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Bundesminister für Inneres Dr. Wolfgang Peschorn: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Meine lieben Zuschauer! Sehr geehrte Damen und Herren via Livestream! Ich hatte ursprünglich nicht vor, mich zu Wort zu melden, aber es wurden hier doch einige Dinge besprochen, zu denen ich die Gelegenheit nutzen will, sie sachlich klarzustellen.

Erstens einmal – das ist schon erwähnt worden –: Was Sie heute beschließen werden oder was Sie zu beschließen haben, ist das Ergebnis eines Initiativantrages, der letzt­endlich zustande gekommen ist, weil es Entschließungsanträge im Nationalrat gab und ich dann in weiterer Folge die Fraktionen zu mir ins Haus gebeten habe, um einmal festzustellen, ob es in dieser Frage eine mehrheitlich getragene Lösung geben kann. Das Ergebnis war eine Punktation, in der die wesentlichen Bestandteile einer gesetz­lichen Regelung zusammengefasst wurden, und in weiterer Folge hat mein Haus, ha­ben meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann einen Gesetzesvorschlag erstellt.

Zum Thema Rechtsstaatlichkeit möchte ich festhalten: Wenn Sie dieses Gesetz be­schließen, dann haben Sie die Rechtsstaatlichkeit gewahrt. (Bundesrat Steiner: Und Gerichtsurteile aufgehoben?!) – Ich danke für dieses Stichwort. Was wir hier beschließen werden, wenn Sie das tun, ist nichts anderes als das, was wir in der Rechtsordnung in vielen Bereichen kennen. Lassen Sie mich das hier einmal sehr sachlich festhalten.

Bei einem Asylverfahren handelt es sich immer um ein Verwaltungsverfahren. Dieses Verwaltungsverfahren hat einen bestimmten Instanzenzug und das ordentliche Verfah­ren endet beim Bundesverwaltungsgericht. Wenn Sie eine abschlägige Entscheidung erhalten, sind Sie verpflichtet, diese abschlägige Entscheidung auch zu vollziehen, das heißt, freiwillig auszureisen, es sei denn, Sie ergreifen ein außerordentliches Rechts­mittel und es wird Ihnen gleichzeitig mit einem Antrag, den Sie gestellt haben, auch eine aufschiebende Wirkung zuerkannt. Das ist nicht anders als in jedem Verwal­tungs­verfahren – denken Sie an eine Verkehrsstrafe et cetera –, Sie sind zunächst ange­halten, selbst den rechtmäßigen Zustand herzustellen.

Die Rechtsordnung kennt – ob das nun in der gerichtlichen Exekutionsordnung, im Ver­waltungsvollstreckungsgesetz oder in vielen, vielen Materiengesetzen ist – aus be­stimmten Gründen, die der Gesetzgeber festlegt, die Möglichkeit, Vollstreckungs­hand­lun­gen aufzuschieben; und nichts anderes wird hier geschehen. Im Fremdenpolizei­gesetz wird es zu einer Möglichkeit gesetzlicher Natur kommen, ein rechtskräftig aus­gesprochenes Abschiebegebot beziehungsweise Gebot, außer Landes zu reisen, aufzuschieben. (Bundesrat Rösch: Aber nicht durchs Parlament!) – Nein, durch die Vollziehung. (Bundesrat Rösch: ... machen das aber jetzt!)

Der Bundesminister für Inneres und die seinem Ministerium nachgeordneten Behör­den, also auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, sind dazu da, Gesetze zu vollziehen; und mit diesem Beschluss wird eine weitere rechtsstaatliche Grundlage geschaffen. (Bundesrat Rösch: Eben!)

Asyl und Migration sind Themen, die seit Jahren in Diskussion stehen, und ich muss den Hinweis auf einen erst jüngst durch die Medien bekannt gewordenen Fall auf­greifen und Ihnen sagen: Nicht ich habe die Gesetze verfasst und beschlossen, son­dern der Nationalrat und der Bundesrat. Gesetze sind unteilbar, § 13 und § 50 Frem­denpolizeigesetz legen der Vollziehung ganz deutlich nahe, die Menschenrechte in jedem Stadium des Falles und daher auch unmittelbar vor einer Abschiebung, einer zwangsweisen Außerlandesbringung, zu beachten.

Es ist nichts Ungewöhnliches – ich habe das schon im Plenum des Nationalrates ge­sagt –, dass es immer wieder kurzfristig zur Entscheidung kommt, Menschen, die auf der Liste für einen sogenannten Charterflug stehen, wieder von dieser Liste herun­terzunehmen. Das ist in meiner Amtszeit weniger oft passiert als in der Amtszeit meines Vorvorgängers, das ist statistisch belegt und objektivierbar. Nur daraus, dass das passiert und rechtsstaatliche Vollziehung darstellt, zu schließen, dass Rechte gebrochen werden, halte ich für nicht nachvollziehbar, und das kann ich für meinen Verwaltungsbereich daher mit aller Entschiedenheit zurückweisen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der BundesrätInnen Gross, Hauschildt-Buschberger, Lackner und Schreuder.)

Da wir nun vor einer Zeit stehen, in der die meisten Menschen in Österreich doch einige Stunden der Besinnung vor sich haben, muss ich Ihnen sagen: Es ist auch für die Menschen, die diese Gesetze zu vollziehen haben, für die Beamtinnen und Be­amten, nicht immer leicht, und deswegen möchte ich hier für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Lanze brechen. Sie sind tagtäglich bemüht, in diesem sehr schwierigen Umfeld – Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass es in der Öffent­lich­keit sehr kontroversiell diskutiert wird – die Gesetzmäßigkeit der Vollziehung sicher­zu­stellen. Das war bei dem heute in der Diskussion erwähnten Fall der Fall und das wird auch in Zukunft der Fall sein. Dafür möchte ich in meiner Funktion als Innenminister einstehen.

Zum Abschluss bedanke ich mich sehr, wünsche Ihnen genau diese besinnliche Zeit, frohe Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der BundesrätInnen Gross, Hauschildt-Buschberger, Lackner und Schreuder.)

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