17.07

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Wir haben sonst immer kritisiert, wenn Minister hier sitzen und mit dem Handy spielen. Man kann das irgendwie erklären, denn jeder hat sein Handy mit und man kann natürlich einmal kurzfristig drauf schauen, wenn eine Nachricht kommt; das kann jedem passie­ren, das passiert uns auch. Sich aber als Minister provokativ hierher in den Bundesrat zu setzen, heute schon das zweite Mal, und dann eine Zeitung zu lesen – jetzt haben Sie sie gerade weggelegt, heute ist es eine Zeitschrift, beim letzten Mal war es eine Zeitung –, das zeigt halt ganz demonstrativ, was man vom Bundesrat hält. Danke für diese Respektlosigkeit. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

Abraham Lincoln sagte einmal: „Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täu­schen, und das ganze Volk einen Teil der Zeit. Aber man kann nicht das gesamte Volk die ganze Zeit täuschen.“ – Meine Damen und Herren der ÖVP, Sie täuschen das Volk nun schon seit geraumer Zeit und nun kommt Ihr Handeln langsam, Stück für Stück, ans Licht. Auf die vorhergehende Rede von Kollegen Kornhäusl replizierend, sage ich es Ihnen jetzt noch einmal, ich schreie es nur nicht raus, Sie können die Maske ruhig unten lassen, das ist mir egal: Herr Kollege Kornhäusl, Hochmut kommt vor dem Fall! (Beifall bei der FPÖ. Bundesrat Steiner: Jawohl!)

Im Grunde genommen unterscheidet sich die heutige Argumentation der ÖVP nicht von Argumentationen bei sonstigen Vorwürfen: Die SPÖ ist schuld, alle anderen sind schuld, die ÖVP kann nichts dafür! Das einzige, das heute noch gefehlt hat, war: Der Kickl ist schuld! Darauf habe ich noch gewartet. (Beifall bei der FPÖ. Heiterkeit des Bundesra­tes Steiner.)

Eine Zeit lang, meine Damen und Herren, geht das natürlich auch gut und aufgrund der mit Steuermillionen gut angefütterten Medien vielleicht sogar noch etwas länger. Auf lan­ge Sicht können Sie aber den schwarzen Peter nicht immer jemand anderem zuschie­ben, noch dazu, wenn man tatsächlich so viel Dreck am Stecken hat, wie genau eben die ÖVP. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Bundesrates Buchmann.)

Wir brauchen ja nur zu schauen, meine Damen und Herren, in welche Skandale die ÖVP in der Vergangenheit verwickelt war. Ich sage nur, weil es noch nicht angesprochen wurde: Notverstaatlichung ohne Not der Hypo Alpe-Adria – Notverstaatlichung ohne Not durch den damaligen ÖVP-Finanzminister Josef Pröll, der damit vielen Banken auf Steu­erzahlerkosten Milliardenverluste abgenommen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Unter anderem hat die ÖVP damals – und da schließt sich wieder der Kreis – auch Mil­liardenverluste der Raiffeisen Bank International, welche die Banken schlucken hätten müssen, einfach auf die Steuerzahler abgewälzt. Lesen Sie den Griss-Bericht! Es wird ja niemand behaupten wollen, dass Irmgard Griss der FPÖ nahesteht. Im Griss-Bericht steht auch dezidiert drin: Es gab keinen ausreichenden Grund für eine Verstaatlichung. – Ja, es hat schon einen Grund gegeben, einen Grund für die ÖVP (Heiterkeit des Bundes­rates Ofner): Die wird ja immer und überall von der Raiffeisen gesponsert. Normaler­weise müsste hier drin jeder Bundesrat der ÖVP ein Giebelkreuz am Revers tragen, damit man weiß, wer sie sponsert. (Heiterkeit des Bundesrates Steiner. – Beifall bei der FPÖ.)

Wir können uns alle daran erinnern, meine Damen und Herren, wie das dann 2011 wei­tergegangen ist: Herr Josef Pröll hat aus gesundheitlichen Gründen aufhören müssen; er ist zurückgetreten, um nur kurze Zeit später ganz sanft als Chef bei einer Raiffeisen-Tochter aufgefangen zu werden. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Chef bei der Raiffeisen-Toch­ter: So ein Glück aber auch, das Herr Pröll da wieder gehabt hat; wieder einer dieser ÖVP-Zufälle. Oder doch eher ein schwarzes Netzwerk? Oder besser gesagt: Freunderl­wirtschaft!?

Wie kommt man nun zur Commerzialbank im Burgenland, in Mattersburg? – Das beginnt damit, dass der dortige Chef auch ursprünglich aus der Raiffeisen Bank kommt. Was sich in dieser Commerzialbank nach derzeitigem Wissensstand abgespielt hat, das ist völlig unfassbar. Ja, meine Damen und Herren von der SPÖ, ich verstehe, wenn Sie die Schuld etwas gleichmäßiger verteilen wollen. Nur eines muss ich Ihnen auch sagen: Ungeschoren kommen Sie bei dieser Geschichte sicher nicht davon, das muss Ihnen schon auch klar sein.

