9.30

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Verteidigungsministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! In den letzten Monaten hat das Bun­desheer gezeigt, welchen Einsatz es für den Schutz aller Menschen, die in Österreich leben, leistet. Die meist jungen Männer kommen dabei mit den Sorgen der Gesund­heitserhaltung, den Zuständen in Pflegeheimen und viel ehrenamtlicher Arbeit in Kon­takt – alles Dinge, mit denen junge Männer sonst vielleicht seltener in Berührung kom­men. Krieg und Waffen werden in den Hintergrund gedrängt, gegenseitige Unterstützung und das Wissen um gegenseitige Abhängigkeit und Hilfe nehmen Raum ein.

Beim Einsatz im Bereich der Covid-Massentests traten aber auch sexuelle Belästigun­gen durch Angehörige des Bundesheeres auf. Daher möchte ich heute auf die Perspek­tive der Gleichstellung im Bundesheer eingehen, denn diese spielt während, aber auch nach der Pandemie eine wichtige Rolle. Spannend wäre es, zu wissen, ob die aktuelle Situation mehr Frauen anspricht, zum Heer zu gehen.

1998 durfte die erste Frau zum Bundesheer. Heute verrichten knapp 700 Frauen aktiven Militärdienst. Das klingt nach viel, es sind aber nur etwa 4 Prozent aller beim Bundesheer Tätigen – nach 23 Jahren. Längst ist bekannt, dass Frauen beim Heer zu einer Steige­rung der Qualität der Aufgabenerfüllung führen und die Summe an Talenten und Fähig­keiten erweitern. Die große Diversität der Belegschaft führt zu mehr Kreativität und damit zu einer größeren Problemlösungskapazität. Die Organisation wird flexibler und sie kann besser mit herausfordernden Situationen umgehen, wie es auch die Pandemiebekämp­fung notwendig macht.

Im Rahmen der Wehrdienstreform wurde das mittelfristige Ziel erstellt, den Anteil der Frauen auf 10 Prozent zu erhöhen; trotzdem blieb er bei 4 Prozent. Wir aber wollen ein modernes und ein diverses Bundesheer, das im 21. Jahrhundert angekommen ist, und dazu zählen auch eine aktive Frauenförderung und die Inklusion von Frauen in allen Bereichen. Das erfordert unter anderem Maßnahmen bei der Rekrutierung, die Verein­barkeit von Familie und Beruf sowie Maßnahmen beim Budget und bei den Förderungen von Frauen in Führungspositionen.

Daher haben wir in der Sondersitzung des Nationalrates zum Internationalen Frauentag einen Entschließungsantrag eingebracht, der mit Mehrheit angenommen wurde und mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, Maßnahmen zur Förderung von Gleichstel­lung und Diversität und für mehr Frauenförderung im Bundesheer zu setzen. Dazu gibt es aus 2019 auch eine Gleichstellungsrichtlinie des Bundesministeriums für Landesver­teidigung. Maßnahmen für das Erreichen der Gleichstellung von Frauen und Männern sind in vielen Ämtern schon lange angekommen und werden angewendet. Geoutete homosexuelle Politikerinnen und Politiker fallen nicht mehr auf, schon gar nicht werden sie öffentlich negativ bewertet. Wir kennen nun aber die beschämende Aussage von Herrn Bauer, die die Gleichstellungsrichtlinie eigentlich ausdrücklich verbietet. Dass die Richtlinie nun unter Einbindung der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen eva­luiert werden soll, begrüßen wir sehr.

Noch ein wichtiger Punkt zur Gleichstellung von Frauen und Männern beim Heer ist das Hereinholen von Frauen in die Verteidigungs- und Friedenspolitik. Frauen sind dort die große Ausnahme. Es braucht daher eine feministische Außen- und Verteidigungspolitik. Schauen Sie sich dazu die Forderungen der europäischen Grünen im Papier „Making the EU foreign policy a feminist one“ an! Frauen in der Verteidigungs- und Friedenspolitik erfordert auch, dass es viel mehr Frauen beim Bundesheer in entscheidungsrelevanten und repräsentativen Positionen und Delegationen gibt.

Sie, liebe Frau Verteidigungsministerin, sind das Rolemodel schlechthin! Nutzen Sie die Chance, denn es ist schon lange überfällig, dass es mehr Frauen beim Bundesheer gibt und Gleichstellung in die Kultur des Bundesheeres Einzug hält! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

9.35

Präsident Mag. Christian Buchmann: Für eine erste Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin für Landesverteidigung. Ich erteile es ihr. – Bitte, Frau Bundesministerin.