr haben wir ein weiteres sehr wichtiges Thema, in das die ÖBB sehr viel Geld investieren. Es sind rund 100 Millionen Euro, die eingesetzt wurden, um die Mobilfunkabdeckung zu erhöhen. Die Kosten wurden zwischen den ÖBB, dem Ministerium und den Mobilfunkanbietern geteilt. An Pilotbahnhöfen sind WLAN-Einrich-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 118

tungen geschaffen worden, wobei das WLAN dort gratis angeboten wird. Mit Stand Mai 2018 sind 43 Bahnhöfe bundesweit mit WLAN versorgt gewesen, und bis En­de 2018 sollen es 75 sein. Es ist also eine sehr große Erfolgsgeschichte.

Auf die Thematik des autonomen Fahrens gehe ich jetzt nicht mehr ein, denn das wur­de schon angesprochen. Ich möchte noch anmerken, dass auch in Wien im nächsten Jahr in der Seestadt Aspern ein Pilotprojekt gestartet wird. Das ist etwas, das natürlich auch sehr wichtig ist.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass Österreich in diesem Bereich der Intel­ligenten Verkehrssysteme international eine anerkannte Vorreiterrolle einnimmt und dass in vielen Bereichen auch im europäischen Kontext Österreich die entsprechende Managementfunktion innehat und hier koordinierend tätig ist.

Auch im Bereich der nationalen Umsetzung der IVS-Projekte ist es so, dass das BMVIT mit den Bundesländern, mit den Infrastrukturbetreibern gut zusammenarbeitet und in gutem gegenseitigen Vertrauen auch an der Umsetzung künftiger Projekte arbeiten wird.

Ich danke für diesen Bericht und wünsche uns, dass Österreich bei diesem Thema auch weiterhin vorne mit dabei ist. Wir sollten in diesem Thema keine Gefahr für die Zukunft sehen, sondern Chancen und Möglichkeiten, die wir als Österreicher auch ent­sprechend nutzen wollen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

15.23


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Wolfgang Beer zu Wort. – Bitte.


15.23.54

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Zum Verkehrstelematikbe­richt 2018: Wir hatten dieses Jahr am 28.6.2018 bereits den Verkehrstelematikbe­richt 2017. Dieser neue Bericht für 2018 wurde ganz flott erstellt. Dafür gebührt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wirklich sehr schnell unterwegs sind, das sehr ausführlich machen, großer Dank, wobei die Qualität trotz der Schnelligkeit nicht gelit­ten hat.

Ich will Sie hier nicht mit dem langweilen, was die Vorredner schon alles gesagt haben, denn es war eigentlich sehr umfassend; aber wenn ich mir diesen Telematikbericht durchlese, glaube ich, hier auch eine Aufgabe für die Politik herauszulesen. Es ist näm­lich nicht so ganz ohne, künstliche Intelligenzen in Autos zu implementieren. Es kostet sehr viel Geld, es kostet sehr viel Zeit und es stehen doch Firmen und die Industrie dahinter, die auch Geld verdienen möchten.

Wir erleben es alle, dass Handys nicht immer funktionieren, zu heiß werden, manchmal explodieren, dass die Sicherung der Daten auf den Handys in keiner Weise gewähr­leistet ist. Das ist ein offenes Feld. Wenn ich mir ein neues Auto kaufe, habe ich manchmal den Eindruck, dass ich mir kein Auto, sondern ein fahrendes iPad kaufe. Wir sollten da als Politik auch unsere Verantwortung wahrnehmen und das doch ein wenig stärker kontrollieren.

Von Amerika ist da keine Kontrolle zu erwarten, dort ist alles frei, das ist eigentlich ganz egal. In Europa beziehungsweise in Österreich haben wir Förderprogramme und diese sind auch an bestimmte Bedingungen geknüpft. Bei uns in Österreich funktioniert das ganz gut, aber wir haben auch leider keine Autoindustrie in Österreich.

Trotzdem sollten wir bei der Zulassung von Fahrzeugen in Österreich und eben bei der Implementierung dieser neuen Technologie Vorsicht walten lassen; aber ich glaube,


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 119

wir haben das als gelernte Bundesräte schon im Griff und werden das auch für die Zu­kunft so aufbereiten, dass wir dann noch immer sicher, auch wenn wir nicht selbst fah­ren, unterwegs sein können. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

15.27


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Ing. Norbert Hofer. – Bitte.


15.27.09

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Mei­ne sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich vor allem für das Lob, das an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgesprochen wurde. Man kann sich vorstellen, wie viel Arbeit in so einem Bericht steckt, wie viel Fachwissen hier vorhanden ist.

Ich habe das große Glück, in einem Ministerium arbeiten zu dürfen, wo besonders viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz hervorragende Arbeit leisten, wo es sehr viel an Kontinuität gibt, weil man sich in diese Themen wirklich einarbeiten muss.

Ich darf auch eines vielleicht noch ergänzen, Herr Bundesrat: Da Sie gesagt haben, es gibt keine Autoindustrie, muss ich entgegnen: Wir haben keine Automarke mehr, leider, aber wir haben doch mit Magna ein Unternehmen, das Autos komplett baut, nämlich den Jaguar I-Pace, ein Elektroauto, und den Jaguar E-Pace. Beide Modelle werden in Graz komplett gebaut. Das Fachwissen ist also vorhanden.

Es gibt auch viele andere Unternehmen, die da sehr tüchtig sind. Wir haben im Bereich Autoindustrie beziehungsweise Autozulieferindustrie sehr viel Fachwissen, sehr viele Mitarbeiter, aber halt leider keine Automarke mehr in Österreich. Vielleicht ändert sich das irgendwann wieder.

Sie haben in Ihren Reden auch ein bisschen angesprochen, was es gesellschaftlich bedeuten kann, was wir hier in diesem Bericht lesen. C-ITS-Systeme werden in Öster­reich ab dem nächsten Jahr auf der West Autobahn zur Verfügung stehen. Volkswa­gen – ich muss jetzt leider diesen Namen wieder aussprechen, ohne Schleichwerbung machen zu wollen (Bundesrat Weber: Keine Schleichwerbung!) – wird die erste Marke sein, die dieses Kommunikationskonzept ab 2019 in den Fahrzeugen einsetzen wird, und man wird dann 2019 auf der West Autobahn in Österreich dieses System testen können.

Es bringt sehr, sehr viel Sicherheit. Man sieht viel rascher, welche Probleme es viel­leicht viele Kilometer weiter vorne geben könnte, ob es eine rutschige Fahrbahn gibt, ob es andere Sorgen gibt. Also das bringt mehr Sicherheit auf den Straßen.

Aber was bringen all diese Systeme auch gesellschaftlich? – Wir haben, Sie haben vielleicht die Debatte verfolgt, in Großbritannien die Diskussion, was eigentlich noch Arbeitszeit ist. Viele Menschen, die jetzt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Arbeit fahren, starten nämlich unterwegs das iPad, machen den Laptop auf und beginnen, ih­re E-Mails zu beantworten.

Wenn wir jetzt autonomes Fahren umsetzen – und das wird kommen –, wird es genau so sein. Die Leute werden sich ins Auto setzen, werden autonom zur nächsten U-Bahn­station beziehungsweise Bahnstation oder Stadtseilbahnstation gebracht werden, werden dann in die Stadt einfahren und werden in dieser Zeit, in der sie selbst nicht aktiv am Steuer sind, mit großer Sicherheit beginnen, ihre Arbeit mit zu erledigen. Also wie bewertet man in Zukunft diese Arbeitszeit? Einschließlich des Wegs ins Büro, an den Arbeitsplatz und auch wieder retour? Das sind neue Herausforderungen, denen sich die Politik widmen muss.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 120

Auch hier muss es Gerechtigkeit geben, weil all das, was ein Mensch ins Unternehmen einbringt, ja auch bewertet werden muss. Es ist eine schöne neue Welt, es macht uns vieles leichter, aber wir müssen rechtzeitig darauf reagieren, damit wir die richtigen Rahmen setzen, damit diese schöne neue Welt nicht aus dem Ruder gerät. (Allgemei­ner Beifall.)

15.30

15.30.21


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.30.4316. Punkt

Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2017 (III-657-BR/2018 d.B. sowie 10049/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Ta­gesordnung.

Berichterstatter ist wiederum Herr Bundesrat Christoph Steiner. – Ich bitte um den Be­richt.


15.31.00

Berichterstatter Christoph Steiner: Herr Präsident! Herr Minister! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Con­trol GmbH 2017.

Der Bericht ist Ihnen bereits schriftlich ausgefolgt worden, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 den Antrag, den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2017 zur Kenntnis zu neh­men.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gerd Krusche. Ich erteile es ihm.


15.31.40

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Schienen-Control, das ist ja ein bisschen ein abstrakter Begriff. Was ist das eigentlich? Ich sage das, damit jemand, der über den Livestream zuschaut, weiß, worüber wir hier eigentlich überhaupt reden. Es ist dies die Regulie­rungsbehörde für einen fairen Zugang von Eisenbahnunternehmen zum Schienennetz. Sie hat primär die Aufgabe, die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zu überprüfen und angemessene Preise für die Benützung festzulegen. Die Zahl der Eisenbahnunterneh­men, die in Österreich tätig sind, ist im Jahr 2017 – das ist ja der Berichtszeitraum, über den wir hier sprechen – mit 63 konstant geblieben, wenngleich ein tschechisches Unternehmen neu dazugekommen ist, während ein ungarisches weggefallen ist.

Ich will hier jetzt nicht zu viel mit Zahlen herumwerfen, der Bericht ist ja auch online verfügbar – es gibt wirklich genug Zahlen in diesem Bericht –, sondern möchte nur ein


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paar ganz wesentliche Eckdaten nennen: Österreich ist – das ist das Erfreuliche – nach wie vor die Nummer eins in der EU, was den Personenverkehr betrifft. Gott sei Dank ist die Schweiz nicht in der EU, sonst wären wir nur die Nummer zwei. Mit 290,6 Millionen Fahrgästen im Jahr 2017 wurde eine Steigerung um 0,6 Prozent erzielt. Das klingt nicht nach sehr viel, das sind aber immerhin 1,8 Millionen Fahrgäste mehr. Da sind auch so nette statistische Beispiele enthalten: Jeder Österreicher ist in diesem Jahr 1 439 Kilometer mit der Eisenbahn gefahren.

Im Güterverkehr ist ebenfalls eine Steigerung zu verzeichnen. Ich will hier auf die Zahlen verzichten, weil ich schon im Ausschuss gemerkt habe, dass es da manchmal zu Verwirrungen kommt zwischen Tonnen und Nettotonnen und Nettotonnenkilome­tern, deswegen erspare ich Ihnen das hier. Eine Tatsache ist auch, dass nennenswer­ter Wettbewerb im Güterverkehr nur auf der Brennerachse mit einem Anteil von 40 Pro­zent an privaten Unternehmen und auf der Westbahn mit circa 35 Prozent existiert.

Ein weiterer Schwerpunkt der Schienen-Control-Tätigkeit im Jahr 2017 hat den liberali­sierten Bahnstrommarkt zum Inhalt. Schlussendlich konnte ein diskriminierungsfreier Zugang zum Bahnstrommarkt sichergestellt werden.

Ein Dauerbrenner sind natürlich immer die Verfahren betreffend das Infrastrukturbenüt­zungsentgelt. Diverse Streitigkeiten zwischen den ÖBB und der Westbahn sind ja auch aus den Medien hinlänglich bekannt. Diese Gelder sollen primär die direkten Kosten des Infrastrukturbetreibers abdecken, die ihm aus dem unmittelbaren Zugbetrieb durch ein Unternehmen erwachsen. Das ist nicht immer ganz einfach. Ein Verfahren ist ja auch beim Bundesverwaltungsgericht gelandet und wurde dann wieder an die Schie­nen-Control zurückverwiesen.

Der Bericht (ein Exemplar des Berichts in die Höhe haltend) insgesamt ist äußerst um­fangreich, aber nicht nur das, er ist auch sehr gut aufbereitet, er ist informativ. An die­ser Stelle geht mein Dank an die Ersteller dieses Berichts. Man kann jedem Eisen­bahnfreund wirklich empfehlen, sich diesen Bericht anzuschauen. Man erfährt durch­aus interessante Details, die vielleicht gar nicht so bekannt sind. Zum Beispiel wird die Preisentwicklung für Onlinetickets auf ausgewählten Strecken behandelt. Hier wird eine Abhängigkeit des Preises von der Buchungszeit vor Fahrtantritt festgestellt. Im Durch­schnitt ist die Fahrkarte, wenn man sie online erwirbt, vier Wochen vor Fahrtantritt am günstigsten. Das war für mich, muss ich zugeben, neu. Das kennt man eigentlich nur von der Tarifgestaltung bei den Fluglinien, dass es da solche Schwankungen gibt. Jetzt gibt es das auch bei der Eisenbahn. Ein Wermutstropfen dabei ist natürlich, dass – sa­ge ich jetzt einmal – die Oma, die zu den heiligen Tagen ihre Kinder irgendwo in Öster­reich besucht und nach wie vor zum Fahrkartenschalter geht, nicht in den Genuss die­ser Preisvorteile kommt. Aber Gott sei Dank wird die Zahl jener – auch älterer – Men­schen, die nicht online sind, immer geringer, sodass das dann wirklich allen zugute­kommen wird.

Interessant ist auch die Feststellung, dass es zu einem Rückgang der Marktanteile der ÖBB im Güterverkehr auf der Brennerachse gekommen ist. Als Ursache wird hier an­genommen, dass die Konkurrenz durch die Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels dafür verantwortlich ist. Gerade diese Ursache ist für mich ein ganz wesentlicher Be­weis dafür, wie dringend notwendig der Brennerbasistunnel ist, der dann, wenn er in Betrieb ist, hoffentlich nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Gotthard-Achse beweisen wird, sondern vor allem auch seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Straße.

Wenn – wie Kollege Raggl das im Ausschuss angedeutet hat – die Bayern meinen, es sei aufgrund des Verkehrsaufkommens und aufgrund des Tonnageaufkommens nicht notwendig, die Zulaufstrecken auszubauen, und damit das Wirksamwerden der gesam­ten Achse verhindern, wäre das ein Schildbürgerstreich der Sonderklasse. Dann kann


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man den Tirolern nur empfehlen, noch mehr Blockabfertigungen für die Lkws durchzu­führen, um die Bayern dann in dieser Angelegenheit vielleicht zur Vernunft zu bringen.

Ein paar abschließende Bemerkungen noch: Wollen wir im Personennahverkehr oder im Personenverkehr insgesamt nach wie vor die Nummer eins bleiben und weitere Steigerungsraten erzielen, bedarf es natürlich auch weiterhin großer Anstrengungen. Ich sehe das an meinem eigenen Beispiel: Ich bin zugegebenermaßen nicht der große Bahnfahrer: Ich bin in Leoben zu Hause, und die Strecken, die ich zurücklege, sind Leoben–Graz – ja, da ist die Bahn mittlerweile ganz gut – –Wien, –Salzburg, –Inns­bruck. Was haben alle diese Verbindungen gemeinsam? Sie sind zu langsam, die Fre­quenzen sind zu schwach und die Tagesrandverbindungen existieren nicht. Nach 21.00 Uhr komme ich mit dem Zug von Wien nicht mehr nach Leoben. Das ist natürlich problematisch, meine Damen und Herren. Die wesentlichen Motive sind die Fahrzeit, die Frequenz, ein vernünftiger Takt, der Komfort und die Pünktlichkeit. Dann wird das Verkehrsmittel Eisenbahn von der Bevölkerung auch angenommen.

Ich bin dankbar, dass unter Minister Hofer im heurigen Jahr so viel in die Bahninfra­struktur investiert wird wie noch nie und dass auch die ÖBB in das rollende Material in­vestieren und somit den Komfort verbessern.

Eine abschließende Bemerkung noch: Es freut mich ganz besonders, dass die Sum­merauer Bahn, besser bekannt als Pyhrnachse, wieder ins Gespräch kommt und dass es hier ernsthafte Bemühungen gibt, diese in die Transeuropäischen Netze aufzuneh­men. Gerade für mich als Obersteirer und vor allem als Obersteirer von westlich von Bruck an der Mur, der zukünftig von der Hauptachse – nämlich der neuen Südbahn – in eine Randlage gedrückt wird, ist dies von essenzieller Bedeutung. Nicht nur, dass ich schneller irgendwohin komme, bekommt auch die Wirtschaft eine leistungsfähige Anbindung an den – vor allem – süddeutschen Raum. Deshalb sage ich noch einmal: Herzlichen Dank für die Bemühungen, für diesen interessanten Bericht, den wir gerne zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

15.41


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Armin Forstner. Ich erteile es ihm.


15.41.44

Bundesrat Armin Forstner, MPA (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Schienen-Control GmbH bezie­hungsweise die bei ihr eingerichtete Schienen-Control Kommission ist einerseits die Regulierungsbehörde des Bundes für den Schienenverkehrsmarkt, andererseits ist die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte als unabhängige verkehrsträgerübergrei­fende Schlichtungsstelle bei der Schienen-Control GmbH eingerichtet. Als Regulie­rungsbehörde kontrolliert sie den Wettbewerb und den freien Marktzugang.

Der Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2017 zeigt neuerlich eine positive Entwicklung im Schienenverkehrsmarkt in Österreich. Im Schienen-Personenverkehr setzte sich 2017 das Wachstum der Vorjahre fort. Einen deutlichen Aufwärtstrend und steigendes Wachstum gab es im Güterverkehr. Schwerpunkte in der Regulierungsar­beit waren 2017 die Entgeltregulierung, die Öffnung des Bahnstrommarktes und der Zugang zu Serviceleistungen auf den Bahnhöfen.

Sieht man sich die Zahlen im Detail an, kann man nur gratulieren, Herr Minister. Beim Personenverkehr: Höchstwerte – Kollege Krusche hat da schon einiges genannt. 290 Mil­lionen Fahrgäste im Jahr 2017 bei 8,8 Millionen Einwohnern in Österreich ist sehr, sehr positiv. Ein Plus bei den Reisenden von 1,8 Millionen spricht für den Ausbau. Da kann


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ich auch nur gratulieren, Herr Minister. Kollege Krusche hat es auch schon erwähnt: Statistisch gesehen ist jede Österreicherin und jeder Österreicher durchschnittlich 1 439 Kilometer gefahren. Wenn man weiß, wie problematisch die Verbindungen bei uns am Land sind, ist das eigentlich seitens der Bahn auch sehr gut. Außerdem sind wir Bahnfahrland Nummer eins der EU. Gott sei Dank ist die Schweiz nicht dabei – das wurde schon erwähnt. Es ist aber auch ein Zeichen für unser Land, wenn wir vor Frankreich und Schweden sind.

Sieht man sich die Zahlen im Güterverkehr an, so sieht man auch da wesentliche Stei­gerungen. Ich weiß (in Richtung Bundesrat Krusche), du hast es erwähnt, es war im Ausschuss bei uns immer die Frage, was der Unterschied zwischen Nettotonnen, Ton­nen, Gewicht, Mengen ist, man muss aber schon kurz erwähnen, was da kontrolliert wird: 180 Millionen Nettotonnen, also ein Plus von 3,4 Prozent; das heißt, eine Ver­kehrsleistung von rund 23,5 Milliarden Kilometern oder Nettokilometern – je nachdem, wie man es sehen will – in Österreich. Der Wettbewerb hat sich verstärkt, der Markt­anteil der Mitbewerber der Rail Cargo hat sich beim Aufkommen auf 30 Prozent und bei der Verkehrsleistung auf 26,9 Prozent gesteigert. Der Fokus des Wettbewerbs liegt vor allem auf der Brenner- und auf der Westachse.

Die Pünktlichkeit ist für mich etwas ganz Besonderes – diesbezüglich bitte ich Sie, Herr Minister, das weiterzugeben –: Die Pünktlichkeit liegt bei fast 96 Prozent, dazu kann man wirklich nur gratulieren. Das muss man einmal zustande bringen, wenn man weiß, was unterwegs so alles passieren kann. Der Nahverkehr konnte 2017 mit 96 Prozent ebenfalls die Pünktlichkeit aus dem Jahr 2016 halten. Wir haben hier also kaum Ver­schlechterungen – im Gegenteil. Beim Fernverkehr haben wir ein leichtes Minus, aber die Pünktlichkeit liegt noch immer bei 86, fast 87 Prozent – auch das ist sehr gut. Wenn man sich die durchschnittliche Verspätung je Zug im gesamten Personenverkehr 2017 anschaut, dann beträgt diese 2 Minuten und 3 Sekunden. Wenn man mit dem Auto fährt, wie viele uns, die in ganz Österreich unterwegs sind, dann fragt man sich schon: Was sind 2 Minuten und 3 Sekunden mit dem Zug? Also: perfekt!

