12.24

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Liebe Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher via Livestream! Wir haben gerade zwei Reden von der SPÖ gehört, die an Flos­keln und inhaltslosen Argumenten zur Abschaffung der abschlagsfreien Hacklerregelung kaum zu überbieten sind. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei der ÖVP. Bundesrat Schennach: Das darf doch nicht wahr sein!)

Es gehört nicht zu diesem Tagesordnungspunkt, deshalb habe ich mich jetzt einfach kurzfristig dafür entschieden, mich zu Wort zu melden, weil ich die Stimme der jüngeren Arbeitnehmer vertreten möchte. Ich lade Sie alle jetzt dazu ein, sich mit mir aus Sicht aller Arbeitnehmer (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Grimling und Schumann) – und nicht nur aus der Sicht jener, die kurz vor Inanspruchnahme der Hacklerpension stehen – die Argumente, die Sie gebracht haben, genauer anzusehen.

45 Arbeitsjahre sind genug, das sagen Sie, liebe Sozialdemokraten. Ich gebe Ihnen recht, nach 45 Arbeitsjahren sollte jemand in Pension gehen können, wenn er das möch­te. Die gute Nachricht ist, daran ändert sich aber auch in Zukunft nichts. (Bundesrätin Hahn: Ja, aber abschlagsfrei ...!) Wenn es dann um die Frage geht, ob die vorzeitige Pension abschlagsfrei angetreten werden kann, dann diskutieren wir das Thema Fair­ness. Schauen wir uns doch auch Ihre Auffassung von Fairness genauer an! (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Sie haben unter einem roten Sozialminister und Bundeskanzler 2010 genau diese Regelung mit dem Argument einer fairen Ausgestaltung des Generationen­vertrages abgeschafft. (Bundesrätin Grimling: Ja, genau!)

Von diesem Fairnessverständnis ist offensichtlich nicht mehr viel übrig, denn heute, zehn Jahre später, sind Sie exakt bei der gleichen Fragestellung komplett anderer Meinung und behaupten, es sei unfair, unsozial und ungerecht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Diesen Zickzackkurs kann, glaube ich, niemand verstehen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Ich möchte Sie auch gerne daran erinnern, dass sich die Situation der jüngeren Bevöl­kerungsgruppe, die die Lasten solcher Wahlzuckerl zu tragen haben, in den letzten zehn Jahren nicht verbessert hat, ganz im Gegenteil (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn): Das Umlageverfahren ist massiv unter Druck (Bundesrat Beer: ... Propaganda!), weil die Menschen länger in Rente sind und sie dadurch auch mehr aus dem Pensionssystem herausnehmen, als sie tatsächlich beigetragen haben. Damit aber nicht genug, denn die jetzt getätigten Schulden aufgrund der Coronakrise und der Staatsschuldenkrise müssen auch die zukünftigen Arbeitnehmer, deren Enkelkinder und Urenkelkinder zahlen und tragen. (Bundesrätin Hahn: Verzichtet auf ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Mei­ne lieben Kolleginnen und Kollegen, auch die jetzigen Arbeitnehmer, deren Enkel und Urenkel haben aber ein Recht auf eine faire Pension. (Beifall bei ÖVP und Grünen. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist in Ordnung, meine lieben Sozialdemokraten, wenn Sie die Pensionisten subven­tionieren möchten, aber es geht immer auf die Kosten der zukünftigen Arbeitnehmer, Ihrer Kernwählerschaft. (Bundesrat Beer: ... Pensionisten!)

Jetzt stellen wir uns noch die Frage, ob diese Umverteilung aufgrund der Hacklerrege­lung sozial gerechtfertigt ist. Da können wir einfach die Zahlen für sich sprechen lassen: Pensionisten, die die Hacklerregelung in Anspruch nehmen, bekommen eine durch­schnittliche Pension von 2 845 Euro. (Bundesrat Beer: ... Hacklerregelung ... !) Die Al­terspension von Männern liegt im Vergleich dazu bei 2 064 Euro. (Zwischenruf der Bun­desrätin Steiner-Wieser.) Sogar mit Abschlägen verdienen die Hacklerpensionisten also mehr als der männliche Durchschnittsrentner (Bundesrat Schennach: Ja genau!), von den Frauen einmal völlig abgesehen.

Die jetzigen und zukünftigen Arbeitnehmer, die mengenmäßig weniger sind als die Grup­pe der Pensionisten, zahlen also die Pension einer relativ kleinen Gruppe an Pensionis­ten (Zwischenrufe bei der SPÖ), die überdurchschnittlich hohe Pensionen bekommen. Jetzt frage ich Sie: Ist das fair? (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Genau das war auch der Grund, warum Ihre Spitzenpolitiker damals vor zehn Jahren der festen Überzeugung waren, diese Regeln im Sinne einer fairen Ausgestaltung des Umlageverfahrens abzuschaffen. Ihre jetzige Haltung ist mir deshalb völlig unverständ­lich. (Bundesrat Beer: Lernen Sie Geschichte!)

Ihre Hauruckwiedereinführung der abschlagsfreien Hacklerregelung im Herbst 2019 hat außerdem zu Unsicherheit und Ungerechtigkeit geführt (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling– zu Unsicherheit bei all jenen, die kurz vor Pensionsantritt standen und ste­hen, und zu Ungerechtigkeit für jene, die gerade in Pension gegangen waren und somit nicht von der Abschlagsfreiheit profitiert haben. Aus diesem Grund führen wir stattdes­sen einen gerechteren Frühstarterbonus ein und reparieren die unfaire Abschlagsfreiheit der Hacklerregelung. (Beifall bei ÖVP und Grünen. Bundesrat Schachner: Wo ist ... vor Jahren eingeführt?)

Denn der Frühstarterbonus ist fairer gegenüber allen Berufsgruppen, er ist fairer gegen­über Frauen, er ist fairer gegenüber den nächsten Generationen, er ist fairer gegenüber kleineren Pensionen und er ist eine Aufwertung der Lehre. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Warum macht das Ganze Sinn, meine lieben Kolleginnen und Kollegen? – Menschen, die früh ins Arbeitsleben eingestiegen sind und somit auf das vom Steuerzahler subven­tionierte Bildungsangebot, wie zum Beispiel ein Studium, verzichtet haben, haben schon in jungen Jahren ihren Beitrag zum Wohlstand der Republik geleistet. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Somit haben sie sich auch einen Bonus verdient. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das ist gelebte Fairness! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Beer.)

12.30