14.44

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich habe jetzt gehört, dass es schon heißt, Pensionen könnten wir uns nicht mehr leisten und wie das weitergehen solle. Der Kollege von den NEOS hat gesagt, dass das jetzt in die Höhe schieße, dass wir uns das nicht mehr leisten könnten und dass wir vielleicht darüber nachdenken sollten, länger zu arbeiten.

Ganz ehrlich, ich frage euch: Wie soll das funktionieren? Wenn ein Mensch schon 45 Jahre gearbeitet hat, welche Firma übernimmt so einen Mitarbeiter? Ich habe zum Beispiel noch nie bei einem Friseur eine Mitarbeiterin gesehen, die älter als 45 oder 50 wäre, weil die gar keinen Job bei einem Friseur kriegen. Ich habe als Kellnerin noch nie eine gesehen, die älter als 45 oder 50 ist. (Ruf bei der ÖVP: Sie gehen ja zum Herren­frisör! – Heiterkeit bei der ÖVP.) – Nein, nein, ich sage nur, was ich gesehen habe – kann schon sein, dass ihr etwas anderes gesehen habt, aber ich kann es euch nur sagen: Diese Menschen finden nicht einmal mehr einen Job, wenn sie den falschen Beruf gelernt haben! Ich muss euch deshalb ganz ehrlich sagen, wenn jemand 45 Jahre gearbeitet hat, muss das genug sein, da muss er abschlagsfrei in Pension gehen kön­nen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Wir werden daher heute einen Entschließungsantrag einbringen – und wir werden den Menschen draußen genau sagen, wer da dagegen ist! (Ruf bei der ÖVP: ... werden ja älter auch!)

Ich sage euch ehrlich – und ich bin jeden Tag draußen bei den Menschen –: Wenn je­mand 45 Jahre gearbeitet hat, kann der oder die nicht mehr, das ist genug! Man muss einfach irgendwann sagen, okay, es ist genug.

Ich habe mir jetzt die Diskussion darüber angehört, dass manche sich Gedanken ma­chen, man könnte vielleicht nach 50 oder 55 Jahren abschlagsfrei in Pension gehen, dann fange ich an zu rechnen. Fängt mit 15 Jahren jemand eine Lehre an, dann ist er schon 65 oder 70, wenn er in Pension gehen kann, und wie lange lebt er? – Seien wir einmal ganz ehrlich, so kann es nicht funktionieren! Ich möchte euch dazusagen: Wir sind das fünftreichste Land in der Europäischen Union und tun bei den Pensionen so, als wären wir das ärmste – das kann es einfach nicht sein! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Noch eine Frage: Wie soll die Wirtschaft, wie soll die Konjunktur in die Höhe kommen, wie sollen sie sich derrappeln? Sie derrappeln sich ja nicht, wenn man bei den Pen­sionen streicht, wenn man für die Arbeitslosen kein Geld lockermacht, damit sie wieder einkaufen gehen können. Ich habe es hier schon einmal gesagt: ein Arbeitsloser mit 1 000 Euro – das schaue ich mir an, wie sich das ausgeht, das geht sich nämlich nicht aus. Wenn sich jemand mit 1 000 Euro am Leben erhalten, seine Miete zahlen und ein­kaufen muss, was er für den täglichen Bedarf braucht, dann geht sich das nicht aus.

Es ist daher ganz, ganz wichtig, dass wir jetzt für die Arbeitslosen, für diese 500 000 Men­schen etwas tun und dort das Arbeitslosengeld von 55 Prozent auf 70 Prozent erhöhen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Wenn man dann fragt, wo das Geld ist, braucht man nicht darüber nachzudenken, den Pensionisten und zukünftigen Pensionisten das Geld wegzunehmen – sondern da sollte man darüber nachdenken, wie man Geld hereinbekommen kann.

Schauen wir uns die Krisengewinner einmal an, was jetzt geschehen ist: ob das Amazon oder Twitter ist oder wie sie alle heißen, die haben nichts getan, die haben nichts gear­beitet – da ist einfach das Geld gekommen! Warum geht man das jetzt nicht an? Warum geht man das nicht in der Europäischen Union oder bei uns in Österreich an? Die österreichische Bundesregierung müsste nur ein Gesetz vorlegen und sagen, so viel ist bei uns zu zahlen, dann würde schon wieder Geld hereinkommen, so schaut die Welt aus. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Es ist für die Menschen draußen nicht einzusehen, dass sie länger als 45 Jahre arbeiten sollen, und wenn sie mit 45 Jahren in Pension gehen, dann möchten sie abschlagsfrei in Pension gehen.

Ich bringe deshalb jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „abschlags­freie Pension nach 45 Arbeitsjahren beibehalten und Rücknahme der Kürzung der Pen­sionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Abschaffung der abschlagsfreien Pension bei 540 Beitragsmonaten und damit die Wiedereinführung von hohen Abschlägen für diese Versichertengruppe zurückzunehmen und die abschlagsfreie Pension mit 45 Ar­beitsjahren, so wie sie bis Ende 2021 gilt, soll folgendermaßen adaptiert werden:

-       Die Regelung soll für alle Berufsgruppen und für alle Pensionsarten gelten,

-       es sollen Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes als Beitragsmonate der Erwerbs­tätigkeit für den Pensionsanspruch anerkannt werden, und

-       es soll eine Neuberechnung aller Pensions- und Ruhegenussleistungen, die auf § 15 APG (Kontoerstgutschrift) beruhen oder die mit einem Stichtag ab 1.1.2014 und vor 1.1.2020 gewährt wurden und somit Abschläge bis zu 12,6 Prozent trotz 540 Beitragsmonaten aufweisen, mit 1.1.2021 durchgeführt werden, damit diese Leistungen ab dem 1.1.2021 ohne Abschläge ausbezahlt werden.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, die Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung wieder zurückzunehmen.“

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(Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Spanring.)

Vielleicht noch einen Abschlusssatz: Also ich schaue mir einen Bauarbeiter an, der mit 60 oder 65 Jahren auf dem Gerüst steht! Ich schaue mir einen 60-jährigen Asphaltierer an – denn falls ihr es nicht wisst, der Asphaltierer wird gar keine 60, denn vorher stirbt er an Lungenkrebs! Ich könnte euch noch viel mehr solche Geschichten aufzählen, und deshalb sollte man darüber nachdenken, was man hier beschließt. – Danke. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

14.50

Präsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „abschlags­freie Pension nach 45 Arbeitsjahren beibehalten und Rücknahme der Kürzung der Pen­sionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung“ ist ausreichend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr dieses. – Bitte.