9.04

Bundesrat Bernhard Hirczy (ÖVP, Burgenland): Einen schönen guten Morgen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! „Pers­pektiven und Chancen am Arbeitsmarkt – Jugendliche in Beschäftigung bringen“ – ein wichtiges Thema. Ich spreche aus Erfahrung, ich war selbst Lehrling, habe die Handels­schule in Jennersdorf besucht und dann im Familienbetrieb die Lehre genossen. Ich konnte somit als Lehrling, als Geselle, sprich als Facharbeiter, aber auch als Meister in unserem Betrieb mitwirken. – Gerade solche Beispiele kann man nutzen, um jungen Menschen aufzuzeigen, welche Chancen sich für junge Menschen bieten.

Allzu oft stellen wir uns die Frage: Wer sind unsere Facharbeiter von morgen, wer wird künftig unsere Häuser bauen, unsere Möbel fertigen, unsere Autos reparieren? Innova­tive Berufsfelder warten auf Jugendliche, aber eben auch klassische, gestandene Hand­werksberufe.

Ein funktionierender Arbeitsmarkt ist für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Ent­wicklung des Landes von entscheidender Bedeutung. Die allgemeine Situation am öster­reichischen Arbeitsmarkt hat sich positiv entwickelt, dennoch gibt es eine Reihe von He­rausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Die größte aktuelle Herausforderung ist die Situation rund um Covid-19.

An vielen medialen Aussagen, Verrenkungen merkt man, wie schwierig es ist, mit der Situation umzugehen – allzu oft merkt man, dass man im Nachhinein oft klüger ist als im Vorhinein, wenn es darum geht, entscheidende, richtige Schritte zu setzen. (Bundesrat Steiner: Ist bei der ÖVP meistens!) Ich darf hier festhalten, dass die Regierung richtige Schritte setzt (Bundesrat Rösch: Welche?), und darf auch festhalten, dass das Regie­rungsteam um Sebastian Kurz und Werner Kogler einen klaren, geradlinigen Weg geht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Lackner. – Bundesrat Rösch: Welche? Beispiele! Er soll ein Beispiel sagen!)

Die Kernaufgabe des AMS ist die möglichst effiziente Vermittlung Arbeitsuchender auf offene Stellen am Arbeitsmarkt. (Bundesrat Rösch: Beispiele kommen keine!) Das Ar­beitsmarktservice richtet dabei seine Tätigkeit auf die effektive Senkung der Arbeitslosig­keit aus. Die rasche und passgenaue Vermittlung wird hier gewährleistet.

In diesem Zusammenhang darf ich auf unsere Frau Bundesministerin Christine Asch­bacher verweisen, denn ihr ist es gelungen, gemeinsam mit Sebastian Kurz und Minis­terin Schramböck ein wichtiges Maßnahmenpaket, den Lehrlingsbonus, auf den Weg zu bringen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Der Lehrlingsbonus ist aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt, ein starkes Signal, eine große Chance für die Wirtschaft, aber vor allem eine Chance für viele Jugendliche.

Ministerin Schramböck sagte dazu: „Für mich ist es selbstverständlich, dass wir als Re­gierung eine besondere Verantwortung gegenüber all jenen haben, die sich im Umbruch befinden und im Moment auf der Suche nach einer Lehrstelle sind. Wir unternehmen sämtliche Anstrengungen, dass aus einer ‚talented generation‘ keine ‚lost generation‘ wird.“

Die Unternehmen werden unterstützt. Es gibt bereits diesen neuen Lehrlingsbonus von 2 000 Euro bis zu 3 000 Euro mit speziellem Fokus auf Kleinst- und Kleinunternehmen. Und speziell für Lehrlinge, die die Lehre abbrechen mussten, gibt es mit dem Programm Just 2 Work ein Instrument, das zur Verfügung gestellt wird und einen wichtigen Beitrag dazu leistet, dass junge Menschen wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden können.