Bedeutend war das Jahr 2017 vor allem auch für die Weiterentwicklung des Netzent­gelts im Bahnstrombereich: Die ÖBB-Infrastruktur adaptierte das ursprüngliche Modell, um eine genaue Kostenzuweisung bei der Ermittlung der Netzentgelte zu ermöglichen. Die Netzentgelte für 2017 wurden durch die Schienen-Control Kommission im Rahmen eines Wettbewerbsüberwachungsverfahrens überprüft. Dabei stellte die Kommission fest, dass die Kosten teilweise mehrfach angesetzt waren und in einigen Fällen Kos­tenpositionen herangezogen wurden, deren Anerkennung aufgrund der Gesetzeslage nicht möglich ist. Dem Infrastrukturbetreiber wurde daraufhin per Bescheid aufgetra­gen, die Tarife zu senken. – Abschließend kann man sagen, die Schienen-Control sorgt für faire Bedingungen am Bahnstrommarkt.

Ich danke den Zuständigen für die Erstellung des Berichts. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

15.46


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Novak. Ich erteile es ihm.


15.46.17

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Ja (auf die Besuchergalerie blickend), es gibt auch noch Zuhörer. (Bundesrat Krusche – ebenfalls auf die Besuchergalerie blickend –: Die hö­ren auch zu!) Irgendwo bin ich ein bisschen beleidigt auf Herrn Krusche und auf Herrn Forstner, denn (erheitert) die haben, glaube ich, jetzt den ganzen Bericht vorgetragen. (Bundesrätin Mühlwerth: Setz dich wieder nieder! – Bundesrat Krusche: Es ist nichts


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mehr übrig!) Da kann ich mich jetzt fast wieder niedersetzen. (Allgemeiner Beifall. – Bundesminister Hofer: Da sehen Sie, wie es mir die ganze Zeit geht!) – Dabei könnte ich das umgehen, indem ich das nächste Mal Kontraredner bin: Dann wäre ich Erster!

Ein paar Worte möchte ich aber schon noch verlieren, weil dieser Bericht ja wirklich sehr interessant ist. Die Zahlen sind zwar genannt worden; ich nenne wirklich nur eine Zahl in dieser Hinsicht. Die Steigerung im Bereich des Schienengüterverkehrs zieht natürlich, was das Ganze anbelangt, auch gewisse Dinge nach sich. Ich bin an der Tauernbahn aufgewachsen und war – oder bin – diesen Güterverkehr und den Lärm gewohnt – auch deshalb, weil ja damals das Material dieser Güterzüge viel lauter war als es das heute ist. Trotzdem ist es so, dass zum Beispiel in der Gemeinde, in der ich zu Hause bin, in der Nationalparkgemeinde Mallnitz, glaube ich, gegenüber den 150 Zügen, die bisher durchgefahren sind, mittlerweile wohl 250 fahren. Die fahren meistens nachts. Das muss man sich vorstellen: Es sind zwar die Schienen schon alle verschweißt worden, das Wagenmaterial ist auch ein bisschen besser geworden, aber wenn das Material aus dem Osten kommt, hat man natürlich ein Problem. Dieses Wa­genmaterial aus dem Osten fährt dann in der Nacht, und da kann man sich vorstellen, wie sich die Gäste und die Einheimischen fühlen.

Das führt mich zu dem, was ich bei der Gelegenheit eigentlich sagen wollte: Wenn man dann wirklich eine Verbauung machen will, dann zahlt der Bund 50 Prozent dazu und die restlichen 50 Prozent gehen über das Land und die Gemeinden. Wenn man als Ge­meinde nicht so groß ist – so wie wir –, dann geht das in die Millionen. Wenn jetzt das Land 30 Prozent zahlt, dann kann man sich vorstellen, wie die Situation ausschaut. Trotzdem: Es gibt eine Steigerung um 3,4 Prozent – Hochachtung davor, keine Frage. Man muss auch noch Folgendes dazusagen: Wenn das Ganze auf die Schiene kommt, dann ist das – bei Gefahrengut – 64 Mal besser, als würde man es auf der Straße transportieren. Das ist die eine Geschichte.

Die zweite Geschichte ist der Personenverkehr. Auch darüber wurden uns schon die Zahlen mitgeteilt, diese 290 Millionen Fahrgäste, die wir befördern. Das ist eine tolle Sache, keine Frage. Kollege Krusche hat da schon einige Dinge angeführt, aber ich will auch noch eine Sache anführen. Ihr alle habt das wahrscheinlich auch schon bemerkt: Wenn man mit dem Auto von Salzburg nach Wien fährt und dann zuschauen muss, wie ein Lkw den anderen überholt, dann vergeht einem das Autofahren. Wie auch im­mer – nicht nur dort, auf dieser Strecke –, man steigt dann auf die Bahn um.

Was merkt man dann aber? – Man bemerkt etwas, das in der Vergangenheit immer schlimmer geworden ist, nämlich dass die Bahn aufgrund ihrer Qualität – das muss man ja wirklich sagen – total überbelegt wird. Wenn du keinen Sitz reservierst, dann hast du überhaupt keine Chance, mitzufahren. Wenn du dann dort trotzdem mit dabei bist, dann passiert es unter Umständen, dass du gar nicht in den Zug hineinkommst, weil kein Platz mehr ist, oder sich der Schaffner, der sehr freundlich ist – betreffend die Österreichischen Bundesbahnen muss man wirklich sagen, dass die Mitarbeiter sehr freundlich sind –, dann schlussendlich als Hilfssheriff bewähren muss, weil er schlich­ten muss, ob sich Leute niedersetzen können oder nicht. Das hat auch dazu geführt, dass teilweise Menschen beim nächsten Bahnhof aus dem Zug hinausbegleitet wur­den, weil einfach kein Platz mehr da war.

Deswegen meine Bitte und Frage an den Herrn Bundesminister: Wie schaut es aus, was das Wagenmaterial – also Railjets und so weiter – anbelangt? Wir werden viel mehr qualitativ hochwertige Züge brauchen, denn das Material, das es da gibt, ist top. Da gehören wir mit Deutschland und der Schweiz zu den Besten in Europa. (Bundesrat Krusche: Deutschland nicht, die sind schleißig!) – Wir sind aber auf jeden Fall vorne mit dabei. Wir brauchen aber mehr Material, damit das nicht passiert, was jetzt pas­siert. Vielleicht hätte man das auch schon früher sehen müssen.


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Ich kann auch nur zu den höheren Fahrgastzahlen gratulieren; es kommen aber in Zu­kunft wahrscheinlich noch mehr Menschen, die mit der Bahn fahren wollen. Wir wissen, dass in den Städten viele kein Auto mehr kaufen und die Bahn nutzen – nicht nur in Österreich, sie kommen auch als Gäste aus Deutschland zu uns. Es wird durch diese vielen Investitionen – Brennerbasistunnel, in Kärnten zum Beispiel der Koralmtunnel, durch den man, glaube ich, dann 2023 in etwa in einer Stunde in Graz sein wird – dann viel, viel mehr Menschen geben, die die Bahn nutzen werden.

Ich kann Sie nur bitten, Herr Bundesminister – der Bericht über das Jahr 2017 betrifft ein bisschen Leichtfried, ein bisschen auch Sie –, dass man gewisse Dinge nicht über­sieht, die so rasch auf uns zukommen, insbesondere was die Situationen anbelangt, die Kollege Krusche und ich jetzt angesprochen haben.

Danke an alle, die diesen Bericht gemacht haben, es ist ein toller Bericht. Wir sind auf einem guten Weg, wir müssen nur das eine oder andere noch verbessern. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

15.51


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Hofer. – Bitte.


15.52.01

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Herr Vorsitzender! Herr Bundesrat Novak, dafür, dass Sie gesagt haben, es ist nichts übrig geblieben, haben Sie eh viel gesagt – Gott sei Dank. Da sehen Sie, wie es mir bei Kon­sensmaterien immer geht; da bleibt eigentlich von den Zahlen nichts mehr übrig. – Die Zahlen sind alle genannt. Ich darf den Dank an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Haus weitergeben, ich darf aber noch auf einige Dinge eingehen und vielleicht einige Dinge sagen, die nicht unmittelbar mit dem Bericht zu tun haben.

Es stimmt, es muss in das Wagenmaterial investiert werden. Die Verhandlungen zu den VDV-Verträgen sind gerade in der Zielgeraden, und wir werden auch demnächst die Abschlüsse schaffen. Wir investieren neben den 13,9 Milliarden Euro, die in den nächsten fünf Jahren in Baumaßnahmen im Schienenbereich fließen werden, noch ein­mal jährlich 750 Millionen Euro an Zuschüssen direkt in den Personenverkehr und 100 Millionen Euro in den Güterverkehr. Damit soll auch dafür Sorge getragen werden, dass das Wagenmaterial entsprechend adaptiert und ausgebaut werden wird.

Der Brennerbasistunnel wurde angesprochen. – Ich habe wenig Verständnis dafür, wenn man sagt, man will die Zulaufstrecken nicht bauen. Ich habe Verständnis dafür, dass es Probleme gibt, weil auch in Deutschland bei den Genehmigungsverfahren für neue Projekte im Bereich der Infrastruktur gewisse Widerstände gegeben sind – in Ge­meinden, bei Umweltschutzorganisationen und so weiter und so fort. Eines muss aber klar sein: Wenn der Brennerbasistunnel fertig ist, dann wird es bestimmt auch notwen­dig sein, dass auf der Brennerstrecke auf der Straße Straßensanierungsarbeiten um­gesetzt werden, weil diese Straße so stark belastet ist, dass man einfach sanieren muss. In dem Augenblick, ab dem diese Sanierung stattfindet, wird es für den Verkehr noch schwieriger, über diese Straße zu rollen, deswegen muss es auch im Interesse der Nachbarn sein, die Zulaufstrecken so rasch wie möglich zu bauen. Das sage ich auch bei jeder Gelegenheit.

Ich erwarte mir sehr viel von der neuen Südstrecke. Wir wissen, dass die Fahrgast­zahlen auf der Westachse stark gestiegen sind, seit die Verkehrsverbindungen so leistungsfähig sind. Wir werden mit dem Bau der großen Tunnelprojekte auf der Süd­strecke Fahrzeiten erreichen zwischen Wien und Klagenfurt von 2 Stunden und 40 Mi­nuten und zwischen Graz und Klagenfurt von nur 40 Minuten. Das heißt, viel mehr Menschen als bisher werden auf dieses Verkehrsmittel zugreifen, die Passagierzahlen


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werden sich weiter erhöhen. Es ist wirklich ein spannendes Projekt, von dem ich mir sehr, sehr viel erwarte.

Die Pyhrn-Schoberachse ist angesprochen worden. Wir bemühen uns sehr, diese wichtige Achse auch ins TEN-Netz zu bringen, weil es im Sinne der Bürger und der Wirtschaft ist, weil es eine wesentliche Maßnahme im Bereich der Verkehrspolitik in Österreich sein wird.

Ich darf noch bei einer Maßnahme um Verständnis bitten. Ich werde oft gefragt, warum wir die ÖBB nicht schon längst in den freien Wettbewerb, in den liberalisierten Wettbe­werb entlassen und warum wir weiter auf Direktvergaben setzen. Das liegt daran, dass die Konkurrenz, die uns erwächst, oftmals Töchter verstaatlichter Unternehmen aus anderen Ländern sind. Diese haben sehr viel Kapital im Rucksack. Das wäre kein fairer Wettbewerb, dem sich die ÖBB jetzt stellen muss. Deswegen tun wir alles, damit die ÖBB bis zu jenem Zeitpunkt, wo wir den Wettbewerb auch sicherstellen müssen, so gut gestärkt wird wie irgendwie möglich, damit dieses Unternehmen, das sich im Ei­gentum von uns allen befindet, von jedem Bürger, dann auch im Wettbewerb bestehen kann und dann auch Aufträge erhalten und wirtschaften kann. Das ist im Sinne aller Österreicherinnen und Österreicher.

Noch zum Schluss: Die Bahn ist ein ganz wesentliches Umweltschutzunternehmen. Es sind derzeit etwa drei Viertel aller Strecken elektrifiziert. Bei den ÖBB ist jede Kilowatt­stunde Strom auch Strom aus erneuerbarer Energie. Unser Ziel wird es sein, alle Strecken in Österreich bis zum Jahr 2030 zu elektrifizieren. Das ist eine Maßnahme, die einiges an Geld kosten wird, aber damit ist dann der Schienenverkehr in Österreich völlig dekarbonisiert.

Welche Projekte gibt es noch? Wenn die Bahn Häfen im Süden anfährt, dann ist es so, dass die letzte Strecke in den Hafen hinein mit einem Dieselaggregat zurückgelegt wird. Das bedeutet für die Städte in dieser Umgebung maximale Belastung. Deswegen wird eine neue Hybrid-Lok im Einsatz getestet, mit der dann diese letzte Strecke mit Batterieunterstützung zurückgelegt werden kann. Das heißt, man kann direkt weiter­fahren. Auch das stellt eine große Entlastung für Städte – zwar nicht unmittelbar in Ös­terreich, aber doch für Hafenstädte, die uns dafür sehr dankbar sein werden – dar.

Ich glaube, wir können mit der Entwicklung in Österreich sehr zufrieden sein. Wir sind Bahnfahrland Nummer eins, wir liegen deutlich vor Frankreich und Schweden bei den gefahrenen Kilometern pro Bürger. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Bahn im Ge­samtverkehrssystem der Zukunft eine wesentliche Rolle spielen muss, weil die Straßen in dieser Welt, auf denen Güter aus aller Herren Länder unser Land durchqueren, ein­fach nicht die Aufnahmefähigkeit haben, all diese Güter zu transportieren. Sie alle ken­nen die Situation auf Autobahnen, wo Lkws unterwegs sind, ein Elefantenrennen ver­anstalten und Sie einfach nicht weiterkommen. Dieser Verkehr wird weiter zunehmen, deswegen brauchen wir dringend die Bahn als wichtigstes Klimaschutzunternehmen, das wir in Österreich haben. Da passt es gut (in Richtung Bundesministerin Köstinger, die auf der Regierungsbank Platz genommen hat), dass auch die Frau Umweltministe­rin bereits im Haus ist. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

15.57

15.57.39


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


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15.58.0217. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Immissionsschutzgesetz – Luft und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Aarhus-Beteiligungsge­setz 2018) (270 d.B. und 279 d.B. sowie 10031/BR d.B. und 10037/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Ta­gesordnung, zu dem ich ganz herzlich Frau Bundesministerin Köstinger bei uns be­grüße. Willkommen im Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. – Ich bitte um den Bericht.


15.58.34

Berichterstatter Ing. Eduard Köck: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Na­tionalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfall­wirtschaftsgesetz 2002, das Immissionsschutzgesetz – Luft und das Wasserrechtsge­setz 1959 geändert werden, Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zum Antrag.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. – Ich erteile es ihr.


15.59.35

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Werte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Mit dem Aarhus-Beteili­gungsgesetz 2018 steigen wir jetzt in die Tagesordnungspunkte ein, die sich mit um­weltrelevanten Gesetzen beschäftigen. Das Ziel der Aarhuskonvention, die Österreich 2005 ratifiziert hat, ist es, den Umweltschutz und somit die Umwelt und die Lebens­qualität zu verbessern. Die Konvention hat zum Ziel, Bürgerinnen und Bürgern den Zu­gang zu erleichtern, sich in umweltrelevanten Bereichen zu beteiligen.

Die Konvention beruht auf drei Säulen, von denen die erste, nämlich der Informations­zugang und die Transparenz, bereits umgesetzt ist. Die weiteren zwei Säulen, das heißt die Beteiligung der Öffentlichkeit an Umweltentscheidungen und der Zugang zu Gerichten, sollen jetzt in Umsetzung gehen. So liegt der Schwerpunkt in der Umset­zung natürlich in den konkreten Bestimmungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren.

Frau Minister, die Bemühungen, das jetzt in Umsetzung zu bringen, haben unsere volle Anerkennung, wir sehen aber in der Umsetzung doch einige Problempunkte. Damit stehen wir nicht ganz allein da, das haben ja auch die österreichischen Umweltanwalt­schaften so festgehalten.

In diesem Gesetz beschäftigen wir uns mit den drei Bundesmaterien Wasser, Luft und Abfall. In jedem dieser drei Bereiche gibt es einen ganz unterschiedlichen Zugang, wir haben drei Standards. Im Bereich Wasserrecht zum Beispiel kann die Öffentlichkeit – NGOs, Umweltorganisationen, die allerdings auch wieder solche sein müssen, die im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz bereits anerkannt sind – nur dann ins Verfahren eingreifen und beigezogen werden, wenn eine „erhebliche negative Auswirkung“ zu er­warten ist. – Wie wird das Kriterium ausgelegt? Wann ist eine „erhebliche negative Auswirkung“ zu erwarten? Wo ist das geregelt? Oder ist das Ansichtssache? Die Mög-


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lichkeit des Opting-in gibt es in diesem Bereich gar nicht, was jedoch sehr wünschens­wert wäre.

In allen anderen Fällen steht den anerkannten Umweltorganisationen nur ein nachträg­liches gerichtliches Überprüfungsrecht zu. Im Bereich der Abfallwirtschaft zum Beispiel ist es grundsätzlich so, dass es nur das nachträgliche Überprüfungsrecht gibt. Hier gibt es das Opting-in, das heißt die Möglichkeit, dass der Antragsteller eine Umweltorgani­sation, NGOs, Bürgerinnen und Bürger – also die Öffentlichkeit – zum Verfahren hinzu­ziehen kann. Ich denke nicht, dass das ausreichend ist.

Es ist auch nicht in allen Bereichen der Rechtsschutz gesichert. Bei Bestimmungen au­ßerhalb des Immissionsschutzgesetzes – Luft, bei denen Rechtsschutz eigentlich gar nicht beansprucht werden kann, sind Unterlassungen und Verordnungen weiterhin aus­geklammert, aber Art. 9 Abs. 3 besagt, dass die Öffentlichkeit alle Verstöße gegen in­nerstaatliches Umweltrecht anfechten kann.

Es wird jetzt zusätzlich auch die aufschiebende Wirkung von Bescheidbeschwerden im Abfall- und Wasserrecht beschränkt. Es gibt hier doch einige nicht lückenlos geschlos­sene Bereiche. Die Konvention kommt nicht ganzheitlich zur Umsetzung. Das bringt zusätzliche Rechtsunsicherheit mit sich, und zwar auf beiden Seiten: Rechtsunsicher­heit für Umweltorganisationen, für NGOs, für die Öffentlichkeit, Rechtsunsicherheit al­lerdings auch für die Projektwerber, für die Antragsteller. Dass das den Wirtschafts­standort stärkt, nehme ich nicht an. Ich gehe davon aus, dass da dann auch mit wei­teren Klagen im Verfahren zu rechnen sein wird. (Bundesrat Steiner: Bei der Wirt­schaft kennt ihr euch ja auch nicht aus!)

Die Novelle bringt, wie gesagt, keine ganzheitliche Umsetzung des Art. 9 Abs. 3. Es scheint, als ob sie nur das Produkt der Überlegungen wäre, wie man das EU-Vertrags­verletzungsverfahren jetzt einmal stoppen kann.

Die Chance, die Konvention gleich ordnungsgemäß umzusetzen, wurde verpasst. Völ­kerrechtlich bringt das gar nichts. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bun­desrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

16.05


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Wagner. Ich erteile es ihr.


16.06.01

Bundesrätin Andrea Wagner (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin Köstinger! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen und ZuhörerInnen auf der Galerie und via Livestream! Eine gesunde Umwelt muss uns allen viel wert sein und ist uns auch allen viel wert, weil sie unsere Lebensgrundlage ist. Das steht ja außer Frage.

Die Aarhuskonvention, die 1998 in der dänischen Stadt Aarhus unterzeichnet wurde, setzt sich inhaltlich aus drei Säulen zusammen, wie schon von Kollegin Kahofer er­wähnt. Ich möchte die drei Säulen wiederholen: erstens der möglichst freie Zugang zu Umweltinformationen, zweitens die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfah­ren und drittens der Zugang zu Gerichten. Die ersten beiden Punkte wurden ja bei der Ratifizierung im Jahr 2005 sozusagen bereits umgesetzt, jetzt kommt es noch zur Um­setzung des dritten Punktes, der dritten Säule.

Das Beteiligungsgesetz 2018 sieht Änderungen in den drei Bundesgesetzen, wie schon erwähnt, vor. Ich spreche da insbesondere eine Änderung im Wasserrechtsgesetz an. Ich freue mich – und da darf ich für die Landwirtschaft insgesamt sprechen –, dass die­ses Umweltpaket auch die Verlängerung der besonderen Befristung von Wasserent­nahmen für Bewässerungszwecke von zwölf auf 25 Jahre beinhaltet. Das bringt Pla-


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nungssicherheit und Bürokratieabbau. Diese 25 Jahre sichern die Rechte für fast eine Generation am Hof.