Man wollte in den Neunzigerjahren unbedingt eine Bank im SPÖ-Umfeld schaffen, und das hat man auch gemacht. Die politische Verantwortung hat sehr wohl die SPÖ zu tragen, denn bei der SPÖ gab es ja dann auch genügend Profiteure: die Stadtgemeinde Mattersburg unter Bürgermeisterin Ingrid Salamon, die Gemeinde Draßburg unter dem damaligen Bürgermeister Christian Illedits, der dann später als Landesrat zurückgetreten ist, und – der Name ist hier im Bundesrat vielleicht etwas bekannter – die Gemeinde Hirm unter Bürgermeisterin Inge Posch-Gruska, ehemalige SPÖ-Bundesratspräsidentin. In diesen drei Gemeinden gab es Profiteure der Commerzialbank Mattersburg, angefan­gen von unüblichen Finanzierungen, Posten und natürlich diversen Sponsorings (Zwi­schenruf der Bundesrätin Gerdenitsch), bis hin zu Geschenken in Form von Gold- und Silberbarren. (Beifall bei der FPÖ.) Andererseits gab es auch große Verluste – und auch da ist das System immer wieder gleich: Einige wenige haben kassiert und viele tragen nun den Schaden und die Verluste.

Ja, es stimmt, es haben sämtliche Aufsichtsinstanzen versagt – unser Bundesrat Dim hat ja sehr eindrucksvoll (Bundesrätin Gerdenitsch: Das ist alles nicht ...!) und auch sehr ausführlich erklärt, wie eine korrekte Aufsicht eigentlich abzulaufen hätte. Genau darum ist es ja noch viel unglaublicher, dass solch ein Betrug mehr als zwei Jahrzehnte lang hat funktionieren können. Meine Damen und Herren, da haben einige schon ganz bewusst ignoriert (Zwischenruf der Bundesrätin Gerdenitsch) oder bewusst wegge­schaut, oder sie wollten halt manches ganz bewusst nicht sehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Bereits 2015 und auch 2017 hat die Finanzmarktaufsichtsbehörde, die FMA, bei soge­nannten Vorortprüfungen Unregelmäßigkeiten festgestellt. Es hat dann Folgeprüfungen gegeben, und die liefen so ab, dass man gesagt hat: Na, das ist jetzt alles ausgeräumt, da hat es gar keine Unregelmäßigkeiten gegeben! – Und das, obwohl es damals sogar einen Whistleblower gegeben hat, den man offenbar nicht ernst genug genommen hat. In einem Protokoll ist zu lesen: Im Rahmen der Ermittlungen gab P. an, dass er und seine Vorstandskollegin K. schon 1992, also bereits vor der Abspaltung der Bank vom Raiffeisen-Sektor, begonnen hatten, mittels gefälschter Saldenbestätigungen die Bilanz zu beschönigen. Dies sei dann aus dem Ruder gelaufen und ab einem gewissen Punkt nicht mehr rückgängig zu machen gewesen. Faktisch sei die Bank seit dem Jahr 2000 pleite gewesen. – Zitatende.

Und keiner hat es bemerkt – wir haben jetzt 2021, 2020 ist es aufgetaucht. 20 Jahre lang hat es keiner gemerkt: kein Aufsichtsrat, kein Wirtschaftsprüfer, auch nicht die FMA, die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde, die ja dem Finanzministerium unterstellt ist. Wäre ich polemisch, dann würde ich jetzt sagen: Vielleicht hat da auch Herr Blümel persönlich geprüft, denn ihm fällt ja auch nicht auf, wenn irgendwo sechs Nullen fehlen. (Heiterkeit des Bundesrates Steiner. – Beifall bei der FPÖ.)

Apropos Minister Blümel: Landeshauptmann Doskozil hat sich im Untersuchungsaus­schuss auch nicht mit Ruhm bekleckert. Doskozil hatte ebenfalls große Erinnerungslü­cken und er wollte – obwohl es vorher versprochen war – seine Telefonprotokolle dann auf einmal nicht offenlegen. Wie gesagt, da ist so viel passiert, was Spekulationen zu- und Fragen offenlässt.

Als Niederösterreicher – Herr Bader hat das angesprochen – kann ich auch noch eines sagen: Man braucht ja gar nicht unbedingt eine Bank, um Milliarden zu versenken, das schafft auch ein gewisser Herr Sobotka. Der hat das geschafft, indem er mit Wohnbau­darlehen spekuliert hat – oder besser gesagt: sich verspekuliert hat. Wir reden da auch von mehr als 2 Milliarden Euro. Welche Konsequenzen hat das für ihn gehabt? – Zuerst wurde er Innenminister und heute ist er Nationalratspräsident.

Passend dazu, meine Damen und Herren, abschließend ein Zitat von Bertolt Brecht: „Der Bankraub ist eine Initiative von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank.“ – Diesen Ausspruch möchte ich ein bisschen an die heutige Zeit anpassen: Der Bankraub ist eine Initiative von Dilettanten! (Heiterkeit des Bundesrates Bernard.) Wahre Profis gründen eine Bank oder gehen zur ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)

17.17

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Wie bereits angekündigt: Ein weiteres Mal zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile dieses. – Bitte.