In Kooperation mit dem Wirtschaftsministerium, dem Bildungsministerium, dem Sozial­ministerium wurde von Frau Minister Aschbacher eine Taskforce für Jugendbeschäfti­gung initiiert. Auch dadurch sollen Lehrstellen suchende Jugendliche Perspektiven für den Einstieg in die Berufswelt geboten bekommen – jedem Jugendlichen ein betriebli­cher, überbetrieblicher oder schulischer Ausbildungsplatz. Viele Schwerpunkte werden hier gesetzt, hier tut die Regierung das Notwendige.

Die Taskforce hat bereits vergangene Woche ihre Arbeit aufgenommen und kann schon erste Ergebnisse vorweisen: Die Arbeitsministerin stellt in Zusammenarbeit mit der Wirt­schaftsministerin 1 000 Ausbildungsplätze für Menschen zwischen 20 und 30 Jahren für einen Lehrabschluss oder den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt bereit. Ein weiteres Ziel und ein weiteres Projekt ist es, Jugendliche im Rahmen eines Praktikumsbetriebs zu einem Lehrabschluss zu führen.

Ebenfalls ein Thema ist die Aufstockung der überbetrieblichen Ausbildung. Dies ist be­reits entsprechend angekündigt, da wird bedarfsorientiert ausgebaut, und dafür gibt es laufend Beobachtungen, aktuelle Daten und Prognosen – und das in Kooperation mit diversen Forschungsinstituten.

Wir sehen uns mit einigen klaren Faktenlagen konfrontiert, Covid-19 hat, wie schon ge­sagt, sehr viel verändert (eine Tafel mit einer Grafik und der Aufschrift „Entwicklung Ar­beitslosigkeit 2020 – Arbeitsmarktzahlen Covid 19“ auf das Rednerpult stellend): Wir hatten eine Rekordarbeitslosigkeit von über 588 000 Arbeitslosen, über 1,3 Millionen Men­schen waren in Kurzarbeit. (Bundesrat Rösch: Das ist ein Hohn!)

Da bemerken wir in den letzten Wochen eine positive Entwicklung, die Zahlen verringern sich. In Kurzarbeit befinden sich derzeit rund 400 000 bis 450 000 Menschen. (Bundes­rat Rösch: Ich hoffe, die Rechnung bekommt ihr präsentiert! Allen, die jetzt kein Geld haben oder weniger Geld haben, zu sagen, dass ihr so toll seid, das ist ein Hohn!) Die Gesamtzahl der Arbeitslosen hat sich auf rund 414 000 verringert. In Schulung befinden sich rund 48 000 Menschen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Da kann man von einem Minus von 25 Prozent sprechen.

Konkret auf die Jugendlichen bezogen darf ich festhalten: Auch da haben sich die Daten deutlich verbessert und bestätigen die Maßnahmen der Bundesregierung. Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen hat sich von 85 000 auf circa 60 000 bis 65 000 verringert – eine Reduktion um circa ein Viertel. In Schulung waren teilweise 24 000 junge Menschen und nun sind es 21 000. Somit benötigen rund 44 000 junge Menschen dementspre­chende Lösungen, und auch da bin ich überzeugt, dass Ministerin Aschbacher und Mi­nisterin Schramböck richtige Schritte setzen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann fotografiert mit dem Handy die auf dem Rednerpult stehende Tafel.) Man muss die Zahlen nennen: Derzeit sind rund 64 000 junge Menschen unter 25 Jahren in Arbeitslosigkeit oder in Schulung.

Festzuhalten ist auch, dass unser duales Ausbildungssystem positiv angenommen wird. (Bundesrat Rösch – die auf dem Rednerpult stehende Tafel mit dem Handy fotografie­rend –: Das muss ich auch fotografieren! Das ist ein Hohn!) Ich selbst durfte im Jahr 1999 an einem Lehraustausch in Spanien teilnehmen. Noch heute pflege ich dorthin sehr gute Kontakte und noch heute wird darauf verwiesen, dass unser System in Österreich ein vorbildliches System und daher zu begrüßen ist.