Wir Bäuerinnen und Bauern sind bemüht, die Versorgung mit gesunden regionalen Le­bensmitteln zu gewährleisten. Der Klimawandel bringt da große Herausforderungen mit sich. Da ist es sehr zu begrüßen, wenn zumindest die bürokratischen Hürden weniger werden. Danke, Frau Ministerin. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ein wichtiger Bereich ist auch der Verkehr, die Mobilität, um den Umstieg auf die E-Mo­bilität und die CO2-Einsparungen zu schaffen. Auch diesbezüglich ist das Paket, das vorgelegt wurde, sehr zu begrüßen. Zur Erreichung der Ziele der Klima- und Energie­strategie, der #mission 2030, ist nicht nur die Bundesregierung gefordert, sondern je­der Einzelne von uns. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Es ist ein schmaler Grat zwischen berechtigten Umweltinteressen einerseits und den wirtschaftlichen Interessen, die man als Gesamtstaat auch im Sinne einer Wohlstands­gesellschaft, im Sinne der Absicherung von Arbeitsplätzen vertreten muss, anderer­seits. Es ist auch klar, dass Umweltschutz und die in verschiedenen Gesetzen festge­schriebenen Maßnahmen nicht zu einem Instrument zur Verhinderung und Verzöge­rung von Projekten verkommen dürfen.

Ich möchte über Umweltschutzorganisationen jetzt kein Urteil fällen. Sie sind wichtig in unserem Rechtsstaat, Zivilgesellschaft ist wichtig in unserem Rechtsstaat, aber wir müssen auch die richtigen Instrumente anwenden, denn die Bevölkerung versteht es oft nicht, wenn die Umsetzung von Projekten, von notwendigen Projekten für die regio­nale Bevölkerung ewig dauert.

In Bezug auf die Regelung betreffend NGOs möchte ich Folgendes sagen: Die 100 Mit­glieder, die ein Verein aufzuweisen hat, ist meines Erachtens eine berechtigte Forde­rung, um ein gewisses öffentliches Interesse zu untermauern, damit es nicht dazu kom­men kann, dass einzelne Personen, die eben nicht die betroffene Öffentlichkeit dar­stellen, notwendige, für die Region wichtige Projekte unnötig verzögern beziehungs­weise verhindern. (Bundesrat Stögmüller: Jaja!) Die Regeln für die zivilrechtlichen Or­ganisationen sind hier niederschwelliger als bei einer parlamentarischen Bürgerinitia­tive, wo man 500 Unterstützer benötigt. (Bundesrat Stögmüller: Das ist doch was an­deres!)

Das Vertrauen in diese Regierung und in uns Parlamentarier ist gestiegen. Wir sind da den Menschen im Wort, mit diesem hohen Wert des Vertrauens sorgsam umzugehen, und wir tun das auch. Wir hier im Hohen Haus sind demokratisch gewählt und vertreten die Anliegen der Bevölkerung, die das auch von uns erwartet. Im Gegensatz dazu gibt es gewisse Organisationen oder einzelne Personen, die Projekte verhindern, obwohl sie eben nicht vor Ort sind – sie nehmen sich aber heraus und geben vor, die Bevöl­kerung zu vertreten. Jetzt noch einmal meine Frage: Wer vertritt wirklich die betroffene Bevölkerung? (Rufe bei der SPÖ: Na wir!) – Wir übernehmen die Verantwortung. Ja, wir tun das! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir sind uns auch der Verantwortung bewusst und wissen, wie sensibel dieser The­menbereich ist, und wir wollen eine ausgeglichene Waage herstellen zwischen den be­rechtigten Umweltinteressen und den ebenso berechtigten Interessen, bestimmte Pro­jekte durchführen zu können. Wir stimmen diesem Gesetz daher zu. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


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16.11


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Spanring. Ich erteile es ihm.


16.11.23

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Bundesräte! Sehr geehrte Zuschauer auf der Galerie – wir haben eine volle Galerie – und via Livestream! Ja, es ist von meiner Vorrednerin schon sehr viel gesagt worden. Inhaltlich kann ich mich dem großteils an­schließen, ein bisschen etwas habe ich noch zu ergänzen. Ich werde es auch als Aar­hus-Beteiligungsgesetz aussprechen, auch wenn es wahrscheinlich nicht ganz richtig ist, aber ich bin auch kein Däne – verzeihen Sie mir.

Dieses Gesetz sieht eben Änderungen in drei Bundesgesetzen vor, im Abfallwirt­schaftsgesetz, im Immissionsschutzgesetz – Luft und im Wasserrechtsgesetz.

Es sind ja bereits im Nationalrat bei diesem Tagesordnungspunkt die Wogen ein biss­chen hochgegangen. Darum sollte man aus der Geschichte ein bisschen etwas darü­ber wissen, warum es zur heutigen Situation gekommen ist beziehungsweise warum wir uns heute, 2018, mit dieser Gesetzesmaterie befassen.

Umweltorganisationen wollen und brauchen zu Recht den Zugang zu Informationen, sie wollen Beteiligungsmöglichkeiten an Verfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Die 2001 in Kraft getretene und bereits 2005 von Österreich ratifizierte Aarhuskonvention soll ja eigentlich genau das sicherstellen. Dieses Über­einkommen wurde, wie vorher gesagt, in der dänischen Stadt Aarhus bereits 1998 – bitte: 1998! – unterschrieben, und zwar auch von Österreich und der Europäischen Union.

Die drei Säulen, nämlich das Recht auf Umweltinformationen, das Recht auf Beteili­gung in den Umweltverfahren und der Rechtsschutz gegen Entscheidungen im Um­weltrecht, wären darin sichergestellt gewesen. Jedoch gab es in Wahrheit diese Par­teienstellung in der Vergangenheit für anerkannte Umweltorganisationen meistens nicht und auch keinen Rechtsschutz gegen Entscheidungen im Umweltrecht. Österreich war, das muss man sagen, seit Langem mit der Umsetzung der Aarhuskonvention säumig.

Es gab dann immer wieder über die Jahre einzelne Rechtsstreitigkeiten. Da war der Verfassungsgerichtshof beschäftigt, natürlich war auch der Europäische Gerichtshof damit befasst. Es gab natürlich auch Ermahnungen beziehungsweise zuletzt ein Ver­tragsverletzungsverfahren gegenüber Österreich. Fakt ist aber trotzdem: Passiert ist nichts!

Siehe da, am 16.12.2017 – der eine oder andere wird sich vielleicht noch daran er­innern – stellten die jetzigen Koalitionspartner der Öffentlichkeit das Regierungspro­gramm vor und darin enthalten war – sehr interessant, nämlich erstmals in einem ös­terreichischen Regierungsprogramm – das klare Bekenntnis, Lösungen für die Umset­zung der Aarhuskonvention finden zu wollen. Das kam 2017 von dieser türkis-blauen Regierung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Darum richte ich ein großes Danke an diese Regierung, danke, Frau Minister, danke an Türkis-Blau. Wie zuvor schon mehrmals erwähnt: Diese Regierung bringt echt et­was weiter.

Dann stellt sich Kollegin Kahofer hier heraus und sagt, die Chance, die Konvention gleich ordentlich umzusetzen, wurde verpasst – 1998, 2005, heute haben wir 2018.

In dasselbe Horn stieß auch ein Kollege im Nationalrat, nämlich Abgeordneter Feichtin­ger von der SPÖ, der hier allen Ernstes kritisiert hat, dass die Umsetzung erst jetzt stattfindet, weil jahrelang nichts passiert ist. (Bundesrätin Kahofer: Rupprechter! – Bundesrat Weber – in Richtung ÖVP zeigend –: Dort drüben!) – Echt jetzt, meine Da­men und Herren? Wer war Kanzler? Meine Damen und Herren, wer war Kanzler? (Bei­fall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 131

Kollege Feichtinger sitzt seit 2013 im Nationalrat, und seit 2013 hat er nichts gemacht. Über zehn Jahre haben seine SPÖ-Kanzler nichts gemacht! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Weber – in Richtung ÖVP zeigend –: Dort drüben sitzen sie!) Und dann stellt er sich hier ans Rednerpult und sagt, es ist nichts passiert. Wie witzig! (Ruf bei der SPÖ: Aber geh! – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Weber.)

Liebe SPÖ! Eure Dauerscheinheiligkeit, wie wir sie jetzt erleben und den ganzen Tag über auch zu anderen Punkten schon erleben haben müssen, ist wirklich sehr durch­schaubar. Leider ist das, wie ich schon in meiner vorigen Rede erwähnt habe, weit weg von Oppositionsarbeit. Das betrifft auch die gespielte Empörung, die dann immer wie­der von Ihnen kommt und sehr groß ist. Das Einzige, was mir noch fehlt, sind die Kro­kodilstränen, dann bekommen Sie einen Filmpreis. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich würde Ihnen sogar gerne einen politischen Rat mit auf den Weg geben, weiß aber, Sie wollen ihn nicht, weil Sie auch zu 100 Pro­zent beratungsresistent sind; das haben Sie das letzte Jahr eindrucksvoll bewiesen. Wenn Sie nicht einmal auf das österreichische Volk hören, dann, davon gehe ich aus, werden Sie auf mich auch nicht hören. Sie sollten aber wirklich einmal grundsätzlich die Lage beurteilen und fragen: Was wollen Herr und Frau Österreicher? Beurteilen Sie die Lage! (Bundesrat Koller: Rauchervolksbegehren!) Genau das macht diese Regie­rung. Diese Regierung schaut sich an: Was will dieses Volk, was wollen die Österrei­cher? Das setzt sie dann auch entsprechend um. Dann, wenn Sie die Lage beurteilt haben, hätten Sie ein eigenes Bild von der Lage und bräuchten nicht fremde Bilder zu nehmen – nur so nebenbei.

Zurück zum Gesetz: Ziel dieses Gesetzes ist es, den Mitgliedern der Öffentlichkeit im Umweltbereich, also Umweltorganisationen – entsprechenden NGOs und natürlich an­deren Umweltorganisationen –, einen Zugang zu Umweltinformationen zu geben und auch Beteiligungsverfahren endlich sicherzustellen. Meine Damen und Herren, natür­lich – das hat meine Vorrednerin ganz gut herausgearbeitet – muss dabei mit Augen­maß gehandelt werden. (Bundesrat Stögmüller: Zum Wohle der Wirtschaft!) Das sind unsere Aufgaben, das müssen wir sicherstellen: erstens ein ganz klares Ja zum Um­weltschutz; zweitens, dass aber – andersherum – unter dem Titel Umweltschutz die Weiterentwicklung unseres Wirtschaftsstandortes Österreich keinesfalls leidet, weil jetzt irgendeine Hinterhof- oder Seitengassenumweltorganisation, die es bis vor zwei Tagen noch nicht gegeben hat, sagt, dort drüben kann man nichts machen, denn dort brütet irgendein Brutvogel, den jedoch seit 20 Jahren niemand mehr gesehen hat. Das ginge nämlich nicht nur auf Kosten der Wirtschaft, sondern letztendlich auch auf Kos­ten Zigtausender Arbeitsplätze – und genau darum geht es. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ein ganz klares Ja zum Umweltschutz – das ist etwas, das uns hier alle eint –, aber: Umweltschutz mit Hausverstand und Augenmaß. Für alles andere haben unsere Landsleute kein Verständnis, und zwar zu Recht. Unsere Aufgabe, die Aufgabe der Politik ist es, hier eine vertretbare Lösung zu finden (Bundesrätin Kahofer: Alles für die Wirtschaft!) – für beide Seiten. Diese Regierung tut genau das.

Verfahrensbeschleunigungen auf der einen Seite und Umweltschutz auf der anderen: Genau das ist auch der Grund dafür, dass es diese 100-Personen-Mitgliederregel gibt, damit eben nicht jeder aus rein persönlichen oder – liebe SPÖ, was Sie betrifft – aus ideologisch verblendeten Motiven heraus (Heiterkeit bei der SPÖ) unseren Wirtschafts­standort in der Entwicklung hemmt und, wie gesagt, Zigtausende Arbeitsplätze damit gefährdet. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Umweltschutz mit Hausverstand und Augenmaß, dafür stehen wir als FPÖ und dafür steht auch diese Regierung. (Bundesrat Weber: Ganz was Neues!)


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 132

Was ich persönlich an diesem Gesetz sehr positiv finde, ist die Verlängerung der Frist bei Bewilligungsverfahren für Wasserentnahmen nach dem Wasserrechtsgesetz. In meiner Heimatgemeinde bin ich als Gemeinderat tätig und habe dort ein eigenes Res­sort; unter anderem fällt eben auch das Wasserrecht da hinein.

Bisher galt eine solche Bewilligung für die Wasserentnahme nur zwölf Jahre; diese kann nun auf 25 Jahre ausgeweitet werden. Solche Verfahren – ich weiß nicht, ob je­mand von Ihnen schon jemals bei so einem Verfahren dabei war – mit den entspre­chenden Experten und Sachverständigen und auch den Mitarbeitern der Bezirkshaupt­mannschaften sind meist sehr, sehr zeitaufwendig, sie sind kostenintensiv und binden natürlich auch viele Personalreserven. (Zwischenruf des Bundesrates Novak.) Auch diese Personen werden solch eine Fristverlängerung mit Sicherheit begrüßen, in erster Linie ist es aber natürlich positiv für alle Landwirte, weil diese dadurch die Möglichkeit haben, eine teurere Investition zu tätigen, und eine teurere Investition heißt eine bes­sere Technologie, und das wiederum heißt wassersparendere Verfahren, was wiede­rum dem Umweltschutz zugutekommt. – Da schließt sich der Kreis.

Es ist ein sehr gutes Gesetz und wir werden dem zustimmen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.21


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. Ich erteile es ihr.


16.21.58

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Für uns von der Wirtschaft und für unse­ren Wirtschaftsstandort von besonderer Brisanz ist die dritte Säule der Konvention, das heißt der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Hierbei handelt es sich um eine Art Auffangtatbestand, wonach staatlich anerkannten Umweltorganisationen das Recht eingeräumt werden muss, Handlungen oder Unterlassungen, die gegen umwelt­bezogene Bestimmungen verstoßen, vor einer Verwaltungsbehörde oder einem Ge­richt anfechten zu können.

Das sind uferlose, oft schwammige Vorgaben, die bei falscher Umsetzung schwer ein­zuhalten sind und unseren Standort nachhaltig schädigen können.

Ich bin nicht der Meinung, dass wir in Österreich säumig waren. Wir sind bei der Rati­fizierung der Aarhuskonvention davon ausgegangen, dass wir die Vorgaben der dritten Säule durch die Einrichtung der Umweltanwaltschaft bereits ausreichend erfüllen.

Die staatlich anerkannte weisungsfreie Umweltanwaltschaft, die bei den jeweiligen Bundesländern angesiedelt ist, ist in ganz Europa nicht mit einer vergleichbaren Stärke ausgestattet. Leider war der EuGH anderer Ansicht und wir müssen mit dem vorlie­genden Aarhus-Beteiligungsgesetz eine Korrektur durchführen. Konkret – und das ist schon angeführt worden – gilt es, das Abfallwirtschaftsgesetz, das Wasserrechtsge­setz, das Immissionsschutzgesetz – Luft, also das IG-L, und auf Ebene der Bundes­länder die Naturschutzgesetze anzupassen.

Ich und die Wirtschaft (Bundesrat Stögmüller: Wir bedanken uns!), wir bekennen uns dazu, dass der Anwendungsbereich im Abfallwirtschaftsgesetz und im Wasserrechts­gesetz im Sinne der Vorgaben der Aarhuskonvention möglichst eng gezogen wird, also nur bei erheblichen Umweltauswirkungen. Den Umweltorganisationen wird ein Beteili­gungsrecht am Verfahren eingeräumt. (Bundesrat Stögmüller: Zum Glück steht das da drinnen!) Entsprechend den Vorgaben der Konvention haben sie ein Recht auf Stel­lungnahme sowie ein Beschwerderecht gegen den Bescheid; was ihnen nicht zustehen soll, ist eine reine Verzögerungstaktik. (Bundesrat Stögmüller: ... die WKO!)


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 133

Vergessen wir nicht, dass es weiterhin die Umweltanwaltschaft gibt, vergessen wir auch nicht, dass die Parteienstellung bei industriellen Großverfahren und bei großen Infrastrukturprojekten unverändert bleibt. So haben wir ja bei der Verfahrensdauer betreffend die dritte Piste am Flughafen Schwechat gesehen, wie weit Verfahren oft­mals unnötig verzögert werden können. Wir brauchen zum einen Rechtssicherheit bei der Bevölkerung, wir brauchen aber genauso Rechtssicherheit bei den Betreibern einer Anlage. Wir stehen im Wettbewerb, wir sind keine Insel der Seligen.

Sehr positiv im Sinn der Rechtssicherheit ist auch der Umgang mit Altbescheiden, also bereits entschiedenen Verfahren. Da haben Beschwerden keine aufschiebende Wir­kung und das Projekt kann weiter betrieben werden. Genauso ist es für die Fälle der bloßen Wiederverleihung von wasserrechtlichen Genehmigungen, bei denen auch in Zukunft Umweltorganisationen kein Mitsprache- oder Einspruchsrecht gegen die Ge­nehmigung zusteht.

Beim IG-L gehen die Rechte etwas weiter, nämlich bezüglich der Einfügung eines An­tragsrechtes auf Erlassung beziehungsweise Überarbeitung von Maßnahmenprogram­men und Plänen für Umweltorganisationen und betroffene Nachbarn. Die Maßnahmen sind bekannt, sie beinhalten insbesondere Verwendungsbeschränkungen von Bauma­schinen, Notstromaggregaten sowie Fahrverbote für alte Lkw und Geschwindigkeitsbe­schränkungen auf Autobahnen – der berühmte IG-L-Hunderter. – Grundsätzlich kann auch die Wirtschaft mit diesem Antragsrecht leben, weil es kein Recht auf Erlassung bestimmter Maßnahmen gibt. Die Entscheidung und der Spielraum bleiben beim Ver­ordnungsgeber.

Wenn ich dem ganzen Paket einen Titel geben soll, so denke ich an den Begriff Ausge­wogenheit. Das ist die richtige Bezeichnung für eine richtige Maßnahme, und in diesem Sinn bitte ich um eure Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.26


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger. – Bitte, Frau Bun­desminister.


16.26.27

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Ge­schätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Das heutige Umweltpaket behandelt vier wichtige Gesetzentwürfe für den Umweltschutz in Öster­reich. Mit deren Umsetzung verfolgen wir das Ziel, natürlich die angesprochenen Ver­tragsverletzungsverfahren positiv abzuschließen, vor allem aber auch, die internationa­len Vorgaben endlich zu erfüllen.

Ein Teil des Umweltpaketes ist das bereits angesprochene Aarhus-Beteiligungsgesetz. Damit ermöglichen wir entsprechend der Aarhuskonvention endlich den Zugang zu Gerichten in Angelegenheiten, die eben die Umweltmaterien Luft, Abfall und Wasser betreffen.

Zur Kritik von Frau Bundesrätin Kahofer ist zu sagen, dass wir vonseiten des Bundes­ministeriums nur dort Anpassungen vornehmen können, wo auch wirklich die Zustän­digkeit auf Bundesebene gegeben ist. Sie wissen, der Naturschutz ist in der Zustän­digkeit der Bundesländer, von dem her war es eben nicht möglich, dass wir das von­seiten des Bundes regeln. Ich glaube aber, wenn Sie da massiv dahinter sind, kann das auch auf Landesebene funktionieren.

Ich komme ganz kurz zu den Anpassungen in den einzelnen Bereichen. Was das Im­missionsschutzgesetz – Luft betrifft, ist bei Überschreitung von Immissionsgrenzwerten der zuständige Landeshauptmann gemäß des IG-L dazu aufgefordert, ein Maßnah-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 134

menprogramm zu erstellen, um die Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben und Grenzwerte sicherzustellen. Mit der Novelle des Immissionsschutzgesetzes – Luft er­halten auch Einzelpersonen und vor allem auch Umweltorganisationen das Recht, die Einhaltung dieser gesetzlichen Vorschriften betreffend die Erstellung und auch die Überarbeitung dieser Programme gerichtlich überprüfen zu lassen.

Betroffene Einzelpersonen oder auch Umweltorganisationen können innerhalb be­stimmter Fristen einen Bescheid des Landeshauptmannes beantragen, in welchem die Eignung des im Programm enthaltenen Maßnahmenbündels in seiner Gesamtheit fest­zustellen ist. Ebenso kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – vor allem auch bei Grenzwertüberschreitungen oder Fristablauf – ein Antrag auf Erstellung und Überarbeitung von Programmen gestellt werden. Dieser Bescheid ist im Rechtsmittel­weg durch die Verwaltungsgerichte überprüfbar. – Ich glaube, das ist schon eine sehr große Neuerung.

Zum Wasserrechtsgesetz ist zu sagen, dass wir mit der Anpassung anerkannten Um­weltorganisationen Beteiligungs- und Anfechtungsrechte im Zusammenhang mit was­serrechtlichen Genehmigungsverfahren erteilen. Bei erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens auf den Gewässerzustand kommt ihnen eine Beteiligtenstellung im Verfah­ren und auch das Anfechtungsrecht im Bescheid zu.

