11.26

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie! Ich möchte heute in meiner ersten Rede im Plenum des Bundesrates zum vorliegenden Antrag betreffend Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 Stellung beziehen, in dem es um die „Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise zum Zweck des Abschlusses einer begonnenen Be­rufsausbildung“ geht.

Zu Beginn von meiner Seite ein kurzer Blick in die Vergangenheit: Zwischen 2012 und 2018 galt ein Erlass des damaligen Bundesministers für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, der es Asylwerbern – im Gegensatz zur Trennung der Begriffe Asyl und Zuwanderung – während des offenen Asylverfahrens ermöglicht hat, eine Lehre zu beginnen. Der Hintergrund war, dass den jungen Menschen, die bei uns in Österreich Schutz und Asyl suchten, in der Zeit des offenen Verfahrens – und wir wissen, die Verfahren waren in der Vergangenheit oft sehr langwierig – Arbeit und Beschäftigung angeboten wurde. Diese Entscheidung hat uns eben in diese Situation geführt, dass Asylwerbern, die in einem aktiven Lehrverhältnis stehen und meist gut integriert sind, bei einem negativen Aufenthaltsbescheid eine Abschiebung droht.

Aktuell sprechen wir von 767 Personen, die momentan in Österreich davon betroffen sind. Derzeit, das möchte ich betonen, ist es ja nicht mehr möglich, bei einem lau­fenden Asylverfahren in eine Berufsausbildung einzutreten, und das ist auch gut so. Ziel ist es und muss es sein, die Asylverfahren so kurz wie möglich zu gestalten und damit auch ehestmöglich Klarheit für die betroffenen Asylwerber zu schaffen.

Jetzt, so bin ich überzeugt, ist es für uns als christlich-soziale Volkspartei eine Pflicht, für diese betroffenen Menschen eine rechtsstaatliche und vor allem menschliche Lösung zu finden. Das heißt, jene, die während ihres aktiven Lehrverhältnisses einen negativen Asylbescheid bekommen, sollten ihre Berufsausbildung auch abschließen können, eben für die Dauer von maximal vier Jahren. Erst dann müssen sie unser Land verlassen. Weiters besteht für sie ja über den Weg der Rot-Weiß-Rot-Karte die Möglichkeit, wieder in unserem Land zu arbeiten.

Weiters möchte ich betonen, dass straffällig gewordene Asylwerber ihre Berufsaus­bil­dung natürlich nicht beenden können, sie haben sofort die Ausreise anzutreten. Für sie sollte diese Regelung nicht gelten.

Abgesehen von den 767 betroffenen Lehrlingen müssen wir auch an die Lehr- und Ausbil­dungsbetriebe denken, die zu Recht wirtschaftliche Interessen haben und sich von uns, von der Politik Rechtssicherheit erwarten. Um einen Asylwerbenden als Lehr­ling auszubilden, zu beschäftigen, bedarf es auch viel Engagements und viel Auf­wands.

Zum Abschluss möchte ich sagen: Diese vorliegende Gesetzesänderung ist kein neuer Aufenthaltstitel, nein, es ist die Lösung eines Problems, das in der Vergangenheit entstanden ist. Wir bekennen uns ganz klar zu der Regelung, dass Asyl und Zuwan­derung klar auseinandergehalten und getrennt werden müssen. (Bundesrat Rösch: Warum tut ihr es dann nicht?) Die Zuwanderung ist der Weg von Menschen, die nach Österreich kommen und hier arbeiten wollen. Dieser Weg ist geordnet, geregelt im Interesse der Betroffenen, aber auch im Interesse von Österreich. (Bundesrätin Mühlwerth: Das kann nicht im Interesse von Österreich sein!)

Im Gegensatz dazu – und das wird wirklich sehr oft vermischt – steht das Thema, über das wir heute diskutieren: Asyl. Asyl bedeutet, dass Menschen durch eine Notlage zur Flucht gezwungen werden und in unserem Land Schutz beantragen. Asyl bedeutet ein Verfahren, und am Ende dieses Verfahrens steht ein Erkenntnis. Lautet dieses Erkenntnis, dieser Mann, diese Frau verdienen unseren Schutz, so gewähren wir in Österreich Asyl, und erst dann beginnt der Zugang zum Arbeitsmarkt – alles andere führt uns in die Irre. Ich bin daher der Meinung, wir müssen diesen geraden und klaren Weg beibehalten. Wir von der ÖVP sind für diesen klaren und geraden Weg, für ein rechtsstaatliches Vorgehen mit menschlichen Zügen.

In diesem Sinne ersuche ich Sie um Ihre geschätzte Zustimmung und darum, diesen Antrag zu unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.31

Vizepräsident Michael Wanner: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister für Inneres Dr. Wolfgang Peschorn. – Bitte.