Eine Chance sehe ich auch im Themenbereich Coding: Da gibt es Chancen für junge Arbeitnehmer im Bereich von Computerprogrammen, die den Schwerpunkt auf die spä­tere Änderung, auf Flexibilität, Erweiterung, Benutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit setzen. Eine ebenfalls wichtige Maßnahme ist das Mobilitätspaket: Auch da gibt es Chancen und Perspektiven für junge Menschen, die sich dementsprechend einbringen möchten.

Vielleicht noch spannende Zahlen im Detail: In Wien gibt es laut AMS 300 Lehrstellen, die gemeldet sind, und 3 000 Lehrstellensuchende. Aus dem Burgenland haben wir von der Industriellenvereinigung vernommen, dass rund 90 Prozent der Betriebe an ihrem Lehrstellenplan festhalten werden. Dies hat der Präsident der burgenländischen Indus­triellenvereinigung, Manfred Gerger, nach einer Umfrage auch veröffentlicht. Österreich­weit gibt es leider Gottes 7 673 Lehrstellensuchende, dies ist ein Zuwachs von 1 958 Per­sonen gegenüber dem Vorjahr. Ich denke, dies spiegelt die Situation von Covid‑19 wider. Dennoch ist festzuhalten, dass es gelungen ist, seit dem Höchststand der Krise über 150 000 Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. Über 21 000 Jugendliche konn­ten wieder vermittelt werden. Im Westen von Österreich wird die Situation noch rascher besser.

Es gibt eben den Bedarf in diversen Berufsbereichen, egal ob es sich um den Bereich Mechatroniker, Drucktechniker, Kunststofftechniker und so weiter handelt; auch heimi­sche Fensterproduzenten – ich durfte unlängst einen Betriebsbesuch machen – sind auf der Suche nach jungen Lehrlingen. Ich bin auch da überzeugt, dass man es gemeinsam schaffen kann, Jugendliche zu motivieren, in die Berufswelt einzusteigen. Meine klare Botschaft an Jugendliche in ganz Österreich: Bitte bewerbt euch! Es gibt freie Lehrplätze, es gibt Möglichkeiten und es gibt Chancen.

Ich denke auch, dass wir im europäischen Vergleich gut aufgestellt sind. Es spre­chen auch Zahlen und Daten für uns, denn es werden gerade jetzt wieder 550 Millionen Euro in die aktive und aktivierende Arbeitsmarktpolitik investiert; auch über die Lehr­stellenförderstelle werden derzeit 10 688 betriebliche Lehrstellen gefördert. Die Zahl der 7 673 jugendlichen Lehrstellensuchenden, was so viel wie eine Lehrstellenlücke von 2 711 bedeutet, habe ich genannt. Zusätzlich erschwerend kommt natürlich das Faktum hinzu, dass per Juli 90 000 Schülerinnen und Schüler die neunte Schulstufe abgeschlos­sen haben. Erfahrungsgemäß werden davon rund 40 Prozent eine Lehrausbildung an­streben, was in diesem Fall ein Delta von 34 000 neuen Lehrstellenverhältnissen bedeu­ten würde. Somit kann man anhand der Zahlen aus der Vergangenheit ablesen, dass es im Herbst einen Bedarf von 7 500 bis 9 000 Lehrstellen geben könnte.

Dennoch, wenn man die Zahlen vergleicht, sieht man wiederum, dass die Maßnahmen, die gesetzt werden, richtig sind. Das Delta wird von der heimischen Wirtschaft, von unse­ren Betrieben abgedeckt. Genau diese Betriebe bilden unsere Facharbeiter der Zukunft aus, und diese sorgen dafür, dass unsere Arbeit auch in Zukunft gewährleistet ist. Es gibt viele gute Ideen. Setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen die Jugendarbeitslo­sigkeit! – Danke, Frau Ministerin! Wir sind auf einem guten Weg. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.15

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. – Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.