Zum Abfallwirtschaftsgesetz ist zu sagen, dass die Genehmigung und eben auch we­sentliche Änderungen von Abfallbehandlungsanlagen unterhalb der IPPC-Schwelle für anerkannte Umweltorganisationen eine nachträgliche Beschwerdemöglichkeit an das Verwaltungsgericht vorsehen.

Zu guter Letzt noch ein paar Worte zum E-Mobilitätspaket: Sie wissen ja, dass vor al­lem wir als Bundesregierung ein klares Bekenntnis dazu abgelegt haben, unser Mobili­tätssystem langfristig nachhaltig auf saubere Mobilität umzustellen. Bundesminister Hofer war heute auch schon hier zu Gast und hat dazu mehreres ausgeführt. Ein Teil unseres Umweltpakets ist es jetzt auch, die E-Mobilität auf die Überholspur zu bringen.

Der Verkehr, Sie alle wissen das, ist eines unserer größten Betätigungsfelder, wenn wir die Klimaschutzziele von Paris wirklich einhalten wollen. Wir wissen, dass speziell die Emissionen im Verkehrsbereich nach wie vor zunehmen. Wir haben konkrete Anreize zum Umstieg auf Elektrofahrzeuge in Umsetzung gebracht und wollen die Menschen auch davon überzeugen, dass es sich in mehrfacher Hinsicht tatsächlich auszahlt, auf ein E-Fahrzeug zu wechseln.

Wir setzen damit klar auf Anreize und nicht auf Verbote und wollen vor allem die Men­schen auf diesem unverzichtbaren Weg in Richtung mehr Klimaschutz mitnehmen. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.30

16.30.53


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke, Frau Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.31.1418. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz über nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen für bestimmte Luftschad-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 135

stoffe (Emissionsgesetz-Luft 2018 – EG-L 2018) (271 d.B. und 280 d.B. sowie 10038/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 18 der Ta­gesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. – Ich bitte um den Bericht.


16.31.31

Berichterstatter Ing. Eduard Köck: Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Na­tionalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz über nationale Emis­sionsreduktionsverpflichtungen für bestimmte Luftschadstoffe. (Präsident Lindinger übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke für den Bericht.

Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Dr. Gerhard Leitner. Ich erteile ihm dieses.


16.32.21

Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Die Umwelt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein außerordentliches, ja, ein bedeutsames Gut unseres Daseins. Es gilt natürlich auch, mit dieser Umwelt sehr sorgfältig und behut­sam umzugehen, denn mit der Umwelt spielt man nicht.

Wenn man sich zum Beispiel die Veränderungen in der Natur, den Klimawandel und so weiter ansieht, kann man feststellen, es kommt weltweit zu Entwicklungen, die sich auf die Menschen, auf alle Lebewesen und auf die gesamte Natur außerordentlich negativ auswirken. Insbesondere im Bereich der stets ansteigenden Luftverschmutzung ist höchster Handlungsbedarf gegeben.

Der völker- und unionsrechtlichen Verpflichtung Österreichs, den Ausstoß bestimmter Luftschadstoffe mit einem Emissionsgesetz einzuschränken, sollte mit einem Emis­sionsgesetz-Luft entsprochen werden. Um die nationalen Emissionsreduktionsver­pflichtungen zu erfüllen, und zwar bis 2020 und 2030, sollen Maßnahmen in allen rele­vanten Sektoren in der Industrie, der Landwirtschaft und im Straßenverkehr gesetzt werden. Die indikativen Zwischenziele sollen 2025 erreicht werden. Diese Ziele sind bisher unkonkret formuliert und den einzelnen Sektoren nicht zuordenbar. Diese Ziele sind jedoch klar zu formulieren und in ihrer Umsetzbarkeit und in einem entsprechen­den Zeitraster darzulegen.

Die geplanten Maßnahmen sind im nationalen Luftreinhalteprogramm zu dokumentie­ren und der EU-Kommission zu übermitteln. Das Bundesministerium hat dabei im We­sentlichen ja auch die Aufgabe, die Interessen der Gebietskörperschaften zu koordinie­ren. Wie dieses Vorhaben vonstattengehen soll, wie die einzelnen sektoralen Ziele er­reicht werden sollen, bleibt derzeit jedoch ebenso unklar wie die konkrete Einbindung anderer Stakeholder, wie etwa jene der Sozialpartner.

Wie sollen diese aber eingebunden sein oder werden, wenn man sie in die Verhand­lungen nicht einbezieht, ja, nicht einmal mit ihnen spricht? Wir erleben unter der derzei­tigen Regierung doch eine gewisse soziale Kälte (Bundesrat Köck: In welchem Land? – Ruf bei der FPÖ: Oje!), eine Dialoginakzeptanz und auch die Ignoranz der Anerken­nung der Sozialpartner. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 136

Die Regierung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist bei der Umsetzung des Emissionsgesetzes-Luft säumig. Die entsprechenden EU-Richtlinien hätten bereits mit 1. Juli dieses Jahres in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Ob der Termin mit 1. April 2019 ausreichen wird, die Verpflichtung, die Vorlage des nationalen Luft­reinhaltegesetzes an die EU-Kommission zu übermitteln, zu erfüllen, bleibt außeror­dentlich fraglich. Immerhin müssen auch mit den Bundesländern entsprechende 15a-Vereinbarungen getroffen werden.

Diese EU-Richtlinie sieht nationale Emissionsverpflichtungen vor, vor allem bei Schwe­feldioxid, Stickstoffoxiden, Feinstaub und Ammoniak. Bei Ammoniak wird die Emis­sionsvorgabe mit fast 68 Kilotonnen pro Jahr überschritten, und das bereits seit dem Jahr 2010. Dieser Zustand ist ungesetzlich und gibt keinen Hinweis darauf, wie kurz­fristig und dauerhaft eine Lösung herbeigeführt werden soll.

Bei der Umsetzung dieser angedachten und auch dringend zu realisierenden Vorhaben scheint die Frage der Kommunikation, des fachlichen Gespräches, des Meinungsaus­tausches eine besonders gravierende zu sein. Wir wissen heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass zum Beispiel bei einer Fahrgeschwindigkeit von 140 Kilome­tern pro Stunde auf Autobahnen wesentlich höhere Schadstoffe in Form von Stick­oxiden anfallen – die Frau Ministerin hat es zuvor gerade angesprochen – als bei nied­rigeren Geschwindigkeiten. Das ist wissenschaftlich unumstößlich und einwandfrei festgestellt.

Wie kann also ein Minister das Tempolimit erhöhen wollen, wenn die Frau Ministerin die Aufgabe hat, die Schadstoffe zu reduzieren? Das kann dann doch nur so passie­ren, dass man innerhalb der Regierung eher nicht sehr intensiv miteinander spricht und sich nicht austauscht. (Beifall bei der SPÖ.  Bundesrat Längle: Das glauben nur Sie!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wissen heute, dass schlechte Luftqualität, Fein­staub und Ammoniak, die Hauptursache für Todesfälle sind – sie fordert heute mehr Tote als der Straßenverkehr. Allein diese Erkenntnis mahnt natürlich zu raschem Han­deln. Hoffen wir, dass Sie, Frau Ministerin, die Frage der Lösung der Emissionsreduk­tionsverpflichtung ernst nehmen, nunmehr rasch handeln und klare verbindliche Maß­nahmen dazu setzen.

Es ist dies nämlich eine Forderung, die eigentlich von uns allen gemeinsam zu stellen ist, geht es doch letztendlich um unsere Gesundheit, um die Gesundheit unserer Kin­der und jene der nachfolgenden Generationen. Ihnen gegenüber, meine Damen und Herren, sind wir verpflichtet. (Bundesrätin Mühlwerth: Erinnert euch ab und zu daran, dass ihr verpflichtet seid!) Meine Fraktion wird diesem Vorschlag nicht zustimmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.38


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile ihm dieses.


16.38.29

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Geschätzter Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer und Zuhörerinnen! Das Emissionsgesetz-Luft 2018 ist ein kleiner Teil, ein kleiner Mosaikstein in der gesamten Geschichte der Umweltpolitik.

Ich denke, wenn man Umweltpolitik vertritt, kann man stolz sein, weil gesunde Umwelt, gesunde Luft, gesundes Wasser und so weiter einfach alle Menschen, alle Generatio­nen, alle Berufsstände, jeden Einzelnen betrifft.

Wenn man an das Emissionsgesetz-Luft 2018 denkt, kann man damit sicherlich auch gesunden Lebensraum, die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt in Verbindung bringen.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 137

Das muss man verbessern und für die Zukunft absichern. Bei uns in Österreich ver­bindet man den Sammelbegriff Umwelt natürlich auch mit Heimat, mit Sicherheit, es ist ein sehr traditioneller Begriff, eigentlich so alt wie die Menschheit und trotzdem immer zeitnah, aktuell auf der ganzen Welt, egal ob in Großstädten oder in ländlichen Regionen.

Die Reduktion der Luftschadstoffe kann nur ein kleiner Teil, aber auch ein sehr wesent­licher Teil in der Umweltpolitik sein, in deren Rahmen wir verantwortungsvoll umgehen müssen.

Ich denke an das vergangene Jahr, in dem doch sehr extreme Wetterverhältnisse ge­herrscht haben, die Trockenheit, Dürre und die Unwetterkapriolen der letzten Wochen in Österreich und Italien, die sehr deutlich gezeigt haben, dass eine Klimaveränderung stattfindet, die wir nicht mehr wegleugnen können. Es ist nicht mehr selbstverständlich, sauberes, gesundes Trinkwasser, gesunde Luft und – sprichwörtlich – eine heile Natur zu genießen.

Die in relativ kurzer Zeit – ich spreche nur von einer Generation – spürbare Klimaver­änderung ist eine Tatsache, dieser müssen wir uns stellen. Wenn man die Natur be­trachtet, merkt man, was sich im Zeitraum nur einer Generation tatsächlich verändert hat. Der immer weiter zunehmende Flug- und Autoverkehr, der steigende Energiever­brauch, die Wohlstands- und Konsumgesellschaft stellen uns da vor sehr große He­rausforderungen. Das sollen keine Schuldzuweisungen, keine Schuldzuweisungen an Verursacher sein, aber das sind Tatsachen, die wir heute vorfinden.

Die Forstwirtschaft, ein sehr wesentlicher Zweig in Österreich, steht jetzt vor allem in Kärnten und Osttirol vor der sehr schwierigen Aufgabe, die Schäden der Windwürfe aufzuarbeiten. Im Gegensatz dazu gilt es, im Osten das ganze Jahr über die Borken­käfersituation in den Griff zu bekommen und trotzdem einen klimafitten Wald aufzu­bauen, zu erhalten, zu pflegen und diesen dann auch wirtschaftlich positiv zu führen. Das ist eine sehr große Herausforderung. Ein gesunder Wald ist eine Grundvorausset­zung für ein funktionierendes Ökosystem.

Da die Durchschnittstemperaturen in den letzten Jahren um nahezu 2 Grad Celsius gestiegen sind, der Meeresspiegel innerhalb relativ kurzer Zeit um 20 Zentimeter ge­stiegen ist, durch Hitze fast mehr Todesopfer zu beklagen sind als im Straßenverkehr, haben wir, denke ich, dringenden Handlungsbedarf. Es haben 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen einen Aktionsplan unterschrieben, der zum Ziel hat, Gesundheit, sauberes Wasser und Klimaschutz für die Menschen, für den Planeten und vor allem auch für unseren Wohlstand sicherzustellen.

Dieses Bekenntnis auf internationaler Ebene kann nur eine gute Grundlage sein, um auf nationaler Ebene das Thema verstärkt anzugehen, Projekte selbst umzusetzen und das Bewusstsein der Menschen zu schärfen und Sensibilität bis zu den Gemeinden und zu den Familien zu schaffen.

Es gibt positive Beispiele für Gesetze, die heute beschlossen werden und auch schon beschlossen worden sind: Das sind ein sehr strenges Luftreinhaltegesetz, der heutigen Zeit angepasst, und ein Wasserrechtsgesetz, das auch sehr modern und sehr umwelt­bewusst ist.

Trotz einiger positiver Fortschritte bei der Reduktion von Luftschadstoffen hat nach Einschätzung der WHO die Emissionsbelastung der Luft nach wie vor die größten ne­gativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. Um Verbesserungen zu er­reichen, bedarf es immer wieder Überprüfungen von Richtlinien, diese müssen aktuell angepasst, in nationale Luftreinhalteprogramme aufgenommen, niedergeschrieben und auch umgesetzt werden. Die schädlichsten und wichtigsten Luftschadstoffe, die redu­ziert werden müssen, sind Schwefeldioxid, Stickoxide, flüchtige organische Verbindun­gen, Ammoniak und auch Feinstaub.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 138

Die Bundesregierung und das Ministerium für Nachhaltigkeit und Umwelt bekennen sich zu Emissionsreduktionsverpflichtungen, um so den fortschreitenden Klimawandel zu minimieren. Es wird mit Nachdruck an einem neuen nationalen Luftreinhaltepro­gramm mit Maßnahmen zur Zielerreichung der Reduktionsverpflichtung gearbeitet, das mit 1. April an die Europäische Kommission übermittelt wird.

Die Forschung betreffend wird es notwendig sein, im Bereich Umweltschutz und in das Projekt saubere und gesunde Luft zu investieren. Es müssen alle Möglichkeiten ausge­schöpft werden, um neue Technologien zu entwickeln, die weniger Schadstoffe produ­zieren und der Wirtschaft und der Industrie zur Verfügung stehen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Gestern gab es im Zuge der Ratspräsident­schaft eine Veranstaltung mit dem Titel „Bioökonomie: nachhaltig und kreislauforien­tiert“, die dankenswerterweise vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Touris­mus veranstaltet wurde. Da wurde deutlich aufgezeigt, in welche Richtung die Umwelt­politik gehen muss.

Bioökonomie betrifft nicht nur Landwirtschaft, betrifft nicht nur Wirtschaft, sondern sie betrifft uns alle, die ganze Bevölkerung in allen Regionen, auf der ganzen Welt. Bio­ökonomie bedeutet eine Kreislaufwirtschaft mit Nachhaltigkeit zu fördern; diese voran­zutreiben bedeutet, die regionale Wirtschaft zu stärken, den immer größer werdenden Flächenverbrauch zu vermindern, eine Verknüpfung mit Wissenschaft und Forschung herzustellen, die wir als Partner brauchen, um langfristige Ziele verfolgen zu können. Ein Schwerpunkt sollte in Zukunft sein, sich noch mehr von den fossilen Energieträgern zu verabschieden und sich verstärkt um die erneuerbare Energiegewinnung zu küm­mern. In Österreich stehen genügend Potenzial dafür zur Verfügung.

Die Menschen in Österreich wünschen sich hochwertigste, natürlich produzierte Le­bensmittel. Diese Produktion kann man aus der Sicht der Landwirtschaft nur auf der Grundlage einer intakten Umwelt sicherstellen.

Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um die Verringerung der Luftschadstoffe, Umweltpolitik ist aber wesentlich mehr: Umweltpolitik ist in die Zukunft gerichtete Politik mit Verantwortung für unsere nachfolgenden Generationen. Ich möchte mich bei der Frau Bundesministerin sehr herzlich bedanken. Du hast visionäre Ideen und schlägst Pflöcke ein, die langfristig gut sind. Das ist, glaube ich, ganz, ganz wesentlich, wir un­terstützen dich gerne dabei.

Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit mit ihren Maßnahmen bewiesen, dass wir auf einem guten Weg sind. Wir werden auch in Zukunft eine konsequente und nachhaltige Umweltpolitik machen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.47


Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich begrüße unseren ehemaligen Kollegen Bundes­rat a. D. René Pfister. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thomas Schererbauer. – Bitte.


16.48.08

Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Vizepräsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In Punkt 18 der heutigen Tagesord­nung diskutieren wir ein Bundesgesetz, das die Emissionsreduktionsverpflichtungen für bestimmte Luftschadstoffe auf nationaler Ebene thematisiert.

Die Republik Österreich unterliegt völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Verpflichtun­gen zur Reduktion von bestimmten Luftschadstoffen. Ziel dieses Maßnahmenpakets für saubere Luft ist es, die Luftverschmutzung in der EU erheblich zu verringern. Obwohl in den vergangenen Jahren insgesamt schon einige Fortschritte bei der Reduktion von anthropogenen Emissionen von Luftschadstoffen erzielt wurden, stellt die Luftver-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 139

schmutzung ein nach wie vor großes und immer noch nicht gelöstes Umwelt- und Ge­sundheitsproblem dar.

Die Luftverschmutzung ist aktuell die größte Gesundheitsgefahr in Europa. Das zeigt ein aktueller Bericht der Europäischen Umweltagentur, EEA. Grundlagen sind Daten von 2 500 Messstationen in ganz Europa, die oftmals die vorgegebenen Grenzwerte deutlich überschreiten. Allein für das Jahr 2015 kommen die Forscher in der EU auf rund 391 000 vorzeitige Todesfälle im Zusammenhang mit Luftverschmutzung. Ursa­chen sind Feinstaub, bodennahes Ozon und Stickstoffoxid. Sie verursachen Atembe­schwerden, Herzkreislauferkrankungen oder Krebs. Hauptverursacher sind laut EEA Verkehr, Energieerzeugung, Industrie, Landwirtschaft und Haushalte.

Die Luftverschmutzung ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation, WHO, auch jedes Jahr für den Tod von Hunderttausenden Kindern verantwortlich. Allein im Jahr 2016 seien etwa 600 000 Kinder an durch verschmutzte Luft ausgelösten Lungenerkrankun­gen verstorben. Jeden Tag atmen demnach 93 Prozent aller Kinder unter 15 Jahren weltweit zu einem gefährlichen Grad verschmutzte Luft. Das sind 1,8 Milliarden Kinder, 630 Millionen von ihnen sind jünger als fünf Jahre.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich diese Statistiken vor Augen hält, dann kann einem schon angst und bange werden. Die Frage wird sein: Welche Maßnahmen können und müssen wir setzen, damit Verbesserungen erzielt werden können?

Oberösterreich zum Beispiel leistet im Gebäudesektor einen wertvollen Beitrag zur Energiestrategie und liegt bei der thermischen Sanierung seit Jahren klar im Spit­zenfeld. Dies wurde unter anderem durch attraktive und zielgerichtete Sanierungsför­derungen erreicht. Dies trägt zur Reduzierung der CO2-Emission bei und ist unerläss­lich für die Umsetzung der Klima- und Energiestrategie des Bundes.

Oberösterreich übernahm beim Klimaschutz bereits durch die Einführung des Gesamt­energieeffizienzsystems im geförderten Wohnbau eine Vorreiterrolle. Diese Maßstäbe waren beispielgebend für ganz Österreich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neuen EU-Klimaziele legen den Staaten ambitionierte CO2-Vorgaben vor, aber ein Sektor kommt kaum vor, trotz jeder Menge Schwefel, Ruß und CO2, die dadurch anfallen: die internationale Schifffahrt. Vielleicht liegt das daran, dass wir den riesigen Ozeantankern und Frachtschiffen kaum bis nie­mals begegnen oder dass Bilder uns nicht wirklich ihren Lärm und Gestank vermitteln. Es wäre aber höchst an der Zeit, sich den weltweiten Schiffsverkehr im Hinblick auf das Klima intensiver vorzunehmen. Derzeit produziert der internationale Gütertransport auf hoher See mehr Abgase als die meisten Industrienationen.

Wenn die internationalen Gewässer ein Land wären, dann wären sie mittlerweile der sechstgrößte Produzent von Treibhausgasen, zwischen Industrienationen wie Japan und Deutschland. Es wird sehr schwierig bis unmöglich, die Klimaziele auch nur an­nähernd zu erreichen, wenn wir Sektoren wie die Schifffahrt beinahe ausklammern.

Ebenso der Flugverkehr: Wenn man an manchen Tagen bei guter Sicht nach oben schaut, bekommt der Ausspruch: am Himmel ist die Hölle los, eine beinahe plakative Bedeutung. Was aber kann ich persönlich tun, was ist mein eigener CO2-Fußabdruck?

Klimaschonend zu leben ist im Prinzip gar nicht so schwierig. In vielen Bereichen des Alltags kann man schon durch kleine Veränderungen positive Auswirkungen auf die ei­gene CO2-Bilanz erzielen.

