13.46

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren drei Maßnahmen, die sich bisher in der Krise sehr bewährt haben und deren Verlängerung, um die es dabei eigentlich geht, vor zwei Tagen, am Dienstag, auch im zuständigen Ausschuss einhellige Zustimmung erfahren hat. Zum einen geht es um die Verlängerung der Covid-bedingten Übergangs­regelung für den Gedenkdienst beziehungsweise für das Freiwillige Sozialjahr, zum an­deren geht es um die Verlängerung der Kurzarbeit beziehungsweise eigentlich um die Phase vier dieser sehr wichtigen Maßnahme, die wieder gemeinsam mit den Sozialpart­nern ausgestaltet wurde und ab April in Kraft treten soll – es befindet sich noch immer knapp eine halbe Million Menschen in Österreich in Kurzarbeit, und daher ist es auch richtig, dieses sehr bewährte Instrument weiter zur Verfügung zu stellen –, und schließ­lich geht es um die Verlängerung der Anhebung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes. Angesichts der derzeit sehr hohen Arbeitslosigkeit – circa eine hal­be Million Menschen ist derzeit ohne Job und 140 000 davon sind langzeitbeschäfti­gungslos – ist gerade die Anhebung der Notstandshilfe ein wichtiges sozialpolitisches Instrument, um der Armutsgefährdung entgegenzuwirken.

Ich weiß nicht, wer von Ihnen es gesehen hat, aber gestern gab es in der „ZIB 2“ einen Bericht aus Italien. Es wurde berichtet, dass die Zahl der armutsgefährdeten Personen innerhalb des letzten Jahres um 20 Prozent gestiegen ist. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Das hat die Caritas bei uns im Sommer auch gesagt!) Ein solches Szenario ist in Ös­terreich dank mehrerer sozial wirksamer Maßnahmen dieser Regierung in dieser Krise Gott sei Dank noch nicht eingetreten. In diesem Zusammenhang spielt eben auch die Notstandshilfe eine wichtige Rolle, und ich bin froh, dass wir sie haben.

Langzeitarbeitslosigkeit ist angesichts der Covid-19-Krise und der schwierigen Situation am Arbeitsmarkt ein Phänomen, das im Augenblick sehr viele Menschen betrifft. Es hat sich gerade in dieser Krise wieder gezeigt, wie wichtig die Notstandshilfe ist und welch wesentlichen Beitrag sie zur Stabilisierung der Einkommen und zum Kampf gegen die Armut in diesem Land leistet, und es zeigt sich auch ihr Vorteil gegenüber der Sozialhilfe.

Es wurde ja schon einige Male von unterschiedlichen Parteien angedacht, ob man die Notstandshilfe nicht abschaffen und mit der Sozialhilfe zusammenlegen sollte. Gerade jetzt hat sich gezeigt, wie falsch das gewesen wäre. Die Notstandshilfe ist schließlich nicht nur ein Instrument, wobei keine Vermögensverwertung, keine Verwertung der Er­sparnisse anfällt, sie ist vor allem auch ein Instrument, das seit dem Juli 2018 nicht mehr nur unter Berücksichtigung des Haushalts- beziehungsweise Partnereinkommens aus­bezahlt wird, sondern jedem und jeder zusteht, der/die diese Leistung aus der Arbeits­losenversicherung tatsächlich bezieht.

Sie ist damit eine wesentliche und zentrale Stärkung der Haushaltseinkommen, und so­mit ist auch die Erhöhung der Notstandshilfe eine wesentliche Stärkung dieser Haus­haltseinkommen, was bei der Sozialhilfe eben nicht möglich wäre, weil da die Einkom­men des Partners oder der Partnerin angerechnet würden.

Es ist für uns daher ganz klar, dass wir uns allen Versuchen, die Notstandshilfe mit der Sozialhilfe zusammenzulegen, klar entgegenstellen, und dass wir für den weiteren Erhalt der Notstandshilfe als wesentliches Sicherungsinstrument einstehen werden. Gegebe­nenfalls, falls die Krise noch länger andauert, werden wir auch weitere Schritte setzen müssen, um diese Form von Einkommen weiter zu stabilisieren.

In der Diskussion um Arbeitslose wird vonseiten einiger immer wieder zwischen den Guten und den Schlechten unterschieden: zwischen solchen, die angeblich nichts dafür können, und solchen, die angeblich nicht wollen. So auch am Dienstag im Ausschuss, als Kollegin Steiner-Wieser den als Experten anwesenden AMS-Verwaltungsratsvorsitzenden Mag. Sauer fragte, ob es denn eine Möglichkeit gäbe, bei den NotstandshilfebezieherInnen zu unterscheiden, ob diese Covid-bedingt in die Notstandshilfe fallen oder nicht.

Abgesehen davon, dass die Kosten, die dabei durch den technischen und bürokrati­schen Aufwand entstünden, wahrscheinlich die Summe dessen übersteigen würden, was dabei eingespart werden würde – im Übrigen erinnert mich das an die Aktion der ehemaligen Sozialministerin Hartinger-Klein, alle E-Cards mit Fotos auszustatten, um einen sogenannten Missbrauch zu verhindern, wobei sich dann aber herausgestellt hat, dass die Kosten dieser Aktion bei Weitem höher waren als das, was durch weniger Miss­brauch eingespart wurde –, also abgesehen davon: Was soll das überhaupt?

Wir haben derzeit eine halbe Million Arbeitslose, davon 140 000 Langzeitbeschäfti­gungslose, und dem gegenüber ungefähr 60 000 offene Stellen. Da reichen eigentlich die Grundkenntnisse der Mathematik, um klar zu erkennen: Das geht sich nicht aus. Wir haben derzeit eine sehr angespannte Lage am Arbeitsmarkt, und das, was wir jetzt am wenigsten brauchen, ist eine Diskussion um schuldige und unschuldige Arbeitslose. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Bekämpfen wir die Arbeitslosigkeit und nicht die Arbeitslosen! (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei BundesrätInnen der ÖVP.)

13.52

Präsident Mag. Christian Buchmann: Zu einer ersten Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister für Arbeit Dr. Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundes­minister.