13.29

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Wir als sozialdemokratische Fraktion werden all den Gesetzesvorlagen, die hier jetzt behandelt werden, unsere Zustimmung geben.

Ich muss aber ein bisschen die schöne und dankbare Stimmung trüben: Fakt ist, wir haben eine Arbeitslosigkeit, die erdrückend hoch ist, und wir haben Kurzarbeit in einem Ausmaß, das den Menschen das Leben sehr, sehr schwer macht. Wir können alle nicht so tun, als wäre das nichts. Es geht um fast 480 000 Menschen, die derzeit keine Arbeit haben. Das ist bedrückend und das ist schwerwiegend. Wir können es gar nicht genü­gend oft wiederholen: Das ist ein Zustand, der geändert werden muss, und es müssen Lösungen gefunden werden.

Ja, die Wut der Menschen, die Verunsicherung und der Ärger sind groß, aber es gilt nicht, diese Wut abzuholen und in Hass und in eine weitere Spaltung der Gesellschaft zu verwandeln, sondern es gilt, Lösungen zu finden und den Menschen Perspektiven zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir können die jetzige Situation nicht schönreden, sondern wir müssen sagen, was ist, und wir müssen sagen, welche Möglichkeiten es gibt, damit wir aus dieser Krise wieder herauskommen. Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben sehr viele Lösungsansätze, sei es in der Frage der Testungen oder sei es auch die Frage, wie man den Arbeitsmarkt wieder beleben kann. Wir werden heute – und ich werde ihn dann ein­bringen – einen Antrag dazu stellen, dass wir fordern, eine Aktion 40 000 ins Leben zu rufen. Wir haben eine extrem hohe Zahl an Menschen, die langzeitarbeitslos sind. Das sind Menschen, die niemals damit gerechnet haben, dass sie in diese Lage kommen werden. Es sind junge Menschen, es sind Menschen in mittlerem Alter, es sind aber auch Menschen über 50, die am Arbeitsmarkt als ältere MitarbeiterInnen gelten und die keine Chance haben, jetzt einen Arbeitsplatz zu finden.

480 000 Arbeitslose und 65 000 offene Stellen: Da muss man doch handeln und da muss man doch schauen, was der Staat machen und welche Maßnahmen er setzen kann, damit diese Menschen eine Chance haben! Wir fordern, eine Aktion 40 000 umzu­setzen. Gerade für den ländlichen Bereich ist das eine so wichtige Aktion. Es gäbe viele Arbeitsplätze in den verschiedensten Bereichen, in der Betreuung älterer Menschen, im Einkaufsservice, in der Arbeit in den Gemeinden. Die verschiedensten Tätigkeitsfelder könnten mit einer Unterstützung geöffnet werden. Wir wissen: Arbeitslosigkeit ist we­sentlich teurer als Beschäftigung. (Beifall bei der SPÖ.)

Geben wir den Gemeinden das Geld in die Hand und schaffen wir Arbeitsplätze! Das rentiert sich x-mal, weil das, was diese Menschen dann verdienen, ja wieder in den Wirtschaftskreislauf eingeht, wieder in Steuern umgesetzt wird und damit unserer Wirt­schaft und unserer Gesellschaft hilft.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ak­tion 40.000“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, ein Beschäftigungsprojekt für 40.000 geförderte Arbeitsplätze bei öffentlichen und ge­meinnützigen Trägern für die Beschäftigung von Langzeitbeschäftigungslosen und unter Bereitstellung der erforderlich zusätzlichen finanziellen Mittel auszuarbeiten und bis spätestens Juni 2021 umzusetzen.“

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Es ist Zeit, es ist mehr als dringend, dass am Arbeitsmarkt gehandelt wird und dass etwas passiert. Wir wissen, es muss sorgsam mit Steuermitteln umgegangen werden, aber in dieser unendlichen Krise mit dieser großen Zahl von Menschen, die keine Arbeit haben, muss man Lösungen finden, und darum brauchen wir die Aktion 40 000. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Sehr wohl!)