Zunächst einmal gilt es, Strom zu sparen, wo dies eben möglich ist. Dass der Betrieb einer fast leeren Waschmaschine nicht umweltschonend ist, eine LED-Lampe besser als die alten Glühbirnen ist und die Elektrogeräte nicht im Stand-by-Modus laufen soll-


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ten, ist, glaube ich, jedem klar. Wer will, kann darüber hinaus durch eine Umstellung auf Ökostrom den CO2-Ausstoß deutlich senken. Beim Heizen hilft es, die Temperatur zu Hause um 1 bis 2 Grad zu reduzieren. Schon 1 Grad Unterschied beeinflusst den CO2-Ausstoß um circa 10 Prozent, nach oben genauso wie nach unten. Hilfreich sind hierbei auch Heizkostenapps. Es ist mir schon klar, dass dies bei Frauen nicht so gut ankommt, weil die immer kalte Füße haben, aber jeder muss seinen Beitrag dazu leis­ten, irgendwie wird es schon gehen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin kein Vegetarier, aber es ist schon so, dass nicht tierische Produkte einen deut­lich niedrigeren CO2-Wert aufweisen. Man sollte also ab und zu, wenn es möglich ist, auf Fleisch, Butter und Co verzichten. Auch sollte man möglichst wenig bis keine Le­bensmittel wegwerfen.

Für die Wege gilt, sofern der Weg zumutbar ist und es nicht in Strömen regnet, dass man ab und zu Fuß geht oder mit dem Rad fährt – das ist erstens gesund, hält zudem fit und schont das Klima.

Genauso beim Reisen: Ab und zu kann man gewisse Strecken auch mit der Bahn fahren und muss nicht mit dem Flugzeug fliegen – das gilt für unsere Vorarlberger Kol­legen. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Damit die Einhaltung der nationalen Emis­sionsreduktionsverpflichtungen sichergestellt wird, bedarf es großer Anstrengung und der Mithilfe jedes Einzelnen, denn auch die nachfolgenden Generationen haben ein Recht auf sauberes Wasser, frische Luft und ein intaktes Ökosystem. Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

16.54


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile ihm dieses.


16.54.36

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte KollegInnen! Thomas, das waren ja wirklich gute Tipps, die kann man nur unterstützen.

Wie ihr euch sicherlich vorstellen könnt, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolle­gInnen, haben wir Grüne gerade die Gesetze im Bereich des Umweltschutzes, die heu­te auf der Tagesordnung stehen, ganz intensiv angeschaut und auch beurteilt.

Es wurde zuvor erwähnt, ich weiß jetzt nicht mehr, wer es gesagt hat: Wir sind natür­lich sehr froh darüber, dass die Aarhuskonvention endlich – endlich! – umgesetzt wor­den ist. Wir haben lange darauf gedrängt, lange darauf aufmerksam gemacht. Die Fra­ge ist natürlich immer: Wie wird sie umgesetzt? – Das haben wir uns jetzt auch ange­schaut.

Ein Teil davon ist dieses Emissionsgesetz-Luft 2018, mit dem Österreich unionsrechtli­chen Verpflichtungen auf dem Gebiet der Luftreinheit nachkommt. Wir Grüne werden heute diesem Gesetz zustimmen, denn mit diesem Gesetz gehen wir einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, um endlich Luftschadstoffe zu reduzieren.

Weiters dient es der Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligung nach der Aarhuskonven­tion – darüber werden wir ja noch später in der Tagesordnung diskutieren, wer über­haupt über vorzubereitende Programme zu informieren ist und wer dann überhaupt Stellungnahmen abgeben kann. Das sind zum einen die unmittelbar Betroffenen und zum anderen die nach dem UVPG anerkannten Umweltorganisationen.

Weiters ist auch ein Rechtsschutzsystem vorgesehen, falls den Stellungnahmen unbe­gründet nicht gefolgt wird. Auch das können wir nur unterstützen und sehen wir sehr


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positiv. Wenn da etwas gemacht wird, kann man das als Umweltbewegung nur unter­stützen.

Wie Sie sich vorstellen können, Frau Ministerin, wird es nicht ganz ohne Kritik gehen. Ich will sie ein bisschen allgemeiner halten, aber über die allgemeine Kritik hinaus viel­leicht noch anmerken: Dass die Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligung nach der Aarhuskonvention nur so weit, wie es der EuGH vorgibt, und erst, nachdem es der EuGH vorgegeben hat, erfolgt, ist für uns Grüne natürlich enttäuschend, zudem erfolgt die Umsetzung in den verschiedenen Materien nicht einheitlich.

Das Ganze erinnert in der Umsetzung leider eher an einen Fleckerlteppich als an ein dahinterstehendes Konzept aus einem Guss. Das hätten wir gewollt, das vermissen wir. Das ist ein Problem, wenn es um die Rechtssicherheit, die Rechtseinheitlichkeit und die Rechtsübersichtlichkeit geht.

Schauen Sie zum Beispiel nach Deutschland, Frau Ministerin! Dort wählte man mit dem Umweltbehelfsgesetz einen anderen Weg, unserer Meinung nach einen besseren Weg in diesem Bereich, wenn es um Transparenz und damit auch um weniger Raum für Missverständnisse geht.

Das war jetzt einmal unsere Kritik bezüglich der Gesamtumsetzung. Zu den einzelnen Punkten werden dann meine Kollegin und ich noch etwas sagen, da geht es dann eher darum, dass wir nicht ganz so glücklich mit der Umsetzung sind. Wie gesagt: Dem Emissionsgesetz-Luft 2018 können wir Grüne aber zustimmen. Danke schön. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic.)

16.57


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger. Ich erteile ihr dieses.


16.58.02

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren im Bundesrat! Wir setzen mit dem Emissionsgesetz-Luft 2018 die neue EU-Richtlinie über die Reduktion der natio­nalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe in nationales Recht um.

Die Emissionsreduktionsverpflichtungen sind als relative Werte, das heißt als Prozent­satz gegenüber den Emissionen des Basisjahres 2005, festgelegt. Für das nationale Luftreinhalteprogramm sind entsprechend den Vorgaben der Richtlinie, der Judikatur des EuGH und auch der Aarhuskonvention Vorschriften für die Öffentlichkeitsbeteili­gung und den Zugang zu Gerichten für Umweltorganisationen sowie auch für unmit­telbar betroffene natürliche Personen vorgesehen.

Das neue nationale Luftreinhalteprogramm mit Maßnahmen zur Zielerreichung der Emissionsreduktionsverpflichtungen ist mit 1. April 2019 an die EU-Kommission zu übermitteln und wird einen wertvollen Beitrag zur Luftreinhaltung in Österreich leisten.

Ich darf mich an dieser Stelle auch beim Koalitionspartner sehr herzlich dafür bedan­ken, dass es uns gemeinsam gelungen ist, dieses Programm in kürzester Zeit umzu­setzen.

Der Prozess zur Erstellung des nationalen Luftreinhalteprogramms soll in enger Ab­stimmung und in Koordinierung mit den Arbeiten für den Nationalen Energie- und Kli­maplan erfolgen. Es gilt, hier – das ist mein oberstes Ziel – vor allem auch die Sy­nergien zwischen Klimaschutz und Luftreinhaltung zu nutzen.

Arbeitsgruppen für die betroffenen Sektoren, in denen die Bundesländer, die relevan­ten Ministerien und vor allem auch Experten vertreten sind, werden bis Jahresende ge­meinsame Vorschläge erarbeiten. Ich kann die Kritik des Herrn Bundesrates Dr. Leitner


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in diesem Punkt nicht nachvollziehen, die Arbeitsgruppen werden eingerichtet, es wer­den vor allem auch Experten hinzugezogen. Dem folgt ein öffentlicher Konsultations­prozess von sechs Wochen, damit wirklich auch alle Stakeholder entsprechend einge­bunden werden können.

Aktuell werden auch die technischen Szenarien überarbeitet und aktualisiert. Dadurch soll es eine bestmögliche Einschätzung der Entwicklung bei den Emissionen bis zum Jahr 2030 geben. Das neue Emissionsgesetz-Luft ist ein weiterer wichtiger Beitrag zur Verminderung der nationalen Emissionen.

Erlauben Sie mir noch einen Satz: Ich finde es sehr schade, dass hier die SPÖ wieder nicht zustimmt. Es geht ja doch um das wichtige Thema der Reduktion der Luftschad­stoffe. Ich hoffe, dass dieses Ablehnen nicht der Grund ist, warum meine Vorgänger in der Umsetzung dieser sehr wichtigen Gesetze in der Vergangenheit oft gescheitert sind. Ich glaube, das ist ein gemeinsames nationales Interesse im Sinne unserer Bür­gerinnen und Bürger, und da sollte man manchmal auch ideologische Schranken über­winden. Es geht um die Gesundheit unserer Menschen und vor allem auch unserer Kinder. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) In diesem Sinne sage ich auch ganz herzliches Danke schön, dass das auf anderen Seiten sehr wohl erkannt wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.01

17.01.12


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.01.3519. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Umwelthaftungsgesetz und das Umweltinformationsgesetz geändert werden (272 d.B. und 281 d.B. sowie 10039/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl. – Ich bitte um den Bericht.


17.01.57

Berichterstatter Dr. Peter Raggl: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Ich erstatte den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­des-Umwelthaftungsgesetz und das Umweltinformationsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Dr.in Ewa Dziedzic. – Bitte.



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17.02.56

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ihr Umweltpaket, das Sie so geprie­sen haben, ist für uns natürlich – wenig überraschend – ein bisschen eine Mogelpa­ckung. Aarhus musste umgesetzt werden, beim Emissionsgesetz war Österreich schon lange säumig. Zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz kommen wir beim nächsten Tagesordnungspunkt. Ich möchte jetzt kurz auf das Umwelthaftungsgesetz eingehen.

Bevor ich auf die inhaltliche Kritik zu sprechen komme, ist mir schon wichtig, vorweg festzuhalten, dass die Begutachtung über die Sommermonate erfolgte – da ist be­kanntlich sitzungsfrei (Rufe bei ÖVP und FPÖ: Aber nicht arbeitsfrei! – Bundesrat Spanring: Ferien haben nur Schüler!), und es gab hier auch keine umweltpolitische kritische Stellungnahme. Im parlamentarischen Verfahren blieben grundsätzlich um­weltrechtliche Aspekte völlig unterbelichtet.

Sie werden sich vielleicht erinnern, da Sie jetzt Ihre neue Umweltkompetenz entdeckt haben (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, das ist nicht neu!), dass die Grünen bereits 2009 eine abweichende Stellungnahme zum ursprünglichen Umwelthaftungsgesetz eingebracht haben. Das war 2009, aber seither hat sich – wenig überraschend – nicht viel getan. Beispielsweise gilt bei Punkt 1 der Stellungnahme von damals so gut wie alles weiterhin. Da geht es nämlich um die Definition, was Umweltschäden sind. Nun mussten Sie bei dieser Novellierung diese vornehmen. Da gibt es nämlich eine EuGH-Vorentscheidung, die eben die Gewässerschäden betrifft. Alles andere wurde hier nicht beachtet beziehungsweise sind eben die anderen Bereiche wie Bodenschutz, Luftver­schmutzung und so weiter weiterhin ungenügend definiert.

Zu Punkt 2: Auch hier gilt das Gleiche, das ist weitgehend – bis auf die Ausnahme des Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht – alles gleich geblieben. Das heißt, auch die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit steht den Parteien im verwaltungsgerichtli­chen Verfahren grundsätzlich offen, wie Sie wissen werden. Hier haben wir es aber in­direkt auch schon mit der Einschränkung durch die Umweltverträglichkeitsprüfung, über die wir dann noch sprechen werden, zu tun.

Insofern ist das alles in allem eine Umsetzung, die Sie vornehmen mussten, und nicht eine, die Sie gewollt haben. Für uns ist natürlich vollkommen unzureichend, was hier passiert. Falls Sie sich näher mit den Details auseinandersetzen möchten, dann lesen Sie tatsächlich die Stellungnahme von 2009. Daran merkt man, wie wenig sich in um­weltpolitischen Agenden in Österreich tut, wenn der Druck nicht von außen da ist. – Vielen Dank. (Beifall des Bundesrates Stögmüller. – Bundesrätin Mühlwerth: Das klingt aber ziemlich mager!)

17.06


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Prein­eder. Ich erteile dieses.


17.06.14

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Her­ren! Wir haben das Umwelthaftungsgesetz und das Umweltinformationsgesetz ange­passt. Liebe Frau Kollegin Dziedzic, es ist schon manchmal spannend, zu hören, dass die Bundesregierung zum einen säumig ist und zum anderen die Begutachtungsfrist zu kurz ist. Wir sind also zu schnell und zu langsam oder zu langsam und zu schnell. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Dziedzic.) Der Frau Bundesminister zu unterstellen, sie hätte jetzt erst ihr Herz für die Umwelt gefunden, finde ich nicht ganz fair und nicht ganz richtig. Ich kenne sie schon sehr lange und weiß, wie lange sie sich schon mit dem Thema Umwelt entsprechend beschäftigt.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 144

Diese Änderung oder Anpassung des Umwelthaftungs- und des Umweltinformations­gesetzes geht zurück auf eine EU-Beschwerde eines Fischers, der gesagt hat, ich ha­be auch Rechte im Bereich des Wassers. Dieser Beschwerde wurde stattgegeben und im Zuge dessen wurde durchaus eine Verbesserung erzielt, weil nämlich der Perso­nenkreis, der nun berechtigt ist, eine Umweltbeschwerde einzubringen, erweitert wor­den ist. Dafür könnte man schon sein.

Enthalten in dem Gesetz ist auch eine verbesserte Klarstellung des Begriffes, was ein Gewässerschaden ist, was nachhaltig schädigend auf das Gewässer wirkt und was kurzfristige Schäden sind, bei denen sich ein Fließgewässer letztlich auch selbst wie­der regenerieren kann. Hier gilt es, entsprechend zu unterscheiden.

Es ist auch klargestellt, dass sich ein nationaler Bescheid nicht über eine EU-Regel hinwegsetzen kann; auch das ist, glaube ich, eine Verbesserung. Es sind einige von der EU vorgegebene Verbesserungen umgesetzt worden. Ich glaube, diesen kann man zustimmen, weil damit auch die Rechtssicherheit verbessert wird. – Danke sehr. (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ.)

17.08


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther No­vak. Ich erteile dieses.


17.08.33

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vieles wurde schon gesagt. Der Auslöser für die Än­derung des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes ist, wie wir wissen, ein Urteilsspruch des EuGH in einer Rechtssache betreffend eine Umweltbeschwerde eines Fischereibe­rechtigten, der durch den Bau einer Wasserkraftanlage zu Schaden gekommen ist. Der EuGH hat mit dem Urteil darüber entschieden und klargestellt, wie die Richtlinie über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden auszulegen ist. Mit dem vorliegenden Entwurf der Novelle des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes werden daher die Definition des Gewässerschadens und das Instrument der Umweltbeschwer­de entsprechend richtlinienkonform angepasst, sodass das jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung ist und nach dem Verursacherprinzip die Verantwortlichkeit klarer ge­regelt wird.

Abschließend vielleicht noch einen Satz dazu: Eine vonseiten der WKO vehement vorgebrachte Forderung nach einer völlig überschießenden Haftungsbefreiung, die laut Richtlinie zulässig wäre, aber aus gutem Grund nicht ins nationale Recht umgesetzt wurde, hat glücklicherweise keinen Eingang in die Regierungsvorlage gefunden. So gesehen ist anzuerkennen, dass dem Lobbyismus der WKO auch einmal Grenzen ge­setzt wurden. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Wir werden der Novelle zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.10


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Josef Ofner. Ich er­teile dieses.


17.10.24

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kollegen! Liebe Zuhörer im Plenarsaal und via Live­stream! Wenn wir uns hier mit der Novellierung des Umwelthaftungsgesetzes befas­sen, so gilt es grundlegend festzuhalten, dass natürlich der Schutz der Natur und der Umwelt Grundlage allen Lebens ist und daher einen hohen Stellenwert einnehmen muss. Dafür ist es einerseits wichtig, dass wir gesetzliche Regelungen haben, anderer­seits ist es aber vor allem von Bedeutung, dass wir ein Verantwortungsbewusstsein haben, und das geht eben nur mit der Bewusstseinsbildung von Menschen. Daher ist


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es wichtig, dass wir ein Bundes-Umwelthaftungsgesetz als gesetzlichen Mechanismus haben, wenn es auf Grundlage des Verursacherprinzips Maßnahmen zu setzen gilt, um Umweltschäden zu sanieren – das ist die schlimmere Variante –, aber vor allem, um sie zu vermeiden. Und ja, es ist selbstverständlich in Ordnung, dass auch Fische­reiberechtigte nunmehr die gesetzliche Möglichkeit haben, eine solche Umweltbe­schwerde bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen.

Es ist aber vor allem für mich als Görtschitztaler und Kärntner wichtig, dass ein Passus hier Eingang gefunden hat, nämlich dass natürliche und juristische Personen eine Um­weltbeschwerde erheben können, wenn sie in der Nutzung von Gewässern und Bö­den – und jetzt kommt dieser wichtige Passus – beziehungsweise in der Nutzung der Funktionen dieser Ressourcen erheblich eingeschränkt wurden. Wie Sie wissen, hat es im Jahr 2014 in Kärnten im Görtschitztal einen HCB-Skandal gegeben: Durch unsach­gemäße Verbrennung sind Emissionen ausgetreten, die in weiterer Folge zur Über­schreitung von HCB-Grenzwerten in Futter- und Lebensmitteln geführt haben. Leider haben die Wasseranalysen ergeben, dass auch da die Grenzwerte überschritten wor­den sind.

Die Untersuchungskommission hat damals festgestellt, dass es einerseits grobe Män­gel seitens der zuständigen Landesbehörden hinsichtlich der Kontrollen gegeben hat, dass es aber auch grobe Mängel bei der Arbeit der beteiligten Firmen gegeben hat. Die gerichtliche Aufarbeitung ist noch im Gange, die Schuldfrage noch nicht restlos geklärt, daher werde ich auch nicht weiter darauf eingehen. Aber es hat ein Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten aus dem Jahr 2016 gegeben, in dem einer Be­schwerde gegen die Abweisung der Umweltbeschwerde keine Folge geleistet wurde, da bislang eben das Bundes-Umwelthaftungsgesetz hier nicht angewendet werden konnte, da nicht vorgesehen war, dass Betroffenen, die in der Nutzung der Ressourcen eingeschränkt sind, dieses Recht zusteht.

Es hat eben dort die Situation gegeben, dass die Böden nicht kontaminiert waren – das ist dann nachgewiesen worden –, jedoch die Pflanzen, die daraus erwachsen sind. Das hat natürlich die Landwirte in ihrer Arbeit sehr eingeschränkt. Daher bin ich sehr froh, dass wir jetzt diesbezüglich auch eine gesetzliche Regelung haben. Ich bin aber auch sehr froh, dass das Umweltbundesamt in einem Bericht 2018 feststellen konnte, dass nunmehr wieder der Anbau von Lebensmitteln ohne Einschränkungen im Görtschitztal möglich ist und dass davon auszugehen ist, dass künftig auch keine messbaren Auf­fälligkeiten in Futter- und Lebensmitteln gegeben sein werden. Seitens des Umwelt­bundesamtes ist auch festgestellt worden, dass die zuständige Umweltlandesrätin schnellstmöglich noch ein Waldbodenmonitoring einführen muss, damit wir auch in die­sem Bereich Gewissheit haben. Das ist leider noch nicht passiert.

Genau hier hat sich gezeigt, dass Unzulänglichkeiten bei der Bescheidkontrolle der zu­ständigen Behörden gepaart mit Unzulänglichkeiten in der Handhabung im Bereich der Produktion zu einem Desaster führen und ein ganzes Tal und vor allem die Bevöl­kerung in Mitleidenschaft ziehen können. Daher bin ich, wie gesagt, sehr froh, dass dieser Passus hier implementiert wurde. Natürlich wäre es für die Betroffenen im Gört­schitztal schön gewesen, wenn es das damals bereits gegeben hätte, aber es ist wich­tig, dass es jetzt passiert.

Auf die Änderungen des Umweltinformationsgesetzes, die hier auch mitbeschlossen werden, möchte ich nicht näher eingehen, denn jeder hat seine individuellen Erfahrun­gen mit der Datenschutz-Grundverordnung, glaube ich, hinlänglich gemacht.

Ich bin froh, dass diese Bundesregierung nicht Ferien macht, wenn es darum geht, wichtige Umsetzungen für Österreich vorzunehmen. Daher werden wir diesem Gesetz selbstverständlich die Zustimmung erteilen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.15



BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 146

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Elisa­beth Köstinger. Ich erteile dieses.


17.15.37

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren im Bundesrat! Wir setzen mit der Novelle des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes die EU-Umwelthaftungsrichtlinie richtlinienkon­form um und vollziehen auch eine Anpassung, die durch einen Urteilsspruch des Euro­päischen Gerichtshofes notwendig wurde.

Zudem haben wir seit Oktober 2017 ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU-Kommission anhängig. Auch da ist es mein dringender Wunsch, dem entgegenzuwir­ken.

