10.19

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Mi­nisterin! Ich möchte doch noch kurz einen Satz zu Ihrem vorigen Statement sagen.

Sie haben gesagt, es sei sehr wichtig, dass wir in dieser Zeit nicht immer nur negative und schlechte Dinge sehen, sondern vor allem Mut verbreiten und Perspektiven eröff­nen. Genau das aber ist momentan am Arbeitsmarkt das größte Problem, weil es der Regierung trotz so vieler Pressekonferenzen absolut nicht gelungen ist, vor allem den Unternehmen Mut zu geben und Perspektiven aufzuzeigen, und daher ist die Verunsi­cherung so groß. Wir müssen im Herbst mit einer sehr großen Arbeitslosenwelle rech­nen, die Sie wahrscheinlich auch wiederum nicht mit einkalkuliert haben – das wird wirk­lich passieren. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Schachner.)

Ich kann Ihnen das wirklich aus meiner Praxis sagen. Ich betreue sehr große Betriebe, sogenannte systemrelevante Betriebe, und nicht einmal die sind heuer bereit, in den Ferien Praktika oder Ferialjobs anzubieten, weil auch sie nicht wissen: Wie wird es wei­tergehen? Normalerweise hat einer der Betriebe im Juli und auch im August mindestens 30 Praktikanten, Ferialangestellte – das passiert heuer nicht!

Auch merke ich, dass die Mitarbeiter sich gar nicht so richtig trauen, auf Urlaub zu gehen. Warum? – Weil niemand weiß, was im Herbst passiert, was in den Schulen passiert, was in den Kindergärten passiert. Das heißt, jeder spart momentan nur – auf der einen Seite Urlaubstage und Reserven von Freizeit, genauso und vor allem aber auch Geld.

Daher sage ich – und das sagen wir, seit es die Diskussion um die Coronagesetze gibt ‑: Das Wichtigste ist, den Menschen so viel Geld zur Verfügung zu stellen, dass sie sich alle Dinge leisten können, dass sie es in die Wirtschaft investieren können, dass sie Waschmaschinen kaufen können, Sachen sanieren lassen können. Es mag nämlich durchaus sein, dass Produktionsbetriebe jetzt schon von der einen oder anderen posi­tiven Auftragslage wissen, dass sie wissen, dass sie sie haben. Der kleine Tischler, der kleine Maler, der Installateur aber lebt ausschließlich von Privatkunden. Da hilft auch eine kommunale Investitionsinitiative nichts, denn die Gemeinde X wird einen Großauf­trag sicherlich nicht an den kleinen Installateur mit drei Mitarbeitern vergeben.

Deswegen ist es eben so wichtig, dass man die Kaufkraft der Österreicher stärkt, und deshalb wäre es vernünftig und gut gewesen, hätten Sie unseren Antrag im Nationalrat und auch hier im Bundesrat, demzufolge jeder Österreicher einen 1 000-Euro-Gutschein kriegen sollte, den er in sämtlichen Bereichen der österreichischen Wirtschaft einsetzen kann, schnell und rasch umgesetzt. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Schachner.)

Nun aber zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2: Es ist schon wieder einmal so, dass Sie ein Sammelgesetz vorlegen. Ich denke mir manchmal, entweder machen Sie es einfach – ich weiß nicht –, weil Sie davon ausgehen, dass das eine oder andere vielleicht hakt und dadurch unter Umständen nicht beschlossen werden könnte, wenn man es einzeln herausnimmt, oder es hängt damit zusammen, dass man versucht, zumindest die Fachbereiche der Minister in irgendeiner Art und Weise in einem Gesetz zu sammeln. Das Tragische daran aber ist, dass es in jedem dieser Sammelgesetze gute Ansätze gibt, denen wir gerne zustimmen, bedauerlicherweise aber auch immer kritische Dinge dabei sind, denen wir nicht zustimmen können, und wir haben immer nur die Möglichkeit, entweder zu allem Ja oder bedauerlicherweise zu allem Nein zu sagen.

In diesem Fall ist es wieder so: In diesem Gesetz wird auf der einen Seite diese Ein­malzahlung für Arbeitslose geregelt, bei der wir der Meinung sind, das geht wirklich total am Bedarf der Betroffenen vorbei. Es ist zwar sozusagen eine nette Geste, aber Sie werden damit nicht das erreichen, was ganz, ganz wichtig ist, nämlich, dass die Men­schen das Gefühl haben, sie brauchen keine Existenzängste zu haben, sie müssen sich nicht überlegen: Was passiert mit der Miete? Wie schaut es mit dem Schulanfang aus? Deshalb müssen wir leider diesem Teil des Tagesordnungspunktes unsere Zustimmung verweigern, weil wir davon überzeugt sind, dass es eine wesentlich bessere Variante gäbe. (Beifall bei der FPÖ.)

Weiters ist darin auch die punktuelle Erhöhung der Familienbeihilfe im September ge­regelt, das heißt, für jedes Kind erhält man 360 Euro. Wir sind aber davon überzeugt, dass das viel zu wenig für die Familien ist, weil diese sehr, sehr große finanzielle Ein­bußen haben, vor allem, wenn beide Eltern entweder von Kurzarbeit betroffen sind oder unter Umständen in die Arbeitslosigkeit gelangt sind.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verdoppelung der Familienbeihilfe in Monaten mit coronabedingter Schulschließung“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Kinderbeihilfe bis zum vollendeten 14. Le­bensjahr des Kindes für jene Monate zu verdoppeln, in denen die Betreuungseinrichtun­gen wie Schulen, elementarpädagogische Einrichtungen und Horte coronabedingt ge­schlossen waren bzw. sind. Die Auszahlung hat unverzüglich zu erfolgen.“

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In diesem Gesetz geht es auch um diese 450 Euro für Personen, die im Zeitraum von Mai bis August mindestens 60 Tage arbeitslos sind. Mein Kollege Bernhard Rösch hat es vorhin schon erwähnt: Wenn zum Beispiel Personen versuchen, jetzt trotzdem irgend­wie einen Job im Ausmaß von ein paar Stunden pro Woche zu finden, dann würden sie um dieses Geld umfallen. Sie wissen genau, wenn am Ende des Monats nicht mehr viel Geld vorhanden ist, dann ist man bereit, jeden Job anzunehmen. Wir haben wirklich sehr, sehr viele arbeitswillige Menschen in Österreich, die aber aufgrund der momenta­nen Situation am Arbeitsmarkt einfach keine Chance haben.

Wir sind auch davon überzeugt, dass es wirklich einer Erhöhung der Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes bedarf, und deshalb bringe ich auch noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Er­höhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Ju­gend wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die zum Inhalt hat, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Per­sonen, der Bezug der aktuellen Leistung um die Dauer der Krise, mindestens jedoch bis zum 31. Mai 2021 verlängert wird und zusätzlich ein ,COVID-19-Ausgleich‘ für Arbeitslo­se in Form eines 30-%igen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversicherungsleistungen rückwirkend mit 15. März 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen alle Daten aller Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch, also ohne forma­le Antragstellung, ausgezahlt werden.“

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(Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

10.27

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Die von den BundesrätInnen Andrea Mi­chaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen eingebrachten Entschließungsanträge, ers­tens betreffend „Verdoppelung der Familienbeihilfe in Monaten mit coronabedingter Schulschließung“ und zweitens betreffend „Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)“ sind ordnungsgemäß eingebracht, ge­nügend unterstützt und stehen damit mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Bitte, Herr Bun­desrat, ich erteile es Ihnen.