11.33

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzte Frau Staatssekretärin! Europa ist nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, nicht nur eine Wertegemeinschaft, sondern auch eine kulturelle Gemeinschaft mit einem un­glaublichen Bogen, mit einer unglaublichen Spannung. Dieses Programm Creative Europe müsste man gegenwärtig eigentlich eher als Recreative Europe bezeichnen. Die Frau Staatssekretärin hat ja vorhin ein Wort verwendet, das man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen muss, weil es die gesamte Dramatik dessen, was da in Europa und bei uns geschieht, beinhaltet: Es gab und gibt noch immer ein „Berufsverbot“ für Künstler und Künstlerinnen – „Berufsverbot“! Das wurde und wird natürlich in Europa ein wenig unterschiedlich ausgelegt, aber die Ersten, die das Berufsverbot getroffen hat, waren die Künstler und Künstlerinnen, und sie werden wahrscheinlich die Letzten sein, für die das Berufsverbot auch wieder aufgehoben wird. Umso erfreulicher ist, dass es auch Mitgliedstaaten der Union wie zum Beispiel Luxemburg gibt, wo die Kulturminis­terin, die gleichzeitig Justizministerin ist, im Jänner entschieden hat, dass Konzerte und Aufführungen wieder stattfinden dürfen; daraus ergab sich kein einziges Problem – und Luxemburg hat die Museen nicht geschlossen. Das ist schon eine sehr spannende Ge­schichte. Klarerweise müssen wir da gemeinsam vorgehen, lieber Marco Schreuder.

Das Fehlen der Kinos hat aber einen anderen Effekt gehabt: ein Revival bei den Autoki­nos. Versuch einmal, beim Wiener Autokino einen Platz zu bekommen! Da musst du dich sehr früh anmelden. Die Autokinos waren ja eigentlich am Absterben – und nun kommen sie zurück.

Creative Europe umfasst Kulturschaffende, Musikproduktionen, aber auch Qualitätsjour­nalismus und -medien. In diesem Zusammenhang möchte ich der Regierungskoalition sagen: Die Pläne, eine der besten österreichischen Qualitätszeitungen, nämlich die „Wiener Zeitung“, einzustellen, sind eine Schande. (Beifall bei der SPÖ.) Gerade im Blät­terwald blühen nicht so viele Blüten – und deshalb darf die „Wiener Zeitung“ nicht ein­gestellt werden.

Ein anderes Kompliment geht allerdings an den öffentlich-rechtlichen ORF. Daran, wie der ORF überall versucht hat, die Kulturszene – zum Beispiel zuletzt vor allem die Auf­führungen aus den verschiedenen Landestheatern – nach Hause zu bringen, zeigt sich, wie wichtig das Betreiben eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist.

Österreich hat im Rahmen von Creative Europe einen speziellen Schwerpunkt im Be­reich der Filmbranche gesetzt und ist damit ganz gut gefahren. Man hat bisher 30 Mil­lionen Euro daraus lukrieren können. Da geht es vor allem um die interdisziplinäre Zusammenarbeit, und – der 8. März ist noch nicht so lange her – es geht auch in diesem Bereich um die Geschlechtergleichstellung und um Kohäsion.

Resilienz und Nachhaltigkeit wurden bereits von Vorrednern angesprochen, da will ich gar nicht weiter in die Tiefe stoßen.

Wichtig ist aber die Finanzierung des Kulturerbes und auch des audiovisuellen Sektors. Wir haben gesehen, wie kreativ manche Museen waren, die bei der Onlinezugänglichkeit wirklich interessante Programme aufgestellt haben, um den Interessierten eine Möglich­keit zu geben, durch die Welt und durch die Geheimnisse der österreichischen Museen und gewisser Ausstellungen zu gehen. Ich muss ehrlich sagen: Ein aufrichtiges großes Kompliment dafür, was da passiert!

Im gesamten Bereich Creative Europe vollzieht sich natürlich auch die digitale Trans­formation. Das ist ein ganz wichtiger Bereich. Auch wenn wir alle danach lechzen und die Sehnsucht haben, ein Theaterstück, eine Musikaufführung, eine Oper und so weiter wieder live zu erleben, ist die digitale Transformation hier nicht zu unterschätzen.

Was diesen Bereich betrifft, ist auch der öffentliche Dienst zu nennen, der sich auch auf das Thema moderne Verwaltung und Digitalisierung einstellt, wobei ich immer davor warne, Digitalisierung nur im Zusammenhang mit Jobabbau zu sehen – das wäre der falsche Plan! –, sondern die Digitalisierung ist im Gegenteil eine große Hilfe.

Was noch zu diesem Programm beim öffentlichen Dienst gehört, ist Open Government: die Teilnahme über einen digitalen Weg. Da gibt es derzeit ein Vorbildland, und zwar Finnland. In Finnland ist die Bevölkerung dazu aufgerufen, pro Jahr 600 Gesetzesvor­schläge einzubringen. In einem Prozess der digitalen Diskussion über ein halbes Jahr werden 50 daraus, und aus den 50 – das ist ein eisernes Versprechen, und jedes Mi­nisterium muss das unterstützen – werden fünf Gesetze. Diese fünf Gesetze werden in einem Open-Government-Dialog, und das garantiert die Regierung, auch Wirklichkeit. Sie werden natürlich in dem Rahmen auch abgestimmt, denn die Bevölkerung macht da nur mit, wenn das kein Schmähfu ist – und das ist in Finnland nicht der Fall.

Die gute Nachricht dabei ist aber – weil Korinna Schumann mich so anschaut (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann) –: Es gibt (Bundesrat Steiner: Wehe, du sagst ...!) so et­was auch in der Stadt Wien. Jedes Jahr ist eine Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Wien eingeladen, ihre Ideen einzubringen, sogenannte Leuchtturmprojekte zu identifizieren und in diesem Rahmen zu entscheiden – und die Stadt Wien setzt dies auch um. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist moderne Interessenfindung, moderne Teilhabe. Ich weiß, es gibt auch noch einige andere Städte in Österreich, die diesem Wiener Bei­spiel gefolgt sind, aber dieses Open Government ist etwas ganz Wichtiges, weil die Men­schen immer mehr mitsprechen wollen.

Ein wichtiger Punkt ist die Lernmobilität: Das Zuckerstück der Europäischen Union geht weiter, Erasmus geht weiter. Das ist etwas, denke ich, bei dem wir alle auf einer Linie sind.

Im Bereich des Sports, der hier auch angeführt wird, geht es natürlich darum, die UN-Agenda 2030 zu Nachhaltigkeit, Gesundheitsförderung, Innovation, Integrität und so weiter auch im Rahmen der Europäischen Union zu erfüllen.

In diesem Sinne: Ja zu Creative Europe, ja zu diesem großartigen Programm der Euro­päischen Union, diesem Zusammenwirken von Künstlern und Künstlerinnen in ganz Europa und dazu, dass wir alle dieses „Berufsverbot“ bald als Vergangenes sehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.42

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. – Bitte, Herr Bundesrat.