Mit der Novelle erfolgt auch die richtlinienkonforme Anpassung der Definition des Ge­wässerschadens und auch des Instruments der Umweltbeschwerde. Dadurch wird si­chergestellt, dass die Verursacher von erheblichen Gewässerschäden rechtzeitig Ver­meidungs- und Sanierungsmaßnahmen ergreifen. Die Umweltbeschwerde bietet zu­dem das Recht, die zuständige Behörde zum Tätigwerden aufzufordern. Wie bereits angesprochen, nehmen wir auch eine Anpassung datenschutzrechtlicher Begriffe an die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung vor.

Erlauben Sie mir auch noch einen Satz zu dem Redebeitrag von Frau Bundesrätin Dr. Dziedzic: Die Bundesregierung und vor allem ich als zuständige Ministerin haben uns zum obersten Ziel gesetzt, Versäumnisse, die zum Teil vorhanden sind, so schnell wie möglich zu beseitigen. Das ist uns gelungen. Ich habe in weniger als sechs Mona­ten das gesamte Umweltpaket in die Begutachtung geschickt. Grund war auch die Ge­burt meines Kindes, ich wollte das vorher noch erledigt wissen. Ich bin eigentlich schon davon ausgegangen, dass die Damen und Herren Abgeordneten und Bundesräte zwar sitzungsfrei haben, dass aber trotzdem auch in dieser Zeit gearbeitet wird. Ich glaube, dass vor allem die Stellungnahmen gezeigt haben, dass das auch für viele möglich war.

Ich bitte wirklich um Zustimmung, weil ich überzeugt davon bin, dass das keine Dinge sind, die ich machen muss, sondern Dinge, die ich im Sinne unseres Umweltschutzes und vor allem auch im Sinne unseres Klimaschutzes wirklich auch machen will. – Vie­len Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.17

17.17.46


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.18.1220. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (275 d.B. und 282 d.B. sowie 10032/BR d.B. und 10040/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl. – Ich bitte um den


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Bericht.


17.18.33

Berichterstatter Dr. Peter Raggl: Ich erstatte den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 6. November 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Novak. Ich erteile dieses.


17.19.24

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrat Brunner: Was ist denn los? Fleißig! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ein Multiredner!)  Zuerst war ich freundlich und jetzt bin ich Contraredner. Ich habe mich raufgearbeitet.

Wenn wir heute über das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz sprechen, dann ist das ja nicht das erste Mal, dass wir darüber diskutieren. Ich glaube, dass wir uns eigentlich grundsätzlich einig sind, dass die Maßnahmen zur Beschleunigung von Verwaltungs­verfahren grundsätzlich positiv sind, da kürzere und effizientere Verfahren für alle Ver­fahrensbeteiligten und die befassten Behörden nicht nur Zeit-, sondern auch Kosten­ersparnis bewirken. Verfahrensdauern von mehreren Jahren bei Großprojekten werden im Grunde genommen immer wieder als Negativbeispiele zitiert. Ja, solche Verfahren gibt es, sie sind aber – und das muss man wirklich betonen – keinesfalls die Regel.

Wenn die Regierung – jetzt sage ich es einfach einmal so – unter dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung die Ursachen für diese langen Verfahrensdauern bei UVP-Verfahren in der Teilnahme von Umweltorganisationen sieht, so greift das wahrschein­lich ein bisschen zu kurz. Es ist in höchstem Maße anzuzweifeln, dass darin die Schuld für die Verschleppung von Verfahren zu finden ist. Eine genaue Ursachenanalyse wäre in diesem Fall angebracht.

Dass Verfahren länger dauern, liegt häufig auch an mangelhaften Unterlagen des Pro­jektwerbers oder schlicht an der Überlastung der Behörden selbst. Das habe ich nicht nur als Bürgermeister erlebt, sondern das habe ich auch von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern bestätigt bekommen. Es gibt sicher Optimierungsmöglichkeiten in der Verfahrensabwicklung selbst, ohne dass dabei Umweltstandards geopfert werden müssten, wie es mit den derzeit geforderten Maßnahmen zu befürchten ist. Die Einfüh­rung von Hürden für die Teilnahme anerkannter Umweltorganisationen ist ein allzu durchsichtiges Manöver, um Umweltbedenken von Verfahren auszuschließen und der Wirtschaftslobby entgegenzukommen.

Wirtschaftslobby ist genau das, was ich ausdrücken wollte. Ich denke da an einen Spruch von Herrn Stronach, der einmal gesagt hat: Wer das Gold hat, macht die Re­geln. – Wenn ich mir diesen Wahlkampf oder die Wahlauseinandersetzung anschaue – von wo überall Gelder zum Beispiel bei der ÖVP hergekommen sind; im Wirtschafts­bereich Großspenden über Konzernmanager, Immobilienunternehmer und von wo auch immer –, dann frage ich mich wirklich, wem man da verpflichtet ist. (Bundesrat Schus­ter: Mit dem Silberstein war nichts? Immer auf die anderen!)

Dass Vereine, die sich für Umwelt- und Naturschutz einsetzen und sich daher an UVP-Verfahren beteiligen, künftig eine gewisse Mitgliederzahl nachweisen müssen, stellt ei-


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ne Schikane für alle dar, die sich gesellschaftlich und umweltrelevant engagieren. (Bei­fall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

Schauen wir uns die Abänderungsanträge, Initiativanträge, die Begutachtungsfristen oder die Nicht-Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern in letzter Zeit an! (Bundesrätin Zwazl: Was heißt „die Nicht-Zusammenarbeit“?) Wenn man im Umweltausschuss in der ersten Phase darüber nachgedacht hat, Adresslisten anzulegen, dann hätte ich gerne gesehen, wie zum Beispiel der Österreichische Alpenverein mit 500 000 Adres­sen angelegt wird oder die Naturfreunde mit 150 000 Mitgliedern – es seien nur zwei genannt. Dass das dann datenschutzwidrig ist, dass das europarechtswidrig ist, dass das verfassungsrechtswidrig ist, ja, das kann ich behaupten, das wäre auch nachzu­weisen.

Als dann schlussendlich dabei herausgekommen ist, dass NGOs nachweisen müssen, dass sie über 100 Mitglieder haben, und dass sie diese bei Rechtsanwälten oder Nota­ren zu nennen haben, haben wir in weiterer Folge alle gesehen, dass mindestens ein Drittel beziehungsweise die Hälfte dieser NGOs das einfach nicht zusammenbringt und da im Regen stehen gelassen wird.

Jetzt sagen Sie mir bitte: Was bringt es der Natur, wenn weniger NGOs mitreden dürfen? Das müssen Sie mir bitte beantworten! Was, glauben Sie, wird passieren? – Jene NGOs, die nicht dabei sind und keine Stellungnahme abgeben können, werden protestieren, die werden Bürgerinitiativen organisieren, die werden Demos vor Ort ver­anstalten. Das ist ja zum Beispiel von Greenpeace schon so angesprochen worden. Glauben Sie mir: Wenn sie noch so klein sind, sie lassen sich das nicht gefallen! Ein großer Teil der jetzt anerkannten Umwelt-NGOs verliert dadurch den Zugang zum UVP-Verfahren.

Auch die Einführung dieses sogenannten Standortanwalts, der das öffentliche Interes­se bei den jeweiligen Projekten unterstützen soll, ist dem massiven Wunsch der Wirt­schaftsinteressen geschuldet und sicher kein Beitrag zur Verfahrensbeschleunigung.

Da brauche ich nur auf diese Wunschliste zu schauen, die ich vorher schon angespro­chen habe: Da gehören halt die WKO, die Landwirtschaftskammer und die Industriel­lenvereinigung dazu, die jetzt, nach einem halben, dreiviertel Jahr, diese Wünsche für das, was sie dazu beigetragen haben, erfüllt haben wollen.

Ja zur Verkürzung der Verfahrensdauer, zur Verfahrensbeschleunigung, aber nicht auf Kosten der NGOs und nicht auf Kosten der Umwelt! Vielmehr braucht es eine verbes­serte und ausreichende Ausstattung der UVP-Behörden und echte Reformen im Ver­fahrensmanagement statt reiner Scheinlösungen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bun­desrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

Meine Damen und Herren, ich bringe folgenden Antrag ein:

Antrag

der BundesrätInnen Todt, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Einspruch gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird

„Die unterzeichneten Bundesräte stellen im Sinn der zitierten Gesetzesbestimmungen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (275 d.B. und 282 d.B.) einen Einspruch zu erheben.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR wie folgt begründet:


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 149

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates [...] führt auf Grund der Änderungen in den Ziffern 28 und 29 dazu, dass anerkannte Umweltorganisationen künftig aus min­destens einhundert Vereinsmitgliedern bestehen müssen und dieser Umstand alle drei Jahre bzw. auf Verlangen der UVP-Behörde gegenüber dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus glaubhaft zu machen ist. Diese Regelung bewirkt, dass die Anzahl der derzeit 57 anerkannten Umweltorganisation, die Parteistellung haben, drastisch reduziert wird. Diese Vorgangsweise steht in Widerspruch zu den Zielen der Aarhus Konvention und der UVP-Richtlinie eines weiten Zugangs der Öffentlichkeit zu Verfahren und gefährdet deren friedensstiftende Wirkung, sodass die Länder als maß­gebliche UVP-Behörden künftig mit konfliktreicheren Verfahren und somit längerer Ver­fahrensdauer zu rechnen haben.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

17.28


Vizepräsident Ewald Lindinger: Der von den BundesrätInnen Todt, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird, mit der beigege­benen Begründung Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. Ich erteile es.


17.28.42

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wo punktet Österreich, wenn es um Be­triebsansiedlung geht? – Mit einer unvergleichlichen Vielfalt an Wirtschaftsbetrieben und einem extrem soliden Mittelbau, mit hervorragend ausgebildeten Menschen, auch wenn der Nachwuchs etwas stockt, mit einem sozialen Frieden, für den wir auch in Zu­kunft eintreten sollen, und mit einer Sozialpartnerschaft, die in verschiedenen Ländern, so wie in Niederösterreich, hervorragend funktioniert und lebt, mit einer insgesamt gu­ten Infrastruktur – beim Datenhighway hapert es ein bisschen. Wir haben eine ausge­zeichnete Lebensqualität, die ihresgleichen sucht, und wir bieten ein gutes Maß an Rechtssicherheit. Einen Lohnkostenwettbewerb können wir nicht gewinnen, einen Qua­litäts- und Produktivitätswettbewerb allemal. Und wenn wir wirklich wollen, können wir bei der Verfahrensdauer Spitzenreiter werden.

Die vorliegende Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, zur UVP, bietet eine sehr gute Grundlage für dieses Ziel.

Zum einen freue ich mich über die Errichtung eines Standortanwalts. Er soll als Partei im UVP-Verfahren die öffentlichen Interessen bei der Verwirklichung eines Vorhabens wahrnehmen. Derzeit steht einem Projektwerber im UVP-Verfahren eine Vielzahl von Projektgegnern gegenüber, die genauestens aufzeigen, welche Bedenken gegen ein Vorhaben bestehen. Die öffentlichen Interessen werden im Wesentlichen ausschließ­lich hinsichtlich des Umweltschutzes wahrgenommen, die standort- und wirtschaftspoli­tischen Interessen an der Verwirklichung eines Vorhabens gehen unter.

Das wird der Standortanwalt in Zukunft ausgleichen. Der Standortanwalt ist befugt, die­se öffentlichen Interessen im Genehmigungsverfahren als Verfahrenspartei geltend zu machen. Den Investoren entstehen dadurch keine zusätzlichen Kosten.

Ein weiterer sehr wesentlicher Punkt betrifft die Projekteinreichung. Wie schaut denn heute die Vollzugspraxis aus? – Der Projektwerber muss nach Einreichung einer An-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 150

tragsunterlage oft sehr lange auf eine Bewertung und einen Mängelbehebungsauftrag der Behörde warten. Es gibt wiederholt Fälle, wo Mängelbehebungsaufträge nicht in ei­nem Vorgang erfolgen, sondern zeitlich gestaffelt und mitunter mit widersprüchlichen Vorgaben. Entsprechend der Novelle hat der Mängelbehebungsauftrag in Zukunft un­verzüglich zu erfolgen. Weiters ist eine zwischen Behörden und Projektwerber erfolgte Abstimmung über die Antragsunterlagen zu berücksichtigen.

Ein weiterer ganz wesentlicher und wichtiger Punkt ist der neue Einsendeschluss für das Vorbringen neuer Tatsachen und Beweismittel. Die Behörde kann bei Entschei­dungsreife den Schluss des Ermittlungsverfahrens verkünden, und diese Erklärung be­wirkt, dass keine neuen Tatsachen oder Beweismittel mehr vorgebracht werden kön­nen. Diese sind somit spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen oder zu er­statten.

Ich halte es auch für richtig, dass Umweltorganisationen alle drei Jahre ab Zulassung geeignete Unterlagen vorzulegen haben, aus denen hervorgeht, dass sie die Anerken­nungskriterien auch weiterhin erfüllen. Damit bleibt ihnen auch die Parteistellung im UVP-Verfahren erhalten.

Die Parteistellung ist mit vielen Rechten verbunden, die aus meiner Sicht aber nur je­mand erhalten soll, der auch zum jeweiligen Zeitpunkt dazu legitimiert ist. Auch die Re­gelung, Umweltorganisationen ab 100 Mitgliedern zum Verfahren zuzulassen, halte ich für richtig. Überlegt euch einmal: Der EuGH hat sich bereits einmal zu einer ähnlichen Regelung in Schweden geäußert, und zwar 2009 im Fall Djurgården, dass eine derar­tige Regelung sachlich gerechtfertigt sein kann. Allerdings haben sie damals 2 000 Mit­glieder vorgeschrieben, und wir sind mit 100 Mitgliedern wirklich weit darunter.

Wir haben hier eine Novelle zum Wohle unseres Standorts, zum Wohle unserer wirt­schaftlichen Zukunft vorliegen. Gleichzeitig wird damit aber auch in Zukunft dem Schutz unserer Umwelt Rechnung getragen, und das wollen wir alle, auch die Wirt­schaft. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.33


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Dr.in Ewa Dziedzic. Ich erteile dieses.


17.33.49

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Wenn man Ihnen zu­hört, bekommt man wirklich das Gefühl, Sie sind jetzt zu Umweltparteien geworden, und zwar beide Regierungsparteien. (Bundesrat Längle: Immer schon gewesen! – Wei­tere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Genau, das ist das Drama hier.

Wenn man nämlich genauer hinschaut, dann merkt man nicht nur, dass der Grüne Parlamentsklub enorm fehlt (Beifall der Bundesräte Stögmüller und Koller), sondern auch, dass hier sehr verkürzt Politik auf Kosten unserer Umwelt in Österreich gemacht wird.

Worum geht es? – Auf Antrag und mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien soll das UVP-Gesetz zum einen dahin gehend abgeändert werden, dass anerkannte Umweltorganisationen für ihr Bestehen zusätzliche Auflagen erfüllen müssen. (Ruf bei der FPÖ: Betonierer von Wien! – Bundesrat Pisec: Heumarkt!) Das ist auch mit den kleinen Änderungen, die aufgrund der Abänderungsanträge im Nationalrat vorgenom­men worden sind, noch immer der Fall.

Der Grund für diese Regelungen ist laut Ihren Aussagen wie auch beim geplanten Standort-Entwicklungsgesetz die Verfahrensbeschleunigung. Wenn Sie aber mit Kennern und mit Personen reden, die tatsächlich an diesen Verfahren beteiligt sind, dann wissen Sie und werden auch von ihnen hören, dass das eine Farce ist.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 151

Sie haben vielleicht den offenen Brief des Vereins Virus bekommen. Da steht unter Punkt 17 zum Thema Zeitgewinn bei den Verfahren Folgendes: Vier Wochen auf Kos­ten der Verfahrensparteien. Das ist somit die einzige Verfahrensbeschleunigung, die aber unverhältnismäßig ist und sich angesichts der sonst vergeudeten Zeit, insbeson­dere jahrelange Vollständigkeitsprüfungen, auch auf die Gesamtverfahrensdauer von Problemprojekten nicht relevant auswirken wird. – Zitatende.

Zum anderen wissen wir oder haben wir gehört, dass es in Österreich 57 anerkannte Umweltorganisationen gibt, wovon circa ein Drittel von den neuen Änderungen und Regelungen betroffen sein wird. Die Hälfte der genannten Umweltorganisationen ist ös­terreichweit anerkannt, die andere Hälfte ist auf regionaler Ebene aktiv und nimmt jetzt schon nicht an allen Verfahren teil. Das wird auch sehr oft als Information unterschla­gen.

Völkerrechtlich ist die diesbezügliche Regelung – bereits belegt durch die Entschei­dung des Aarhus-Komitees, auch das hatten wir heute kurz – ein rechtlicher Verstoß. Die sagen nämlich, dass die Mitgliederzahl von 100 zwar zulässig wäre, aber nur dann und nur unter der Voraussetzung, dass es nämlich auch andere Möglichkeiten der Le­gitimation gibt, was die Größe eines Vereins, einer NGO anbelangt.

Weiters gibt es auch eine Feststellung des EuGH – der EuGH war ja heute schon Thema –, und zwar neun Jahre alt – ich zitiere –: dass eine strenge Mitgliedergrenze unzulässig ist und nicht dazu führen darf, dass sie den Zielen der UVP-Richtlinie, ins­besondere dem Ziel, die gerichtliche Kontrolle der unter die Richtlinie fallenden Vor­gänge unschwer zu ermöglichen, zuwiderläuft. – Zitatende.

Der Europäische Gerichtshof betont in diesem Urteil auch, wie wichtig es ist, dass im Besonderen kleine Umweltorganisationen weiterhin einen Zugang zu den Gerichten haben. Ich muss mich schon sehr wundern, dass gerade der Bundesrat, die Länder­kammer da nicht mehr Sensibilität beweist, denn wir wissen, dass es gerade in den Bundesländern sehr viele kleine, engagierte Vereine gibt, denen man aber die Beteili­gung hiermit unmöglich macht.

Schließlich gab es auch eine große Debatte aufgrund datenschutzrechtlicher Beden­ken. Auch das werden Sie mitbekommen haben. Da ging es um die namentliche Offen­legung der Mitglieder und um Vorlage der Mitgliederlisten. Das konnte im letzten Au­genblick zum Glück noch verhindert werden, auch wenn weiterhin beispielsweise ein Notar notwendig sein wird, um zu bezeugen, dass ein Verein tatsächlich über diese Mitgliederzahl verfügt.

Was geblieben ist, ist der Verstoß gegen das Gleichheitsgebot. Stiftungen sind nämlich gegenüber Vereinen insofern im Vorteil, als sie das nicht vorbringen müssen und nicht gezwungen sind, wie alle anderen Vereine das Vorhandensein dieser Mitglieder in die­ser Form nachzuweisen.

Ich wundere mich schon immer, dass Sie sich so empören, wenn man sagt, dass Sie für die Wirtschaft Gesetze machen, weil es doch auf der Hand liegt, dass das in erster Linie Ihre Ansprechpartner sind. Es ist deshalb auch wichtig, festzuhalten, dass diese Rechtsunsicherheit, die Sie hiermit schaffen, genau diesem von Ihnen viel zitierten und beschworenen Wirtschaftsstandort erst recht schaden wird.

Das Recht auf ein faires Verfahren ist nämlich nicht nur dann gegeben, wenn Umwelt­organisationen Zugang zu Gerichten haben, sondern wenn alle in Österreich Rechts­sicherheit haben, Sicherheit darüber, dass diese Verfahren fair ablaufen, und diese Si­cherheit schaffen Sie mit diesen Änderungen keinesfalls.

Ich bin auch sehr froh über die klare Haltung der SPÖ diesbezüglich. Wir wissen, dass nach der Kundmachung durchaus auch eine Drittelbeschwerde möglich ist, und wir


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 152

werden auch in einer reduzierten Form als Grüne alles daran setzen und diese unter­stützen, damit es nicht, wie Sie es sehr wünschen, mit dieser Sitzung abgeschlossen ist und die NGOs hintangehalten werden.

Jedenfalls handelt es sich hier ganz klar um einen Versuch, die Parteienrechte und das Recht auf ein faires Verfahren zu beschränken. Ich denke, das wird nicht nur nach hin­ten losgehen, sondern wird eben auch noch ein Nachspiel haben. (Bundesrat Kru­sche: Das wird noch ein Nachspiel haben!)

Alleine der Druck auf Behörden, der nämlich jetzt durch diese Verfahrensbeschleuni­gung ausgeübt wird, die Sie glauben, damit bewirken zu können, führt lediglich dazu, dass Verfahren ohne vielleicht ganz wichtige, relevante Gutachten, die sehr oft gerade bei Großprojekten erst im Laufe der Verfahren eingeholt werden können, geschlossen werden und somit eben diese Rechtsunsicherheit umso mehr forciert wird.