Es gilt, immer wieder zu sagen: Wir brauchen eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Wir können nicht bei den Menschen sparen, die arbeiten wollen und arbeiten sollen. Wir können nicht mit kleinen Einmalzahlungen ein bisschen etwas hergeben, sondern sie brauchen eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, damit sie in Würde leben können. Da­für werden wir uns immer wieder einsetzen, und, Herr Bundesminister, es wäre mehr als an der Zeit. (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Buchmann übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie mich auch noch etwas zum Thema Frauen und Arbeitslosigkeit sagen – der Internationale Frauentag ist nur wenige Tage her! Wir wissen, dass in Österreich Frauen besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Frauen haben uns durch diese Krise getragen, sie haben mit Homeschooling, Homeoffice, der sozialen Arbeit zu Hause und in systemerhaltenden Berufen unglaubliche Lasten getragen – und noch mehr. Sie ha­ben Arbeitszeit reduziert und Arbeitsplätze verloren. Jetzt gilt es, Antworten für die Frau­en zu geben, Möglichkeiten, Stiftungen, um ihnen wieder einen Weg zu mehr Beschäf­tigung und in den Arbeitsmarkt zu schaffen. Das gilt es, zu tun! Da kann man am Frau­entag nicht nur Zahlen präsentieren. 60,5 Millionen Euro: Das ist schön, aber es braucht wirklich Perspektiven, an denen sich die Frauen orientieren können. Es braucht für sie Beratung und die Möglichkeit, wieder gut in den Arbeitsprozess eingegliedert zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade weil wir hier im Bundesrat sind, ist zu sagen: Der Jobverlust von Frauen am Land ist besonders hoch. 70 000 Frauen sind in den ländlichen Gemeinden auf Jobsuche; das sind 65 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Frauen wurden zuerst gekündigt – das geht aus den entsprechenden Zahlen hervor –, weil sie oft zur Randbelegschaft gehören. Das ist dieser kalte Fachbegriff, der aber in Wirklichkeit bedeutet, dass Frauen haupt­sächlich Teilzeit arbeiten und vor der Kernbelegschaft gekündigt wurden. Da muss ge­handelt werden. Herr Bundesminister, da kann man nicht wegschauen, da gilt es, etwas zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Vorrednerin hat es schon erwähnt: Das Kurzarbeitsmodell ist das Erfolgsmodell, um Arbeitsplätze zu retten, auch jetzt noch. Das ist ganz, ganz wichtig. Es hat die Kraft und die Möglichkeiten der Sozialpartner gezeigt. Ein Kurzarbeitsbonus allerdings, bei dem die Unternehmerseite 825 Euro und die Arbeitnehmerin 175 Euro kriegt, sozusagen als Trinkgeldersatz, ist verfehlt. 175 Euro für jene, die Kurzarbeitsgeld bekommen, aber wie in der Gastronomie und so weiter auf Trinkgeld angewiesen sind, sind da eindeutig zu wenig. Es muss auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwas getan werden. Wir dürfen nicht nur auf die Unternehmen schauen, auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen unterstützt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich Ihnen noch etwas zum Thema Hygiene Austria und diesen Masken mitgeben, gerade Ihnen als Arbeitsminister: Es zeigt sich immer mehr, dass das, was da bei diesen Masken made in Austria passiert ist, dieser wirklich sehr bedenkliche Fall, dringend einer Aufklärung bedarf – einer Aufklärung auf vielen Ebenen und auch in den politischen Verwobenheiten und Zusammenhängen. Herr Minister, bitte äußern Sie sich als Arbeitsminister dazu! Es darf nicht sein, dass Lohn- und Sozialdumping und am Ende sogar auch noch Schwarzarbeit zum Geschäftsmodell gemacht werden. Das darf nicht vorkommen, auf keinen Fall. (Beifall bei der SPÖ.)

Sozialbetrug ist kein Kavaliersdelikt! Wenn wir heute hören müssen, dass es in Öster­reich, angehängt an die verschiedensten Branchen, 435 Scheinarbeitsfirmen gibt, so ist das nicht die Form, wie man mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ordentlich um­geht, genauso wenig, wie man Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern per Whatsapp kündigt. Dazu muss es eine ganz klare Ansage des Arbeitsministers geben. So kann man mit ArbeitnehmerInnen gerade jetzt in der Krise, in der viele Menschen um ihren Arbeitsplatz fürchten, nicht umgehen. Das ist nicht fair! (Beifall bei der SPÖ.)

Es sei noch zusätzlich gesagt, und das darf ich Ihnen auch noch mitgeben – Bundesrätin Grossmann wird dann noch ausführlicher zum Mutterschutz sprechen –, dass ich ein bisschen enttäuscht bin. Alle Gewerkschaften und die Arbeiterkammer haben unter an­derem Ihnen einen offenen Brief geschrieben und zum Gespräch darüber eingeladen, wie man die Schwangeren, und zwar alle Schwangeren, besser schützen kann. Die Mög­lichkeit zum vorzeitigen Mutterschutz muss allen Frauen eröffnet werden und nicht nur jenen in körpernahen Arbeitsbereichen.

Bitte, Herr Bundesminister, ich muss meiner Enttäuschung Ausdruck verleihen: Wir ha­ben diesen offenen Brief vor drei Wochen geschrieben. Es gab keinerlei Reaktion, nicht von Ihnen als zuständigem Minister, genauso wenig von der Frauenministerin und auch vom Vizekanzler nicht, der für den öffentlichen Dienst zuständig ist, in dem die Frauen auch keine Chance auf vorzeitigen Mutterschutz haben. Die Pandemie ist gefährlich, das wissen wir – die Zahlen steigen –, und gerade Schwangere brauchen einen besonderen Schutz. Herr Bundesminister, vielleicht könnten Sie doch noch auf unseren Brief reagie­ren! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39

Präsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Aktion 40.000“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin.