12.58

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Bevor ich auf den Tages­ordnungspunkt zu sprechen komme, möchte ich kurz auf Kollegin Zeidler-Beck und auf Kollegin Eder eingehen und sagen: Nicht wir Freiheitliche spalten dieses Land (Ruf bei der ÖVP: Schon!), sondern das seid schon ihr. Das ist die ÖVP mit dem grünen Beiwa­gerl. Ihr habt mir da zwei Beispiele geliefert: Es sind pikanterweise zwei junge Damen herausgegangen und haben gegen die Hacklerregelung gewettert. Meine Damen, als ihr geboren wurdet, haben diese Menschen schon viele Jahre gearbeitet. Als diese Men­schen zu arbeiten angefangen haben, seid ihr noch lange mit den Mücken geflogen. Wir Freiheitliche sagen ganz klipp und klar: 45 Jahre Arbeit sind genug – da muss es den Menschen möglich sein, abschlagsfrei in Pension zu gehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Bezüglich Masken: Glaubt ihr wirklich, dass es so viel gesünder ist, damit hier drinnen zu sitzen? Wir werden heute sicherlich 12 bis 14 Stunden hier sitzen und müssen per­manent unsere eigene Luft einatmen. Es heißt doch immer so schön, man sollte stünd­lich lüften. Wie können wir hier herinnen lüften? Nach 12 bis 14 Stunden wird hier herin­nen die Luft derartig verbraucht sein, dass es nicht mehr lustig ist. Ich finde das ein bisschen überzogen, ich halte es für eine Augenauswischerei. So macht ihr das aber permanent, dass ihr Panik schürt. Nicht wir sind die Spalter, sondern wir machen unse­ren Mund auf, den wir uns nicht verbieten lassen, und wir decken Dinge auf, die für die Menschen in diesem Land nicht sinnvoll sind! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Arbeitslosigkeit in Österreich steigt und steigt, es gibt Hunderttausende Menschen, die auf Arbeitsuche oder in Zeitarbeit sind. Durch diese teilweise unnötigen Zwangsmaß­nahmen und durch diesen Zwangslockdown wurden Hunderttausende Menschen in diesem Land arbeitslos, und es ist kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Wir wissen, wie schwierig es derzeit für arbeitslose Menschen ist, eine geeignete Arbeit zu finden. Auf eine Arbeitsstelle kommen fünf bis sechs Bewerber. Da braucht man kein Mathe­matikprofessor zu sein, dass man weiß, was auf uns zukommt. Zusätzlich drohen weitere Betriebsschließungen, es drohen weitere Kündigungswellen, und die von ÖVP und Grü­nen herbeigeführte Wirtschafts- und auch Sozialkrise wird nicht mit Jahresende vorbei sein, sondern wird uns noch viele, viele Jahre begleiten.

Bitter und tragisch ist es, dass von den Menschen, die heuer großteils unverschuldet in Not geraten sind, über 50 Prozent durch ihr Arbeitslosengeld ein Einkommen haben, das unter 1 000 Euro liegt. Das hängt damit zusammen, dass es in Österreich noch die Net­toersatzleistung von 55 Prozent gibt. Da ist Österreich im internationalen Vergleich rela­tiv weit unten angesiedelt. In anderen Ländern wird das ganz anders organisiert.

Viele Organisationen – wenn wir schon beim Organisieren sind – wie zum Beispiel die Caritas haben schon im Sommer aufgeschrien, haben gesagt: Die Armut steigt in Öster­reich, die Armutsfallen werden immer größer, und es gibt so viele armutsgefährdete Menschen wie noch nie. Diese Einmalzahlung, die jetzt ausgeschüttet wird, ist ja viel­leicht eine nette, gut gemeinte Geste; dennoch ist sie keine andauernde, nachhaltige Maßnahme oder Lösung, sondern lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie erinnert mich schon ein bisschen an Almosen für diese Menschen.