Alles in allem ist das für uns natürlich eine Husch-Pfusch-Aktion samt ein paar Zu­ckerln für jene, die mehr Wert auf Profit als auf die Umwelt legen. Es tut mir wirklich leid, dass es in diesem Land, wo es in den letzten Jahrzehnten gelungen ist, sehr wich­tige Umweltkriterien zu erkämpfen, jetzt diesen Rückschlag gibt und Sie sich hier sozu­sagen wieder rückwärts bewegen und die Rechte der Umweltorganisationen beschrän­ken werden.

Wie Sie wohl wissen, Frau Ministerin, werden Sie nicht nur in den sozialen Medien, sondern vor allem auch von den Umweltorganisationen mittlerweile sehr gerne als Um­weltzerstörungsministerin bezeichnet. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Rösch: Das ist der Schwarze Block, der sich da wieder ...!) Das ist sicherlich nicht eine bloße Bösartigkeit, sondern resultiert daraus, dass es hierbei überhaupt keine Weit­sichtigkeit gibt, kein Ansinnen, wirklich alle einzubinden, die wichtig wären, sondern ei­ne einseitige Fokussierung auf den Wirtschaftsstandort. (Bundesrat Pisec: Wer arbei­tet denn mit dem Heumarktprojekt zusammen?)

Glauben Sie mir, Sie werden damit nichts gewinnen, denn ein Wirtschaftsstandort Ös­terreich kann nur dann für andere attraktiv sein, wenn wir wissen, dass hier ganz, ganz wichtige Kriterien nicht außer Acht gelassen werden, und dass wir unsere Umwelt nicht ausbeuten, sondern darauf schauen, dass es in dieser Wechselwirkung zwischen Um­welt und Wirtschaft ein gesundes Maß gibt.

Dieses Maß unterlaufen Sie mit diesen Änderungen. Sie werden dazu beitragen, dass jene Menschen, die sich im Umweltbereich engagieren, nicht schweigen, sondern sich im Gegenteil auf die Hinterfüße werden stellen müssen. (Ruf bei der FPÖ: Heumarkt! – Bundesrat Pisec: Zubetonierer der Natur!) Es wird auf jeden Fall auch noch weitere De­batten dazu im Bundesrat geben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

17.43


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile dieses.


17.43.21

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Als freiheitlicher Bundesrat begrüße ich den Beschluss des Nationalrates vom 25.10. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträg­lichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird.

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates über die Novelle des Umweltverträglich­keitsprüfungsgesetzes hat das Ziel, das Verfahren zu beschleunigen und unter Beibe­haltung ökologischer Standards das UVP-Verfahren effizienter zu gestalten. Die durch­schnittliche Verfahrensdauer eines UVP-Verfahrens beträgt 16,4 Monate. Dies gilt es in Zukunft deutlich zu reduzieren.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 153

Aufgrund der UVP-Änderungsrichtlinie werden unter anderem die Einzelfallprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht und auch die Kriterien für die Entscheidung transparenter gestaltet. Die Richtlinie fordert weiters, dass auch Unfall- und Katastrophenrisiken, der Klimaschutz und vor allem auch Klimawandelfolgen sowie die fortschreitende Flächen­inanspruchnahme, wo dies relevant ist, bei der UVP zukünftig berücksichtigt werden.

Vermehrt genutzt werden sollte auch die Möglichkeit von Vorverfahren, um frühzeitig die UVP-relevanten Themenstellungen aufzubereiten. Sowohl für die Projektwerber und die Behörde als auch für die Öffentlichkeit ist es wichtig, dass das Vorlegen unnötiger Unterlagen vermieden wird und eine Konzentration auf die wesentlichen Umweltaus­wirkungen stattfindet. Bei Vorhaben mit erheblichen negativen Umweltauswirkungen müssen Projektwerber die UVP-Pflicht sicherstellen und Maßnahmen zur Schadens­vermeidung vorlegen.

Zu der immer wieder auftauchenden Kritik vonseiten der SPÖ und der Grünen möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass anscheinend vergessen wird, dass den NGOs in Umweltverfahren in Österreich noch nie so weite Rechte zugestanden wurden, wie das jetzt durch dieses Gesetzespaket passiert. (Heiterkeit bei der SPÖ sowie der Bun­desrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

Das Umweltpaket ist damit ein wesentlicher Fortschritt, was die Mitwirkungsrechte be­trifft. Nach über zehn Jahren wird der Zugang zu den Gerichten in Umweltverfahren, konkret in den Bereichen Luft, Wasser und Abfall, gemäß der Aarhuskonvention umge­setzt. Das war auch eine jahrelange Forderung der Umweltorganisationen.

Österreich gibt im Jahr für Umwelt- und Klimaschutz circa 700 Millionen Euro aus. Wir stehen an der Spitze der europäischen Bewegung für Umwelt- und Klimaschutz und gegen die Nutzung von Atomkraft. Dass eine Organisation die eigene Legitimierung durch eine Mindestzahl an Mitgliedern nachweisen soll, die Namen und Personendaten aber zu keinem Zeitpunkt im Besitz der Behörde sein werden, sondern der Behörde durch einen Notar, Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer nachzuweisen sind, entspricht einer Empfehlung des Gutachtens der NGOs.

Durch die Befristung einer Anerkennung von Umweltorganisationen auf drei Jahre und die Mindestmitgliederzahl von 100 Mitgliedern unterstreicht diese Novelle die Wert­schätzung und die Wichtigkeit wirklicher, echter Umweltorganisationen, die jahrelang schon beste Dienste für die Umwelt versehen.

Wenn wir uns die UVP-Verfahren der Vergangenheit anschauen, dann sehen wir, dass zum Beispiel das Verfahren um einen Golfplatz im Zillertal fünf Jahre gedauert hat. Da­für freuen sich Tausende Fische, es freuen sich die Enten, die im Rinnsal zum Golf­platz schwimmen – Verfahrenskosten von 500 000 Euro.

Das längste Verfahren – das war in Tirol – hat gar 66 Monate gedauert. Das sind fünf­einhalb Jahre, nämlich für das Kraftwerk Sellrain-Silz, das mit Bescheid Ende des Jah­res 2016 genehmigt worden ist. Wenn man aus Altholz einen Dieselersatzkraftstoff her­stellen will, wird man, wie ich am eigenen Leib erfahren habe, über eineinhalb Jahre behindert.

Zu den Grünen: Wir Freiheitliche sprechen nicht immer nur von Umweltschutz, sondern wir setzen das selber um. Das ist der Unterschied. (Beifall bei der FPÖ und bei Bun­desrätInnen der ÖVP.)

Da die Änderung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 wiederum im Zei­chen der Verwaltungsvereinfachung, der Harmonisierung mit internationalen Vorschrif­ten und im Zeichen der Beibehaltung unserer hohen österreichischen ökologischen


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 154

Standards steht, werden wir Freiheitliche natürlich keinen Einspruch gegen den Be­schluss des Nationalrates erheben. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

17.47


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.


17.47.46

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Ich meine, wir haben ja gemeinsam bei Podiumsdiskussionen im EU-Wahlkampf einige Boshaftigkeiten aushalten müssen. (Zwischenruf des Bundesra­tes Brunner.) – Magnus, zu dir komme ich gleich. (Ruf: Ist das eine Drohung?)

Eines muss ich schon sagen: Dieser bestellte Abänderungsantrag ist eine Boshaftigkeit der Sonderklasse. Es muss ja ein Schenkelklopfen gewesen sein in bestimmten Kam­mern, Landwirtschaftskammer, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, dass man diesen Abänderungsantrag zuerst in einer Weise gemacht hat, zu der jeder Verfas­sungsrechtler sagt, das geht ja nicht. Das Verarbeiten von personenbezogenen Da­ten – und wir haben ja erst eine Datenschutzrichtlinie beschlossen –, um eine politi­sche Meinung ersichtlich zu haben, ist strengstens verboten. Jetzt hat man das in letz­ter Sekunde abgeändert, damit das noch halbwegs hineingeht. (Zwischenruf des Bun­desrates Bader.)

Aber, Magnus Brunner, vielleicht könntest du deine Fraktion und die Frau Bundesmi­nisterin über das Verfahren Stadttunnel Feldkirch aufklären. (Bundesrat Brunner: Ger­ne!) Da wurde nämlich der Bürgerinitiative der Zugang zum Gericht verwehrt, und am 27.9.2018 ist nun ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gekommen, dass diese Diskussion vielleicht zur Makulatur macht. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Der Verwaltungsgerichtshof hält in seinem Erkenntnis nämlich fest, dass eine Bürger­initiative nach § 19 Abs. 4 UVP-G 2000 einen Zusammenschluss natürlicher Personen mit einer örtlichen Nahebeziehung darstellt, daher ist eine Bürgerinitiative „als Teil der [...] Öf­fentlichkeit“ zu sehen. Damit ist sie jedenfalls verfahrensberechtigt. Das heißt, geht man nach diesem Erkenntnis vor, ist das, was hier intendiert wurde, letztlich unanwendbar. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was ich aber überhaupt nicht verstehe, ist, dass man Bürgerinitiativen, die ja zum Teil auch der ÖVP zum Beispiel nahestehen, so unfreundlich, so bösartig begegnen muss. Jetzt denke ich an das Kuratorium Wald oder an den Alpenverein oder an den WWF. Der WWF hält fest, diese Änderung des UVP-Gesetzes ist „demokratiefeindlich, rechts­widrig und verstößt gegen den Datenschutz [...].“ – Dabei ist der WWF alles andere als eine linke Speerspitze der Gesellschaft. (Bundesrat Brunner: Um das geht’s ja nicht!)

Ich habe auch bei Frau Wagners Aarhus-Rede zugehört. Da ist mir vorgekommen, für Sie sind Bürgerinitiativen oder NGOs so etwas wie Aliens oder Außerirdische. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Zwazl.) Das sind vielleicht die Nichten oder Neffen oder Cou­sins oder die Nachbarn. (Bundesrat Stögmüller: Die Kinder meistens!) – Aber geh, Kinder! Kinder mit 40, Kinder mit 50? Gerhard Heilingbrunner ist kein Kind, sondern ein ziemlich erwachsener Mensch. Das heißt, es sind einfach ganz normale Menschen, die besorgt sind, die ganz viel Zeit damit verbringen, für unsere Kinder, für die Nachwelt eine saubere, lebenswerte Umwelt zu erhalten, für das einzutreten, was ein Kollege hier heute ein bisschen lächerlich gemacht hat, indem er sich für Umweltschutz mit Hausverstand und Augenmaß ausgesprochen hat. Das heißt nämlich nichts, gar nichts.

Genau da sind aber diese jungen Menschen sehr sensibilisiert. Was wir brauchen, sind ja junge Menschen, die Visionen haben, die Engagement an den Tag legen. Deswegen


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 155

verstehe ich es nicht, dass man da so unfreundlich daherkommt. Die zivilgesellschaft­liche Beteiligung ist ein Wert an sich.

Ich bin als erster Österreicher 2014 zum Vorsitzenden des Monitoring-Ausschusses der Parlamentarischen Versammlung des Europarates gewählt worden. Wenn wir heu­te ein Land screenen beziehungsweise monitoren in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit, De­mokratieentwicklung und Menschenrechte, gibt es da immer einen wichtigen Punkt: Wie geht dieser Staat mit NGOs und mit Bürgerinitiativen um?

Interessanterweise haben alle postsowjetischen Staaten, die ja einen Wandel hin zu einer Demokratie durchmachen, das Problem, das sie nicht mit NGOs umgehen kön­nen. Diese Staaten hätten am liebsten die entsprechenden Namen und Adressen, da­mit sie repressiv vorgehen können, damit sie die NGOs behindern können. Und Ent­schuldigung, wenn ich heute Adressen von Menschen nach politischer Meinung samm­le, dann bin ich nicht mehr sehr weit davon entfernt; und wenn ich dann noch Gesetze mache, mit denen ich die NGOs zu speziellen Steuern oder was auch immer zwinge, dann komme ich dieser Politik schon sehr, sehr nahe. Dann wird meistens im Rahmen des Monitorings ein Verfahren eingeleitet, das unter Umständen zehn Jahre dauern kann.

Nachdem ich gehört habe, was Sie, Frau Zwazl, zum Thema Mängelbehebungsauftrag gesagt haben, muss ich sagen: Warum reden Sie nicht mit Ihrer Ministerin und sagen ihr, die UVP-Behörde gehört personell und fachlich ordentlich ausgestattet, damit man auf diese Mängelbehebungsaufträge nicht so lange warten muss? Warum kann man keine effiziente Verfahrensvorbereitung und -begleitung organisieren? Warum macht man nicht vorher eine strategische Umweltprüfung, damit die darauf folgende UVP ef­fizient und schneller ist?

Warum kann man zum Beispiel die zu berücksichtigenden Schutzgüter bei Materien­gesetzen nicht vorher definieren? Warum macht man keine Reform des Verfahrensma­nagements und keine verbindliche Planungskoordination? Dann erreicht man das alles, ohne in einer Gesellschaft etwas anzuzünden, ohne dass man Menschen dermaßen vor den Kopf stößt, wie das mit diesem bestellten und wirklich fragwürdigen Abände­rungsantrag hier geschehen ist.

Damit wird nämlich Parteistellung erschwert, Parteien, NGOs und Bürgerinitiativen wer­den damit in ein Eck gestellt, wo sie nicht stehen sollen. In einer Gesellschaft, wo wir immer wieder sagen: Hey, junge Menschen oder überhaupt Menschen, beteiligt euch am gesellschaftlichen Miteinander, seid interessiert an dem, was passiert, zieht euch nicht zurück!, wird genau dagegen vorgegangen.

Ich muss ehrlich sagen, Frau Bundesminister, ich hätte nicht erwartet, dass man sich so eine Boshaftigkeit bestellt. Ich bleibe bei dem Wort, das ist nur eine Boshaftigkeit. Ich nehme aber an, dass am Ende zu diesem Gesetz noch unterschiedliche Begutach­tungen notwendig sein werden, und möglicherweise wird es in dieser Form gar nicht zur Anwendung kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

17.55


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Martin Preineder. – Bitte.


17.55.43

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Es war ein Landwirtschaftsminister und ein Vizekanzler, der in diesen Tagen seinen 80. Geburts­tag gefeiert hat, der die Idee und die Philosophie der ökosozialen Marktwirtschaft kre-


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iert hat. (Bundesrat Schennach: ... meilenweit entfernt!) – Bitte zuhören! – Und genau in dieser Zeit, Kollege Schennach, ist diese Umweltverträglichkeitsprüfung installiert worden, nämlich als klares Signal, dass Ökonomie, Ökologie und soziale Aspekte gleichwertig sind und dass die Interessen der Umwelt gesetzlich entsprechend vertre­ten werden.

Heute diskutieren wir über eine Anpassung dieses Umweltverträglichkeitsprüfungsver­fahrens, nämlich dass es transparenter wird und dass es vor allem rascher abgewickelt werden kann, weil immer wieder Mängel aufgezeigt wurden. Es wurde auch insofern erweitert, als das Thema Klimawandel, eines der bedeutendsten unserer Zeit, und auch das Thema Bodenverbrauch impliziert wurde.

Ich möchte mich aber mit dem eigentlichen Diskussionsthema beschäftigen, nämlich: Wie geht es mit den Umweltorganisationen weiter, die da nicht zugelassen sind oder die man schlecht behandelt? Meine ersten politischen Schritte habe ich in einer über­parteilichen Jugendorganisation, der Landjugend, gemacht. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Die hatte 11 000 Mitglieder. Sie können gerne lachen, aber es ist so. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich eine große NGO-Or­ganisation leite.

Wenn wir den Vergleich – und die Diskussion ist heute gekommen – mit den Interes­senvertretungen, mit den Kammern anstellen, so haben die Kammern klare Mitglie­derlisten, und diese Listen sind offen. Die Kammern werden vom Rechnungshof ge­prüft, da wird gewählt, und der Entscheidungsfindungsprozess ist transparent. Auch das wünschen wir - - (Bundesrat Schennach: Aber sie haben Interessen, nicht?) Auch NGOs haben Interessen. Na hoffentlich haben sie Interessen. Wer keine Interessen hat, ist irgendwie interessenlos, könnte auch langweilig werden. Also auch NGOs ha­ben Interessen, und das ist legitim und gut so.

Ich durfte an einer Umweltratssitzung teilnehmen, dort, wo die NGOs im Parlament verankert sind, um genau die Umsetzung dieser UVP-Richtlinie zu kontrollieren. Dort habe ich zum ersten Mal erlebt, dass es da ein Raunen gibt, wenn hier eine Mitglie­derzahl festgelegt wird, die für die Anerkennung dieser NGOs, dieser Umweltorganisa­tionen notwendig ist. Ich habe mir gedacht, das werden 100 000 oder 200 000 sein. Österreichweite Organisationen, die im Umweltbereich tätig sind, müssen ja irre viele Mitglieder haben, die sind ja sehr aktiv und sehr transparent. Dann bin ich draufgekom­men, es geht um 100 Mitglieder, die es darzustellen gilt. Da habe ich mir gedacht, 100 Mitglieder hat bei uns der Tennisverein.

Das kann also in Wirklichkeit nicht die Hürde sein. Es kann durchaus die Hürde sein, wenn man sich die Statuten dieser Vereine durchliest und dann draufkommt, dass nur die Beschäftigten dort Mitglied sein dürfen, und das hat natürlich eine etwas schräge Optik.

Ich möchte mich hier aber nicht selbst stark exponieren, sondern darf jemanden zitie­ren, der in diesem Bereich durchaus anerkannt ist, auch von mir sehr anerkannt ist, und zwar Gerhard Heilingbrunner, ehemaliger Chef des Umweltdachverbandes. Er wird in der Online-Ausgabe des „Standard“ wie folgt zitiert:

„,Das Wichtigste, was NGOs haben, ist ihre uneingeschränkte Glaubwürdigkeit in wei­ten Teilen der Bevölkerung, das sollte auch die Regierung anerkennen‘, fordert der NGO-Vertreter – und sagt gleichzeitig, dass es bei der Glaubwürdigkeit weniger auf die einzelnen Mitglieder als auf die Transparenz von Entscheidungen und Finanzierungen ankomme.“ (Präsidentin Posch-Gruska übernimmt den Vorsitz.)

Und weiter: „Was für die Politik gilt, sollte auch für NGOs gelten: Alle Spenden an NGOs, ihre Stiftungen oder Tochterorganisationen, die 3500 Euro“ – trifft uns alle –


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„übersteigen, sind unter Angabe des Namens und Anschrift des Spenders öffentlich am Ende des Kalenderjahres auszuweisen. NGOs fordern zu Recht von der Politik und Wirtschaft absolute Transparenz. Eine vollständige Offenlegung der NGO-Finanzierung ist daher im Kampf gegen falsche Anschuldigungen ein wichtiges Instrument.“ (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

„So könne auch dem Verdacht entgegengetreten werden, dass sich manche Groß­spender oder Kooperationspartner von Umweltorganisationen quasi ,freikaufen‘ kön­nen, weil sie als Partner von öffentlicher Kritik ausgenommen würden. Ohne einzelne Organisationen zu nennen, spricht Heilingbrunner von einer ,versteckten Lobbyingtä­tigkeit‘, wenn etwa eine NGO mit einem Lebensmittelkonzern zusammenarbeitet.“

„Zur Transparenz gehöre auch die Offenlegung des Willensbildungsprozesses: Warum engagiert man sich für oder gegen ein bestimmtes Projekt, und warum lässt man ein anderes links liegen? Und: Wer wählt eigentlich die Repräsentanten der jeweiligen Or­ganisation? In Parteien und in mitgliederstarken Vereinen wie Naturschutzbund, Alpen­verein oder Naturfreunden erfolgen Wahlen über Sektionen oder Ortsgruppen – analog sollten kleinere Vereine ihre interne Willensbildung offenlegen, um den Verdacht zu entkräften, dass wirtschaftliche Interessen unter dem Tarnmantel einer NGO vertreten werden.“ – So Gerhard Heilingbrunner!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.01


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat David Stögmüller. – Bitte. (Bundesrat Krusche: Es bleibt dir nichts erspart!)


18.01.58

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zu­schauer auf der Galerie! Heute ist wieder einmal ein ganz dunkler Tag, wenn es um Umweltschutz und auch um die Demokratie in Österreich geht. (Bundesrat Samt: Draußen ist es schon dunkel! Es ist Winterzeit!) Das muss man hier im Bundesrat ganz klar feststellen. Auch wenn diesem Gesetz im Nationalrat sehr wohl einige Giftzähne gezogen worden sind, täuscht es nicht darüber hinweg, dass es dadurch einen mas­siven Rückschritt im Bereich Mitspracherecht für Umweltorganisationen und für die Umwelt insgesamt geben wird. Das ist ein Faktum.

