16.16

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Meine sehr geehrten Da­men und Herren Bundesräte! Frau Präsidentin! Vielen Dank für die Dringliche Anfrage. Ich finde es wichtig, dass heute auch über die Commerzialbank Burgenland gesprochen wird, denn wir wissen alle – und auch die Begründerin der Dringlichen Anfrage hat es gesagt –, es handelt sich da um einen großen und besorgniserregenden Kriminalfall in einer Bank im Burgenland, der restlos aufgeklärt gehört, und dabei sollten alle, die dazu etwas beitragen können, das auch tun.

Ergänzend dazu sind natürlich alle Institutionen auch gut beraten, mögliche Schlüsse in ihren Bereichen aus der Causa Commerzialbank zu ziehen, um ähnliche Fälle bestmög­lich zu verhindern. Daher ist es wichtig, dass auch hier im Bundesrat und nicht nur im Untersuchungsausschuss im Burgenland das Mögliche getan wird, um politische Ver­antwortlichkeiten zu klären. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass das in diesem Fall von der Justiz und den unmittelbar verantwortlichen politischen Organen im Burgenland zu aufzuklären ist.

Nach allem, was wir bisher wissen, handelt es sich nicht nur um einen Bankenskandal, sondern offensichtlich auch um einen Kriminalfall, wie das auch meine Vorrednerin be­reits festgestellt hat. Wie viele Personen an diesem Betrug beteiligt waren, werden die Gerichte endgültig klären müssen. Der verursachte Schaden ist jedenfalls enorm, und die daraus resultierenden Gerichtsverfahren werden Jahre dauern. Die Gerichte müssen auch entscheiden, ob und wo es Verfehlungen gegeben hat, denn immerhin gibt es be­reits diverse Klagen, die anhängig sind.

Das Land Burgenland ist als Revisionsverband der Genossenschaft für die Auswahl der Prüfer zuständig. Das war den Entscheidungsträgern auch von Beginn an bewusst, denn nur deshalb war ja auch die Vorinformation des Vorstandes der FMA an den Landes­hauptmann des Burgenlandes über die bevorstehende Schließung der Bank zulässig. Das heißt, wenn das Land Burgenland da keine Verantwortung gehabt hätte, wäre das im Wege der Amtshilfe gar nicht zulässig gewesen.

Klar ist auch: Im Fall Mattersburg wurde ein und dieselbe Wirtschaftsprüfungskanzlei über Jahrzehnte hinweg sowohl von der Bank als auch vom Land Burgenland beauftragt. Warum das Land so gehandelt hat, gilt es auch da im Bundesrat zu hinterfragen.

Klar ist, dass alle Institutionen und Körperschaften sich bemühen sollten, Beiträge zu leisten, damit es zu etwaigen Verbesserungsvorschlägen kommt, damit so etwas mög­lichst nicht mehr passieren kann. Ich habe das in meinem Verantwortungsbereich un­mittelbar nach Bekanntwerden dieses Skandals getan, indem ich eine Arbeitsgruppe ge­meinsam mit der FMA und der OeNB in Auftrag gegeben habe. Das Ziel dieser Ar­beitsgruppe ist, in einer Gesamtschau die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen, die Arbeitsabläufe, die Zuständigkeiten und die Zusammenhänge zu analysieren und auch Überlegungen über mögliche zusätzliche Instrumente zu treffen. Also genau das, was auch von Ihnen zu Recht gefordert worden ist, wird im Bereich des Finanzminis­teriums getan.

Auch diese Arbeitsgruppe hat mittlerweile schon die Doppelrolle der Wirtschaftsprüfer thematisiert und auch klargemacht, dass so etwas in Zukunft vermieden werden muss. So etwas darf es in dieser Konstellation nicht mehr geben. So wie bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ein gleichzeitiges Erstellen von Jahresabschlüssen und der Ab­schlussprüfung nicht zulässig ist, soll auch da keine Doppelfunktion mehr möglich sein. Das ist eines der ersten Zwischenergebnisse. Mit dem Endbericht rechne ich in Kürze. Dafür laufen derzeit die finalen Arbeiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Obwohl es sich um einen burgenländischen Bankenskandal handelt, zieht der Bund aus dem Fall Mattersburg Schlüsse, und ich hoffe, dass auch das Land Burgenland die Konsequenzen aus diesem Skandal ziehen wird, denn letztlich ist dieser burgenländische Bankenskandal ein Schaden nicht nur für den Finanzplatz Österreich und für das Burgenland, sondern vor allem auch für die vielen kleinen Sparerinnen und Sparer.

Damit komme ich auch schon zur Beantwortung der von Ihnen an mich gerichteten Fragen.

Zur Frage 1:

Die FMA hat das Finanzministerium am 14. Juli 2020 um circa 15.30 Uhr auf Fachebene mündlich im Hinblick auf die Bestimmungen des § 22 Abs. 12 FMABG informiert, dass Malversationen bei der Commerzialbank Mattersburg aufgedeckt wurden und ein Regie­rungskommissär bestellt werden wird. Diese Informationen wurden in weiterer Folge an mein Büro weitergegeben.

Das Prozedere in so einem Fall ist klar geregelt und erfolgt direkt durch die FMA und OeNB und nicht durch das Finanzministerium.