Eine echte Hilfe wäre, die Nettoersatzrate auf 70 Prozent anzuheben. Nur dadurch könn­ten wir nachhaltig die Kaufkraft stärken und die Wirtschaft wieder zum Laufen und zum Florieren bringen, nur dadurch könnten wir den Konsum wieder ankurbeln, und nur da­durch – und das ist mir besonders wichtig – könnten wir jene Menschen, die durch diese Coronachaosmaßnahmen unverschuldet in die Arbeitslosigkeit gerutscht sind, vor der Armutsfalle bewahren und ihnen einen Großteil der Sorgen von den Schultern nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was mich interessiert, liebe schwarz-grüne Regierung: Warum speisen Sie eigentlich die Menschen, die jetzt unverschuldet in Not geraten sind, die das ausbaden müssen, was andere verbockt haben, mit einem Maximalbetrag von 450 Euro ab, wenn doch heu­er der Lufthansa locker-flockig 150 Millionen Euro in den Rachen geworfen wurden, ob­wohl dieses Unternehmen letztes Jahr 1,2 Milliarden Euro ausgeschüttet hat? Warum werden da Menschen für eure Fehler bestraft? Warum fängt diese schwarz-grüne Bun­desregierung nicht endlich an, bei sich selbst zu sparen? Warum muss bei den Men­schen gespart werden, die ohnehin von finanziellen Sorgen geplagt sind?

Ganz nach dem Motto: Quod licet Iovi, non licet bovi!, greift diese schwarz-grüne Bun­desregierung ganz ordentlich in den Staatssäckel und gönnt sich für sich selbst 210 Mil­lionen Euro für Eigenwerbung, für PR, für Marketing. Was diese Bundesregierung den Arbeitslosen jetzt vorenthält, das gönnt sie sich im Budget selbst. Das neue PR-Konzept ist Ihnen mehr wert als die Leistungsträger in diesem Land. Das halte ich eigentlich für einen schlechten Treppenwitz. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Egger.)

Fleißige Arbeitnehmer, welche unverschuldet durch diese schwarz-grüne Murkspolitik in Not geraten sind, so zu behandeln, halte ich für eine politische Schande. Es sollte sich jeder schämen, der das mitträgt.

Frau Minister, Sie haben gesagt, für diese Kampagne, für diese maximal 450 Euro, die die Menschen bekommen, braucht man rund 200 Millionen Euro. Ich finde es gut, wir werden dem auch zustimmen, ich verstehe aber nicht, warum ihr genau denselben Be­trag für eure eigenen Werbekampagnen verwendet, für euren Selbstdarstellungswahn. Das verstehe ich nicht.

Es wird für euch heute aber noch Gelegenheit gegeben, zu zeigen, wo ihr tatsächlich steht. Wir werden es sehen. Es wird sich zeigen, ob euch die Leistungsträger in diesem Land wichtig sind, es wird sich zeigen, ob euch die Leistungsträger in diesem Land etwas wert sind.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes“

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Ju­gend wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die zum Inhalt hat, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Per­sonen der Bezug der aktuellen Leistung um die Dauer der Krise, mindestens jedoch bis zum 31. Mai 2021 verlängert wird und zusätzlich ein ‚COVID-19-Ausgleich‘ für Arbeitslo­se in Form eines 30-prozentigen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversicherungsleis­tungen rückwirkend mit 15. März 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Fi­nanzämter, bei denen alle Daten aller Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch, also ohne formale AntragsteIlung, ausgezahlt werden.

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Ich hoffe, ÖVP und Grüne – seit heute sind auch die NEOS mit dabei –, werden diesem Antrag zustimmen, weil sie bei den Menschen, die sie ohne deren Verschulden in Not gebracht haben, einiges gutzumachen haben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.07

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Marlies Seiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Erhö­hung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Es hat sich Frau Bundesministerin Mag. Christine Aschbacher zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.