20.47

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Verehr­te Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein guter Tag für die Mobilität in Österreich. Entscheidende Rechtsgrundlagen für die Einführung des Klimatickets werden heute geschaffen. Warum ist das wichtig? – Mobil zu sein ist ein Grundbedürfnis. Wenn es ein Grundbedürfnis ist, ist es eine gesamtstaatliche Aufgabe, die Strukturen dafür bereit­zustellen, dafür zu sorgen, dass Mobilität sicher, ökologisch erfolgt, dass sie leistbar ist, dass ein fairer Zugang gewährleistet ist. Das Klimaticket vereint viele dieser Aspekte: sozial fair, leistbar, sicher und ökologisch.

Der Preis für dieses Ticket, mit dem Sie flächendeckend in ganz Österreich unterwegs sein können, ohne eine Fahrkarte lösen zu müssen, ohne mehr oder weniger – wer kennt das nicht? – grübelnd vor dem Ticketautomaten zu stehen, ist tatsächlich sensationell: 3 Euro am Tag, 1 095 Euro für ein Jahr. Dem nicht genug: Es wird für junge Leute unter 26 Jahren eine Ermäßigung von noch einmal 25 Prozent geben.

Um 3 Euro einen Tag unterwegs! Wissen Sie, wie weit man mit einem Durchschnittsauto um 3 Euro kommt? – 7 Kilometer. Da sind aber die Kosten für die Garage noch gar nicht inbegriffen, und vor allem sind die 7 bis 10 Milliarden Euro nicht inbegriffen, die der Au­toverkehr in Österreich jährlich an Folgekosten verursacht, die alle bezahlen müssen, auch die, die nicht Auto fahren.

Das Ticket ist ökologisch. Im Verhältnis zur Bahn verursacht ein Bus das 3,6-Fache an CO2-Emissionen, Pkws verursachen das 15-Fache, vom Fliegen gar nicht zu reden, da reden wir über einen Faktor 29. Der Verkehr ist in Österreich nach der großen Industrie, die im Emissionshandel geregelt ist, mit über 30 Prozent Anteil an den gesamten Treib­hausgasemissionen der größte Emittent. Der Handlungsbedarf ist da also besonders hoch.

Mit der One Mobility GmbH wird nun eine unabhängige Vertriebsplattform für das Ticket geschaffen. Das ist ein Angebot – ich betone das –, sprich es ist freiwillig. Bestehende Vertriebsplattformen können weiterhin betrieben werden – no na –, die Verbünde kön­nen sich aber daran beteiligen, und das ist natürlich sehr wünschenswert. Damit entsteht ein sehr großes gemeinsames Vertriebsnetz, es vereinfacht den Vertrieb und es schafft Identifikation mit dem Klimaticket bei den Verkehrsverbünden und den Bundesländern.

Wir stellen aber auch sicher, dass das nicht missbraucht werden kann, dass die GmbH nicht von einem einzelnen Verkehrsverbund, einem einzelnen Verkehrsbetrieb dominiert werden kann. Darum gibt es eine Beteiligungsgrenze von maximal 25 Prozent – ausge­nommen ist der Bund, der 26 oder knapp über 25 Prozent daran behalten wird.

Das Klimaticketgesetz schafft die Grundlage für die Abgeltung für die Verbünde und Verkehrsunternehmen, für die Möglichkeiten, die Tarife im Detail zu definieren, Gel­tungszeiträume und so weiter festzulegen, denn der Grundzugang ist, um es noch ein­mal zu betonen, den Verkehrsverbünden durch das Klimaticket verursachte Kosten oder entgangene Einnahmen abzugelten. Dafür ist das Geld da. Für heuer und nächstes Jahr sind es über 200 Millionen Euro, die zur Verfügung stehen.

Vier Bundesländer – Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Oberösterreich – haben bereits, ge­meinsam mit dem BMK, Umsetzungsverträge unterzeichnet. Darauf, dass sehr bald ein weiteres hinzukommen wird, dürfen wir hoffen. Die Verhandlungen laufen natürlich seit Langem mit allen Bundesländern, und das nicht nur zum Klimaticket als Österreichticket, sondern natürlich auch zu den anderen Stufen, zum Einserticket pro Bundesland und zum Zweierticket für zwei Bundesländer.

Durch das Klimaticket wird die Nachfrage steigen. Der Ausbau wird vorangetrieben – das sollten Sie auch wissen, Herr Kollege Bernard, weil Sie es kritisiert haben –: Es hat noch nie so viel Geld für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs gegeben wie unter dieser Bundesregierung, unter diesem grünen Ministerium. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.) Ich erinnere nur an den Bahnausbau um 17 Milliarden Euro.

Wir haben diese Entwicklung zum Beispiel in Vorarlberg mit der großen Tarifreform 2014 gesehen, in deren Zentrum genau so ein Ticket stand, das 365-Euro-Ticket für das ganze Land. Die Nachfrage stieg danach stark – ich sage das, weil es ja angebots­orientiert ist –, und da hat sich dann natürlich auch gezeigt, dass die Gemeinden und das Land die Taktdichte und so weiter daraufhin noch einmal deutlich erhöht haben, was zu hohen Fahrgastzahlen geführt hat, was ja für die Finanzierung des gesamten Tickets auch nicht so unwichtig ist.

Wer das Klimaticket hat – das basiert auf einer einfachen Erfahrung, die gemacht wor­den ist, auch in Wien übrigens –, der nutzt es auch. Es befreit in der Mobilität und es baut Hemmschwellen ab. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten: Wir – damit meine ich meine Familie – haben seit über zehn Jahren kein Auto mehr, fahren mit dem Zug, mit dem Bus, mit dem Rad, dank eines guten öffentlichen Verkehrs und jetzt mit einem – bei uns ja seit einigen Jahren – wunderbaren Ticket. Wenn es in einer abgelegenen Ge­gend einmal spät wird, reicht ein Anruf beim Rufbus. Der kommt um ein paar Euro, drastisch ermäßigt, wenn man so ein Klimaticket hat. Vorarlberg zeigt, wie es geht, auch in einer eher ländlichen Region, wiewohl natürlich auch da noch viel gemacht werden kann, um den öffentlichen Verkehr zu verbessern.

Dass die FPÖ bei diesem Reformprojekt, das wirklich umfassende Verbesserungen und einen riesigen Attraktivitätsschub bringt, nicht mitgeht, verstehe ich jedenfalls nicht. Sie müssen das selber verantworten. Sie werden als die Partei in die verkehrspolitische Geschichte Österreichs eingehen, die gegen ein Ticket war, mit dem man in ganz Ös­terreich alle öffentlichen Verkehrsmittel um 3 Euro am Tag nutzen kann. Sie stimmen damit gegen leistbare und ökologische Mobilität. (Beifall bei den Grünen und bei Bundes­rätInnen der ÖVP. – Bundesrätin Schartel: Wir sind nicht gegen ...! – Zwischenruf des Bundesrates Bernard.)

Wir freuen uns jedenfalls sehr für alle Menschen in Österreich, die kostengünstig und klimafreundlich mobil sein wollen, und das sind zum Glück sehr viele. Ich bedanke mich sehr bei allen, die an diesem Ticket hart gearbeitet haben und noch hart arbeiten, und danke allen, die heute diesem Vorwärtsschub im öffentlichen Verkehr zustimmen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.55

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Bernhard Hirczy. – Bitte, Herr Bundesrat.