Zur Frage 2:

Ich habe es aus den Medien erfahren. Die offiziellen Unterlagen sind Ende September an das BMF übermittelt worden.

Zur Frage 3:

Da es keine regelmäßigen Berichtspflichten der FMA gegenüber dem Finanzministerium zu einzelnen Aufsichtsfällen gibt, lagen vor dem 14.7.2020 keine Informationen zur Com­merzialbank Burgenland vor.

Zur Frage 4:

Im Zusammenhang mit der Bankenaufsicht liegen im BMF keine Unterlagen von der Commerzialbank Mattersburg vor dem 14. Juli 2020 auf.

Zur Frage 5:

Nach derzeitigem Wissensstand war das in meinem Wirkungsbereich nicht der Fall.

Zur Frage 6:

Die Bankenaufsicht ist in Österreich unabhängig und weisungsfrei organisiert, und das ist auch gut so.

Zu den Fragen 7 bis 10:

Für meine Amtszeit darf ich auf die eingesetzte Arbeitsgruppe verweisen.

Zur Frage 11:

Die Bankenaufsicht ist in Österreich unabhängig und weisungsfrei organisiert – das ist gut so –, demnach hat das BMF auch keinen Einblick in einzelne Prüfvorgänge.

Zur Frage 12:

Im Zuge dessen darf ich auf die laufenden Verfahren verweisen. Über mögliche Malver­sationen und Entschädigungen haben die unabhängigen Gerichte zu entscheiden.

Zur Frage 13:

Wir haben einen Termin mit der Einlagensicherung und mit Bankenvertretern gemacht und ersucht, den gesetzlichen Aufgaben möglichst schnell nachzukommen. Es ist wich­tig, dass die Sparerinnen und Sparer auch weiterhin auf unsere Banken und die rechtli­chen Sicherungsmechanismen vertrauen können.

Zu den Fragen 14 bis 19:

Ich darf in diesem Zusammenhang auf das Schreiben der Finanzprokuratur vom 2. No­vember 2020 verweisen, das an den Untersuchungsausschuss im Burgenland übermit­telt wurde und in dem festgehalten ist, dass zum einen die Akten faktisch nicht vorhan­den sind und zum anderen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Übermittlungen auch nicht gegeben sind.

Zu den Fragen 20 bis 22:

Das BMF ist nicht zuständig und in die operative Aufsicht nicht involviert. Diese erfolgt durch FMA und OeNB.

Zur Frage 23:

Der Vorstand der FMA hat seinen Aufsichtsrat informiert, dass es Ermittlungen gibt. Da in diesem Gremium auch Vertreter des BMF sitzen, ist auf diesem Wege auch das Fi­nanzministerium informiert worden.

Zur Frage 24:

Das Finanzministerium erfüllt grundsätzlich alle seine Aufsichtspflichten.

Zu den Fragen 25 bis 27:

FMA und OeNB sind weisungsfreie und unabhängige Behörden, daher war das BMF über Einzelaktivitäten dieser beiden Institutionen am 13. und 14. Juli 2020 – also unmit­telbar vor Bestellung der Regierungskommissäre – nicht zu informieren. Aufgrund der Medienberichte wurde seitens des BMF von der FMA eine entsprechende Auskunft ein­geholt. Die Kernaussage der FMA ist es, dass die Vorabauskunft an den burgenländi­schen Landeshauptmann im Rahmen eines Amtshilfeersuchens erfolgt ist, da das Land über die Genossenschaft der zuständige Revisionsverband war.

Zur Frage 28:

Diese Frage unterliegt nicht dem Interpellationsrecht und ist an die FMA zu richten.

Zu den Fragen 29 bis 31:

Nein. Nach meinem Wissensstand liegt kein derartiges Gutachten vor.

Zur Frage 32:

Ich kenne das Thema aus den Medien, und nach meinem Wissensstand gibt es keine detaillierten Informationen aus dem Finanzministerium.

Zur Frage 33:

Die Fit-und-Proper-Anordnungen für Aufsichtsräte von Banken haben in den letzten Jah­ren zahlreiche Verschärfungen erfahren. Mit der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie CRD IV im Jahr 2013 wurden im Bankwesengesetz umfangreiche und sehr konkrete ge­setzliche Vorgaben betreffend die Qualifikation von Aufsichtsräten geschaffen. Auf euro­päischer Ebene wurden diese Vorgaben mit Leitlinien der europäischen Bankenauf­sichtsbehörde zur internen Governance und zur Bewertung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und Inhabern von Schlüsselfunktionen ergänzt.

Ob es darüber hinaus sinnvoll ist, weitere Gesetzesänderungen in diesem Bereich zu veranlassen, ist unter anderem Thema in der von mir beauftragten Arbeitsgruppe.

Zu den Fragen 34 und 35:

Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Finan­zen und ist daher an die FMA zu richten.

Zur Frage 36:

Das ist Angelegenheit der unabhängigen Gerichte. Natürlich steht es dem Land Burgen­land frei, unabhängig von einer späteren Entscheidung der Gerichte Maßnahmen zu setzen.

Abschließend darf ich mich für die vierminütige Verspätung meines Erscheinens bei Ih­nen allen entschuldigen. Verzeihung. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.25

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gehen somit in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Re­dezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. – Bitte, Herr Bundesrat.