Es werden über zwei Drittel der Vereine nicht mehr am UVP-Verfahren teilnehmen können, zwei Drittel der Vereine! – Ganz ehrlich, Frau Ministerin, ich verstehe es nicht! Sie als Umweltministerin und Nachhaltigkeitsministerin sollten eigentlich auf der Seite der Umweltorganisationen, der Umwelt, der NGOs stehen und nicht auf der Seite von irgendwelchen Wirtschaftstreibenden und der Wirtschaft. Sie sollten die Vertreterin, das Sprachrohr der Umweltorganisationen sein. Sie helfen ja der Wirtschaft nicht ein­mal damit, wenn Sie es unbedingt wollen. Es hat doch keinen Einfluss, wie viele NGOs da mitsprechen oder mitsprechen können. Mit dem Inkrafttreten dieser Novelle werden für die Wirtschaft sogar noch neue Rechtsunsicherheiten hinzukommen. Das ist ja nicht einmal abgeklärt.

Vielleicht wird mir die offenbar neue Umweltsprecherin der ÖVP oder WK-Präsidentin Sonja in diesem Fall auch noch recht geben, es wird nicht einfacher werden, weil da einfach Rechtsunsicherheiten dazukommen.

Auch der Standortanwalt – den hast du angesprochen, Sonja –, den Sie von der Wirt­schaftskammer auch noch zitiert bekommen haben, dass Sie ihn ja reinschreiben, wird von unseren Bundesländern, von denen wir entsandt worden sind, massiv hinterfragt


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 158

und auch abgelehnt. Er ist nicht vorteilhaft, sondern wird von den Bundesländern hin­terfragt und abgelehnt.

Frau Ministerin, es ist wirklich eine Schande, wenn die Regierung meint, gründliche Überprüfungen mit der Möglichkeit eines Einspruchs für Projekte dauerten zu lange und das Beteiligungsrecht störe und sei nervig. Es ist wirklich eine wahnsinnige Frech­heit gegenüber den Umweltorganisationen und der Umwelt allgemein. Es zeigt auch, auf welcher Seite die Regierung steht, das ist ganz klar. Ich will Sie nicht verurteilen dafür, Sie sind gewählt worden, aber diese Regierung steht nicht auf der Seite der Um­welt und der Menschen, sondern auf der Seite der Wirtschaft und der Großkonzerne. (Bundesrat Pisec: Wien: Heumarkt! Karlsplatz! AKH!) Und denen ist es nur recht, wenn die störenden NGOs und die Umweltschützer ruhig sind und ja nichts dazu sa­gen oder mundtot gemacht werden können. – Das ist Faktum, und auf dieser Seite ste­hen Sie! (Bundesrat Samt: Tag der Scheinheiligkeit ist heute!)

Ich garantiere Ihnen, Frau Ministerin – das ist ganz klar –, die NGOs, die Zivilgesell­schaft, die Umweltschützerinnen und Umweltschützer, die jungen Menschen, die sich da draußen in den NGOs engagieren, werden sich das nicht gefallen lassen! (Ruf bei der FPÖ: Die Zerstörer von Wien!) Ganz ehrlich, Frau Ministerin, damit haben Sie sich als Umweltministerin mehr als disqualifiziert, das ist ganz klar! (Bundesrat Samt: ... ist eine Frechheit!) – Da brauchen Sie nicht von Frechheit zu sprechen, es ist so. Wenn ich als Umweltministerin alle NGOs gegen mich aufbringe und nicht auf meine Seite bringe, dann habe ich als Umweltministerin versagt. Das hat nicht einmal Rupprechter geschafft, und das will schon was heißen.

Sie wollen – das muss man schon sagen – bis 2050, wie im Klimaschutzabkommen von Paris vorgesehen, die vollständige Dekarbonisierung schaffen. Wie schaffen Sie das? – Sie verspielen die Zukunft der kommenden Generationen. Das ist Faktum! (Bun­desrat Pisec: Bürgerinitiativen in Wien! Heumarkt! Was macht ihr mit denen?) Und – ich sage das auch bewusst als ein Vertreter der jüngeren Generation – Sie verspielen damit auch unsere Zukunft! Wir sind die letzte Generation, die die Klimakatastrophe noch irgendwie stoppen kann, aber das, Frau Ministerin, vernichten Sie scheibchen­weise!

Wir werden den Einspruch der SPÖ – vielen Dank dafür – natürlich unterstützen. – Vie­len Dank. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

18.06


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Josef Ofner. – Bitte.


18.06.38

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer hier auf der Galerie und via Livestream! Wenn wir uns die Debatte zu diesem UVP-Gesetz ver­gegenwärtigen, dann zeigt sich wieder einmal wirklich dieses kontroversielle Bild der Zugänge im Bereich von Umwelt- und Wirtschaftspolitik. Während die Bundesregierung und die Frau Ministerin ein zukunftsweisendes UVP-Gesetz machen, ein gesamtes, zu­kunftsweisendes Umweltpaket präsentieren und auch die notwendigen Änderungen vornehmen, zeigt die Opposition, dass Umwelt- und Wirtschaftspolitik nur auf Verhin­derungspolitik, auf gegenseitiges Ausspielen und auf Wirtschaftsfeindlichkeit ausge­richtet sind. Das ist aber offenbar für SPÖ und Grüne die Notwendigkeit, um das letzte politische Kleingeld verdienen zu können. Die SPÖ hat anscheinend auch keine Inhalte mehr, und das ist jetzt die neue strategische Ausrichtung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ja, diese Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, eine Effizienzsteigerung bei UVP-Verfahren zu erreichen. Das ist auch gut und richtig so, ebenfalls, dass bei den


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 159

Einzelfallprüfungen in Bezug auf die Feststellung zur UVP-Pflicht die Kriterien transpa­renter gestaltet werden. Es ist auch begrüßenswert, dass bei der Umweltverträglich­keitserklärung Auswirkungen des Klimawandels, die Ressourceneffizienz hinsichtlich der Bodenversiegelung, aber auch die Katastrophenrisken berücksichtigt werden.

Der wesentlichste Punkt ist aber vor allem, dass es einmal zu einer Beschleunigung der bürokratischen Abhandlung im Einklang mit der Ökologie kommt. Das ist wirklich einer der wesentlichsten Punkte, denn wie ist es vertretbar, dass ein Projektwerber – so wie auch bei uns in Kärnten – über 14 Jahre ein UVP-Verfahren laufen hat, wäh­renddessen er nebenher Hunderte Arbeitsplätze absichert, zudem nur das Ziel hat, zu expandieren, zu modernisieren und damit neue Arbeitsplätze zu schaffen? – Eine so lange Zeitspanne ist nicht nur unverantwortlich, sondern ist zudem mit immens hohen Kosten verbunden. Das bringt wirklich niemandem etwas, weder dem Projektwerber noch den Anrainern noch den Bürgerinitiativen und auch nicht den beteiligten Umwelt­organisationen.

Im Zuge eines Gesprächs mit einem Projektwerber hat mir dieser gesagt, dass er viele Verfahren gemacht hat, auch ein UVP-Verfahren, das gerade fertiggestellt worden ist, und dass der Bürokratismus nirgendwo so hoch ist wie in Österreich. Nirgendwo in Eu­ropa ist er so hoch wie in Österreich! (Bundesrätin Mühlwerth: In Deutschland, glaube ich!) Was wird in Österreich gemacht? – Hier kommen zehn Leute zusammen und zehn Leute erklären dir, was alles schwierig werden wird und warum es wahrscheinlich nicht gehen wird. Im Rest von Europa – und Entschuldigung, die haben ja auch Euro­parichtlinien und Umweltauflagen – geht es. Dort kommen zehn zusammen und er­klären, wofür sie zuständig sind und wie sie helfen können, um dieses Projekt umzu­setzen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn wir ein attraktiver Wirtschaftsstandort sein wollen, dann wird es eben auch wichtig sein, dass es einerseits Kriterien gibt, die den Schutz der Umwelt bei der Umsetzung von Projekten gewährleisten, aber ebenso wichtig ist es, dass es einen absehbaren Zeithorizont gibt, bis zu dem eine Entschei­dung darüber fällt, ob es zur Umsetzung kommen kann oder nicht.

Wenn von Ihnen, geschätzte Damen und Herren, liebe Opposition, immer der Einwand kommt, dass man nunmehr die NGOs und die Umweltorganisationen aushebeln und die Parteienrechte schmälern würde, dann ist das wiederum ganz klare Panikmache unter Vorspiegelung falscher Tatsachen.

Übrigens, Herr Kollege von den GrünInnen (Heiterkeit bei der FPÖ – Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller), das ist eine Schande, dass Sie immer die Leute gegen­einander ausspielen, denn es gibt – und das hat auch Kollege Schennach nicht ge­sagt – einen leichten Unterschied zwischen Bürgerinitiativen und anerkannten Umwelt­organisationen. Das kann man nicht immer vermischen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Auch im Gesetz ist ganz klar geregelt, wer Parteienstellung hat, und Entschuldigung, aber einer anerkannten Umweltorganisation wird es zumutbar sein, alle paar Jahre ei­nen glaubhaften Nachweis zu erbringen, dass sie 100 Mitglieder hat.

Und eines sage ich hier auch ganz offen: Mit diesem Beschluss wird auch dem der Riegel vorgeschoben, dass zwei bis drei Berufsverhinderer sich zu einer Organisation zusammenschließen und versuchen, jedes Wirtschaftsprojekt zu verhindern und zu tor­pedieren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Samt: Richtig!)

Liebe Kollegin von den Grünen, also Ihre Aufregung verstehe ich nicht, denn Sie gehö­ren ja ohnehin nicht zu diesen 57 Umweltorganisationen – ich habe Ihnen ohnehin schon gesagt, wie viel Sie von Umweltpolitik verstehen –, ich weiß nicht, wovor Sie Angst haben. (Bundesrat Köck: Die haben keine 100 Mitglieder!) Ich würde es verste-


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 160

hen, wenn Sie dazugehören würden, denn dass es für die Grünen derzeit vielleicht schwer ist, 100 Mitglieder glaubhaft zu machen, das mag schon sein (Heiterkeit und Beifall bei FPÖ und ÖVP – Bundesrat Stögmüller: Das sieht man ja in Deutschland!), aber Sie betrifft es nicht, daher brauchen Sie sich in diese Richtung keine Sorgen zu machen.

In diesem Sinne, geschätzte Bundesregierung, aber vor allem liebe Frau Ministerin, darf man Ihnen zu diesem zukunftsweisenden und transparenten Umweltpaket gratu­lieren. Österreich beschreitet damit einen erfolgreichen Weg für eine erfolgreiche Um­weltpolitik. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.12


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ministerin Köstinger. – Bitte.


18.12.38

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Die Novel­le des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes ist Teil des Umweltpakets, das ich vor­gelegt habe, und es ist das oberste Ziel, vor allem eben auch die Verfahrenseffizienz zu steigern. Es ist uns mit der Änderung auch gelungen, Entscheidungen transparenter zu gestalten und vor allem eben auch klare Kriterien festzulegen.

Es ist heute schon mehrmals angesprochen worden, dass wir die Unfall- und Katastro­phenrisiken aufgenommen haben, vor allem aber auch das Thema Klimaschutz veran­kern und dementsprechend auch die Klimawandelfolgen und – auch ein sehr wichtiges Thema, wenn es um das Thema Klimaschutz geht – die Flächeninanspruchnahme be­rücksichtigen werden.

Wir setzen mit der UVP-Novelle vor allem auch Punkte aus dem Regierungsprogramm um; beispielsweise die Zuständigkeitsregelung für Feststellungsverfahren bei Vorha­ben, die sich über die Bundesländergrenzen erstrecken – da gab es bisher noch keine klaren Regelungen –, auch das Vorbringen von neuen Tatsachen und Beweismitteln bis spätestens in der mündlichen Verhandlung, eine schnellere Wirkung des Schlusses des Ermittlungsverfahrens, auch das wird massiv zur Verfahrenseffizienz beitragen. Wir bieten die Möglichkeit der Einrichtung eines Standortanwalts. Ich möchte hier aus­drücklich darauf hinweisen, dass es eine Möglichkeit ist, aber kein Muss. Das heißt, wenn es nicht als notwendig erachtet wird, wird dieser Standortanwalt auch nicht ein­gerichtet.

Die Möglichkeit von Vorverfahren – auch das ist ein sehr wichtiger neuer Punkt – sollte vermehrt genutzt werden, um eben auch frühzeitig die UVP-relevanten Themenstel­lungen aufzubereiten. Für Projektwerber, Behörden und eben auch die Öffentlichkeit ist es sehr wichtig, dass unnötige Unterlagen vermieden werden und dass man sich wirk­lich auch auf die wesentlichen Umweltauswirkungen konzentrieren kann.

Die ökologischen Standards beizubehalten ist unser oberstes Ziel. Ich sage Ihnen das vor allem als Umwelt- und Klimaschutzministerin, aber auch als jene, die dafür zu­ständig ist, dass uns die Energiewende in diesem Land gelingen wird. Wir haben das sehr ambitionierte Ziel, bis zum Jahr 2030 in Österreich Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu produzieren. Ich sage Ihnen das auch als zuständige Land­wirtschaftsministerin: Nirgendwo ist es wichtiger, im Einklang mit der Umwelt und der Natur wirtschaften zu können, als in der Landwirtschaft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Nicht zuletzt bin ich in diesem Land für den Tourismus zuständig. Wenn Sie sich an­schauen, warum Millionen von Gästen ihren Urlaub in Österreich verbringen, dann kön­nen Sie sagen, Grund dafür ist zu allererst auch unsere hervorragende Umwelt, die Wasserqualität und die reine Luft.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 161

Zum Abänderungsantrag, der auch schon mehrmals angesprochen worden ist, der von den Abgeordneten und vor allem auch den Umweltsprechern der Regierungsparteien eingebracht worden ist, möchte ich Folgendes festhalten:

Es war ein Wunsch des Parlaments und der Abgeordneten der Regierungsparteien, dass Organisationen eine Legitimation durch eine Mindestzahl von Mitgliedern nach­weisen müssen. Sie wissen, und wir haben es heute auch mehrmals diskutiert, dass durch dieses Umweltpaket erstmals umfassende Mitwirkungsrechte in Verfahren auch für Nichtregierungsorganisationen sichergestellt werden. Mir war es wirklich auch sehr wichtig, dass es hier noch Gespräche zwischen den Umweltsprechern der Regierungs­parteien und den entsprechenden NGOs gibt. Dabei wurden vor allem auch daten­schutzrechtliche Bedenken der Umweltorganisationen aufgegriffen und mit dem ent­sprechenden Abänderungsantrag, mit Anpassungen im Plenum beschlossen.

Mit diesen Anpassungen wird vor allem sichergestellt, dass personenbezogene Daten zu keinem Zeitpunkt an die Behörde übermittelt werden und dass Umweltorganisa­tionen auch andere Wege offenstehen, um die Mindestanzahl an Mitgliedern nachzu­weisen, beispielsweise durch Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Anwälte. Ich glaube, speziell einschlägig bekannte Umweltorganisationen verfügen da über ein breites Portfolio; diese können das in welcher Art und Weise auch immer der Behörde glaubhaft machen.

Ich weiß, dass es schwerfällt, aber ich darf Sie trotzdem bitten, dass wir hier eine sach­liche Debatte über das Thema führen. Wer Rechte hat, muss auch ein Mindestmaß an Pflichten erfüllen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Herr Bundesrat Schennach, ich möchte Ihnen nicht unterstellen, dass Sie bewusst die Unwahrheit sagen. Was Anrainer und was vor allem auch Bürgerinitiativen betrifft, die Sie mehrmals angesprochen haben: Diese haben automatisch Parteistellung in einem Verfahren. Jeder, der unmittelbar betroffen ist, hat das Recht, seine Meinung kundzu­machen. Wenn Sie das damit verwechseln, dass sich NGOs gründen, oft ohne wirklich einen Bezug zu einem Projekt zu haben, dann ist das ein sehr großer Unterschied. Ich würde Sie wirklich bitten, dass Sie bei der Wahrheit bleiben, dass Sie hier öffentlich all das ansprechen, was wirklich die Tatsachen sind. Anrainer, Bürgerinitiativen haben automatisch ein Parteienrecht und werden eben auch in die Verfahren miteinbezogen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Bitte, noch einmal: Wir haben heute über ein sehr großes Paket diskutiert, in dem vie­les aufgearbeitet worden ist, was in der Vergangenheit nicht umgesetzt wurde. Dieses Umweltpaket ist ein wesentlicher Fortschritt, was Mitwirkungsrechte betrifft. Es gibt jetzt eben die Möglichkeit, wirklich auch an den Verfahren teilzunehmen. Der Zugang zu den Gerichten in Umweltverfahren, konkret eben im Bereich Wasser, Luft und Ab­fall, wird gemäß der Aarhuskonvention nach über zehn Jahren endlich umgesetzt. Das war auch eine jahrelange Forderung der Umweltorganisationen.

Mein Ziel ist es, unseren Kindern diese Welt besser zu übergeben, als wir sie vorge­funden haben. Das werden wir in den nächsten Jahren gemeinsam in dieser Regierung vor allem im Bereich Umweltschutz und Klimaschutz zeigen. Die Erreichung der Klima­schutzziele und die Eindämmung des Klimawandels ist unser größtes Ziel. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.19

18.19.04


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 162

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen vor, ge­gen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird, mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Ausschussantrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesrätinnen und Bundesräten gestellt wurde, ist ge­mäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor. (Bundesrat Schuster: Da kommt sicher ganz was anderes he­raus!)

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ – kein Ein­spruch – oder „Nein“ – Einspruch.

Ich ersuche nun die Schriftführung um den Aufruf der Bundesrätinnen und Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge und bitte um eine deutliche Äußerung.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Hackl geben die BundesrätInnen ihr Stimm­verhalten mündlich bekannt.)

*****


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung kurz zur Auszählung der Stimmen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.25 Uhr unterbrochen und um 18.27 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Auf den Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben, entfallen bei 60 abgegebenen Stimmen 37 „Ja“-Stimmen und 23 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag ist somit angenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesräte:

Aschenbrenner;

Bader, Bernard, Brunner, Buchmann;


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 163

Ecker, Eder-Gitschthaler, Ess;

Forstner, Froschauer;

Gfrerer;

Hackl;

Kern, Köck, Krusche;

Längle;

Mattersberger, Mühlwerth;

Neurauter;

Ofner;

Pisec, Preineder;

Raggl, Raml, Rösch;

Samt, Schererbauer, Schuster, Seeber, Spanring, Sperl, Steiner, Steiner-Wieser;

Tiefnig;

Wagner;

Zeidler-Beck, Zwazl.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesräte:

Appé;

Beer;

Dziedzic;

Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn;

Kahofer, Koller;

Leitner, Lindinger;

Novak;

Posch-Gruska, Prischl;

Reisinger;

Schabhüttl, Schennach, Schumann, Stögmüller;

Todt;

Wanner, Weber;

Zaggl.

*****

18.27.5821. Punkt

Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Ständigen gemeinsamen Aus­schusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesord­nung.

Aufgrund des Ausscheidens von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates sind sieben Mitglieder und fünf Ersatzmitglieder neu zu wählen, wobei fünf Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder von der ÖVP und zwei Mitglieder und drei Ersatzmitglieder von der SPÖ für die entsprechende Wahl vorzuschlagen sind.


BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 164

Nach der Geschäftsordnung dieses Ausschusses sind die Mitglieder und Ersatzmitglie­der vom Bundesrat direkt zu wählen, wobei sowohl bei den Mitgliedern als auch bei den Ersatzmitgliedern jedes Bundesland vertreten sein muss.

Entsprechende Wahlvorschläge der Fraktionen liegen mir vor. Diese lauten:

Mitglieder:

von der ÖVP vorgeschlagen: Bundesrat Ing. Bruno Aschenbrenner (Steiermark); Bun­desrat Karl Bader (Niederösterreich); Bundesrätin Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler (Salzburg); Bundesrätin Klara Neurauter (Tirol); Bundesrätin Sonja Zwazl (Niederös­terreich);

von der SPÖ vorgeschlagen: Bundesrat Ingo Appé (Kärnten); Bundesrätin Doris
Hahn,
MEd MA (Niederösterreich).

Ersatzmitglieder:

von der ÖVP vorgeschlagen: Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (Tirol); Bundesrat Martin Preineder (Niederösterreich);

von der SPÖ vorgeschlagen: Bundesrat Dominik Reisinger (Oberösterreich); Bundes­rat Michael Wanner (Salzburg); Bundesrat Stefan Zaggl (Tirol).

Ich werde die Abstimmung über diese Wahlvorschläge, sofern sich kein Einwand er­hebt, unter einem vornehmen.

Da jeweils nur ein Wahlvorschlag vorliegt, werde ich durch Handzeichen abstimmen lassen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den von mir bekannt gegebenen Wahlvorschlägen ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stim­meneinhelligkeit. Die Wahlvorschläge sind angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

18.30.29Einlauf


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 14 Anfragen eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 6. Dezember 2018, 9 Uhr, in Aus­sicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Ein­spruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 4. Dezember, 14 Uhr, vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

18.31.07Schluss der Sitzung: 18.31 Uhr

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1017 Wien

Titelbild: ©Parlamentsdirektion/Johannes Zinner